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Die eigensinnige Anita Diaz, Sheriff's Deputy in einer Kleinstadt in Nevada, folgt der Spur eines Serienmörders, der den amerikanischen Westen unsicher macht, und landet in San Francisco, wo der Scanguards-Ermittler und Vampir-Hybride Cooper Montgomery dem Mordfall einer unbekannten Frau nachgeht. Als sich ihre Wege kreuzen, klicken Handschellen, Köpfe stoßen aneinander und die Funken fliegen. Sie beschließen gemeinsam, den Mörder zu jagen, und Cooper weiß, dass Anita irgendwann erkennen wird, dass der Serienmörder, der ausgeblutete Leichen hinterlässt, ein Vampir ist – und dass Cooper und seine Freunde und Familie auch Vampire sind. Doch wie lange kann er seine wahre Identität vor Anita verbergen, wenn diese erst einmal den Verdacht geschöpft hat, dass Cooper und seine Familie keine typische amerikanische Familie sind? Wenn Anita auf die Wahrheit stößt, wird die knisternde sexuelle Anziehung zwischen ihnen ausreichen, damit sie das Risiko eingeht, dem Vampir, in den sie sich langsam verliebt, zu vertrauen? Lara Adrian, New York Times Bestseller Autorin der Midnight Breed Serie: "Ich bin süchtig nach Tina Folsoms Büchern! Die Scanguards Serie ist eine der heißesten Sachen, die es bei Vampirliebesromanen gibt. Wenn Sie glühend heiße, sich rasant entwickelnde Romane lieben, dann verpassen Sie diese packende Serie nicht!" Über die Serie Die Scanguards Vampirserie ist voll von rasanter Action, brennenden Liebesszenen, witzigen Dialogen und starken Helden und Heldinnen. Vampir Samson Woodford lebt in San Francisco und besitzt die Sicherheits-/Leibwächterfirma Scanguards, die sowohl Vampire als auch Menschen beschäftigt. Und letztendlich auch einige Hexer. Später in der Serie tauchen auch ein paar unsterbliche Hüter und Dämonen auf. Jedes Buch kann als alleinstehender Roman gelesen werden (keine Cliffhanger) und dreht sich immer um ein neues Paar, das die Liebe findet, aber die Serie macht mehr Spaß, wenn sie chronologisch gelesen wird. Scanguards Vampire Band 1 - Samsons Sterbliche Geliebte Band 2 - Amaurys Hitzköpfige Rebellin Band 3 - Gabriels Gefährtin Band 4 - Yvettes Verzauberung Band 5 - Zanes Erlösung Band 6 - Quinns Unendliche Liebe Band 7 – Olivers Versuchung Band 8 – Thomas' Entscheidung Band 8 1/2 – Ewiger Biss Band 9 – Cains Geheimnis Band 10 – Luthers Rückkehr Band11 – Blakes Versprechen Band 11 1/2 – Schicksalhafter Bund Band 12 – Johns Sehnsucht Novelle – Brennender Wunsch Band 13 – Ryders Rhapsodie (Scanguards Hybriden - Band 1) Band 14 - Damians Eroberung (Scanguards Hybriden - Band 2) Band 15 - Graysons Herausforderung (Scanguards Hybriden - Band 3) Band 16 - Isabelles Verbotene Liebe (Scanguards Hybriden - Band 4) Hüter der Nacht Band 1 – Geliebter Unsichtbarer Band 2 – Entfesselter Bodyguard Band 3 – Vertrauter Hexer Band 4 – Verbotener Beschützer Band 5 – Verlockender Unsterblicher Band 6 – Übersinnlicher Retter Band 7 – Unwiderstehlicher Dämon Der Clan der Vampire Der Clan der Vampire (Venedig 1 – 2) Der Clan der Vampire (Venedig 3 – 4) Der Clan der Vampire (Venedig 5) Jenseits des Olymps Band 1 - Ein Grieche für alle Fälle Band 2 - Ein Grieche zum Heiraten Band 3 - Ein Grieche im 7. Himmel Band 4 – Ein Grieche für Immer Die Scanguards Vampirserie hat alles: Liebe auf den ersten Blick, von Feinden zum Liebespaar, Alpha-Helden, Leibwächter, Brüderschaft, Jungfrau in Not, Frau in Gefahr, die Schöne und das Biest, verborgene Identität, Seelenverwandte, erste Liebe, Jungfrauen, gequälter Held, Altersunterschied, zweite Liebeschance, trauernder Liebhaber, Rückkehr von Totgeglaubten, heimliches Baby, Playboy, Entführungen, von Freunden zum Liebespaar, Coming-out, heimlicher Verehrer, unerwiderte Liebe, Amnesie, Aristokraten, verbotene Liebe, eineiige Zwillinge, Partner bei der Verbrechensbekämpfung.
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Seitenzahl: 389
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SCANGUARDS HYBRIDEN - BAND 5
Kurzbeschreibung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Lesereihenfolge
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Über die Autorin
Die eigensinnige Anita Diaz, Sheriff’s Deputy in einer Kleinstadt in Nevada, folgt der Spur eines Serienmörders, der den amerikanischen Westen unsicher macht, und landet in San Francisco, wo der Scanguards-Ermittler und Vampir-Hybride Cooper Montgomery dem Mordfall einer unbekannten Frau nachgeht. Als sich ihre Wege kreuzen, klicken Handschellen, Köpfe stoßen aneinander und die Funken fliegen.
Sie beschließen gemeinsam, den Mörder zu jagen, und Cooper weiß, dass Anita irgendwann erkennen wird, dass der Serienmörder, der ausgeblutete Leichen hinterlässt, ein Vampir ist – und dass Cooper und seine Freunde und Familie auch Vampire sind. Doch wie lange kann er seine wahre Identität vor Anita verbergen, wenn diese erst einmal den Verdacht geschöpft hat, dass Cooper und seine Familie keine typische amerikanische Familie sind? Wenn Anita auf die Wahrheit stößt, wird die knisternde sexuelle Anziehung zwischen ihnen ausreichen, damit sie das Risiko eingeht, dem Vampir, in den sie sich langsam verliebt, zu vertrauen?
© 2024 Tina Folsom
Lektorat: Birgit Oikonomou
Scanguards® ist ein eingetragenes Markenzeichen
„Der Boss möchte dich sehen.“
Anita Diaz hängte ihre Jacke über den Stuhl und wandte sich der Frau zu, die sie angesprochen hatte. Wie Anita trug Eloise eine Uniform, die sie als Mitglied des Sheriff’s Departments von Elko County auswies. Sie war zehn Jahre älter als Anita und mindestens fünfzehn Zentimeter kleiner. Anita war mit ihren 1,75 Meter groß für eine Frau und größer als einige der männlichen Beamten, mit denen sie zusammenarbeitete. Auf der Polizeiakademie hatten ihre männlichen Kollegen sie als Konkurrentin gesehen, weil ihre Größe und Kraft ihr dabei halfen, die männlichen Auszubildenden in vielen körperlichen Disziplinen zu übertreffen. Im Nahkampf hatte sie viele Männer zu Boden gebracht, denen es dann peinlich gewesen war, dass eine Frau sie besiegen konnte, was sie wiederum bei ihren Kollegen nicht besonders beliebt gemacht hatte.
„Hat er gesagt, was er will?“, fragte Anita und neigte ihren Kopf in Richtung der geschlossenen Tür zum Büro des Sheriffs.
„Hab nicht gefragt.“ Eloise senkte ihre Stimme. „Aber er klang nicht gut gelaunt.“
„Na dann bringe ich es lieber hinter mich.“ Anita ging zur Tür und klopfte kurz. Als sie aus dem Inneren des Büros ein bellendes Geräusch vernahm, öffnete sie die Tür und trat ein.
„Du wolltest mich sprechen?“
Er deutete hinter sie. „Schließ die Tür.“
Sie folgte seinem Befehl und sah ihn an. Er sah trotz seines Alters immer noch gut aus. Mit einundsechzig konnte er den Frauen immer noch den Kopf verdrehen. Seine große, athletische Statur, sein dunkles Haar und seine gebräunte Haut waren für einen Mann seines Alters ungewöhnlich, aber er hatte schon immer viel Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild gelegt.
Er erhob sich von seinem Stuhl, seine Zähne waren fest zusammengebissen, seine braunen Augen durchdringend. „Du hast mich enttäuscht.“
Anita holte tief Luft und stand kerzengerade da, während sie sich auf die bevorstehende Strafpredigt vorbereitete. Dennoch sagte sie nichts, da sie wusste, wie er es hasste, unterbrochen zu werden, wenn er gerade dabei war, eine Tirade zu beginnen.
„Ich habe dir viel durchgehen lassen, mehr als ich sollte. Niemand sonst nimmt sich die Freiheiten, die du dir nimmst.“
Er zeigte auf das Fenster, durch das er in das Großraumbüro hätte blicken können, wären die Jalousien nicht gesenkt gewesen.
„Aber die Ressourcen des Sheriff’s Departments zu missbrauchen, um einer verrückten Theorie hinterherzujagen? Das geht zu weit! Genug ist genug. Ich habe dich bereits davor gewarnt, dich in diese Sache zu vertiefen. Da gibt’s nichts zu finden. Das ist kein Fall.“
„Aber Janet Fillmore wurde entführt. Ich weiß es! Sie ist in Gefahr.“
Er kniff die Augen zusammen. „Habe ich gesagt, dass du sprechen darfst?“ Er hielt einen Moment inne. „Dachte ich doch.“ Er kam näher, sein ganzer Körper sichtlich angespannt. „Janet und Hank hatten Eheprobleme. Sie hat ihn verlassen. Und warum auch nicht? Er ist ein fauler Säufer. Ohne ihr Geschäft und ihre harte Arbeit wäre Hank schon vor langer Zeit auf der Straße gelandet.“
Trotzig stemmte Anita die Hände in die Hüften. „Ich sage ja nicht, dass er das nicht ist. Aber ich habe gesehen, was ich gesehen habe. Sie wurde entführt.“
„Nur weil du gesehen hast, dass sie mit einem Fremden in einen Lieferwagen stieg, heißt das noch lange nicht, dass sie entführt wurde. Es war wahrscheinlich der Mann, wegen dem sie Hank verlassen hat. Ende der Geschichte.“
Anita füllte ihre Brust mit Luft und war bereit, das, was sie fünf Wochen zuvor beim Verlassen einer örtlichen Bar gesehen hatte, zu verteidigen. Aber sie bekam keine Chance.
„Kein weiteres Wort zu diesem Thema!“
„Du kannst mich nicht davon abhalten, diese Vorfälle zu untersuchen. Es hängt mit Mom zusammen. Ich weiß es. Sie hat mich nicht verlassen. Sie wurde entführt. Sie hätte nie –“
Er erbleichte. „Deine Mutter hat uns verlassen! Und sie hatte nicht einmal den Mut, sich zu verabschieden.“ Seine Stimme wurde mit jedem Wort lauter. „Grabe nicht in der Vergangenheit herum. Es ist einundzwanzig Jahre her –“
„Dad, bitte“, bettelte sie. „Sie hat uns nicht verlassen. Sie liebte uns.“ Anita spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen.
José Diaz schüttelte den Kopf. „Hör auf, Ausreden für sie zu finden. Wenn ich gewusst hätte, dass du die Ressourcen des Sheriff’s Department benutzen würdest, um einem Gespenst nachzujagen, hätte ich dich nie dabei unterstützt, Deputy zu werden.“ Er funkelte sie wütend an. „Das kann ich jetzt nicht ändern, aber ich werde keine Nachsicht mehr zeigen. Du nimmst dir zwei Wochen Urlaub – jetzt sofort. Und wenn du wieder im Dienst bist, befolgst du die Befehle. Du wirst keinen wilden Theorien mehr nachjagen.“
„Das kannst du nicht machen! Du kannst mich nicht zwingen, Urlaub zu nehmen.“
„Möchtest du lieber ohne Bezahlung suspendiert werden?“
Anitas Herz blieb stehen. Die Drohung war eindeutig. „Das würdest du nicht –“
„Beschwere dich und ich nehme dir deine Dienstmarke und deine Waffe ab“, forderte er sie mit leiser, brummiger Stimme heraus.
Anita zweifelte nicht daran, dass er es ernst meinte. Schließlich war sie seine Tochter und hatte seine Hartnäckigkeit geerbt, auch wenn sie körperlich ihrer hellhäutigen, blonden Mutter ähnelte. Man konnte José Diaz nicht umstimmen, vor allem nicht in der Stimmung, in der er sich gerade befand. Er war zu dem Schluss gekommen, dass Janet Fillmore ihren Mann verlassen hatte, genau wie Helen Diaz ihn verlassen hatte. Doch irgendwie musste Anita Beweise finden, damit er endlich die Wahrheit sehen würde.
Sie hob ihr Kinn. „Na gut. Ich nehme mir Urlaub.“ Ohne seine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und riss die Tür auf.
„Anita, es ist zu deinem eigenen Besten und tief im Inneren weißt du das auch.“
Sie nahm seine Worte nicht zur Kenntnis und schlug stattdessen die Tür hinter sich zu. Im Großraumbüro bemerkte sie, dass mehrere ihrer Kollegen ihr den Kopf zuwandten. Auch diese ignorierte sie, schnappte sich ihre Uniformjacke und ihre Tasche und stürmte hinaus.
Als sie ihr Haus am Stadtrand von Elko erreichte, kochte sie immer noch. Sie stieg aus dem Auto und schaute zum Haus. Ihr Vater hatte es kurz nach dem Verschwinden ihrer Mutter gekauft. Damals hatten sie noch in Reno gelebt. José Diaz hatte darauf bestanden, wegzuziehen, weil ihr altes Zuhause zu viele Erinnerungen bewahrte. Als Neunjährige hatte Anita in dieser Angelegenheit kein Mitspracherecht gehabt, obwohl sie dort bleiben wollte, wo sie sich ihrer Mutter am nächsten fühlte. Der Verkauf des Hauses und der Umzug nach Elko hatten einen Keil zwischen sie und ihren Vater getrieben.
Als er eine Witwe geheiratet hatte, nachdem er sich in Abwesenheit von Anitas Mutter scheiden lassen hatte, hatte sich Anita betrogen gefühlt. Aber tief in ihrem Inneren konnte sie es ihm nicht verübeln. Er war noch ein junger Mann, viril und gut aussehend. Warum sollte er keine neue Familie gründen? Als seine neue Frau innerhalb von drei Jahren zwei stämmige Jungs zur Welt gebracht hatte, war das Haus für die wachsende Familie zu klein geworden. Sie waren umgezogen, und Anita, jetzt erwachsen, hatte dem Vorschlag ihres Vaters zugestimmt, im Haus zu bleiben, während er und seine neue Familie in ein größeres Haus in der Stadt zogen. Es gab ihnen die physische Distanz, die sie brauchten. Langsam hatte sich ihre Beziehung verbessert.
Bis heute.
Anita schloss das Auto ab und ging ins Haus. Sie war froh, dass sie jetzt allein lebte und ihrem Vater nur auf dem Revier oder in dessen Haus begegnete, denn das bedeutete, dass sie nicht erklären musste, warum eine ganze Wand in ihrem Wohnzimmer mit Landkarten, Fotos, Ausdrucken und Post-it-Notizen bedeckt war. Die Landkarte umfasste fünf Bundesstaaten: Nevada, Kalifornien, Oregon, Washington und Idaho. Auf der Karte waren blaue und rote Punkte markiert. Die blauen markierten das Verschwinden einer Frau, die roten standen für tot aufgefundene Frauen. Auf allen Seiten um die Karte herum befanden sich Fotos von Frauen sowie Informationen darüber, wo diese zuletzt gesehen worden waren und wo sie schließlich tot aufgefunden wurden.
Ihr Vater hatte recht: Sie hatte tatsächlich die Ressourcen der Abteilung genutzt, um das Verschwinden und die Ermordung junger Frauen nicht nur in Nevada, sondern auch in den umliegenden Bundesstaaten zu untersuchen. Ihr war sehr schnell klar geworden, dass keine der Frauen, die sie identifiziert hatte, in demselben Bundesstaat gefunden wurde, in dem sie verschwunden war. Als sie diese Verbindung hergestellt hatte, war ihr klar geworden, dass sie etwas auf der Spur war: Der Mörder reiste durch diese Bundesstaaten, griff unterwegs Frauen auf, tötete sie und lud sie tot in einem anderen Staat ab. Sie vermutete, dass er dies absichtlich machte, um es der örtlichen Polizei und den Sheriff’s Departments zu erschweren, die Zusammenhänge zu erkennen.
Eine Jane Doe in Nevada würde nicht sofort einer vermissten Person in Idaho zugeordnet werden. Darüber hinaus hatte der Täter in den sechs Jahren, für die Anita Daten gefunden hatte, nie zweimal jemanden aus derselben Stadt entführt. Das Gleiche galt für die Leichen: Jede einzelne wurde in einer anderen Stadt gefunden. Doch zwei Dinge blieben konstant und deuteten daher auf einen Serienmörder hin. Er tötete nur große, blonde Frauen im Alter zwischen 30 und 45 Jahren, und die Todesursache war immer dieselbe: Ausbluten.
Etwas gab ihr jedoch Hoffnung, dass Janet Fillmore aus Elko noch am Leben war. Der Serienmörder hielt seine Opfer sechs bis acht Wochen lang am Leben. Die in allen fünf Bundesstaaten gefundenen Leichen waren weniger als vierundzwanzig Stunden tot gewesen, als sie gefunden wurden. Janet Fillmore war vor fünf Wochen verschwunden. Sie lebte noch – irgendwo.
Anita betrachtete die Karte erneut. Wenn ihre Theorie stimmte, reiste der Serienmörder im Uhrzeigersinn, was bedeutete, dass die vermisste Frau aus Elko irgendwo in Nordkalifornien auftauchen würde. Im Jahr zuvor war die Leiche einer vermissten Frau aus Las Vegas in Oakland, Kalifornien, aufgetaucht. Davor war es Sacramento und davor Santa Rosa gewesen.
„Wo bist du dieses Mal hin?“, murmelte sie vor sich hin und betrachtete die Haftnotizen, die sie um Janets Foto geklebt hatte.
Weißer Lieferwagen, stand auf einem. Nummernschild: konnte es nicht lesen; schmutzig. Uhrzeit: 0:25 Uhr.
Sie trat näher, um Janets Gesicht erneut zu betrachten. Sie war siebenunddreißig, blond und groß. In ihrem Führerschein war angegeben, dass sie 1,74 Meter groß war, also einen Zentimeter kleiner als Anita. Janet führte ein erfolgreiches Möbelgeschäft in Elko. Sie hatte es von ihren Eltern geerbt und zu einem sehr profitablen Unternehmen ausgebaut. Anita war sich sicher, dass sie nach all der harten Arbeit, die sie in ihr Geschäft gesteckt hatte, nicht einfach wortlos verschwinden würde. Nein, Janet war entführt worden.
Anita entfernte eine Haftnotiz mit der Aufschrift Freiwillig verschwunden? und entdeckte darunter einen weiteren Zettel. Sie hatte ihn fast vergessen. Auf dem weißen Lieferwagen, in dem Janet verschwunden war, war ein Aufkleber angebracht gewesen.
Aufkleber auf dem Van: zwei ineinander verschlungene Buchstaben. S, F?
Das musste ein Logo sein. Vielleicht das einer Firma?
Janet setzte sich an ihren Laptop und fuhr ihn hoch. Augenblicke später suchte sie nach Logos mit S und F. Es gab eine Vielzahl von Treffern. Sie klickte auf Bilder. Auf dem Bildschirm erschienen verschiedene Bilder, die alle die Buchstaben S und F in unterschiedlichen Schriftarten, Farben und Konfigurationen zeigten. Sie fing an zu scrollen und stoppte dann abrupt. Die orange Farbe auf dem Bildschirm zog ihre Aufmerksamkeit an. Das war’s! Das war der Aufkleber, den sie auf dem Van gesehen hatte. Sie klickte darauf.
San Francisco Giants Logo stand darunter.
Wer auch immer Janet entführt hatte, hatte eine Verbindung zu San Francisco. Sie warf einen Blick zurück auf die Karte. Bisher hatte der Mörder noch nie eine Leiche in San Francisco deponiert und von dort auch niemanden entführt. Zumindest nicht jemanden, der zu dem Profil passte, das sie entwickelt hatte.
Anita wusste, dass es weit hergeholt war, aber ihrer Schätzung nach blieben Janet nur noch ein bis drei Wochen, bevor auch sie ausgeblutet und tot auftauchen würde. Kranker Bastard! Diesmal musste sie ihn aufhalten. Sie musste ihn finden, bevor er Janet töten konnte, und ihm ein für alle Mal das Handwerk legen.
Und vielleicht könnte sie dann beweisen, dass er derjenige war, der ihre Mutter vor einundzwanzig Jahren entführt hatte, und herausfinden, wo er ihre Leiche abgeladen hatte. Dann würde ihr Vater endlich zugeben müssen, dass ihre Mutter sie beide geliebt und sie nicht wie ein Dieb in der Nacht verlassen hatte. Es war nicht ihre Entscheidung gewesen. Sie war gezwungen worden.
Eine Woche später
„Wo ist die Leiche?“, fragte Cooper, als er in die kleine Kommandozentrale auf der ersten Etage des Scanguards-Hauptquartiers im Mission-Viertel stürmte. In dem Raum, in dem an einer Wand Monitore angebracht waren und in der Mitte ein großer Schreibtisch stand, blickte Nicholas, ein neunundzwanzigjähriger Vampir-Hybride, auf. Er war der Sohn von Zane, einem der ruchlosesten Vampire, denen Cooper je begegnet war. Nicholas war diese Woche an der Reihe, die Kommandozentrale zu besetzen, wo alle Notfälle im Zusammenhang mit Vampiren und vampirbezogenen Verbrechen eingingen.
„Sie haben sie bereits vom Tatort entfernt und hierher gebracht.“
„Ohne forensische Untersuchungen vor Ort durchzuführen? Wer zum Teufel hat das angeordnet?“
„Ich dachte, du wolltest, dass die Leiche so schnell wie möglich entfernt wird, damit niemand sieht, in welchem Zustand sie sich befindet.“ Nicholas hob sein Kinn, jetzt im Verteidigungsmodus.
„Habe ich dir nichts beigebracht?“ Frustriert brummte Cooper. „Hast du wenigstens Fotos vom Tatort machen lassen?“
Nicholas bewegte sich und biss die Zähne zusammen. „Ich bin kein Idiot. Natürlich habe ich Fotos machen lassen. Aber es ist sowieso nicht der Tatort.“
„Was soll das heißen?“
„Die Leiche wurde dort nur abgeladen. Nirgendwo war Blut. Er muss sie woanders ausgesaugt und sie dann in dieser Gasse abgelegt haben.“
„Wer weiß davon?“
„Der Mensch, der sie gefunden hat.“ Nicholas blickte auf einen Notizblock auf dem Schreibtisch. „Michael Lavine. Er war auf dem Weg zu einem Restaurant und durchquerte die Gasse. Er rief den Notruf und die schickten zwei Polizisten los. Als diese den Tatort abriegelten und meldeten, dass die Leiche blutleer sei, sorgte Donnelly dafür, dass das forensische Team des SFPD vom Tatort ferngehalten wurde, und kontaktierte uns.“
Aufgrund dieser Nachricht fühlte Cooper sich etwas besser. Zumindest gab es nur wenige Leute, die davon wussten, und mit etwas Glück konnten sie es aus der Presse heraushalten. Der Fund einer ausgebluteten Leiche würde allerlei Spekulationen auslösen.
„Gut. Untersucht Maya bereits die Leiche?“
Nicholas nickte. „Ja. Buffy hilft ihr.“
„Ich werde gleich zu ihr hinuntergehen. Was wissen wir über das Opfer?“
Nicholas zuckte mit den Schultern. „Nicht viel. Kein Ausweis, kein Schmuck, keine Kleidung.“
Überrascht richtete Cooper seinen Blick wieder auf den jüngeren Hybriden. „Sie wurde nackt gefunden?“
„Ja.“
Cooper fuhr sich mit der Hand durch sein kurzes Haar. „Das wird es schwieriger machen, sie zu identifizieren. Sobald Maya über DNA verfügt, speisen wir sie in CODIS ein. Hast du schon die Fingerabdrücke?“
„Ich wollte die gleich abnehmen, damit ich sie durch AFIS laufen lassen kann“, sagte Nicholas hastig. „Ähm, lass mich den Scanner holen.“ Er sprang auf und ging zur gegenüberliegenden Wand. Er öffnete mehrere Schubladen des großen Schranks und kramte darin herum.
Cooper verdrehte die Augen. Nicholas brauchte immer noch viel Aufsicht, obwohl er nur drei Jahre jünger war als er.
„Ich gehe zu Maya in die Klinik“, verkündete Cooper. Er wollte nicht warten, bis Nicholas den Scanner gefunden hatte.
„Ich komme gleich“, versprach dieser, ohne über seine Schulter zu schauen.
Cooper verließ den Raum. So nervös hatte er Nicholas noch nie erlebt. Er wusste, was es bedeutete, sich beweisen zu müssen, und mit einem Vater wie Zane war es für einen Kerl wie Nicholas wahrscheinlich nicht einfach, sich auszuzeichnen und seinen eigenen Weg zu gehen. Zanes Schatten über sich zu spüren, würde jeden nervös machen. Dies war das erste Mal, dass Nicholas die Kommandozentrale alleine leitete. Cooper und die älteren Hybriden hatten das schon oft getan, aber jetzt war es an der Zeit, die jüngeren auszubilden, damit sie bereit waren, die Führung zu übernehmen, wenn die Zeit gekommen war.
Cooper lebte unter solchem Druck auf. Nicholas ging es offensichtlich nicht so. Zumindest noch nicht. Er brauchte noch ein paar Jahre, um in seine Rolle hineinzuwachsen, während Cooper wusste, dass er selbst bereit war, die Führung zu übernehmen, was auch der Grund war, warum ihm jeder, der in der Kommandozentrale arbeitete, unterstellt war. Er hatte lange und hart für diese Position gekämpft. Samson, der Gründer und Besitzer von Scanguards, ein über dreihundert Jahre alter reinblütiger Vampir, hatte ihn befördert, kurz nachdem er maßgeblich dazu beigetragen hatte, Isabelle, Samsons Tochter, vor einem wahnsinnigen Vampir zu retten.
Anstatt auf den Aufzug zu warten, nahm Cooper die Treppe, um in das Untergeschoss zu gelangen, in dem sich das medizinische Zentrum befand. Es wurde von Dr. Maya Giles geleitet, der Vampirin, die mit Gabriel Giles, dem stellvertretenden Leiter von Scanguards, blutgebunden war.
Cooper marschierte den Korridor entlang, der zur Klinik führte, blieb jedoch stehen, bevor er die Doppeltüren erreichte, die in den Empfangsbereich führten. Stattdessen klopfte er kurz an die Tür zu seiner Rechten und zog seine Zugangskarte durch den Scanner. Er hörte ein leises Piepen, dann stieß er die Tür auf und trat ein.
Maya, die dunkelhaarige Schönheit, die als menschliche Ärztin an der UCSF gearbeitet hatte, bevor sie gegen ihren Willen in einen Vampir verwandelt worden war, stand über die Leiche einer Frau gebeugt. Sie blickte kurz auf.
„Hey, Coop.“
„Hey, Maya. Das ist sie also, wie?“ Er hatte noch nie eine so blasse Leiche gesehen. Ihr blondes Haar war lang, aber wirr, ihre Wangen eingefallen. Ansonsten konnte er nicht viel ausmachen.
Maya nickte grimmig. „In ihr ist kein einziger Tropfen Blut mehr.“
„Stichwunden?“
„Ja.“ Sie drehte den Kopf der Frau und Cooper konnte zwei kleine runde Löcher an der Seite ihres Halses sehen.
„Er hat nicht verborgen, was er getan hat“, murmelte Cooper zu sich selbst. „Warum hat er nicht über die Schnitte geleckt, damit die Haut verheilt und kein Beweis dafür zurückbleibt, dass dies ein Vampir getan hat?“
„Er hat es wahrscheinlich versucht“, meinte Maya, „aber wenn sie bereits tot war, als er seine Reißzähne herauszog, hätte sein Speichel ihre Haut nicht heilen können. Selbst Vampirspeichel kann nicht heilen, was bereits tot ist.“
„Er hat sich an ihr vollgefressen.“ In Cooper wuchs der Ekel, verbunden mit dem Bedürfnis, dieses Verbrechen zu bestrafen. „Was kannst du mir über sie erzählen?“
„Nicht viel. Sie hat blaue Augen und gute Zähne; sie ist 1,74 Meter groß, ziemlich groß für eine Frau. Über ihr Gewicht kann ich nichts sagen, da es so aussieht, als hätte sie vor ihrem Tod abgenommen. Ihre Haut ist stellenweise schlaff, aber das kann auch daran liegen, dass er sie ausgesaugt hat.“
„Alter?“
„Ende dreißig würde ich sagen. Sie hatte in den letzten 48 Stunden Sex, aber ich kann nicht sagen, ob er einvernehmlich war oder nicht. Wenn der Vampir, der sie getötet hat, Sex mit ihr hatte, hätte er Gedankenkontrolle anwenden können, damit sie sich nicht wehrte, was das Fehlen von Wunden um ihre Genitalien herum erklären würde.“
„Macht es immer noch zu einer Vergewaltigung.“
„Stimmt.“
„Kannst du mir sagen, wann sie gestorben ist?“
Maya blickte auf die große Uhr an der Wand. „Heute gegen 16 Uhr.“
Cooper dachte über ihre Worte nach. „Das bedeutet, dass Nicholas recht hatte, als er sagte, dass sie nicht in dieser Gasse, sondern woanders getötet und dann einfach dort abgeladen wurde.“
„Macht Sinn“, sagte Maya. „Er hätte bis zum Einbruch der Dunkelheit warten müssen, bevor er sie wegbringen konnte.“
„Nicholas sagte, sie hätte keinen Ausweis bei sich gehabt. Wann glaubst du, dass du ihre DNA hast, damit wir sie durch CODIS laufen lassen können?“
„Buffy ist gerade im Labor und arbeitet daran.“
„Buffy? Ich wusste nicht, dass sie diese Art von Arbeit schon macht.“
Maya lächelte zum ersten Mal, seit er den Raum betreten hatte. „Sie ist jetzt seit über einem Jahr bei mir und eine großartige Schülerin. Sie ist sehr kompetent.“
„Das bezweifle ich nicht. Du bist eine großartige Lehrerin.“
„Charmeur“, sagte Maya mit einem Lächeln. „Jetzt geh und lass mich einen Abdruck von ihren Zähnen machen, für den Fall, dass wir kein Match für ihre DNA oder ihre Fingerabdrücke bekommen.“
„Das erinnert mich an was: Nicholas ist auf dem Weg hierher – sobald er den Fingerabdruckscanner findet.“ Cooper verdrehte die Augen.
„Nimm ihn nicht so hart ran. Die erste Schicht als Leiter in der Kommandozentrale zu absolvieren, ist nervenaufreibend. Ethan war ein Nervenbündel, als er all die Notfälle koordinieren musste, die bei Scanguards eintrafen.“
Soweit Cooper sich erinnerte, hatte Mayas jüngster Sohn Ethan in der Kommandozentrale gute Arbeit geleistet und alles war wie am Schnürchen gelaufen. „Ethan hatte alles unter Kontrolle.“
„Und Nicholas wird es auch. Hab einfach Geduld mit ihm. Glaub mir: Er bekommt genug Kritik von Zane, weil er nicht immer hundertprozentig perfekt ist.“
Cooper seufzte. „Du hast wahrscheinlich recht. Zane ist ein Sklaventreiber.“ Dann zeigte er auf die Leiche. „Halte mich auf dem Laufenden.“
„Ich rufe dich an, sobald ich mehr weiß.“
Cooper verließ die Leichenhalle und machte sich auf den Weg zum Aufzug. Als sich die Aufzugtüren endlich öffneten, hörte er ein Geräusch vom Ende des Korridors und sah Sebastian auf sich zukommen. Er transportierte zwei schwer aussehende Holzkisten auf einem Handwagen.
„Halte den Aufzug auf“, rief Sebastian. Der halbasiatische Fünfundzwanzigjährige war Olivers Sohn. Oliver, ein reinblütiger Vampir, war schon seit Jahrzehnten bei Scanguards, und Sebastian trat wie so viele andere Söhne und Töchter von Vampiren in die Fußstapfen seines Vaters und arbeitete für Scanguards.
Cooper grinste und hielt die Aufzugtür offen. „Hat dich jemand zum Lieferjungen degradiert?“
Sebastian erreichte ihn und rollte die Kartons in den Aufzug. „Weit davon entfernt. Dies ist der erste Schwung meiner neuesten Erfindung.“
Cooper betrat den Aufzug und drückte den Knopf zur Parkgarage, während er in die oberste Schachtel schaute. „Flaschenblut? Wohl kaum die neueste Erfindung.“
Scanguards hatte einige Jahrzehnte zuvor damit begonnen, menschliches Blut in Flaschen abzufüllen, um es seinen Vampir- und Vampir-Hybriden-Mitarbeitern einfacher zu machen, sich zu ernähren, und ohne auf ahnungslose Menschen zurückgreifen zu müssen. Cooper, seine Schwester und seine Freunde waren alle mit menschlichem Blut aus Flaschen aufgewachsen, obwohl sie natürlich alle schon einmal Menschen gebissen hatten, um Blut direkt aus der Quelle zu trinken.
„Nicht nur irgendein Blut in Flaschen. Es ist kohlensäurehaltig. Weißt du, wie Sprudelwasser.“ Sebastian strahlte. „Du solltest es versuchen. Ich nenne es Blutspritzer.“ Er nahm eine Flasche aus dem Karton und reichte sie Cooper. „Cooler Name, oder?“
„Blutspritzer? Du bringst mich um.“ Aber er musste es Sebastian lassen: Er hatte interessante Ideen und das technische Wissen, sie in die Realität umzusetzen. Ob sich diese Art von Flaschenblut jedoch durchsetzen würde, war unklar. Das Blut befand sich nicht in der üblichen Glasflasche mit dem Scanguards-Etikett, auf dem die Blutgruppe angegeben war, sondern in einer leichten, silberfarbenen Aluminiumflasche, die den Inhalt verbarg. „In Ordnung. Ich werde es kosten.“
„Großartig!“ Sebastian klopfte ihm sichtlich erfreut auf die Schulter. „Lass mich wissen, ob es dir schmeckt, okay? Aber sei ehrlich. Wenn es dir nicht schmeckt, sag mir einfach Bescheid, dann verfeinere ich das Rezept. Ich bin noch in der Testphase.“
Die Aufzugtüren öffneten sich.
„Mach ich.“ Cooper verließ den Aufzug und ging zu seinem SUV.
Durch den dichten Abendverkehr gelangte er nach North Beach, dem Viertel von San Francisco, das für seine lebhafte Restaurantszene bekannt war. Es grenzte an Telegraph Hill an, wo er, Lydia und ihre Eltern lebten – allerdings nicht im gleichen Haus. Da seine Wohnung aufgrund eines von seinem Nachbarn im Obergeschoss verursachten Wasserschadens gerade renoviert wurde, wohnte Cooper derzeit bei seinem Onkel Wesley, einem erfahrenen Hexer, und seiner Frau Virginia, einer Hüterin der Nacht, einem übernatürlichen Wesen, das sich unsichtbar machen und durch Wände gehen konnte.
Cooper fand schließlich einen Parkplatz in einer Seitenstraße, zwischen dem Washington Square und der Gasse, in der erst wenige Stunden zuvor die Leiche der nackten Frau gefunden worden war. Sein Magen knurrte. Er war zu Scanguards geeilt, als er über die ausgeblutete Leiche informiert worden war, und hatte vergessen sich zu ernähren. Als Vampir-Hybride konnte er menschliches Blut durch normale menschliche Nahrung ergänzen, wenn er wollte, aber wie viele seiner Freunde trank er fast ausschließlich Blut. Das Trinken von Menschenblut war für einen Vampir-Hybriden genauso wichtig wie für einen reinblütigen Vampir. Es machte ihn stark, gab ihm Ausdauer und schärfte seine Sinne.
Es wäre am besten, wenn er sich jetzt ernährte, damit er scharfsinnig war, wenn er den Tatort besuchte. Er öffnete das Fach zwischen den beiden Vordersitzen des SUVs und holte die Flasche heraus, die Sebastian ihm kurz zuvor gegeben hatte. Er las das Etikett und schmunzelte. Sebastian hatte das Gebräu tatsächlich Blutspritzer genannt.
Cooper schraubte den Deckel ab. Wie ein Geysir spritzte die rote Flüssigkeit aus dem engen Flaschenhals und bespritzte sein Gesicht und seinen Hals.
„Scheiße!“
Er hielt die Flasche von sich weg in Richtung der Beifahrerseite des Wagens, um zu verhindern, dass ihn noch mehr kohlensäurehaltiges Blut besudelte. Aber der Schaden war bereits angerichtet. Der Kragen und der obere Teil seines weißen Hemdes waren mit Blut bespritzt.
Cooper griff nach der Schachtel Kleenex hinter seinem Sitz, um sich das Blut von Gesicht und Hals zu wischen. Aber gegen die Blutspritzer auf seinem Hemd konnte er nichts machen. Er sah aus, als hätte er gerade ein Schwein geschlachtet.
„Sebastian, ich werde dich erwürgen!“
Gleich nachdem er damit fertig war, die Gasse zu erkunden, in der die tote Frau abgelegt worden war.
Anita erhielt den Anruf, gerade als sie ihr Abendessen in einem kleinen italienischen Restaurant unweit des Airbnbs, in dem sie seit ihrer Ankunft in San Francisco wohnte, beendete. Die Zwei-Zimmer-Wohnung lag am Rande von North Beach und Anita war überrascht gewesen, dass sie kurzfristig etwas so Nettes ergattert hatte.
Sie hatte die letzte Woche damit verbracht, durch die Stadt zu ziehen, um Ladenbesitzern und Kellnern in Restaurants Janet Fillmores Foto zu zeigen und dabei nach einem weißen Lieferwagen mit einem Aufkleber der San Francisco Giants Ausschau zu halten. Leider gab es zu viele weiße Vans und inzwischen hatte der Verdächtige genügend Zeit gehabt, den schlichten weißen Lieferwagen, den sie in Elko gesehen hatte, mit Aufklebern an den Seiten zu versehen, um ihm ein anderes Aussehen zu geben.
Sie war auch zur Polizei gegangen, hatte einem Beamten ihren Ausweis vom Elko Sheriff’s Department gezeigt und darum gebeten, benachrichtigt zu werden, wenn eine Frau, auf die Janet Fillmores Beschreibung passte, tot oder lebendig in der Stadt gefunden wurde. Sie wusste, dass die Polizei von San Francisco nicht verpflichtet war, mit ihr zusammenzuarbeiten, da sie ihre Anfrage nicht über die offiziellen Kanäle gestellt hatte, aber sie wusste, dass man sie aus professioneller Verbindlichkeit kontaktieren würde, sollte Janet in San Francisco auftauchen.
„Deputy Diaz? Hier ist Stan Drummond, SFPD.“
Anitas Herz raste außer Kontrolle. Sie hatte diesen Anruf sowohl gefürchtet als auch erhofft. „Officer Drummond? Hat man sie gefunden?“
„Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber vor ein paar Stunden wurde eine Frau, auf die die Beschreibung Ihrer Freundin passt, tot in einer Gasse in North Beach aufgefunden.“
„Ach du lieber Gott.“ Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Wenn das Janet war, dann war sie zu spät gekommen. „Sie sagten, Sie seien sich nicht hundertprozentig sicher. Hatte sie keinen Ausweis bei sich?“
„Scheinbar nicht. Und noch schlimmer: Offenbar war sie nackt, als sie gefunden wurde. Es tut mir leid, Deputy. Ich wünschte, ich könnte Ihnen bessere Neuigkeiten überbringen.“
Anita schluckte die Galle hinunter, die in ihr hochkam. „Kann ich kommen und sie identifizieren?“
„Ähm, ja, aber Sie müssen bis morgen warten. Gehen Sie einfach in die Leichenhalle der Stadt. Ich hoffe, Sie haben einen starken Magen. Ich habe die Leiche nicht gesehen, aber soweit ich weiß, ist sie vollkommen blutlos.“
„Sie ist ausgeblutet?“
Anita schloss die Augen, um die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen. Sie durfte ihren Gefühlen im Moment nicht nachgeben. Wenn die Leiche ausgeblutet war, war der Mörder mit ziemlicher Sicherheit derselbe, der andere Frauen in Nevada, Idaho, Oregon, Washington und Kalifornien entführt und getötet hatte. Sie war auf der richtigen Spur. Allerdings etwas zu spät.
„Danke, Officer Drummond. Noch etwas: Wissen Sie, wo genau sie gefunden wurde? Ich würde mir den Tatort gerne selbst ansehen.“
Er seufzte. „Ähm, das sollte ich Ihnen eigentlich nicht sagen. Es wird geheim gehalten, denn wir wollen keine Panik in der Stadt auslösen. Bisher hat die Presse davon noch nichts mitbekommen, aber da Sie für eine Strafverfolgungsbehörde arbeiten, sehe ich keinen Schaden darin. Ich schicke Ihnen die Adresse per SMS.“
„Danke schön. Ich weiß Ihre Hilfe sehr zu schätzen.“
„Gern geschehen.“
Es gab ein Klicken in der Leitung. Einen Moment später summte ihr Handy und zeigte eine Nachricht von Stan Drummond an: die Adresse, wo die Leiche gefunden worden war. Sie tippte darauf und öffnete die Karten-App. Die Straße war nur ein paar Blocks vom Restaurant entfernt. Laut App würde der Fußweg dorthin zehn Minuten dauern.
Anita bezahlte ihre Rechnung und stand auf. Auf der Toilette kramte sie in ihrer Handtasche und holte ihre Waffe und das Schulterhalfter heraus. Sie war jetzt froh, dass ihr Vater sie nicht suspendiert hatte, sonst hätte sie ihre Waffe nicht bei sich. Bewaffnet fühlte sie sich sicherer, wenn sie nachts durch die Straßen streifte, insbesondere in einer Stadt, die sie nicht sehr gut kannte. Sie musste auf alles vorbereitet sein. Anita streifte das Schulterhalfter über ihren Pullover, steckte dann die Waffe hinein und zog ihre lässige Windjacke an. Sie passte ihre Kleidung so an, dass die Waffe nicht sichtbar war, bevor sie das Restaurant verließ. Draußen auf dem Bürgersteig orientierte sie sich und prägte sich die Route ein, die ihre Handy-App vorschlug. Sie steckte ihr Handy in die Jackentasche, weil sie nicht wie jemand aussehen wollte, der sich nicht auskannte. Dadurch würde sie wie leichte Beute wirken. Und das Letzte, was sie jetzt brauchte, war ein Straßendieb, der sie von ihrer Mission ablenkte.
Es war feucht und neblig, genau wie tagsüber. Mai-Grau nannten die Bewohner dieses Wetter. Anscheinend folgte diesem die Juni-Düsternis. Willkommen im sonnigen Kalifornien! Sie war froh, dass sie Jeans und T-Shirts eingepackt hatte. An ihrem ersten Tag in der Stadt hatte sie sich zwei Pullover gekauft, um die kalte Luft fernzuhalten. Das Sommerkleid, das sie eingepackt hatte, befand sich noch in ihrem Koffer und würde während ihres gesamten Aufenthalts dort bleiben.
Jetzt, in der Dunkelheit, ließ der Nebel die Stadt unheimlich aussehen. Instinktiv zitterte sie trotz Pullover und Jacke. Dennoch war sie aufgeregt, hier zu sein, nicht nur, weil sie den Serienmörder fangen wollte, den sie Midnight-Bleeder genannt hatte. Es gab noch etwas anderes hier in San Francisco, das sie dazu veranlasste, die Stadt genauer zu erkunden. Sie liebte die viktorianische Architektur, die engen und steilen Straßen, die alten Cable Cars, die ausgezeichneten Restaurants und die lebhaften Bars und Clubs.
Für einen Moment erlaubte sie sich zu träumen, dass sie das Kleinstadtleben hinter sich lassen und in relativer Anonymität in der Großstadt leben würde. Es wäre ein Entkommen und vielleicht sogar die beste Lösung. Vielleicht würde ihr das Verlassen Nevadas einen Abschluss verschaffen und ihr helfen, endlich über den Tod ihrer Mutter hinwegzukommen – und sie musste tot sein, denn wäre sie noch am Leben, hätte sie inzwischen Kontakt zu ihrer einzigen Tochter aufgenommen. Vielleicht würde ihr eine neue Stadt einen Neuanfang, ein neues Leben ermöglichen. Nicht, dass sie überhaupt davon träumen konnte, in San Francisco zu leben. Die Immobilienpreise waren unerschwinglich und selbst die Miete einer Zwei-Zimmer-Wohnung lag weit über ihrem Budget.
Als sie weiterging, bemerkte sie, dass es um sie herum ruhiger wurde. Sie war mehrere Blocks von der Hauptstraße von North Beach, der Columbus Avenue, entfernt, wo sich die meisten Restaurants und Bars befanden. Aber hier, in den engen Gassen, die sich über einen der vielen Hügel San Franciscos erstreckten, begegnete ihr niemand. Hin und wieder fuhr ein Auto langsam an ihr vorbei, höchstwahrscheinlich auf der Suche nach einem schwer zu findenden Parkplatz. Anita hatte ihr eigenes Auto auf einem dem Airbnb zugewiesenen Parkplatz gelassen, weil ihr am ersten Tag klar geworden war, dass es an ein Wunder grenzte, in San Francisco einen Parkplatz zu finden.
Sie holte ihr Handy heraus, um ihren GPS-Standort zu überprüfen. Der Punkt zeigte an, dass sie ihr Ziel erreicht hatte. Sie hätte die Gasse verpasst, wenn sie nicht auf die App geschaut hätte. Der Grund dafür war sofort klar: Die Straßenlaterne am Eingang war durchgebrannt und die Gasse selbst war so eng, dass nur ein einziges Auto passieren konnte. An einer Seite reihten sich ein paar Müllcontainer. Als Anita am Eingang der dunklen Gasse stand und hochblickte, bemerkte sie, dass die linke Seite von etwas flankiert wurde, das ein großes Wohnhaus zu sein schien. Auf der rechten Seite stand ein industrielles Gebäude ohne Fenster zur Gasse. Es war der perfekte Ort, um jemanden ungesehen zu töten.
Anita spähte in die Dunkelheit und wollte gerade ihre Taschenlampe aus ihrer Handtasche nehmen, als sie in der Ferne eine Bewegung wahrnahm. Sie machte einen Schritt in die Gasse hinein, sodass sie in völliger Dunkelheit war und die Person, die weiter hinten in der Gasse war, sie nicht sehen konnte. Als sie schnell wieder zur Straße zurückblickte, bemerkte sie, dass es nirgends eine Polizeiabsperrung gab, die den Zugang zum Tatort versperrte. Hatte die Spurensicherung den Tatort bereits untersucht?
Anita blieb so ruhig wie möglich, während sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Das Geräusch von Schritten drang zu ihren Ohren. Wer lief dort hinten herum? War der Mörder zurückgekommen und hatte nach etwas gesucht, das er möglicherweise verloren hatte, als er sein Opfer getötet hatte? Es war möglich. Oder vielleicht war er zurückgekommen, um seine Handlung noch einmal zu durchleben. Vor allem Serienmörder hatten Freude daran, ihre Taten immer wieder durchzuleben. Hatte er vielleicht sogar beobachtet, wie die Polizei zur Aufklärung des Tatorts eintraf und die Leiche abtransportierte? Ein kranker Bastard wie der Midnight-Bleeder war höchstwahrscheinlich hier geblieben, um zuzusehen.
Anita wusste, dass sie vorsichtig sein musste. Sie zog ihre Waffe aus dem Schulterhalfter und schlich sich leise an der Wand entlang tiefer in die Gasse hinein. Sie war froh, dass sie sich für Turnschuhe entschieden hatte anstelle ihrer schweren Stiefel, die die Person in der Gasse auf ihre Anwesenheit aufmerksam gemacht hätten. Als plötzlich Licht einen Teil der Gasse erhellte, wurde ihr klar, dass jemand im zweiten oder dritten Stock des Wohnhauses in einem Zimmer eine Lampe angeschaltet hatte. Die schwache Lichtquelle schien direkt auf einen großen Mann, der nun ebenfalls aufblickte.
Sie hörte, wie er etwas vor sich hin murmelte, als er sich nur ein paar Grad in ihre Richtung drehte. Das reichte ihr, sein Gesicht und seinen Oberkörper deutlich zu sehen.
Anita unterdrückte einen Fluch und umklammerte instinktiv ihre Waffe fester. Das Gesicht war das eines Mannes in den Zwanzigern oder Dreißigern – sie war noch nie besonders gut darin gewesen, das Alter einer Person zu schätzen. Er sah ziemlich gut aus. Sein Gesicht war glattrasiert, sein Kinn gemeißelt, seine Wangenknochen hoch und sein dunkles Haar ultrakurz. Um seine Iris war ein roter Rand, der seine Augen blutunterlaufen erscheinen ließ, aber das konnte eine optische Täuschung sein. Was definitiv keine optische Täuschung war, war das Blut auf seinem weißen Hemd. Sie konnte deutlich rote Punkte unterschiedlicher Größe auf seinem Kragen und bis hinunter zum dritten Knopf seines Hemdes erkennen. Während ihrer Ausbildung an der Polizeiakademie und bei der Ermittlung an Tatorten hatte sie viele Muster von Blutspritzern gesehen, um zu wissen, um was es sich handelte. Das Muster auf dem Hemd dieses Mannes schien dadurch entstanden zu sein, dass jemand einer Person die Arterie aufgeschlitzt hatte. Das Durchschneiden einer Arterie, um eine Frau auszubluten. Die Frau, die erst Stunden zuvor hier aufgefunden worden war.
Das konnte nur eines bedeuten: Er war der Mörder und er war zum Tatort zurückgekehrt. Es spielte keine Rolle, warum. Das Einzige, was zählte, war, dass er nicht entkommen durfte. Sie musste handeln, bevor er erneut verschwand und eine weitere Frau entführte und tötete. Er musste um jeden Preis gestoppt werden. Sie hatte keine Zeit, auf Verstärkung zu warten.
Anita hob ihre Waffe und zielte in Richtung des Verdächtigen.
„Polizei! Hände hinter den Kopf! Sofort!“
Cooper drehte sich auf dem Absatz um zu der Person, die ihm den schroffen Befehl erteilt hatte, und erwartete, einer übereifrigen uniformierten Polizistin des SFPD gegenüberzustehen. Stattdessen sah er eine junge Frau in Zivil, die eine Waffe auf ihn gerichtet hielt. Obwohl sie in der Dunkelheit stand, konnte er sie dank seiner überlegenen Vampirsicht gut genug sehen, um sie schnell einzuschätzen.
Die Frau war ungefähr in seinem Alter, vielleicht ein paar Jahre jünger. Ihr langes blondes Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, wodurch ihre perfekte Gesichtsstruktur und ihre olivfarbene Haut zum Vorschein kamen. Sie war wunderschön. Ihre blauen Augen fixierten ihn, und trotz der aggressiven Haltung, die sie mit ihrer Waffe eingenommen hatte – sie richtete sie direkt auf ihn, den Finger am Abzug – erkannte er einen Anflug von Furcht in ihrem Gesichtsausdruck. Sie war mutig, hatte aber auch Angst. Sie sah in ihm eine Bedrohung. Hatte er versehentlich seine Vampirseite gezeigt? Cooper fuhr schnell mit der Zunge über seine Eckzähne, um sich zu vergewissern, dass seine Fänge nicht ausgefahren waren. Das waren sie nicht. Er wusste auch, dass seine Augen nicht grell rot leuchteten, sonst wäre seine Sicht rot gefärbt, was aber nicht der Fall war.
„Ich sagte: Hände hinter den Kopf! Ich werde es kein drittes Mal sagen.“
Es wäre ein Leichtes, sie durch Gedankenkontrolle dazu zu bringen, ihre Waffe fallen zu lassen, aber er wollte dem Polizeichef nicht erklären müssen, dass er die Erinnerung einer Polizistin löschen musste. Obwohl Polizeichef Mike Donnelly die Geheimnisse von Scanguards schon jahrzehntelang hütete, zog er es vor, dass Vampire sich seinen Untergebenen nicht offenbarten, wenn dies vermeidbar war. Und in diesem Fall war es vermeidbar.
Cooper hob langsam die Arme und legte seine Hände an seinen Hinterkopf. „Entschuldigen Sie, Officer, aber ich glaube, Sie machen einen Fehler. Ich habe nichts verbrochen.“
Sie schnaubte und deutete mit dem Kinn auf ihn. „Dein Hemd sagt mir was anderes.“
Er warf einen Blick auf seine Brust. Es überraschte ihn, dass sie die Blutflecken im Dunkeln hatte ausmachen können. Anscheinend hatte die Frau ein ausgezeichnetes Sehvermögen. Und die Art und Weise, wie Sebastians Blutspritzer sein Hemd befleckt hatte, sah tatsächlich so aus, als hätte er jemanden brutal ermordet. Dem konnte er nicht widersprechen. Doch er musste das Missverständnis aufklären.
„Das kann ich erklären.“
„Sicher kannst du das. Auf dem Polizeirevier.“ Sie trat näher, die Waffe immer noch auf ihn gerichtet. „Jetzt leg dich auf den Boden, mit dem Gesicht nach unten.“
„Du machst einen Fehler.“
Sie gestikulierte mit der Waffe. „Das hast du bereits gesagt. Jetzt leg dich hin.“
Er zuckte mit den Schultern. „Na gut.“ Sie würde ihm in Kürze eine Entschuldigung schulden. Und er freute sich auf diese Worte, die über ihre zum Küssen einladenden Lippen rollen würden. Cooper ließ sich auf den Boden sinken und beließ dabei die Hände an seinem Hinterkopf. Er kannte die Prozedur.
Er drehte den Kopf, um sie anzusehen, als sie nähertrat. „Du wirst mir wirklich Handschellen anlegen, oder? Es ist nicht so, dass ich nicht auf Handschellen stehe, aber das ist nicht wirklich der richtige Ort dafür.“ Als er bemerkte, dass sie empört schnaubte, konnte er nicht anders und lachte leise. „Du solltest mir wenigstens vorher ein Abendessen spendieren.“
Einen Moment später ließ sie eine Handschelle um sein linkes Handgelenk einrasten und zog den Arm auf seinen Rücken, dann tat sie dasselbe auf der rechten Seite.
Dann befahl sie: „Steh auf.“
Cooper stand auf und drehte sich ihr zu. „Jetzt wo du deinen Spaß hattest, wie wäre es, wenn du das Revier anrufst und nach dem Polizeichef fragst? Er wird alles aufklären. Es besteht kein Grund, die Zeit der Polizei mit einer falschen Festnahme zu verschwenden.“
„Glaubst du, ich bin dumm? Hier ist genau die Stelle, wo erst vor wenigen Stunden jemand tot aufgefunden wurde, und ich finde dich hier, voller Blut, ganz offensichtlich auf der Suche nach etwas. Sag mir, hast du etwas verloren, das uns auf deine Spur geführt hätte? Bist du deshalb zurückgekommen?“
Scheiße! Wie viele Menschen wussten bereits von der Leiche? Hatte Donnelly nicht dafür gesorgt, dass dies geheim gehalten wurde?
„Du warst nicht eine der Polizisten, die den Leichnam gefunden haben“, sagte er und musterte sie. „Wie heißt du?“
„Das geht dich nichts an.“
„Na gut. Du willst die harte Tour? Dann machen wir es auf die harte Tour. Ich möchte, dass du Polizeichef Mike Donnelly anrufst. Jetzt. Hier. Ich mache keinen weiteren Schritt, bis du es tust.“ Und wenn sie ihm noch mehr Ärger machte, würde er einfach die Handschellen aufbrechen – da sie nicht aus Silber waren, einem Metall, das kein Vampir zerbrechen konnte – und ihre Erinnerung an den Vorfall löschen.
Sie warf ihm einen erbosten Blick zu, doch nach ein paar Sekunden, die ihm wie Minuten vorkamen, holte sie schließlich ihr Handy heraus und tippte eine Nummer ein.
Cooper hörte das leise Klingeln des Telefons, obwohl er einige Meter von der Frau, die ihn verhaftet hatte, entfernt stand.
„San Francisco Police Department, wie darf ich Ihren Anruf weiterleiten?“
„Den Polizeichef bitte.“
„Ihr Name bitte?“
„Deputy Anita Diaz, Sheriff’s Department in Elko County.“
Cooper hob eine Augenbraue. „Du bist nicht mal in deinem Zuständigkeitsort.“
Anita warf ihm einen tadelnden Blick zu.
„Ich fürchte, der Polizeichef ist heute Nacht schon weg. Kann Ihnen jemand anderer helfen?“
Sie zögerte.
„Sag ihm, es geht um Scanguards“, sagte Cooper schnell.
„Was soll das bedeuten?“
„Sag es einfach“, beharrte er. „Er wird meinen Anruf entgegennehmen. Ich bin Cooper Montgomery von Scanguards.“
„Deputy?“, fragte die Frau am anderen Ende des Telefons.
„Ähm, könnten Sie dem Polizeichef mitteilen, dass es um Cooper Montgomery von Scanguards geht?“
„Oh, natürlich, einen Moment, ich stelle Sie zu seinem Handy durch.“
Fassungslos sah Anita ihn an. Sie hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, dass der Polizeichef plötzlich verfügbar war. Cooper stand da und grinste. Oh ja, er würde auf jeden Fall eine Entschuldigung bekommen, und jetzt freute er sich noch mehr darauf. Und wenn er seine Karten richtig ausspielte, könnte er wahrscheinlich sogar noch mehr bekommen.
„Hier ist Donnelly. Coop? Was ist los?“ Donnellys Stimme war so laut, dass sogar ein Mensch ohne überlegenem Hörsinn ihn gehört hätte.
„Sir? Chief Donnelly? Ich bin Anita Diaz. Ich bin Deputy des Sheriff’s Departments in Elko County.“
„Elko County? Wo ist das?“
„In Nevada, Sir. Ich habe einen Cooper Montgomery verhaftet.“
„Was zum Teufel macht er in Nevada?“
„Er ist nicht in Nevada. Er ist in San Francisco.“
„Aber Sie sagten, Sie kommen aus Nevada. Ist das ein Streich?“
„Nein, Sir. Kein Streich. Ich bin hier in San Francisco und habe Mr. Montgomery wegen Mordverdachts verhaftet.“
„Mord? Was zum Teufel?“
Cooper konnte sein Grinsen nicht für sich behalten. Er wusste, wie es Donnelly nervte, wenn die Leute nicht sofort zur Sache kamen.
„Ja, ähm, es geht um die Frau, die heute Nacht tot aufgefunden wurde. Ich habe ihn in der Gasse vorgefunden, wo es passiert ist. Er hat überall Blutspritzer auf seinem Hemd.“ Anita redete schnell, die Worte purzelten förmlich über ihre Lippen.
„Erstens mal sollte Cooper genau dort sein. Er ermittelt in dem Mordfall. Und zweitens: Woher wissen Sie überhaupt von der toten Frau? Wir haben das geheim gehalten. Und drittens befinden Sie sich weit außerhalb Ihrer Zuständigkeit! Sie können nicht einfach einen meiner Männer verhaften. Lassen Sie mich mit ihm reden! Jetzt!“
„Jawohl. Entschuldigen Sie, Sir.“
Mit einem Gesicht rot wie eine reife Tomate, überbrückte Anita die Distanz zwischen ihnen mit zwei Schritten und versuchte, ihm das Handy zu reichen, doch Cooper zuckte mit den Schultern und machte sie auf seine Hände, die immer noch auf dem Rücken gefesselt waren, aufmerksam.
„Halt es einfach für mich“, befahl er Anita schnell und sie hielt ihm das Handy ans Ohr. „Hey, Mike.“
„Coop? Willst du mir sagen, was los ist?“
Donnellys Stimme war genauso laut wie zuvor, und auch ohne den Anruf auf den Lautsprecher zu stellen, wusste Cooper, dass Anita jedes einzelne Wort ihrer Unterhaltung mithören konnte.
„Nur ein kleines Missverständnis. Ich bin am Tatort und suche nach Hinweisen. Ich schätze, ich sah ein wenig verdächtig aus.“ Er zwinkerte Anita zu, die noch roter wurde. Er hatte nicht vorgehabt, sie in Verlegenheit zu bringen, aber als sie darauf bestanden hatte, ihm Handschellen anzulegen, hatte er keine andere Wahl gehabt, als Donnelly für ihn bürgen zu lassen. „Mach dir keine Sorgen. Mein Team ist an der Sache dran. Ich werde dich auf dem Laufenden halten.“
„Danke, Coop. Ruf mich jederzeit an, falls dich noch ein anderes Landei verhaften möchte.“
„Du weißt schon, dass sie das gehört hat, oder?“
„Sag ihr, sie soll die Finger von meinen Männern lassen. Nacht, Coop.“
Es gab ein Klicken in der Leitung. Donnelly hatte aufgelegt.
„Keine Sorge, er ist nicht wirklich sauer“, sagte Cooper mit einem Blick auf Anitas gerötetes Gesicht. Er drehte sich halb um und zeigte ihr seine gefesselten Hände. „Macht es dir was aus, mir die Handschellen abzunehmen?“
Anita griff in ihre Handtasche und zog den Schlüssel heraus. Er drehte ihr den Rücken zu und sie öffnete die Handschellen. „Warum hast du dich nicht als Polizist identifiziert?“
Jetzt frei, drehte sich Cooper zu ihr um. „Weil ich keiner bin. Ich bin Privatdetektiv.“
„Und du bist mit dem Polizeichef per Du?“
Cooper zuckte mit den Schultern. „Ich kenne Mike schon mein ganzes Leben lang.“ Dann holte er Luft. „Also, wegen deiner Entschuldigung, mich fälschlicherweise verhaftet zu haben …“
„Welche Entschuldigung?“