Burnout - Wulf Rössler - E-Book

Burnout E-Book

Wulf Rössler

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Beschreibung

Der Begriff "Burnout" ist seit einigen Jahren in aller Munde und wird auch im medizinischen Rahmen vielfach genutzt. Dennoch ist nicht immer klar, was genau darunter zu verstehen ist, denn eine Diagnose "Burnout" gibt es in den gängigen medizinischen Klassifikationssystemen bislang nicht. Hier setzt das vorliegende Werk an: Es fasst das bestehende Wissen zum Burnout-Syndrom aus den Bereichen Arbeits- und Organisationspsychologie, medizinische Diagnostik und Psychotherapie zusammen und ordnet dieses innerhalb der aktuellen Diagnosesysteme ein. Das Burnout-Konzept wird im Rahmen seines medizinhistorischen und gesellschaftlichen Kontexts diskutiert und durch Fallbeispiele illustriert. In der Prävention und Therapie des Burnouts liegt der Fokus auf der Förderung der Selbstwirksamkeit von Betroffenen. Hierzu stellt das Buch wirksame ressourcenorientierte Interventionen einer supportiven Psychotherapie vor.

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Inhalt

Cover

Titelei

1 Ein Begriff macht Karriere

1.1 Was ist eine Diagnose?

1.2 Risikofaktoren

1.3 Hat Burnout eine Geschichte?

1.4 Attraktivität des Burnout-Konzeptes

1.5 Das bio-psycho-soziale Krankheitsmodell

1.6 Nehmen psychische Störungen zu?

1.7 Was heißt dies in Bezug auf Burnout?

1.8 Wandel von Arbeit und Gesellschaft

1.9 Strukturwandel

1.9.1 Globalisierung und Arbeitsplatzunsicherheit

1.9.2 Entfremdung und Erschöpfung

1.9.3 Arbeit und Gesundheit im Betrieb

1.9.4 Burnout in Zeiten von Corona

2 Burnout – was ist das?

2.1 Diagnostische Grundlagen

2.2 Psychische Störungen in verschiedenen Lebensphasen

2.2.1 Der diagnostische Prozess

2.2.2 Diagnostische Einordnung

2.2.3 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen

2.2.4 Persönlichkeitsstörungen

2.3 Die Symptome

2.4 Der Burnout-Prozess

2.5 Diagnostische Äquivalente

3 Stress und seine Folgen

3.1 Stress – wie er in der Bevölkerung wahrgenommen wird

3.2 Stress aus fachlicher Sicht

3.3 Psychophysiologie des Stresses

4 Risikofaktoren und Ursachen – Stressoren

4.1 Persönlichkeitsmerkmale (aus psychologischer Sicht)

4.2 Merkmale der Stressverarbeitung

4.3 Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebnismuster

4.4 Arbeitsbezogene Einstellungen

4.5 Jobmerkmale sowie Aspekte des Organisationsumfelds

4.5.1 Quantitative Anforderungen: Arbeitsbelastung und Zeitdruck

4.5.2 Qualitative oder klienten-/kundenbezogene Anforderungen

4.5.3 Soziale Unterstützung

4.5.4 Selbstbestimmtheit von Arbeitsaufgaben

4.6 Burnout: Wechselspiel zwischen Individuum und Organisation

4.7 Gesundheit von Mitarbeitenden

4.8 Volkswirtschaftliche Folgen

4.9 Folgen auf Organisationsebene

4.10 »Nebenwirkungen« – bisher weniger beachtete Burnout-Folgen

5 Präventionsmöglichkeiten

5.1 Ressourcenmanagement

5.1.1 Betriebliches Gesundheitsmanagement

5.1.2 Physikalische Ressourcen

5.1.3 Biologische Ressourcen

5.1.4 Fehlzeitenmanagement

6 Therapie des Burnouts

6.1 Studienlage

6.2 Therapeutische Ziele und Haltungen im Umgang mit Burnout-Patient/-innen

6.3 Diagnostik und erste Maßnahmen

6.3.1 Diagnostik

6.3.2 Erstmaßnahmen

6.3.3 Arbeitsunfähigkeit und das Thema Arbeit in der Burnout-Therapie

6.4 Psychotherapie

6.4.1 Psychoedukation

6.4.2 Individuelles Modell/psychotherapeutischer Klärungsprozess

6.4.3 Bewältigungsphase

6.4.4 Ressourcenaktivierung

6.4.5 Einbezug von Partner/-innen

6.4.6 Rückfallprophylaxe

6.5 Weitere Bausteine einer multimodalen Therapie

6.5.1 Medikation

6.5.2 Förderung der Regeneration und der körperlichen Aktivierung

6.5.3 Behandlung von Schlafstörungen

6.5.4 Situation Arbeitsplatz

7 Supportive Psychotherapie (SPT)

7.1 Psychotherapeutische Wirkprinzipien

7.2 Supportive Psychotherapie im Lichte verschiedener Therapieschulen

7.3 Methoden und Techniken Supportiver Psychotherapie

7.3.1 Kooperative Beziehungsgestaltung

7.3.2 Realer Therapeut/reale Therapeutin

7.3.3 Rahmenbedingungen vereinbaren

7.3.4 Ziele klären

7.3.5 Subjektive Krankheitstheorien berücksichtigen

7.3.6 Informationen vermitteln

7.3.7 Aktives Bemühen

7.3.8 Arbeiten im Hier und Jetzt

7.3.9 Nutzung der Ressourcen

7.3.10 Symptome positiv umdeuten

7.3.11 Positive Rückmeldung

7.3.12 Schlussbemerkung: Supportive Therapie in der Behandlung von Burnout-Patient/-innen

Literatur

Die Autorin und der Autor

Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Wulf Rössler ist Psychiater, ehemaliger Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich und seit seiner Emeritierung Senior-Professor, zunächst an der Leuphana Universität Lüneburg und ab 2017 bis 2024 an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, sowie Post-Graduate-Professor an der Universität von São Paulo.

Prof. Dr. med. Katja Cattapan ist Chefärztin am Sanatorium Kilchberg, Privatklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Zürich sowie Titularprofessorin an der Universität Bern.

Wulf RösslerKatja Cattapan

Burnout

Krankheitsmodell, Therapie und Prävention an der Schnittstelle zwischen Medizin und Arbeitswelt

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:ISBN 978-3-17-020679-3

E-Book-Formate:pdf: ISBN 978-3-17-043276-5epub: ISBN 978-3-17-043277-2

1 Ein Begriff macht Karriere

Der Roman »A burnt-out case« des amerikanischen Schriftstellers Graham Greene aus dem Jahr 1959 führte dazu, dass das Wort »burn-out« bekannt wurde. Die Hauptfigur des Romans ist ein weltberühmter Architekt, der zunehmend von seiner Arbeit enttäuscht und ihrer überdrüssig ist. In die Wissenschaft wurde der Begriff durch den Psychiater Herbert Freudenberger in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts eingeführt. Warum hat der Begriff eine so schwer verstehbare Popularität in der westlichen Welt erlangt? Fast jeder kennt den Begriff und viele haben sich irgendwann einmal als »ausgebrannt durch die Arbeitstätigkeit« bezeichnet.

Als Herbert Freudenberger sein Burnout-Buch schrieb, hatte er eine Gruppe von Mitarbeitenden einer therapeutischen Einrichtung für Drogenabhängige in New York im Visier. Diese engagierten Helfer/-innen kämpften mit zunehmender Erschöpfung und einer kritischen Distanz gegenüber ihren Klient/-innen, sie wurden unzufrieden mit ihrer Arbeit und ihrer eigenen Leistung.

Die Beobachtungen Freudenbergers wurden später ergänzt durch Christina Maslach, eine Sozialpsychologin in Berkeley (Kalifornien). Ihre Forschung fokussierte auf Mitarbeitende im Gesundheitswesen und Sozialbereich und deren Umgang mit emotionalen Belastungen. Sie beschrieb drei Dimensionen, die ein Burnout charakterisieren:

emotionale Erschöpfung, d. h., die Befragten schildern das Gefühl, emotional ausgelaugt zu sein und nicht mehr mitfühlen zu können,

Depersonalisierung (die Fachleute begegnen ihren Klienten zynisch bzw. widerwillig) und

Reduzierung der persönlichen Leistungsfähigkeit, d. h., die Fachleute durchleben eine Krise hinsichtlich ihrer professionellen Effektivität.

Christina Maslachs Ergebnisse und der daraus entwickelte Fragebogen Maslach Burnout Inventory (MBI) sind inzwischen weit verbreitet.

Es gibt aber auch Kritik an den drei Kategorien von Christina Maslach. Vor allem das Element der Depersonalisierung ist nach Ansicht einiger Burnoutexpert/-innen nicht bei allen Betroffenen vorhanden. Es gibt auch Patienten und Patientinnen, die an emotionaler und körperlicher Erschöpfung im Rahmen ihrer Überforderung im Arbeitskontext leiden, aber weiter ihre Arbeit sehr schätzen.

Dies zeigt, dass Burnout viele Gesichter hat, wie wir auch im weiteren Verlauf des Buches an Fallbeispielen sehen werden.

Im Gegensatz zu den Anfängen der Burnout-Forschung ist heute klar, dass das Syndrom kein Phänomen ist, das allein Mitarbeitende im Gesundheits- und Sozialbereich betrifft, sondern vielmehr breite Bevölkerungsschichten in unserer Dienstleistungsgesellschaft.

Burnout ist primär keine psychiatrische Diagnose, sondern v. a. ein arbeits- und organisationspsychologisches Konzept. Nach wie vor gültig ist, dass sich Burnout auf den Arbeits-/Leistungskontext bezieht. Dabei sollte man den Begriff »Arbeit« aber nicht ausschließlich auf Lohnarbeit beschränken. Hausarbeit wie auch Studium erfüllen in mancherlei Hinsicht die Rahmenbedingungen für das Entstehen eines Burnout-Syndroms. Auch chronische Erschöpfung durch Care-Arbeit, wie die Pflege demenzkranker Angehöriger oder im Rahmen der Elternschaft, können dem Konzept zugeordnet werden. Wie im späteren Text noch deutlich wird, ist für die Entwicklung eines Burnouts nicht nur die Quantität von Arbeit, sondern auch die Bedeutung von Arbeit, Leistung und Erfolg, auf der individuellen Ebene und im gesellschaftlichen Gesamtgefüge, ausschlaggebend.

Therapiekonzepte für Burnout wurden entwickelt, eigentliche Burnout-Kliniken entstanden in den letzten Jahren. Wo es ein faszinierendes neues Konzept zu geben scheint, sind die Kritiker nicht fern. Burnout wird von vielen Kritikern nicht als prinzipiell neues Phänomen betrachtet, sondern als neuartige Bezeichnung für eine Vielzahl bereits bekannter psychischer Störungsbilder.

Burnout geht einher mit dem Stresskonzept, welches »seit der Mitte des 20. Jahrhunderts den medizinischen Diskurs der Überlastung und das arbeitsökonomische Thema der Ermüdung« verbindet (Haller et al., 2014, S. 360).

Es stellt sich also die Frage, was Burnout genau ist. Sollte Burnout als Diagnose in die internationalen Diagnosekataloge eingeführt werden? Was sind arbeitsökonomische Faktoren mit Relevanz für die Prävention eines Burnouts? Kann Burnout von anderen psychischen Erkrankungen wie der Depression abgegrenzt werden? Wie wird heute ein Burnout diagnostiziert und hat Burnout Früh- oder Warnsymptome, bevor sich das Vollbild manifestiert? Wie wird Burnout behandelt?

1.1 Was ist eine Diagnose?

Ein heute 50-jähriger Arzt musste sich in seinem beruflichen Leben mit vielen neuen psychiatrischen Diagnosen auseinandersetzen: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (auch im Erwachsenenalter), multiple Persönlichkeit, Autismus-Spektrum-Störung (ebenfalls neu als Störungsbild im Erwachsenenalter) oder die anhaltende Trauerstörung, um nur einige zu nennen. Er hat aber auch eine Spezifizierung und Unterteilung bereits bekannter psychiatrischer Diagnosen erlebt; andere Diagnosen sind verschwunden: Hysterie oder Neurasthenie existieren nicht mehr, d. h., sie sind noch Teil unserer Wissensbestände, aber das jeweilige Krankheitsphänomen wird nicht mehr präsentiert und die Diagnose ist im Klinikalltag verschwunden.

Unser Diagnosekatalog ist also nicht abgeschlossen und unterliegt Veränderungen, die nicht nur in einer größeren Zahl an Diagnosen oder neuen Unterteilungen bestehen. Störungsbilder wie z. B. die Hysterie oder Neurasthenie müssen in einem bestimmten soziokulturellen Kontext verstanden werden.

Die diagnostische Einordnung des Burnout-Syndroms wird kontrovers diskutiert. Einige Expert/-innen meinen, dass Burnout ein eigenständiges Störungsbild sei, andere betrachten es als Untergruppe der Depressionen und wieder andere meinen, dass es nur ein subjektives Störungsmodell, eine reine Erfindung und v. a. kluge Geschäftsidee sei. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN, 2012) definiert in ihrem Positionspapier dagegen Burnout als Risikozustand im Übergang von Arbeitsbelastung zur Krankheit. Gegenwärtig existiert Burnout jedenfalls nur als Zusatzdiagnose in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten der WHO, d. h., es muss eine Hauptdiagnose, z. B. Depression, vorliegen, will man eine solche (Zusatz-)‌Diagnose stellen. Und auch in der ICD-11 wird das Burnout nicht als eigenständige Kategorie erscheinen, ebenso wie im DSM-5. Im ICD-11 wird es ergänzend zu einer Hauptdiagnose als »qualifying diagnosis« (QD) aufgeführt, indem es diese weiter spezifiziert und Hinweise auf die Kausalität gibt: Es wird als QD 85 auf chronischen Stress am Arbeitsplatz spezifiziert und orientiert sich dabei an den Kriterien von Christina Maslach (Gefühl von Energieverlust und Erschöpfung; zunehmende mentale Distanz von der Arbeit oder Gefühle von Negativismus oder Zynismus bezüglich der Arbeit; reduzierte berufliche Leistungsfähigkeit).

Umstritten ist auch, ob es für die Entwicklung eines Burnouts einen unabdingbaren Bezug zur Arbeit geben muss und ob Burnout nicht ein allgemein zeittypisches Phänomen darstellt, das im Kontext der Identifikation des Menschen mit seiner eigenen Leistung (auch außerhalb der Erwerbsarbeit) zu sehen ist. Den soziokulturellen Bezug finden wir in der gesellschaftlichen Bewertung dieses Phänomens: Brennen für eine Sache und Leistung zeigen stellt eine Tugend dar; andererseits sind Nichtstun, Untätigsein, Arbeitslosigkeit gesellschaftlich unerwünscht. Eine Volksabstimmung 2016 in der Schweiz über das »bedingungslose Grundeinkommen« wurde von vielen Menschen als Provokation empfunden, sollte der Staat doch allen Menschen unabhängig von jedwedem Leistungswillen eine Grundexistenz garantieren. Aber immerhin hat sich rund ein Viertel der Bevölkerung dafür ausgesprochen, was doch bei einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung auf einen Wunsch nach einer leistungsfreien Existenz unabhängig von persönlichem Einsatz hinweist. Und mittlerweile hat ein europäisches Land, Finnland, das bedingungslose Grundeinkommen erprobt – mit gemischtem Erfolg. Während die Teilnehmer ein ruhigeres Leben führen konnten, hat das bedingungslose Grundeinkommen nicht dazu geführt, mehr Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Das weist auf ein ganz anderes Phänomen hin: Brennen kann nur, was sich anzünden lässt, d. h., dass es einen Teil der Bevölkerung gibt, dem die Arbeit nicht das Wichtigste im Leben zu sein scheint. Es hat sich sogar ein Gegenmodell entwickelt – »Quiet Quitting«, ein Phänomen, das der Generation Z zugeschrieben wird. Darunter versteht man das Verhalten von Menschen, die nur das Nötigste im Arbeitsbereich leisten, sich klar abgrenzen, die eine klare Strategie haben, Überstunden und Extraaufgaben zu vermeiden. In dem vom Gallup 2023 veröffentlichten Bericht zur weltweiten Arbeitssituation wird für Europa angegeben, dass mittlerweile 72 % der Befragten sich der Kategorie »quiet quitting« zuordnen (Gallup, 2023).

Das Phänomen Burnout durchdringt unser Leben durch entsprechende Bücher von Betroffenen und Outings. Dementsprechend greifen solche Phänomene auch auf das Gesundheitswesen über. Jeder Hausarzt/jede Hausärztin war in den vergangenen Jahren mit Menschen mit einem (selbst diagnostizierten) Burnout konfrontiert. Ein vom Arzt diagnostisch bestätigtes Burnout stellt auch einen vom Gesundheitswesen sanktionierten Ausbruch aus dem geregelten Alltag dar. Vielleicht erklärt sich so auch der steile Anstieg von Krankschreibungen wegen psychischer Störungen. »Erschöpfung« wird zu einem Gesundheitsproblem und folglich zu einer Krankheit. Und weil die »Diagnose Burnout« von Betroffenen weitgehend akzeptiert wurde, war diese auch bei den Ärzten überaus beliebt, war doch damit zunächst noch keine Stigmatisierung wegen einer psychischen Erkrankung verbunden. Und für einmal waren sich Arzt/Ärztin und Patient/-in bezüglich einer psychischen Störung einig.

Aber stellen wir die Frage noch etwas grundsätzlicher: Was ist eine Diagnose? Eine Diagnose stellt eine Nomenklatur dar, mittels derer eine Krankheit in Kategorien eingeordnet wird. Jede Wissenschaft benennt grundsätzlich ihre Objekte und versucht, diese zum besseren Verständnis der Zusammenhänge der Objekte in Klassen zu ordnen. Im Idealfall beinhaltet eine Diagnose auch die Ursachen und Entstehungszusammenhänge einer Erkrankung.

Eine Diagnose ist aber noch mehr. Eine Diagnose stellt eine Entscheidungs- oder Handlungsanleitung für die Ärzt/-innen und das medizinische Personal dar, also ganz generell für die Behandlung und den Umgang mit der Krankheit. Da eine Diagnose nicht nur eine Zuordnung darstellt, sondern Handlungen nach sich zieht, kann diese auch die Wahrnehmung der so als »krank« Bezeichneten von sich selbst verändern und ihr Verhalten beeinflussen. Diagnosen können somit auf das Verhalten der Individuen Einfluss nehmen, haben also interaktiven Charakter.

Prinzipiell gibt es in der Medizin keine Behandlung ohne Diagnose. Für das Gesundheitswesen ist von prinzipieller Bedeutung, dass über eine Diagnose hinaus dann auch verschiedene spezifische Behandlungsmöglichkeiten bestehen. Deshalb ist es eine wesentliche Frage, ob es für Burnout spezifische Therapieansätze gibt oder dieses mehr oder weniger wie eine Depression behandelt wird.

Diese Meinung wird von der Arbeitsmedizin und Organisations- und Arbeitspsychologie insofern nicht geteilt, als sich diese Störung in der Beziehung zwischen dem Menschen, seiner Arbeit und den Arbeitsanforderungen konstituiert und auch vor einer psychiatrisch-medizinischen Behandlung präventiven Maßnahmen zugänglich ist. Deshalb sei hier schon einmal erwähnt, dass die Behandlung eines Burnouts nicht nur Aufgabe des Gesundheitswesens sein kann und darf, sondern auch Aufgabe eines betrieblichen Gesundheitsmanagements sein muss. So wie wir heute zahlreiche arbeitsmedizinische Regelungen zur Gestaltung der physischen Arbeitswelt haben, benötigen wir ebensolche Regelungen bezüglich der psychosozialen Risiken am Arbeitsplatz.

In Deutschland ist die Erfassung psychosozialer Risiken am Arbeitsplatz für Betriebe mittlerweile verpflichtend. Ähnliche Regelungen finden sich auch in der Schweiz und in Österreich. Gleichwohl entziehen sich viele Betriebe diesen gesetzlichen Pflichten, weil sie sich schwertun, die Notwendigkeit hierfür anzuerkennen. So ist die »Betriebsatmosphäre« zu einem Schlachtfeld geworden: auf der einen Seite die Arbeitgeber mit der Frage »Worum sollen wir uns denn noch alles kümmern ...?«, auf der anderen Seite die Arbeitnehmenden mit Blick auf die bösen Arbeitgebenden, die ihre Mitarbeitenden ausquetschen und ins Burnout treiben.

Was sind denn genau die sogenannten »psychosozialen Risikofaktoren«? In einem Review im Auftrag des Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) wurde die wissenschaftlichen Daten dazu zusammengefasst. Daraus ergeben sich folgende Handlungsfelder (SECO, 2015)

»Psychosoziale Risiken sind Risiken für Gesundheitsbeeinträchtigungen wie beispielsweise Stress und Mobbing, die aufgrund von Einflüssen aus dem beruflichen Umfeld auf die Psyche entstehen. Dabei handelt es sich vor allem um ungünstige Merkmale der Arbeits- und Organisationsgestaltung sowie der sozialen Beziehungen und räumlichen Kontexte.

Konkret wird unterschieden zwischen:

Beeinträchtigung der persönlichen Integrität durch psychosoziale Belästigungen wie beispielsweise Mobbing, sexuelle Belästigung, Gewalt etc.

Psychische Über- oder Unterforderung wie Stress, Monotonie etc. durch psychische Fehlbelastungen aufgrund ungünstiger Merkmale der Arbeitssituation.«

1.2 Risikofaktoren

Das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft hat eine Zusammenstellung über Arbeitsaufgaben und organisatorische Faktoren erstellt, die das Risiko erhöhen, dass Mitarbeitende in eine chronische Erschöpfung geraten (SECO, 2015).

Merkmale ungünstiger Arbeitsaufgaben sind nach der SECO sind unter anderem (SECO, 2015, S. 16.):

»Sich häufig wiederholende körperliche Anforderungen«

»Fehlende Ganzheitlichkeit der Tätigkeit:

-

wie nur vorbereiten

-

nur ausführen

-

nur kontrollieren«

»Einseitige Anforderungen: immer die gleiche Tätigkeit ausführen«

»Stark repetitive, kurzzyklische Tätigkeiten, Monotonie«

»Lange, hohe Konzentration und Aufmerksamkeit«

»Informationsprobleme:

-

Zu umfangreich, z. B. Reizüberflutung durch zu viele Signale, die gleichzeitig beachtet werden müssen«

»Aufgaben überfordern, fehlende Einschulung, oberflächliche, ungenügende Unterweisung«

»Aufgaben unterfordern: Es können nur wenige Kompetenzen und Fertigkeiten genutzt werden«

»Fehlende Entwicklungsmöglichkeiten«

»Zeigen müssen von Emotionen, die mit den eigenen Empfindungen nicht übereinstimmen oder gar im Widerspruch sind, z. B. ›Lächelstress‹ in Dienstleistungsberufen«

»Umgang mit Leid (Sozialwesen, Pflege etc.)«

»Häufiger Umgang mit schwierigen Kunden, z. B. bei der Entgegennahme von Reklamationen, Mitteilen von Negativentscheiden«

»Sicherheitskontrollen«

»Erleben von Bedrohung und Gewalt«

»Hohe Verantwortung tragen für Personen bzw. Ergebnisse«

Merkmale einer ungünstigen Arbeitsorganisation nach der SECO sind (SECO, 2015, S. 18 ff.):

»Arbeitszeiten:

Lange Arbeitszeiten (häufig mehr als 9 Stunden)

Arbeit in der Freizeit

Ungünstige Schichtpläne, Nachtarbeit, Arbeit am Wochenende

Umfangreiche Überstunden, nicht bezogene Ferienguthaben

Starre Arbeitszeiten oder zu stark wechselnde Arbeitszeiten

Arbeitszeiten nicht vorhersehbar, Arbeit auf Abruf

Mangelhafte Pausengestaltung

Betriebliche Strukturen

Unklarheiten bei Zuständigkeiten, Kompetenzen und/oder Schnittstellen

Unklare oder widersprüchliche Arbeitsaufträge/Ziele

Rollenunklarheit

Persönlichkeitsschutz: fehlende Regelung zum Umgang mit auftretenden Problemen, keine vertrauliche Ansprechstelle

Soziale Isolation, z. B. durch isolierte Einzelarbeitsplätze

Arbeitsabläufe, Arbeitsmenge

Unterbrechungen und Störungen

Arbeitsintensität: hoher Zeit-/Termindruck

Zeitliche Überforderung: Aufgabe ist in der vorgegebenen Zeit oder Qualität nicht erfüllbar

Hohe Taktbindung

Fehlende Vorhersehbarkeit und Planbarkeit der Arbeit, Arbeitsmenge ist sehr unregelmässig

Handlungsspielraum

Fehlende Gestaltungsmöglichkeit der Organisation der Arbeit, z. B. kein oder kaum Einfluss der Beschäftigten auf: Arbeitsinhalt, Arbeitstempo und -pensum, Reihenfolge der Tätigkeiten, Arbeitsmethoden/-verfahren, Pausengestaltung

Fehlende Mitwirkungsmöglichkeit bei arbeitsrelevanten Massnahmen

Information, Kommunikation, Kooperation, Mitwirkung

Fehlende, nicht rechtzeitige Information, diffuse unklare Aufträge

Undurchsichtige Kommunikationswege

Fehlende organisatorische Mitwirkungsmöglichkeit der Mitarbeitenden

Erlebte Ungerechtigkeit, Unfairness

Fehlende Möglichkeit, Probleme und Konflikte anzusprechen und

konstruktiv nach Lösungen zu suchen

Zu geringe/zu hohe Zahl sozialer Kontakte«

Jede Person, die mit von Burnout Betroffenen zu tun hat, erkennt, wo die chronischen psychosozialen Stressfaktoren in der Arbeitswelt liegen. Es wird ebenso deutlich, dass Burnout sicher keine Manager-Krankheit ist: Burnout entwickelt sich im Umfeld von Verantwortung, Überlastung, unzulänglichen Rahmenbedingungen der Arbeit und Ohnmacht, irgendetwas daran zu ändern.

1.3 Hat Burnout eine Geschichte?

Die Erschöpfung ist keine Erfindung des auslaufenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts. 100 Jahre zuvor hat ein ähnliches Krankheitsbild eine gleichermaßen bemerkenswerte Karriere wie das Burnout gemacht: die Neurasthenie, deren Hauptsymptom ebenfalls die Erschöpfung und Ermüdung war. In der Tat gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Burnout und Neurasthenie. Im Unterschied zu Burnout wurde aber der Neurasthenie eine erschöpfbare Persönlichkeit zugeschrieben, während heute für ein Burnout fast ausschließlich die lebens- und arbeitsweltlichen Bedingungen verantwortlich gemacht werden. Deswegen ist die Diagnose Neurasthenie bei Patient/-innen heutzutage eher unbeliebt, weil niemand gerne als schwächliche, nicht belastbare und leicht erschöpfliche Person betrachtet werden möchte, während Burnout als Folge eines übermäßigen Arbeitseinsatzes betrachtet wird.

In der jüngsten Zeit hat noch ein anders Syndrom vielfach Beachtung gefunden das chronische Erschöpfungssyndrom oder besser als englischer Fachbegriff bekannt: das Chronic Fatigue Syndrome (CFS; auch bekannt unter Myalgische Enzephalomyelitis, ME). Neben der chronischen und anhaltenden Müdigkeit ohne vorausgehende Anstrengung werden als Symptome häufig Muskelschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Nachtschweiß berichtet. Die Ursache des CFS ist ungeklärt. Viele Betroffenenorganisationen gehen davon aus, dass es ich bei diesem Krankheitsbild um eine unentdeckte körperliche Erkrankung handelt, während viele Fachleute das CFS den psychiatrischen/psychosomatischen Krankheitsbildern zuordnen.

Burnout wird heute also verstanden als Ergebnis einer Anstrengung, Ausdruck und Folge des Arbeits- und Leistungswillens eines/einer Betroffenen und zeichnet sich durch eine mentale und physische Erschöpfung aus, die die betroffene Person im Zusammenhang mit ihrer Arbeit erlebt, welche sich auch in einer Verhaltensänderung manifestiert, indem der/die Betroffene gleichgültig oder ablehnend gegenüber Kund/-innen, Patient/-innen oder Mitarbeitenden wird, bei einem gleichzeitigen subjektiv wahrgenommenen und meist auch objektivem Leistungsabfall. Im soziokulturellen Kontext ist wichtig, dass die Voraussetzung für ein BurnouT-Syndrom die leistungs- und arbeitswillige Person ist. Nur wer »brennt«, kann »ausbrennen«. Eine häufig von Patient/-innen genannte Erklärung für das Burnout ist, dass man sich gewissermaßen für den Arbeitgeber »aufgeopfert« habe – mit entsprechenden nachteiligen Folgen. Unbekannt ist die Zahl derer, die nicht leben, um zu arbeiten, sondern arbeiten, um zu leben. Letztere sind sozusagen »immun« gegen Burnout, weil sie sich weder mit ihrer Arbeit identifizieren noch zu Zusatzleistungen bereit sind.

Wir haben es also bei diesen Konzepten der Erschöpfung mit Ursachenzuschreibungen aus der Umwelt zu tun, wobei beim Burnout eine zusätzliche »innere« Kausalzuweisung erfolgt, nämlich mit dem Leistungswillen. Da der persönliche Leistungswille heutzutage eine zentrale Rolle für die persönliche Identität darstellt, wurde das Burnout-Konzept ebenfalls ausgehend von den sozial und emotional beanspruchenden Berufen inzwischen auf alle Berufe und v. a. auch auf alle Altersgruppen ausgeweitet. Es ist einer der Gründe für die mittlerweile recht verbreitete Altersarbeitslosigkeit, weil älteren Arbeitnehmenden nicht mehr dieser unbedingte Arbeitswille und die hundertprozentige Einsatzbereitschaft zugetraut wird.

1.4 Attraktivität des Burnout-Konzeptes

Aber was macht die so große Attraktivität dieses vermeintlich neuartigen Konzeptes heute aus, dass inzwischen viele Menschen offen von ihrem »Burnout« sprechen, ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben, was dies denn eigentlich beinhaltet. Viele Menschen sagen auch relativ leichthin, dass sie nahe an einem Burnout, aber mindestens überlastet seien.

So wurden vom Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft, das zuständig ist für den gesetzlichen Arbeitsschutz, repräsentative Befragungen der Schweizer Bevölkerung zu ihrem Stresserleben durchgeführt. In der letzten Befragung von 2019 geben 31.5 % der Erwerbstätigen an, Stress bei der Arbeit zu erleben; in der Gruppe der Erwerbstätigen im Gesundheits- und Sozialwesen liegt die Quote bei 41 %. Das Stressniveau ist auf hohem Niveau stabil resp. leicht rückläufig im Vergleich zu 2007. Besorgniserregend sind die Angaben zur Erholungsfähigkeit; Schlafprobleme nehmen zu, das Vitalgefühl ab (Tritschler et al., 2022). Allerdings befindet sich die Schweizer Bevölkerung in ihrem Stresserleben eher am unteren Rand im europäischen Vergleich, das laut Gallup (Gallup, 2023) bei circa 39 % liegt.

Das subjektive Stresserleben hat auch damit zu tun, dass die Weltsicht der Allgemeinbevölkerung, das heißt, was unsere zentralen Lebensprobleme sind, wie wir uns persönlich entwickeln (können), mit welchen Problemen wir konfrontiert sind, in den letzten Jahrzehnten eine überwiegend psychologisierende Weltsicht geworden ist. Die Büchertische in den Buchhandlungen sind voller Ratgeber, wie wir unser Leben besser gestalten können, wie wir mehr aus unserem Leben machen können. Reich, schön, erfolgreich – alles ist möglich. Begrenzungen, die in unserer Herkunft, in unserer Ausbildung, in unseren persönlichen Fähigkeiten liegen, scheint es nicht mehr zu geben. Es liegt nur an uns, ob wir es wollen. Dabei geht es aber nicht nur darum, wie wir uns persönlich ändern können, sondern auch darum, wie wir Einfluss auf unsere Umgebung nehmen oder auch andere Menschen in unserem Sinne beeinflussen können. Gleichzeitig wird in den Neurowissenschaften eine Diskussion geführt, ob es denn überhaupt so etwas wie den »freien Willen« des Menschen gibt.

Ohne Zweifel scheint der Mensch heutzutage sehr viel mehr Möglichkeiten zu haben, sich zu entwickeln und sich zu entfalten. Wie bewerbe ich mich richtig, wie trete ich auf, wie gehe ich mit Vorgesetzten und mir unterstellten Mitarbeitenden um? Dementsprechend ist neben dem Begriff der Intelligenz der Begriff der »sozialen Intelligenz« populär geworden, gewissermaßen als eine besondere Form der Klugheit, die sich im gelungenen oder eben auch nicht gelungenen Umgang mit der sozialen Umwelt manifestiert.

Die Gefahr, die darin liegt, ist, dass viele Menschen trotz der vielen Ratgeber sich nicht entsprechend ihren Träumen und Wünschen entwickeln und vor diesem Hintergrund häufig enttäuscht sind und damit hadern, was aus ihnen geworden bzw. nicht geworden ist. Man will als Individuum wahrgenommen werden, man will mehr sein als ein Rädchen in einem Getriebe. Man will sich selbst verwirklichen. Die Betonung der Einzigartigkeit des Einzelnen, seiner Individualität, ist zu einem zentralen Konzept unserer Leistungsgesellschaft geworden, die sich vorzugsweise in unserer Leistungsfähigkeit bei der Arbeit manifestiert. Burnout projiziert allfällige Probleme bei der Verwirklichung dieses Anspruchs in die Umwelt. Gleichzeitig erschwert dies eine Auseinandersetzung mit sich selbst. Möglicherweise – und dies ist eine erste Annäherung an das Thema – geht es nicht nur darum, uns zu »entwickeln«, sondern vielleicht auch darum, unsere Grenzen zu erkennen und anzuerkennen, womöglich gerade bei der Arbeit.