Manual Generation Z - Felix Beilharz - E-Book

Manual Generation Z E-Book

Felix Beilharz

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Beschreibung

Wer die Generation Z nicht kapiert, verliert! Die Generation Z ist für viele Unternehmen eine große Herausforderung. Sie stellen hohe Anforderungen an den eigenen Arbeitsplatz und treten mit einem gesunden Selbstbewusstsein im Bewerbermarkt auf.  Wie kann man sie vom eigenen Unternehmen überzeugen und ihr Potenzial für sich nutzen? Vor allem muss man sich darauf einstellen, dass die junge Generation ein anderes Verständnis von Führung und Zusammenarbeit mitbringt, das Ihre Abteilung verändern, aber auch bereichern wird. Auch als KundInnen erweisen sich die Digital Natives als schwer zu greifen. Sie sind geradezu taub für traditionelle Marketing- und Verkaufsbotschaften.   Doch von diesen Herausforderungen sollten Sie sich nicht abschrecken lassen, im Gegenteilt, die Generation, die nach Sinnerfüllung und Verantwortung strebt, wird ein Gewinn sein für Ihr Unternehmen. In diesem unverzichtbaren Leitfaden finden Sie alles, was Sie zu den Digital Natives als KundInnen, BewerberInnen, Teammitgliedern und Arbeitskräften wissen müssen. Felix Beilharz, der viel mit der Generation Z arbeitet und sie versteht, liefert Ihnen überraschende, spannende und vor allem praktisch anwendbare Antworten auf Ihre Fragen.

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FELIX BEILHARZ

Manual Generation Z

Digital Natives als Bewerberinnen, Mitarbeitende und Kunden ansprechen, begeistern und binden

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft.

Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss.

Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Ein Hinweis zu gendergerechter Sprache: Die Entscheidung, in welcher Form alle Geschlechter angesprochen werden, obliegt den jeweiligen Verfassenden.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-96739-163-3

ISBN epub: 978-3-96740-322-0

Lektorat: Susanne von Ahn, Hasloh

Umschlaggestaltung: Guido Klütsch, Köln

Autorenfoto: privat

Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de

© 2023 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2023 erschienenen Buchtitel "Manual Generation Z. Digital Natives als Bewerberinnen, Mitarbeitende und Kunden ansprechen, begeistern und binden." von Felix Beilharz © 2023 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

www.gabal-verlag.de

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Inhalt

Vorwort

Digitale Zusatzinhalte zum Buch

Darf ich vorstellen: Die Generation Z

Was dieses Buch ausmacht

Mein »Erweckungserlebnis« – oder: Warum Julian mit der Smartwatch umgehen kann

Okay, Boomer – die Generationen im Überblick

Moment mal – gibt es Generationen eigentlich gar nicht?

Die Jugend von heute – dieses Mal aber wirklich?

»Wir gegen die« – Vorurteile und Vorbehalte der Älteren

Die Big 10 der Generation Z – Werte, Struktur, Haltung und Besonderheiten

Digital leben versus digital können – wo die junge Generation Nachholbedarf hat

Recruiting: Wie man die Generation Z als Arbeitskräfte gewinnt

Bisher waren Bewerberinnen oft Bittstellerinnen

Warum sich Unternehmen zukünftig bei Mitarbeitenden bewerben müssen

Was erwarten Digital Natives von Arbeitgebern?

Wylde Marke – Employer-Branding für die Generation Z

Influencer als Botschafter der Arbeitgebermarke?

Corporate Influencer sind die neuen Influencer

Active Sourcing – wo findet man die Generation Z?

Mobile Recruiting – nice to have oder Pflichtprogramm?

Geht es eigentlich nur online?

Führung und Zusammenarbeit: Arbeiten mit der Generation Z

Teamfähigkeit als Schlüsselqualifikation wird bei Gen Z unwichtiger

VUCA und gestapelte Krisen – Auswirkungen auf die Generation Z

»Wir früher« wollten hoch hinaus – wohin will die Gen Z?

Work-Life-Balance als Marketing-Floskel enttarnt

Ansprüche und Erwartungen an den Arbeitsplatz

Ein idealer Arbeitstag eines Gen-Zlers

New Work oder doch lieber 9 to 5?

Partizipation und flache Hierarchien – Führung geht heute anders

Bitte bleib – Mitarbeiterbindung in digitalen Zeiten

Marketing: iPhone, Instagram und Influencer

Die anspruchsvollsten Kunden aller Zeiten?

Die Sprache der Gen Z

Wie steht die Generation Z zu Marken?

Always on – wie dringt man noch durch?

Influencer – wandelnde Werbetafeln oder wichtige Wegweiser?

Metaverse, KI, NFT und Krypto – Buzzwords oder Alltag für junge Menschen?

Ein letzter Appell (oder zwei)

Generation Z in 66 Fakten

Glossar Generation Z

Quellen und Anmerkungen

Über den Autor

Vorwort

Ich habe ein bisschen gebraucht, um zu verstehen, dass ich genau zwischen zwei Generationen stehe: Mit meinen 27 Jahren bilde ich die Brücke von den Millennials zur Generation Z. Aber nicht nur das: Als junge Unternehmerin und Gründerin von saint sass besteht unser Team derzeit zur Hälfte aus Millennials und zur Hälfte aus Gen-Zlern.

Diese Position ermöglicht mir die einzigartige Perspektive auf die Gen Z. Bereits die Millennials haben die Geschäftswelt grundlegend verändert und neue Maßstäbe gesetzt. Es sind die ersten zwei Generationen, die komplett als »digital natives« durch die Welt gehen und sich dadurch stark von den vorherigen Generationen unterscheiden. Zu welcher digitalen Generation jemand gehört, ist nicht unbedingt nur vom Geburtsjahr abhängig, sondern vor allem von der Sozialisierung. Ich vereine beide, so wie viele andere, die an der Schwelle des Umbruchs geboren wurden.

In meiner Zeit wurden die Millennials abgelöst – Millennials, das sind für mich die Menschen, die die frühe Internetkultur geprägt haben, sie sind sozusagen die Pioniere der sozialen Medien. Lange orientierte man sich daran, wie sie das Internet beeinflusst haben – jetzt ist es an der Zeit zu verstehen, dass sich die Gen Z eine vollkommen neuartige Internetkultur und Lebensrealität geschaffen hat. Wie anders die Gen Z ist, wurde spätestens klar, als virale TikTok-Videos aufkamen, in denen sich die Gen Z über die Millennials echauffierte: Gibt man in das Suchfeld von TikTok nur das Wort »millennials« ein, schlägt der Algorithmus auf Platz eins direkt »millennials vs. Gen Z« vor.

Zu finden sind Tausende Videos, die die Unterschiede in Kultur und Lebensrealität zwischen beiden Generationen parodieren: »guess the millennial«, »comparing our dance moves« oder »millennials being cringy«. Und ich habe mich mal hier und mal dort wiedergefunden – auf beiden Seiten. Vor allem finden sich dort bereits viele Erklärungen über Gen Z. Diese Videos haben meist Hunderttausende Klicks. Das muss man sich vorstellen: Auf einer Plattform, die hauptsächlich von Gen Z und Millennials genutzt wird, gibt es einen Bedarf an Videos, die die Gen Z »entschlüsseln«.

Wenn bereits der Unterschied zwischen Millennials und Gen Z so gewaltig ist, wenn sich Millennials gegenüber der Gen Z schon »überholt« vorkommen, dann wird der Unterschied zu älteren Generationen unbegreiflich groß erscheinen. Aber es ist wichtig, sich im Business nicht vor Überforderung oder von »neumodischem Quatsch« abzuwenden, sondern sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen, um sich so einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Unternehmen zu sichern. Die Marken und Unternehmen, die es jetzt schaffen, sich anzupassen, werden in Zukunft deutlich bessere wirtschaftliche Chancen haben. In der Gen Z sind nämlich nicht nur unsere zukünftigen Kunden, sondern auch unsere zukünftigen Kolleginnen und Führungskräfte.

Um in der sich schnell verändernden Geschäftswelt erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen deren Denkweise, deren Werte und deren Art der Kommunikation verstehen, was nicht einmal allen Millennials gelingt, die als erste digital native Generation zur Welt gekommen sind.

Aber es gibt Hilfe.

Felix Beilharz hat mit diesem Buch einen wertvollen Leitfaden geschaffen, der dabei hilft, diese neuartige Lebensrealität zu verstehen. Und zwar so verständlich, dass man sie als Boomerin oder Traditionalist (dazu kommt Felix noch) begreift.

Felix zeigt Ihnen in diesem Handbuch, wie Sie die Gen Z als Kunden gewinnen können. Er erklärt Ihnen, welche Kanäle sie nutzt, welche Werte ihr wichtig sind und wie Sie Produkte und Dienstleistungen an ihre Bedürfnisse anpassen können. Aber nicht nur das. Er zeigt in diesem Buch auch, wie Sie die Gen Z als Mitarbeitende rekrutieren und motivieren können – in einer Welt des immer weiter voranschreitenden Personalmangels.

Dieses Buch ist ein Werkzeugkasten voller Strategien und praktischer Tipps, um die Gen Z erfolgreich einzubinden. Es ist eine Anleitung zum Eintauchen – in die Welt der Gen Z, in der Sie ihre Sprache, ihre Leidenschaften und ihre Ziele kennenlernen.

Dieses Buch wird Ihre Sichtweise erweitern und Ihnen dabei helfen, die Gen Z als Chance zu erkennen und von ihrem Potenzial zu profitieren.

Viel Freude mit diesem Handbuch!

Vivien Wysocki

Digitale Zusatzinhalte zum Buch

Nützliche Videos, Checklisten und Übersichten finden Sie im Download-Bereich des GABAL eCAMPUS. Um auf diese kostenlosen Zusatzinhalte zugreifen zu können, müssen Sie sich einmalig auf dem GABAL eCAMPUS registrieren.

Um die Zusatzinhalte herunterladen zu können, gehen Sie auf: https://gabal-ecampus.de/downloads/course/digitale-zusatzinhalte-zumbuch-manual-generation-z-von-felix-beilharz

oder scannen Sie den folgenden QR-Code:

https://gabal-ecampus.de/downloads/course/digitale-zusatzinhalte-zum-buch-manual-generation-z-von-felix-beilharz

Schritt-für-Schritt-Anleitung

Schritt 1:a) Oben stehenden QR-Code scannen

oder

b) Adresse in Browser eingeben

Schritt 2: Auf den Button »Starten« klicken

Schritt 3: Registrierung

1.

Die erforderlichen Felder ausfüllen und sicheres Passwort wählen (8 Zeichen, darunter 1 Großbuchstabe, 1 Zahl, 1 Kleinbuchstabe und 1 Sonderzeichen)

2.

Auf »Registrieren« klicken

Schritt 4: Aktivierung des Zugangs mit Klick auf Bestätigungsmail

Schritt 5: Zusatzinhalte freischalten Klick auf »Starten«

Ab sofort können Sie im Browser durch Klick auf die Materialien direkt auf die digitalen Zusatzinhalte gelangen. Sie erkennen diese digitalen Zusatzangebote (Bonus-Material) an den folgenden Symbolen: DOKUMENT. Hier können Sie ein nützliches Dokument herunterladen und ausdrucken.

VIDEO. Viele Interviews hat Felix Beilharz als Videos aufgenommen.

Wenden Sie sich bei Fragen gern jederzeit an: [email protected].

Wir wünschen viel Erfolg bei Ihrer persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung.

Darf ich vorstellen: Die Generation Z

Was dieses Buch ausmacht

Gehören Sie zur Generation Z?

Diese Frage könnten Sie anhand des Geburtsjahres beantworten – das wäre die seriöse Vorgehensweise. Oder wir spielen ein kleines Gedankenexperiment durch. Das ist die unterhaltsame Variante.

Stellen Sie sich vor, Sie laufen an einer viel befahrenen Straße entlang. Vier Spuren, Feierabendverkehr, Autolärm, Hupen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdecken Sie plötzlich einen alten Bekannten oder eine gute Freundin. Sie rufen, er oder sie entdeckt Sie, winkt. Leider können Sie sich wegen des Lärms nicht verständigen. Also wollen Sie der Person signalisieren, dass Sie sie nachher anrufen werden. Welche Geste machen Sie?

Wenn Sie jetzt intuitiv die Hand mit abgespreiztem Daumen und kleinem Finger an Mund und Ohr gehalten haben, gehören Sie höchstwahrscheinlich nicht zur Generation Z.

Sie haben einen Telefonhörer symbolisiert, den man von einem Gerät abhebt und zum Gesicht führt. Eine Handlung, die einem Vertreter der Generation Z nicht minder seltsam vorkommt als die Tatsache, dass dieses Telefon mit einer Schnur an der Wand verbunden war und Sie – sofern Sie sich ein extra langes Kabel gegönnt haben – mit diesem Gerät in der einen und dem Hörer in der anderen Hand durch die Wohnung gelaufen sind.

Dieses kleine, nicht ganz ernst gemeinte Experiment zeigt ganz gut, worauf wir in diesem Buch hinauswollen: Die Generation Z lebt in einer anderen Welt. Sie wurde anders sozialisiert, wuchs mit einer Technologie auf, die wir Älteren uns erst aneignen müssen. So groß zu werden, mit überall vorhandener und völlig selbstverständlicher digitaler Technik, macht etwas mit einem Menschen. Es bildet andere Erwartungen aus, es sorgt für bestimmte Denk- und Verhaltensweisen, es formt Persönlichkeiten. In diese Denk- und Lebenswelt tauchen wir mit diesem Buch ein. Mit dem Ziel, die Generation Z besser zu verstehen. Doch wie gelingt das überhaupt? Eine Generation zu verstehen, der man selbst nicht angehört und die sich in so vielen Punkten vom eigenen Weltbild und der eigenen Lebenswirklichkeit unterscheidet? Mein »Erweckungserlebnis«, das die intensive Beschäftigung mit den Digital Natives ausgelöst hat, verrate ich Ihnen im nächsten Abschnitt.

Für Menschen, die verstehen wollen, wie die jungen Menschen ticken, und die nicht selbst im Kinderzimmer, in der Schule oder an der Uni Kontakt zu ihnen haben, sind soziale Netzwerke und digitale Plattformen eine wertvolle Informationsquelle. Hier formulieren die Jungen ihre Wünsche und Bedürfnisse. Hier lässt sich beobachten, wie sie kommunizieren, welche Art von Inhalten ihnen gefällt und welche nicht. Ich bewege mich beruflich bedingt täglich in ihrer »natürlichen Umgebung« und tue das nun schon seit über 20 Jahren. Die Erfahrungen aus dieser fast nebenbei ablaufenden Recherche bilden einen Grundpfeiler dieses Buches.

Darüber hinaus gibt es noch andere Informationsquellen, die in dieses Buch eingeflossen sind. Ich habe Entscheiderinnen und Gestalter befragt, die bereits erfolgreich mit jungen Menschen kommunizieren, mit ihnen arbeiten und sie führen. Ich habe meine Erkenntnisse intensiv mit denen der Praktiker abgeglichen.

Natürlich habe ich auch so ziemlich jede verfügbare Studie, Erhebung und Analyse über die Generation Z gelesen und verarbeitet. Dadurch lassen sich viele Beobachtungen empirisch bestätigen, andere wiederum entpuppen sich durch die Empirie als bloße Anekdote oder Ergebnis der eigenen Filterbubble. Sie können jedenfalls sicher sein, dass überall da, wo ich faktische Behauptungen über die Gen Z aufstelle, auch wissenschaftliche Zahlen zugrunde liegen, und diese natürlich im Quellenverzeichnis nachlesen.

Dann gibt es noch eine Quelle der Erkenntnis, die wir in der Ära der digitalisierten Kommunikation häufig vergessen: das direkte Gespräch mit jungen Menschen. Auch das habe ich gesucht. Ich habe mich unterhalten, ich habe Fragen gestellt – und Antworten erhalten. Diverse Aussagen dieser Gespräche finden Sie in diesem Buch als Zitate hervorgehoben.

Beginnen wir mit der wichtigsten Frage: Über wen schreibe ich hier eigentlich? Wer wie ich aus dem Online-Marketing kommt, ist es gewohnt, in Zielgruppen zu denken. Denn kein Unternehmen kann erfolgreich am Markt bestehen, wenn es seine Zielgruppe nicht genau kennt. Die zentralen Fragen lauten: Für wen entwickeln wir unsere Produkte und Dienstleistungen? Wen sprechen wir an? Und wie? Kalter Kaffee eigentlich, der in jedem Bullshitbingo punktet: »Der Kunde muss im Mittelpunkt stehen!« Dennoch ist es ein Grundsatz, den viele Unternehmerinnen, Marketer, Recruiterinnen und Personaler aus Unwissenheit und Unsicherheit – und vielleicht auch aus Bequemlichkeit – im Umgang mit der Generation Z sträflich vernachlässigen. Ihre kommunikativen Anstrengungen und ihre Marketingmaßnahmen verfehlen entsprechend die Zielgruppe.

Eine Zielgruppe ist eine möglichst klar definierte Menge von Marktteilnehmern, die auf kommunikative Maßnahmen homogener reagieren als der Gesamtmarkt. Um die höchstmögliche Wirksamkeit jeder Ansprache zu erreichen, ist es wichtig, die Zielgruppe so genau wie möglich zu beschreiben.

Wie immer, wenn Sie – oder Ihre Social-Media-Managerin – irgendwo auf einer Plattform eine neue Kampagne anlegen, ist ein zentraler Bestandteil dieses Prozesses, die Zielgruppe der Kampagne zu definieren. Und diese Definition beginnt mit der Namensgebung. Denn irgendwo müssen wir anfangen, um die Zielgruppe der einen Kampagne von der der anderen zu unterscheiden. Nennen wir die Zielgruppe, mit der sich dieses Buch beschäftigt, doch der Einfachheit halber ganz simpel »Z« wie Zielgruppe. Und weil diese Zielgruppe eine ganze Generation umfasst: Generation Z.

Was sind das für Menschen, die wir unter den Schlagworten Generation Z, Gen Z oder »Zoomer« zusammenfassen? Was begeistert sie, was ist ihnen wichtig, was bringen sie mit? Wem vertrauen sie? Wie blicken sie auf diese Welt und wie bewegen sie sich in ihr? Und vor allem, was unterscheidet sie von allen ihren Vorgängern?

Die Antworten auf diese Fragen sind für alle diejenigen wichtig, die in ihrem Job auf die Vertreter der Generation Z treffen. Im Büro, in der Werkhalle, am Point of Sale oder im Job-Interview – ob remote oder in Präsenz.

In allen Rollen, in denen sie uns begegnen, als Bewerber, als Kundinnen oder als Mitarbeitende, gelten sie den Vertretern der Vorgängergenerationen als extrem anspruchsvoll. Manche sagen sogar: fordernd. Diese jungen Menschen zögern nicht, ihre Ansprüche klar und deutlich zu kommunizieren. Einer ihrer Ansprüche ist es, Antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Und das bitte schnell. Sie werden im Verlauf der Kapitel sehen, wodurch dieser Anspruch geformt wurde und was es für den täglichen Umgang und ganz besonders für die professionelle Ansprache bedeutet, wenn Sie diese jungen Menschen als Kunde oder Mitarbeiterin gewinnen wollen. Daran schließt sich eine weitere Frage an. Wie können Sie diese jungen Menschen führen? Taugen unsere Führungsinstrumente noch für Mitarbeitende, die, so sagen schließlich alle, so ganz anders sind als ihre Vorgänger? Und wenn nicht, welche Methoden eignen sich dann?

2030 wird bereits ein Drittel aller Arbeitnehmer der Generation Z angehören. Jeder Zoomer wird eine Ausbildung oder einen Uni-Abschluss machen und sich damit für Jobs bewerben, von denen wir heute noch gar nicht wissen, dass es sie geben wird. Ihre Vertreterinnen und Vertreter werden die größte Gruppe von Verbrauchenden sein – und Unternehmen und Marken, die an dieser Chance teilhaben wollen, müssen ihre Bedürfnisse und digitalen Erwartungen verstehen.

Denn darum geht es mir. Ich zeichne kein einfühlsames, literarisches Porträt einer zwischen KI und Klimakrise zerrissenen Generation, sondern gebe Ihnen einen praktischen Wegweiser an die Hand. Dass es an manchen Stellen dennoch ein Reiseführer durch die »Seelenwelt« der Generation Z geworden ist, ließ sich bei aller Nüchternheit, mit der ich auf diese »Menge von Marktteilnehmenden« blicken wollte, nicht vermeiden.

Aber das ist auch gut so. Denn ebenso wichtig wie eine bestimmte Reaktion vorhersehen zu können, ist es, die Motivation hinter dieser Reaktion zu verstehen. Nur so lassen sich aus meiner Sicht wirklich zielgerichtete Maßnahmen entwickeln, die über ein manipulatives und leicht durchschaubares Reiz-Reaktions-Schema hinausgehen.

Nur so können wir in der Zusammenarbeit mit der vielleicht anspruchsvollsten und in Kürze mächtigsten aller am Markt operierenden Generationen von ihrer enormen Stärke profitieren und ihre vorhandenen Schwächen ausgleichen.

Und nur so können wir selbst von den Vertreterinnen dieser Generation lernen und dabei manches eigene Vorurteil als das entlarven, was es ist: ein Vorurteil.

Mein »Erweckungserlebnis« – oder: Warum Julian mit der Smartwatch umgehen kann

Nach Vorträgen werde ich oft gefragt, was für mich der Grund war, mich so intensiv mit der Generation Z zu beschäftigen. Wie beschrieben, habe ich beruflich über die Social-Media-Arbeit und über meine Lehraufträge viel mit dieser Generation zu tun. Der initiale Auslöser, der »Gamechanger«-Moment, war aber ein ganz konkreter Anlass.

Ich veranstaltete vor einigen Jahren zusammen mit einem guten Freund und Geschäftspartner ein Unternehmercamp auf Sylt. Nach Abschluss dieser Veranstaltung verbrachten wir noch einige Tage auf der Insel zusammen mit seiner Familie. Darunter auch sein Sohn Julian, mein Patenkind. Und eigentlich war Julian der Auslöser für meinen Fokus auf die Generation Z.

Wir saßen in unserer Ferienwohnung, als Julian und sein Schwesterchen Johanna, damals etwa drei Jahre und ein Jahr alt, meine Smartwatch entdeckten. Was dann geschah, hat mich so fasziniert, dass ich die Situation sofort mit dem Handy aufnehmen musste.1

Beide waren nicht nur sofort begeistert von dem Gadget, sondern wussten auch intuitiv damit umzugehen. Die beiden Kinder identifizierten das Display sogleich als Touchscreen-Bildschirm, wischten darauf herum und versuchten, mit zwei Fingern zu pinchen und zu swipen. Ich bin sehr froh, diesen Moment auf Video festgehalten zu haben, denn aus ihm ergaben sich für mich gleich mehrere Fragen:

Warum wussten die beiden direkt, dass es sich bei dieser glatten Fläche um einen Touchscreen handelt?

Woher hat vor allem die Kleine noch vor dem Sprechen gelernt, auf so einem Bildschirm zu pinchen, wie wir »Großen« es auf Bildschirmen zum Zoomen und Verkleinern tun?

Beide hatten damals natürlich weder Handy noch Tablet und auch im elterlichen Haushalt war kein Tablet vorhanden, mit dem die beiden üben konnten. Irgendwie scheint es ihnen durch Beobachtung der Eltern (und ich fürchte auch durch mich) intuitiv in Fleisch und Blut übergegangen zu sein: »Wenn du eine dunkle, spiegelnde Oberfläche siehst, check doch mal, ob das ein digitales Gadget ist, mit dem man herumspielen kann …«

In diesem Moment ist mir klar geworden, dass sich bei dieser Generation (damals noch an der Grenze zwischen Z und Alpha) etwas fundamental verändert hat. Digitale Medien sind von klein auf so fest verwurzelt, dass es fast schon unheimlich ist, wie selbstverständlich diese Generation damit umgeht. Es gibt keinen klar umrissenen Gewöhnungs- und Lernprozess mehr, wie wir ihn durchlaufen mussten. Digitale Medien sind einfach von Kindheit an überall da und entsprechend selbstverständlich ist der Umgang damit.

Eine Welt, in der man sich in Bibliotheken durch Karteikarten in endlosen Holzschränken wühlt, um zu prüfen, wo sich ein bestimmtes Buch befindet (das dann häufig doch nicht dort steht, wo die Karteikarte es behauptet), ist für einen Menschen, der ganz und gar digital aufgewachsen ist, kaum vorstellbar. Wenn dieser Mensch eine Information sucht, hat er sein Leben lang nichts anderes getan, als Google zu öffnen, und er hat mit wenigen Klicks das komplette Wissen der Welt zu Füßen gelegt bekommen. Dass es jemals anders war – kaum zu glauben. »Mama, Papa, wie habt ihr eigentlich früher gegoogelt, bevor es das Internet gab?« ist ein netter Witz, aber gar nicht so unrealistisch. Für einen Teenager ist eine Welt ohne Internet und Smartphone so wenig vorstellbar wie für uns eine Welt, in der es kein Telefon gab. Dabei ist selbst das zumindest in ländlichen Regionen auch noch gar nicht so lange her.

Dieses Erlebnis mit Julian und Johanna war für mich jedenfalls der Auslöser, die Generation Z zu einem der Schwerpunkte meiner Arbeit zu machen. Mich fasziniert der Einfluss der Digitalisierung auf diese Generation, welche enormen Vorteile sie ihr bringt, aber auch, welchen Gefahren und Risiken sich die Digital Natives ausgesetzt sehen.

Okay, Boomer – die Generationen im Überblick

Okay, Boomer! Diesen Schlachtruf der Generation Z haben Sie bestimmt schon gehört oder gelesen. Der Satz ist eine etwas herablassende Erwiderung, die häufig verwendet wird, um »Babyboomern« oder generell Älteren gegenüber Missfallen bezüglich einer Aussage oder Haltung deutlich zu machen. Ein so Angesprochener versteht eine Sache einfach deshalb nicht (mehr), weil er zu alt dafür ist. Gleichzeitig impliziert die Formulierung, dass es überhaupt keinen Zweck hat, mit dem Boomer zu diskutieren.

Allerdings, so »fresh«, wie sich manche User vorkommen, wenn sie jemandem diese Antwort präsentieren, ist sie gar nicht mehr. Der genaue Ursprung ist unbekannt. Ab April 2018 wurde das Schlagwort verstärkt verwendet, um auf Posts auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zu reagieren. Aber eine Verwendung lässt sich bereits bis September 2015 zurückverfolgen, als der Spruch im zweifelhaften Forum 4chan erstmals das Licht des World Wide Webs erblickte. Nicht lange nach der Veröffentlichung dieses Buches wird das populäre Meme also bereits seinen zehnten Geburtstag feiern (der Begriff des Memes begegnet uns im Buch noch häufiger).

Das kleine Beispiel zeigt ein häufiges Missverständnis junger Menschen. Wer heute zwischen 20 und 30 Jahre alt ist, fühlt sich unsterblich. Das mag stimmen, wenn er sich mit der Generation vergleicht, die vor ihm sitzt. Was er vergisst, ist, dass für jemanden, der im Jahr 2023, sagen wir, 13 Jahre alt ist, auch der 22-Jährige heute bereits unglaublich alt ist. Sich mit seinen Ansprüchen und Bedürfnissen herumzuschlagen, wird Aufgabe der frühen Jahrgänge der Generation Z sein. Und wir dürfen alle gespannt sein, wie gut sich die Generation Z im Umgang mit der Generation Alpha schlägt, die auf sie folgt. Alphas sind nicht nur mit der Technologie aufgewachsen – sie sind von Geburt an vollständig in sie eingetaucht. Schon in jungen Jahren sind diese Kinder in der Lage, mit Sprachassistenten zu sprechen und auf Smartphones zu wischen. Sie betrachten Technologien nicht als Hilfsmittel, die ihnen bei der Erledigung von Aufgaben helfen, sondern als tief integrierte Bestandteile des täglichen Lebens.

2.800.000 Alphas werden jede Woche geboren und werden der Gen Z das Leben irgendwann schwer machen. 2030 werden die Alphas bereits über 10 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellen.

Napoleon Bonaparte bemerkte einmal: »Um einen Mann zu verstehen, muss man wissen, was in der Welt geschah, als er 20 war.« Streng genommen sind für uns also nicht die Geburtsjahrgänge ausschlaggebend, sondern die Umstände und Ereignisse, die diese Geburtsjahrgänge geprägt haben.

Im Marketing nähern wir uns unseren Zielgruppen über Personas. Wir greifen uns einen (oder mehrere) archetypischen Vertreter einer Zielgruppe heraus und stellen uns diesen so plastisch wie möglich vor. Wir haben ein Bild vor Augen, geben der Person einen Namen, definieren die Lebensumstände, sozioökonomische und psychografische Merkmale wie Interessen, Werte, Einstellungen, Sorgen etc. Auf diese Weise entsteht ein deutlich besseres Verständnis und damit auch eine bessere Ansprechbarkeit in allen folgenden Maßnahmen.

Mit diesem Persona-Konzept nähern wir uns jetzt den Generationen. Statt also die einzelnen Generationen »insgesamt« zu betrachten (was, wie wir festgestellt haben, ja gar nicht geht), picken wir uns eine spezifische Person aus jeder Generation heraus. So bekommen wir ein deutlich lebendigeres Bild für die Lebenswirklichkeit – verbunden mit dem Wissen, dass es auch unzählige andere Personas in jeder Generation gibt.

Die Tradionalisten

Ein heute Hundertjähriger, also ein Mensch, der 1923 geboren wurde, zählt zur Generation der Traditionalisten. Zu dieser Kohorte rechnen wir Menschen, die zwischen 1923 und 1945 geboren wurden. Diese Menschen haben größtenteils die Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs, den Zweiten Weltkrieg oder die direkte Nachkriegszeit in Kindheit und Jugend erlebt. Entsprechend lautet ein anderer Name für diese Gruppe »Veteranen«. Manchmal liest man auch die Bezeichnung »Builder«, zu Deutsch: die Aufbaugeneration. In diesem Buch spielt diese Kohorte, wenn überhaupt, nur eine Nebenrolle und wird hier von mir vor allem der Vollständigkeit halber erwähnt. Ihre Mitglieder sind aus dem Berufsleben nahezu komplett verschwunden. Als Erwerbstätige stellt diese Gruppe noch 2 Prozent der Gesamtheit.

Ewald ist 83 Jahre alt und pensionierter Oberregierungsrat. Von seinen vier Geschwistern leben noch zwei. Er lebt mit seiner Frau im eigenen Reihenhaus in einem Vorort einer mittelgroßen Stadt in seiner Heimatregion. Nach einer Lehre als Einzelhandelskaufmann verpflichtete er sich für mehrere Jahre bei der jungen Bundeswehr, um im Anschluss eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen. Die Lehre hat er angetreten, weil sein Vater – Landwirt und entnazifizierter Parteigenosse der ersten Stunde – ihm die Stelle nach der mittleren Schullaufbahn vermittelt hat. Er ist das erste Mitglied seiner Familie, das nicht mehr von der Landwirtschaft leben musste. Der einzige Bruch in seiner Biografie ist der Wechsel über die Bundeswehr in den Staatsdienst. Er hat sich bescheidenen Wohlstand aufbauen können, den er an seine Kinder und das einzige Enkelkind weitergeben möchte. Die Ausbildung seiner zwei Söhne war ihm extrem wichtig. Umso stolzer ist er, dass der älteste Sohn einen akademischen Grad erreicht hat. Insgeheim bewundert er den Mut seines zweiten Sohnes, der als Freiberufler durchs Leben geht. Er hat klare Vorstellungen von Verhaltensregeln, Respekt vor Autorität, ist fleißig und käme nie auf die Idee, Ansprüche für sich zu stellen.

Geprägt ist er von den Entbehrungen der Nachkriegsjahre. Er besitzt ein Smartphone, das allerdings seine Frau für ihn bedient. Er geht am Desktop-PC online, um seine Finanzgeschäfte zu machen und um Reisen zu buchen. Seine am häufigsten genutzten Medien sind die regionale Tageszeitung und das lineare Fernsehen. In der Garage steht ein selten benutzter, scheckheftgepflegter Ford Focus. Ewalds am stärksten ausgeprägtes Bedürfnis war stets Sicherheit.

Selbst wenn wir annehmen, dass es noch den einen oder anderen Patriarchen aus dieser Generation in Unternehmen gibt, Wolfgang Grupp von Trigema (geboren 1942) ist so ein Beispiel, können wir dennoch davon ausgehen, dass er inzwischen sehr weit vom operativen Geschäft entfernt ist. Dennoch ist dort, wo Traditionalisten noch aktiv sind, ihr Einfluss auf die Unternehmenskultur nicht zu unterschätzen. Dieser Einfluss bleibt zwar meist mittelbar, dennoch kann es natürlich eine Herausforderung sein, wenn Sie auf Managementebene in einem Familienunternehmen in einer Sandwichposition zwischen den Ansprüchen der Generation Z und den Ansichten eines Traditionalisten vermitteln müssen.

Es erscheint auf den ersten Blick einsichtig, diese Marktteilnehmenden in unseren Betrachtungen zu vernachlässigen. Es geht schließlich um die Zukunft. Diese Einstellung versperrt uns jedoch den Blick darauf, dass mit Joe Biden – geboren 1942 – ein sogenannter Traditionalist Präsident der Vereinigten Staaten ist und damit eines der mächtigsten Ämter der Welt besetzt. In Deutschland hatte mit dem ebenfalls 1942 geborenen Wolfgang Schäuble ein Traditionalist noch bis 2021 das zweithöchste Staatsamt der Bundesrepublik inne. An den Schaltstellen der Macht, dort, wo die Weichen gestellt werden, finden wir Traditionalisten noch sehr viel häufiger als in den Führungsetagen der Unternehmen.

Die Babyboomer

Diese Generation umfasst die Jahrgänge zwischen 1946 und 1964. Sie war die erste Generation, die man überhaupt in einer sehr großen Schublade erfasst hat. Die Traditionalisten entstanden bei dieser Kategorisierung quasi als Nebenprodukt, denn auf einmal brauchte man schließlich auch einen Namen für die Vorgängergeneration, von der man die Babyboomer abgrenzen konnte. Die Babyboomer sind auch die Namensgeber der mit »Okay, Boomer« abgekanzelten älteren Generationen, auch wenn die Gen Z selbst da weniger Unterschiede macht – alles ab 35 ist alt und damit »Boomer«.

Karin ist 62 Jahre alt und gelernte Verlagskauffrau. An die Ausbildung schloss sich auf Initiative ihrer Mutter ein Germanistikstudium an. Nach der Scheidung von ihrem Mann in den späten 1990er-Jahren hat sie eine große berufliche Veränderung gewagt und sich als Beraterin für Verlagshäuser selbstständig gemacht. Sie lebt in einer Eigentumswohnung, hat zwei erwachsene Kinder, eine Katze und einen großen Freundeskreis aus alten und neuen Bekannten. Ihre engste Freundin kennt sie seit der gemeinsamen Schulzeit. Nachdem sie nach der Scheidung lange Zeit wieder auf einen eher studentischen Lebensstil zurückfiel, läuft ihr Business inzwischen sehr gut. Seit beide Kinder auf eigenen Beinen stehen, gönnt sie sich regelmäßig kulturell geprägte Städtetrips. Die 14-Stunden-Arbeitstage werden weniger. Karin ist stolz auf das, was sie sich selbst aufgebaut hat. Geprägt ist sie von der Frauenbewegung der 1970er-Jahre, der Lebenssituation ihrer Mutter und dem Kampf um ihre individuelle Freiheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Sorge macht ihr ihre Lebenssituation im Alter.

Ihre Mediennutzung beschränkt sich privat auf Bücher und überregionale Tageszeitungen. Den Stern, den sie jahrelang abonniert hatte, hat sie inzwischen abbestellt. Sie verzichtet bewusst auf ein Fernsehgerät. Sie besitzt ein Smartphone und nutzt es zum Telefonieren und um über diverse Messengergruppen Kontakt zu halten. Die Pflege ihrer Homepage und ihres Laptops überlässt sie einem Dienstleister, den sie »Computer-Fritze« nennt. In der Tiefgarage steht ein häufig genutzter italienischer Roadster.

Fällt Ihnen etwas auf? Bei dieser weit gefassten Alterskohorte wird deutlich, dass allein eine Einteilung unserer Zielgruppen nach Generationen für ein tieferes Verständnis an ihre Grenzen stößt. Wir erleben aufgrund der Altersstruktur dieser Kohorte große intragenerationale Unterschiede. Gemeint sind damit Unterschiede innerhalb der Generation – im Gegensatz zu intergenerationalen Unterschieden, die die Kluft zwischen verschiedenen Generationen kennzeichnen sollen. Denn natürlich sind die Erfahrungen einer 1946 geborenen Frau aus der Arbeiterklasse andere als die eines 1964 geborenen Akademiker- oder Unternehmersohns oder eben die Erfahrungen von Karin.

Dies gilt umso mehr, da insbesondere im früheren Westdeutschland gerne übersehen wird, dass es mit der DDR bis 1990 noch ein »zweites Deutschland« gab, dessen Bürger völlig andere Erfahrungen gemacht haben und die auch auf globale Ereignisse aus einer zumeist völlig anderen Perspektive blickten. Allein über die Generation kann uns also nur eine sehr grobe Annäherung gelingen.

Westliche Babyboomer sind sowohl von den Nachkriegsjahren als auch vom Wohlstandsversprechen des wirtschaftlichen Aufschwungs geprägt. Vor allem aber von dem Erleben, viele zu sein. Der Babyboom war die einzige Phase seit Ende des 19. Jahrhunderts, in der die Fertilitätsrate stieg. In Deutschland werden die im Zeitraum von 1955 bis 1969 Geborenen von Statistikern als geburtenstarke Jahrgänge bezeichnet. Wir Deutschen waren etwas später dran als andere westliche Länder, was daran lag, dass viele potenzielle Väter sich in den direkten Nachkriegsjahren noch in Kriegsgefangenschaft befanden. Oft wird den Boomern mangelndes Engagement gegen die großen Krisen der Zeit – etwa die Folgen des Klimawandels – vorgeworfen. Dabei stellten die späten Babyboomer in den 1980er-Jahren als Schülerinnen und Studenten die Masse der Friedensbewegung und der Umweltbewegung und haben in ihrer Jugend ein starkes politisch-gesellschaftliches Engagement an den Tag gelegt. Und obwohl die 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit Waldsterben, AIDS, Ozonloch, den Bedrohungen des Kalten Krieges und nicht zuletzt der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl im April 1986 genügend heute oft vergessene Katastrophenszenarien vorhielten, gelten die Babyboomer als »glückliche Generation«, in der das Versprechen des immerwährenden Fortschritts und Aufstiegs nach wie vor gültig war. Es ist allerdings auch eine Generation, auf die gerade in ihren jüngeren Kohorten niemand gewartet hat. Konkurrenzkampf um Positionen und das Bewusstsein, bei Bedarf ausgewechselt werden zu können, prägten die Einstellung dieser Generation im Recruiting-Prozess.

Im Berufsleben gelten – oder sehen sich? – die Babyboomer als besonders engagiert und durchsetzungsstark. Sie arbeiten stets motiviert und vergessen dabei den Service am Kunden nicht. Teilweise können sie aggressiv auftreten, arbeiten aber sehr gut im Team und streben stets nach Harmonie. Okay, Boomer!

Auf der anderen Seite zeichnen sich ihre Vertreter durch hohen Selbstbezug und geringe Kritikfähigkeit aus. Von den nachfolgenden Generationen werden den Boomern häufig veraltete oder konservative Ansichten und wenig Belehrbarkeit und Offenheit für neue Dinge vorgeworfen.

Die Steigerung des stereotypen Boomers ist der viel zitierte »alte weiße Mann«, den es natürlich auch in weiblicher Form gibt. Besonders im amerikanischen Kulturraum ist sie als »Karen« bekannt – stets am Meckern, sich laut über die Jugend aufregend, Lieblingssatz: »Bring me to your manager!«

Generation X

Die Generation X genannte Altersgruppe gewann große Bekanntheit durch den 1992 erschienenen gleichnamigen Episodenroman von Douglas Coupland. Die Bezeichnung wird vor allem im angloamerikanischen Sprachraum benutzt. Die gängigste Definition umfasst die Jahrgänge 1965 bis 1980.

Mario ist 44 Jahre alt. Früher war er Punker mit einem legendären Ruf als »Scheißebauer«. Er ist ein Scheidungskind, was in der kleinen Gemeinde, in der er aufwuchs, selbst in den 1980er-Jahren noch ein Makel war. Nach Fachabitur und einem abgebrochenen BWL-Studium, das er nur begonnen hat, weil man ja »irgendwas studieren muss«, war er um die Jahrtausendwende zur rechten Zeit am rechten Ort, machte eine vom Arbeitsamt bezahlte Fortbildung und leitet heute erfolgreich und mit Personalverantwortung die Online-Plattform einer weltweit agierenden Traditionsbäckerei für Lebkuchen. Er ist geschieden und hat zwei Kinder, die er regelmäßig sieht und mit denen er gerne seine Zeit verbringt. Er wohnt in einer bayerischen Großstadt in der Nähe seiner Heimatgemeinde in einer großen Wohnung zur Miete. Seinen Job betrachtet er als Möglichkeit, Geld zu verdienen. Innerlich verachtet er das Produkt, die Kundschaft und die »spießige« Unternehmensstruktur, die ihm seine Karriere ermöglicht hat. Statussymbole wie ein teures Auto und hochwertige Kleidung, die er früher ebenfalls verachtet hat, werden ihm allerdings genau wie all die anderen Annehmlichkeiten, die sein hohes Gehalt trotz Unterhaltszahlungen zulässt, in letzter Zeit immer wichtiger.

Wenn er zurückdenkt, fällt ihm kein Ereignis ein, das ihn sonderlich geprägt oder gar motiviert hat, außer der Ereignislosigkeit der dörflichen Umgebung, die mit Bier, Joints, Trips und Zocken an der Konsole bekämpft wurde. Erst die Geburt seiner Kinder disziplinierte ihn in seiner Lebensführung.

Er nutzt elektronische Medien und Streamingdienste intensiv und ganz selbstverständlich. Aus den sozialen Netzwerken hat er sich als Privatperson jedoch bereits »nach Facebook« verabschiedet. Inzwischen macht sich eine gewisse Sinnsuche in seinem Leben breit und er denkt darüber nach, noch mal »etwas ganz anderes« zu machen. Den BMW hat er gegen einen Tesla getauscht.

In Deutschland nutzt man als Schlagwort auch »Generation Golf«, nach einem im Jahr 2000 erschienenen Buch von Florian Illies. Namensgebend ist natürlich der Golf von Volkswagen. X ist eine von Popkultur und Hedonismus geprägte Generation, die die großen ökonomischen und ökologischen Krisen der Jetztzeit bereits am Horizont aufziehen sah, vor allem aber die letzte Generation vor der »digitalen Wasserscheide«. Die letzte Generation, die sich noch an ein Leben ohne Internet erinnert, aber bereits Stunden vor dem C64 oder der Konsole verbracht hat. Sie gilt als anpassungsfähig und kennt sich mit den modernen Techniken gut aus. Von Vorgesetzten lässt sie sich nicht so leicht einschüchtern. Weitere Eigenschaften, die man der Generation X nachsagt, sind Kreativität, Ungeduld, Skepsis, aber auch eine gewisse Bequemlichkeit, wenig Durchsetzungsvermögen und viel Nörgeln. Im Grunde genommen ist diese »Zwischengeneration« eine »Beta-Version« der Generation Z – Werte wie Individualismus, Sinnsuche und eine hohe Bedeutung der Work-Life-Balance sind hier bereits vorhanden, spielen bei der Gen Z dann die zentrale Rolle. Der Gen X wird vor allem ein gewisser Pessimismus vorgeworfen, ebenso wie eine ironische Sicht auf die Welt, die leicht in Zynismus abrutscht. Im Berufsleben gelten die erfahrenen und besten Mitarbeitenden als technisch versierte und ergebnisorientierte Individualisten. Ihr Streben nach sinnhafter Erfüllung im Berufsleben ist oftmals gering ausgeprägt. Sie sind auch in Marktsektoren tätig, die für sie nicht interessant sind oder sie sogar langweilen, solange das Gehalt stimmt.

Generation Y / Millennials

Die Begriffe Generation Y oder Millennials bezeichnen die Generation, die im Zeitraum der frühen 1980er- bis zu den späten 1990er-Jahren geboren wurde. Es ist eine Generation, die nach dem Zerfall des Warschauer Pakts und dem Untergang der DDR ohne Systemalternative groß geworden ist.

Estefania ist 30 Jahre alt. Geboren wurde sie in einer ostdeutschen Großstadt, aufgewachsen ist sie in Niedersachsen, wo der Vater Arbeit gefunden hatte. Nach dem Studium und diversen Praktika in IT-Start-ups arbeitete sie zunächst als Junior Consultant und SCRUM Master für ein Beratungsunternehmen. Über ein Projekt kam der Wechsel zu einem global tätigen Energiekonzern zustande, für den sie zuerst als Projektmanagerin tätig war, um dann als CEO eine Ausgründung unter dem Dach des Konzerns als selbstständiges Start-up zu führen. Sie lebt mit ihrem Freund, einem chilenischen Ingenieur, inzwischen in einer westdeutschen Großstadt, jederzeit bereit, für den nächsten Job die Zelte abzubrechen. Allerdings kommt in letzter Zeit verstärkt der Gedanke an Kinder auf. Ihr Freund fühlt sich laut eigener Aussage »noch nicht bereit«, und noch ist Estefania gewillt, das hinzunehmen.

Geprägt hat sie vor allem die soziale und wirtschaftliche Unsicherheit der Nachwendezeit, die gleichzeitig mit einer nie gekannten Chancenvielfalt einherging. Man musste nur bereit sein, seine Möglichkeiten zu ergreifen. Die Zeiten waren günstig und einer Frau mit Top-Ausbildung und einem guten Netzwerk standen alle Türen offen. Gleichberechtigung hatte sie mit der Muttermilch aufgesogen, ihre Mutter leitete in der DDR die Abteilung eines VEB.

Sie ist selbstbewusst und durchsetzungsstark, gleichzeitig bevorzugt sie einen ausgesprochen kooperativen Führungsstil. Dass ihr Start-up Teil der Energiewende ist, ist ihr wichtig. Ob sie sonst für den Mutterkonzern arbeiten könnte, ist eine Frage, die ihr oft durch den Kopf geht. Für Estefania soll es rote Rosen regnen, und bisher sieht sie keinen Grund, warum das nicht wahr werden sollte.

Ihre Mediennutzung entfällt nahezu komplett auf Online-Medien und Streamingdienste. Ihr liebstes soziales Netzwerk ist Instagram, beruflich setzt sie voll auf LinkedIn. Sie besitzt kein eigenes Auto, sondern nutzt Bahn, Mietwagen und Carsharing. Dabei ist die Verweigerung nicht ideologisch, sondern praktisch. Wozu für etwas zahlen, das die meiste Zeit nur herumsteht?

Den Millennials wird bereits nachgesagt, sinnerfüllende Arbeit und Freizeit mit einem hohen Maß an sozialer Sicherheit verbinden zu wollen (was sich bei der folgenden Generation noch potenziert).

Die Millennials sind zwar nicht digital aufgewachsen, aber doch recht früh digitalisiert, sodass Social Media und Smartphone wichtige Teile ihres Lebens darstellen. Auch die Ausprägung der digitalen Skills ist entsprechend hoch. Kein Wunder, dass viele der bekannten Tech-Gründer und Multimilliardäre wie Mark Zuckerberg (Meta), Evan Spiegel (Snapchat), Zhan Yiming (ByteDance / TikTok) oder alle drei Airbnb-Gründer dieser Generation angehören.

Gen Y kennt allerdings auch noch eine Welt ohne Smartphones und teilweise sogar ohne Internet. Die Gen Y sucht bereits verstärkt nach Sinn und will sich nicht mehr der Arbeitsmoral ihrer Eltern unterordnen. Die Generation ist top ausgebildet, weiß, was sie kann, und erhebt daher Ansprüche auf Führungspositionen und angemessene Entlohnung.

In vielen Dimensionen kann die Gen Y als Vorreiter der Gen Z bezeichnet werden. Sie testet bereits Grenzen aus, die vorher als unantastbar galten, und stellt Forderungen, die älteren Generationen die Nackenhaare aufstellen. Die Gen Z treibt all das auf die Spitze.

Übrigens, falls Sie sich beim Lesen bisher gefragt haben, in welche Generation ich eigentlich falle: Ich bin Baujahr 1982 und damit entweder einer der ältesten Millennials oder einer der letzten Generation-Xler, je nach Definition.

Generation Z

Der Generation Z werden überwiegend diejenigen zugerechnet, die ungefähr zwischen Mitte der 1990er-Jahre und 2012 zur Welt gekommen sind. Eine eindeutige Definition der Anfangs- und Endjahre für Generation Z gibt es bisher nicht. Je nach Autor wird auch ein Beginn zwischen 1990 und 2000, sogar bis 2016 diskutiert. Wir werden uns hier im Buch an die wohl gängigste Zeitspanne halten, etwa 1995 bis 2012.

Sara ist 17 Jahre alt. Ihr erstes internetfähiges Telefon hatte sie bereits im Grundschulalter, das erste Smartphone zum Übergang aufs Gymnasium. Sie besitzt einen Fernseher, den sie nur in Ausnahmefällen benutzt. Daneben nutzt sie ein Tablet, ein Schultablet und ein Smartphone im Dauereinsatz. Ihre Lieblings-Apps sind Snapchat, TikTok und Instagram. Sie postet fast nie selbst, sondern folgt und konsumiert. Hauptsächlich kommuniziert sie jedoch über die Apps. WhatsApp nutzt sie nur für Familienkommunikation und für schulbezogene Gruppenchats. Ihr Interesse an der Funktionalität der Hardware steht im Widerspruch zur Dauernutzung. Es geht gegen null. Sie erwartet einfach, dass die Geräte eingerichtet sind und funktionieren. Notfalls muss sich jemand für sie darum kümmern. Mit absehbar zu wenig Akku verlässt sie das Haus nicht. Sie interessiert sich für Fußball, Chillen und strebt nach dem Abitur eine Ausbildung als Innenausstatterin und im Anschluss ein Innenarchitekturstudium an. Sicherheit ist wichtig. Einen Führerschein würde die Großmutter bezahlen, und obwohl die Oma sicher auch ein Auto springen lassen würde, hat Sara kein Interesse. Popkulturelle Idole hat sie nicht. Geld spielt im Leben des Einzelkindes keine Rolle. Aus ihrer Sicht ist es einfach da. Großeltern und Eltern stehen für Wünsche zur Verfügung. Sie hasst es, telefonieren zu müssen. Massiv geprägt haben sie die Einschränkungen der Corona-Pandemie und der Eindruck, als Schülerin und junger Mensch an letzter Stelle zu kommen.

Wenn es gerade passt, nimmt sie an freitäglichen Schulstreiks teil, hat aber nichts dagegen, wenn Papa sie täglich zur Schule und zweimal wöchentlich zum Training fährt. Auch Urlaubsflüge sind völlig okay, solange das Ziel für einen Insta-Post taugt.

Es ist die Generation der jungen Menschen, die jetzt oder in wenigen Jahren mit einer hervorragenden Ausbildung und sehr selbstbewusst ins Berufsleben einsteigen. In Industrieländern mit niedriger Geburtenrate und nach wie vor florierender Wirtschaft profitieren Angehörige der Generation Z massiv vom Fachkräftemangel. Für sie wird es immer einen Platz geben. Dennoch sind sie stärker an beruflicher Sicherheit interessiert sowie an einer klaren Trennung von Job und Privatleben. Es sind Frauen und Männer, die mit Internet und Smartphone groß geworden sind. Echte Digital Natives. Ohne einer genaueren Charakterisierung vorgreifen zu wollen, ist es vielleicht genau das, was die Vertreter dieser Generation vielen so fremd macht: Sie sind in einer zweiten Welt aufgewachsen, die vielen Älteren unbekannt ist. Zwischen Twitch, TikTok und Tumblr, zwischen iPhone, Influencer und Instagram. Eine Welt mit eigenen Gesetzen und eigenen Werten und Normen. Dabei ist diese Welt für die Gen Z genauso real wie die »echte Welt«. Mehr noch: Es gibt keine Trennung zwischen diesen Welten. Leben ist digitales Leben. Das Schlagwort der »Digitalisierung« sagt diesen Menschen nichts. Ihr Leben war schon immer digital. Kein Wunder, dass diese jungen Frauen und Männer genauso verwundert auf Menschen blicken, die von EDV reden, die »online gehen« und die am Telefon die Tastentöne anhaben, wie die Älteren auf sie.

Es ist die Generation, der ich dieses Buch gewidmet habe. Alle weiteren Kapitel und Abschnitte drehen sich um diese Generation.

Moment mal – gibt es Generationen eigentlich gar nicht?

Das Konzept der Generationen Y, Z und all der anderen ist zwar enorm beliebt, aber nicht unumstritten. Nicht nur, was die genaue Einteilung der Jahrgänge angeht. Diese ist sowieso unmöglich, weshalb es immer nur ungefähre Angaben sind.

Nein, auch die Existenz sich voneinander unterscheidender Generationen wird von manchen Forschern infrage gestellt. Dabei herrschen vor allem zwei Kritikpunkte vor:

1. These: Entscheidend ist die Marktsituation

Die Einstellung der heutigen Generation Z zum Arbeitsmarkt, die vielen Forderungen, die für ältere Arbeitgebende fast schon unverschämt erscheinen, das selbstbewusste Auftreten bei gleichzeitig völlig fehlender Berufserfahrung – all das sei nicht unbedingt Ausdruck einer generationsbedingten Einzigartigkeit, sondern einfach der Marktsituation geschuldet.

Denn eindeutig hat sich in den letzten Jahren der Arbeitsmarkt von einem Nachfrager- in einen Anbietermarkt gewandelt. Soll heißen: Hatten früher Nachfragende von Arbeitskraft, also Unternehmen, die besseren Karten, sind heute die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eindeutig in der stärkeren Position. Schuld daran sind viele Faktoren, der wichtigste dürften die geburtenschwachen Jahrgänge und der damit einhergehende demografische Wandel sein.

Zu »meiner Zeit«, als ich mich vor etwa 20 Jahren während des Studiums auf Praktika bewarb, bekam ich von vielen Unternehmen nicht einmal eine Antwort. Kam doch eine Absage, war es eine Ansammlung von Textbausteinen. Viel mehr war nicht zu erwarten. Es gab ja genug andere Bewerberinnen und Bewerber, die Unternehmen hatten die freie Auswahl. Entsprechend war ich als potenzieller Arbeitnehmer in der Bittsteller-Position, musste mich nach allen Kräften bewerben, sämtliche eigenen Ansprüche zurückschrauben und hoffen, irgendwo unterzukommen.

Heute ist es genau andersherum. Unternehmen bewerben sich bei Arbeitnehmerinnen und hoffen, eine Chance zu erhalten. Viele Stellen bleiben trotzdem unbesetzt, Unternehmen klagen über Fachkräftemangel, beinahe unabhängig von Branche oder Position.

Die Marktmacht liegt bei den sich Bewerbenden. Und damit eben vor allem bei jungen Menschen, die dringend für Ausbildungsplätze, Betriebswachstum und Nachschub für die nach und nach den Arbeitsmarkt verlassenden Boomer gesucht werden. Eine solche Marktmacht bringt es eben auch mit sich, dass man deutlich höhere Ansprüche stellen darf. Ich hätte mich früher nicht getraut, direkt im Einstellungsgespräch nach dem Zeitpunkt der ersten Gehaltserhöhung oder einer Vier-Tage-Woche zu fragen. Weil ich wusste, dass draußen vor der Tür noch 17 andere Bewerber Schlange stehen, die an diesem Tag »vorsprechen« durften.

Heute weiß der Arbeitnehmer im Bewerbungsgespräch: Mein Gegenüber hat nicht allzu viele Optionen, wenn es mich nicht kriegt. Ich oder keiner – das ist schon eine ziemlich mächtige Position.