Christliche Symbolik, Band 2 - Wolfgang Menzel - E-Book

Christliche Symbolik, Band 2 E-Book

Wolfgang Menzel

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Beschreibung

Das vorliegende Werk, hier Band zwei von zwei mit dem zweiten Teil des Alphabets, unterscheidet sich von anderen Ikonologien durch bei weitem grössere Vollständigkeit, indem es sich nicht darauf beschränkt, konventionelle Attribute der Heiligen aufzuzeichnen, sondern den tieferen Grund und inneren Zusammenhang in der gesamten christlichen Bildersprache nachweist. Es erläutert alle Sinnbilder in der Heiligen Schrift, in Dogma und Kultus, in der Legende, in der Baukunst, Skulptur, Malerei und Poesie der Kirche. Die Kenntnis dieser Dinge ist so sehr verdunkelt, dass selbst viele Priester die alten Bilder in ihren eigenen Kirchen nicht mehr verstehen, und dass gerade die schönsten und geistreichsten Abhandlungen und Homilien der Kirchenväter und Mystiker, welche bildliche Auslegungen enthalten und Hauptquelle der kirchlichen Symbolik sind, zu den vergessensten Dingen im ganzen Bereich des menschlichen Wissens gehören.

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Christliche Symbolik

 

Band 2

 

WOLFGANG MENZEL

 

 

 

 

 

 

Christliche Symbolik, Band 2, W. Menzel

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849661700

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

INHALT:

L.1

M... 35

N... 109

O... 119

P. 131

Q... 180

R.. 182

S. 213

T.. 312

U.. 368

V.. 369

W... 380

Y.. 408

Z.. 409

 

 

L.

 

Labyrinth.

 

Sinnbild der Welt mit ihren Irrgängen und Verführungen. Picinelli, mundus symb. II. 66. Die Seele irrt durch das Labyrinth der Welt, wird aber von Christo an einem langen Faden aus der Ferne geleitet. Herm. Hugo, pia desideria, Antv. 1624. p. 135. Die sogenannten Labyrinthe in den Kirchen sind (wie die Irrgänge in Gärten) künstlich verschlungene Lineamente für die Bittgänge, zu dem Zweck angelegt, auch in engem Raume einen längeren Weg durchmessen zu können. Kreuser, Kirchenbau I. 146.

 

Lamech.

 

Derjenige Nachkomme Kains, von welchem nach Gen. 4, 18 f. alle heidnischen Culturvölker im Gegensatz gegen das fromme Hirtengeschlecht Seths abstammen. Dieser Gegensatz der Völker vor der Sündfluth ist Vorbild des nachsündfluthlichen. Lamech macht sich auf zweierlei Weise bemerklich, einmal dadurch, dass er zwei Weiber nimmt. Somit stellt er sich an die Spitze aller der Völker, die sich der Vielweiberei ergeben und insofern auch grösserer Corruption ausgesetzt sind. In der ganzen Reihe der Patriarchen von Seth bis Noah kommt kein ähnlicher Fall vor. Nur Kains Geschlecht treibt Vielweiberei. Lamech gilt ferner wegen Gen. 4, 23. und 24. als der Erfinder des Schwertes und, sofern er in diesen Versen das Schwert besang, als der erste Dichter. Hier treten also Krieg und Dichtkunst als neue Momente der Cultur hervor, die sich in Kains ackerbauendem Geschlecht entwickelt, während Seths Geschlecht der frommen Hirteneinfalt treu bleibt. Der Sinn obiger Verse ist: Lamech ist von einem Jüngling beleidigt worden und hat ihn mit dem Schwert erschlagen, und freut sich, dass, wie schon Kain die ihm von Abel widerfahrene Beleidigung gerächt, er mit noch schärferer Waffe die ihm widerfahrene bestraft hat. Die Lust des Schwerts, die Lust der Rache ist es, was jenes erste Lied auf Erden preist. Vgl. Herder, zur Theol. VII. 195. Lamech zeugt sofort mit seinen beiden Weibern den Jabal, der die ersten Hütten baut, den Jubal, der das Geigen und Pfeifen erfindet, und den Tubalkain, der in Erz und Eisen Meister ist; also lauter Repräsentanten der höheren Cultur und im Gegensatz gegen Seths einfaches Hirtengeschlecht. Das ist derselbe Gegensatz, der noch lange nach der Fluth abermals hervortritt zwischen den gebildeten Aegyptern, Phöniziern, Syriern und Babyloniern einer-, und den israelitischen Hirten andrerseits.

Buttmann hat sich in seinem Mythologus I. 164. viel Mühe gegeben, in dem Jubal den Apollo, im Tubalkain den Vulkan und die erzkundigen Telchinen (die griechischen Berggnomen) wieder zu erkennen, indem er meint, die Genesis sey sehr spät abgefasst, in einer Zeit, wo die Juden schon den Apollo und Vulkan kannten. Eine willkührliche Wortspielerei. Kains kunstreiches Geschlecht bedeutet die ganze Cultur der alten Welt und ihre Corruption in einem gedrängten und doch erschöpfenden Vorbilde. Gegenüber der so grossen Bedeutung sind jene Namenanklänge etwas ganz Gleichgültiges.

Mit dieser Symbolik steht eine andere im Widerspruch. Das Speculum hum. salvat. 20. fig. 2. macht den Lamech, sofern er von seinen beiden Weibern gegeisselt wird, zum Vorbilde der Geisselung des Heilandes, indem das eine Weib das Judenthum, das andere das Heidenthum bedeuten soll. Doch kommt in der Bibel selbst von dieser Geisselung Lamechs nichts vor, und nur Comestors hist, scholast. 28. erwähnt einer schlechten Behandlung Lamechs durch seine Weiber. Vgl. Piper, Myth. I. 150.

 

Lamm

 

Sinnbild des Heilandes als das stumme Opferlamm, Jesaias 53, 7. Als das Lamm, das der Welt Sünde trägt. Joh. 1, 29. Offenb. Joh. 5, 6. Christus opferte sich für die Menschheit und verglich bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls seinen Leib und sein Blut mit dem des Osterlammes, welches vorher zu derselben Osterzeit die Juden zu schlachten und zu essen pflegten. Vgl. 1. Kor. 5, 7. 1. Petri 1, 19. Ueber dieses Osterlamm der Juden kann man vergleichen, Bochart (hier. I. 551.) darüber zusammengetragen hat. Das Osterlamm der Juden hat eine symbolische Beziehung zu dem Widderzeichen am Himmel um die Tag- und Nachtgleiche des Frühlings und stimmt mit Lammopfern überein, die auch die Heiden darbrachten. Gleichwohl ist Sinn und Bedeutung des christlichen Lammsymbols himmelweit verschieden vom jüdischen und heidnischen. In Griechenland werden noch jetzt zu Ostern Lämmer gegessen.

Ausland 1841. Nr. 9. Die förmliche Anbetung des Lammes wurde als eine zu heidnische und zweideutige Sitte im 7ten Jahrhundert von der Kirche untersagt. Augusti, Denkw. XII. 364.

In der Offenbarung Johannis 21, 23. wird Christus als Lamm zugleich identificirt mit dem reinsten Lichtquell, mit der Sonne der Geisterwelt; denn es heisst hier vom neuen Jerusalem, daselbst werde keine Sonne mehr scheinen, sondern der Seligen Leuchte werde allein das Lamm seyn.

Sofern das Lamm in der Offenbarung Johannis 5, 6. am Weltende als der höchste Weltrichter thront, trägt es sieben Hörner, welches sind sieben Geister Gottes. Das ist in christlicher Anwendung das himmlische Widderzeichen, welches nach dem langen Winter des Erdenlebens endlich den ewigen Frühling bringt. Die männliche Natur und die Hörner (Sinnbild der Stärke) kommen dem allmächtigen Richter über die Lebendigen und Todten zu. Dennoch ist der gewaltige Widder immer nur das sanfte Opferlamm, und der Grundgedanke bleibt, dass der Richter zugleich das Opfer und als Opfer der Erlöser ist. Das Lamm öffnet das Buch der sieben Siegel und wird vom ganzen Himmel angebetet. Das grossartigste Bild dieser Anbetung des Lammes durch die himmlischen Heerschaaren und Chöre der Heiligen ist das auf dem berühmten Genter Altar. In der Jesuitenkirche zu Rom befindet sich ein Bild, auf welchem nicht nur der Himmel, sondern auch die Hölle an dieser Anbetung Theil nimmt. Das Lamm nur von Engeln allein angebetet, malte Coyper. Vier Engel um das Lamm auf einem alten Schnitzwerk in St. Gallen, Didron, icon. p. 330.

Widder und Lamm tragen, wenn sie den Heiland bedeuten, immer den Kreuznimbus der nur den drei Personen der Dreieinigkeit zukommt. Didron, man. 46. man. 245. Zuweilen trägt das Lamm (statt der Widderhörner) auf dem Kopfe ein Kreuz. Aringhi, Roma sott. I. 295. 425. Bosio, p. 335. Oder die heilige Namenschiffre Christi , das I. 293.

Mit dem rechten Vorderfusse pflegt das Lamm Gottes einen langen Kreuzstab zu tragen, Aringhi II. 295. Didron, icon. 46. Twining, symb. pl. 9. Noch öfter hängt an diesem Stabe eine Fahne, das ist dieselbe Siegesfahne, die Christus in den Auferstehungsbildern zu tragen pflegt. Twining, pl. 10. Didron, ic. 332. Ausnahmsweise trägt der Widder einen Krummstab (Hirtenstab), Aringhi I. 557.

Oefters steht das Lamm Gottes auf einem Felsen, aus dem vier Flüsse strömen (die vier Evangelien). Didron, ic. p. 68. 327. 333. Bosio, Roma sott. 63.

Das Lamm hat einen Kelch vor sich, Twining, pl. 10. Auf neuern Bildern fliesst oft aus einer Brustwunde des Lammes Blut in den Kelch.

Das Lamm und ein Löwe halten einen Altar. Twining, pl. 12. Der Löwe ist ein Sinnbild des Heilandes, wie das Lamm, und bedeutet die Allmacht, wie jenes die göttliche Liebe; doch kommt in einer Hymne des Prudentius bei Fortlage, christl. Gesänge 34., das Lamm auch als Ueberwinder des reissenden Löwen (der Welt) vor.

In einem Lorbeerkranz steht das Lamm (als ein Zeichen des Sieges). Twining, pl. 9.

Auf den ältesten christlichen Grabdenkmalen der Katakomben steht öfters das Lamm Gottes unter zwölf andern Lämmern (den Aposteln). Aringhi I. 307. Twining, pl. 53. Auch einmal nur unter sechs Lämmern, Bosio 63. Der Hirt unter den zwölf Lämmern, Didron, ic. 335. Twining, pl. 53. Die zwölf Lämmer allein mit verschiedenen Symbolen, Aringhi I. 277.

Weil nach Joh. 1, 29. 36. Johannes der Täufer auf Jesum hinwies: “Siehe, das ist das Lamm Gottes!“ wird er sehr oft mit dem Lamme zugleich abgebildet. Das Lamm muss dann immer durch Nimbus oder Kreuz und Fahne als das göttliche erkennbar seyn. Die neueren Bilder, auf denen das Kind Johannes nur mit einem gewöhnlichen Lamme spielt, lassen die Bedeutung des letzteren in Zweifel. Noch weniger sind die modernen Nebeneinanderstellungen des Christkindes mit einem Lamme, mit dem es spielt oder auf dem es reitet, zu rechtfertigen. In der alten Kirchenmalerei wurde das Lamm nie neben Christus gestellt, sondern man findet entweder das Lamm oder den Gottmenschen allein. Zu der modernen Spielerei gehören auch viele Herrnhuterlieder, in denen die Liebe zum Lamm allzu kindisch wird.

Als Spielerei darf auch eine alte Sculptur des 4ten Jahrhunderts angesehen werden, in welcher Scenen aus dem alten Testament durch lauter Lämmer gespielt werden. Moses als Lamm öffnet den Felsen, empfängt das Gesetz etc.; Christus als Lamm wird von Johannes, der auch ein Lamm ist, getauft etc. Didron, ic. 337. Sinniger ist, was die heilige Hildegard auf die scholastische Frage: von welchem Thier die Felle waren, die Gott den ersten Menschen als Kleider gab? antwortete. “Vom Lamm,“ erwiederte sie, das sich zuerst opferte. Nieremberg, hist. nat. 66.

Alle Gerechtfertigten und Seligen werden als Lämmer oder Schafe bezeichnet und ausdrücklich von den Böcken, als den Bösen und Verdammten, unterschieden. Matth. 25, 32. Auch herrschte der Glaube, der Teufel könne die Gestalten aller Thiere annehmen, nur nicht die des Lammes. Majoli, dier, canic. 1691. p. 406. Deshalb schreibt die Legende auch den natürlichen Lämmern eine gewisse Pietät zu. Das Bisthum Lavant wurde da gegründet, wo Schafe im Walde ein Muttergottesbild gefunden und andächtig umkniet hatten. Staffler, Tirol II. 461. Der heilige Franciscus hatte ein Lamm um sich, das immer vor der Hostie niederfiel. Der heilige Sentius bewirkte, dass der Wolf das Lamm, das er schon im Rachen hatte, friedlich zu ihm brachte. Acta ss. 25. Mai.

Ein Lamm ist Attribut der heiligen Hirtin Genoveva. Ein Lamm auch der heiligen Agnes (s. diesen Artikel).

Das Lamm bildet einen sinnbildlichen Gegensatz zum Schwein. Während es gewürdigt wurde, Sinnbild Gottes selbst zu werden, ist das Schwein dasjenige Thier, in welches der Teufel am liebsten fährt. Dem entspricht auch der alte Volksglaube, der noch jetzt überall herrscht, dass es etwas Gutes bedeute, wenn man Schafen begegne, etwas Böses aber, wenn Schweinen.

 

Lampe

 

Sinnbild der Wachsamkeit. Die fünf klugen Jungfrauen warten auf den Herrn, bleiben wach, halten ihre Lampen mit Oel gefüllt und brennend, daher sie der Herr bei seiner Ankunft um Mitternacht zu sich nimmt und hinter ihnen die Thüre schliesst, die nun die fünf andern, thörichten Jungfrauen im Finstern nicht mehr öffnen können, weil sie das Oel verschüttet und das Licht haben ausgehen lassen.

Mit Bezug hierauf brennt in jeder katholischen Kirche, in welcher das Sanctissimum im Tabernakel aufbewahrt ist, eine “ewige Lampe“, die auch an das ewige, von Jungfrauen gehütete Feuer der Vesta im alten Rom erinnert. Die Jungfräulichkeit steht auch in den Legenden in genauer Beziehung zum unzerstörlichen Licht. Vergebens blies der Teufel mit vollen Backen, um die Lampe der heiligen Genoveva von Paris auszulöschen, ihre Jungfräulichkeit schützte das Licht. Dasselbe wird von St. Gudula ausgesagt. Auch die Lampe am Grabe des Apostels Thomas brannte im heftigsten Winde und auch ohne Oel. Paullini, Luststunden S. 329. Dasselbe gilt von Lampen des St. Tozzo, des St. Adelelmus, Acta Ss. II. 55. 1058; von einer Lampe zu St. Michael de camissa bei Grenoble. Gervas. Tilber. III. 9. Eine ewige Lampe über dem h. Gregor brannte ohne Oel im Wasser. Binterim, Denkw. IV. 1. 121. Vgl. das Leben des h. Constantinus zum 23. September, dessen Lampe auch mit Wasser, statt mit Oel brannte.

Derselben Symbolik gehört der Sonnenstrahl an, der unverrückt und unverletzt durch Glas bricht, als Sinnbild der unbefleckten Empfängniss.

 

Lanze.

 

Die Lanze, womit Christus am Kreuz in die Seite gestochen wurde, war als Reliquie besonders dem kriegerischen Volke der Deutschen heilig, zu dessen Reichskleinodien sie gehörte. Otto Fris. chron. VI. 18. Obgleich von einem Feinde Christi geführt, diente diese Lanze doch dem grossen Erlösungswerke, und indem sie den heiligen Leib auf brach, öffnete sie der Welt die Fülle der Gnade. Daher sie in einer altlateinischen Hymne angerufen wird: Dulcis hasta. Zabuesnig I. 48. Der die Lanze führte, war nach der Legende St. Longinus, ein römischer Centurio, der sich am Kreuze Christi bekehrte und als Martyrer enthauptet wurde, 15. März. Man hat den Namen von der langen Lanze selbst entlehnt. Vgl. Hofmann, Apokr. 380.

Die Lanze ist Attribut vieler Heiligen, weil sie mit einer solchen durchbohrt wurden. So die Apostel Matthäus, Matthias und Thomas, St. Aurea, Canut, Coronatus, Demetrius, Donatian, Emmeran, Eulogius, Euphemia, Gengulph, Lambert, Johannes de Goto.

Christus mit drei Lanzen in der Hand, eine sehr eigenthümliche Vorstellung auf einem Bilde des Fiesole (Kugler, Berliner Museum S. 21.), bezieht sich auf die Legende, nach welcher Christus einmal die Erde wegen der drei Hauptlaster: Hoffahrt, Wollust und Geiz, mit jenen Speeren vertilgen wollte, aber durch die Fürbitte der heiligen Jungfrau zur Schonung bewogen wurde, indem sie ihm den heiligen Dominicuss und den heiligen Franciscus als Helden darstellte, die fähig seyen, die Erde von jenen Lastern zu befreien.

In einer schönen Legende der Kaiserchronik wird erzählt, wie eine Schaar tapferer Jungfrauen im Kampf gegen die Heiden in Spanien den Tod des grossen Roland gerächt haben, und wie dann alle ihre in den Boden gesteckten Lanzen in Blätter und Blüthen ausgeschlagen seyen.

Im Titurel und Parcifal spielt die ewig blühende Lanze des Amfortas eine grosse Rolle; doch ist dieses Symbol der Templeisen wohl nicht christlichen Ursprungs.

Eine räthselhafte Symbolik liegt in der Verbindung der Lanze mit der Trennung zweier Verlobten. S. Gallicanus, ein vornehmer Römer, sollte die Tochter Kaiser Constantins des Grossen heirathen dürfen, wenn er die Feinde, die schon drei grosse Siege gewonnen, zurückschlagen würde. Es gelang ihm mit Hülfe eines Engels, der ihm eine himmlische Lanze reichte. Nun widmete er sich aber zum Danke auch dem Himmel allein, holte seine kaiserliche Braut nicht ab, sondern schenkte allen seinen Sklaven die Freiheit, gab alle seine Güter auf und diente den Kranken in einem Spital, bis er unter Kaiser Julian den Martyrertod erlitt. 26. Juni. Lat. Schauspiel von der Nonne Roswitha. Dem entspricht noch eine andere Legende. St. Poppo, in Flandern gebürtig und Ritter, zog mit ins heilige Land, wollte dann, heimgekehrt, heirathen, sah aber in der Hochzeitnacht eine himmlische Erscheinung, die ihn davon abbrachte, und wurde Mönch und Abt zu Stablo, im 11. Jahrhundert. 25. Jan. Einst im Felde glänzte seine Lanze wie ein Licht und diente ihm statt der Fackel. Acta SS. II. 640.

 

Laster.

 

Nach altem kirchlichen Herkommen wird das unermessliche Heer der Laster auf sieben Hauptlaster reduzirt, die den sieben Haupttugenden und Gaben des heiligen Geistes gegenüberstehen. Sie sind: ira, superbia, gula, invidia, venus, avaritia, pigritia. Doch kommen auch Abweichungen in der Reihenfolge und in den Namen vor. In einem altdeutschen Gedicht bei Graff, Diutiska I. 292 f. heissen sie: vrasheit, unkusche, gritekeit, zorn, nit, tracheit, hoffart. Giotto malte sieben Tugenden und sieben Laster; die erstern: Hoffnung, Liebe, Glaube, Gerechtigkeit, Mässigkeit, Festigkeit, Klugheit die letztern: Verzweiflung, Neid, Unglaube, Ungerechtigkeit, Zorn, Unbeständigkeit, Dummheit. Vgl. Kunstblatt 1837. Nr. 63. 92. Auf dem Regensburger Teppich sind es: Demuth, Freigebigkeit, Keuschheit, Geduld, Mässigkeit, Festigkeit, Liebe – Hoffahrt, Geiz, Wollust, Zorn, Gefrässigkeit, Unstetigkeit, Hass. Das. 1846. S. 166. Vgl. Mone, Schauspiele des Mittelalters I. 326 f.

Auf diesem berühmten Teppich haben die Laster Thiergestalten unter sich, deren Charakter ihrem Wesen entspricht und auf denen sie reiten. Der Stolz sitzt auf einem Rosse, der Zorn auf einem Eber, die Unkeuschheit auf einem Bären, die Unstetigkeit auf dem Esel, die Gefrässigkeit auf dem Fuchs, der Geiz auf dem Wolf, der Hass auf dem Drachen. Doch kommen anderwärts auch andere Thiere vor und die Laster selbst erscheinen als Thiere, der Fuchs z. B. nicht als Sinnbild der Gefrässigkeit, sondern der Arglist, der Tiger als Sinnbild der Grausamkeit, der Affe als Sinnbild der Schamlosigkeit etc. In einer Kirche zu Mexiko sind es: Kröte, Schlange, Bock, Tiger, Schildkröte, Pfau und Schwein. Ausland 1838. S. 95.

Vasari malte in der Kuppel des Domes von Florenz die sieben Laster von den verschiedenen Engelchören besiegt; der Neid wird als Schlange, der Zorn als Bär, die Faulheit als Kameel, die Völlerei als Cerberus, der Geiz als Kröte, die Wollust als üppiges Weib, die Hoffahrt als Lucifer dargestellt. Jordaens gab ihnen in einem Bilde (Katalog der Gal. von Salzdahlum S. 7) die Gestalt heidnischer Gottheiten, so dass Mars den Zorn, Venus die Wollust, Juno den Stolz, Bacchus die Völlerei, Silen die Faulheit, Ceres den Geiz (?) und eine Furie den Neid vertrat. Der Duc de Conte besang die sieben Laster als schöne, aber frivole Frauen. In einem komischen Gedicht des Schotten Dunbar, der im 15ten Jahrhundert schrieb, tanzen sie vor dem Teufel ein Ballet. Bouterwek, VII. 99. Oefter erscheinen sie als viele Köpfe eines Ungeheuers, oder auch als Früchte, die auf einem Baum (dem Baum der Erkenntniss) wachsen.

Da die Laster den Weg zur Hölle führen, sind sie nicht nur als sieben Heerstrassen zur Hölle in Clarus, span. Literatur II. 233., aufgefasst, oder stürzen nach der Handschrift des Johannes Climacus im Vatican (Bunsen, Beschreibung von Rom II. 2. 355.) von der Himmelsleiter herab, oder ziehen als sieben abscheuliche Thiere die Welt oder Menschheit in Gestalt eines Heuwagens, auf den sich die Sünder drängen und von dem sie herabfallen und zermalmt werden (Bild von Bosch), sondern auf Bildern des Weltgerichts werden häufig auch die Verdammten in sieben Gruppen geschieden, nach den Lastern, welche sie in die Hölle geführt haben. Auch Michel Angelo hat sie in seinem Weltgericht angebracht.

Die Laster werden auf Bildern der Verdammniss, aber auch anderwärts durch ihre Folgen und durch die Physiognomie charakterisirt, die sie dem Menschen aufprägen. So der Schlemmer durch den dicken Bauch, der Neidische durch Verzerrung des Mundes und der Augen etc. Hier ist überall Grundgedanke, dass durch Laster die ursprünglich engelmässige Schönheit des Menschen, das Ebenbild Gottes, entstellt und geschändet wird. Es gibt jedoch auch eine gleissende Schönheit des Lasters, die in Versuchungsbildern hervortritt, immer aber etwas Unheimliches hat und dem äusserlich schönen, innerlich aber verbrannten Sodomsapfel gleicht.

Uebrigens verhalten sich die Laster zum Teufel nur wie Theile und Glieder zum Ganzen. Daher in so vielen Teufelsfrazzen, wie sie in der Kirchenmalerei vorkommen, das Bestreben der Maler erkennbar wird, den Ausdruck und das Sinnbildliche vieler Laster in einer monströsen Gestalt zu vereinigen. Zuweilen werden die sieben Köpfe des apokalyptischen Drachen als die sieben Laster unterschieden.

Die Laster stehen in einer vorherrschenden Beziehung zum Schlangensymbol. Sie sind Drachen, Drachenköpfe oder werden durch die lauernde, listige Schlange, wenigstens durch Schlangenhaar angedeutet. Nicht sowohl die hässliche, nur peinigende und das Laster strafende Furie, als vielmehr die süsslächelnde, feinzüngelnde, wunderschöne Medusa mit den in ihrem üppigen Haar ringelnden Schlangen stellt uns das Laster, die Sünde in ihrer verführerischen und zugleich hässlichen Eigenschaft dar.

Correggio malte die Laster als nackte Frauen mit Schlangenhaaren, von denen die Menschen verführt und gefesselt werden, und auf einem andern Bilde als Ungeheuer, die von den Tugenden unter den Fuss getreten werden. Waagen, England I. 463. Mantegna malte die Laster als Satyrn, Kentauren, Affen, die von den Tugenden unter der Gestalt antiker Götter, der Minerva (Weisheit), Diana (Keuschheit) etc. vertrieben werden. Das Bild befindet sich in Paris.

Laster und Tugenden werden öfter durch die fünf thörichten und klugen Jungfrauen symbolisirt. Vgl. Kreuser, Kirchenbau II. 143 f. Sie erscheinen aber auch als Amazonen im Kampfe miteinander, z. B. in der Handschrift des Herrad von Landsberg zu Strassburg. Desgleichen im Fürstensaal zu Regensburg. Kunstbl. 1846. S. 166. In dem Gedicht Anticlaudianus von Alanus ab insulis. So reihen sich auch in dem altfranzösischen Gedicht des Huon de Meri vom Antichrist (vgl. Blankenburg, Zusätze I. 10.) die Laster als Amazonen unter die Fahnen des Antichrist, wobei jedem Laster sein besonderes charakteristisches Attribut zukommt. Ein ähnliches altfranzösisches Gedicht von Ruteboeuf, s. histoire lit. de la France XX. 753. Mantegna malte die Laster siegend auf einem Bilde in England, und besiegt auf einem andern im Louvre. Waagen, Kunst in England I. 127. Auf Handzeichnungen des Michel Angelo zielen die Laster nach einer Scheibe. Passavant, England S. 236.

Retzsch lässt auf einem Bilde den Teufel mit dem Menschen um des letzteren Seele Schach spielen. Unter den Schachfiguren des Teufels ist Satan selbst der König, Wollust die Königin; Faulheit, Zorn, Stolz, Falschheit, Geiz, Unglaube sind die Offiziere, Zweifel die Bauern. Unter den Schachfiguren des Menschen ist die Seele der König, Religion die Königin, sind Hoffnung, Glaube, Friede, Demuth, Unschuld, Liebe die Offiziere und Gebete die Bauern. Vgl. Kunstblatt 1828. Nr. 16.

 

Lazarus.

 

Bruder der Martha und Maria, Besitzer des reichen Hauses zu Bethania, wo der Heiland mit seinen Jüngern öfters gastfrei aufgenommen wurde, fiel einst in eine tödtliche Krankheit, als der Heiland jenseits des Jordan in der Nähe sich aufhielt, in der Gegend, wo Johannes vormals getauft hatte. Er war dahin vor den Juden, die ihm nachstellten, geflüchtet. Die Schwestern schickten zu ihm und liessen ihm sagen, dass ihr Bruder so krank geworden sey. Er erwiederte, die Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Ehre Gottes, und blieb zwei Tage, wo er war.

Dann erst sagte er zu den Jüngern: “Lazarus, unser Freund, schläft, ich gehe, dass ich ihn wecke.“ Die Jünger verstanden es vom gewöhnlichen Schlafe und sagten: wenn Lazarus schlafe, werde er wohl von selbst gesund werden, und Jesus brauche sich nicht in Gefahr zu setzen, dass er wieder unter die Juden gehe, die ihn eben erst hart bedroht hatten. Jesus aber sagte: “Lazarus ist todt. Das ist geschehen, damit ihr glauben sollt. Lasst uns zu ihm ziehen!“ Der ungläubige Thomas meinte, es werde ihr Verderben seyn, doch sollten sie den Meister nicht verlassen und mit ihm sterben. – Als Jesus nach Bethanien kam, war Lazarus todt und roch schon; die Verwandten waren im Trauerhause versammelt und Martha sagte ihm mit der Miene des Vorwurfs: “Herr, wärest du da gewesen (auf unsre erste Nachricht gekommen), mein Bruder wäre nicht gestorben.“ Doch fügte sie innig hinzu: “Ich weiss auch noch, dass, was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben.“ Jesus antwortete: “Er soll auferstehen.“ Martha zweifelte noch einmal, und sagte: “Ja, am jüngsten Tage.“ Jesus aber sprach: “Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe.“ Auch Maria kam und sank ihm weinend zu Füssen: “Ach, Herr, wärest du dagewesen, so wäre unser Bruder nicht gestorben.“ Da ergrimmte der Herr und betrübte sich. Den Ewigen wandelte eine menschliche Rührung an. Er ging mit den Andern hinaus zum Grabe, betete und rief: “Lazare, komm heraus!“ Da erhub sich der Todte in seinen Grabtüchern und trat hervor. Und Alle, die es sahen, glaubten an Jesum. Andere aber gingen hin und sagten es den Pharisäern, und Kaiphas und die Priester, durch das grosse Wunder erschreckt, sannen, Jesum zu verderben. Daher verbarg sich der Heiland bis zu Ostern, da seine Zeit gekommen war. Ev. Joh. 11.

Fünf Momente sind in dieser Erzählung von besonders tiefer Bedeutung: 1) der Irrthum und Heldensinn des Apostels Thomas, 2) das echt weibliche Benehmen Martha's, 3) der tiefe Liebesschmerz Maria's, 4) die Rührung des Heilandes, 5) das Gebet vor der Auferweckung. Mit Recht hat schon Herder IX. 133. 138. darauf aufmerksam gemacht, wie hier Alles auf das christliche Begräbniss überhaupt anwendbar ist, und wie kein süsserer Trost für Leidtragende zu schöpfen ist, als aus diesem schönen Kapitel des Evangeliums Johannis.

Der arme Lazarus bei Lucas 16, dessen Schwären die Hunde lecken, ist ein Bild des menschlichen Elends überhaupt, daher auch ihm zu Ehren alle Siechen im Mittelalter Lazarusbrüder und die Krankenhäuser noch heute Lazarethe heissen. Im Grunde genommen aber ist auch der andere Lazarus, der durch Christum aus dem Grabe wieder auferweckt wird, ein verwandtes Sinnbild. Das ganze Leben ist gewissermassen ein Sterben, die Welt ein Grab, woraus nur Christus erlöst. In diesem Sinne wird der arme Lazarus bei Lucas in Abrahams Schooss erhoben, weil er fromm gelebt, und sieht unter sich im ewigen Feuer den gottlosen Reichen; der andere Lazarus aber steht von den Todten wieder auf, um sich an des Heilands Seite zu setzen, die im christlichen Sinne dasselbe bedeutet, was im jüdischen Abrahams Schooss. Also knüpft sich an den gleichen Namen im Gleichniss von dem einen und in der Geschichte des andern derselbe Grundgedanke der Heilung, Genesung, Wiederbelebung. Der erste Lazarus ist Patron der Lazarethe, der zweite Patron der Gräber. Ausserordentlich oft findet er sich abgebildet auf den altchristlichen Gräbern der Katakomben in Rom, und zwar immer als eine kleine mumienhafte Figur, die der viel grössere Heiland berührt.

 

Leben.

 

Das gemeine menschliche Leben ist insofern eigentlich der Tod, als es stets dem Tode entgegensieht. Das wahre und ewige Leben ist erst in der Heiligkeit, und darum ist Christus ,der Weg, die Wahrheit und das Leben“, Joh. 14, 6., und Fürst des Lebens, Apostelg. 3, 15. — Diesem wahren Leben gegenüber ist das irdische nur ein vergänglicher Rauch, die Existenz eines Graslebens, das bald welkt, ein Kerker, ein Jammerthal etc. Aber auch eine Schule, ein Tiegel der Läuterung, eine Goldprobe der Geduld und des Glaubens. Vgl. d. Art. Hiob. — Eine gute Charakteristik der Lebensalter in Thiergestalten zu Annaberg in Sachsen. Vgl. Waagen, Deutschland I. 30.

 

Legio fulminatrix.

 

Nach Dio Cassius 71. 9. war Kaiser Marcus Aurelius im Kriege mit den Quaden an der Donau einst in grosser Noth, vom Feinde eingeschlossen und bei grosser Dürre ohne Wasser. In seinem Heer aber war eine einzige Legion, die aus lauter Christen bestand. Diese sogenannte thebaische Legion betete, und alsbald bildete sich über ihren Häuptern eine schwere Regenwolke und goss erquickende Ströme über das ganze Heer aus.

Als aber die Quaden angriffen und ein grosses Blutbad unter den heidnischen Römern anzurichten anfingen, fuhren aus der schwarzen Wolke Blitze und Hagel hervor und zerschmetterten die Feinde, die von der christlichen Legion verfolgt und vernichtet wurden. Die Legion erhielt davon den Ehrennamen der “blitzenden“. Die Legende fügt hinzu, die Legion habe später sollen Heidenthum abschwören, habe sich dessen geweigert und sey in Wallis bei Sitten in Masse zum Martyrertod verurtheilt worden, unter ihrem Anführer St. Mauritius. Vgl. Murer, Helvetia sancta p. 19. Gfrörer, Kirchengesch. I. 309. Rettberg I. 94 f. Mauritius wird als schwarzer Mohr, aber schön und in goldner Rüstung mit einer Fahne gemalt. In der schwarzen Farbe des Ritters liegt vielleicht eine uns nicht mehr erkennbare Symbolik. Sie contrastirt auffallend mit dem Feuer und Blitz.

St. Gereon, ein anderer Anführer der thebaischen Legion, soll später in Köln den Martyrertod erlitten haben, wird daher in dem berühmten Bilde von den heiligen drei Königen in Köln mit einer Fahne an der Spitze der thebaischen Legion der heiligen Ursula, die ihrerseits an der Spitze der 11000 Jungfrauen steht, gegenübergestellt. Vgl. Friedrich Schlegels Werke VI. 155. Er ist Patron von Köln. 1. Mai. 10. October. Die Gegenüberstellung der heiligen Ritter und heiligen Jungfrauen ist passend und entspricht dem ästhetischen Bedürfniss, die Heiligen und Seligen nach Stand und Geschlecht eben so in besondere Chöre einzutheilen, wie die Engel nach ihren Potenzen.

 

Leib.

 

Der menschliche Leib ist das Letzte und Edelste in der sichtbaren Schöpfung Gottes und soll nach dem zeitlichen Tode am jüngsten Tage für die ganze Ewigkeit wieder auferstehen, Diese beiden Grundgedanken beweisen, welch hoher Werth im Christenthum auf den Leib gelegt ist und wie irrig mithin die manichäische Ansicht war, die im Leiblichen das böse Princip erkannte. Nach Mani besteht der Sündenfall nur darin, dass die himmlische Seele nach dem leiblichen Daseyn gelüstet und im Leibe eingefangen wird, die Erlösung daher auch nur in der Befreiung von der Leiblichkeit durch eine freiwillige Jungfräulichkeit aller Menschen, die jede neue Zeugung unmöglich macht, also durch einen Selbstmord der ganzen Menschheit. Vgl. Baur, manich. Relig. 118. 181. Nach christlichem Begriff soll der Leib nicht als ein Fremdes, Teuflisches zerstört, sondern als das uns von Gott selbst angelegte eigenste Kleid nur heilig und rein gehalten, und wenn es durch Sünde verunreinigt worden, durch Busse wieder geläutert und verklärt werden. Die christliche Ascese ist daher auch nicht als Tödtung des Fleisches, sondern nur als Reinigung desselben durch Busse zu verstehen.

Die Verdammung alles Leiblichen veranlasste auch den Zweifel an der menschlichen Natur Christi. Man half sich damit, dass man sagte, Gott habe zwar unmöglich in einen wirklichen irdischen Leib eingehen können, jedoch einen Scheinleib angenommen. Das war der Doketismus, die äl. teste Ketzerei im Christenthum. Vgl. Philo von Gfrörer 11. 369. Natürlicherweise fällt damit auch das Leiden Christi und somit aller Ernst des Erlösungswerkes hinweg, und Christus spielt in seinem Scheinleibe nur eine Comedie.

Nur wo das Leibliche auf Kosten der Seele gepflegt wird, erscheint es verdammlich. Dieser Cultus der Leiblichkeit wird ausgedrückt durch die babylonische Hure, die mit dem Taumelkelch in voller Ueppigkeit auf dem Drachen reitet. Nur diese grobe Sinnlichkeit hat zu ihrem Ausgang Tod und Verwesung, und wird in diesem Betracht gerne das Leibliche als ein übertünchtes Grab aufgestellt, als eine lachende Maske, hinter der ein Geripp mit Würmern und Schlangen sich verbirgt.

Die Leiblichkeit, in der wir dereinst auferstehen werden, ist eine Entkleidung von jener groben Sinnlichkeit und doch immer noch leibliches Wesen und Gestalt, nach der Physiognomik unserer geistigen Eigenthümlichkeit. “Gesäet wird der natürliche Leib, aber auferstehen wird der geistige Leib.“ 1. Korinth. 15, 44. “Der irdische Leib ist ein schwerer Busssack, aber der Leib im Himmel ein edel königliches Kleid, lichter denn die Sonne, schneller denn der Augenblick, gefüger denn die Luft. David von Augsburg in Pfeiffers Mystikern I. 385.

 

Leichnam.

 

Des Herrn Leichnam in Bildern der Abnahme vom Kreuz und der Grablegung, ferner in den pieta genannten Kirchenbildern, in denen der Leichnam im Schoosse der Mutter ruht, oder auch im Schoosse Gott des Vaters, oder von Engeln betrauert wird, erscheint am würdigsten, wenn er auch noch im Tode die Liebe ausdrückt, in der er sich in den Tod gegeben, und wenn man das ewige Leben in diesem abgestorbenen Leibe ahnen muss. Tadelnswerth sind dagegen die allzu berechneten Bilder, die nur ein tiefes Studium der Anatomie verrathen sollen, und die im Tode nur das Widrige auffassen, die Bleifarbe, die Steifigkeit der Glieder etc. Welche schreckliche Leiden man auch dem Leichnam ansieht, so hat er doch siegreich die Leiden überwunden.

Eine Leiche, halbverwest und von Schlangen durchkrochen, kommt als Sinnbild des Todes oft auf ältern deutschen Grabdenkmalen vor. Waagen, Kunst in Deutschland I. 261. Am berühmtesten ist das Grabdenkmal des Landgrafen Wilhelm von Hessen in Marburg, das ihn oben im Harnisch daliegend, unten als von Schlangen zerfressene Leiche zeigt. Fiorillo I. 439. Eben so das Grab eines Herrn von Wöllwarth in Lorch. Auf dem berühmten “Triumph des Todes“ von Orcagna finden drei lebende Könige auf der Jagd drei Königsleichen. Vasari, von Schorn I. 298.

Die sogenannten Magdalenetten oder Reuerinnen (gefallene Mädchen, die sich bekehrten) wurden geschoren und mussten sich als lebendige Leichen hinlegen, eine Todtenmesse über sich lesen und die Todtenglocke läuten lassen. Helyot III. 451. – Die Nonnen eines Klosters am Nil sahen die gegenüberwohnenden Mönche immer nur als Leichen. Aphthonius, der heilige Abt des Klosters, liess, wenn man ihm von jenseits das Zeichen gab, die gestorbenen Nonnen in einem Kahn mit Palmzweigen abholen und diesseits begraben. Leben der Altväter 1725.

Die Leichen der Heiligen werden gewöhnlich erkannt an einem wunderbaren Wohlgeruch, oder es fliesst ein heilendes Oel von ihnen, oder Milch statt des Blutes, oder sie leuchten. Sie schwimmen stromaufwärts, sie können durch keine Gewalt von der Stelle bewegt werden. Sie werden in der Verborgenheit entdeckt durch wunderbare Beleuchtung, durch Anbetung der Thiere etc. Ihre Heiligkeit wird erkannt durch Genesung von Kranken bei ihrer Berührung oder blos in ihrer Nähe. Daher werden die Wunder der Heiligen in den Actis SS. eingetheilt in solche, die sie im Leben, und in solche, die sie nach dem Tode als Leichen oder Reliquien verrichtet haben.

Zuweilen wurde eine Leiche, um Zeugniss abzulegen, die Unschuld zu retten, den Schuldigen zu bezeichnen, durch einen Heiligen im Grabe wieder aufgeweckt. So vom heiligen Macarius, Fridolin, Stanislaus.

Euchadius (Eochad) irischer König und Heide, wurde durch seine fromme und schon christliche Tochter Cinna auf den heiligen Patrik aufmerksam gemacht und sehnte sich sehr nach ihm auf seinem Todtenbette. Ehe aber der Heilige kam, war der König schon todt. Da weckte ihn der Heilige auf, taufte ihn, gab ihm die letzte Oelung und liess ihn wieder einschlafen.

St. Gregorius erhielt den Namen Thaumaturga wegen seiner grossen Wunderthaten. Ein boshafter Jude wollte ihn foppen, stellte sich todt und liess sich zu ihm hintragen, um zum Leben wieder aufgeweckt zu werden. Der Heilige aber warf seinen Mantel über ihn und der Jude war nun wirklich todt und erwachte nicht mehr. —- Auch Johannes Capistranus wurde einmal, als er auf seiner Missionsreise predigte, durch einen hussitischen Studenten geneckt, der sich todt stellte und sich von seinen Kameraden zu ihm hintragen liess, damit er, weil er doch ein Wundermann sey, ihn von den Todten erwecke. Aber der Heilige sprach: “Er bleibe bei den Todten, ewig!“ Nun lachten die Hussiten und meinten, ihr Kamerad werde aufstehen und mitlachen, aber er war todt. P. Abraham, Judas IV. 142.

Um den Sterbenden streiten sich ein Engel und ein Teufel, der erstere zu Häupten, der andere zu Füssen des Sterbelagers. Die vollendete Leiche aber wird von Engeln oder von Teufeln übernommen.

Eine schauerliche Begebenheit erzählt Cornerus, chron. ann. 1045. Eine Zauberin lag im Tode. Da bat sie ihren Sohn und ihre Tochter, welche sie hatte Mönch und Nonne werden lassen, bei ihrem Leichnam zu wachen und denselben gegen die bösen Dämonen zu schützen. Zugleich befahl sie, ihren Leichnam fest anzuketten. Zwei Nächte lang schützte sie der frommen Kinder Gebet gegen die anstürmenden Teufel, aber in der dritten Nacht wurde der Leichnam auf einem schwarzen Pferde entführt.

 

Leiden.

 

Gottes Sohn litt, um die Menschen zu erlösen. Die Martyrer litten, um ihren Glauben mit Blut zu besiegeln. Freiwillig übernommenes Leiden öffnet das Paradies, wie verbotene Lust es verschloss. Unfreiwilliges Leiden dient zur Prüfung, wie das des Hiob, und ist die letzte Strafe der Verdammten. Wie das Leiden somit auf der unfreiwilligen Seite den tiefsten Abgrund erreicht, so auf der andern die heiligste Höhe, auf der es ganz mit dem Begriffe der Liebe verschmilzt, nach dem schönen Liede:

 

Ob lieben leiden sey,

Ob leiden lieben sey,

Weiss ich zu sagen nicht etc.

 

Daher eine eigenthümliche Gabe mancher Frommen, in Leiden Lust zu finden. Am berühmtesten in dieser Beziehung war Lidwina von Schiedam in Holland. Dieselbe lebte im 15ten Jahrhundert, ein krankes, verkrüppeltes Mädchen, das beständig im Bette und angeblich 19 Jahre lang ohne Speise und Trank zubrachte, contract, bewegungslos, von Würmern zerfressen, innerlich verfault, in beständiger Fieberhitze, mit nie endendem Kopfweh, Zahnweh, schlaflos etc., schwamm dennoch in beständiger Seligkeit und erheiterte durch ihren Frohsinn die trauernde Umgebung. Denn die Mutter Gottes erbarmte sich ihrer und hielt häufigen Umgang mit ihr, führte sie in langen Visionen in die himmlischen Freuden ein, oder sandte ihr wenigstens Engel zur Unterhaltung mit Geschenken. Als eine grosse Pest ausbrechen sollte, flehte sie Gott, alle Qualen derselben auf sie allein zu häufen, und siehe, sie wurde bedeckt mit ungeheuren Pestbeulen, während das Land verschont blieb. Einst sah sie im Himmel eine noch unvollendete Krone. Es war die ihrige, und sie war unvollendet, weil ihr noch einige Verdienste fehlten. Nach 28 jährigem Leiden kam einmal die Madonna und legte ihr ihren süssduftenden Schleier um das müde Haupt, worauf sie nur noch sechs Stunden lebte. Als sie starb, erschien Christus selbst, als Priester angethan, um ihr die letzten Weihen zu geben, mit unzähligen Heiligen und Seligen. Sobald sie todt war, strahlte ihr sonst so kranker Leib in Fülle der Gesundheit und Schönheit. Acta SS. 14. April. Silbert, Legenden I. Gumppenberg, marian. Atlas Nr. 576. Die selige Passidea, Nonne von Siena, quälte sich von Jugend auf, fastete, geisselte sich, wälzte sich in Dornen und Nesseln, im Winter in Schnee und Eis etc. Johanna von Carniola vertiefte sich so sehr in das Leiden der Heiligen, dass sie an jedem Tage die Marter des Heiligen, dem der Tag geweiht war, mitempfand.

Inzwischen lastet das Leiden mit zu grosser Schwere auf der Menschheit, als dass man damit spielen könnte. Daher auch die kirchliche Kunst den heiligen Gegenstand um 50 wahrer auffasst, je mehr sie in Christo, wenn er auf dem Oelberg kniet und am Kreuz hängt, so wie auch in der schmerzenreichen Mutter das Leiden in seiner ganzen Bitterkeit ausdrückt.

 

Leiter.

 

Die Himmelsleiter, auf der die Engel vom Himmel zur Erde niedersteigen, im Traum des Jakob, ist auf Bildern der Patriarchenreihe dessen Attribut (Didron, ann. I. 214) und kehrt auch in Legenden wieder. Namentlich sah sie St. Romualdus über seinem Kloster. Auch erschien sie über dem Kloster Kaltenbrunn, wo sich ein wunderthätiges Marienbild befindet. Gumppenberg, marian. Atlas II. 308.

Eine Leiter zum Himmel, auf der die Seligen hinaufsteigen, die Sünder aber hinabfallen, findet sich in der Handschrift des Herrad von Landsberg in Strassburg.

Die Leiter ist Attribut der Margaretha von Cortona; die Staffeln bedeuten ihre Tugenden. So hiess Johannes Climacus, weil er eine “Himmelsleiter“ geschrieben hatte. Als Sinnbild für die Wesenreihe (Stufenleiter aller geschaffenen Wesen) brauchte die Leiter Raimund von Sabunde. Vgl. Galle, Stimmen aus d. Mittelalter S. 8.

Die Leiter gehört zu den Passionswerkzeugen, weil die Schergen bei der Kreuzigung des Heilandes mittelst einer Leiter auf das Kreuz steigen mussten.

Die Leiter ist Attribut des heiligen Emmeran und der heiligen Perpetua, weil dieselben an eine gebunden waren, als sie den Martyrertod litten.

Eine Madonna von der Leiter wird zu Verona verehrt, weil sie hier einen Scaliger (Herrn von Verona aus dem Geschlecht, das die Leiter in Namen und Wappen trug) von einer Krankheit heilte. Gumppenberg II. 322.

Die Engelsleiter steht in inniger Beziehung zu der Stufenleiter der Planeten, auf welcher nach heidnischer Lehre die Seelen vor der Geburt aus dem Aether zur Erde niederund nach dem Tode wieder hinaufsteigen. Porphyrius de abstin. 14, 16. Celsus bei Origenes 6, 22. Vgl. v. Bohlen, Genesis 283. Allein wäre das Bild auch aus der Planetenund Aeonenlehre entlehnt, so hat es doch eine specifisch christliche Bedeutung erlangt.

 

Lerche.

 

Sie lobsingt Gott in der Höhe, ohne dass man sie sieht. Niedrig ist ihr Nest, aber hoch ist ihr Flug. Sie singt nie, ausser wenn sie sich zum Himmel erhebt. Sie ist also das Sinnbild eines demüthigen Priesterthums. Ihr lateinischer Name alauda wurde von Schwenkfeld lauda deum (lobe Gott) gedeutet. Nach der Legende sollen sich, als der heilige Franciscus von Assisi starb, alle Lerchen der Umgegend auf das Dach seiner Hütte gesetzt und ihm gesungen haben, obgleich es schon Nacht war. Die heilige Coleta von Gent war stets von einem Lamm und von einer Lerche begleitet; ihr Kalendertag zeigt zugleich die Lerchenzeit an, 6. März.

 

Leuchter.

 

Der siebenarmige Leuchter im jüdischen Tempel, den Titus entführte und in seinen Triumphbogen aufnehmen liess, ist ein Sinnbild der sieben Geister oder Urkräfte Gottes. Mag dieses Sinnbild auch aus dem Heidenthum entlehnt seyn und sich vorerst auf die sieben Himmelslichter der Planeten bezogen haben, so hatte der Leuchter doch schon bei den Juden eine andere, rein geistige Bedeutung. Vgl. Bähr, Symbolik d. mosaischen Cultus I. 412 f. Schon der Prophet Zacharia 4, 2. 10. fasst den siebenarmigen Leuchter sinnbildlich auf und nennt ihn die sieben Augen Gottes. In der Offenb. Joh. 1, 12. wird er auf die sieben ersten christlichen Gemeinden bezogen. Sieben Lampen nebeneinander auf christlichen Grabdenkmalen bedeuten wohl dasselbe, was der siebenarmige Leuchter, und weisen auf die Auferstehung zum jüngsten Gericht hin, welches in jener Offenbarung Johannis verkündet wird. Der siebenarmige Leuchter ist gewöhnliches Attribut des Zacharias in der Reihe der Propheten.

Der grosse Kronleuchter zu Comburg am Kocher ist ein vergoldeter Reif mit zwölf Laternen, auf denen die zwölf Apostel abgebildet sind, als die ersten Lichter der christlichen Kirche. Zwei Leuchter stehen auf beiden Armen des Kreuzes auf einem altchristlichen Katakombenbild (Aringhi I. 381), was sich vielleicht auf das Entzünden des neuen Lichtes im Geisterreich bezieht, nachdem bei der Kreuzigung der Sonne und des Monds physisches Licht verdunkelte.

Die grossen Leuchter oder Kerzenträger vor den Altären heissen Candelaber, ein ganzes Gerüste mit Lichtern heisst ein Katafalk und kommt besonders im Todtencultus vor. Die Zahl der Leuchter richtet sich nach dem Bedürfniss, nach der Grösse der Kirche, nach der höhern Feier.

In den Leuchterornamenten werden theils allgemeine christliche, theils specielle Lichtsymbole angebracht, um ihre Bestimmung zum christlichen Cultus zu bezeichnen. Vor dem Altar stehend dürfen sie das Sakrament des Altars andeuten durch Aehren und Weinranken mit Trauben. In der Charwoche dürfen sie Symbole der Passion tragen. Wann der Sieg über die Hölle gefeiert wird, dürfen sie als dämonische Karyatiden karikirt werden, die das siegreiche Licht tragen müssen. Bei der Feier jungfräulicher Heiligkeit dürfen sie als Blumen aufgefasst werden, aus denen das Licht hervorbricht.

 

Leviathan.

 

Sofern die Juden und Muhamedaner die Erde mit Riesen und Dämonen bevölkert hatten, dachten sie sich auch die Sündfluth als die Vernichtung und fortan den Ozean als das Grab oder den Kerker derselben. Daher die phantastische Vorstellung einer submarinen Hölle. Vgl. Herder zur Theologie I. 199. VII. 220. 248. Schon Iiob kennt diese Vorstellung. Nicht weniger Jesaias 27, 1, bei dem es heisst: Gottes Schwert habe den Leviathan und die Drachen im Meere geschlagen. Noch bestimmter heisst es in einer arabischen Fabel (bei Bochart. Hierozoicon II. 856.), Leviathan sey ein tausendäugiger Ochs, stehend auf einem Fisch, und tragend einen Stein, auf dem ein Engel stehe, der die Erde trage. Auch hier liegt der Begriff zu Grunde, dass Leviathan tief unten hause.

Ferner fabeln die Juden, Gott habe den Leviathan verschnitten, damit er nicht mehr zeuge, und sein Weibchen geschlachtet und eingesalzen für die Seligen im Himmel, weil dieses riesenhafte Dämonengeschlecht sonst Meer und Erde erfüllt haben würde. Eisenmenger I. 401. Am jüngsten Tage soll der Erzengel Gabriel den auf den Meeresgrund gebundenen Leviathan vollends tödten, damit die Seligen neben dem eingesalzenen Weibchenfleisch auch frisches Fleisch bekommen. Eisenmenger II. 874. Bochart (hier. II. 776.) sucht im Leviathan das Krokodill nachzuweisen, allein es ist gleichgültig, was für ein Thier ihm zum Vorbilde gedient hat.

Alle Sünder, die in der Sündfluth ertranken, sollen submarine Teufel geworden seyn. Eisenmenger II. 428. Sofern man sich darunter nur ein Riesengeschlecht vorstellte, erklärt sich daraus auch die Fabel vom Riesen Og und Audsch. Og soll die Sündfluth überdauert haben, indem er sich dicht an die Arche hielt und an ein Einhorn anklammerte (ähnlich dem einhornigen Fisch in der indischen Sage). Eisenmenger I. 385. Er soll später die cyclopischen Mauern gebaut haben, aber mit List erschlagen worden seyn; Abraham machte aus einem seiner Zähne sich eine Bettstatt. Daselbst 389.

 

Licht.

 

Symbol Gottes, als das reinste Element in der Natur; allein das Licht ist schon eine Erscheinung Gottes, ein Ausfluss seines Wesens, ein Ausstrahlen aus ihm, daher es häufiger auf den Sohn und Geist, als auf den Vater angewandt wird, dem allein Attribute des Unsichtbaren zukommen. Nach Joh. 1, 18. 1. Timoth. 6, 16. kann den Vater Niemand sehen als der Sohn, und thront Gott in einem Licht, welches kein Mensch sehen kann. Der Sohn dagegen strahlt nach Joh. 1, 9. als das Licht in die Welt, und sagt Joh. 8, 12: “Ich bin das Licht der Welt.“ Correggio suchte das in einem berühmten Bilde auszudrücken, auf welchem Christus in schneeweissem Gewande segnend auf Wolken thront, deren Hintergrund wieder helles Licht ist, so dass hier gleichsam Licht aus Licht geboren wird. Vgl. v. Wessenberg, christl. Bilder I. 278. Das Thronen im Licht und die Lichtausstrahlung kommt in Kirchenbildern allen drei Personen der Gottheit zu.

Alle erscheinen in einer Glorie von Licht in ganzer Figur oder wenigstens der Kopf ist mit einem Lichtnimbus umgeben. Des Vaters Wirken wird oft blos durch einen Lichtstrahl ausgedrückt, z. B. auf Bildern der Verkündigung, oder durch eine aus den Wolken hervorgereckte Hand, von der Lichtstrahlen ausgehen. Eben so gehen von der Taube, als dem heiligen Geist, Lichtstrahlen aus, z. B. auf den Bildern von der Taufe Christi und von Pfingsten. Derselben Symbolik dient der Goldgrund, auf dem die ältere Kirchenmalerei die drei göttlichen Personen darzustellen pflegte. Es soll damit der Himmel, das reine Lichtelement bezeichnet werden.

Ausser den göttlichen Personen wohnen auch alle Engel ursprünglich im Licht und gelangen alle Heiligen, Gerechten und Seligen dahin. Auf einem alten Miniaturbild wird die Erschaffung der Engel einfach als creatio lucis bezeichnet. Waagen, Paris 328. Auch der erstgeschaffene Engel hiess Lucifer (Lichtträger). Alle Heiligen und Frommen werden als Kinder des Lichts den Bösen als Kindern dieser Welt entgegengesetzt. Luk. 16, 8. Joh. 12, 36. Buch der Weisheit 18, 1.

Dem von Gott ausstrahlenden Lichte steht theils die uranfängliche Nacht des Chaos, theils die Nacht der Sünde entgegen. Somit wird das Licht Sinnbild der Schöpfung und der Erlösung. Wie Gott im Anfang sprach: “Es werde Licht!“ und es ward Licht, so sandte er zum zweitenmal in die Finsterniss der sündigen Welt das Licht seines göttlichen Sohnes. Daher feiern die altkirchlichen Hymnen die Geburt und die Auferstehung des Heilands (Weihnachts- und Osterlieder) als einen neuen grossen Schöpfungsmorgen, als den Aufgang des heiligen Lichtes, wodurch die Gewalt der finstern Dämonen gebändigt, wodurch den im Dunkeln Irrenden und Blinden der Weg gezeigt, wodurch dem unfruchtbaren Acker neuer Segen geweckt wird. Vgl. die schönen Hymnen des Gregorius, Prudentius, Hilarius, Ambrosius. Fabricii thes. 785. Fortlage, Kirchengesänge 307. Königsfeld, lat. Hymnen 2, 6. Schon bei Jesaias 60. ist die Anbetung des Lichts in diesem Sinne auf's Herrlichste durchgeführt. Dem entspricht der Cultus der Weihnachts- und Osternacht. In der heiligen Weihnacht werden unzählige Lichter entzündet, in der heiligen Osternacht werden alle Lichter gelöscht und erst wieder neu entzündet durch einen aus Stein geschlagenen Funken, entsprechend dem Moment, in welchem Christus den Grabstein durchbrach. Sepp, Heidenth. I. 211. Einem alten Volksglauben gemäss entzünden sich die Lichter am heiligen Grabe in Jerusalem in der Osternacht von selbst. Vgl. Pococke II. 41. Dasselbe Wunder wird von einer Kirche in Spanien erzählt. Drei Lichter (Sinnbilder der Dreieinigkeit) steigen zu Castilverd in Spanien aus dem Wasser eines nahen Flusses, schweben in die Kirche und zünden in der Osternacht die Lichter an. Nieremberg, hist. rat. 398.

Weihnachten fällt in die Wintersonnwende, Ostern in die Frühlingstagundnachtgleiche, jenes Fest in die Zeit, in welcher das Licht der Sonne in tiefer Winternacht zuerst wieder zu wachsen beginnt, dieses in die Zeit, in welcher die Sonne Kraft genug gewonnen hat, um Saaten und Laub zu wecken. Das natürliche Licht wird hier auf eine schöne und einfache Weise zum Sinnbild des geistigen Lichtes. Diese Symbolik hat ihren kirchlichen Ausdruck insbesondere in der Feier des Erscheinungsfestes am 6. Januar gefunden. Epistel dieses Tages ist die oben erwähnte Stelle aus Jesaias 60. An demselben Tage feiert die Propaganda das grosse Bekehrungsfest der Heiden, weil auch dies ein Erleuchten des Finstern, ein Beleben des Todten ist. Vgl. Strauss, Kirchenjahr 134 f.

Die ewige Lampe am Altar der Kirchen ist das Sinnbild des ewig in der Kirche wohnenden Lichts. Die Zahl der Altarlichter ist sieben nach den sieben Geistern Gottes, oder zwölf nach den Aposteln. Die Kirche brennt nur Oel und Wachskerzen, weil unter allen Stoffen, die Licht erzeugen, Oel das reinste Produkt der Pflanzen-, Wachs das reinste der Thierwelt ist. Derselben Symbolik entspricht die weisse oder Lichtfarbe des Priestergewandes, das weisse Kleid der Täuflinge und das, was einst die Gerechten im Himmel anlegen werden.

Heilige Jungfrauen besitzen die Gabe, ausgelöschte Lichter durch blossen Hauch oder blosses Gebet wieder zu entzünden. Das bezeichnet ihr inneres Leben im Licht, ihre Verwandtschaft mit der Engelsnatur. Vgl. den Artikel Jungfrau. Die brennende Lampe der klugen Jungfrauen hängt damit zusammen. Das berühmteste Lichtwunder ist das der heiligen Genoveva von Paris, deren Kerze sich in ihrer Hand von selbst entzündete, als einmal ihre Nonnen im Finstern wandeln mussten. Vincent. Bellov., spec. hist. . XX. 46. Es wiederholt sich aber in den Legenden vieler andern heiligen Jungfrauen, auch frommer Bischöfe etc. Vgl. Bagatta, admiranda II. 1. 3. Hieher gehören auch die Lichtsäulen, die über dem betenden heiligen Severinus, über dem ermordeten heiligen Vulstran, Joannicius, Vedastus, Foillanus etc. schwebten, daselbst III. 1. 1.

Vorzugsweise Erleuchtung schreibt die heilige Schrift denen zu, welche das erste Licht in die Finsterniss des alten Heidenthums und Judenthums bringen sollen, daher es Matth. 5, 15. heisst: Solche, die das Licht haben, sollen es nicht unter den Scheffel stellen, nicht aus Menschenfurcht das Evangelium verbergen.

Was die Kirchenmaler auf naive Weise durch den Nimbus oder Lichtschein am Haupt der Heiligen ausdrücken, findet seine nähere Erläuterung in vielen Legenden von solchen Heiligen, die sichtbares Licht ausgeströmt haben. Vgl. Görres, Gesch. d. Mystik II. 316. 323. Es braucht hier nicht erst erwähnt zu werden, welche Aufmerksamkeit die neuere Naturwissenschaft den Lichtphänomenen an Somnambulen gewidmet hat.

In der kirchenfeindlichsten Absicht ist vor dem Strassburger Münster die von dem berüchtigten Jakobinermaler David modellirte Statue Guttenbergs aufgerichtet worden, mit der Inschrift: Fiat lux. Das Licht der modernen Presse ist hier im Gegensatz gegen die vorgebliche Finsterniss des Mittelalters aufgefasst zur offenbaren Verhöhnung des heiligen Gebäudes, vor dem die Statue steht. Ueberhaupt ist das Licht der modernen sogenannten Aufklärung eine Negation der christlichen Wahrheit und mithin eine Verdunkelung, eine Rückkehr zur Finsterniss des Heidenthums, eben so tief wurzelnd im Urprincip der Nacht, wie das Christenthum im Lichtprincip. Nur der Lügner von Anfang an konnte eine verirrte und verdorbene Generation berücken und dahin bringen, dass sie den Tag Nacht und die Nacht Tag nennt.

 

Lilie.

 

Die weisse Lilie ist ein Sinnbild der Unschuld und Seelenreinheit, daher der Jungfräulichkeit, und vorzugsweise ein Attribut der heiligen Jungfrau. Auf Bildern der Verkündigung trägt der Engel Gabriel, indem er der heiligen Jungfrau das Heil verkündet, durchgängig auf Kirchenbildern einen weissen Lilienstengel. Auf altdeutschen Bildern ist auch oft neben die Jungfrau ein Glas mit einem Lilienstengel gestellt, so dass man durch das Glas Stiel und Blätter sehen kann, ein Sinnbild, das sich auch in dem durch Glas, ohne dasselbe zu verletzen, dringenden Sonnenstrahl wiederholt und die unverletzte Jungfrauschaft bedeutet. Denselben Sinn haben die Lilien ohne Staubfäden auf einem Bilde der Verkündigung. Waagen, über van Eyk S. 236. Auch hat man die Stelle des Hohenliedes: ,Wie eine Lilie unter den Dornen ist meine Freundin unter den Töchtern,“ auf die unbefleckte Jungfrau bezogen. Vgl. den Artikel Jungfrau. Maria wird mit der Lilie verglichen in Wackernagels Kirchenliedern Nr. 123. Man hat noch ein altschwedisches Lilienlied auf die heilige Jungfrau von Eystein. Vgl. Studach, schwed. Volksharfe S. 182. Der Ritterorden von der Lilie wurde gestiftet, als man in einer aufgeblühten Lilie ein kleines Marienbild fand, dessen wunderthätige Kraft den kranken König von Navarra heilte. Gumppenberg, marian. Atlas Nr. 589. Aus dem Munde des Wilhelm von Montpellier blühte durch das Grab hindurch eine Lilie, worin die Worte Ave Maria zu lesen waren. Attribute der Heiligen S. 7. Salaür, ein Blödsinniger, lebte halbnackt im Walde und sprach nie ein Wort als Ave Maria. Seine Seele war so voll von Liebe zur heiligen Jungfrau, dass er sich voll Lust auf Baumzweigen wiegte und das Ave dazu sang. Aus seinem Grabe spross eine Lilie, auf deren Blättern stand Ave Maria. Kellers bretagn. Volkslieder S. 242. Clemence de Isaure von Toulouse gründete jeux floreaux, bei denen eine silberne Lilie zum Preis für das schönste Marienlied ausgesetzt wurde.

Besondere Berühmtheit als Mariensymbole erlangten die drei Lilien des heiligen Aegidius. Derselbe wird insonderheit verehrt in Frankreich, wo er St. Gilles heisst. Er lebte im 7ten Jahrhundert als Einsiedler und wurde im Walde von einer Hindin genährt, daher auch eine solche sein Attribut ist. Gewöhnlich malt man sie mit einem Pfeil im Leibe, weil sie so, von einem Jäger verfolgt, zu ihm foh und auf diese Weise seine Einsamkeit entdeckt wurde. Man rechnet ihn zu den vierzehn Nothhelfern und macht ihn zum Patron der ehelichen Fruchtbarkeit. Unter seinen Wundern ist das berühmteste das, wodurch er die Mütterlichkeit der heiligen Jungfrau erklärte. Er lebte eine Zeitlang als Gärtner, da kam ein Mönch zu ihm, der an der Möglichkeit zweifelte, dass die Jungfrau nach der Empfängniss habe Jungfrau bleiben können. Aegidius aber schrieb drei Fragen in den Sand, ob die heilige Jungfrau vor, in und nach der Empfängniss gleich jungfräulich geblieben sey? und jede Frage wurde entsprechend durch eine weisse Lilie beantwortet, die plötzlich aus dem dürren Sande wuchs. Smets hat diese Legende in seinen Gedichten S. 72 versificirt. Eine sehr schöne altgothische Kirche hat der Heilige zu Braunschweig. Im alten Rolandsliede, das Grimm herausgab, begleitet der heilige Aegidius Karl den Grossen und Roland in den Kampf in Spanien und verzeichnet nachher die Geschichte desselben (dasselbe, was nach der ältern Quelle Erzbischof Turpin thut). Auch hat man ein altdeutsches Gedicht aus dem 12ten Jahrhundert vom heiligen Aegidius, Archiv für westphäl. Alterthumskunde 1826 II. Ein schönes Bild des Heiligen mit der Hindin von Hemling befindet sich in Brügge (Burkhardt, belgische Städte S. 158). Soviel von diesem Lilienheiligen.

Der blühende Stab Josephs wird in Kirchenbildern häufig als Lilienstengel aufgefasst, um seine jungfräuliche Ehe mit Marien zu bezeichnen. Auch Johannes der Täufer hat öfters die Lilie bei sich, weil er als Prediger in der Wüste im Cölibat lebte. Als Symbol der Keuschheit und Seelenreinheit ist die Lilie auch Attribut des heiligen Franciscus, des h. Anton von Padua, des h. Aloysius Gonzaga, des h. Norbert, der h. Gertrudis und vieler andern Heiligen. Eine Lilie ist eine Lanze des Albertus Siculeus. Drei Lilienstengel des Faustinus und Simplicius. Lilien und Rosen fielen aus dem Munde des heiligen Angelus. Lilien wuchsen aus dem Grabe des heiligen Marianus, des Vitalis in Salzburg, drei aus dem Grabe des heiligen Einsiedlers Euseus, eine wurde in der Hand der todten heiligen Francisca gefunden; eine wuchs aus der Hirnschale des im Walde unbegraben liegenden heiligen Primus. Valvasor, Krain II. 558. Eine Lilie auf der Weltkugel ist Attribut der heiligen Kaiserin Kunigunde. Fiorillo I. 237. Auch die Engel tragen in unzähligen Kirchenbildern Lilien in den Händen als Sinnbild ihrer Engelreinheit. Die keusche Susanna heisst wörtlich Lilie (shushan). Sehr schön ist der Hymnus ad Ss. virgines :

 

O digna lilietis,

caterva coelicis,

Quae vivis in viretis

sponsique pascuis.

Nix cana liliorum

albente vellere

et lac eburque florum

te vestit undique.

 

Und in dem Hymnus Jesu, corona virginum:

 

Qui pergis inter lilia

septis choreis virginum

sponsus decorus gloria.

 

Auf Bildern des Weltgerichts hat Christus als Richter häufig im rechten Auge einen Lilienstengel gegen die Seligen, im linken ein Schwert gegen die Verdammten gerichtet. So auf dem berühmten Bilde in Danzig, desgleichen auf dem des Roger von Brügge zu Beaume, auf dem Bilde hinter dem Altar im Ulmer Münster, auf einem im Schlosse Baldern (Kunstbl. 1847, S. 14). Auch auf einigen jüngsten Gerichten von A. Dürer. Vgl. Heller II. 2. 600. und 781. — Am Sakramentshäuschen des Ulmer Münsters kommen zwei Päpste vor mit Tiaren, die nicht in drei Kronen abgetheilt sind, sondern einen ganzen Wald von Lilien aufthürmen.

In einem Hymnus des heiligen Bonaventura wird die fromme Seele eine “Lilie des öden Thales“ genannt (Fortlage, christl. Gesänge S. 253), was ziemlich mit der Lilie unter den Dornen übereinstimmt. – Die Lilie, die im Chorstuhl des Klosters Corvey gefunden wird, wenn der gewöhnliche Inhaber des Stuhls sterben soll (Grimm, deutsche Sagen Nr. 263.), was sich in Hildesheim und Breslau wiederholt (Gödsche, Sagenschatz S. 23), bezieht sich nicht nur auf die jungfräuliche Reinheit des Klosterlebens, sondern ist wohl auch Sinnbild der Wiedergeburt. In südlichen Ländern blühen die Lilien schon im Frühling, daher die merkwürdige Darstellung auf einem altchristlichen Bilde in den römischen Katakomben, auf welchem in der Mitte Christus als guter Hirte steht, in den vier Ecken aber die Jahreszeiten allegorisch abgebildet sind. Hier ist nun der Frühling ein Knabe mit drei Lilien und einem Lämmchen, weil im Frühling die Lilien blühen und die Lämmer auf die Weide gehen. Aringhi I. 389. Bottari, tav. 48.

Die schöne Kelchform der Lilie dient auch hänfig in der kirchlichen Ornamentik, bei den Abendmahlskelchen, bei Taufbecken, als Kanzel, z. B. zu Freiberg in Sachsen. Als Säulenknauf des idealen salomonischen Tempels, als Lichtträger im siebenarmigen Leuchter etc.

Die Lilien auf dem Felde, die nicht arbeiten, noch spinnen, und die doch von Gott gekleidet werden (Matth. 6, 28. Luk. 12, 27.), sind nur Stellvertreter für alle Blumen, an denen sich Gottes Güte eben so erweist.

 

Limbus.

 

Limbus (Streifen, Rand), zusammenhängend mit limen (Schwelle), wird insgemein ein Aufenthaltsort der Verstorbenen genannt, der theils an den Himmel, theils an die Hölle angrenzt. Nach dem alten Testament war der Vorhimmel der Schooss Abrahams. Hier sollten die gerechten Judenseelen sich bis zur allgemeinen Auferstehung befinden. Nach christlichen Begriffen muss aber dieser Schooss Abrahams wegfallen, da Abraham selbst mit den andern Patriarchen erst von Christus (in der Zwischenzeit zwischen seiner Grablegung und Auferstehung) aus der Vorhölle erlöst wurde. nannten limbus infantum erblickt man häufig als Vorhimmel auf Bildern des thronenden Gottes oder des Weltgerichts am untersten Saum des Himmels, erfüllt mit den Seelen der unschuldigen Kinder, die im bethlehemitischen Kindermord Martyrer wurden, aber als ungetauft noch nicht in den Himmel selbst kommen können. Ein anderer limbus infantum kommt bei Dante (Hölle, 4ter Gesang, vgl. die Uebersetzung von Kopisch S. 15) am obersten Rande der Hölle vor, erfüllt mit den Seelen ungetaufter unschuldiger Kinder und tugendhafter Heiden. Ausserhalb der Hölle, jedoch unmittelbar über sie, versetzt Dante die indifferenten Engel, die sich weder für Lucifer, noch auch für Gott entschieden und also nicht werth sind weder der Hölle noch des Himmels.

Der Limbus, sey er Vorhimmel am untersten Rande des Himmels, oder Vorhölle am obersten Rande der Hölle, muss vom Fegfeuer (purgatorium) unterschieden werden, sofern in's Fegfeuer nur getaufte und erwachsene Christen gehören, die hier von ihren Sünden geläutert werden, während im Limbus sich nur Ungetaufte oder Kinder aufhalten. In dem berühmten Bilde des Weltgerichts von König René ist daher auf sinnige Weise die Vorhölle mit den Kinderseelen einerseits von dem Fegfeuer rechts, andererseits von der Hölle links abgetrennt.

 

Linsen.

 

Esau verkaufte sein Erstgeburtsrecht dem Jakob um ein Gericht Linsen. Hier sind die Linsen nur als Sinnbild des Geringfügigen zu nehmen im Gegensatz gegen die hohe Wichtigkeit des Erstgeburtsrechts im Volke Gottes. In der Naturgeschichte zur Dämpfung des Aberglaubens, Hamburg 1793, S. 62 wird der Volksglaube angeführt, dass dem, der am Charfreitag Linsen esse, im ganzen Jahr das Geld nicht ausgehe. Hier ist wohl die runde und platte, dem Gelde ähnliche Form Grund der Vergleichung.

 

Löwe.

 

Sinnbild der Stärke und des Königthums, weil er als König der Thiere gilt. Daher ein Symbol Christi selber. Schon im 1. B. Mosis 49, 9. wird Juda mit einem jungen Löwen verglichen und im Stamme Juda wird Christus geboren, welcher daher in der Offenbarung Johannis 5, 5. der Löwe vom Stamm Juda heisst. Auf Fenstern des Berges Athos schläft der Löwe zu den Füssen des Christkinds. Didron, icon. 348. Der Löwe, der sehr oft am Eingang alter Kirchen angebracht ist, gleichsam als deren Wächter, bedeutet deren Macht in Christo. Vgl. Heider, Thiersymb. S. 34. Kreuser, Kirchenbau I. 123. Merk im Kunstbl. 1845, S. 374.

Der brüllende Löwe insbesondere ist ein Sinnbild der Auferweckung von den Todten. Nach einem alten Physiologus, den Origenes in genesin hom. 17. anführt, schläft der neugeborne Löwe drei Tage und drei Nächte (wie Christus im Grabe), und nach Durandus, rat. offic. VII. rubr. de evang. weckt der alte Löwe am dritten Tage sein Junges, wie Gott Vater den Sohn aus dem Grabe. Vgl. auch das altd. Thierbuch in Graffs Diutiska III. 23. und Conrad von Megenberg, Buch der Natur 1842. fol. 65. Diese Erweckung des jungen Löwen durch den alten ist auf einem Glasgemälde der Kathedrale von Bourges abgebildet. Martin et Cahier, les vitreaux de Bourges pl. 1. Didron, man. p. 145. Noch erhabener ist die Anwendung dieses Bildes in Conrad von Würzburgs goldner Schmiede 502 f., wo der Todesschrei des am Kreuz sterbenden Heilandes die Todten weckt, wie der Löwe seine Jungen. Auch in einer Hymne des Faulbert von Chartres (Königsfeld, lat. Hymnen S. 106) heisst es:

 

Christus, invictus leo,

dum voce viva personal,

a morte functos ercitat.

 

Andrerseits ist Christus nicht selbst Löwe, sondern Löwenbändiger und zwar wieder in Bezug auf die Auferstehung. In vielen Kirchen nämlich (zu St. Stephan in Wien, Kloster Neuburg, Freiburg im Breisgau, Löwen, Amiens etc., vgl. Heider, über Thiersymbolik S. 22, wozu noch die von Bock in Brüssel in einer eigenen Monographie beschriebenen Bilder zu Nivelles kommen) reitet Simson auf dem Löwen und bricht ihm den Rachen auf, worunter nichts anderes zu verstehen ist, als Christus, der das Grab aufbricht. Vgl. den Artikel Simson. Der von Simson erschlagene Löwe bedeutet gleichwohl wieder Christum selbst, wegen des Honigs in seinem Rachen. Ein grosser Löwe, von Bienen umschwärmt, ist Christus, von dessen Tode die Menschen leben: Morte unius tot millia vivunt. Daher auch in altlateinischen Hymnen Maria favus Samsonis heisst, weil sie den honigbringenden Löwen gebar.

Dem Löwen steht zuweilen das Lamm zur Seite, beide auf Christum bezüglich, die Allmacht und die Gnade, die Gerechtigkeit und die Liebe, beide Thiere tragen den Kreuznimbus. Auf sehr alten Miniaturen, vgl. Didron, ic. p. 348. Heider $. 14. Man findet aber auch den Löwen, der ein Lamm oder einen nackten kleinen Menschen, oder beide zugleich vor sich hält. Ciampini vet. mon, musiva tab. 17. Das bedeutet wohl die Macht der Kirche, welche die Unschuld beschützt.

Im Jahr 1130 fand Graf Adalbert von Froburg in der Schweiz auf der Jagd mitten im Wald an einer Quelle ein reizendes Weib mit einem Kinde, die sich hier in freundlicher Waldeinsamkeit zu ergötzen schienen, plötzlich aber auf einem Wagen, den ein Lamm und ein Löwe zogen, gen Himmel fuhren. Es war die Madonna mit ihrem Kinde gewesen, und an selber Stelle baute der Graf das Kloster Schönthal. Schwab, Ritterburgen der Schweiz III. 494.

Ein Sinnbild göttlicher Stärke sind die Löwen am Throne Salomons, 1. Kön. 10, 19. 2. Chron. 9, 19; oft nachgeahmt an christlichen Thronstühlen, Heider S. 38, wo die Löwen die Apostel bedeuten. Kunstbl. 1841. S. 414. Der Löwe ist der Wächter Gottes bei Jesaias 21, 8. Desgleichen die Cherubim mit dem Löwengesicht bei Ezechiel 1, 10. Insbesondere ist der Löwencherub Begleiter des Evangelisten Marcus, ein geflügelter Löwe mit dem Nimbus (das Wappen der alten Republik Venedig). Marcus soll den Löwen haben, weil sein Evangelium mit dem Löwen der Wüste, Johannes dem Täufer, beginnt. Kreuser, Kirchenbau II. 89.

Als Symbol des Lebens in der Wüste erscheint der Löwe den frommen Einsiedlern dienstbar. Löwen begruben den ersten Einsiedler Paulus, als er in der ägyptischen Wüste gestorben war, eben so die ägyptische Maria, den heiligen Onofrius, den heiligen Macarius (diesen nur eine Zeitlang zur Busse). Zum heiligen Hieronymus kam ein Löwe, der sich einen Dorn in den Fuss gestochen hatte, liess sich von ihm heilen und blieb fortan bei ihm. Noch einige Beispiele bei Bagatta, admir. VII. 1. 10. Simeon, der Einsiedler, lebte im 5ten Jabrhundert in der Wüste am Berg Sinai verborgen. Als ihn einst Pilger fanden, und er keine Lebensmittel hatte, ihnen etwas vorzusetzen, kam ein Löwe und brachte ihm einen Palmzweig voller Datteln. Leben der Altväter, 1725. S. 225. Dem heiligen Einsiedler Quiriacus hütete ein Löwe seine Kräuter. Surius zum 29. September. Hieher gehören auch die Löwen im alten Testament, die im Dienste Gottes den Propheten (1. Kön. 13, 24.) und die Cuthäer (2. Kön. 17, 25.) zerrissen.

Im altrömischen Reich pflegte man christliche Martyrer öffentlich im Amphitheater den Löwen vorzuwerfen, um zugleich dem heidnischen Publikum zum Schauspiel zu dienen. Von vielen Martyrern aber sagt die Legende, die Löwen hätten sie verschont, ihnen demüthig die Füsse geküsst, ja sogar sie gegen die Heiden vertheidigt. Das gilt vom heiligen Abdon, Aemilianus, Andronicus, Benignus, Blasius, Cerbonius, Erasmus, Faustinus, Felicianus, Modestus, Pantaleon, Pontianus, Primus, Probus, Taracus, Tyrsus, Vitus, von der heiligen Christina, Daria, Euphemia, Glyconia, Martina, Prisca, Thekla etc. Anna Almaida, eine spanische Heilige, liess schon als Kind einmal ihren Rosenkranz in eine Löwengrube fallen, ging arglos zu den Löwen hinunter und band einen mit dem Rosenkranz, der ihr wie ein Hund folgte. - Der heilige Malchus, ein christlicher Sklave, entfloh seinem heidnischen Herrn in Mesopotamien und wurde von ihm verfolgt. In eine Höhle fliehend, ward er von dem darin befindlichen Löwenpaare verschont, während sein Herr und dessen Gefährte, als sie zur Höhle kamen, von den Thieren zerrissen wurden. Leben der Altväter, 1725. S. 113. Derselbe musste als Sklave eine Mitsklavin heirathen, deren Mann aber noch lebte, weshalb er nur in jungfräulicher Ehe mit ihr lebte, bis beide in einem Mönchs- und Nonnenkloster ein Asyl fanden. 22. October. Bearbeitet in v. Bülows Zwölf Legenden zur Nachfolge Christi. – St. Gerasimus, Einsiedler am Jordan im 5ten Jahrhundert, zog einmal einem Löwen einen Dorn aus dem Fusse, wofür ihm derselbe nachher aus Dankbarkeit bis zum Tode diente. Als der Heilige starb, legte sich der Löwe auf sein Grab und verhungerte. Acta SS. 5. März. Der christliche Androkles. Einen auf dem Löwen reitenden heiligen Samuel kennt die äthiopische Legende. Harris, Schoa II. Anhang S. 112.

In anderen Legenden werden die Heiligen wirklich von den Löwen zerrissen, wie schon der Prophet Joel. St. Ignatius Theophorus, Bischof von Antiochia, soll das Kind gewesen seyn, welches Jesus unter die Jünger stellte als Sinnbild der Demuth: “So ihr nicht werdet, wie die Kindlein, So werdet ihr nicht in den Himmel kommen.“ Er wurde später zu Smyrna als Christ verfolgt und im Amphitheater von Löwen zerrissen, wobei er rief: “Bin ich der Waizen Christi, so werden mich die Zähne des Löwen mahlen, dass ich ein reines Brod werde.“ 1. Februar. Acta SS. St. Marcian wurde von einem Löwen geliebkost, aber von einem Leoparden zerrissen.