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Dieser Crashkurs geht vertieft auf die Bereiche Social-Media-Marketing, Local-Online-Marketing und Mobile-Marketing ein und analysiert das Zusammenspiel der drei zentralen Säulen des digitalen Marketings. Er vermittelt kompaktes Praxiswissen und zeigt, wie Sie neue Potenziale für Ihre Marketingstrategie erschließen können. Alle Maßnahmen lassen sich auch ohne allzu großes Budget und ohne ein spezialisiertes Marketingteam umsetzen. Sie erhalten einen fachlich fundierten Leitfaden für digitale Marketingstrategien, die wirken. Neu in der 2. Auflage: - TikTok - Die neuen Möglichkeiten mit Facebook- und Google-Ads - Tools, wie das Creator Studio - Instagram Shopping - Aktuelle Tipps für Local SEO und lokale Facebook Ads - Die neuen Möglichkeiten für Mobile Websites (Progressive Web Apps)Arbeitshilfen online: - Ausführliche Leitfäden für erfolgreiches SoLoMo-Marketing - Fragebogen für die Social Media Strategie - Vorlage für ein einfaches Webcontrolling zur Überprüfung der Social Media Erfolge - Checkliste zur Vermeidung möglicher Fallstricke
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Seitenzahl: 351
Haufe Lexware GmbH & Co KG
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.
Print:
ISBN 978-3-648-14781-8
Bestell-Nr. 10427-0002
ePub:
ISBN 978-3-648-14785-6
Bestell-Nr. 10427-0101
ePDF:
ISBN 978-3-648-14787-0
Bestell-Nr. 10427-0151
Felix Beilharz
Crashkurs Digitales Marketing
2. Auflage, Februar 2021
© 2020 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Produktmanagement: Judith Banse
Lektorat: Peter Böke
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.
SoLoMo – wenn ich in meinen Seminaren dieses Konzept vorstelle, schauen mich in der Regel große Augen an. Die Wenigsten kennen die Bedeutung dieses Akronyms. Es ist erstaunlich, wie wenig bekannt der Begriff ist, angesichts der Bedeutung der dahinterstehenden Konzepte. Dieses Buch soll Abhilfe schaffen.
SoLoMo ist keine japanische Küche, kein biblischer König mit unermesslichen Reichtümern und auch keine neue Snowboard-Marke. SoLoMo besteht aus den Begriffen »Social«, »Local« und »Mobile« und ist damit die Zusammenführung dreier der wichtigsten Megatrends der letzten Jahre. Das Besondere ist, dass diese drei Nutzungsweisen zu einem einzigen Trend verschmolzen sind.
Jemand, der in eine fremde Stadt reist, dort sein Handy hervorholt und seine Facebook-Freunde fragt, ob jemand ein gutes Restaurant in der Stadt empfehlen könne, ist bereits mitten drin im SoLoMo-Thema.
Jemand, der sein Handy zückt und die Bewertungen einer Autowerkstatt bei Yelp durchliest, praktiziert SoLoMo, ohne es zu wissen.
Und auch jemand, der via Facebook im Fitnessstudio seine Freunde wissen lässt, dass er gerade die Neujahrsvorsätze umsetzt, gehört zum SoLoMo-Clan.
Aber auch für sich genommen bieten die drei Bereiche jede Menge Potenzial. In diesem Buch tun wir beides: Wir gehen vertieft auf jeden der drei Bereiche Social-Media-Marketing (Kapitel 2), Local-Online-Marketing (Kapitel 3) und Mobile-Marketing (Kapitel 4) ein und analysieren auch das Zusammenspiel, wo immer es möglich ist.
Dabei richten wir uns vor allem an kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), vom Ein-Mann-Betrieb bis zum kleinen mittelständischen Betrieb, der sein Marketing endlich vernünftig digitalisieren will. Alle Maßnahmen sind ohne allzu großes Budget und ohne Marketingteam von der Größe eines eigenen kleinen Unternehmens umsetzbar. Was nicht heißt, dass nicht auch Beispiele größerer Unternehmen untersucht werden, wenn man davon etwas Wichtiges lernen kann. Aber wir werden immer von der Prämisse ausgehen, dass keine Millionenbudgets und keine nahezu unbegrenzte Manpower zur Verfügung stehen. Auch ist dies kein Buch für High-End-Profis, die ohne[12]hin schon jede Branchenkonferenz besuchen. Dieses Buch ist für »die anderen 90 %«: Unternehmen, die die ersten Schritte tun wollen oder nach weiteren Ansätzen suchen und neue Potenziale im digitalen, lokalen und sozialen Marketing erschließen wollen. Diese Unternehmen finden hier eine Menge Tipps, Anleitungen und Anregungen.
Natürlich handelt es sich hier um einen Crashkurs, wie der Titel bereits verrät. Auf jedes der behandelten Themen könnte man tiefer eingehen und für die meisten Themen existieren auch Bücher, die sich ausschließlich um einzelne Teilaspekte drehen. Hier steht vor allem der »Hands-on«-Ansatz im Vordergrund. Kompaktes, praxisrelevantes Wissen, das Sie sofort umsetzen können. Die Online-Arbeitshilfen zum Buch auf www.haufe.de/mybook.de helfen Ihnen dabei. Geben Sie dort einfach den Buchcode ein, der auf der letzten Seite im Buch abgedruckt ist.
Zu Beginn lohnt sich eine kurze Betrachtung der Entwicklungen, die das Internet uns mittlerweile setzt. Das Netz ist schon lange keine Option mehr, sondern unverzichtbarer Bestandteil verschiedenster Unternehmensbereiche. Auch wenn wir uns hier vorwiegend mit dem Marketing beschäftigen, spielt das Internet eine immer wichtiger werdende Rolle auch für die Beschaffung, die Personalpolitik, Produktionsprozesse oder interne Kommunikation. Die Digitalisierung ist allgegenwärtig. Schlagworte wie Internet of Things (IoT), Industrie 4.0 oder Big Data werden zunehmend auch für kleine Unternehmen relevant. Wer auch in Zukunft noch mithalten will, muss sich zwingend mit diesen Themen auseinandersetzen.
In den letzten Jahren hat sich einiges getan, was Digitalisierung von Unternehmen und insbesondere des Marketings angeht. 2015 hatten nur 48 % der Handwerksbetriebe eine eigene Website – 2020 sind es bereits 97 % (ob diese allerdings aktuellen Anforderungen entsprechen, sei mal dahingestellt). Immerhin 84 % sind bei Google Maps vertreten und 30 % nutzen Social Media. Dann wird es allerdings auch schon dünn. Nur 19 % schalten Werbeanzeigen im Netz und nur 14 % nutzen E-Mail-Marketing. (https://www.handwerk.com/so-digital-sind-handwerksbetriebe-im-jahr-2020).
Das Handwerk steht hier exemplarisch für kleinere Unternehmen. Generell lässt sich die Lage wohl so zusammenfassen: Es hat sich viel getan, es bleibt aber immer noch viel Luft nach oben. Und genau dabei will dieses Buch helfen.
[13]Die Nutzer haben das Internet nämlich schon lange fest in ihrem Alltag integriert. Ganze 94 % der Bundesbürger nutzen das Internet zumindest gelegentlich und auch die älteren Generationen (Ü60 und Ü70) holen seit Jahren auf. WhatsApp wird zum Beispiel von 43 % der Senioren über 70 genutzt. (ARD/ZDF-Onlinestudie 2020).
Abb. 1: Aktuelle Online-Nutzung in DeutschlandQuelle: ARD/ZDF-Onlinestudie 2020
Weitere Zahlen lasse ich in diesem Buch an den relevanten Stellen einfließen. Niemand will am Beginn eines Buches mit langen Zahlenkolonnen erschlagen werden.
Zu großen Teilen wir das Internet durch amerikanische Gatekeeper kontrolliert. Diese zu verstehen und zu nutzen ist unabdingbar, um online erfolgreich zu agieren. Für Unternehmen sind das nach wie vor vor allem die Unternehmen Google, Amazon, Facebook und Apple (abgekürzt auch GAFA), die zusammengenommen den einen großen Teil der Internetaktivitäten in der westlichen Welt bündeln.
[14]Google ist für Unternehmen der wichtigste Traffic-Lieferant geworden. Gleichzeitig herrscht Google über das größte Anzeigensystem der Welt, das sowohl für lokale Kleinunternehmen wie auch für globale Konzerne extrem wertvoll sein kann. Mit Google Maps und YouTube gehören zwei weitere wichtige Kanäle zum Google-Konzern. Für Online-Shops ist Google Shopping mittlerweile zum unverzichtbaren Werbekanal geworden.Wer mit einer klaren Kaufabsicht nach Produkten sucht, geht immer häufiger nicht mehr den Umweg über Google, sondern startet seine Suche direkt bei Amazon. Über die Amazon-Plattform können auch lokale Einzelhändler und kleine Shopbetreiber ihre Produkte einstellen und einem großen Publikum zugänglich machen. Viele Schuhhändler zum Beispiel verkaufen über Plattformen wie schuhe24.de am Tag eine Handvoll Produkte, über Amazon gleichzeitig aber mehrere Dutzend. Wer heute im E-Commerce tätig ist, kommt um Amazon kaum mehr herum. Die Marktmacht des Konzerns ist gewaltig – die Abhängigkeit der Händler leider auch.Social-Media-Marketing lässt sich, zumindest in Deutschland, mit einem Wort zusammenfassen: Facebook. Facebook ist das größte Social Network in Deutschland mit einer flächendeckenden Nutzung in allen Bevölkerungsschichten. Und auch die nächstgrößten Dienste und Plattformen der Welt wie Instagram, WhatsApp oder der Messenger gehören zum Konzern. Die Reichweite dieser Kanäle liegen weit über dem Wettbewerb, was sie nicht nur zu idealen Werkzeugen für die Kundenkommunikation, sondern auch zu perfekten Plattformen für Werbeanzeigen macht.Apple spielt im Marketing vor allem durch den iTunes-AppStore eine wesentliche Rolle. Wer Podcasts produziert und im Marketing einsetzt, ist auf ein gutes Ranking bei iTunes angewiesen. Wer eine App bekannt machen will, sollte sich auch intensiv mit dem System beschäftigen.Die vier GAFA-Kanäle beherrschen den Markt zu großen Teilen. Sie treiben neue Technologien voran, schaffen Markteintrittsbarrieren, kontrollieren Preise und begründen Trends. Grund genug, sich im Marketing mit ihnen auseinanderzusetzen. In den letzten Jahren hat sich der Begriff teilweise in Richtung GAFAM (Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft) gewandelt und beinhaltet dann auch den Giganten Microsoft, zu dem unter anderem auch das Social Network LinkedIn gehört.
Eine wichtige Rahmenbedingung ist der zunehmende Wettbewerb in allen Bereichen. Mittlerweile sind wie oben festgestellt die meisten kleinen und mittleren [15]Unternehmen online. Und in den Google-Suchergebnissen konkurrieren Sie erst einmal mit allen anderen Websites, nicht nur mit Ihren direkten Wettbewerbern. Das heißt, Ihr Konkurrent ist bei Google nicht nur der Marktbegleiter, sondern auch der Blog zum gleichen Thema, das Branchenverzeichnis, die Hobby-Nischenseite oder das Fachforum. Jeder, der potenziell auf die gleichen Suchbegriffe abstellt wie Sie, muss als Konkurrent angesehen werden.
Ähnliches gilt auch im Bereich der sozialen Medien. Je mehr Wettbewerber die Kanäle für sich entdecken und ihr Marketing dort professionalisieren, desto schwieriger wird es, zum Endkunden durchzudringen. In der Kommunikationsforschung nennt man das »Rauschen« – der ständige »Lärm« aus Botschaften aus allen Richtungen, dem jeder Mensch heutzutage ausgesetzt ist. Durch dieses Rauschen durchzudringen und überhaupt noch wahrgenommen zu werden, ist heute Grundvoraussetzung und Herausforderung zugleich. Aufmerksamkeit ist zum knappen Gut, zur begehrten Ware geworden.
Auch rechtliche Rahmenbedingungen spielen eine Rolle. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat europäischen Unternehmen das Marketing-Leben in den letzten Jahren deutlich erschwert. Versprochene Wettbewerbsvorteile blieben aus, stattdessen rollen die ersten Klagewellen an. Vieles, was amerikanische Unternehmen im Marketing problemlos tun können, bleibt deutschen und europäischen Unternehmen verwehrt.
Das war übrigens auch vor der DSGVO schon so. Deutschland war beispielsweise eines der letzten Länder der Welt, in dem Google das Livestreaming via Google+ Hangouts on air eingeführt hat. Warum? Weil man in Deutschland zum regelmäßigen Senden an eine potenziell größere Zielgruppe und unter redaktioneller Aufmachung eine Rundfunksendelizenz benötigt. Das muss man sich einmal vorstellen: Ein 18-jähriger YouTuber, der jede Woche seine Lieblingsspiele online spielt und sein »Gezocke« live ins Netz stellt, muss dafür eine Rundfunksendelizenz erwerben (die bis zu 10.000 Euro kosten kann und mit relativ hohem bürokratischen Aufwand verbunden ist). Und das ist nur ein Beispiel von vielen.
Facebook-Plugins für die Website (wie z. B. der bekannte Like-Button, sofern Original-Scripte von Facebook verwendet werden) verstoßen gegen die DSGVO. Überhaupt ist bis heute nicht endgültig geklärt, ob Unternehmen in Deutschland [16]überhaupt eine Facebook-Fanpage betreiben dürfen oder ob sie damit bereits gegen den Datenschutz verstoßen (aktueller Stand: sie dürfen). Extra für Deutschland (und später Europa) hat Facebook ein Impressums- und Datenschutzfeld für Fanpages eingefügt. Übrigens: Dass Sie vor jedem Websitebesuch mittlerweile Ihr OK zur Nutzung von Cookies geben dürfen, ist dem europäischen Recht geschuldet. Fühlen Sie sich eigentlich sicher dadurch? Ich fühle mich ehrlich gesagt eher genervt.
Dann wurde 2020 das Privacy-Shield-Abkommen zwischen Amerika und Europa für ungültig erklärt. Damit durften amerikanische Dienste einigermaßen rechtssicher in Europa eingesetzt werden, auch wenn die Daten in den USA gespeichert werden. Damit ist jetzt Schluss bzw. der Einsatz amerikanischer Dienste wird deutlich erschwert. Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Buches ist noch keine Lösung für diese unglückliche Situation gefunden. Die meisten Unternehmen setzen natürlich weiterhin Google Analytics, Zoom, Adobe Fonts oder Microsoft Teams ein, auch wenn es streng genommen rechtlich äußerst bedenklich ist.
Die Beschriftung »Jetzt kaufen« bei Buttons in Online-Shops war eine Zeit lang unzulässig, da die Bezeichnung »kaufen« einem Richter nicht eindeutig genug auf die damit einhergehende Zahlungsverpflichtung hinwies. Und wenn es nach dem OLG München gegangen wäre, wäre beim Bestellen eines Newsletters die erste E-Mail, die zum Zwecke der Bestätigung versendet wird, nachdem sich jemand in einen Newsletter eingetragen hat, bereits unzulässiger Spam, da für den Versand keine Einwilligung vorliege (die ja mit dieser E-Mail und dem darin befindlichen Bestätigungslink überhaupt erst eingeholt werden soll). Ja, man kann in Deutschland als Online-Marketer schon manchmal verzweifeln.
Das soll Sie nicht beunruhigen, Sie aber durchaus warnen: Halten Sie sich über aktuelle Entwicklungen im Online-Recht auf dem Laufenden. Sonst drohen im schlimmsten Fall teure Abmahnungen. Zum Glück ist es nicht so schwer, sich über die wichtigsten Änderungen zu informieren. Es reicht schon, den bekannten Anwälten im Social Web zu folgen oder deren Newsletter zu abonnieren. Zu den bekanntesten Namen gehören:
RA Christian Solmecke: www.wbs-law.de (mit sehr gutem YouTube-Kanal und Blog)RA Niklas Plutte: www.ra-plutte.de (mit Blog und Podcast)RA Dr. Thomas Schwenke: www.drschwenke.de (aktiv mit Blog, Podcast und mit kurzen Rechts-Tipps auf Snapchat)RA Sören Siebert: www.e-recht24.de (umfangreiche Wissenssammlung und viele Tools)[17]Kanzlei für IT-Recht: www.it-rechts-kanzlei.de (mit sehr umfangreichem Blog und diversen Vorlagen für Rechtstexte)RA Dr. Carsten Ulbricht: www.rechtzweinull.de (ebenfalls als Blogger aktiv)RA Dr. Martin Schirmbacher: www.online-marketing-recht.de (Blogger und Autor eines umfangreichen Fachbuchs).Für individuelle Rechtsfragen sollten Sie auf jeden Fall einen auf das spezielle Rechtsgebiet fokussierten Anwalt zurate ziehen. Das ist (nicht nur, aber vor allem in Deutschland) gut investiertes Geld.
Um die in diesem Buch beschriebenen Strategien, Techniken und Taktiken zu verstehen, müssen wir zuvor ein paar wichtige Grundkonzepte klären, die allem zugrunde liegen.
In den letzten Jahrzehnten haben verschiedene Umwandlungsprozesse im Marketing stattgefunden. Früher war Marketing vor allem »Push« – Werbebotschaften wurden an den Verbraucher adressiert, ob dieser wollte oder nicht. Postwurfsendungen, Plakate, TV- und Radiowerbung, aber auch Bannerwerbung im Internet gehören eindeutig zur Kategorie Push-Marketing. Es handelt sich um Werbung, die in der Regel weder erwünscht ist noch erfreut aufgenommen, sondern meist eher als störend empfunden wird.
Diese Form der Werbung hat so sehr zugenommen, dass der Verbraucher bildlich gesprochen »mentale Filter« im Kopf eingerichtet hat. Erinnern Sie sich noch daran, welche Plakatwerbung Sie zuletzt gesehen haben? Welche Werbebanner haben Sie heute beim Streifzug durch das Internet so gesehen? Welche Werbespots liefen gestern im Fernsehen? Das meiste, mit dem wir so im Alltag an Werbung konfrontiert werden, geht völlig an uns vorbei. Im Internet spricht man von »Bannerblindheit« – Elemente, die wie Werbung aussehen, werden gar nicht mehr angeschaut.
Pull-Marketing geht einen anderen Weg. Dabei handelt es sich um Werbeformen, die der Kunde aktiv abruft, die er selbst haben will. Einen Katalog, den der Kunde zum [18]Beispiel im Laden freiwillig mitnimmt oder sich nach Hause bestellt, zählt zu dieser Kategorie. Ein Event, zu dem der Kunde sich freiwillig Tickets organisiert. Einen Newsletter, zu dem der Kunde sich anmeldet. Eine Facebook-Fanpage, bei der der Kunde auf den »Gefällt mir«-Button klickt. Ein YouTube-Channel, der abonniert wird. Ein Yelp-Eintrag, den sich der Kunde durchliest. Einen Eintrag in der Google-Suche, den der Kunde aktiv aufruft usw.
Pull heißt, die Werbung wird so gestaltet, dass der Kunde sie aktiv anfragt, sie geradezu haben will. Die Werbung zieht also den Kunden an, statt den Kunden mit der Werbung zu beschießen.
In letzter Zeit wurde das Push-Marketing durch verbessertes Targeting und effektivere Werbeformen wieder deutlich attraktiver. Facebook-Werbung zum Beispiel oder Video-Ads bei YouTube sind überaus wirkungsvolle Formen des Push-Marketings.
In der Praxis kommen daher oft beide Formen zum Einsatz. Auch hier im Buch bewegen wir uns zwar eher auf der Pull-Seite, diese wird oft ergänzt um Push-Ansätze. Eine Facebook-Fanpage ist Pull, Facebook-Anzeigen dagegen eher Push. Ein Listing bei Yelp ist Pull, bezahlte Ads dagegen gehen schon in Richtung Push (wenn auch nicht komplett, da der Kunde zumindest ja das Listing aktiv durch seine Suche angefragt hat und nun passende Anzeigen sieht). Eine Mischung ist sinnvoll und nützlich.
Ein besonders plastisches Beispiel für Pull-Marketing ist Content-Marketing, einer der größten Marketingtrends der letzten Jahre. Es vergeht keine Konferenz, es kommt keine Marketingzeitschrift heraus, es wird kaum ein Blogbeitrag über Online-Marketing geschrieben, ohne dass das Wort »Content-Marketing« fällt. Dabei ist Content-Marketing eigentlich gar nicht so neu.
Wenn ich in Vorträgen frage, wen die Teilnehmer für den Erfinder des Content-Marketings halten, kommen meist Antworten wie »Red Bull«, »Microsoft« oder »Apple«. Und natürlich nutzen diese Unternehmen Content-Marketing auf unterschiedliche Art und Weise. Der Ursprung des modernen Content-Marketings liegt aber woanders.
[19]Als das Automobil relativ neu war, war Autofahren vor allem eine Beschäftigung für die Wohlhabenden. Autos waren teuer, Benzin war teuer, Reifen waren teuer. Damit ein Reifenhersteller aber Geld verdient, müssen die Menschen mehr Auto fahren. Denn mehr Kilometer heißt abgenutzte Reifen heißt mehr Umsatz.
Also überlegte sich Michelin, wie man den Absatz ihrer Reifen steigern könnte. Man müsste die Menschen, die sich das Autofahren leisten können, dazu bringen, mehr Auto zu fahren. Und idealerweise das Autofahren insgesamt bekannter und beliebter machen. Doch wie? Aus dieser Frage entstand die erste Content-Marketing-Kampagne: Man erstellte ein Handbuch mit schönen Reisestrecken inklusive Kartenmaterial, Entfernungsangaben, aber auch Angaben zu Hotels, Reparaturwerkstätten usw. Das Ganze wurde ergänzt um ausführliche Anleitungen zum Reifenwechsel. Also eine Art Ratgeber und Straßenkarte in einem. Diesem »Guide Michelin« wurden einige Jahre später auch Restaurantbewertungen hinzugefügt. Natürlich nur Restaurants, zu denen sich eine Autofahrt wirklich lohnt. Diese Restaurants wurden mit Sternen ausgezeichnet. Zunächst nur mit einem Stern, später gab es dann drei Kategorien:
ein Stern: »Küche verdient besondere Beachtung«zwei Sterne: »verdient einen Umweg«drei Sterne: »ist eine Reise wert«Vielleicht denken Sie an diese Anekdote, wenn Sie mal (wieder) in einem Sterne-Restaurant essen. Alles fing mit einer Content-Marketing-Kampagne zur Absatzsteigerung von Autoreifen an.
Das Ziel des Content-Marketings ist es, das mentale Ausblenden von Werbung im Kopf der Kunden sowie das ständig sinkende Vertrauen in Werbung zu umgehen. Das kann gelingen, wenn statt auf plumpe Werbebotschaften auf wertvolle Inhalte gesetzt wird. Inhalte, die den Leser begeistern, ein Bedürfnis erfüllen, ein Problem lösen oder einfach nur gesteigerten Unterhaltungswert besitzen. Die Werbebotschaft ist höchstes am Rande zu erkennen. Die Werbewirkung wird durch die bloße Absenderschaft erzeugt – das Unternehmen wird plötzlich nicht mehr als nervende Werbeschleuder, sondern als hilfreicher Experte oder unterhaltsame Medienquelle gesehen. Amerikanische Marketer sagen dazu »annoying pest or welcome guest?« – nervige Plage oder willkommener Gast?
Content-Marketing kann dabei viele Formen annehmen:
Fun-Events mit hohem Unterhaltungswert (Red Bull ist bekannt für herausragende Events, die letztendlich nur den Markenwert der Energybrause steigern sollen)Ratgeber-Content (viele Unternehmen schaffen mittlerweile ganze Ratgeberportale auf ihren Websites)[20]Lustige Videos (bekannte Viral Clips wie die von Edeka oder Netto)Gewinnspiele oder VerlosungenWhitepaper und Case Studies (vor allem im B2B-Sektor beliebt)Ein umfangreiches Glossar oder Lexikon auf der Unternehmenswebsite steigert den Nutzwert und die Auffindbarkeit enorm.usw.Bei all diesen Formen ist wichtig: Es handelt sich nicht um pure Werbung. In einem Ratgeberbereich auf der Website geht es um Probleme, Hilfestellungen, Erklärungen, Beispiele usw. Wer ständig wieder auf das Produkt verweist, »entwertet« den Content, nimmt ihm die Unverdächtigkeit und die Wirkung.
Gutes Content-Marketing hat zahlreiche vorteilhafte Effekte:
Content wird bewusst und proaktiv konsumiert, statt wie Werbung nur »geduldet«.Content kann von Suchmaschinen indexiert werden und so die Reichweite nachhaltig erhöhen (ein Blog auf Ihrer Website kann zum Beispiel eine Goldgrube für bessere Suchmaschinenrankings werden).Guter Content wird gerne auch im Social Web oder per E-Mail geteilt. Bei schnöder Werbung ist das fast nie der Fall.Mit Content lassen sich Adressen und Leads generieren (z. B. Whitepaper zum Download gegen Adresseingabe).Content ist nachhaltiger. Während eine Werbeanzeige nur so lange zu sehen ist, wie Sie sie bezahlen, bleibt Content langfristig bestehen.Content auf Ihrer Website führt oft auch zu Verlinkungen von anderen Seiten, was wiederum zu mehr Traffic und besserem Google-Ranking führt. In SEO-Fachkreisen gilt Content-Marketing als beste Methode für mehr Backlinks.Content zieht mehr Menschen auf Ihre Website, die sich dann auch Ihr Produktportfolio oder weitere Informationen über Ihr Unternehmen ansehen können. Sie wiederum können diesen Besuchern Cookies mitgeben, um sie später im Retargeting (z. B. über Google Ads wie in Kapitel 3.3.2 beschrieben) speziell mit passender Werbung erneut anzusprechen.Viele der Inhalte dieses Buches beziehen sich direkt oder indirekt auf Content-Marketing. Es lohnt sich, einen starken Fokus auf diese Marketingform zu legen.
Ich ziehe das (ehemalige) Start-up Ryte (vormals Onpage.org) gern als Beispiel für Content-Marketing heran, weil das Team dort sehr viel richtig macht und man sehr viel daraus lernen kann.
Ryte ist eine SEO-Software für Unternehmen, Online-Shops und Agenturen, mit der der Webauftritt für Suchmaschinen optimiert werden kann. Zielgruppe sind also im Prinzip alle Unternehmen, die ihre Website oder ihren Shop nach vorne bringen wollen, sowie SEO-Agenturen, die das im Kundenauftrag übernehmen.
Entsprechend wurde auch der Content erstellt. Zum einen betreibt Ryte einen Blog (Ryte Magazin), der in der Website integriert ist. Dort schreiben sowohl Mitarbeiter Fachartikel, es werden aber auch regelmäßig Beiträge von externen Experten eingeholt. Da diese externen Autoren ihrerseits bereits meist über eine ansehnliche Reichweite verfügen und ihren Beitrag natürlich auch im Social Web teilen, entsteht immer eine gewisse virale Reichweite. Zusätzlich werden die Facebook-Posts für die Blogbeiträge auch mit Anzeigenwerbung auf Facebook unterstützt.
Zusätzlich zum Experten-Blog betreibt Ryte ein Wiki, also eine Art Lexikon mit Begriffen aus der Online-Marketing-Welt. Wenn Sie einige der Fachbegriffe aus diesem Buch googeln, werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Wiki-Beiträge des Unternehmens stoßen. Für mehrere hundert Begriffe aus der Branche sind teilweise sehr ausführliche Lexikoneinträge vorhanden, was die Website zu einer wertvollen Informationsquelle für Wissenshungrige macht. Das bedeutet auch, dass Fachleute aus der Branche immer wieder auf Ryte stoßen, wenn sie sich über Themen informieren oder einzelne Begriffe nachschlagen. So entdecken sie das Tool vielleicht überhaupt erst oder bauen eine immer stärkere Bindung zur Marke auf.
Natürlich werden die Content-Kanäle auch vertrieblich genutzt. Besucher des Blogs und des Wikis erhalten automatisch einen Cookie gesetzt, mit dem dann später Retargeting-Werbung ausgelöst wird. Zwar ist das eine Form des Push-Marketings (Werbeanzeigen), die Vorselektion ist aber durch das Kriterium »Website-Besuch stattgefunden« so zielgenau, dass die Werbung trotzdem nicht als störend oder unpassend wahrgenommen wird. Zusätzlich können Besucher des Blogs oder Wikis an verschiedenen Stellen einen kostenlosen Test-Account der Software anlegen oder ihre E-Mail für einen Newsletter hinterlassen. Auf diese Weise generiert Ryte Leads, die dann per Marketing Automation nachgefasst werden.
Über diese beiden Kanäle Blog und Wiki hinaus kommen natürlich noch weitere Formen des Content-Marketings zum Einsatz. Das Unternehmen bietet Webinare an, die Inhaber halten Vorträge und veranstalten regelmäßige Facebook-Livestreams. Ryte bietet eigene Konferenzen und Weiterbildungen an, gibt eigene Studien und Ebooks heraus. Influencer der Branche werden mit Pullovern oder T-Shirts ausgestattet, es findet Event-Sponsoring mit Energydrinks oder Glühwein statt und vieles mehr. Es ist fast unmöglich, sich im SEO-Sektor zu bewegen, ohne mit Ryte in Berührung zu kommen. Selbst Content-Kooperatio[22]nen mit großen Unternehmen wie der Boston Consulting Group gab es, was natürlich zu einem enormen Reichweiten- und Vertrauensgewinn führt. Der Mix aus Push und Pull ist exzellent und das Unternehmen entsprechend erfolgreich.
Abb. 2: Für unzählige Begriffe aus dem Online-Marketing rankt das Ryte-Wiki an vorderster Front. Die nächsten Platzierungen werden ebenfalls von Toolanbietern besetzt, die auch Content-Marketing betreiben. (Quelle:Google.de)
Das nächste große Konzept in diesem Zusammenhang ist das Inbound-Marketing. Dieser Begriff ist eng verwandt mit dem oben genannten Pull-Marketing. Es geht also darum, möglichst viele Anfragen und Interessenten zu produzieren, die dann »bearbeitet« werden. Das passiert unter anderem mit Content-Marketing, aber auch mit Permission-Marketing. Dabei wiederum handelt es sich um Werbeformen, die die Erlaubnis des Gegenübers einholen (u. a. E-Mail-Marketing, verschiedene Formen des Mobile Marketings, Social-Media-Marketing).
Das klassische Vorgehen des Inbound-Marketings ist: Unternehmen stellen Inhalte bereit und geben diese gegen Eingabe der E-Mail-Adresse und/oder weiterer Kontaktdaten heraus. Die so generierten Leads werden dann mit automatischen oder manuell verschickten Folge-E-Mails nachbearbeitet, bis genügend Vertrauen und Interesse seitens des Kunden aufgebaut ist und eine konkrete Kaufabsicht entsteht. Gerade bei komplexeren Produkten und Dienstleistungen, bei denen nicht ein spontanes Interesse und ein sofortiger Kauf entstehen, sind solche Inbound-Maßnahmen entscheidend. Leadgenerierung und Leadnurturing (das Aufbauen der Beziehung zu diesem Lead mittels CRM-Maßnahmen und Marketing Automation) sind wesentliche Konzepte im Inbound-Marketing.
Schließlich spielt auch das virale Marketing in diesem Zusammenhang eine Rolle. Die Schnittmengen zum Social Media und Content-Marketing sind groß. Das Ziel besteht darin, einen Inhalt zu erschaffen, der sich von Nutzer zu Nutzer weiterverbreitet, also ähnlich wie ein Computer- oder Grippe-Virus, nur eben im positiven Sinne. Bei viralen Inhalten kann eine exponentielle Verbreitung entstehen, bei der ein Betrachter zum Beispiel das Video mit Hunderten von Freunden teilt, die es wiederum an Hunderte von Freunden weiterleiten usw. Am Ende steht eine enorme Reichweite zu sehr geringen Kosten.
Heute findet virales Marketing fast immer via Social Media statt, meist über Twitter, Facebook und YouTube. Früher gab es solche Effekte auch über E-Mails, die dann im Freundes- oder Kollegenkreis weitergeleitet wurden.
[24]Die großen Erfolgsbeispiele für virale Kampagnen kennt mittlerweile fast jeder, zum Beispiel:
Das »Heimkommen«-Video von Edeka zu Weihnachten 2015»Supergeil«, ebenfalls von EdekaDie »Horst Schlämmer«-Kampagne mit Hape Kerkeling von VW»Umparken im Kopf« von OpelVirales Marketing in dieser Art wird meist von großen, bekannten Markenartiklern eingesetzt, die am stärksten von einer flächendeckenden Reichweite profitieren.
Das Prinzip lässt sich aber in jeder Branche umsetzen. Sie müssen nicht auf die Millionen-Reichweiten hoffen. Es reicht ja, wenn sich der Inhalt in Ihrer Zielgruppe bzw. in der Branche verbreitet. Wenn ihn dann einige Hundert oder ein paar Tausend Menschen gesehen haben, und zwar die richtigen Menschen, die auch etwas damit anfangen und potenziell überhaupt Kunden werden können, kann das schon ein Erfolg sein.
Um virale Effekte zu erzeugen, ist allerdings etwas Erfahrung nötig. Sie müssen den richtigen Ton treffen, den richtigen Inhalt erstellen, mit den richtigen Emotionen arbeiten, die richtigen Multiplikatoren einbeziehen, den richtigen Zeitpunkt auswählen und natürlich auch etwas Glück haben. Und Sie dürfen nicht enttäuscht sein, wenn ein Inhalt nicht viral wird – Viralität lässt sich weder sicher planen noch irgendwie garantieren. Selbst viele große Agenturen und Unternehmen scheitern regelmäßig beim Versuch, einem Inhalt virale Verbreitung zu verschaffen.
Über Mobiles Marketing sprechen wir in diesem Buch ausführlich in Kapitel 4, deshalb sei es hier nur als Konzept kurz angerissen.
Mittlerweile findet ein Großteil der Internetnutzung auf Smartphones statt. Das zeigt sich zum Beispiel auch in den Nutzerzahlen der sozialen Medien, die weit überwiegend (Facebook, YouTube) oder sogar quasi ausschließlich (TikTok, Instagram) mobil stattfinden.
[25]Weltweit nutzen mehr als 4,18 Milliarden Menschen das mobile Internet. Im Schnitt verbringen sie pro Tag 3 Stunden und 22 Minuten mit der mobilen Online-Nutzung (Quelle: We are Social / Hootsuite – Digital in 2020).
Das heißt prinzipiell, dass alle Online-Marketing-Methoden zumindest auch, wenn nicht sogar exklusiv mobil gedacht werden müssen. Egal, ob wir von Werbeanzeigen sprechen, von Suchmaschinenoptimierung, Social Media oder Bewertungsplattformen – »Mobile First« heißt die Devise. Und schließlich kommen auch rein mobile Marketingformen wie Apps oder Location-Based-Marketing-Ansätze dazu.
Jedes Unternehmen arbeitet natürlich in seiner spezifischen Branche, hat eine besondere Situation und spricht besondere Zielgruppen an. Das führt aber leider schnell zu dem Fazit »Bei uns ist das aber alles ganz anders«, sobald man auf ein Beispiel hingewiesen wird oder einen Tipp erhält.
Ich habe das in den letzten Jahren in unzähligen Beratungsprojekten, Seminaren und Diskussionen erlebt. Der zu enge Blick durch die eigene Branchenbrille reduziert das Sichtfeld, verschließt den Kopf und verhindert es, gute Ideen für das eigene Unternehmen zu erkennen.
Wann immer Sie also ein Erfolgsbeispiel aus einer anderen Branche oder einem anderen Land sehen, zum Beispiel bezüglich einer gut laufenden Social-Media-Kampagne oder einer interessanten Content-Idee, fragen Sie sich: »Warum hat das so gut funktioniert?« und »Was könnte man davon übernehmen, um es in unserer Branche einzusetzen?«
Mein Lieblingsbeispiel für dieses Prinzip sind Echtzeit-Infografiken. Eines der erfolgreichsten Exemplare stammt von der E-Commerce-Plattform Kaufda.de (http://www.kaufda.de/info/konsum-in-echtzeit/). Das Thema Handel und Konsum ist voll von Zahlen und Statistiken, die, interessant aufbereitet, viel Potenzial für Reichweite und Traffic-Generierung bieten können. Und genau das hat Kaufda gemacht. Aus zahlreichen Statistiken [26]wurde eine Infografik gebastelt, die in »Echtzeit« mitzählt, was gerade in Deutschland konsumiert wird. Natürlich handelt es sich nicht um eine echte Zählung, sondern nur eine Visualisierung von Statistiken, aber der Effekt ist fantastisch. Jeder Betrachter ist erst einmal erstaunt angesichts der enormen Dynamik. Mitzuverfolgen, wie schnell die Umsätze von McDonalds wachsen, wie viele Rollen Toilettenpapier DM jetzt gerade verkauft oder wie viel wir Deutschen jetzt gerade für Babynahrung oder Tierfutter ausgegeben, ist einfach fesselnd. Über 37.000 Mal wurde die Grafik bei Facebook geteilt und geliked und auch sonst wurde sie Tausende Male weiterempfohlen und verlinkt, sogar im Fernsehen gezeigt. Ein klarer Erfolg.
Abb. 3: Echtzeit-Grafik bei kaufda.de (Quelle:http://www.kaufda.de/info/konsum-in-echtzeit/)
Das Interessante dabei ist aber, dass die Idee gar nicht von Kaufda stammt. Bereits seit 2009 setzt der US-Blogger Gary Hayes mit seinem »Social Media Count« das gleiche Prinzip ein, nur eben für Zahlen aus dem Internet (wie z. B. eine »Echtzeitzählung« der Google-Suchen, Tweets, App-Downloads oder Werbeumsätze der großen Social Networks, http://www.personalizemedia.com/garys-social-media-count/). Die Idee ist also schon lange da, Kaufda hat sie nur für die eigene Branche umgesetzt und damit großen Erfolg gefeiert. Und auch da war nicht Schluss. Mittlerweile wurde das Prinzip »Echtzeit-Infografik« in diversen Branchen umgesetzt. Hier nur einige Beispiele:
Arbeitsalltag in Echtzeit – so »arbeitet« Deutschland: https://www.auxmoney.com/kredit/infografiken/arbeitsalltag-echtzeit.htmlSo verreist Deutschland in Echtzeit: http://www.5vorflug.de/blog/5vorflug-reisewelt/urlaubsechtzeitinfografik/Weihnachten in Echtzeit: https://www.was-soll-ich-schenken.net/weihnachten-live/[27]Grippe und Erkältung in Echtzeit – so »kränkelt« Deutschland: https://www.erkaeltet.info/grippe-erkaeltung-in-echtzeit/Gesundheitswesen und Pharmaindustrie in Echtzeit: https://www.healthexpress.eu/de/gesundheitswesen-pharmaindustrie-zahlen.htmlIch selbst habe das Prinzip auch umgesetzt und einen Echtzeit-Counter zur Digitalisierung erstellt: https://felixbeilharz.de/digitalisierung-echtzeit/.
Die Idee ist immer die gleiche, die Umsetzung in den unterschiedlichsten Branchen aber individuell. Genau das ist die Vorgehensweise, die ich Ihnen empfehle. Schauen Sie sich Erfolgsbeispiele aus unterschiedlichen, auch weit von Ihrer eigenen entfernt liegenden Branchen an und extrahieren Sie daraus die Erfolgsprinzipien, die auch bei Ihnen umsetzbar sind.
Den Erfolg dieser Denkweise könnte ich Ihnen an unzähligen Beispielen demonstrieren. Viele der erfolgreichen Content-Marketing-Aktionen und Online-Kampagnen gab es so ähnlich schon einmal in anderen Branchen oder anderen Ländern und wurden nur auf die eigene Branche übertragen. Wer keine hochkreative (und dabei meist sehr teure) Agentur in der Hinterhand hat, fährt mit diesem Vorgehen meist gut.
Sie haben jetzt die Rahmenbedingungen, mit denen Sie heute arbeiten und leben müssen, sowie einige Grundkonzepte und Prinzipien des sozialen, lokalen und mobilen Marketings kennengelernt. Damit sind Sie nun gut gerüstet für die weiteren Kapitel.
Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt. Gemäß dem Titel behandelt ein Teil den Bereich »Social« (Kapitel 2), der zweite Teil den Bereich »Local« (Kapitel 3) und der dritte den Bereich »Mobile« (Kapitel 4). Überschneidungen lassen sich, wie oben bereits festgestellt, nicht vermeiden.
Sie sollten das Buch einmal komplett durchlesen, um die Inhalte in ihrem Zusammenhang zu verstehen und einordnen zu können. Machen Sie sich am besten direkt beim Lesen Notizen und Vermerke, wo Sie später vertieft einsteigen möchten.
Nach dem ersten Lesen vertiefen Sie dann die Punkte, die für Sie besonders relevant und wichtig sind. Versuchen Sie, jedes Beispiel auf Ihre konkrete Situation zu übertragen. Wenn Sie am Ende nur fünf oder zehn Punkte aus dem Buch umsetzen, hat sich der Kaufpreis schon vielfach gelohnt. Mehr wäre natürlich besser.
[28]Da ein Buch naturgemäß irgendwann veraltet, ist es sinnvoll, Online-Medien zu nutzen, die sich schneller aktualisieren lassen. Neben den Online-Arbeitshilfen zum Buch, die Ihnen der Verlag auf www.haufe.de/mybook.de zur Verfügung stellt, möchte ich Ihnen besonders meine eigenen Online-Kanäle ans Herz legen, auf denen ich regelmäßig kostenlose Inhalte zu genau diesen Themen veröffentliche:
Blog: https://felixbeilharz.de/blogFacebook: https://facebook.com/felixbeilharz.deInstagram: https://instagram.com/felixbeilharzLinkedIn: https://linkedin.com/in/felixbeilharzYouTube: https://youtube.com/felixbeilharzdeTwitter: https://twitter.com/beilharzWenn Ihnen das Buch geholfen hat, freuen der Verlag und ich uns natürlich über eine positive Rezension auf Amazon.
Zu guter Letzt: Aus Gründen der Lesbarkeit wird in diesem Buch auf eine gendergerechte Sprache verzichtet. Ich habe auch beim siebten Buch noch keinen Weg gefunden, dabei allen Ansprüchen gerecht zu werden. Auf jeden Fall sind bei allen Bezeichnungen immer alle Geschlechter angesprochen, auch wenn nur die männliche oder weibliche Form verwendet wird.
Kaum ein Thema ändert sich so rasend schnell wie das Social-Media-Marketing. Es vergeht keine Woche, ja kaum ein Tag, an dem nicht eine neue Funktion in einem der großen Social Networks vorgestellt wird, eine neue Gerichtsentscheidung Marketer vor Herausforderungen stellt, neue Tools auf den Markt kommen oder sonstige Schlagzeilen die Landschaft verändern. Für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet das schon eine Herausforderung, auf dem Laufenden zu bleiben und keine Entwicklung zu verschlafen.
Die gute Nachricht ist aber: Kaum ein anderes Marketinginstrument (oder Set an Instrumenten) bietet so viele Chancen für die »Kleinen« wie die sozialen Medien. Hier können inhabergeführte Unternehmen, Einzelkämpfer oder kleine Betriebe ihre Vorteile voll ausspielen: flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege, Flexibilität, die Möglichkeit zu schnellen Reaktionen. Zwar haben die Großen immer den Vorteil des tieferen Geldbeutels und der bekannteren Marken, aber in vielen Fällen scheitern sie einfach an den Strukturen und Dienstwegen. Bis eine Antwort auf einen Facebook-Post formuliert, durch das Corporate Wording überprüft, von der Rechtsabteilung freigegeben und letztendlich gepostet ist, hat ein kleines Unternehmen schon längst geantwortet, den Kunden im Chat betreut und ein neues Angebot rausgeschickt. Das ist etwas überspitzt dargestellt, aber es verdeutlicht gut die Chancen, die soziale Medien bieten. Auch ohne großes Budget und ohne immense Kosten kann, mit etwas Know-how und Kanalverständnis, viel erreicht werden.
Den Begriff der »Social Media« zu definieren, ist gar nicht so einfach, da die Grenzen fließend sind. Grundsätzlich gehören alle Kanäle zu den sozialen Medien, die auf nutzergenerierten Inhalten basieren. In erster Linie fallen darunter die großen und bekannten Social Networks (Facebook, LinkedIn) und Content-Plattformen (YouTube, Pinterest), aber auch viele Apps (Instagram, WhatsApp, Messenger), Foren und ähnliche Dienste. Im Prinzip können alle Kanäle, die nicht nur zum Konsum von Inhalten, sondern zum Erstellen und Teilen dergleichen dienen, als »Social Media« definiert werden.
Die Grenzen sind dort fließend, wo nutzergenerierte Inhalte nur ein Teil des Angebots sind. Bei Amazon zum Beispiel machen Nutzerbewertungen und Fragen/[30]Antworten einen großen Teil der Inhalte aus – der Zweck von Amazon ist aber ein anderer, nämlich die E-Commerce-Plattform. Amazon wird daher nicht als Social-Media-Plattform angesehen.
Blogs dagegen gehören zu den Social-Media-Plattformen, selbst wenn es sich um einen Corporate Blog (Firmenblog) handelt, der Kommentare deaktiviert hat und somit keinen Austausch zulässt.
Ich warne aber ohnehin davor, sich von irgendwelchen mehr oder weniger willkürlichen Definitionen einschränken zu lassen. Wir gehen im Folgenden auf die bekanntesten und wichtigsten Social-Media-Plattformen ein. Wenn Sie bei Ihrer Recherche aber Plattformen finden, die hier nicht behandelt werden, aber dennoch für Sie relevant und interessant sind – nur zu! Auch wenn sie nicht hundertprozentig unter die Definition von Social Media fallen, wichtig ist das Ergebnis und nicht die Definition.
Einige Elemente tauchen auf den meisten Social-Media-Plattformen auf und sollten Ihnen daher vertraut sein.
Die meisten Kanäle erlauben das Anlegen von Nutzerprofilen. Diese Profile bzw. Accounts bilden die Basis des persönlichen Engagements im jeweiligen Dienst. Mit ihrem Profil/Account loggen sich die Nutzer ein, um Inhalte zu konsumieren oder zu erstellen oder sich mit Freunden zu vernetzen. Manche Kanäle haben für die Profile eine Klarnamenpflicht (z. B. Facebook, XING, LinkedIn, Google+), bei anderen sind Pseudonyme erlaubt (z. B. Twitter, YouTube). Bei allen relevanten Social-Media-Kanälen sind Profile entweder komplett kostenlos oder es existiert zumindest eine kostenlose Basisversion, die gegen Bezahlung zu einem Premium-Profil ausgebaut werden kann (insb. bei XING und LinkedIn). Teilweise ist das Vorhandensein eines Nutzerprofils Voraussetzung, um überhaupt auf den Kanal zugreifen zu können (z. B. Instagram, Snapchat). Andere Kanäle sind dagegen ganz oder teilweise auch für Außenstehende einsehbar, hier ist ein Profil nur notwendig, um aktiv mitmachen zu können.
Die Profile können mehr oder weniger stark personalisiert werden. Alle Kanäle erlauben das Hochladen eines Profilbildes und oft auch eines Titelbildes für das eigene Profil. Darüber hinaus können meist zum Beispiel eine Kurzbeschreibung (»Bio«), ein [31]Link, weitere Fotos oder Videos sowie verschiedene Profilangaben eingetragen werden. Die Personalisierung des Profils dient vor allem dem persönlichen Ausdruck der Nutzer und soll die Nutzerbindung an den Kanal stärken.
Abb. 1: Facebook-Profil des Autoren (Quelle:https://www.facebook.com/felix.beilharz)
[32]Mit diesem Nutzerprofil können nun Inhalte erstellt werden. Fast alle Kanäle setzen mittlerweile auf audiovisuelle Medien, während manche Kanäle auch reine Textpostings erlauben. Die erstellten Inhalte haben häufig einen kanalspezifischen Namen – »Posting« bei Facebook, »Tweet« bei Twitter, »Pin« bei Pinterest. »Posting« dient jedoch auch als Oberbegriff und kann auf alle Kanäle angewendet werden. Insgesamt erstellt immer nur ein relativ geringer Teil der Nutzer überhaupt eigene Inhalte, wohingegen die Mehrheit entweder nur passiv konsumiert oder mit fremden Inhalten interagiert. Dieses Prinzip hat sich als »Ein-Prozent-Regel« durchgesetzt, demzufolge nur 1 % der Nutzer im Social Web aktiv Inhalte erstellt, wohingegen 9 % überhaupt etwas beitragen und 90 % nur passiv konsumieren. Diese Verteilung gilt heute so nicht mehr, das Prinzip (wenige aktiv, viele passiv) ist aber nach wie vor gültig.
Typisch für Social Media sind auch eine oder mehrere Formen der Vernetzung untereinander. Das kann in Form einer gegenseitigen Bestätigung erfolgen (z. B. »Freunde« bei Facebook oder »Kontakte« bei XING) – hier müssen beide Nutzer dem Kontakt aktiv zustimmen, aber auch durch einseitiges Abonnieren (z. B. bei Instagram, Twitter, YouTube oder auch bei Facebook). Durch Bestätigung eines Kontakts kann ein anderes Level an Privatsphäre freigegeben werden, so dass Inhalte zum Beispiel nur an direkte Kontakte sichtbar gepostet werden können. Sowohl gegenseitiges Bestätigen als auch Abonnieren führt dazu, dass man über neue Inhalte des anderen informiert wird.
Ein wesentlicher Aspekt der sozialen Medien ist das Bewerten und Teilen (Sharen) von Inhalten. Hierfür weisen die Kanäle unterschiedliche Funktionen auf. Facebook verfügt neben dem legendären Like-Button auch über weitere mögliche Reaktionen auf Inhalte sowie um einen speziellen Share-Button. Auch bei Instagram, Twitter oder Pinterest gibt es Like-Buttons, bei den Letzteren auch eine Share-Funktion (Retweet bzw. Repin). Bei YouTube wird per Daumen rauf oder runter gevotet. Instagram nimmt durch den fehlenden Share-Ansatz eine Sonderstellung ein, hier ist das Teilen von fremden Inhalten allenfalls durch eine Dritt-App (z. B. »RePost for Instagram«) oder aber in den Stories möglich.
In aller Regel verfügen die Kanäle auch über Kommentarfunktionen, mit denen Inhalte öffentlich diskutiert werden können. Teilweise werden die Antworten direkt unter dem ursprünglichen Beitrag verfasst (z. B. bei Facebook, Instagram), teilweise muss dazu ein eigener Beitrag abgesendet werden, der dann dem ursprünglichen Beitrag zugeordnet wird (z. B. Twitter).
[33]In vielen Kanälen gibt es neben dem öffentlich sichtbaren Newsfeed (siehe Newsfeed-Kanäle) noch weitere Möglichkeiten, sich auszutauschen. So verfügen zum Beispiel Facebook, XING oder LinkedIn über Gruppen, die entweder geschlossen oder öffentlich sichtbar sein können. Hier kann ein themen- oder mitgliederspezifischer Austausch stattfinden, der mit einem normalen Internetforum vergleichbar ist. Sensible Themen werden jedoch oft immer noch in klassischen Internetforen diskutiert, da hier mehr Anonymität als bei Facebook herrscht.
Zentrales Element vieler Social-Media-Kanäle ist der Newsfeed, also der Bereich, in dem die Neuigkeiten aus allen abonnierten Personen oder Accounts angezeigt werden. Hier reguliert meist ein Algorithmus, welche Inhalte dort zu sehen sind, da die reine Masse an Neuigkeiten jeden Nutzer sonst überfordern würde. Für das Marketing ist es entscheidend, den Algorithmus zu verstehen und Inhalte entsprechend so zu erstellen, dass sie vom Algorithmus als relevant eingestuft werden.
In manchen Social Media spielen Hashtags eine große Rolle. Dabei handelt es sich um Worte, denen eine Raute vorangestellt wurde. Der Begriff Hashtag ist zusammengesetzt aus dem englischen »Tag« für Schlagwort und »Hash«, was der englische Begriff für das Rautenzeichen ist. In Netzwerken, die Hashtags zulassen, wird beim Voranstellen einer Raute aus einem normalen Wort ein anklickbarer Link, der zu einer Liste mit allen Beiträgen führt, die dieses Wort ebenfalls enthalten. Durch Hashtags können also weitere Beiträge zu einem Thema gefunden und Gespräche besser nachvollzogen werden. Hashtags waren ursprünglich eine Funktion von Twitter, funktionieren heute aber auch in anderen Netzwerken wie Facebook, LinkedIn oder YouTube. Die größte Rolle spielen Hashtags bei Twitter, TikTok und Instagram, dort sind sie elementarer Bestandteil der meisten Posts.