Christliche Symbolik, Band 1 - Wolfgang Menzel - E-Book

Christliche Symbolik, Band 1 E-Book

Wolfgang Menzel

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Beschreibung

Das vorliegende Werk, hier Band eins von zwei mit dem ersten Teil des Alphabets, unterscheidet sich von anderen Ikonologien durch bei weitem grössere Vollständigkeit, indem es sich nicht darauf beschränkt, konventionelle Attribute der Heiligen aufzuzeichnen, sondern den tieferen Grund und inneren Zusammenhang in der gesamten christlichen Bildersprache nachweist. Es erläutert alle Sinnbilder in der Heiligen Schrift, in Dogma und Kultus, in der Legende, in der Baukunst, Skulptur, Malerei und Poesie der Kirche. Die Kenntnis dieser Dinge ist so sehr verdunkelt, dass selbst viele Priester die alten Bilder in ihren eigenen Kirchen nicht mehr verstehen, und dass gerade die schönsten und geistreichsten Abhandlungen und Homilien der Kirchenväter und Mystiker, welche bildliche Auslegungen enthalten und Hauptquelle der kirchlichen Symbolik sind, zu den vergessensten Dingen im ganzen Bereich des menschlichen Wissens gehören.

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Christliche Symbolik

 

Band 1

 

WOLFGANG MENZEL

 

 

 

 

 

 

Christliche Symbolik, Band 1, W. Menzel

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849661694

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

INHALT:

Vorwort.1

A.6

B.. 76

C.. 123

D... 151

E.. 164

F. 196

G... 226

H.. 265

J310

K.. 338

 

 

Vorwort.

 

Das vorliegende Werk ist zum Handgebrauch, zum Nachschlagen und leichten Auffinden bestimmt, deshalb alphabetisch geordnet. Es unterscheidet sich von den bisher vorhandenen Ikonologien durch bei weitem grössere Vollständigkeit, indem es sich nicht darauf beschränkt, conventionelle Attribute der Heiligen aufzuzeichnen, sondern den tiefern Grund und innern Zusammenhang in der gesammten christlichen Bildersprache nachweist. Es erläutert alle Sinnbilder in der heiligen Schrift, im Dogma und Cultus, in der Legende, in der Baukunst, Sculptur, Malerei und Poesie der Kirche.

Die Kenntniss dieser Dinge ist so sehr verdunkelt, dass selbst viele fromme Priester die alten Bilder in ihren eigenen Kirchen nicht mehr verstehen, und dass gerade die schönsten und geistreichsten Abhandlungen und Homilien der Kirchenväter und Mystiker, welche bildliche Auslegungen enthalten und Hauptquelle der kirchlichen Symbolik sind, zu den vergessensten Dingen im ganzen Bereiche des menschlichen Wissens gehören.

Der verewigte Görres sagt in der Vorrede zu seiner Geschichte der Mystik Seite XIII: „Ich wollte eine Sache wieder zur Sprache bringen, die man seit geraumer Zeit selbst in der katholischen Welt auf sich hat beruhen lassen; weil das wegwerfende Gerede von der Gegenseite, selbst auf die Einsichtigeren, nicht ohne Wirkung geblieben. Viele haben damit angefangen, auch ihrerseits scheu vor ihr, wie vor etwas Gespenstischem, zurückzutreten, und die Erscheinung so lange von sich abzuhalten, bis sie durch langes Ignoriren ihnen zuletzt gar verkommen, und nun eine schimpfliche Unwissenheit das frühere geflissentliche Uebersehen schwer gestraft.“ Allein er drückt die Hoffnung aus, jene alten heiligen Gebiete würden alle, wie das einst verlorene „Atlantis“, von neuen Columben wieder aufgefunden werden, da sie alle noch vorhanden sind und fest stehen und nichts darin geändert noch verloren, sondern nur vergessen und unbeachtet geblieben ist. „Eine Entdeckung wird die andere rufen, wie bei den Seefahrten, unbekannte Welttheile entlang, ein Vorgebirg dem andern gewinkt; am Ende wird eine ganze bedeckte, längst bekannte, aber ignorirte, neue Welt gewonnen seyn.“ Das gilt nun auch von der Symbolik, die auf’s Innigste mit der altkirchlichen Mystik verwandt und aus ihr emanirt ist.

Das Bild ist heilig, wie das Wort. Der Heiland selbst sprach in Bildern. Das Bild ist mächtig wie das Wort, dem Volke vielfach eindringlicher als das Wort. Die Welt war frömmer, so lange noch die christliche Symbolik ihr geläufig, Laien wie Priestern innig vertraut war, so lange noch Jedermann die Bilder verstand, mit denen Kunst die Kirchen schmückte, und in der Natur selbst noch eine reichere Bilderbibel fand. Die Welt war frömmer, als man noch wusste, welche kirchliche Symbolik sich an jede Jahreszeit, ja an jeden Tag im Jahre und an den Namen seines Patrons knüpfte, als man noch in den Naturerscheinungen jeder Jahreszeit und selbst in Thieren, Pflanzen und Gesteinen das Symbolische erkannte, die Signatur des Heiligen in aller Creatur.

Nur zu lange ist diese Erkenntniss geschwächt und fast ganz verloren. Schon seit vielen Menschenaltern hat die sogenannte classische Bildung das Christliche in den Gesinnungen und Gedanken wie im äussern Leben zurückgedrängt und so sehr das Heidnische gepflegt, dass die meisten unter unsern Gelehrten und Dichtern die Tiefe des Christenthums so wenig mehr ahnen, als einst Lucian sie noch nicht ahnte. Die Kirche sah sich theils ihrer alten Bilder beraubt, theils musste sie in ihren geweihten Räumen selbst die Erinnerungen und Zeichen jenes Heidenthums und unter christlichen Namen antike Gestalten aufnehmen. Es wurde zur Gewohnheit, auch bei Kirchenbildern nur an die Meisterschaft des Pinsels und die geistreiche Manier zu denken, nicht mehr an den Inhalt. Die ganze neuere Kunstkritik und Kunstgeschichte ist in dieser Richtung ausgebildet worden. Nach der Kirche, ihrem Gesetz, ihrer Symbolik, nach der ursprünglichen und einzigen Bestimmung der Kirchenbilder für die Andacht fragt Niemand mehr. Die heiligsten Bilder mit holländischen Viehstücken vermischt in Galerien zu sehen, wundert Niemand mehr, und eben so wenig befremdet es, dass umgekehrt in den Kirchen selbst durch unheilig aufgefasste Bilder weltlicher Augenlust gefröhnt wird.

Alles Kirchliche in der Kunst liegt im Symbol und dieses selbst wurzelt in den tiefsten Mysterien der Kirche. Nur die Kirche allein hat das Recht, zu bestimmen, wie in ihrem Bereiche gebaut, gemeisselt, gemalt und gesungen werden soll, denn die Kunst muss hier überall der kirchlichen Grundidee dienen; nichts darf hier der Willkühr oder Mode überlassen bleiben. Aber das haben selbst katholische Geistliche vergessen. Herr von Wessenberg sagt in seinen „christlichen Bildern“ II. 464: „Die Sinnbilder des Christenthums werden weniger durch gewisse Ab- und Kennzeichen, als durch Seelencharakteristik kennbar gemacht.“ Er billigt daher, dass man die altkirchliche Typik aufgegeben und der Willkühr der Künstler überlassen hat, wie sie die heiligen Ideen, Personen und Scenen darstellen wollen. Aber jene uralten Ab- und Kennzeichen sind das Alphabet der kirchlichen Bildersprache, und wer sie nicht mehr anwendet, noch versteht, der fällt unwillkührlich in die unkirchliche und heidnische Bildnerei. Auch jene „Seelencharakteristik“ darf von den Künstlern immer nur innerhalb der strengen Gesetzmässigkeit in der kirchlichen Grundidee und Symbolik, nie ohne Rücksicht auf die kirchliche Wahrheit und Treue, nie ohne strenges Einhalten der Heiligkeit, die in der Bestimmung der Bilder liegt, nie ohne Wahrung der kirchlichen Autorität versucht werden. Es versteht sich von selbst, dass der heiligen, durch und durch lebenvollen und geistreichen, von Gott gegründeten, im göttlichen Geist fortwirkenden Kirche nicht mit steifen, handwerksmässigen und seelenlosen Bildwerken gedient seyn kann, in denen alte Typen zwar erhalten, aber erstorben sind, wie dies im Orient der Fall ist. Der Kunst muss ihre edle Freiheit bleiben, aber sofern sie die Kunst der heiligen Kirche und selber geheiligt werden will, muss sie in freier Liebe jenen Gehorsam sich aneignen, ohne den sich Niemand dem Herrn der Kirche naht. Was dabei herauskommt, wenn die Künstler, sich in diesen Beziehungen emancipirend, nur ihrer Gewinnsucht und Eitelkeit, nur dem weltlichen Geschmack oder der Mode huldigend, Kirchenbilder malen, hat die kokette Sentimentalität, das affectirte Pathos, die Sinnenbestechung und Effectmacherei in jener freigegebenen „Seelencharakteristik“ leider zur Schau gelegt.

Die Künstler tragen weniger Schuld, als sie zu bedauern sind, in einer Zeit gelebt zu haben, in welcher der bessere Geist aus der Kirche gewichen war. Ihre Bilder, so wie die modernen unheiligen Tempelbauten, sind nicht die Ursache, nur die Folge der allgemeinen Paganisirung der gebildeten Welt. Darum haben auch einzelne fromme Künstler gegen die allgemeine antikirchliche Strömung wenig auszurichten vermocht. Erst muss die Kirche wieder innerlich erbaut seyn, ehe sie sich auch äusserlich im reinen bräutlichen Schmucke der Kunst zeigen kann. Aber es regt und bewegt sich überall, wie eine Auferstehung der Kirche. Auf dem Felde der Wissenschaft wird die kirchenfeindliche Usurpation Jahr um Jahr siegreicher zurückgeschlagen. Das Volksleben selbst durchdringt wieder mehr christlicher Geist, und es ist nicht mehr möglich, die Frage zu unterdrücken, ob nicht dem Bilde neben dem Worte wieder sein altes Recht gebühre? Nicht nur in Deutschland, auch in dem noch weit verweltlichteren Frankreich bricht allmählig eine tiefe Sehnsucht der Kirchlichgesinnten auch nach kirchlicher echter und gerechter Kunst hervor. Zwar ist die Kirche äusserlich verarmt, aber ihr Geist ist reich und mächtig, und je lebendiger er erwacht, um so gewisser wird er auch fromme Künstler erwecken. Die Kirche fehlt der Kunst, die Kunst fehlt der Kirche. Zwischen beiden bestehen tief geheime Bande, die in ihrem beiderseitigen Wesen liegen und nicht auf immer zerrissen werden können.

Die Frage hat aber auch eine wissenschaftliche, eine theologische Seite. Die Symbolik ist nicht blos Spiegel, sie ist auch Quelle des Dogmas, denn die heiligsten Mysterien sind im Worte offenbart, welches zugleich Bild ist. Die Offenbarung im Bilde enthält den ganzen Schatz der Lehre, wie die im Worte, auch da, wo sie auseinandertretend einander nur spiegeln. Nicht ungestraft trennt man das Wort vom Bilde, um das letztere auszuschliessen oder nur zu vernachlässigen. Wenn auch ein in der christlichen Idee tief wurzelndes Urbild durch Häresie verzerrt oder innerhalb der Kirche selbst zeitweise durch Aberglauben oder künstlerische Misshandlung entweiht wurde, so konnte das an seiner ewigen Gültigkeit doch nichts ändern. Es kam nur darauf an, das Gebiet der Symbolik rein zu erhalten, nicht es zu verlassen. Wenn andrerseits Kleingläubigkeit und missverstandener Eifer, unberechtigten Forderungen der Ungläubigen nachgebend, die Idee, ausgedrückt im Symbol, wie eine gemeine Thatsache der Natur oder der Profangeschichte durch sogenannte natürliche Erklärungen und aktenmässige Beweise rechtfertigen zu müssen meinte und damit in’s Gedränge kam, so ändert das eben so wenig an der ewigen Gültigkeit des Symbols. Es kam nur darauf an, das Symbol als solches zu erkennen.

Eine so klare und scharfe Erkenntniss der echten christlichen Symbolik als eines grossen architektonisch gegliederten Systems besassen die Kirchenväter, die Mystiker des Mittelalters, die Schöpfer des Cultus, des christlichen Kalenders und sämmtlicher kirchlichen Künste. Nur in dieser Erkenntniss ist die Kirche äusserlich wie innerlich ausgebaut worden. Nur in ihr kann sie erhalten oder, wo sie in Verfall ist, wieder erbaut werden. Unter den schweren Verhängnissen aber, die über die Kirche gekommen sind, ist es dahin gediehen, dass die von den Gläubigen selbst nur zu sehr vergessene Symbolik gleichsam eine Beute und ein Tummelplatz für die Feinde Christi geworden ist, indem sie jedes christliche Symbol auf irgend ein heidnisches zurückzuführen und alles specifisch Christliche in blossen Dunst und Wiederschein des Heidenthums aufzulösen trachten. Die blosse Möglichkeit eines solchen Versuchs beweist, wie sehr die alte Erkenntniss in unserer Generation verdunkelt ist. Sonst hätten die modernen Symboliker doch erröthen müssen, den Zeitgenossen zuzutrauen, dieselben würden, wenn auch ein ähnlicher Stein dem gothischen Dom eingefügt ist, wie den Tempeln zu Athen und Memphis, den ganz verschiedenen Geist und Styl, in welchem sie gebaut sind, nicht zu unterscheiden wissen, oder die Taube vom Jordan nicht von der im Myrthenhain zu Paphos? Wieder andere Gelehrte haben das christliche Symbol nur in seinen Karikirungen im Talmud und Koran und bei den Sekten aufzusuchen und zu erörtern geliebt. Aber bleibt denn das edle Menschenantlitz weniger ideal, weil es auch zum Affen verzerrt werden kann?

Die Symbolik ist Offenbarung Gottes im Bilde und Andacht der Menschen im Bilde, dort in aller Weise klar und sicher, unumstösslich, unwandelbar, imperatorisch wie eine höhere Mathematik, hier dem Wechsel der Zeiten und des menschlichen Geschmackes unterworfen, in Zeiten der Gottesfurcht und Gottesminne von rührender Einfachheit, Wahrheit und Schönheit, in Zeiten des Zweifels, der Eitelkeit und Neuerungssucht dagegen abirrend von der Wahrheit, überkünstlich, zweideutig und mannigfachen Häresien dienstbar. Von oben her ist das Kreuz auf das Erdenrund gepflanzt worden und von unten her haben sich die Blumen der kirchlichen Poesie um seinen Fuss gerankt, aber auch Unkraut und schlangenbergende Dornen.

Ich zeige an den geeigneten Orten, wie des reinen christlichen Symbols Maass und Gerechtigkeit sich von den willkührlichen Uebertreibungen und Ungeheuerlichkeiten der Gnosis und anderer Sekten, sowie des Talmud und Koran unterscheidet, und wie noch hin und wieder spät im Abendlande heidnische Symbole durch die Legende in den christlichen Bildercyclus aufgenommen werden konnten, immer unter der Bedingung einer neuen und höhern Weihe; oder wie eigenthümliche Naturerscheinungen, Kräuter, Bäume, Thiere, welche die christlichen Bekehrer im Norden vorfanden, sich zu guten Sinnbildern im christlichen Sinne geeignet haben und so genommen worden sind, eben so unbefangen, wie andere dem Süden eigenthümliche im Orient. Aber ich enthalte mich, jenen ganzen Wust von talmudistischen, gnostischen, manichäischen, muhamedanischen Fabeln auszukramen, die des Lesers Aufmerksamkeit nur ablenken würden von dem heiligen Kreise echtchristlicher Symbolik. Die falsche Gelehrsamkeit, die sich in diesen Enthüllungen gefällt, führt von Bayle an nicht in die Kirche, sondern aus ihr heraus, und die pseudochristlichen Phantasmata, die sie an die Wand malt, können ein gläubiges Gemüth nur beunruhigen, wie jene, die den heiligen Antonius, als er vor dem einfachen Kreuz auf rauhem Stein kniete, zu stören trachteten.

Nachdem sich nun so viel Schutt vor der Kirchenthüre gehäuft hat, ist es keine kleine Arbeit, damit aufzuräumen. Das möge die Mängel meines Buches entschuldigen, welches ich gleichwohl mit dem Bewusstseyn vollende, dass es den rechten Weg gefunden und gebahnt hat. Obgleich es aus langjährigem Fleiss in Erforschung unzähliger Schriftquellen und in der Vergleichung unzähliger Kirchenbilder hervorgewachsen ist, blieb ihm doch im Einzelnen gar Manches noch unbekannt, unzugänglich, unverstanden. Aber es war auch nicht auf formelle Vollendung berechnet, es legt vielmehr das grösste Gewicht auf das Kriterium des Echtchristlichen, d. h. auf den innern und nothwendigen Zusammenhang aller Symbole mit der Grundidee der Kirche. Es beschäftigt sich mit den bunten Bildern der Kirche nur, um auf der Leiter des symbolischen Farbenspectrums in unwandelbar gerader Richtung das centrale Urlicht zu suchen. Es krittelt und nagt nicht an den Einzelnheiten herum, wie die bekannte Ratte am Pentagramm, sondern es begreift die Solidarität der gesammten christlichen Symbolik als Ausdruck der Einen und untheilbaren Idee der Kirche.

 

 

 

A.

Erster Buchstabe in allen Sprachen, Zeichen des Anfangs. Das lange Ωim griechischen Alphabet, als letzter Buchstabe Zeichen des Endes. Ich bin das A und das O, spricht der Herr. Jesaias 41, 4. 44, 6. Offenb. Johannis 1, 8. Jenes Αund Ωfindet sich oft auf alten Kirchenbildern am Haupt oder im Nimbus Gottes des Vaters, auch neben der Chiffre Christi. – An das Sprichwort: „Wer A sagt, muss auch B sagen,“ knüpft sich eine schöne Legende der beiden apokryphischen Evangelien infantiae Christi 49 und St. Thomae 7. Das Christkind sollte in der Schule das ABC lernen, blieb aber gleich beim A stehen und erläuterte die tiefe Bedeutung dieses ersten Lautes mit solcher Weisheit und so unerschöpflicher Gedankenfülle, dass der Lehrer erschrack und gar nicht bis zum B kommen konnte.

 

Aaron

 

Der Urpriester, wie sein Bruder Moses der Urprophet. Im Charakter Aarons treten neben der auf ihm ruhenden göttlichen Weihe und neben manchen heiligen Eigenschaften auch unheilige Schwächen hervor. Aaron ist daher Urbild des gesammten Priesterthums in seiner schlimmen, wie guten Seite. Wie er sich gelegentlich dem Volk accommodirte, ihm sogar das goldne Kalb machte, wie er so nichts für sich war ohne seinen grossen Bruder, den Propheten, und wie er sich doch auch wieder gegen diesen auflehnte; so hat das kastenmässige Priesterthum der weltlichen Macht und dem Volke sich nur zu oft zu accommodiren gestrebt. Das Grossartige, Ursprüngliche, unergründlich Geniale in den Büchern Mosis ist die göttliche Weisheit und Langmuth, die der Menschen Schwäche, Thorheit und Bosheit durch und durch kennt, aber in der schlimmsten Zeit tiefer sittlicher Versunkenheit dennoch auch unwürdigen Priestern die Weihe nicht entzieht, nur um die Tradition auf bessere Geschlechter fortzupflanzen. Unter den Juden in der Wüste sollte der die Hohepriesterwürde erhalten, dessen dürrer Stab blühen würde; alle Stäbe blieben dürr, nur Aarons Stab blühte. 4. Buch Mosis 17. – Aaron ist demnach Prototyp des Priesterthums und trägt die bischöfliche Mitra. Sofern aber der blühende Stab ein Sinnbild der Jungfräulichkeit wurde, bezog man ihn in Aarons Hand auch vorzugsweise auf die Ehelosigkeit der Priester. Dasselbe Wunder des blühenden Stabes wiederholte sich an Joseph, Mariens Gatten, weshalb der blühende Stab auch ein Sinnbild der Jungfräulichkeit Mariä ist. Daher der Vers aus dem handschriftlichen speculum humamae salvationis, mitgetheilt von Didron, manuel p. 100:

 

Virga Aaron protulit fructum sine plantatione,Maria genuit filium sine virili conjunctione.Virga florens Aaron dignum sacerdotium monstravit,Maria pariens nobis magnum sacerdotem paravit.

 

Rupertus Tuit. 194. vergleicht Moses und Aaron mit dem Kaiser und dem Papst.

 

Aaronswurzel

 

Lat. Arum, in einem einzigen Scheideblatt eine dunkelviolette Kolbe, um deren Fuss die männlichen und weiblichen Befruchtungsorgane und die Nektarien dergestalt in drei Ringen liegen, dass sie mit ihren grossen und kleinen Warzen und Haaren den Weintrauben, Aehren und dem Gras ähnlich sehen. Das Kraut wächst im Mai in den Wäldern, und das Volk glaubt, an der gesunden Fülle oder dem krankhaften Zustande jener drei Ringe zu erkennen, ob es im laufenden Jahre viel oder wenig Heu, Getreide und Wein geben werde. Deshalb heisst es auch in Bayern Zeigkraut. Panzer, Beitrag zur deutschen Myth. 248. In Schwaben hörte ich von dem verstorbenen Professor Albert Schott die schöne Volkssage, die ihm ein altes Bauernweib erzählt hatte: Als Josua und Caleb in’s gelobte Land geschickt wurden, nahmen sie Aarons Stab mit und trugen an ihm die grosse Weintraube und die andern Früchte jenes Landes zurück. Nachdem sie dieselben abgeladen, steckten sie den Stab in die Erde, und wo er gesteckt hatte, wuchs nachher die Aaronswurzel, an welcher bis auf den heutigen Tag ein Abbild jenes Früchtesegens zu finden ist, den Josua und Caleb aus dem gelobten Lande brachten.

 

Aas

 

Sinnbild der Fleischlichkeit. Wo ein Aas ist, sammeln sich die Adler, d. h. wo es etwas zu geniessen, zu rauben oder zu beerben gibt, ist Jeder bei der Hand. – Von allem fleischlichen Leben bleibt nur Aas übrig, während die Seele sich mit einem reinern Leibe umkleidet. Daher wird der Rabe, der aus Noah’s Arche fliegt und nicht wiederkommt, weil er sich mit dem Aase der herumschwimmenden todten Thiere labt, von Rupertus Tuit. 44. sinnig mit dem Judenthum verglichen, das am alten und am fleischlichen Gesetze hängt, im Gegensatze gegen die Taube des Christenthums. – Aas ist das Wesen dessen, von dem die Wollust nur der verlockende und trügliche Schein ist. Auf dem Blocksberge merken die Hexen erst ganz zuletzt, dass die köstlichen Speisen, von denen sie zu essen gewähnt, nur Aas gewesen. In vielen Sagen werden liederliche Offiziere oder Studenten, die von einer dämonischen Dame in ein herrliches Schloss gelockt worden sind und in allen Genüssen geschwelgt haben, plötzlich auf den Schindanger versetzt und liegen im Morgengrauen neben dem Aas eines Pferdes.

 

Abel

 

Der erste Fromme auf Erden, der nicht sündigte wie sein Vater Adam, keine Kinder hinterliess und von seinem bösen Bruder Kain erschlagen wurde, gilt ebendeshalb als Prototyp aller Priester, Heiligen und Martyrer. In einem altdeutschen Schauspiel ist er der Erste, den Christus aus der Vorhölle erlöst und dem er den Adam nur folgen lässt. Mone, Schauspiele des Mittelalters, II. 10. Auf einem altdeutschen Bilde, im Besitze des Ephorus Hassler in Ulm, erlöst Christus aus der Vorhölle zuerst Adam und Eva, Abel aber, welcher zunächst seinen Eltern folgt, trägt die Tonsur.

Abel contrastirt als der Erstgeborene mit Lucifer, als dem Erstgeschaffenen. Wie dieser, sich Gott entgegensetzend, böse wurde; so muss Abel, wieder dem sündigen Vater entgegengesetzt, fromm und gut werden. Insofern ist Abel auch das Vorbild Christi, der erste Tod Vorbild des grössten Todes. Rupertus Tuitensis 38.

Abel contrastirt mit seinem Bruder Kain als das gute Princip in der Menschheit, gegenüber dem bösen. Zugleich vertritt er den Hirtenstand, Kain den Stand der Ackerbauer. Beide zündeten Gott Opferfeuer an, Abels Rauch stieg gerade empor, der Kains blieb unten und wurde zerstreut. So werden die Brüder meist auf Bildern dargestellt. Auch ist das Lamm Abels Attribut. Er trägt es als Hirt im Arme, mit Anspielung auf das Opferlamm und Christus, den guten Hirten. Vgl. das Titelkupfer zu Didron, annales VIII, eine Kupferplatte aus dem 12ten Jahrhundert.

 

Abendmahl

 

Vermittelst der Transsubstantiation (Wesenverwandlung, Wesenübertragung) wird das Brodt und der Wein im heiligen Abendmahle zum wirklichen Leibe und Blute des Heilands, gemäss den Worten, mit denen er selbst beim Austheilen des Brodtes und Weines am ersten Abendmahle zur wiederholten Feier desselben aufforderte: „Dieses ist mein Leib, für euch gebrochen, und mein Blut, für euch vergossen.“ Vgl. Joh. 6, 54. 56 : „Wer mein Fleisch isst etc., wird das ewige Leben haben, der bleibt in mir und ich in ihm.“ Abweichend ist die jetzt von der reformirten Kirche vertretene Ansicht, wonach Brodt und Wein den Leib und das Blut nur bedeuten, nur ein Gleichniss davon seyn sollen. Luther suchte zu vermitteln, indem er die Transsubstantiation gelten liess, jedoch nur in dem Momente des Genusses selbst. Die katholische Kirche nimmt die nicht den Sinnen erkennbare wirkliche Verwandlung von dem Augenblicke an, in welchem der Priester Brodt und Wein consecrirt hat.

In der an das heilige Abendmahl geknüpften Symbolik nimmt daher der Opfertod Christi am Kreuze die erste Stelle ein, sowohl für die Katholiken, Griechen und Lutheraner, die im Abendmahle eine beständige Wiederholung des Opfers selbst, als für die Reformirten, welche darin nur eine Vergleichung und Erinnerung erkennen. Das Opfer wird von Christo für die Menschen und durch Christum von den Menschen, für die er eintritt, Gott dargebracht, um der ewigen Gerechtigkeit zu genügen. Es ist aber zugleich eine immerwährend neue Opferung des Heilands. „Seine immerwährende Herablassung zu unserer Dürftigkeit in der Eucharistie bildet einen grossen Opferakt.“ Möhler, Symb. 2te Aufl. 280. „Als der am Kreuze sich Opfernde ist Christus uns noch fremd, im Cultus aber unser Eigenthum, unser Opfer.“ Ders. 281. Schon der heilige Augustinus bemerkte, ein heidnischer Götze verlange Opfer, der Gott der Christen bringe sie. Es bedarf nur, dass der Mensch, indem er Gottes Opfer annimmt, ihm hinwiederum seine Seele zum Opfer darbringe.

Die Vervielfältigung des Leibes Christi, damit unzählbare Menschen von ihm geniessen können, ist nur mystisch zu erklären. Schon Justinus und Irenäus erkannten in dem sich im Abendmahle dahingebenden, von Allen genossenen und doch nie verzehrten Leibe und Blute den Logos. Das Essen des Leibes und Trinken des Blutes bezeichnet nur das Eingehen der innigsten Gemeinschaft, geistig durch den Logos, aber zugleich auch leiblich, weil es nicht blos einer für Alle gleichförmigen Belehrung für den Geist, sondern einer durch und durchgreifenden leibhaftigen Einigkeit bedarf. Daher der von Irenäus festgestellte Glaube, die Auferstehung des Fleisches hänge ab vom Genusse des Abendmahls, das Fleisch werde erst unsterblich durch die Gemeinschaft mit dem unsterblichen Gott. Vgl. Schröckh, Kirchengeschichte III. 222. In gleichem Sinne heisst es in dem Auto: „Der Sünde Zauberei“ von Calderon: Jede irdische Speise ist nur Schein und Trug, die einzige wirkliche Speise ist die Hostie. Schon im ersten Briefe an die Korinther (10, 17. ) heisst es: „Denn Ein Brodt ist’s, so sind wir viele Ein Leib, dieweil wir alle Eines Brodtes theilhaftig sind.“

Das Essen im Abendmahle ist der nothwendige Gegensatz gegen das Essen beim Sündenfalle. Adam ass, was teuflisch inficirt war durch die Schlange, die Sünde, den Teufel selbst; im Abendmahle isst man das göttlich Inficirte, den Gott selbst. Hierin liegt das entscheidende Moment der christlichen Abendmahlssymbolik, und nicht in der Vergleichung mit dem cerealischen Todtencult der alten Heiden. Persephone wird begraben, damit sie als Saat wieder emporwachse, die alle Menschen nährt. Das ist ein schönes heidnisches Sinnbild, welches aber nichts mit dem christlichen Abendmahle zu schaffen hat, weil ihm der Begriff der Gottmittheilung und der Gegenwirkung gegen das Reich des Teufels gänzlich abgeht.

Wie nun aber in dem sündigen Adam die Menschheit auseinanderfiel und vom Ebenbilde Gottes, welches sie seyn sollte, durch Entartung immer mehr sich entfernte, so wurde sie durch Christus, wie gereinigt und geläutert, so auch wieder vereinigt. Die aus Adam hervorgegangene Vielheit der Generationen, Verschiedenheit der Racen etc. folgt dem centrifugalen Principe der Sünde; hätte Adam nicht gesündigt, so würde er das vollkommene Eine Ebenbild Gottes geblieben seyn. Diese Einheit nun, das Verschmelzen aller gläubigen Christen gleichsam wieder zu Einer Person mit Christo, wird durch den Genuss des Leibes und Blutes im heiligen Abendmahle erzielt, wie vorher die Zertheilung aus dem verbotenen Genusse des Apfels hervorgegangen war. Vgl. Dorner, Person Christi S. 59. 79. Baur, Dreieinigkeit II. 324.

Natürlicherweise musste das Abendmahl das Hauptsakrament der Kirche werden, der Centralpunkt des Gottesdienstes. Auch in allen andern Sakramenten wird der zu Christo bekehrten Menschheit sein Geist und seine Kraft mitgetheilt, die innigste Vereinigung mit ihm geht der Mensch aber im Sakrament des Altars ein. Darin vornehmlich offenbart sich die ewige Gegenwart Christi, der uns nicht ein vergangener, historisch dagewesener, sondern ein unvergänglicher, noch gegenwärtiger, ewig lebendiger ist. Christus nimmt noch immer gegenwärtig in seine Gemeinschaft auf durch das Sakrament der Taufe; er vergibt noch immer den Reuigen im Sakramente der Busse; er theilt noch immer den Heranwachsenden seinen Geist mit im Sakramente der Confirmation; er weiht noch immer im Sakramente der Ehe den Bund zwischen Menschen ein, damit sie nicht wie die Thiere leben, sondern sich als in der Gemeinschaft Christi ansehen und dem Himmel neue Bürger erziehen; er tröstet die Sterbenden im Sakramente der letzten Oelung: er setzt im Sakramente der Priesterweihe sich selber die Organe ein, durch die seine nie ermüdende Thätigkeit wirkt. Dies ist nach katholischer Lehre die Harmonie der Sakramente, die siebenfache Ausstrahlung der Einen wirkenden Kraft. Möhler, Symb. 2te Aufl. 273.

Wie das Abendmahl das Hauptsakrament der Kirche war, dessen Geniessung das ewige Leben verhiess, und zugleich dem Einzelnen das volle Bürgerrecht in der christlichen Gemeinde sicherte, so war auch der Ausschluss davon, excommunicatio, die Hauptstrafe, welche die Gemeinde oder ihre Vorsteher über unwürdige Glieder verhängen konnten. Am höchsten aber war der unwürdige Genuss dieses heiligsten Sakramentes selbst verpönt. Wer das Abendmahl unwürdig geniesst, isst es sich zum Gericht. In einem alten Evangelienbuch der Stuttgarter Bibliothek (Bibl.-Nr. 28.) sitzt auf dem Bissen, welchen Judas aus Christi Hand selbst am Abendmahle empfängt, ein kleines schwarzes Teufelchen.

Auch in der Wahl der Zeit für die vornehmste Abendmahlsfeier im Jahre drückte man die Segnung aus, die der irdischen Natur durch Mittheilung der himmlischen geworden war. Die Hauptfeier des Abendmahls blieb immer Ostern, die Zeit, in welcher der Heiland selbst das Abendmahl eingesetzt, also der grüne Donnerstag, als der Abend vor dem Charfreitage, an dem er den Opfertod für die Menschheit gelitten hatte. Diese Zeit fällt aber genau mit der ältern heidnischen Frühlingsfeier zusammen, in welcher die Auferstehung der Natur aus dem winterlichen Tode gefeiert wurde. Begreiflicherweise musste nun Manches von der Symbolik jenes alten Naturfestes auf das christliche Osterfest übertragen werden, so weit es eben die Idee der Auferstehung vom Tode oder der Befruchtung der todten Erde durch Keime des Himmels und durch die Einwirkung eines segnenden Sonnenlichts ausdrückte. Unbeschadet des viel tiefern christlichen Sinnes konnten bezeichnende und edle Sinnbilder der heidnischen Feier beibehalten werden, und es ist dabei auch nicht entfernt an ein verstecktes Heidenthum im Christenthum zu denken, wie die modernen Feinde Christi so gern voraussetzen. Wenn man die Auferstehung der Natur aus dem Grabe des Winters, die Ausstrahlung des Lichts aus der steigenden Sonne nach der langen Winternacht zum Sinnbilde des Segens wählte, der den sündigen Menschen durch Mittheilung der himmlischen Seelennahrung und des himmlischen Lichts geworden war, so konnte man in der That kein natürlicheres und passenderes Sinnbild wählen; aber nur eine völlig unverständige oder böswillige Auslegung kann vorgeben, man hätte in Christo immer noch den alten Sonnengott verehrt, der als Dionysos, Osiris, Adonis etc. im Herbste stirbt und im Frühjahr wieder aufersteht. Das Himmelszeichen des Widders, in das Ostern fällt, musste eben so natürlich auf das Osterlamm der Juden bezogen werden, während man unter dem Sinnbilde des Lammes, das die Siegesfahne trägt, doch etwas ganz anderes verstand, als was die Heiden unter dem Sinnbilde des Frühlingswidders verstanden hatten. Die den altjüdischen Schaubrodten verwandten ungesäuerten und hostienförmigen Darunsbrödtchen und der Homsaft der alten Perser, die schon Justinus Martyr mit dem Abendmahle der Christen verglich, gehören einem andern Ideenkreise an.

Wie die Jahreszeit, so ist auch die Tageszeit symbolisch. Obgleich das Abendmahl ursprünglich am Abende eingesetzt wurde, so liess man es doch in ältern Zeiten (wie noch jetzt in Syrien geschieht) erst nach einem vorbereitenden Gottesdienste am Sonnabend, der sich am Sonntagmorgen fortsetzte, und das Leiden und Sterben des Heilandes gleichsam dramatisch vor der Gemeinde vorüberführte, genau in der zwölften Stunde Sonntag Mittag den Gläubigen austheilen, damit die innige Vereinbarung des Geschöpfes mit dem Schöpfer mit dem Culminationspunkte der Sonne zusammenfalle und darin ihren symbolischen Ausdruck finde. Alt, Theater und Kirche S. 338. Damit hängt überhaupt die Sonntagsfeier genau zusammen. Der Sonntagsgottesdienst ist ursprünglich nichts anderes, als Abendmahlsfeier, Messe, eine symbolische Handlung, die das Erlösungswerk beständig vergegenwärtigt und die Frucht desselben der Gemeinde im heiligen Sakramente geniessen lässt. Von der reichen Symbolik der Messe glaube ich in einem besondern Artikel handeln zu müssen, und gebe hier nur die Hauptunterschiede der christlichen Kirchen im Gebrauche des Sakraments.

Vorbereitung zum Genusse des Abendmahls ist die Beichte. Bei der Feier selbst werden in der katholischen und zum Theil auch noch in der lutherischen Kirche auf dem Altare Lichter angezündet, um an die abendliche Zeit der ersten Feier zu erinnern. In den frühern Zeiten begann die Feier mit der Darbringung von Opfern, die auf den Altar gelegt wurden (Augusti, Denkw. VIII. 243.). Früher gab der Priester auch Jedem, dem er das Abendmahl ertheilte, den Friedenskuss. In der katholischen Kirche ist die Consecration der Hostie und des Weins, wodurch die Transsubstantiation bewirkt wird, von der Bekreuzigung begleitet. In der unirten preussischen Kirche blieb die Bekreuzigung, die Reformirten lassen sie ganz weg. Dann folgt in der katholischen Kirche die Erhebung und Anbetung des bereits verwandelten Heiligthums (elevatio und adoratio), wobei ein Glöckchen erklingt und alle Gläubigen auf die Kniee fallen. Diese Anbetung verwerfen die Protestanten, weil Luther die Verwandlung nur im Genusse selbst anerkennt, nicht vorher und nachher. Nach allgemeinem Gebrauche empfängt das männliche Geschlecht das Sakrament zuerst, das weibliche erst nachher; weshalb auch bei den hauptsächlich in Spanien üblichen Prozessionen, bei denen das Sakrament herumgetragen wird, die Männer vor, die Frauen hinter der Hostie gehen. Man empfängt das Sakrament knieend oder auch stehend, worin der Gebrauch wechselt. Das Brodt war ursprünglich einfaches Brodt, doch kam man überein, dass es Waizenbrodt und immer weiss seyn müsse. Das farbige und andere Getreidearten wurden davon ausgeschlossen. Die griechische Kirche behielt gemeines gesäuertes Brodt, die römische wählte ungesäuertes, weil Christus selbst nach altjüdischem Gebrauche ungesäuertes ausgetheilt haben musste. Die Griechen wollten aber so wenig als möglich mit den Juden gemein haben. Anfangs brach man das Brodt, und zwar in drei Theile, in deren Mitte man den Kelch stellte. Die Reformirten, die das gemeine Brodt wieder einführten, brachen es auch wieder. Die Katholiken behielten, als sie das Brodt in die kleine Form der Hostie verwandelt hatten, das Brechen derselben bei. Luther dagegen behielt zwar die Hostie, brach sie aber nicht mehr. – Der Wein wurde nach orientalischer Sitte immer mit Wasser gemischt; nur die Armenier und später auch Luther verwarfen das Wasser und nahmen reinen Wein. Die griechische Kirche dachte bei der Vermischung des Weins mit dem Wasser an die des Heilands mit der Gemeinde, und sah in den drei Bestandtheilen des Sakraments die Dreieinigkeit wiederholt. In derselben Kirche wird das Brodt in den Wein getaucht, nachdem man denselben mit warmem Wasser vermischt hat, und in einem Löffel gereicht, worüber Luther in den Tischreden spottete. Der Wein musste roth seyn, um dem Blute zu gleichen. Nur die mailändische Kirche zog den weissen, als den reinern, vor (weil der lombardische rothe Wein schwarz wie Dinte ist). Den Protestanten kam es nicht auf die Farbe an. Karl der Grosse verbot im capitulare de villis das Keltern mit den Füssen, weil der Wein zum Abendmahle gebraucht werde.

Dass in der katholischen Kirche den Laien der Kelch mit dem Genusse des Blutes entzogen und den Priestern vorbehalten wurde, hängt mit der Einführung der priesterlichen Ehelosigkeit zusammen. Wer durch den Kelch in den Blutadel Christi aufgenommen war, musste jeder irdischen Blutsverwandtschaft entsagen. Bei der Austheilung des Weins an das ganze Volk kam man überdies leicht in die Gefahr, kostbare Tropfen zu verschütten und dadurch zu entweihen. Uebrigens gehört die Entziehung des Laienkelchs nur der Disciplin und nicht dem Dogma an.

Die exaltirte Phantasie und das sophistische Raffinement der christlichen Sekten führte zu den abscheulichsten Formen der Abendmahlsfeier. Während die Aquarii, Ketzer des 3ten Jahrhunderts, ihren nüchternen Verstand dadurch beurkunden wollten, dass sie Wasser anstatt Wein in den Kelch füllten (Irenaeus, haeres. V. 1. 3. ), und die Hydrotheitae dies thaten, weil sie das Wasser für die Gottheit hielten und sich durch diese Wasserkur mit ihr vereinigen wollten (Augustin. haer. 75. Binterim, Denkw. IV. 2. 63.), liessen dagegen die gnostischen Ophiten die Oblation von der Schlange belecken, die sie als ein Symbol der göttlichen Kraft verehrten. Die Montanisten feierten mit dem Abendmahle zugleich die Wahl ihres Oberpriesters auf eine entsetzliche Weise. Sie zerstachen nämlich ein einjähriges Kind mit Nadeln und mengten das ausfliessende Blut mit Asche, woraus sie das heilige Brodt bucken. Starb das Kind, so verehrte man es als Martyrer; blieb es am Leben, so wurde es der Oberpriester der Sekte. Die Katharisten und Euchiten gingen in ihren Ausschweifungen noch weiter. Görres, Mystik III. S. 40. Eben so die Valentinianer. Epiphanius, haeres. 26. und Irenaeus, haeres. I. 24. — Augustinus, haeres. 48, gedenkt der Artotyroiten (von ἄρτοςund τύρος), die im Abendmahle Brodt und Käse genossen (als edelste Extrakte und Sinnbilder des Pflanzen- und Thierreichs). Die Jakobiten im Orient gebrauchen im Abendmahle Salz und Oel, ebenfalls als edelste Extrakte der Natur. Salz mit Brodt und Wein ohne Oel gebrauchen die Mingrelier nach Chardin, Reise I. 319.

Als freche Parodien des heiligen Abendmahls kommen in den Hexenprozessen häufig die Teufelsmessen vor. Auf dem Hexensabbath liest der Teufel Messe und erhält eine kohlschwarze Hostie (Görres, Mystik IV. 2. 284.), oder theilt eckelerregende Dinge statt Brodt und Wein aus. Soldan, Hexenwesen S. 225. — In der französischen Revolution wurde in den entweihten Kirchen das Abendmahl in Branntwein, den man in den Kelch schüttete, und in Würsten, die man auf die Patenen legte, ausgetheilt. Leo, Weltgeschichte V. 113.

In den Legenden begegnen uns eine Menge von Abendmahlswundern, die grossentheils auch auf den Kirchenbildern dargestellt sind. Die wichtigsten betreffen den Beweis der Transsubstantiation. Zweifler erblicken in der gebrochenen Hostie wirkliches Fleisch und Blut oder das Christkind, im vergossenen Abendmahlswein wirkliches Blut. Vgl. die Artikel Blut, Hostie. Ungewöhnliche Darstellungen des Abendmahls auf Kirchenbildern sind folgende. Christus selbst theilt das Abendmahl seinem Bruder Jakob (Kunstbl. 1838, S. 52.), ein andermal der heiligen Veronika aus. Acta SS. I. 925. Engel reichten das Abendmahl dem heiligen Bonaventura, Marcus Eremita, Paschalis, Secundus, der heiligen Agnes von Montepulciano und Eudoxia; Tauben dem heiligen Albert von Ogna und der heiligen Ida von Löwen. — Die heilige Aleydis schmeckte das Sakrament als eine unaussprechliche Süssigkeit. Görres, Mystik II. 88. Viele Heilige genossen gar keine irdische Speise, sondern nur das Sakrament. So Angela von Foligno, Columba von Rieti, Dominica vom Paradiese, Katharina von Siena, Lidwina etc. Der heilige Lucian theilte das heilige Abendmahl seinen Mitgefangenen im Kerker auf seiner Brust aus, weil er keinen würdigeren Altar dazu fand. Als die Türken Constantinopel einnahmen, verschwand der in der Sophienkirche eben Messe lesende Priester mit dem heiligen Sakrament in die Mauer und soll erst wiederkehren, wenn die Türken vertrieben seyn werden. Hahn-Hahn, oriental. Briefe I. 218.

Als Gleichniss und alttestamentalisches Vorbild des heiligen Abendmahls gilt der Mannaregen und die Oeffnung der Quelle aus dem Felsen durch Moses in der Wüste. Ferner der Bienenstock im Löwenrachen aus der Geschichte des Simson. Boschius, der ihn in seine Sinnbilder aufgenommen, gibt die Inschrift dazu: Morte unius tot millia vivunt. Man hat auch das Hohelied hieher bezogen und in der Confirmation die Mannbarerklärung der Seele, im Sakrament des Altars die Hochzeit der Seele mit Christo erkannt. In diesem Sinne ist der Maler Eberhard noch weiter gegangen, und hat als Pendant zum Abendmahle die Heimsuchung gemalt, was so viel sagen will als: Christus soll im Abendmahle in uns gezeugt werden und wachsen. Kunstbl. 1838. Nr. 23.

Aus dem alten Testamente hat man ferner die Garben, welche Joseph im Traume gesehen, und die grosse Weintraube, welche Josua und Caleb aus dem gelobten Lande brachten, auf das Abendmahl bezogen. Vgl. Journal von und für Deutschland I. 432. Aehren und Trauben kommen in diesem Sinne schon auf den ältesten christlichen Gräbern in den römischen Katakomben vor. Vgl. Piper, Myth. I. 213. Aehren und Trauben von Engeln gebracht in S. Silvester, auf Monte Cavallo in Rom, desgleichen in Sevilla, in der Nicolaikirche in Leipzig etc. Fiorillo IV. 152. Besonders oft wurden Aehren und Trauben auf Monstranzen und bei den Ceremonien des Frohnleichnamsfestes angebracht. Auf einem alten Holzschnitt zu Polydorus Virgilius, Augsburg 1537. S. 3, steht Christus zwischen einem Kornfeld und einem Weinberge. Auf einem Bilde von Correggio steht das Christkind zwischen Joseph, der Palmfrüchte bricht, und Maria, die Wasser schöpft. F. Schlegel, Werke VI. 31. Dahin gehört das schöne Gedicht von Calderon: Auto sacramental de las plantas. Die Pflanzen streiten um den Vorzug; da kommt die fremde Ceder und bringt das Kreuz als das kostbarste Gut; aber der neidische Dornstrauch schleicht sich hervor und zerkratzt das Kreuz. Aus diesem aber fliesst Blut, und die Aehren und der Weinstock eilen herbei, es aufzufangen. Das Kreuz strebt in die Luft empor und Aehre und Weinstock erhalten den Preis als die edelsten unter allen Pflanzen, weil sie die meiste Demuth geübt.

Sofern Christus mit einem Fische verglichen wurde (s. Fisch), und in der Fasten Fische statt Fleisch gegessen werden, nannte Julius Africanus Christum einen Fisch, von dessen Fleisch die ganze Christenheit während ihrer irdischen Fastenzeit, d. h. lebenslang, speise. In ähnlichem Sinne nennt man das Abendmahl Wegzehrung für Pilger, d. h. für Pilger, die durch die Erde zum Himmel wallen, z. B. in einer schönen Hymne des Thomas Aquinas. Königsfeld, lat. Hymnen 148. Daselbst heisst das Sakrament auch Speise der Engel. Jakob Böhme in seiner Aurora 6, 20, und Abendmahl 3, 2, sagt dagegen nur, wie Gott des Vaters Leib Wohnung der Engel, so sey des Sohnes Leib Wohnung der Menschen. In der heiligen Schrift selbst ist von einem „Abendmahle des grossen Gottes“ die Rede, zu welchem der Engel in der Sonne die Seligen einladet. Offenb. Joh. 19, 17. Dieses Abendmahl der Seligen in der Sonne scheint in Beziehung zu stehen zu dem Hochzeitsmahle aller Bräute Christi im Himmel.

In Bezug auf das Blut hat man die altgermanische Blutbruderschaft (geschlossen durch Mischung und gemeinschaftliches Trinken des eignen Blutes) auf das christliche Sakrament angewendet, und das letztere Blut des neuen Bundes genannt, kraft der im Abendmahle bewirkten Blutvermischung. Der heilige Bernhard aber nahm eine ebenfalls der deutschen Sitte entlehnte Belehnung der Christen mit dem Leibe und Blute ihres Herrn an, wodurch sie Vasallen des Himmels werden. Schröckh, Kirchengesch. 28, 53.

Die heilige Hildegard sah in einer Vision das Sakrament des Altars personificirt in einer schönen Frau, die sich mit Christo am Kreuze vermählt, umgeben von Engeln und fünf Klassen von Menschen, die das Abendmahl empfangen, von den reinsten und engelähnlichen herab bis zu den unreinsten, in denen die Physiognomie des Teufels und die Verwesung des Todes ausgedrückt ist.

Das einfachste Symbol für das Abendmahl ist der Kelch, über dem die Hostie schwebt. Mit zwei Fackeln verbunden, war es das Zeichen der Tempelherren.

 

Abendroth

 

Sinnbild des Martyrerblutes. Darauf bezieht sich die missa in aurora in der Weihnachtsfeier, so wie auch die unmittelbare Verbindung des ersten Martyrers Stephanus (26. Dezember) mit dem Christtage und mit dem Jahresschlusse. Die Abendröthe des Jahres verkündet im Martyrerblut den künftigen Aufgang und Sieg der christlichen Sonne. Daher auch im Evangelium des zweiten Weihnachtstages (Matth. 23, 35 .) die Hinweisung auf alle Martyrer von Abel an. Auch der Tag der unschuldigen Kinder (28. Dezember) gehört hieher und die Symbolik, die in jenen Kindern gleich vom Sturm gebrochene Rosen und in dem Blut der Martyrer überhaupt blühende Rosen sah, so wie hinwiederum die Vergleichung aller Martyrer mit Jungfrauen, wegen ihrer jungfräulichen Seelen. Vgl. Strauss, Kirchenjahr S. 111 f.

 

Abendstern

 

Ist, als der Stern, der immer nur tief am Himmel steht, wenn die Sonne eben untergegangen ist, und dessen Sichtbarwerden das Hereinbrechen der Nacht verkündet, in der christlichen Symbolik ausschliesslich das Sinnbild des Lucifer, welcher als der erstgeschaffene Engel Gott selber gleich seyn wollte, und zur Strafe aus dem Himmel gestossen wurde. Vgl. Gfrörer, Jahrhundert des Heils I. 392. Darauf bezieht sich auch der Ausruf: „Wie bist du vom Himmel gefallen, schöner Morgenstern!“ Jesaias 14, 12 .

In der muhamedanischen Legende wird der Abendstern mit dem Morgensterne identificirt, und während er als Führer der Sterne dem Abende angehört, werden ihm doch auch die Tugenden des Morgensterns zugeschrieben. Anahid, heisst es, war eine Perserin von so grosser Schönheit, dass zwei Engel, Aroth und Maroth, sich in sie verliebten und an sie das geheime Wort verriethen, durch das sie bisher immer den Rückweg von der Erde zum Himmel fanden. Sobald sie es aber verrathen hatten, vergassen sie es selbst und mussten auf der Erde bleiben, während die sterbliche Anahid zum Himmel aufstieg und der Abendstern wurde, als welcher sie mit der Lyra den Reigen der Sterne führt. Olearius, pers. Reise, 577. Wiener Jahrb. 1818. I. 99. v. Hammer, schöne Redekünste Persiens, 24. Dessen Rosenöl I. 4. – Im Namen Anahid klingt Henoch an, der lebendig gen Himmel fuhr und als aufgehender Morgenstern einen Gegensatz gegen den fallenden Abendstern Lucifer gebildet zu haben scheint.

In der spätern christlichen Vorstellungsweise steht dem Lucifer stets die Jungfrau Maria als der Morgenstern gegenüber.

 

Abraham

 

Hat auf Kirchenbildern als Stammvater der Juden die Gestalt eines kräftigen ältern Mannes, noch nicht greisenhaft, starkbärtig, unterscheidet sich aber von gleichfalls ältern und bärtigen Propheten und Aposteln dadurch, dass er in seinen Mienen weder den feurigen Geist eines Moses, noch die Heiligkeit eines Jakobus oder Paulus zeigt, sondern gemein menschlich erscheint, indem ihn auch die heilige Schrift als einen durchaus natürlichen Menschen, ja specifisch ordinären Juden schildert, dessen einzige Tugend Gottesfurcht war, und der überall nichts aus sich, Alles nur um dieser Gottesfurcht willen durch göttlichen Segen war. Im jüdischen Talmud, wie in den muhamedanischen Legenden ist er idealisirt und ist hier die schöne Naturwahrheit seiner biblischen Charakterschilderung verlassen. — Unter den Bildwerken an der goldnen Pforte zu Freiberg in Sachsen kommt Abraham mit einem sprossenden Stabe in der Hand vor, als ein Sinnbild seiner reichen Nachkommenschaft. In ihm wurzelt der Stammbaum des jüdischen Volkes, daher sich vornehmlich die Baumsymbolik an Abraham knüpft. So die Talmudfabel von einem Baume, den Abraham pflanzte, und dem er die Gabe mittheilte, immer nur Juden Schatten zu geben, aber die Zweige zurückzuziehen, sobald ein Heide oder Ungläubiger nahte (Eisenmenger, entdecktes Judenthum, I. 422.), und die christliche Fabel von der Cypresse, Fichte und Ceder, die Abraham gepflanzt haben soll und die zu einem Baume zusammenwuchsen, aus dem das Kreuz Christi gezimmert wurde. Gretser, de cruce.

Wie das Volk Gottes aus Abraham abstammt, so soll es auch zuletzt wieder in seinem Schoosee versammelt werden. Daher die Redensarten: in Abrahams Schooss kommen, so selig wie in Abrahams Schooss etc. Lucas 16, 23. Ein colossaler Abraham mit den Seligen im Schoosse kommt vor in den Strassburger Miniaturen des Herrad von Landsberg und auf der Kaiserdalmatika im Schatze des Vatican; Waagen, Kunst in Deutschland‚ II. 364; Kunstblatt, 1844. S. 111. Ein kleiner mit drei Seelen auf dem schönen Grabdenkmal einer Mutter mit ihren zwei Töchtern zu Chalons an der Marne. Didron, annales III. 283.

In Weils biblischen Legenden (S. 97) begegnet uns die seltsame Sage, wonach Abraham der erste Mensch gewesen seyn soll, welcher graues Haar bekam. Als man nämlich spottete, Isaak sey nicht der echte Sohn des alten Abraham, wurde Isaak durch Gott dem Abraham so ähnlich, dass man beide nicht mehr unterscheiden konnte, weshalb Gott dem Alten das Haar bleichte.

Das Opfer Abrahams hat mehrfache tiefe Bedeutung. Indem Abraham seinen einzigen Sohn Isaak auf Gottes Befehl zu opfern bereit war, spiegelt er vorbildlich die Opferung des Sohnes Gottes selber ab; daher die Opferung so oft auf altchristlichen Sarkophagen abgebildet wurde (Aringhi I. 305, 309, 317, 425 f.), um die Hoffnung auszudrücken, der Verstorbene sey durch Christum erlöst. Das Hauptgewicht aber liegt auf dem Gehorsam. Abraham wird zum Vorbild desselben für alle Menschen. Zugleich lernen wir daraus, das es mit Glauben allein nicht gethan ist, sondern dass der wahrhaft gottesfürchtige Mensch auch zu Werken bereit seyn muss. — Isaak trägt seinem Vater selbst das Holz nach, auf dem er geopfert werden soll. Das ist Vorbild der Kreuztragung.

Der Besuch der drei Engel bei Abraham gilt als Vorbild der Verkündigung; der Besuch des Abraham bei Melchisedek als Vorbild für Kaiser- und Papstthum.

Acht.

 

Diese Zahl war schon den Heiden heilig, als die erste cubische Zahl, gleichsam als das in sich ruhende Grundfeste die geeinte Ordnung, also auch die Weltordnung überhaupt bezeichnend. Dann auch als die höhere Einheit der sieben vorangegangenen Zahlen (die Erde mit den sieben Planeten). So nahmen auch die christlichen Gnostiker eine heilige Uracht (πρώτηὀγδοὰς) als Mutter der sieben höchsten Weltkräfte an. Vgl. Neander, gnostische Systeme 234. — Acht Seelen waren in der Arche Noä und achtfach ist nach späterer christliche Vorstellung die Seligkeit.

Wenn die ältesten byzantinischen Taufsteine, Tribunen, Baptisterien, Thürme, Kapellen und ganze Kirchen achtseitig waren, so kann man an eine gnostische Symbolik denken, die Vieles aus der heidnischen Mystik in’s Christenthum hinübernahm, oder an die achteckigen Thürme der alten Gallier. Vgl. Wiener Jahrbücher VI. 160. und Büsching, wöchent. Nachrichten III. 225. 287. Wahrscheinlicher ist aber, dass da Achteck nur die Kreuzform umschliesst, und eigentlich als ein Kreis aufzufassen ist, sofern das Kreuz im Kreise die Herrschaft des Christenthums in der Welt bezeichnet.

Das grösste Octogon dieser Art war die berühmte, später zerstörte Kirche zu Antiochia. Dieselbe Form hat die berühmte Kirche S. Vitale zu Ravenna und hatte auch die von Karl dem Grossen gebaute Kirche in Aachen. In der Mitte des Octogons war des Kaisers Grab. – Aus der byzantinischen Baukunst nahm die muhamedanische hauptsächlich hohe achteckige Thürme auf, die im Orient häufig und in grosser Zierlichkeit vorkommen; die gothische aber nahm das Octogon zunächst nur für den Chor auf. Die oft vorkommenden fünfseitigen Chornischen, z. B. an der Frauenkirche in Trier (auch an dem im Titurel beschriebenen Graaltempel), bilden nur fünf Seiten des Achtecks‚ indem drei nach vorn offen sind. Ferner legt die gothische Baukunst das Achteck der Säule oder dem Pfeiler zu Grunde, wenn auch in noch so vielfacher Versetzung. Heideloff, Bauhütte S. 15. Ueberhaupt wurde der sogenannte Achtort, ein aus zwei übereck gestellten Vierecken gebildeten Achteck, die Grundform, aus der die gothische Baukunst viele Constructionen in unendlicher Abwechslung entwickelt hat. – Derselben Symbolik gehört der auf alten Bildern immer achteckig gebildete Stern an, der den drei Weisen aus Morgenland leuchtet. Auch das Kreuz der Maltheserritter hat acht Spitzen. Vgl. von der Hagen, Reise II. 211.

 

Acker

 

Sinnbild 1) des Sündenfalls. Adam lebte vorher im Paradiese, nachher musste er im Schweisse seines Angesichts das harte Feld bestellen. Abel bewahrte die paradiesische Seite seines Vaters als Hirt, Kain als Ackerbauer nahm die böse Natur an. Nach Gen. 3, 17. wurde der Acker um Adams willen verflucht, weil er ohne Arbeit keine Frucht mehr gab. 2) des Weibes. Schon die Bibel vergleicht die Frauen mit fruchttragenden Aeckern. In den Traumbüchern bedeutet einen Acker sehen eine Frau bekommen. 3) der Seele, ebenfalls nach der Bibelsprache, sofern sie den Samen des göttlichen Wortes in sich aufnimmt und Früchte tragen lässt im Gegensatze gegen den steinigen Boden oder verfluchten Acker, der ihn nicht aufnimmt. 4) der Wiedergeburt. In diesem Sinne heissen die Kirchhöfe Gottesäcker. Die Todten harren unter der Erde ihrer Auferstehung, wie die Saat. 1 Korinth. 15, 42 .

Nach zwei berühmten biblischen Gleichnissen fällt 1) der Same des Wortes Gottes theils auf guten, theils auf steinigen und unfruchtbaren Boden, und säet 2) wie der Herr Weizen säet, der Teufel Unkraut. Matth. 13, 4. 25. Luk. 8, 11. Ein schönes Volkslied von Christo, als dem himmlischen Ackersmann, zum Trost des deutschen Bauersmanns im Paderborner Liederbuch Nr. 20.

 

Adam.

 

Der ersterschaffene Mensch erscheint in der Genesis als das Ebenbild Gottes, bestimmt zu ewigem Leben ohne Schmerz und Sorge. Auch die ihn umgebende paradiesische Natur war in tiefem Frieden, noch kein Thier feindete das andere an. Erst als Adam sündigte, verlor er das Paradies und fiel der Sorge, dem Schmerz, dem Tode anheim, sowie auch die Harmonie und der Friede in der äussern Natur aufhörten. Doch wurde ihm und seinen Nachkommen die Erlösung verheissen. Sie empfingen zuerst das Gesetz als Schranke und Regulator ihres freien Willens und endlich die Gnade durch die Niederkunft des Herrn. – Demgemäss hat die kirchliche Tradition und Lehre in Adam vor dem Falle den wahren natürlichen, mit sich selbst und der ihn umgebenden Natur in vollkommener Harmonie befindlichen Menschen erkannt, seinen Zustand nach dem Falle aber (der uns jetzt als der gewohnte und somit scheinbar natürliche erscheint) als einen Fall in die Unnatur bezeichnet.

Abweichend von der Kirche, stellten die jüdischen Kabbalist und christlichen Gnostiker den idealisirten Adam über die Schranken des Menschlichen hinaus, und machten ihn zum Träger pantheistischer Begriffe im sogenannten Adam-Kadmon, während umgekehrt Luther den Adam nach dem Falle zu tief herabwürdigte, ihn zu einem durch und durch verdorbenen Menschen machte, und ihm sogar den freien Willen zur Besserung absprach, alles Heil für ihn und seine Nachkommen der von aussen kommenden Gnade allein anheimstellend. Der Rationalismus des vorigen Jahrhunderts schwächte wieder den Begriff der Erbsünde, und stellte den Menschen als solchen wieder so hoch, dass nur noch Schwächen an ihm haften. Endlich leugneten die Naturforscher, dass es überhaupt ein erstes Menschenpaar gegeben habe, und nahmen deren so viel an, als es Menschenracen gibt.

Auf den ältesten Kirchenbildern sind Adam und Eva vor dem Falle noch insofern als Ebenbilder Gottes idealisirt, als sie (die nicht geboren, sondern geschaffen wurden) keinen Nabel haben und auch geschlechtslos erscheinen. Didron, manuel p. 78. Das Letztere scheint gerechtfertigt, sofern Jehovah der Eva erst nach dem Falle Kinder verhiess, und sofern Adam und Eva vor dem Falle zu einem ewigen Leben berufen waren. Die Geburt der Nachkommen und der Tod der Eltern setzen einander voraus. Im Paradiese war indess schon vorher den Thieren Fortpflanzung geboten.

Adams Erschaffung aus dem Erdenkloss ist nur selten und nur von naiven Anfängern in der Kunst gemalt werden. Gewöhnlich zeigen ihn die Kirchenbilder schon fertig. Michel Angelo hat in einem berühmten Bilde der sixtinischen Kapelle in Rom den Augenblick gewählt, in welchem der eben fertig gewordene Adam nur noch mit der Fingerspitze die Fingerspitze Gottes berührt, so dass alles grobe Formen aus Lehm vermieden und die Schöpfung nur wie eine elektrische Berührung erscheint.

Auf Bildern des Sündenfalls steht der Baum mit dem Apfel in der Mitte, um ihn windet sich die Schlange, Adam steht zur Rechten, Eva zur Linken; umher Thiere des Paradieses, die häufig von den Künstlern im symbolischen Sinne ausgewählt sind. Vgl. Heller, A. Dürer II. 2. 342. Gewöhnlich finden sich eitle, schlaue und lüsterne Thiere (Pfau, Papagei, Fuchs, Katze, Tiger etc.) auf Eva’s Seite; gutmüthige, dumme Thiere (Ochs, Kameel etc.) auf Adams Seite.

Gar seltsam ist eine plastische Darstellung des Sündenfalls in der alten Templerkirche zu Schöngrabern in Oesterreich. Der Baum spaltet sich hier, so wie er aus der Erde kommt, in zwei Stämme; Adam, an dessen Schulter sich ein Hund lehnt, ist ityphallisch, und statt der Schlange ist nur ein unförmliches Zerrbild mit grossem grinsenden Kopfe zugegen. Dieses Bild eröffnet eine Reihe anderer, in denen dieselben Figuren wiederkehren, und die den Kampf des guten und bösen Princips im Menschen auszudrücken scheinen. Doch sind die Allegorien dunkel und die Bilder selbst zum Theil durch Alter und Beschädigung undeutlich. Beschreibung der Gotteshäuser in Oesterreich und Bayern, 1821. II. 121.

Ein ityphallischer Adam kehrt öfter in den Bildern des Sündenfalls wieder, die in den Vorhallen der Kirchen gemalt wurden.

Die Vertreibung Adams und Eva’s aus dem Paradiese wurde ehmals mit den Büssern in den Kirchen wiederholt. Am Aschermittwoch zogen die Büsser barfuss im Sack in die Kirche, wurden hier mit Asche bestreut und über ihnen gebetet; dann aber wurden sie mit der Kreuzfahne aus der Kirche und erst am Gründonnerstag wieder eingelassen. Jamin, Gesch. der Kirchenfeste S. 101.

Zu Halberstadt war es ehmals Brauch, einen mit Lumpen bedeckten Mann, der sein Haupt verhüllt hatte, unter dem Namen Adam von Fastnacht bis Gründonnerstag im Namen der ganzen Stadt Busse thun, unstet umherirren, nur vom Almosen leben und endlich absolviren zu lassen. Flögel, Gesch. des Groteskkomischen 178.

Adam nach dem Falle als Vorbild der Büssenden. Die gemeinste Vorstellung ist Adam mit der Harke den Acker bauend, Eva spinnend. Im Halberstädter Dom hat der Tod Adam und Eva an einer Kette und der Teufel geigt dazu. Fiorillo II. 159. Tod und Teufel befinden sich auch hinter Adam auf einem Bilde in der Nürnberger Morizkapelle. Kugler, Gesch. der Malerei II. 136. – Nach einer alten Legende sollten Adam und Eva jedes abgesondert vierzig Tage lang im Flusse Jordan Busse thun und, wenn sie das aushielten, wieder in’s Paradies zurückkehren. Adam hielt treulich aus, aber Eva liess sich durch den Teufel in Engelsgestalt bereden, zu früh hinauszugehen, so dass sie abermals durch ihren Vorwitz das Heil verscherzte. Chronik des Rudolf von Hohenems.

Adam-Kadmon ist die Bezeichnung für den mit Christo identificirten Adam. Diese Vorstellung ist pantheistisch, ursprünglich indisch‚ dann in die sogenannte kabbalistische Weisheit der Juden eingedrungen und endlich auch von häretischen Christen adoptirt. Wie nach indischer Lehre in der Urzeit Brahma mit der Maja (seiner Einbildungskraft) die Welt zeugte, so ging nach der jüdischen Kabbala aus Gott unmittelbar Adam-Kadmon als Mannweib hervor, theilte sich aber in den männlichen Logos (Christus) und in die weibliche Sophia (Weisheit, heiliger Geist). Ferner gingen aus ihm hervor die zehn Sephiroth, welche Erzengel und höchste Weltkräfte, aber auch die Zonen des Raumes und insofern nur Glieder seines, des Adam-Kadmon, eignen Leibes sind, denn er ist die Einheit alles Geschaffenen, die Welt selbst. Gfrörer, Jahrhundert des Heils I. 332; dessen Kirchengesch. I. 121. v. Meyer, das Buch Jezirah 1830; dessen Blätter für höhere Wahrheit IV.

Noch phantastischer fassten die Manichäer das Bild auf. Mani lehrte, als Gott die Sonne erschaffen habe, um überall in der Welt himmlisches Licht und Segen zu verbreiten und die höllische Macht zu besiegen, seyen die Teufel in Zorn und Bitterkeit ergrimmt, und Saklas, der Oberste der Teufel, habe die Kinder aller andern Teufel gefressen, um sich mit ihren sämmtlichen Kräften zu stärken, und dann mit der Teufelin Nebrod ein Kind gezeugt, das alles Feuer der Hölle in sich vereinigen, zugleich aber auch alle noch in den Teufeln, als gefallenen Engeln vorhandene Keime des Lichts wie in einem Kerker in sich fassen sollte, um sie jeder sympathetischen Berührung mit dem himmlischen Lichte zu entziehen, ein aus der Tiefe geschöpftes Gegenbild der aus der Höhe geschöpften Sonne. Und dieses Teufelskind war der erste Mensch, Adam. Doch Gott sah vom Himmel herab und erkannte in dieser Zeugung des Teufels, durch welche die in den gefallenen Engeln zerstreuten Lichtkeime alle in ein neues Wesen hinübergeführt wurden, ein Mittel, eben diese Keime der Dämonenwelt zu entziehen und zum verwandten Lichte des Himmels zurückzuführen. Er wollte also nicht dulden, dass diese Keime künftig im Menschen wie in einem Kerker verschlossen würden, sondern ihnen einen Weg zum Himmel offen halten. Darum nahm er selbst auf magische Weise Theil an der Zeugung Adams und fügte, dass die Nebrod im Momente der Empfängniss in die Sonne sehen und in derselben das reine Urbild der menschlichen Gattung, die strahlende Schönheit Jesu Christi erblicken musste. Sein Abbild ging nun in ihr Kind über und Adam trug, obgleich von teuflischem Samen erzeugt, die Signatur des Gottmenschen, und das menschliche Geschlecht wurde dadurch fähig, sich über die teuflische Welt zu erheben und die in ihm aus der Hölle geretteten Lichtkeime zum Himmel zurückzuführen. Dies kann der Mensch aber nur, lehrte Mani, wenn er aller Sinnlichkeit gänzlich entsagt, daher auch die Fortpflanzung hemmt und das ganze in Sünde erzeugte Geschlecht möglichst bald aussterben macht.

Eine andere christliche Sekte, die der Gnostiker, die sich wieder in mehrere Sekten theilte, versenkte sich in nicht minder staunenswürdige Phantasien.

Die Valentinianer lehrten: Gott schuf dreissig Aeonen oder Urgeister, je einen männlichen und einen Weiblichen. Aber nur der erste männliche Aeon, Nus, hatte volle Einsicht in die ewigen Dinge. Darüber wurde der letzte weibliche Aeon, Sophia, neidig, trennte sich von den andern, suchte in der Finsterniss ausserhalb des Himmels unruhig umher und gebar die Achamoth, welches eben der in ihr wohnende Geist der Unruhe und Finsterniss selbst war. Dieses dunkle Wesen trachtete nach dem Lichte und Gott schuf ein neues vollkommen reines Lichtwesen, Christus, der sich der Aechamoth erbarmte und mit ihr den Demiurg, den Schöpfer der irdischen Natur, erzeugte. Dieser schuf in seiner neuen Welt auch den Adam, aber weder Schöpfer noch Geschöpf waren so vollkommen, dass sie nicht abermals der Nachhülfe bedurft hätten, die ihnen durch die zweite Erscheinung Christi als Jesus auf Erden wurde.

Die Ophiten lehrten: Gott Vater und der heilige Geist (als Göttin) zeugten einen Sohn und eine Tochter, Christum und die Sophia-Achamoth. Die letztere verirrte sich aus dem Himmel, indem sie nach Unabhängigkeit trachtete, und gebar den Jaldabaoth oder Demiurg, schämte sich aber nachher, wollte zum Himmel zurück, konnte nicht mehr und blieb als Aether zwischen Himmel und Erde in der Mitte. Unterdess erschuf der Demiurg den Menschen Adam nach seinem Bilde. Die Sophia aber erbarmte sich Adams und gab ihm ohne ihres Sohnes Wissen etwas von ihrer himmlischen Lichtnatur. Dadurch erhob sich Adam über den Demiurg. Dieser aber ergrimmte, dass das Geschöpf mehr seyn sollte als der Schöpfer, blickte in die Tiefe der Finsterniss unter der Erde, spiegelte seinen Zorn und Hass darin ab, und dieses Bild des Hasses wurde ein selbstständiges Wesen, Satan. Der Teufel rieth nun dem Demiurg, was er zu thun habe, damit Adam dem Einfluss der Sophia entzogen werde. Sie schufen die Eva, hielten sie ihm als lockendes Bild vor und sperrten sie zusammen in’s Paradies ein. Aber Sophia schickte die Schlange (ein heilbringendes, daher von den Ophiten als Symbol des guten Geistes verehrtes Wesen), welche die ersten Menschen lehrte, vom Baume der Erkenntniss zu essen. Dadurch wurden sie abermals des himmlischen Lichts theilhaftig, aber vom zornigen Demiurg aus dem Paradiese verstossen‚ und mit des Satans Hülfe in so viel Trübsal und neue Verlockung gestürzt, dass nur die Wiederkunft Christi auf die Erde sie wieder erlösen konnte. Neander, gnost. Systeme S. 262.

Unter den abweichenden Lehren anderer Gnostiker zeichnet sich noch eine durch eine eigenthümliche Vorstellung aus (Neander S. 216): Gott schuf zwei Söhne, den Demiurg, der die irdische Welt formte, und den Adam, der das Werk seines Bruders durchforschen wollte, in der Natur aber wie in einem Spiegel sein eigenes Bild erblickte, und sich (gleich dem Narcissus) so sehr darein verliebte, dass er ganz in dasselbe überging, und sein himmlisches Wesen mit dem irdischen vertauschte.

Die idealistische Auffassung, die in Christo einseitig die göttliche Natur hervorzuheben liebte, fiel nicht selten in die pantheistische Erklärung zurück. Der Satz: „Das Wort ist Fleisch geworden,“ wurde nicht blos auf die Menschwerdung des Logos gedeutet, sondern man rechtfertigte auch damit die Identificirung der ganzen Schöpfung und sichtbaren Welt mit Gott dem Sohne, indem man sagte, aus Gott dem Vater sey ausgegangen der Sohn, ursprünglich nur als Wort, das aber zu Fleisch, d. h. zu Materie, zur sicht- und greifbaren Welt geworden sey. Um sich den Ausgang der Schöpfung aus Gott und die Rückkehr in ihn zu erklären, meinte Scotus Erigena, die ursprüngliche Einheit im Schöpfer sey durch Adams, des ersten Geschöpfes, Sünde zur Vielheit entartet, und Christus habe kommen müssen, um den Adam, wie er vor der Sünde war, herzustellen, und dadurch auch die Vielheit wieder zur Einheit zurückzuführen. Baur, Dreienigkeit II. 324. Auch schon Johannes Damascenus, de fide orthod. III. 18. 241 , behauptete, Christus habe als das Urbild Gottes das in Adam entstellte Ebenbild desselben erlösen müssen, und in diesem Sinne sey Christus nicht ein besonderes menschliches Individuum gewesen, sondern habe das Wesen der ganzen Menschheit an sich genommen, wie auch schon in Adam die ganze Menschheit concentrirt gewesen sey. Vgl. Dorner, die Person Christi S. 115.

Adam als Mikrokosmus, als kürzester Auszug der sichtbaren Natur, folgt aus obigen pantheistischen Vorstellungen. In der Kabbala erscheinen die Zonen des Raums als Glieder des Adam-Kadmon. So dachten die Inder sich die Welt den Gliedercomplex des Brahma; so die Skandinavier als den auseinander gefallenen Riesen Ymer. Die Herleitung des Staubes oder Thons, aus dem Adam geformt wurde, aus allen Elementen, als ein Auszug der ganzen Natur und Mikrokosmus (ganz so wie in der indischen Lehre) kommt auch in der deutschen Volkssage öfter vor. Nach einer altfriesischen Sage nahm Gott zu den Knochen, aus denen er den Adam machte, Steine, zum Fleische Erde, zum Blut Wasser, zum Herzen Wind (!), zum Hirn Gewölk, zum Schweisse Thau, zum Haare Gras, zum Auge die Sonne. Haupt, Zeitschrift für deutsches Alterthum 1841. I. S. 1. Vgl. Richthofen, altfriesische Rechtsquellen 211. Grimm, deutsche Mythologie (2te Ausg.) S. 531, wo aus einem altenglischen Rituale dasselbe beigebracht wird. Die Zusammensetzung Adams aus acht Theilen der Natur kommt auch in einer Pariser Handschrift vor. Paulin, mss. fr. 4. 207.

Insbesondere werden alle Menschenracen von Adam hergeleitet, mit Bezugnahme auf seine mikrokosmische Bedeutung. So soll nach der muhamedanischen Auffassung (bei Herbelot) der Todesengel Azrael den Staub geliefert haben, aus dem Gott den Adam formte, und dieser Staub war aus den vier Weltgegenden und hatte viererlei Farben, welche in die Menschenracen übergingen. Die Juden aber fabelten, Adam habe in allen sieben Zonen der Erde Kinder gezeugt und in jeder eine andere Menschenrace, nicht zu vergessen auch die Riesen, Zwerge und Dämonen. Eisenmenger, entdecktes Judenthum I. 459.

Ziemlich beliebt war auch die Vorstellung, nach welcher die Racen, oder alle die verschiedenen Stände der Menschen, ihren Ursprung einer mütterlichen Scham und Eitelkeit der Eva verdanken sollen. Als Gott sie einmal besuchte, schämte sie sich, schon so viele Kinder zu haben, und versteckte die hässlichen. Nun begabte Gott die schönen, die er sah, und für die versteckten blieb nichts übrig, als die schwarze Farbe des dunklen Volkes und die Armuth oder das Verbrechen, die sich verbergen müssen. Hans Sachs, Werke 1560. II. 4. 83. Grimm, Hausmärchen, 5te Aufl. Nr. 180. Eine isländische Sage in Keightley, Feen I. 263. — Auch diejenigen Neger, die schon mit dem Islam und der Bibel bekannt sind, glauben noch an die doppelte Entstehung der weissen und schwarzen Race, und fabeln, Hauve (Eva) habe zu viele und darunter dunklergefärbte Kinder geboren, was ihr Gott vorgeworfen; darauf habe sie sich aber dennoch vom Manne nicht enthalten können, sondern abermals und wiederum dunklere Kinder geboren, und dieselben aus Scham vor Gott in einen Ofen verborgen, in diesem aber seyen sie vollends ganz schwarz geworden und geblieben. Pallme, Kordofan S. 1114.

Adams kirchlich anerkannte Beziehungen auf Christus haben eine reiche Symbolik hervorgerufen. Mit Adam kam die Sünde und der Tod in die Welt, Christus brachte von beiden die Heilung. In Adam sterben, in Christo leben wir alle, 1. Korinth. 15, 22. In diesem Sinne gilt der Kirche Christus als der „neue Adam“, der wieder in’s Paradies zurückführt, aus dem der erste herausgeführt hat. Daher auch in jedem Menschen wieder der Gegensatz des alten Adam (des sündigen Fleisches) und des neuen in Christo wiedergebornen Menschen. Uebrigens wird in der echten christlichen Symbolik Adam mit Christo immer contrastirt und nur in den Häresien identificirt.

Sehr alt und von den Kirchenvätern selbst, namentlich vom heiligen Hieronymus, beglaubigt ist die Sage, dass Adam auf Golgatha begraben wurde, da wo Christus den Tod litt. Ueber die mehrern Gräber, die dem Adam zugewiesen werden, vgl. Paullini, erbaul. Lust S. 1008. Die Muhamedaner glauben, Sems Sohn Melchisedek habe Adams Leiche mit in die Arche Noä genommen und später auf Golgatha begraben. Herbelot, bibl. Orient, s. v. Cods. Hier habe man später noch den Schädel Adams gefunden, daher den Ort Schädelstätte genannt. In der Pariser Bibliothek befindet sich ein Manuscript, welches ein Gespräch Christi mit dem Todtenschädel des Adam enthält. Herbelot, s. v. Cranion. Es ist wunderbar, sagt auch Epiphanius im Panarion 46, dass Christus grade an derselben Stelle gekreuzigt wurde, an der Adam begraben worden ist, und dass Christi Blut auf das Grab des ersten Menschen floss, um sowohl ihm als seiner ganzen Nachkommenschaft die Hoffnung des ewigen Lebens zu erwirken. Aehnlich drückt sich der heilige Ambrosius ad Luc. 23. aus. Daher auch der Glaube, hier auf Golgatha sey der Mittelpunkt der Erde. Auf alten Bildern fängt zuweilen Adam das aus der Seitenwunde des Gekreuzigten spritzende Blut auf. Waagen, Kunst in Deutschland I. 56. Rathgeber, Gothaer Mus. 130. Alt, Heiligenbilder S. 128. Als der Heiland sterbend das Haupt neigte, fiel sein letzter Blick auf den Todtenschädel Adams, ein im Judas des P. Abraham a St. Clara (I. 455. und H. 145.) schön ausgeführter Gedanke. Auf einem Glasfenster der Kathedrale zu Beauvais steht, durch Christi Blut geweckt, der unter dem Kreuze begrabene Adam auf und bewundert anbetend den eben verscheidenden Heiland. Didron, manuel p. 197.

Zu Valencia befindet sich ein wunderbares Bild der Kreuzigung von einem unbekannten spanischen Meister. Unterhalb des Golgatha mit seinen drei Kreuzen sitzt die heilige Jungfrau, das Schwert im Herzen, einsam da und hält mit der Rechten auf ihrem Schoosse einen Todtenschädel, unendlichen Schmerz im Gesichte. Es ist Nacht, nur von ferne dämmert Morgenroth. Kunstblatt 1823. S. 35. Der Berichterstatter sagt kein Wort über den Schädel, der hier höchst übel angebracht scheint, da die göttliche Mutter nicht um irgend einen fremden Schädel trauern oder in allgemeine Todesbetrachtungen beim Anblicke eines Schädels versinken kann, sondern nur ihres Sohnes gedenkt. Allein der Schädel auf dem Schoosse Marias erhält eine ganz andere Bedeutung, wenn man annimmt, wie es auch nicht anders angenommen werden kann, es sey der Schädel Adams. Maria scheint ihn zu ihrem Troste aufgenommen zu haben, wenn ihr gleich das Wehe, welches sie, um Adams Schuld zu sühnen, leiden muss, wie ein Schwert durch die Seele geht.

In Calderons Auto: „Der Maler seiner Schande,“ malt Gott den Menschen als sein Ebenbild. Der Teufel aber nimmt sich vor, dieses Bild so zu verunreinigen, dass Gott nur seine eigene Schande gemalt haben soll. Es gelingt, und der Teufel ist im Begriffe, den Menschen aus der Welt hinweg in seine Hölle abzuführen. Da klagt die Welt bitterlich, dass sie den Menschen verlieren soll, und bittet den Maler, ihr ein Bild des Menschen zu malen, mit dem sie sich in ihrer Einsamkeit trösten könne. Da kommt Gott als Maler und mit Christum am Kreuz und versetzt sich selber in dieses Bild, und besiegt vom Kreuz aus den Teufel, dass er niedergeschmettert daliegt, während der Mensch erlöst wird. Derselbe schöne Gedanke erscheint wieder anders gewendet in desselben Dichters Auto: „La vida es suenno