Bruckmann Reiseführer Madrid: Zeit für das Beste - Susanne Asal - E-Book

Bruckmann Reiseführer Madrid: Zeit für das Beste E-Book

Susanne Asal

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Beschreibung

Handverlesene Autoren-Tipps und Empfehlungen für eine individuelle Reiseplanung, über 400 inspirierende Fotos und eine praktische Faltkarte zum Herausnehmen sorgen nicht nur für eine stressfreie Planung, sondern auch für einen entspannten Urlaub in Madrid. Entdecker lieben die kreativen Viertel Malasaña, Chueca und Lavapies. Trödelbegeisterte flanieren über den Flohmarkt Rastro. Ausgehfreudige genießen nach einer langen Nacht ihre Churros in der Chocolatería San Ginés. So entdecken Sie neben den Highlights auch jede Menge Geheimtipps, die Ihren Urlaub unvergesslich machen. Und es bleibt dabei immer Zeit für authentische Restaurants oder Hotels und die besten Shopping-Hotspots.

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Fassaden in der Calle del Conde de Romandones

HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN

»Nach Madrid ist nurder Himmel schöner!«

Spanisches Sprichwort

Flamenco-Tänzerinnen in La Latina

INHALT

Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen

Willkommen in Madrid

DAS ZENTRUM

 1 Die Plaza Mayor und das Habsburger Madrid

 2 Puerta del Sol – Plaza de Canalejas

 3 Barrio Santiago

 4 Rund um die Calle Arenal

 5 Palacio Real und Umgebung

 6 Campo del Moro

 7 Kathedrale La Almudena/Krypta

 8 Die Calle de Alcalá

 9 Plaza de España

10 Gran Vía

11 TriBall

12 Malasaña

DER SÜDEN

13 La Latina

14 Flamenco in La Latina

15 Rastro, der Flohmarkt

16 Lavapiés

17 Plaza Santa Ana/Plaza del Ángel

18 Barrio de las Letras/Huertas

19 Zwischen Antón Martín und Atocha

DER OSTEN

20 Museo Nacional de Arte Contemporáneo Reina Sofia

21 Der Prado

22 Museo Thyssen-Bornemisza

23 Parque del Buen Retiro

24 Plaza de Cibeles

25 Paseo de Recoletos

DER NORDEN

26 Chueca

27 Bodegas und Tavernen

28 Barrio de las Salesas

29 Barrio de Salamanca

30 Paseo de la Castellana/Plaza de Colón

31 Museo Lázaro Galdiano

32 Estadio Bernabéu

33 Plaza de Toros de Las Ventas

34 Rund um die Plaza de Castilla

35 Skulpturenpark Juan Carlos I.

DER WESTEN

36 Conde Duque

37 Parque Madrid Río

38 Parque del Oeste/Templo de Debod

39 Panteón de Goya

40 Casa de Campo

41 Chamberí

42 Argüelles/Moncloa-Aravaca

AUSFLÜGE

43 Real Sitio de El Pardo

44 Alcalá de Henares

45 Segovia

46 San Lorenzo de El Escorial

47 Sierra de Guadarrama

48 La Granja und Pedraza

49 Aranjuez

50 Toledo

REISEINFOS

Madrid von A bis Z

Kleiner Sprachführer

Register

Impressum

MEHR WISSEN

Wie isst Madrid

Die großen Drei: Dalí, Buñuel, Lorca

Futbólmania Atlético und Real

MEHR ERLEBEN

Ein Wochenende in Madrid

Günstig in Madrid

Madrid für Kinder und Familien

Überbordende florale Formen: die Casa Longoria

Einkaufsbummel in der Calle Fuencarral

Tapas! Wer würde da nicht gerne zugreifen?

Abendstimmung über der Plaza de España mit dem Torre de Madrid im Hintergrund

Terrasse der Cafeteria Santander

Dreieinigkeit: Spanien, Musik & Gitarre

Typisch Chueca! Bunt, jung, lebendig

DAS SOLLTEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN

Die Plaza Mayor ist einer der schönsten Plätze Madrids.

Plaza Mayor (S. 38)

In Spanien spielt sich das Leben auf den Plätzen ab, und die Mutter aller Plätze ist die Plaza Mayor von Madrid. Das wunderbare Renaissance-Viereck wird von dekorativen Arkadengängen umsäumt, in denen Restaurants und Geschäfte mit hundertjähriger Tradition ihre Kundschaft erwarten.

Prado (S. 146)

Zumindest aus diesem Grund könnte man zum Fan von Königshäusern werden: Das Prado-Museum ist nämlich mit Kunstschätzen aus royalem Besitz ausgestattet, und die sind ausnahmslos erster Güte: Goya, Velázquez, El Greco, Zubarán, Murillo, Ribera, Tizian, Canaletto, Caravaggio, Artemisia Gentileschi, Dürer, Bosch, Rubens.

Reina Sofia (S. 142)

Ein weiteres Museum, um das man die Madrider beneiden darf. Im Museum für zeitgenössische Kunst findet man Klassiker der Moderne (u .a. Picasso, Juan Miró, Dalí). Dazu viel Zeitgenössisches aus den USA, Rauschenberg zum Beispiel. Und europäische Nachkriegskunst. Die Ausstellungsräume wurden in einem Gebäude aus dem 18. Jahrhundert eingerichtet, das vordem ein Hospital war.

Auch das ist Stadtleben: Straßenmarkt und Flohmarkt.

Parque del Buen Retiro (S. 152)

Nach all dem Sightseeing verschafft der Königspark aus dem 18. Jahrhundert Ruhe und Entspannung. Viele spanische Herrscher ergänzten und änderten jeweils die Gestalt und Ausstattung des Parks. Sein See, die Wiesen, Ausstellungspaläste und Terrassencafés bilden eine richtige Oase der Entspannung – mitten in der Stadt.

Palacio Real/Plaza de Oriente/Jardines de Sabatini (S. 58)

In Spaniens Hauptstadt ist eine originelle Verknüpfung gelungen: Der pompöse Königspalast aus dem 18. Jahrhundert ruht eingebettet in eine schön gestaltete Gartenlandschaft mit vielen Skulpturen und Springbrunnen. Das wirkt feierlich, heiter und einladend zugleich.

Lavapiés mit Flohmarkt Rastro (S. 110)

Lavapiés ist der multikulturellste Stadtteil von Madrid und das Lieblingsviertel der Studenten. Die Mieten in den klassischen Corrala-Häusern bleiben trotz Innenstadtlage noch relativ günstig. Eine spannende Kulturszene hat sich hier etabliert. Sonntags lohnt ein Ausflug zum Flohmarkt.

Malasaña (S. 86)

Jung, punkig, hip, unkonventionell, kreativ – und trotzdem noch bodenständig: So präsentiert sich Malasaña, eines der vibrierendsten Viertel von Madrid.

Abends ist hier der Teufel los. Dennoch hat das Viertel historisches Flair – und das Museo del Romanticismo (»Museum der Romantik«).

Barrio de las Letras (S. 126)

In diesen historischen Gassen zwischen dem Paseo del Prado und der Plaza Santa Ana lebten Miguel de Cervantes, Lope de Vega und Antonio Quevedo; hier lieferten sich die Vertreter der romantischen Dichtkunst Jose Echegaray und Adolfo Bequer ihre Rededuelle. Das Wohnhaus von Lope de Vega kann man besichtigen. Die Design-, Schmuck- und Antiquitätenhändler laden allmonatlich zu ihrem Straßenmarkt Mercado de las Ranas ein. Das gesamte Viertel ist ein wunderbares Ziel zum Flanieren.

Plaza de Cibeles/Calle de Alcalá/Gran Vía (S. 154)

Das teure, das repräsentative, das elegante Madrid offenbart sich an diesen Plätzen und in den umliegenden Straßen. Himmelstürmende, pathetische Architektur aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts säumen die Straßen. Auf der Gran Vía findet man zahlreiche Boutiquen und Geschäfte. Theater und Kinos haben hier ihre längste Tradition.

Salamanca (S. 176)

Hier zeigt sich der Reichtum in Form von Stadtpalästen und Großbürgervillen aus der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nördlich des Parque El Buen Retiro und östlich des Paseo Castellana. Edle Hotels und Restaurants, deren Design ganz heutig ist, residieren in kostbaren Stadthäusern; wertvolle Gemäldesammlungen sind zu bestaunen, aber auch Nobelboutiquen, die sich in der Goldmeile hübsch aneinanderreihen. Hier ist genießerisches Window-Shopping angesagt.

Um die Gran Vía regieren Eleganz, architektonische Pracht und Wohlstand.

WILLKOMMEN IN in Madrid

Sie sitzen im Café del Circulo de Bellas Artes und es kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? Sie laufen über das Viaducto de Segovia und auch das erscheint Ihnen vertraut? Dann sind Sie eindeutig ein Fan des Regisseurs Pedro Almodóvar – und ehrlich, wer ist das nicht –, denn diese ikonografischen Plätze Madrids sind auch Schauplätze seiner Filme.

Madrid kann man unter vielen Aspekten betrachten, aber eines ist gewiss: Die Hauptstadt Spaniens war bei fast allem ein bisschen später dran als Paris oder London. Nachweislich am frühesten hatten die Industrialisierung und der Zuzug vieler das Landleben fliehender Menschen in England eingesetzt. Im Konzert der europäischen Hauptstädte spielte Madrid im 18. und 19. Jahrhundert keineswegs die erste Geige.

Das 20. Jahrhundert senkte eine tiefe Trauer und Düsternis über das Land und seine Hauptstadt, Jahre des traumatischen Bürgerkrieges und der unbarmherzigen Diktatur. Stillstand, Schweigen, Tod, Verbitterung waren die Kennzeichen dieser faschistischen Ära. Und während Spaniens Popsängerin Massiel 1969 beim Eurovision Song Contest »La La La« trällerte, war Woodstock schon längst Geschichte.

Beim Fest des San Isidro im Stadtteil La Latina

Das barocke Madrid ist die Stadt des ladrillo, des Backsteins. Blick von der Almudena hinüber zur Kirche San Francisco el Grande im Stadtteil La Latina

Also war Madrid auch beim Abheben in den psychedelischen Punk-Hippie-No-future-Taumel spät dran, nämlich erst nach dem Ende der Franco-Ära, dafür geschah das aber umso heftiger. La Móvida – die Bewegung – sollte zum Synonym für die verrückteste, drogengesättigtste, libertinärste Periode in Madrids Biografie werden, zum knallbuntesten Fest, Sex, Drugs, Rock ’n’ Roll, Punk, alles auf einmal und alles zusammen. Und das Landei Pedro Almodóvar war mittendrin, als Schwuler, als Sänger, als Kabarettist und als Regisseur. Einfach mitreißend, humorvoller, klüger und provozierender als alle anderen. Erschaffer neuer Mythen und – ähnlich wie Rainer Werner Fassbinder – zärtlichster Erzähler weiblicher Biografien. Niemand hat von dieser Zärtlichkeit mehr profitiert als Carmen Maura und Penélope Cruz, Weltstars beide, und madrileñas ersten Ranges. Und von diesem Impromptu-Furor lebt Madrid noch heute, vor allem in seinen wunderbaren Barrios Malasaña, Chueca, Lavapiés.

Kunst und doch viel mehr

Sicher, man kann und soll Madrid als erlesene Kunstmetropole wahrnehmen, als wunderbare Flanierstadt, als Königspalastsitz, aber ganz unbedingt auch als eine der lebendigsten und lebhaftesten Städte mit ganz typischen Barrios, keineswegs so leer geräumt und verwechselbar begradigt durch zu viel Gentrifizierung, dem Virus, dem so viele Metropolen ausgesetzt sind, sondern immer noch Stadt für die Menschen, die darin leben und nicht für die, die darin fünf Wohnturm-Apartments besitzen.

Madrids Kathedrale trägt einen arabischen Namen: Aus Al-Mudayna wurde Almudena.

Madrid – das Dorf im 17. Jahrhundert

Aber jetzt erst einmal der Reihe nach: Betrachtet man im historischen Stadtmuseum im wirklich tollen Stadtteil Malasaña (s. S. 86) das Modell von Madrid und die dazu gezeigten Animationsfilme, dann sieht man ein Dorf. Und allein deswegen sollte man sich unbedingt das historische Stadtmuseum in Malasaña ansehen! Ein Dorf also, errichtet aus dem rötlichen Ziegelstein ladrillo. Das war und ist nach wie vor Madrids üblicher Baustoff.

Über der eher bescheidenen Silhouette der höchstens dreistöckigen Häuser schwebt ein stolzer Reigen unterschiedlich geformter Kirchtürme. Klöster, Klöster, Klöster. Die Erklärung dafür: Jeder Adlige ließ sich in der Hauptstadt ein Kloster bauen, damit er jemanden hatte, der für ihn betete, und natürlich auch, um seine reine Gesinnung zu beweisen. Unter Spaniern war das Etikett Hidalgo – hijo de algo (»Sohn von jemandem«) – ein wertvoller Adelstitel, besonders in den grausamen Zeiten der Inquisition zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert.

Von »jemandem« abstammen bedeutete, einen Stammbaum zu haben, der nicht »befleckt« war – so die damalige Sicht – mit arabisch-maurischem oder jüdischem Erbe, denn das war, nachdem Isabella von Kastilien (1451-1504) und Fernando von Aragón (1479-1516) 1492 das erste gesamtspanische und ausschließlich auf katholischem Glauben begründete Königreich schufen, eindeutig ein Makel. Dabei war diese »Reinheit« schwer nachzuweisen und in vielen Fällen eher Fiktion als Fakt, hatten doch jahrhundertelang arabisch–islamische Heere über Spanien hinweggefegt und ihre Königreiche, taifas und Kalifate dort errichtet. Jede größere spanische Stadt birgt heute einen arabischen und jüdischen Kern, so auch Madrid, Alcalá de Henares, Segovia und vor allem Toledo.

Prozession während des Festes zu Ehren des San Isidro in La Latina. San Isidro ist der Stadtpatron von Madrid.

Wie also die Glaubensreinheit bis ins dritte oder vierte Glied nachweisen? Der Bau eines Klosters war bei entsprechender finanzieller Ausstattung eine gute Idee, so konnte man jeden Zweifel im Keim ersticken. Und deshalb entstanden auch in Madrid viele Kirchen und Klöster.

Die Stadterweiterung

Noch im 18. Jahrhundert war die Stadt eine Ansammlung unzähliger kirchlicher Gebäude, im Grunde aber ein Dorf aus Ziegeln, dessen Lebensräume durch eine Stadtmauer begrenzt wurden. Pläne, die in seiner Mauer eingezwängte Hauptstadt Spaniens aus dieser Enge zu befreien, gab es unter Carlos III. (1759 –1788), der eine Kanalisation anlegen und die Straßenbeleuchtung einführen ließ, doch erst 1850 wurde die mittelalterliche Stadtmauer geschleift. Von moderner und auf Erweiterung angelegter Stadtplanung spricht man dann beim ensanche im Zuge der Industrialisierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Dieser Stadterweiterung verdankt Madrid im Großen und Ganzen seine schöne Gestalt. Der Parque del Buen Retiro, das Salamanca-Viertel, der schon von Carlos III. verfügte Paseo del Prado, der Paseo de la Castellana, das Barrio de las Letras, die Gran Vía, der Palacio Real und das Teatro Real, die Jardines de Sabatini, der Campo de Moro sowie die Plaza de España bilden den attraktiven Kern der Metropole.

Die Stadt ist auch heute noch gar nicht so unüberschaubar groß, wie dies die Einwohnerzahl von 7,2 Millionen suggeriert. Drei Millionen leben im inneren Zirkel. Um die Plaza Mayor als Mittelpunkt legen sich die Viertel wie Zwiebelschalen, geteilt und strukturiert durch Straßenschneisen und Avenidas, sodass das Zurechtfinden nicht schwerfällt. Das Innerste, die Plaza Mayor in schönster Renaissance, ist dann der Platz, auf dem jeder landet und auch landen will.

Die Plaza Mayor

Felipe II. befahl 1557 den Umzug des Hauptmarktes auf die Plaza Mayor – zuvor war der Markt an der Plaza de la Paja im alten arabischen Viertel abgehalten worden –, dadurch entwickelte sich die Plaza Mayor zum Mittelpunkt des öffentlichen Lebens der Stadt. Davor hatte Madrid aus der königlichen Festung Alcázar, aus dem maurischen Viertel, heute La Latina, und aus dem Barrio Santiago, in dem sich die Katholiken niedergelassen hatten, bestanden. Dies war ihr Anfang, ihr Kern, als noch Toledo und nicht Madrid Hauptstadt des spanischen Königreiches war – neu war damals nur das Barrio de Austrias, das Viertel der Habsburger, hinzugekommen.

Jedenfalls gehörte eine Plaza Mayor zum festen Inventar einer jeden spanischen Stadtgründung. Sie war der Ort, an dem man sich ständig begegnete, auf dem Feste, Volksbelustigungen und Märkte stattfanden, aber auch die schrecklichen auto da fés während der Inquisition. Die Idee dieses überaus wichtigen Hauptplatzes wurde später in die überseeischen Kolonien exportiert. Ob Argentinien, Ecuador oder Mexiko – überall gibt es diese zentrale Plaza.

Madrid aber hat die Plaza Mayor, und sie ist kaum zu übertreffen. Wo früher Turniere ausgetragen wurden, tummeln sich heute neben den madrileños japanische, australische, chinesische und brasilianische Touristen, kreuzen sich die Wege vom Barrio Lavapiés zur Puerta del Sol, vom Palacio Real zur Calle de Alcalá, von der Plaza Santa Ana zur Plaza de España. Dieselben Gassen wie ehedem umkränzen die Plaza Mayor, bewahren das Lokalkolorit der vergangenen Jahrhunderte. So lässt sich in seinen Ecken tatsächlich das älteste Restaurant der Welt aufstöbern, das Botín, und der eine oder andere hundertjährige Laden, worauf metallene Plaketten hinweisen, die in das Pflaster eingelassen wurden.

Prachtvolle Fassaden schmücken die Calle Mayor, hier das Antiguo Edifício de la Companía Colonial, Nr. 16.

In der Calle Cuchilleros gibt es neben vielen Kneipen das älteste Friseurgeschäft Madrids.

Das öffentliche Leben und die Nachbarschaft

Hat die Plaza Mayor, hat das öffentliche Leben auf dem Platz etwas mit der Ausgehlust der Madrilenen zu tun? Könnte sein. Sie treffen sich gerne draußen oder in öffentlichen Räumen. Und das tun sie ganz offenbar schon seit Jahrhunderten. Wenn sie sich immer nur in privaten Zirkeln getroffen hätten und treffen würden, dann wüsste man nichts von literarischen Cafés, nichts von politisch-künstlerischen Zirkeln, man wüsste nicht, dass Pedro Almodóvar seine Premierenfeiern immer dort ausrichtet, wo schon Audrey Hepburn und Orson Welles ihre Drinks bestellten, im »Chicote«. Man wüsste auch nicht, wo sich Federico García Lorca mit Pablo Neruda traf, wenn davon nicht ein Foto gemacht worden wäre, und man wüsste insgesamt weniger – vom Leben.

Diese Lust am Draußen-Sein hat wohl nicht nur etwas mit den Temperaturen Madrids zu tun, wie viele so gerne behaupten, denn die Winter sind beispielsweise schändlich kalt. Man geht halt einfach gerne aus. Auch die alte und vielleicht nicht gerade reiche Dame trinkt ihren Morgenkaffee lieber im Café unter Leuten als alleine daheim. Es kann durchaus vorkommen, dass die Bäckerin von nebenan das frische Croissant dazu spendiert oder in Chueca der freundliche Nachbar das Gemüse in den dritten Stock tragen hilft. Man plaudert gerne miteinander. Das bringt manche Kassiererin im Supermarkt in Bedrängnis, wenn die Kundin trotz Warteschlange partout ein Gespräch mit ihr führen will. Die Kundin ist nun einmal das Austauschen von nachbarschaftlichen Neuigkeiten im Geschäft gewohnt, egal, ob jemand deshalb warten muss. In den mantequerías, in denen früher die Butter und Milch offen verkauft wurden, ist das eben so üblich gewesen. Warum sollte man also im Supermarkt darauf verzichten?

Der sonntägliche Briefmarken- und Münzenmarkt auf der Plaza Mayor ist ein Muss.

Gemeinschaftssinn

Auch die corrala, die gemeinschaftliche Wohnform, ist eine typisch madrilenische Angelegenheit. Die ersten solchen Wohnanlagen tauchten bereits im 16. Jahrhundert auf, richtig populär wurden sie im 19. Jahrhundert, als Wohnraum für die sprunghaft ansteigende Bevölkerungszahl Madrids gefunden werden musste. In den ladrillo-Bauten führen überdachte Außenkorridore zu den Türen, hinter denen sich die Wohnungen öffnen, ein Hausmodell, das man bei den Architekten des Bauhauses und der Neuen Sachlichkeit wiederfindet. In den Patios befanden sich die gemeinschaftlich genutzten sanitären Einrichtungen. Die meisten dieser corrala-Häuser haben im Stadtteil Lavapiés überlebt, es gibt sie aber auch in Chamberí und in La Latina. Da nimmt es nicht Wunder, dass die Bewegungen, die gegen die Wohnraumenteignungen infolge der Finanzkrise aufbegehren, sich corrala nennen. Und volkstümlich, castizo, ist in Madrid nichts, wofür man sich schämen müsste. Dass die Königin Letizia als Kronprinzessin so castiza war und mit Felipe zum Filmgucken ins Programmkino »Renoir« ging oder zum Tapas-Essen in die Bar »Tirso de Molina« in Lavapiés (siehe S. 116), findet man hier in Ordnung.

Das Königshaus aktuell

Die beiden kommen bei öffentlichen Auftritten noch ganz gut weg, obwohl es bei ihnen auch schon Pfiffe gesetzt hat. Doch am aktuellen Königshaus gibt es nicht so viel zu kritisieren wie noch vor ein paar Jahren. Dass Ex-Monarch Juan Carlos I. eheliche Untreue nachgesagt wurde, hat nicht die schlimmsten Schäden angerichtet, das war eindeutig der Fall Noos, eine üble Korruptionsaffäre, in die Infantin Cristina, die Schwester des amtierenden Königs, verwickelt gewesen sein soll. Sie wurde freigesprochen, ihr Ehemann zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Sämtliche Titel wurden dem Paar von Felipe aberkannt. Wozu – ehrlich – finanziert man eine Monarchie, die dann auch noch immens in die eigene Tasche wirtschaftet und öffentliche Gelder missbraucht?

Der königliche Thronsaal im Palacio Real gehört zu den Höhepunkten einer Besichtigungstour.

Ein Hingucker ist die repräsentative Fassade des Palacio Real im Zentrum von Madrid.

Dabei erinnert man sich gerne an Juan Carlos I. beherztes und mutiges Eingreifen im Jahr 1981, als reaktionäre Generäle fünf Jahre nach Francos Tod und dem Ende der Diktatur im Parlament zu putschen versuchten. Des Königs unzweifelhaftes Plädoyer für ein demokratisches Spanien haben ihm internationale und nationale Zuneigung und Vertrauen eingebracht.

Wie lange dieser Vorrat an Vertrauen wohl noch ausreicht? »Das Volk«, also die Spanier, leben seit Jahrhunderten mit extremen Standesunterschieden, und der Adel zeichnet sich bis auf wenige Ausnahmen durch reaktionäre Gesinnung aus, die dazu geführt hat, dass die Spitzen des Hochadels der Hochzeit Felipes mit Letizia fernblieben, denn sie war eine geschiedene Bürgerliche und dazu noch linksliberale Journalistin.

Das »Volk« hat, ehrlich gesagt, die Nase voll vom Adelsgetue. Fast so voll wie von seinen gewesenen Bürgermeisterinnen. Da war Ana Botella, Ehefrau des ehemaligen Chefs der konservativen Volkspartei (PP) José María Aznar, die doch unbedingt eine Spielhölle vor den Toren Madrids nach dem Vorbild von Las Vegas bauen lassen wollte, um der Bauwirtschaft neue Impulse zu geben. Ausgerechnet dieser, stöhnte so mancher Spanier, der sich in der Plattform »Eurovegas No« engagierte, denn die Bauwirtschaft gilt nicht gerade als Hort der Korruptionsfreiheit. Das Vorhaben der Las Vegas Sand Cooperation scheiterte. Danach kam Esperanza Aguirre, ebenfalls von der PP.

Aber seit 2015 steht mit Manuela Carmena eine Frau an der Spitze Madrids, die unter Franco als Rechtsanwältin Gewerkschafter vertrat und sich für Menschenrechte engagierte. Sie trat für den Zusammenschluss Ahora Madrid von PSOE, PODEMOS und weiterer linker Gruppierungen an und gewann. Die in sie gesetzten Hoffnungen sind groß: die soziale Verelendung abmildern, in die viele Familien nach der Finanzkrise gestürzt waren, Zwangsräumungen verhindern. 2016 ließ sie mit dem Projekt aufhorchen, Straßen, die nach Anhängern des faschistischen Franco-Regimes benannt wurden, umzutaufen. Leider ist es in Spanien selbstverständlich, dass sie mit Protesten rechnen musste. Die faschistische Vergangenheit ist noch längst nicht aufgearbeitet, nicht mal die Massengräber getöteter Republikaner kann man orten, geschweige denn das Grab von Federico García Lorca, immerhin einer der berühmtesten Lyriker des Landes. Derweil hat Francos Mausoleum im Valle de los Caídos, das von etwa 20.000 Zwangsarbeitern errichtet wurde, fast absurde Ausmaße.

Eines der berühmtesten Bilder von Francisco Goya y Lucientes: die königliche Familie von Carlos IV. mitsamt Kuckuckssohn, zu sehen im Prado

Adel und Kunstgeschichte

Wer nicht mit Prinzen und Prinzessinnen, Hoheiten und Infanten, Kronprinzen und Königen aufgewachsen ist, findet das Durchkommen durch die ganzen Adelsnamen vermutlich etwas verwirrend. Mit welcher Leichtigkeit sich die Madrider durch das Adelsregister bewegen, ist schon beeindruckend. Zu jedem Namen haben sie ein Kunstwerk parat, welches jemand aus einer der königlichen Familien in Auftrag gegeben hat, während man selbst versucht, Alfonso X. von Alfonso XII. zu unterscheiden. Das Rezept ist einfach: Für die Madrider stehen Königsnamen für Kunstepochen. Dass es die Familie von Carlos IV. war, die sich von Francisco de Goya y Lucientes porträtieren ließ, und Diego Rodríguez de Silva y Velázquez Gemälde aus dem königlichen Umkreis von Philipp IV. schuf, wie Las Meninas (beide Gemälde hängen im Prado), können sie ohne Weiteres zuordnen.

Die Gran Vía ist eine der beliebtesten Shoppingmeilen.

Wo eine Architektur »Törtchen« heißt

Unter Barock versteht man in jedem Land etwas anderes. Barock wird meist synonym mit verspielt, überladen, prunkvoll verwendet. Der Madrider Barock bedeutet dagegen meist: rötlicher ladrillo, Ziegelstein, mit stützenden Elementen aus Granit, die auch verziert sein können wie z. B. Portale und Fenstereinfassungen. Gebäude dieses Stils sind überall im Madrider Stadtbild zu finden.

Womit Spaniens Metropole aber viel stärker identifiziert wird, ist die von vielen Madrilenen liebevoll als pastelito (Törtchen) bespöttelte Architektur. Die Gran Vía trumpft regelrecht auf mit unzähligen und prachtvollen Varianten dieses Stils, sie ist sozusagen die Oberhochzeitstorte. Wölbungen, Rundungen, Erker, Spitzen wie luftig geschlagener Eischnee: Nennen wir ihn ruhig den Zuckerbäckerstil. Und die Gran Vía hat dafür gesorgt, dass dieser als für die Stadt typisch gilt. Was oder wer sich da alles aus den Dächern erhebt, ist schon bemerkenswert: Phönix, Victoria, Engel, Arbeiter – es lohnt unbedingt, den Blick in die Höhe zu richten!

Diese »Sahnetörtchen-Architektur« ist auch historisch begründet. Mit der Auflösung der letzten latinischen Kolonie, der Insel Kuba 1898 und dem internationalen Bedeutungsverlust, den dies nach sich zog, wollte man sich eben mit dieser Architektur seiner nationalen Größe vergewissern – denn sie stand für Macht und Stolz. Das von ganz Europa angehimmelte Paris sollte nicht länger das städtebauliche und architektonische Maß aller Dinge sein, die Rückbesinnung auf heimische Traditionen war nun angesagt. Der Historismus, historizismo, und der Regionalismus, regionalismo, beherrschten die Entwürfe im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Viele regionale Bezüge wurden hergestellt, sehr schön zu sehen an der Verwendung andalusischer Fliesen an der Villa Rosa an der Plaza Santa Ana (s. S. 118), dort wo Miguel Bosé in Almodóvars High Heels seine Transvestitennummer abzog) oder im Garten des Malers Joaquín Sorolla (s. S. 182). Gleichzeitig feierte der modernisme Triumphe, als dessen bedeutendster Vertreter Antoní Gaudí gilt – ein Stil, der aber nicht nur in Barcelona, sondern auch in Madrid anzutreffen ist. Modernisme ist die spanische Variante des Jugendstils und hat mit der Bauhaus-Architektur, wie man denken könnte, nichts gemein.

Das Hotel Atlántico auf der Gran Vía zeigt Pastelito-Architektur.

Wer durch Madrid streift, wird aber nicht nur diesen Aufbruch erleben, sondern auch Spuren von Verletzungen wahrnehmen. Der Bürgerkrieg, der von 1936 bis 1939 tobte und Hunderttausende von Opfern forderte, riss das gesamte Land entzwei. Ganze Stadtviertel lagen in Trümmern, besonders die Gegend um den Studentencampus in Moncloa - anschließend wurde nach faschistischer Manier wieder aufgebaut. Am deutlichsten tritt das am Triumphbogen Arco de la Concordia zutage, durch den die viel befahrene Verkehrsstraße in Richtung La Coruña geleitet wird.

Die in die Zukunft weisenden Baukomplexe befinden sich eher an den Rändern des Innenstadtbereichs, den man nicht antasten wollte. Eine kluge Entscheidung, da es selten gelingt, Alt und Neu so zu mischen, dass beide davon profitieren. Und so säumen die »Abgesandten« von Klein-Manhattan den Paseo de la Castellana von den Nuevos Ministerios ausgehend hinauf in den Norden, wobei es durchaus auch interessante architektonische Konzepte zu sehen gibt – unter anderem die beiden um 15 Grad einander zugeneigten Gebäudetürme der Puerta de Europa, die während Spaniens Finanzkrise in allen Medien abgebildet wurden. Zwei wie verdreht erscheinende, aufeinander zustürzende Türme galten nun nicht länger als Symbol einer außergewöhnlichen Architektur, sondern als Sinnbild des letztlich missratenen Versuchs, durch das Tor (puerta) nach Europa zu schlüpfen.

Denkmal zu Ehren von Cervantes auf der Plaza España

Das Madrid der Literaten

In dieser Stadt, in der Miguel de Cervantes, Lope de Vega und Calderón de la Barca lebten und wirkten – in unserem Jahrhundert kommen noch Rosa Montero, Almudena Grandes, José Camilo Cela, Rafael Chirbes, Juan Madrid und Javier Marías hinzu, um nur die berühmtesten Namen zu nennen –, sind überall im Stadtbild Spuren gelegt, auf denen es sich wandeln lässt. Buchstäblich geschieht das in der Calle (»Straße«) de las Huertas, in deren Pflaster goldene Buchstaben eingelassen sind, die sich zu Zitaten und Gedichten ergänzen, oder eher atmosphärisch im »Café Gijón«, dem Literatentreffpunkt während der 1920er-Jahre. Vielleicht ahmt man ganz einfach Javier Marías nach? Der Schriftsteller gehört, seit ihn Marcel Reich-Ranicki für deutsche Leser in den Olymp der Autoren erhob, auch hierzulande zu den Bestseller-Autoren und lässt in Die sterblich Verliebten die junge María in einem Café in der Nähe des Paseo de Recoletos sitzen und ein Paar beobachten. Bald hat sie den beiden Verliebten eine Biografie angedichtet. In einem Café sitzen, Zeitung lesen, Leute beobachten, das ist in Madrid ein äußerst angenehmer und beliebter Zeitvertreib. Javier Marías übrigens, so sagt man, besucht gerne die Cafés in »seinen« Vierteln Santiago und Austrias. Man kann sich auch der Ortskenntnis des Journalisten und Belletristen Juan Madrid anvertrauen und Malasaña einen Besuch abstatten.

Kunst und Mode

Schön, dass Madrid in seine Kunst und Kultur investiert hat (dafür hat es aber auch nicht die Schwarze Null). Nicht nur, dass das Rathaus in dem wunderbar prachtvollen Palacio de Cibeles untergebracht ist und es dort auch ein Café, ein Museum und eine Bibliothek gibt, in den vergangenen Jahren sind so viele Kunstzentren und Museen aufgebaut worden, dass die Kreativszene regelrecht neue Blüten trieb. Besonders in Malasaña und in Lavapiés haben sich zahlreiche (Mode-)Designer und Galerien niedergelassen. Mittlerweile verlebendigen sie auch die Gassen im Barrio de las Letras, in Atocha und Conde Duque, sodass das Aufstöbern der interessantesten Adressen richtig Spaß macht und ein ganz eigener Zweig des Madrid-Tourismus abseits des offiziellen Sightseeing entstanden ist. In einer Umgebung, die immer noch so aussieht wie im 19. Jahrhundert mit den zartfarbigen Fassaden und den kleinen, französischen Balkonen, den verschwiegenen, schattigen Plätzen und mantequerías, ergibt das einen reizvollen Kontrast.

Die Goldmeile ….

Neben all der Volkstümlichkeit hat aber auch die Prachtentfaltung ordentlich Raum in Spaniens Metropole. Nördlich des Parque del Buen Retiro, am Paseo de Recoletos und am Paseo de la Castellana, in ausgesprochen großzügig konzipierter und feiner grüner Umgebung, haben sich unübersehbar die wichtigsten Modeschöpfer niedergelassen. Agata Ruiz de la Prada, Purificación García, Angel Schlesser, Adolfo Domínguez, der Schneider der Königin Letizia, Felipe Varela, Cristina und viele weitere eröffneten ihre Showrooms und Boutiquen an der Milla de Oro (s. S. 176) und im Triangulo de Oro, wo das Publikum deutlich jünger ist. Und das alles liegt in schönster Nachbarschaft zu wunderbaren Belle-Époque-Schlössern und prächtigen Nobel-Avenidas.

Mode gibt es in Madrid von preiswert bis unerschwinglich und von elegant bis flippig oder avantgardistisch.

Supermarkt? Die Madrilenen lieben den Markteinkauf wie hier in Antón Martín.

… und der Flohmarkt

Und wer dann noch sehen will, wo die schicken Klamotten später einmal landen, der sucht den Rastro auf, Madrids über die Landesgrenzen hinaus beliebten sonntäglichen Flohmarkt, auf dem man nach dem morgenfrühen café con leche und vor dem mittäglichen Schneckeneintopf eine junge wilde Schmuckdesignerin entdecken kann oder vergoldete Bilderrahmen aus dem Besitz einer Großbürgerfamilie. Das Angebot in den vielen Gassen und Sträßchen ist umwerfend, mit Kitsch und Billigware sollte gerechnet werden. Aber bestimmt … bestimmt gibt’s da noch das eine oder andere Almodóvar-Kostüm oder zumindest etwas, was man dazu machen könnte.

Steckbrief Madrid

Lage: 40° 25’N, 3° 42’ W

Region: Provinz Madrid, Metropolitana de Madrid – Department: Autonome Gemeinschaft Madrid

Fläche: 605,8 km2

Einwohner: 3,234 Mio. – Der Großraum Madrid umfasst über sieben Millionen Einwohner. Madrid ist nach Paris und Berlin die drittgrößte Metropole der Europäischen Union.

Bevölkerungsdichte: 5 280,3 EW/km2

Stadtgliederung (Viertel, Stadtteile): 21 Stadtbezirke zählt Spaniens Hauptstadt, und die wiederum setzen sich aus den barrios, den Vierteln zusammen.

Stadtwappen:

Das Madrider Stadtwappen zeigt eine Bärin, die sich an einem Erdbeerbaum aufrichtet. Diese Szene auf silbrigem Grund wird von einem dunkelblauen Band umkränzt, das mit silbernen sechszackigen Sternen umrahmt und von der goldenen Königskrone verziert wird.

Wirtschaft: Immerhin nahezu 80 % der Bevölkerung sind im Dienstleistungssektor beschäftigt; daneben sind verschiedene Industriezweige wie Energie, Chemie, Fahrzeugbau sowie der Tourismus wichtige Erwerbsquellen. Seit 2008 die Finanz- und Wirtschaftskrise in dem Land ausbrach, schlägt sich das auch in Madrid als Finanz-, Handels- und Dienstleistungszentrum nieder.

Kultur: Madrids Ruhm als Kulturstadt gründet sich auf die staatlichen Kunstmuseen wie den Prado und das Museo Nacional de Arte Contemporáneo Reina Sofia, die sich durch die weltbesten und reichhaltigsten Sammlungen der Malerei und Skulptur des 16. bis 21. Jahrhunderts auszeichnen. Die Sammlungen spanischer Malerei von El Greco über Goya, Velázquez, Ribera, Zubarán, Murillo, aber auch von Raffael, Tizian, Dürer und Hieronymus Bosch, Tintoretto, Caravaggio, Reni sind einzigartig. Die Fülle an weiteren Museen und Kultureinrichtungen wie Conde Duque und Mataderos hat die Kunstszene insgesamt stimuliert. Die Filmregisseure Pedro Almodóvar und Pablo Berger benutzen die Stadt oft als Kulisse. Madrid verfügt über viele Bühnen, aber keine davon hat ein festes Ensemble. Sehr populär sind die zarzuelas, kleine Opern, die für den spanischen Kulturraum typisch sind, und Flamenco-Bühnen. Das Teatro Real genießt einen sehr guten Ruf.

Öffentliche Verkehrsmittel: Zwölf Metrolinien erschließen die Stadt, verknüpft über große Umsteigebahnhöfe wie Atocha, Sol, Príncipe Pío, Chamartín und Nuevos Ministerios. Atocha und Chamartín sind Fernbahnhöfe.

Geschichte im Überblick

206 vor Chr. Die Römer unterwerfen nach dem Zweiten Punischen Krieg die Iberische Halbinsel.

5. bis 7. Jhr. Die visigodos, die Westgoten, machten Toledo zur Hauptstadt.

Von 711 an erobern arabische Heere unter Tariq Ibn Ziyad den iberischen Raum.

722 In der Schlacht bei Covadonga im iberischen Norden werden die arabischen Truppen von christlichen Verbänden geschlagen. Die reconquista beginnt.

852–866 Die Mauren/Araber bauen die Befestigungsanlage Alcázar über dem Fluss Manzanares und nennen den Ort Magerit, später Madscherit.

1083 Alfonso VI. (1043-1109), König von Kastilien und León, erobert Madrid.

1085 Das Heer von Alfonso VI. erobert Toledo. Doch herrscht die Berberdynastie der Almoraviden weiterhin über Teile des ehemals westgotischen Gebietes.

1212 Die Schlacht von Las Navas de Tolosa bringt die Entscheidung: Die Christen besiegen die Dynastie der Almohaden und erobern auch den Süden zurück.

1309 Der kastilische König Fernando IV. (1285–1312) beruft die Ständeversammlung Cortes des Königreichs Kastilien und León zum ersten Mal nach Madrid.

1469 Isabella von Kastilien und León (1451–1504) und Fernando von Aragón (1452–1516) heiraten und vereinigen ihre Königreiche – der Kern zum Königreich Spanien ist gelegt.

1482 Die katholischen Könige setzen die Inquisition ein. Juden, die nicht konvertieren, werden ausgewiesen. Später werden Muslime zwangsgetauft.

1516 Der Habsburger König Karl V. (1500–1558) wird als Carlos I. gekrönt und ist fortan Herrscher über Spanien. Der Kampf um Kolonien erreicht den Höhepunkt. Seinem Sohn Felipe II. (1527–1598) übergibt er das legendäre »Reich, in dem die Sonne nie untergeht«.

1561 Felipe II. erklärt Madrid zur Hauptstadt und setzt wesentliche Bau- und Siedlungsimpulse. Unter anderem entstehen die Plaza Mayor und das Barrio de las Austrias entstehen.

1609 Felipe III. (1578-1621) verfügt die Ausweisung der zwangsgetauften arabischen Bevölkerung.

1701 Die Erbfolgekriege brechen aus; an dessen Ende übernehmen die Bourbonen Spaniens Thron.

1759 Unter Carlos III. (1716-1788) erblüht Madrid, ebenso seine Industrie: Las Cristales de La Granja und die Porzellanfabrik im Buen Retiro werden gegründet, ebenso Hospitäler. Die Puerta de Alcalá, der Brunnen der Cibeles, der Neptunbrunnen und der Botanische Garten gehen auf seine Initiative zurück. Den Alcázar wandelt er zum Palacio Real.

1808–1813 Französisch–napoleonische Besatzung unter Joseph Bonaparte. Am 2. Mai 1808 bricht ein Aufstand der Madrilenen aus, der brutal niedergeschlagen wird.

1868 Nach zahlreichen Aufständen und Erhebungen flieht Königin Isabella II. (1830–1904) nach Frankreich.

1873 Ausrufung der Ersten Republik.

1874 Wiedereinsetzung der Monarchie.

1923 Die Militärdiktatur unter Miguel Primo de Riveras beginnt.

1931 Die Zweite Republik beginnt. Sozialisten, Anarchisten, Syndikalisten, katalanische Nationalisten besiegen an den Wahlurnen die konservativ-klerikalen Kräfte. König Alfonso XIII. geht ins Exil nach Italien.

1936 Francisco Franco geht mit seinen Truppen von Marokko aus kommend in Andalusien an Land. Der spanische Bürgerkrieg beginnt. Die deutsche Legion Condor zerstört das baskische Guernica. Pablo Picasso schuf dazu ein Bild.

1939 Ende des Bürgerkrieges. Die siegreichen Faschisten unter Franco errichten eine Diktatur. Das traumatisierte Land erstarrt.

1975 Franco stirbt. König Juan Carlos I. besteigt den Thron; eine vorsichtige Öffnung zur Demokratie beginnt, die Periode der transición.

1982 Der Führer der sozialistischen PSOE und »Enkel Willy Brandts«, Felipe González, gewinnt die Parlamentswahlen. Der Modernisierungsschub beginnt.

1983 Verabschiedung des Autonomiestatus von Madrid.

1986 Spanien tritt der EU bei.

1992 Madrid wird Kulturstadt Europas.

2004 Am 11. März Attentat auf dem Bahnhof Atocha, 191 Menschen sterben. Die Täter stammen aus dem Al-Qaida-Netzwerk. Der Sozialist José Luis Zapatero siegt bei den Parlamentswahlen.

2011 Die Immobilienblase platzt, die Finanzkrise beginnt. An der Puerta del Sol kampieren Demonstranten, die gegen das Wirtschaftssystem protestieren. Die Arbeitslosigkeit, insbesondere die von Jugendlichen, steigt an.

2013 Madrids Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2020 trug Kronprinz Felipe klugerweise mit dem Argument der Nachhaltigkeit vor, denn viele Stadien gibt es bereits. Er hatte damit allerdings keinen Erfolg.

2015 Die Richterin Manuela Carmena wird zur Bürgermeisterin von Madrid gewählt. Sie war Kandidatin eines Linksbündnisses unter PODEMOS.

2017 Die wirtschaftliche Situation entspannt sich; viele ins Ausland abgewanderte Madrilenen kehren zurück.

EIN WOCHENENDE IN MADRID

1. TAG

9 Uhr PLAZA MAYOR

Die weite, von Renaissancegebäuden prachtvoll eingefasste Plaza Mayor mit dem Reiterstandbild von Felipe III. gilt als eine der schönsten ganz Spaniens und strahlt mit ihren ruhigen Arkadengängen eine ganz unverwechselbare Stimmung aus. Besser kann man sich gar nicht auf einen Besuch von Madrid einstimmen als hier in den Terrassencafés einen Café con leche zu nehmen und das Treiben zu beobachten. Um diese Uhrzeit klackern die Rolljalousien der kleinen Traditionsgeschäfte hoch – wunderbar. Und falls man Prospekt oder Stadtplan vergessen haben sollte – lässt sich bei der Touristeninfo an der Plaza noch besorgen.

10 Uhr PRACHTSTRASSE UND CAFÉ

Schlendern auf der Prachtstraße Calle de Alcalá zur Plaza de Cibeles, einem der Ikonen-Plätze von Madrid mit einer Skulptur der Kybele, die einen Löwenwagen lenkt. Dahinter erhebt sich der märchenschlosshafte Palacio de Cibeles, heute Sitz der Stadtverwaltung mit einer tollen Aussichtsplattform (geöffnet ab 10.30 Uhr) Hier überblickt man zunächst einmal das Besichtigungspensum der nächsten Tage. Anschließendes Schlendern auf dem Paseo de Recoletos, Stippvisite im berühmten Literatencafé Gijón? Oder im Café Espejo, echter Jugendstil?

12 Uhr MUSEO JOAQUÍN SOROLLA

Besuch des Museo Joaquín Sorolla im Paseo del General Martínez, des Max Liebermann der spanischen Malerei, einer der wichtigsten Vertreter des Impressionismus in Spanien. Seine Gemälde, die häufig Strandszenen zum Thema haben, flirren quasi vor Licht. Dem einflussreichen Maler (1863-1923) wurde in der späteren Rezeption Leichtgewichtigkeit vorgeworfen, aber er malte auch naturalistische Szenen der »kleinen Leute«. Das Museum ist in seinem Privathaus untergebracht, einem schönen Beispiel für den regionalismo mit einem kachelgeschmückten Garten mit schönen beschatteten Sitzplätzen.

14.30 Uhr MITTAGSPAUSE IN CHUECA

Mittagessen im Barrio Chueca im stylishen Mercado de San Anton oder auf der Plaza de Chueca. Der Markt bietet bei schönem Wetter die Gelegenheit, Köstlichkeiten auf einer Dachterrasse zu genießen. Und auch bei Regen gibt es viele leckere Gründe, sich an den Tresen durch die Küchen Spaniens zu »bewegen«.

16 Uhr VON DER GRAN VIA ZUR ALMUDENA

Über die Gran Vía mit ihrer prachtvollen und emblematischen Sahnetörtchen-Architektur geht’s zur Plaza de España, wo man auf das Standbild von Don Quijote und Sancho Pansa trifft, begleitet von einer Skulptur dessen berühmten Schöpfers Miguel de Cervantes. Im kleinen Park, der es umgibt, schlagen oft Kunstgewerbler ihre Stände auf. Es sind jetzt nur noch ein paar Schritte zum Palacio Real und zur Almudena-Kathedrale, die man besichtigen kann (bis 20.30 Uhr). Während der Palast auf dem Gelände einer arabischen Festung 1755 fertiggestellt wurde, gehört die Almudena eindeutig ins 20. Jahrhundert.

19 Uhr AN DER PLAZA DE ORIENTE

Aperitif an der schön strukturierten Plaza de Oriente mit Blick auf den Palacio Real und die Galerie der Königsskulpturen oder im Parque las Vistillas mit Blick über den Campo de Moro. Beide Orte liegen privilegiert im Barrio de las Austrias.

21 Uhr BUMMEL DURCH DAS SANTIAGO-VIERTEL UND ABENDESSEN IM LA-LATINA-VIERTEL

Bummel durch das Santiago-Viertel und dann zum Abendessen Einkehr in eines der Traditionslokale in der Calle de Cava Baja im La-Latina-Viertel. Zwei historisch bedeutsame Viertel der sogenannten kleinen Leute, die - obwohl in unmittelbarer Umgebung der Plaza Mayor und des Barrio de las Austrias gelegen – typisch madrilenisch geblieben sind.

2. TAG

10-12 Uhr GENUSSVOLL STÖBERN

Der Flohmarkt von Madrid ist der bekannteste und größte in ganz Spanien und eine erstaunliche Fundgrube für Mode, Kunsthandwerk, echt alte Bilderrahmen, Möbel und vieles mehr. Die kleinen Trödel- und Antiquitätengeschäfte in den angrenzenden Straßen haben dann meist auch geöffnet. Nebenbei lernt man noch einen der lebendigsten Stadtteile Madrids kennen: Lavapiés mit seinen schmalen und unverwechselbaren Gassen., seinen corrala-Häusern und tollen Kulturstätten wie der Tabacalera und Mataderos.

ab 13 Uhr MITTAGS IM PRADO

Es ist keine schlechte Idee, während der Mittagszeit das berühmteste Museum Spaniens, den Goya-Velázquez-Ribeiro-Tempel Prado, zu besuchen und darauf zu zählen, dass sich viele Besucher jetzt im Modus Mittagspause befinden und man die Museumsgänge etwas leerer vorfindet. (Im Untergeschoss neben der Hieronymus-Bosch-Ausstellung gibt’s ein großes helles Café …) Die Informationsblätter geben detailliert Auskunft, wo was zu sehen ist, sodass man sich gut zurecht findet – auch ohne Führung. Die Opulenz verschlägt einem schon die Sprache: Neben den spanischen Klassikern füllen italienische und flämische Meister allerersten Ranges die Säle wie Tintoretto, Tizian, Rubens, Caravaggio und Reni.

16 Uhr EL BUEN RETIRO

Wie schön, dass gleich nebenan der feinste Park der Hauptstadt, El Buen Retiro, zum Ausruhen einlädt. Grüne Wiesen, plätschernde Wasserfälle, stille Seen, kleine Ausruhnischen, Kristallpaläste und lustige Terrassencafés am Rudersee garantieren Entspannung. Kein Wunder, dass er so schön und groß ist, beruht er doch auf königlichen Ursprüngen und wurde unter Isabel II. Ende des 19. Jahrhunderts den Spaniern geöffnet. Gartenkenner werden die unterschiedlichen Stilrichtungen bemerken: englisch, französisch, italienische Renaissance …

17.30 Uhr CENTRO DE ARTE REINA SOFIA

Einigermaßen erfrischt kann man sich nun dem zweiten tollen Museum der Metropole widmen, das glücklicherweise auch in unmittelbarer Nähe liegt: dem Museum für zeitgenössische Kunst Reina Sofia. Das weltberühmte Guernica von Pablo Picasso ist dort zu sehen, aber auch sonst ist es einfach hervorragend bestückt und sehr übersichtlich aufgebaut. Das liegt an dem Ursprung des Gebäudes, das von einem spektakulären verglasten Außenlift geschmückt wird – es ist ein ehemaliges Hospital aus dem 18. Jahrhundert. Winkelgänge wären darin paradox. Das Reina Sofia widmet sich dem Kubismus, dem Dadaismus und dem Surrealismus, der mit Salvador Dalí in Spanien ja die höchste Blüte trieb. Überhaupt waren die Spanier in diesen Kunstrichtungen stilprägend. Internationale Kunst aus den Epochen nach dem Zweiten Weltkrieg sind ein weiteres beherrschendes Thema, man findet viele US-Amerikaner.

ab 20 Uhr BARRIO DE LAS LETRAS

Liegt hier Miguel de Cervantes begraben? Hat hier Lope de Vega gelebt? Ja und nein, aber Barrio de las Letras, das Viertel der Literatur, nennen sich diese malerisch schönen Straßen ganz zu Recht. Vom Paseo del Prado einfach in Richtung Plaza Santa Ana flanieren, die von einer Skulptur von Federico García Lorca (mit Friedenstaube in der Hand) geschmückt wird – das ist ein erholsamer abendlicher Bummel an hübschen Fensterfronten vorbei, an traditionellen Lebensmittelhandlungen, Antiquitätenläden, Designgeschäften und Tabernas, ein bisschen hügelauf, ein bisschen hügelab. Die Plaza Santa Ana wird nahezu umzingelt von Tapasbars, und wer dort nicht fündig wird, zieht auf die benachbarte Plaza del Angel – ist auch schön! Außerdem empfehlen sich Koncertcafés und Clubs für Auftritte von Livebands. Besonders Jazz ist hier zu Hause.

DAS ZENTRUM

1Die Plaza Mayor und das Habsburger Madrid

2Puerta del Sol – Plaza de Canalejas

3Barrio Santiago

4Rund um die Calle Arenal

5Palacio Real und Umgebung

6Campo del Moro

7Kathedrale La Almudena/Krpyta

8Die Calle de Alcalá

9Plaza de España

10Gran Vía

11TriBall

12Malasaña

Viva! Don Quijote und Sancho Pansa auf der Plaza de España

1 Die Plaza Mayor und das Habsburger Madrid

Im Herzen der Stadt

Ein natürlicherer Mittelpunkt als die Plaza Mayor lässt sich gar nicht denken. Dieses Renaissance-Rechteck mit seinen Arkadengängen und dem Denkmal von Philipp III. war immer schon politischer und kultureller Schauplatz.

Die ruhige Symmetrie ihrer Anlage entspricht den architektonischen Konzepten ihrer Epoche. Auch heute noch bringt die Plaza Mayor Gleichmaß in das turbulente Zentrum. Sie gilt neben der von Salamanca als die schönste Spaniens. Das Reiterstandbild von Philipp III. (1578–1621) aus der Habsburger Dynastie schuf Pietro Tacca 1848. Diese Herrscherdynastie verlieh dem gesamten Viertel seinen Namen: Barrio de las Austrias. Einige aus dieser Epoche stammende Gebäude und Plätze zieren noch das barrio.

Zu jeder Tageszeit ist die Plaza Mayor ein Treffpunkt.

Der 129 Meter lange und 94 Meter breite Platz wird von Häuserriegeln umschlossen, die mit französischen Balkonen geschmückt sind. Unter den Arkaden reiht sich ein charmantes Geschäft an das nächste. Wie alt sie tatsächlich sind, verraten die Metallplaketten, die ins Pflaster vor den Geschäften eingesenkt wurden. Nur wenn sich am gleichen Ort mehr als 100 Jahre lang dasselbe Gewerbe befindet, wird diese Plakette vergeben. Etwa für die Herrenausstatter, in deren fein gearbeiteten Holzschubladen Hemden ruhen, für die Hutgeschäfte mit Sombreros aus Ecuador oder für die Numismatik-Läden, deren große Stunde jeweils sonntags vormittags schlägt, wenn ein Trödelmarkt für Münzen abgehalten wird.

Auf dem Münzen- und Briefmarkenmarkt der Plaza Mayor findet man Schnäppchen.

Viele Restaurants servieren auf den terrazas – und das zu ziemlich überteuerten Preisen. Einen Kaffee sollte man sich dennoch gönnen, um das Treiben auf der Plaza zu verfolgen. Es war ein bevorzugter Ort der Tradition der tertulias: Auf vergilbten Aufnahmen erkennt man Federico García Lorca, Pablo Neruda und Vicente Aleixandre bei ihrer letzten Zusammenkunft vor Ausbruch des Bürgerkriegs.

Des Königs Entscheidung

Wie oft wird man der Plaza Mayor im Laufe des Besuchs noch wieder begegnen! Auf der maqueta beispielsweise, dem Miniaturnachbau im sehenswerten historischen Museum, auf Stichen und Gemälden im Prado und im Museo Thyssen-Bornemiza. Ihre Geschichte lässt sich leicht nachvollziehen: Das spanische Königshaus hatte zunächst ja keinen eigentlichen Stammsitz, sondern residierte in mehreren Palästen. Philipp II. (1527–1598) erkor 1561 Madrid zur Hauptstadt und verlegte den Hof hierher. 1580 dann ließ er den Platz entwerfen. Die Größe ließ aufhorchen: Madrid muss man sich als ein Gewirr von Gassen oder Erdpfaden vorstellen, da erschienen die Ausmaße der Plaza Mayor als überwältigend. Das schönste Gebäude war die von zwei Turmaufbauten flankierte Casa de la Panadería (1619), das Haus der Bäcker – auf der gegenüberliegenden Seite erhob sich bald ein spiegelbildliches Gebäude, die Casa de la Carnicería, die Metzgerei. Die aufsehenerregenden Fresken der Casa de la Panadería allerdings wurden erst zwischen 1988 und 1992 aufgetragen. Sie zeigen mythologische Szenen und Figuren. Die Panadería besaß auch in den vorhergehenden Jahrhunderten Wandmalereien, doch waren sie bedauerlicherweise durch Brände zerstört worden.

Einfach gut!

MERCADO DE SAN MIGUEL

Wer sich abends oder am Samstag einfindet, mag es unter Umständen etwas zu lebhaft finden, aber das liegt nun mal an seiner Beliebtheit: Der »Mercado de San Miguel« im historischen Marktgebäude ist kein Markt für Lebensmittel mehr, sondern eine Halle für vielfältige spanische Genüsse. Das Modegetränk Bubble Tea ist bestimmt nicht darunter … In dieser schönen traditionellen Markthalle aus viel Glas und verziertem Eisen aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts verabredet man sich auf eine caña, ein kleines gezapftes Bier, oder einen Vermouth, verspeist dazu eine empanada gallega, eine Thunfischpastete mit Oliven, oder eingelegte Sardellen oder Käse, deckt sich mit Backwaren ein oder greift zur frischen Auster, gekrönt von einem Glas kalten Weißwein.

Mercado de San Miguel. Mo–Do 10–24 Uhr, am Wochenende bis 2 Uhr, Plaza de San Miguel, Tel. 915 42 49 36, Metro: Sol

Die Gigantes tanzen zur Fiesta de San Isidro auf der Plaza de la Villa.

Nicht nur der Markt für Fleisch, Gemüse, Obst, Kleider, Tuche und Stoffe wurde hier bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts abgehalten, es fanden Turniere, Volksbelustigungen und Fußballspiele statt. Auch war es der Platz für die fürchterlichen Autodafés, Glaubensurteile, die unter der Inquisition gefällt wurden. Dreihundert Jahre währte dieser Schrecken. Im Prado hängt eines der berühmtesten Gemälde, das eine Autodafé auf der Plaza Mayor zeigt. Gemalt wurde es 1683 von Francisco Rizi.

Die schöne Umgebung des Mercado San Miguel