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Das vorliegende Buch stellt eine Enzyklopädie der klassischen chinesischen Kunst dar und gibt einen informativen Überblick über all ihre Formen. Auf diese Weise präsentiert es auch den Schlüssel für das Verständnis der zeitgenössischen chinesischen Kunst. Anfänger können sich mit dieser Studie auf interessante Weise mit einem neuen Thema vertraut machen, während Spezialisten die globale Perspektive schätzen werden. Der Überblick umfasst nicht nur die Architektur, die Bildhauerei und die Malerei, sondern auch Bronzen und Keramik. Auf diese Weise stellt diese Untersuchung ein vollständiges Panorama der chinesischen Kunst und Zivilisation dar. Dabei betont der Autor besonders, wie wichtig es ist, eine Gesellschaft zu kennen, um ihre Kunst zu verstehen.
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Seitenzahl: 217
Text: Stephen W. Bushell
Adaptiert: Pierre Emmanuel Klingbeil
Übersetzer: Dr. Martin Goch und Isabelle Weiss
Redaktion der deutschen Ausgabe: Klaus H. Carl
Layout:
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4. Etage
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Stephen W. Bushell
Inhalt
Kurze historische Einführung
1. - Altertum
2. - Die Kaiserzeit
Die Qin-Dynastie
Die Han-Dynastie
Südliche und Nördliche Dynastien
Die Tang-Dynastie
Die Sung-Dynastie (auch: Song-)
Die Yuan-Dynastie
Die Ming-Dynastie
Die Qing-Dynastie
I. Architektur
1. - Das Dach
2. - Militärischer Festungsbau
3. - Zivilbauten
4. - Grabanlagen
5. - Religiöse Bauwerke
II. Schnitz- und Steinschneidekunst (Glyptik)
1. - Schnitzerei
A. - Holz
B. - Bambus
C. - Elfenbein
D. - Bronze
2. - Steinschneidekunst (Glyptik)
A. - Jade
B. - Harte Steine
C. - Schmuck
III. Bearbeitete Materialien
1. - Porzellan
Die Klassifikation chinesischen Porzellans
a) Sung-Dynastie (960 bis1279) und Yuan-Dynastie (1280 bis 1367)
b) Ming-Dynastie (1368 bis 1643)
c) Vom Fall der Ming-Dynastie bis zum Ende der Herrschaft des Kangxi-Kaisers
d) Die Zeit Yongzhengs und Qianlongs (1723 bis 1795)
2. - Emaille
3. - Lackarbeiten
4. - Glas
5. - Schnupftabakflaschen (Schnupfflaschen)
6. - Kleidung
IV. Malerei
1. - Die primitive Periode bis 264 n.Chr.
2. - Die klassische Periode (265 bis 960) und die Dunhang-Höhlen
Die Dunhuang-Höhlen
3. - Von der Sung- bis zur Ming-Dynastie (960 bis 1368)
4. - Die Ming-Dynastie (1368 bis 1643)
5. - Die frühe Qing-Dynastie (1644 bis 1755)
Bibliographie
Index
Verzeichnis der Abbildungen
Anonym, Der Kangxi-Kaiser (1654 - 1722)Ein Tang-zeitliches Gedicht über den blühenden Lotus,
um 1703.Rollbild, Tusche auf Seide,
186,7x85,3cm. Palastmuseum, Peking.
Das Studium der Kunst eines Volkes setzt immer auch eine gewisse Kenntnis seiner Geschichte voraus. Ganz besonders trifft dies auf China und die chinesische Kunst zu, da diese Welt für die meisten von uns fremd und geheimnisvoll ist. Die chinesische Kultur reicht fast so weit zurück wie die Zivilisationen Ägyptens, Chaldäas und Susianas. Doch während diese Reiche ihre Blüte in der Frühzeit erlebten und vom Erdboden längst wieder verschwunden sind, hat China – auch das “Reich der Mitte“ genannt – die Zeiten überdauert. Es besitzt bis zum heutigen Tage nicht nur eine völlig eigenständige Kunst und Philosophie, sondern auch eine eigene Schrift. Die Zeichen der alten chinesischen Schrift entstanden wahrscheinlich im Tal des Gelben Flusses, des Huanghe, einem der frühesten Siedlungsgebiete der Menschheit. Bis heute gibt es keinerlei Hinweise auf eine Verbindung zu irgendeinem anderen Schreibsystem.
Im Verlauf der letzten Jahrzehnte haben archäologische Funde und Ausgrabungen von Stadt- und Tempelruinen unser Wissen um die alten Reiche in Westasien erheblich erweitert. Doch zweifellos harren noch zahlreiche Schätze aus der Frühzeit Chinas der Entdeckung durch Forscher und Wissenschaftler, vor allem in den Landschaften entlang des Gelben Flusses und seines mächtigsten Nebenflusses, des Wei, der von Westen nach Osten durch die Provinz Shensi (oder Shaanxi) verläuft. Diese Gegend gilt als die „Wiege der chinesischen Nation“. Doch die Schätze liegen tief vergraben unter dicken Schichten von Schwemmsand und dem für diese Region so charakteristischen gelben Löss. Nur ganz selten kommt es vor, dass diese Schichten bis auf den Grund abgetragen werden, etwa nur dann, wenn der Strom beim Bau von Kanälen für die Bewässerung oder bei anderen Bauvorhaben seinen Lauf wechselt. Dies sind dann wertvolle Fundstellen für bronzene Opfergefäße und andere antike Artefakte. Die Chinesen schätzen diese Objekte aus den alten Dynastien über alle Maßen, auch wenn sie Ausgrabungen skeptisch gegenüberstehen, da solche radikalen Eingriffe in die natürliche Umgebung mit ihren geomantischen Prinzipien nicht zu vereinbaren sind.
Die legendäre (im Gegensatz zur rein mythischen) Periode beginnt mit dem Kaiser Fu Xi (auch: Fo-Hi, Mitte 2800 v.Chr.), dem berühmten Begründer des chinesischen Staatswesens und dem ersten der so genannten erhabenen Kaiser des Altertums. Sein Nachfolger, der zweite dieser erhabenen Herrscher, Chu Yung, wird vor allem als der Besieger von Kung Kung gefeiert, dem ersten Rebellen und Anführer eines ungeheuren Aufstands aus der frühesten Zeit, in der er die Erde durch eine Überschwemmung beinahe vernichtet haben soll.
Der dritte der drei Erhabenen ist Shen Nong Shi, der göttliche Landmann und Ackerbauer, der als Erfinder des Holzpflugs gilt und sein Volk in die Kunst der Viehzucht und des Ackerbaus einwies. Er war es auch, der die heilenden Kräfte verschiedener Pflanzen entdeckte und die ersten Märkte zum Austausch von Waren begründete. Mit den Kaisern Yao und Shun befinden wir uns schon auf etwas festerem Boden: Sie stehen bei Konfuzius (um 551 bis 479 v.Chr.) an der Spitze des Shu-Ching (auch: Shu Ging, Buch der Geschichten oder Urkunden). Dies war ein Kompendium von Sprüchen, Erlassen und Vorschriften, die den aufgeklärten und tugendhaften Herrschern der chinesischen Geschichte als Richtlinie dienten.
Yao (in alten Geschichtswerken auch Fangxun oder Tangyao genannt) musste im Alter von 70 Jahren einen Nachfolger bestellen. Er überging seinen eigenen Sohn und überließ seinen Thron auf Rat seiner Minister dem jungen Shun. Auch dieser bestimmte, als die Zeit gekommen war, statt seines eigenen unwürdigen Sohnes einen fähigen Minister, den Großen Yu, zu seinem Erben. Leider brach Yu mit dieser weisen Tradition: Er trat den Thron an seinen leiblichen Sohn ab, womit das chinesische Reich zu einer erblichen Monarchie wurde.
Der Große Yu verdankt seinen Ruhm dem Erfolg seiner riesigen wasserbautechnischen Anlagen und Maßnahmen, deren Bau neun Jahr dauerte. Nachdem er sein Reich damit von der ständigen Überflutungsgefahr befreit hatte, teilte Yu es in neun Provinzen auf. Seine Werke sind im Tribut für Yu, das mit einigen Änderungen im von Konfuzius zusammengestellten Shu-Ching enthalten ist, sowie in den ersten beiden der dynastischen Geschichten beschrieben, den historischen Memoiren des Geschichtsschreibers Ssu-ma Chien (145 bis 85 v.Chr.) und den Annalen der früheren Han-Dynastie, verfasst von Pan Ku (32 bis 92 n.Chr.). Man erzählt, er habe die neun bronzenen Kessel (Ding) aus dem Metall der neun Provinzen in die Hauptstadt in der Nähe von Kaifeng Fu in der Provinz Honan bringen lassen. Danach wurden sie über fast 2000 Jahre lang als Insignien des Reichs aufbewahrt. Der Große Yu ist der Gründer der Xia-Dynastie, zusammen mit Chieh Kuei, einem degenerierten Nachfahren und letztem des Geschlechts, einem grausamen Tyrannen, dessen Ungerechtigkeit zum Himmel schrie, bis er schließlich von Tang, dem „Vollender“ und Begründer der neuen Shang-Dynastie, bezwungen wurde. Die Xia-Dynastie (vermutlich 2200 bis 1800 v.Chr.) wurde von der Shang (um 1600 bis 1100 v.Chr.) und die Shang ihrerseits von der Chou- (auch: Zhu-) Dynastie (um 1122 oder 1045 bis 770 v.Chr.) abgelöst.
Die Chou-Dynastie, die ihren glorreichen Anfang mit dem weisen Staatenlenker König Wen und dem militärischen Talent von König Wu nahm, wurde unter der Herrschaft von König Cheng konsolidiert. Letzterer war bei seiner Thronbesteigung erst dreizehn Jahre alt, so dass die Regentschaft an seinen Onkel Tan, den Fürsten von Chou, fiel, eine der gefeiertsten Persönlichkeiten der chinesischen Geschichte. Er wird in Bezug auf Tugend, Weisheit und Ehrenhaftigkeit unmittelbar nach den großen Herrschern des Altertums, Yao und Shun, eingereiht. Tan legte die Gesetze des Reiches fest, lenkte die Politik und agierte allgemein als Herrscher und Schutzherr des neu gegründeten Königshauses, nicht nur während der ersten Zeit der Regierung seines noch minderjährigen Neffen, Cheng, sondern schon unter der Regentschaft seines Bruders, König Wu, der ihm das Fürstentum Lu übertrug.
Die Aufteilung des Reiches in erbliche Fürstentümer, die an die Sprösslinge des Königshauses und die Vertreter der früheren Dynastien vergeben wurden, führte letztendlich jedoch zu einer Katastrophe. Denn mit der zunehmenden Macht dieser Fürstentümer schrumpfte jene des zentralen Königreichs – bis es schließlich den Angriffen der barbarischen Stämme im Süden und Westen nicht länger standhalten konnte. König Xüan, ein energischer Herrscher, schlug die Eindringlinge mit Erfolg zurück, doch kaum ein Jahrzehnt nach seinem Tod wurde die Hauptstadt von den Barbaren eingenommen, und im Jahr 771 v.Chr. fiel ihnen sein Sohn und Nachfolger, König Yu (oder You), zum Opfer. An die Regierungszeit von König Yu erinnert im kanonischen Buch der Oden die Aufzeichnung der Sonnenfinsternis am 29. August 776 v.Chr., der ersten in einer langen Reihe von Sonnenfinsternissen, die uns gute Anhaltspunkte für die chronologischen Bestimmungen von Ereignissen in der chinesischen Geschichte liefern.
Sein Sohn und Nachfolger regierte in der neuen Hauptstadt, Lo Yang, und die von da an als die Östliche Chou bezeichnete Dynastie blieb dort, obwohl ihre Autorität trotz aller Bemühungen von Seiten des Konfuzius und des Mencius (um 372 bis 289 v.Chr.) allmählich schwand, um ihre rechtmäßigen Ansprüche geltend zu machen. Unterdessen waren die barbarischen Eindringlinge durch eine Kombination der beiden Feudalstaaten der Chin (Tsin) und der Qin vertrieben worden; die alte Hauptstadt wurde den später die Chou ersetzenden Qin überlassen.
Während des 7. Jahrhunderts v.Chr. lag die Macht des Reiches bei verschiedenen verbündeten feudalen Prinzen und Lehnsherren. Die Zeit zwischen 685 bis 591 v.Chr. wird als die Periode der Wu Pa oder der „fünf Anführer“ bezeichnet, die nacheinander als ‘Sohn des Himmels’ die Regierung innehatten.
Anonym, Qin Shi Huang, aus einemkoreanischen Album des 19. Jahrhunderts, 19. Jhd.
Papier, Folio.British Museum, London.
König Cheng (auch: Zheng) bestieg als 13-Jähriger im Jahr 246 v.Chr. den Thron der Qin (auch: Chin). Nach der Eroberung und gewaltsamen Annektierung der zahlreichen, sich gegenseitig bekämpfenden Fürstentümer und Königreiche gründete er 221 v.Chr. aus den Ruinen des alten Feudalsystems ein neues, vereintes Reich. Er erweiterte die Grenzen Chinas nach Süden, drängte die berittenen, nomadisierenden Hiung-nu-Türken zurück und ließ die alten Befestigungsmauern im Norden zum Schutz gegen die unliebsamen rebellierenden Minderheiten zu einer lückenlosen riesigen Linie, der Großen Chinesischen Mauer, verbinden.
Von ihm erging der Befehl zur Verbrennung sämtlicher Geschichtsbücher der anderen Reiche sowie aller klassischen konfuzianischen Werke. Erlaubt waren nur - damit keine unvorteilhaften Vergleiche angestellt werden konnten - Historiografien der Qin-Herrschaft. Er erklärte sich selbst zum Ersten Divus Augustus, also zum Göttlichen Kaiser, und benannte seine Nachfolger als den Zweiten, Dritten usw. Kaiser – bis hinunter zur zehntausendsten Generation. Seine ehrgeizigen Vorhaben waren jedoch zum Scheitern verurteilt, denn sein Sohn, der ihm als Erh Shih Huang Ti, als Kaiser der zweiten Generation, im Jahr 209 v.Chr. nachfolgte, wurde bereits zwei Jahre später durch den Eunuchen Chao Kao ermordet, und im Jahr 206 ergab sich sein Enkel schon als Kind dem Begründer des Hauses der Han, Liu Pang, indem er ihm die Jadesiegel des Reiches überließ. Wenige Jahre später wurde auch er umgebracht.
Die Zivilisation Chinas während der drei alten Dynastien scheint, soviel wir wissen, zum überwiegenden Teil, wenn nicht sogar völlig, auf eigenem Boden gewachsen zu sein. Gegen Ende dieser Periode jedoch, also im 5. und 4. Jahrhundert v.Chr., erweiterte das Qin-Reich (Shensi-Provinz) seine Grenzen nach Süden und Westen. Zweifellos leitet sich von den Qin oder Chin die Bezeichnung „China“ ab, wie das Reich allgemein von den Hindus, den Persern, den Armeniern, den Arabern und den alten Römern genannt wurde.
Anonym, Kublai Khans Armeen belagerndie chinesische Festung O-Chou, Illustration 14. Jhd.,
Buch um 1590.Papier, Folio.Golestan Palast, Teheran.
Die nächste Dynastie, die Han, eröffnete als erste den regelmäßigen Handelsverkehr mit den westlichen Ländern. So wurde Chang Chien (2. Jh. v.Chr.) auf eine Mission zu den Yueh-ti oder Indoskythen entsandt, deren Hauptstadt sich damals am nördlichen Ufer des Flusses Oxus befand. Er machte sich 139 v.Chr. auf den Weg, fiel aber unterwegs in die Hände der Hiung-nu-Türken, den damaligen Herrschern von Ost-Turkestan, die ihn zehn Jahre lang gefangen hielten, ehe er schließlich fliehen und über Ta Yuan (Ferghana) sein Ziel erreichen konnte. Er reiste durch Baktrien, um über Khotan Lobnor in seine Heimat zurückzukehren. Unterwegs wurde er ein zweites Mal von den Hiung-nu gefangen; erst 126 v.Chr. konnte er fliehen und nach 13 Jahren Abwesenheit endlich wieder in seine Heimat zurückkehren.
Zu seinem Erstaunen hatte Chang Chien in Baktrien Stoffe, Bambusstäbe und andere Waren zum Verkauf angeboten gesehen, die er als Erzeugnisse aus Szechuan erkannte. Man erzählte ihm, sie seien aus Shen-tu (Indien) eingeführt worden. Er berichtete dem Kaiser von der Existenz dieser Handelsbeziehungen zwischen China und Indien und erwähnte auch den Namen des Buddha sowie des Buddhismus als einer indischen Religion. Unter den Mitbringseln des kaiserlichen Abgesandten waren die Weinrebe, die Saat-Luzerne (Medicago sativa), der Granatapfel aus Parthien sowie eine Reihe anderer Pflanzen, die dann im Shang Lin Park der Hauptstadt des Reiches kultiviert wurden.
In der Folge schickte der Kaiser Wu Ti auf freundschaftlicher Basis Gesandtschaften nach Sogdiana und zu Beginn der Herrschaft von König Mithridates II. im Jahr 123 v.Chr. auch nach Parthien. In den Jahren 102 bis 100 v.Chr. unternahm eine Armee in seinem Auftrag einen Eroberungszug nach Ferghana, von wo sie im Triumph dreißig der „himmlischen“ Nissan-Pferde mit nach Hause führte. Im fernen Süden (Indochina) wurde im Jahr 110 v.Chr. Kattigara annektiert. Man gab ihm den Namen Jih Nan, „Süden der Sonne“. Von diesem Hafen aus stach ein Schiff in See, um aus Kabulistan das am chinesischen Kaiserhof sehr gefragte farbige Glas zu holen.
Der Buddhismus wurde 67 n.Chr. offiziell in China eingeführt. Dem Kaiser Ming Ti erschien im Traum eine von einem Lichtschein umgebene schwebende goldene Gestalt. Seine Berater legten diesen Traum als eine Aufforderung Buddhas aus, er müsse sofort eine Expedition nach Indien entsenden. Aus Indien brachten die Gesandten zwei Mönche mit in die Hauptstadt Lo Yang und außerdem einige in Sanskrit verfasste Bücher, die sogleich übersetzt wurden, sowie buddhistische Bilder und Figuren, die alsbald die Wände der Säle im Palast sowie den neu erbauten Tempel zierten. Dieser trug zu Ehren des Schimmels, der die Relikte durch Asien getragen hatte, den Namen Pai Ma Ssu - Tempel des Weißen Pferdes. Die beiden indischen Mönche lebten in diesem Tempel bis zu ihrem Tod. Der nun einsetzende Einfluss der buddhistischen Ideale auf die chinesische Kunst war übermächtig und ist aus dieser gar nicht wegzudenken. Diesem Thema sind zahlreiche Abhandlungen gewidmet, deshalb gehen wir an dieser Stelle nicht näher darauf ein.
Im Jahre 97 n.Chr. führte der gefeierte chinesische General Ban Chao (32 bis 102) eine Armee bis nach Antiochia Margiana und unternahm den Versuch, eine Gesandtschaft an den Persischen Golf und von dort weiter nach Rom zu schicken. Doch sein Hauptmann Kan Ying drückte sich vor dieser Reise über das Meer und kehrte unverrichteter Dinge zurück.
Umgekehrt gelangten im Jahr 166 n.Chr. römische Händler auf dem Seeweg in die chinesische Hafenstadt Kattigara. In den Annalen sind sie als Gesandte des Kaisers Marcus Aurelius Antonius vermerkt. Später, in den Jahren 226, 284 und danach werden auch aus Kanton römische Händler gemeldet. In der Zwischenzeit wurde außerdem der durch die Parthischen Kriege verschlossene Landweg im Norden wieder eröffnet. So gelangten viele buddhistische Missionare aus Parthien und Samarkand, aber auch aus dem nordindischen Gandhara, nach Lo Yang.
In der Zeit der Nördlichen und Südlichen Dynastien, als China vom Beginn der fünften bis fast zum Ende der sechsten Dynastie aufgeteilt war, erlebte der Buddhismus eine Blütezeit. Die den Norden beherrschenden Toba-Tataren erklärten den Buddhismus zur Staatsreligion, und ihre Geschichte widmet dem Thema ein eigenes Buch (Wei Shu, Kapitel CXIV), das interessante Aufzeichnungen über die Klöster, Pagoden und die Felsskulpturen aus dieser Zeit enthält. Ein Anhang befasst sich mit dem Taoismus; er trägt den Titel Huang Lao, befasst sich also mit der „Religion des Huang Ti und des Lao-Tzu“.
Der Kaiser Wu Tu der Liang-Dynastie, der von 502 bis 549 in Chien Kang (Nanking) regierte, zog sich oft das Gewand eines Bettelmönchs über und widmete sich in buddhistischen Klöstern der Auslegung der heiligen Gesetzesbücher. Während seiner Regierungszeit, im Jahr 520 n.Chr., kam Bodhidharma, ein Königssohn aus dem südlichen Indien, der 28. indische und zugleich 1. chinesische Patriarch, nach China, wo er sich nach einem kurzen Aufenthalt in Kanton in Lo Yang niederließ. Er wird in der Glyptik (Steinschneidekunst) häufig als Träger des berühmten patra, des „Heiligen Gral“ des buddhistischen Glaubens, oder auch bei seiner Überfahrt über den Jangtse-Strom auf einem am Ufer abgebrochenen Schilfrohr dargestellt.
In der Sui-Dynastie war das Reich wiedervereinigt worden; unter der nachfolgenden großen Tang-Dynastie (618 bis 906) erreichte es seine größte Ausdehnung. Die Tang gelten zusammen mit den Han als eine der großen “Weltmächte“ der chinesischen Geschichte. Viele der zentralasiatischen Länder wandten sich an den Sohn des Himmels als ihren Beschützer gegen die aufstrebende Macht des arabischen Reiches.
Ein chinesischer General mit einer Armee von Söldnern aus Tibet und Nepal stürmte 648 die Hauptstadt Zentralindiens, Magadha, und chinesische Dschunken segelten in den Persischen Golf, während die letzten der persischen Sassaniden nach dem Untergang ihres Reiches als Flüchtlinge in China Schutz suchten. Kurz darauf gelangten die Araber auf dem Seeweg bis nach Kanton und ließen sich in vielen Hafenstädten nieder, aber auch in der Provinz Yunnan, wo sie in die Dienste der kaiserlichen Armeen traten, um die Rebellenaufstände entlang der nordwestlichen Grenze Chinas niederzuwerfen. Auch Nestorianische Missionare, iranische Manichäer und Juden kamen zu dieser Zeit auf dem Landweg in das Reich der Mitte, doch die beherrschende Macht war die des Halbmonds. Tatsächlich konnte sich der Islam bis auf den heutigen Tag behaupten, gibt es doch derzeit über 20 Millionen chinesische Muslime.
Buddhistische Propaganda war vor allem in der Anfangszeit der Tang-Dynastie stark verbreitet, nachdem das Hauptquartier dieser Religion von Indien nach China verlagert worden war. Hinduistische, aus ihrem eigenen Land vertriebene, Mönche brachten ihre heiligen Bilder mit und führten den traditionellen Kunstkanon mit seinen Symmetrien und geometrischen Proportionen in China ein, der sich bis in die heutige Zeit praktisch unverändert erhalten hat. Umgekehrt wanderten nacheinander Gruppen chinesischer Asketen nach Indien, um das heilige Land des Buddha zu besuchen, in den wichtigsten Schreinen Räucherwerk darzubringen, Sanskrit-Schriften zu studieren und Artefakte und Manuskripte zum Zweck der Übersetzung mit nach China zurückzubringen. Ihren Reiseberichten verdanken wir viel von dem Wissen über die Geographie des alten Indien.
Angeregt durch solch mannigfaltige Einflüsse, erblühte die chinesische Kunst sehr schnell. Die Tang-Dynastie gilt allgemein als ihr goldenes Zeitalter, jedenfalls was Dichtkunst, Literatur und Belletristik angeht. Doch auch die Macht der Tang sollte nicht ewigen Bestand haben. Sie verloren eines ihrer Herrschaftsgebiete nach dem anderen, und im Jahr 906 ging ihre Herrschaft jäh zu Ende. Die Kitanen, von deren Name sich sowohl Marco Polos ‘Cathay’ wie auch die russische Bezeichnung für China, Kitai, ableitet, fielen von Norden her ein; im Nordwesten drohte das mächtige Tanguten-Reich, in Yunnan wurde das Königreich der Shan errichtet, und Annam erklärte sich unabhängig. Von den fünf Dynastien, die sich nach dem Zusammenbruch der Tang in kurzer Folge ablösten, waren drei türkischer Abstammung. Vom künstlerischen Gesichtspunkt her waren sie allerdings kaum von Bedeutung.
Anonym, Hofmaler, Porträt desKangxi-Kaisers im Hofstaat (1662–1722),
Frühes 18. Jhd.Rollbild, Tusche und Malfarbe
auf Seide, 278x143cm.Palastmuseum, Peking.
Die Yuan-Dynastie (1280 bis 1367) wurde von Kublai Khan (1215 bis 1294), einem Enkel des legendären mongolischen Herrschers Dschingis Khan (um 1160 bis 1227), proklamiert. Die Mongolen annektierten die halbnomadischen Uiguren und zerstörten das Königreich Tangut, durchquerten Turkestan, Persien und die dahinter liegenden Steppen, verwüsteten Russland und Ungarn und drohten gar, weiter westlich in Europa einzufallen. Auch China wurde von nomadischen Reiterscharen heimgesucht und seine Finanzwirtschaft durch die Einführung von nicht einlösbarem Papiergeld zerstört. Seine Städte wurden fremden Statthaltern übergeben, den so genannten darugas. Ein zeitgenössischer chinesischer Autor beschreibt den Verfall der Porzellanindustrie in Jingdezhen als Folge der überhöhten steuerlichen Belastung, die die Töpfer zwang, aus der alten kaiserlichen Manufaktur wegzuziehen, um ihren Lebensunterhalt in anderen Teilen der Provinz Kiangsi zu finden.
Der venezianische Kaufmann Marco Polo (1254 bis 1324) staunte über die Pracht und den Reichtum des großen Khan, dieses Sagen umwobenen Herrschers, der es verstand, aus seinen chinesischen Eroberungen den größten Nutzen zu ziehen. Doch die Kultur, die der Reisende aus Venedig zu Gesicht bekam, stammte bereits aus der Zeit vor dem Einfall der Mongolen; sie ging auf das kunstgewerbliche Können der chinesischen Bevölkerung zurück. Selbst der von Marco Polo in so begeisterten Worten beschriebene wunderbare Palast war in Wahrheit die ehemalige Sommerresidenz der Sung-Kaiser in Kaifeng Fu in der Provinz Honan, der Stück um Stück abgetragen und in den Park der neuen mongolischen Hauptstadt Ciandu (heute Chang-tu) nördlich der Großen Mauer gebracht und dort wieder aufgebaut worden war.
Giulio Aleni (1582 - 1649),
Vollständige Karte aller Nationen,
um 1620.Papier.British Museum, London.
Die fremden mongolischen Herrscher wurden 1386 von chinesischen Aufständischen über die Wüste Gobi hinaus nach Norden vertrieben. Im selben Jahr begründete ein junger Bonze, Zhu Yuanzhang (1328 bis 1398), die Ming-Dynastie (1368 bis 1644). Noch eine ganze Weile lang kam es zu ständigen Grenzüberfällen. Im Jahr 1449 entführten die Mongolen sogar einen chinesischen Kaiser. Acht Jahre später wurde er jedoch befreit und unter dem neuen Titel Tien Shun wieder in sein Amt eingesetzt. Dieser Vorfall ist deshalb bemerkenswert, weil es sich hier, was in früheren Dynastien an der Tagesordnung war, um die einzige Änderung des Namens einer Regentschaft während der letzten beiden Dynastien handelt.
Die frühen Ming-Kaiser unterhielten über den Seeweg Verbindungen mit dem Westen. Vor allem in den Regierungszeiten von Yung Lo (Zhu Di; 1360 bis 1424) und Xüan Te erlebte der Handelsverkehr einen Aufschwung: Der berühmte islamische Groß-Eunuch und Admiral Zheng He (1371 bis etwa 1434) unternahm Fahrten in bewaffneten Dschunken nach Ceylon, Indien, Arabien und entlang der Küste Afrikas bis Magadoxu sowie entlang des Roten Meeres bis Jiddah, dem Hafen von Mekka. Auf der Liste der während der Regierungszeit von Xüan Te (1426 bis 1435) nach Mekka gebrachten Waren steht u.a. auch Seladon-Porzellan (ching tzu). Wer weiß, vielleicht war es eine dieser Expeditionen, welche die Seladon-Vasen mit sich führte, die der Sultan von Ägypten im Jahr 1487 Lorenzo de’ Medici zukommen ließ. Im darauf folgenden Jahrhundert tauchten erstmals spanische und portugiesische Schiffe in diesen Meeren auf. Chinesische Dschunken wurden zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gesichtet.
Die Qing- oder Mandschu-Dynastie war die letzte herrschende Dynastie Chinas (1644 bis 1912). Die große Qing-Dynastie begann im Jahre 1644, erweiterte sich nach und nach zum eigentlichen chinesischen Reich und endete erst mit der Errichtung der Republik China am 1. Januar 1912. Die Qing-Dynastie verschmolz ganz und gar mit der chinesischen Kultur und wurde zu ihrem Inbegriff.
Ihre militärische Macht schwand jedoch allmählich im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Der Druck von Seiten Japans und Europas, massive Aufstände unter den Bauern und Niederlagen in kriegerischen Auseinandersetzungen trugen etwa ab 1850 zum allmählichen Verfall der Qing-Dynastie bei. Ihr Zusammenbruch im Jahr 1912 brachte das über 2000 Jahre alte Kaiserreich zu einem abrupten Ende. Damit begann eine ausgedehnte Zeit der Wirren und der Instabilität, in der sich immer neue Machthaber in kurzer Folge ablösten.
Übersicht über die einzelnen Dynastien
Name der Dynastie
Herrschaftszeit
Xia
2207 - 1765 v.Chr.
Shang
1765 - 1122 v.Chr.
Chou (Zhou)
1122 - 256 v.Chr.
Qin (Chin)
221 - 207 v.Chr.
Han
206 v.Chr. - 220 n.Chr.
Zeit der drei Königreiche
220-265
Jin
265-420
Südliche/Nördliche Dynastien
420-589
Sui
589-618
Tang
618-906
Fünf Dynastien
907-960
Sung (Song)
960-1279
Yuan
1279-1368
Ming
1368-1644
Qing (Mandschu)
1644-1911
Republik China
1912
Volksrepublik China
seit1949
Karte Chinas.
Wang I - peng (15. Jhd.),Inschrift auf Wu Chens Handbuch, 15. Jhd.
Albumblatt, Tusche auf Papier,38x53,1cm.
Nationales Palastmuseum, Taipeh.
Juyong Pass, 15. Jhd.
50 km nordwestlich von Peking.
I.Architektur
1. - Das Dach
2. - Militärischer Festungsbau
3.-Zivilbauten
4.-Grabanlagen
Qiniadian (Altar für Ernteopfer),
Drachen - Phönix - Caisson, 1420.Holz.Peking.