Captain Chisum - U.H. Wilken - E-Book

Captain Chisum E-Book

U. H. Wilken

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Gespenstisch lautlos tauchte ein Reitertrupp neben roten Felsenklippen hoch am Talrand auf und verhielt auf keuchenden Pferden. Gewehrmetall schickte grelle Reflexe ins Tal. Dunkel und drohend hoben sich die Reiter vor dem heißen Himmel ab. Dann jagten sie los, stießen ins Tal hinunter und schwärmten aus, rasten auf dahinhetzenden Pferden zur Ranch. Zu spät erkannten die Männer auf der Ranch die tödliche Gefahr. Sie schrien sich heiser zu, rannten wild durcheinander, stürzten in Haus und Stall und griffen zu ihren Waffen. Doch schon war das Reiterrudel herangejagt. Von wiehernden Pferden aus feuerten düstere Gestalten auf die Männer, die sich in den Türen von Haus und Stall gegenseitig behinderten. Brennende Fackeln flogen über die Dächer, während blasse Mündungsfeuer durch den wallenden Staub stachen. »Apachen!«, schrie jemand im Ranchhaus. Männer fielen. Dumpf polterten die Hufe der Pferde über den Hof und zerstampften den kargen Graswuchs, rissen den Boden auf und stießen Staubfontänen hoch. Das Feuer wütete und breitete sich schnell aus, fraß sich ins zundertrockene Holz hinein und leckte mit fauchenden Flammen über die Dächer hinweg. Grauer Rauch stieg gen Himmel und wehte übers Tal hinweg. Vereinzelt fielen zerbrochene Pfeile auf den Ranchhof. Immer wieder brüllten die Gewehre. Glühende Hitze waberte über dem Tal. Weitab drängten die Rinder sich zusammen und brüllten wild. Fensterglas zerbarst, Ölpapier fing Feuer.

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Leseprobe: Wyatt Earp

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen!

Die großen Western Classic – 27 –

Captain Chisum

… stellt den Apachen eine Falle

U.H. Wilken

Gespenstisch lautlos tauchte ein Reitertrupp neben roten Felsenklippen hoch am Talrand auf und verhielt auf keuchenden Pferden.

Gewehrmetall schickte grelle Reflexe ins Tal. Dunkel und drohend hoben sich die Reiter vor dem heißen Himmel ab.

Dann jagten sie los, stießen ins Tal hinunter und schwärmten aus, rasten auf dahinhetzenden Pferden zur Ranch.

Zu spät erkannten die Männer auf der Ranch die tödliche Gefahr. Sie schrien sich heiser zu, rannten wild durcheinander, stürzten in Haus und Stall und griffen zu ihren Waffen.

Doch schon war das Reiterrudel herangejagt. Von wiehernden Pferden aus feuerten düstere Gestalten auf die Männer, die sich in den Türen von Haus und Stall gegenseitig behinderten. Brennende Fackeln flogen über die Dächer, während blasse Mündungsfeuer durch den wallenden Staub stachen.

»Apachen!«, schrie jemand im Ranchhaus.

Männer fielen.

Dumpf polterten die Hufe der Pferde über den Hof und zerstampften den kargen Graswuchs, rissen den Boden auf und stießen Staubfontänen hoch.

Das Feuer wütete und breitete sich schnell aus, fraß sich ins zundertrockene Holz hinein und leckte mit fauchenden Flammen über die Dächer hinweg.

Grauer Rauch stieg gen Himmel und wehte übers Tal hinweg.

Vereinzelt fielen zerbrochene Pfeile auf den Ranchhof. Immer wieder brüllten die Gewehre. Glühende Hitze waberte über dem Tal. Weitab drängten die Rinder sich zusammen und brüllten wild.

Fensterglas zerbarst, Ölpapier fing Feuer. Ein Feuerstoß jagte durch Haus und Stall und trieb die letzten Männer ins Freie. Sie rannten ins Verderben.

Nur der Rancher stand noch inmitten der Feuerhölle und schoss bis zur letzten Patrone. Plötzlich sank er auf die Knie und ließ den schweren Colt fallen. Mühsam hob er den Kopf und stierte auf den Reiter, der dicht vor ihm das Pferd zurückriss.

Mit flackernden Augen sah er in das verzerrte Gesicht des Reiters und wollte sprechen, doch da kippte er schon auf die Seite und lag still.

Entsetzen und Erstaunen hatten sich in sein Gesicht gegraben.

Der letzte Schuss verhallte in fernen Tälern.

Haus und Stall brannten lichterloh. Die ersten Balken brachen glühend auseinander, die Dächer stürzten ein, und glühende Holzteile wirbelten über den Hof, wo sich die Reiter zusammengerottet hatten. Dumpf prusteten die Pferde, Schaumflocken nässten den heißen Boden und verdunsteten sofort. Die flirrende Hitze war schier unerträglich.

Die Reiterschar wartete auf den Befehl ihres Anführers.

Schweigend hob er die Hand und deutete auf die Rinderherde.

Brüllend jagten die Apachen zur Herde hinüber, trieben die Rinder an und hetzten sie aus dem Tal.

Nur der Anführer war zurückgeblieben, ritt nun langsam umher und starrte mitleidlos auf die Gefallenen.

Dann ritt er davon, lenkte das Pferd zum Talrand und verhielt zwischen den Felsenklippen, beobachtete seine Leute, wie sie die Rinder weithin verstreuten, und wartete auf ihre Rückkehr.

Mit vor Anstrengung glühenden Gesichtern kamen sie zu ihm und rotteten sich zusammen.

Unten im Tal versanken Haus und Stall in graue Asche. Der Wind stieß hinein und streute die Asche weithin aus.

Mit steinernem Gesicht saß der Anführer im Sattel und hielt den Zügel fest umschlossen. Langsam zog er das Pferd herum und ritt der Bande voraus. Niemand sprach ein Wort.

Die Brandschatzer verschwanden hinter den Hügeln des Talrandes.

*

Auf der Höhe hielt ein Buggy an, die Fahrerin zog die Zügel straff, beugte sich vor und blickte ins Tal hinunter. Ihr faltiges Gesicht straffte sich, die Augen funkelten, der Mund war zu einem schmalen Strich geworden.

»Junge«, sagte die Frau, »auf meine alten Tage habe ich doch noch richtig gehört, das sind wirklich Schüsse gewesen. Ich wäre nun froh, wenn ich mich geirrt hätte. Los, Boy, nimm den Bleistreuer zur Hand. Ich werde mir das mal näher ansehen.«

Schon trieb sie die beiden Wagenpferde an und lenkte den Buggy ins Tal.

Neben ihr saß ein junger Mann mit brandrotem Haar und einem derben und groben Gesicht. Er war nicht älter als einundzwanzig Jahre. Mit seinem langen Arm griff er nach hinten, nahm das Spencergewehr und machte es schussbereit. Unzählige Sommersprossen bedeckten sein Gesicht und wurden nun, da er blass geworden war, besonders deutlich sichtbar.

»Ich kann niemanden auf der Willcox-Ranch sehen, Mam«, raunte er und schluckte hart. »Alles ist niedergebrannt worden, und auch die Rinder sind weg.«

»Das sehe ich auch.«

Die Frau straffte ihren knochigen Körper. »Die Willcox-Ranch ist überfallen worden, zum Henker. Mach die Augen auf, Jube, siehst du nicht die Männer neben Haus und Stall liegen?«

»Yeah, Mam.«

»Verdammte Geier!«, fluchte sie und blickte zum Himmel empor. »Diese Viecher kommen jedesmal von der Wüste herüber, wenn es irgendwo geknallt hat.«

Der Buggy kam dicht vor dem Hof zum Stehen. Die Frau schlug die Zügel­enden um die Bremsstange des Wagens und packte dann die schwere Sharps, die immer nur eine der riesigen Patronen im Lauf haben konnte. Etwas steif kletterte sie vom Buggy, stand im langen, derben Kleid neben dem linken Vorderrad und blickte ernst umher.

Im weichen Licht der Abendröte schien die Asche von Haus und Stall noch zu glühen. Beißender Brandgeruch hing über dem Tal. Das heisere Krächzen der Geier wurde lauter und wütend.

»Jube«, sagte die Frau gepresst, »halt mir den Rücken frei.«

»Ich lass dich nicht allein losgehen, Mam.«

»Quatsch! Ich bin zäh wie altes Rindsleder, mein Junge. So schnell kriegt mich niemand von den Beinen. Na, komm schon.«

Sie entfernten sich vom Buggy, stapften über den Hof und sahen umher.

»Das ist ja furchtbar, Mam.«

»Apachen. Da liegen Pfeile von Apachen.« Sie schritt durch den Staub, und ihr langes Kleid fuhr mit dem Saum durch den Sand. Dicht vor dem Rancher blieb sie stehen. Lange blickte sie auf den Ermordeten, während ihr Sohn Jube unruhig umhersah.

Mutter und Sohn liefen zu den Cowboys und stellten fest, dass drei schwache Lebenszeichen von sich gaben, die anderen zwei und der Rancher waren tot.

»Wasser, Jube, schnell!«, drängte sie.

»Wir bringen die Boys zur Stadt. Vielleicht kann man sie noch retten.«

Jube begriff, dass Eile geboten war, rannte zum Buggy und kam mit der Wasserflasche zurück. Seine Mutter riss ihm die Flasche aus der Hand und kippte den bewusstlosen Männern Wasser ins Gesicht. Als sie sich nicht rührten, schloss sie die Blechflasche und starrte ihren Sohn düster an.

»Sie haben viele Stunden in der Hitze des Feuers und der Sonne gelegen. Wir müssen uns beeilen. Hol den Buggy, Boy.«

Ihr fast graues Haar glänzte in der Abendröte beinahe wie das Haar ihres Sohnes. Ihr ganzes Wesen strahlte Energie aus. Als Jube mit dem Wagen herangekommen war, griff sie mit zu. Ächzend legten sie die Cowboys auf den Buggy. Dann trugen sie die Toten zum abseits gelegenen Bunkhouse der Cowboys und legten sie auf die harten Schlaflager, wobei die Frau rau sagte:

»Wir können uns nicht weiter um sie kümmern. Das wird der Marshal tun müssen. Los, Boy, nun so schnell es geht zur Stadt.«

Während der Wagen vom Hof rollte, kreisten über ihnen schreiend die Geier und stießen mit rauschenden Flügelschlägen herunter. Die Vögel streiften fast das leichte Gefährt und gebärdeten sich wie toll.

»Wir nehmen euch das Nachtmahl weg«, sagte die Frau grollend und packte die Sharps. Während ihr Sohn die Wagenpferde lenkte, zielte sie in die Höhe und drückte ab. Der Rückstoß der Sharps warf sie fast vom Sitz. Trotzdem verzog sie das Gesicht zu grimmigem Lächeln und beobachtete, wie einer der großen Geier abstürzte und in die glühende Asche schlug.

»Da habt ihr eure Mahlzeit.«

Ethel Blackman lehnte sich an die Rücklehne des Buggys, knickte den Lauf der Sharps, lud nach und klemmte sich die Waffe zwischen die Beine.

»Das hätte einen Bisonbullen von den Füßen gerissen«, triumphierte sie und spähte voraus. »Los, schneller, Jube. Die Boys hinter uns sollen am Leben bleiben. Zum Henker, ich wollte nicht in die Stadt, aber jetzt muss ich.«

Ethel war eine derbe Frau, doch wer sie näher kannte, wusste, dass sie ein Herz für die Dinge des Lebens hatte. Und man sagte, dass sie nicht nur mit der Sharps bewaffnet wäre, sondern auch mit einem Beil, das sie gewöhnlich unterm Kleid tragen sollte.

In schneller Fahrt rollte der Buggy in die graue Wand der hereinbrechenden Dämmerung.

Unterwegs kroch Ethel Blackman nach hinten und betreute mit sanften Händen die stöhnenden, nach Wasser lechzenden Verwundeten.

Es waren viele Meilen bis zur Stadt.

Sie waren während der ganzen Nacht unterwegs.

*

»Hallo, Boys!«

Zäh und knochig stand Ethel Blackman im Saloon und hatte die Hand auf die Schulter ihres Sohnes Jube gelegt, der sie um einen Kopf überragte. Freundlich lächelnd stapfte sie durch den Schankraum und grüßte die Männer an den Tischen. Schließlich blieb sie an der Theke stehen und schlug die Hand klatschend auf die Messingplatte.

»He, he!«, rief sie ungeduldig.

Einer der Männer an den Tischen erhob sich und kam langsam näher.

»Stimmt es, Mam Blackman, habt ihr drei Cowboys in die Stadt und zum Doc gebracht?«

»Stimmt«, bestätigte sie kurz und angebunden. »Whisky, Keeper, für mich und meinen Sohn.«

»Die Willcox-Ranch wurde also wirklich überfallen und niedergebrannt?«, fragte der Mann.

»Yeah.« Mrs Blackman nickte, sah den Mann ernst und durchdringend an und setzte hinzu: »Apachen. Ich sah Pfeile von Apachen. Noch was, Mister? Versau mir nicht meine gute Laune, verstanden? Geh hin zum Doc und frag nach, wie’s den Boys geht.«

»Well, Mam Blackman«, murmelte der Mann verlegen und kehrte zum Tisch zurück.

Die Kunde vom Überfall auf die Willcox-Ranch hatte schnell die Runde gemacht und die Einwohner entsetzt.

»He, Keeper, bewege dich«, drängte die resolute Farmbesitzerin. »Ein bisschen voller, Mister. Glaubst du, ich würde so kleine Pfützen trinken? Bis zum Rand voll!«

»Yeah, yeah«, antwortete der Keeper und sah die alte Frau seltsam an. »Aber trink nicht zu viel, Ethel, sonst randalierst du hier wieder herum und schlägst alles kaputt.«

»Unsinn«, protestierte sie, unschuldig tuend. »Ich habe so etwas noch nie getan, nicht wahr, Sonny?«

Jube schluckte und zögerte, warf dem Keeper einen schnellen Blick zu und bewegte unbehaglich die Schultern.

»Du warst manchmal betrunken, Mam«, sagte er verschämt, »und du hast nichts mehr gemerkt. Nachher bist du meist erst in der Zelle vom Marshal aufgewacht und hast Stein und Bein geschworen, völlig unschuldig zu sein.«

Die Farmerin knurrte fast wie ein Mann und blickte beleidigt umher. Ein paar Gäste grinsten. Dieses Grinsen gefror, als sie in Ethels Augen blickten.

»Ich habe hier noch niemals gesoffen!«, rief sie mit rauer Stimme. »Wer das behauptet, ist ein Schuft. Los, Jube, sei ein Mann!«

Sie trank wie ein Fährmann, und als der Keeper ihr nicht sofort nachschenkte, schnappte sie sich die Flasche Whisky und füllte die Gläser selber.

»Drei Monate lang habe ich nichts von diesem Zeug geschmeckt«, verkündete sie, »und ich habe mir gestern gesagt: Ethel, das muss anders werden.«

»Mam«, flüsterte Jube, »hör doch wenigstens heute eher damit auf. Nachher muss ich dich wieder abschleppen – oder der Marshal kommt und buchtet dich ein.«

»Keine Sorge, Sonny. Der Marshal ist mit ein paar Leuten losgeritten zur Ranch. Geh nur raus und besorge alles aus dem Store. Bring den Buggy aber wieder vor den Saloon, klar?«

»Oh, Mam«, seufzend hob Jube die breiten Schultern an und ließ sie resignierend sinken. »Du hörst leider nicht eher auf, bis du die Flasche leer hast.«

»Hahaha! Du Greenhorn, wer redet hier von einer Flasche, he? Die Regale sind voller Flaschen. Boy, ich sage dir, das wird ein Fest hier.«

Da erkannte Jube, dass er seine Mutter nicht mehr zurückhalten konnte. Sie war trotzdem eine großartige, prächtige Frau, und zu Hause führte sie ein strenges, aber gerechtes Regiment. Ohne die Mutter hätten Jube und seine beiden Brüder wohl schon längst aufgegeben und die Farm in der einsamen Wildnis verlassen.

»Okay, Mam«, sagte Jube folgsam, »ich hole die Sachen und bin bald wieder da.«

Er ging hinaus, stieg auf den Buggy, trieb die Pferde an und fuhr zum Store.

Mit der Flasche in der Hand ging

Ethel zur Schwingtür und blickte die Straße entlang.

Genau gegenüber lag das Marshal Office.

Zwei Häuser weiter rasteten etliche Soldaten in blauen, verwaschenen und verstaubten Uniformen.

Die Sattelpferde mit dem Brandzeichen der US-Kavallerie standen im Schatten des hohen Lagerstalles.

Ein stattlicher Offizier lehnte lässig an der Bretterwand. Sein Gesicht lag im Schattenkreis des Hutes, aber Ethel konnte die scharfen Falten erkennen, die von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln führten. Das harte Kinn trat aus dem ledernen Kinnriemen markant hervor. An der abgetragenen Uniformjacke erkannte sie die Rangabzeichen eines Captains. Sandfarbenes Haar fiel unterm Hut hervor. Die gelben Stulpenhandschuhe hatte er hinter den breiten Ledergurt geklemmt. Der Army-Colt steckte in einem großen Halfter.

»Yankees«, murmelte sie vor sich hin. »Pah. Ich habe nicht viel für sie übrig. Erst drehen sie dem Süden den Hals um und zwingen ihn in die Knie, und nun machen sie sich auch noch hier breit.«

Niemand hatte sie verstanden. Sie drehte sich um und sah die Männer im Saloon düster an.

»Wer ist das da draußen?«, fragte sie. »Ich meine diesen Captain da.«

»Das ist Captain John Chisum, Mam Blackman«, gab der Keeper Auskunft. »Er will ins Apachengebiet. Ich habe vorhin mit ihm gesprochen. Er ist erst seit zwei Stunden hier und wartet auf seinen Kundschafter. Die Apachen sind weit nach Texas eingedrungen. Während des Krieges zwischen Nord und Süd hat niemand die Rothäute zurückdrängen können, denn alle waffendienstfähigen Männer kämpften an den Fronten. Aber nun, ein paar Monate nach Kriegsende, wollen sie die Apachen in die alten Gebiete zurückjagen. Ich sage dir, der Captain ist kein übler Kerl.«

»Pah!« Sie winkte verächtlich ab. »Hast du keinen Stolz? Du kriechst vor den Yankees im Staub, was?« Krachend stellte sie die Flasche auf einen Tisch und zog unterm Überkleid ein Beil hervor. »Noch ein paar dumme Sprüche von dir, und ich schlage dir diesen ganzen Saftladen zusammen. Verstanden?«

Der Keeper wurde bleich und starrte auf das Beil.

»Hör auf mit dem Blödsinn, Mam Blackman. Sei vernünftig. Trink deinen Whisky in Frieden.«

»Auch noch Angst hat er«, höhnte sie und verbarg das Beil wieder unterm Kleid, rückte es darüber zurecht und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. »Wenn wir Frauen nicht wären, dann gäbe es keine Vernunft auf dieser Welt. Ihr Kerle müsst euch immer gegenseitig eine Kugel in den hohlen Schädel jagen, und wenn ’ne Frau mal die Wahrheit sagt, dann schreit ihr nach Frieden.«

»Mam Blackman, fange nicht wieder Streit an«, bat der Keeper voll dumpfer Ahnungen und Befürchtungen. »Du hast dich hier schon öfter unsinnig in Zorn geredet und dann herumrandaliert. Heute aber ist Schluss damit, das schwöre ich dir. Ich schmeiße dich raus, wenn’s sein muss.«

»Mich schmeißt niemand raus«, erwiderte sie kalt, rümpfte die Nase, verließ den Saloon und näherte sich dem Marshal Office.

Dort verharrte sie vor dem Anschlagbrett und fluchte. Sie hörte nicht die Schritte des großen Captains, der hinter ihr auf der heißen Straße stehenblieb.

Hastig riss sie einen Steckbrief vom Brett und zerknüllte ihn. Wütend warf sie ihn auf den Brettersteg und trat darauf.

»Kann ich Ihnen helfen, Madam?« Die ruhige Stimme ließ Ethel herumschnellen. Sie sah in das raue Gesicht des Captains und bemerkte sein schwaches Lächeln.

»No«, lehnte sie grimmig ab. »Das hier ist eine Familiensache, verstanden?«

In den Augen des Captains flackerte es auf, er schien erheitert zu sein. Keinesfalls war er zornig auf sie.

»Das war ein Steckbrief, Madam«, murmelte er sanft. »So etwas reißt man nicht einfach herunter, denke ich.«

»Ich tu’s aber!«, entgegnete sie grob. »Ich mag dieses Gesicht auf dem Steckbrief nicht sehen!«

»Wenn ich mich nicht irre, haben Sie Denver Blackmans Steckbrief runtergerissen, Madam.«

»Richtig«, bestätigte sie grimmig. »Er ist mein zweiter Mann. Ich will ihn nicht sehen. Er hat meinen Söhnen seinen Namen gegeben, aber das war auch alles. Ein Bandit ist er geworden. Ist das etwa kein Grund, he?«

Ohne den Captain noch eines Blickes zu würdigen, stapfte sie zum Saloon zurück.

Vor dem Haus wandte sie sich um, lachte kurz und stieß die Schwingtür auf. Im Saloon nahm sie sogleich die Flasche vom Tisch und trank erst einmal einen kräftigen Schluck.

Draußen fuhr ihr Sohn Jube mit dem Buggy vor, stieg ab und kam herein.

»Mutter, nun ist es aber genug«, sagte er vorwurfsvoll und wollte sie am Arm nehmen.

Die Farmerin wich zurück, straffte sich und wollte dem Sohn harte Worte sagen, doch plötzlich gab sie wohl zum ersten Mal nach langer Zeit den Widerstand auf und nickte.

»Well, Boy, fahren wir heim. Keeper, bring zehn Flaschen Whisky zum Buggy. Bezahlt wird, wenn die nächste Ernte im Stall ist.«

Stolz erhobenen Hauptes verließ sie den Saloon und kletterte auf den Wagen.

»Keeper, den Whisky!«, rief sie laut zurück. »Heran damit, oder ich grabe das Kriegsbeil aus!«

Nur ungern brachte der Keeper die Flaschen, und sie verstaute sie auf dem Wagen. Hart stieß sie Jube in die Seite, der neben ihr Platz genommen und die Zügel gepackt hatte.

»Fahr los, Boy. Hoo, ist das Leben schön«, trällerte sie vor sich hin.

Der Buggy rollte aus der Stadt.

*

Am Straßenrand stand der Captain und sah dem Gefährt erheitert nach. Er schlug mit den Handschuhen gegen den rechten Oberschenkel und ging erst dann zu seinen Soldaten zurück, als der Buggy verschwunden war.

»Die Frau hat Haare auf den Zähnen«, sagte er zum Sergeant. »Die lässt sich nichts vom Brot nehmen. Wir wollen aufbrechen. Der Scout kommt. Geben Sie das Kommando, Sergeant!«

Wenig später ritten die Kavalleristen in Doppelreihe durch die Stadt, an der Spitze Captain John Chisum, neben ihm der Scout Jesus Sandobal.

»Im Trab!«, kommandierte der Sergeant. »Vorwärts, immer dranbleiben! Wir reiten nicht zum Vergnügen. Die Mädchen werden euch wieder vergessen. Die Nase nach vorn, Boys!«