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Sich befreien von der Angst vor dem Tod – das kann jeder nur selbst. Dabei ist der Tod nicht das Schlimmste, was dem Menschen geschieht. Gerade bei schwerer Erkrankung bedeutet er oft Erlösung. Dennoch gehören gerade während des Sterbeprozesses Ängste zu den größten Blockaden, die ein Loslassen verhindern. Wir fürchten uns vor dem, was danach kommt, aber auch davor, wie wir sterben könnten, unter großen Schmerzen und aller Würde beraubt – was in vielen Fällen den Wunsch nach Sterbehilfe erklärt. Dem "Wie" lässt sich durch die Palliativmedizin recht gut begegnen. Doch die eigene Vergänglichkeit zu akzeptieren, das sollten wir bereits aus der Mitte des Lebens heraus lernen. Bernard Jakoby weist einen Weg, um Schritt für Schritt mit sich selbst und dem eigenen Tod Frieden zu schließen.
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Seitenzahl: 80
Bernard Jakoby
Damit der Tod als Freund kommt
Wie wir im Sterben Gelassenheit und Frieden finden
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© für die Originalausgabe und das ebook: 2016 nymphenburger in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München.
Alle Rechte vorberhalten.
Umschlaggestaltung: Wolfgang Heinzel
Umschlagmotiv: shutterstock
eBook-Produktion: F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München
ISBN 978-3-485-06130-8
Inhalt
Einleitung
Leichtes Sterben – schweres Sterben
Tod einer Untröstlichen
Gebet
Die neun Stufen des guten Sterbens
Erste Stufe: Die Akzeptanz der Vergänglichkeit
So viele Fragen
Zweite Stufe: Eigenverantwortung für sein Leben übernehmen
Eigenverantwortung
Dritte Stufe: Die Auflösung der Angst
Angst oder Liebe?
Vierte Stufe: Vertrauen in die höhere Macht
Die höhere Macht
Fünfte Stufe: Die Bewusstwerdung der eigenen Schatten
Licht und Schatten
Sechste Stufe: Das Durchschauen der Egostruktur
Ego
Siebte Stufe: Die inneren Hindernisse überwinden
Vergebung
Loslassen
Widerstand
Achte Stufe: Das Wissen der Sterbenden über ihren bevorstehenden Tod
Blick ins Jenseits
Neunte Stufe: Trost und Hoffnung
Danke
Resümee
Bewusst sterben
Die Problematik der Sterbehilfe
Damit der Tod als Freund kommt
Nur Liebe ist ewig
Ausklang
Danksagung
Einleitung
Leichtes Sterben – schweres Sterben
Wenn wir uns intensiv mit dem Sterbeprozess und der Sterbebegleitung beschäftigen, erkennen wir, dass es grundsätzlich unterschiedliche Arten des Sterbens gibt. Menschen, die sich schon während ihres Lebens mit ihrer Vergänglichkeit auseinandergesetzt haben, können das Sterben-Müssen leichter annehmen und friedlich und bewusst ihren Übergang in die andere Welt vollziehen. Sie hadern nicht mit ihrem Schicksal, denn sie wissen, dass es ihnen nach ihrem Tod besser geht, da sie ewige geistige Wesen sind.
Je bewusster jemand mit dem Sterben umgeht, umso leichter fällt es ihm, den Körper loszulassen. Dabei stellt sich immer wieder der Eindruck ein, dass manche Menschen sehr wohl imstande sind, ihr Sterben zu beeinflussen und den Zeitpunkt ihres Todes selbst zu bestimmen: durch eine klare bewusste Entscheidung im Einvernehmen mit ihrem göttlichen Funken. Für diese Menschen hat das Sterben seinen Schrecken verloren: Es bedeutet Erlösung von Schmerz und Leid, denn sie sind schon vorher in die Liebe erwacht, die sie ein Leben lang getragen hat. Da ist weder Angst noch Widerstand. Die Frage stellt sich daher, wie wir selbst unser Sterben bewusster annehmen können.
Andererseits gibt es sehr viele Menschen, die sich extrem gegen den nahenden Tod auflehnen. Sie sind blockiert durch Ängste aller Art, was Widerstand, Auflehnung oder Nicht-Wahrhaben-Wollen hervorruft. Viele sind wütend, kämpfen und bekämpfen den nahenden Tod. Es zeigt sich immer wieder: Je mehr Gegenwehr vorhanden ist, desto schwieriger und leidvoller gestaltet sich der Sterbeprozess. Dies ist Ausdruck eines Lebens, das den Tod ausgegrenzt, verdrängt und verleugnet hat.
So wehren sich manche Menschen buchstäblich bis zum letzten Atemzug gegen das Sterben. Das ist dann häufig mit einem schweren Todeskampf verbunden und mündet in den Wunsch nach Sterbehilfe. Es ist daher überaus ratsam, sich die Tatsache des vorübergehenden und vergänglichen menschlichen Lebens beizeiten bewusst zu machen, damit der Tod uns nicht unvorbereitet trifft und der Übergang in die andere Welt sanft vollzogen werden kann.
Wir sind in den ewigen Kreislauf von Kommen und Gehen, von Geburt und Tod eingebunden. Der Tod gehört zum Leben. Es ist das Ego, das festhalten will. Wir haben aber in der Regel keine Kontrolle darüber, wann der Tod uns holt. Die Egodynamik erschwert durch Anhaftung, Ablehnung und Ignoranz das Sterben. Viele halten daher am Irdischen fest, indem sie sich an Menschen und Besitz klammern, während sie gleichzeitig versuchen, fast um jeden Preis die Kontrolle über sich zu behalten. Hinter dem Ego lauert aber im Prinzip nichts anderes als Gier, Hass, Neid, Verblendung und dahinter wiederum verbirgt sich die Angst vor dem Leben und vor dem Sterben.
Genau diese negativen Eigenschaften des menschlichen Strebens führen zu Schmerz, Leid, Verurteilen oder Angriff. Aus diesem tief sitzenden Widerstand heraus wehren sich Menschen gegen die Krankheit, gegen das Sterben und gegen die höheren Kräfte, die das Sterben lenken. Schlussendlich ist es die Angst vor der Liebe, die dem Menschen unbekannt ist, die Angst vor allem, was über uns steht.
In der heutigen westlichen Gesellschaft ist es weniger die Angst vor dem Tod, die die Menschen umtreibt, als die Angst vor einem langen leidvollen und schmerzhaften Sterben, also der Weg dorthin. Diese irrationale Angst vor Krankheit und Schmerz ist jedoch meist nicht berechtigt. Wie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit verfügen wir heute über ein flächendeckendes Netz von Palliativstationen, wobei hier die Schmerzbekämpfung im Vordergrund steht.
Wir haben aber auch die Wahl, ob wir uns beispielsweise bei einer schweren Krebserkrankung mehrfach operieren lassen und eine Serie von Chemotherapien in Kauf nehmen, um den Tod möglichst lange hinauszuzögern. Oder ob wir die Krankheit in ihrer letzten tödlichen Konsequenz akzeptieren. Das sind die Möglichkeiten, die der freie Wille und die Eigenverantwortung uns Menschen bieten. Die Entscheidung für eine Behandlung bedeutet unter Umständen einen schmerzhaften oder leidvollen Weg. Denn je häufiger in den Körper eingegriffen wird, desto mehr wird er geschwächt und die Wahrscheinlichkeit starker Schmerzen, die dann kaum noch beherrschbar sind, nimmt zu.
Das geschieht meistens dann, wenn die Verantwortung für die eigene Person an die Ärzte abgegeben wurde und der Tod als Feind betrachtet wird. Wir können dem Tod jedoch nur dann angstlos ins Auge blicken, wenn wir ihn als Verbündeten, als Freund betrachten. Der Tod ist keineswegs das Schlimmste, was einem Menschen widerfahren kann, da er oft von Schmerz und Leid befreit. Andererseits können wir bestimmen, uns frühzeitig schmerztherapeutisch auf einer Palliativstation behandeln zu lassen. Das schafft wesentlich mehr Lebensqualität als wiederholte operative Eingriffe. Doch dies gelingt nur, wenn man den eigenen Tod billigend in Kauf nimmt.
Gutes Sterben – was heißt das überhaupt? Jeder Mensch wird davon seine eigene Vorstellung haben. Viele wünschen sich, einfach sanft im Schlaf zu sterben oder ganz plötzlich. So wie Udo Jürgens, der kurz nach seinem achtzigsten Geburtstag während eines Spaziergangs zusammenbrach und verstarb. Das ist sicherlich ein Abgang, um den ihn viele beneiden.
Andere bevorzugen vielleicht ein langsames Abschiednehmen durch eine chronische Erkrankung. Wichtig für ein würdiges und bewusstes Sterben ist in diesem Fall ein liebevoller Umgang mit den Bedürfnissen der Sterbenden. Die meisten Menschen – ob Angehörige, Pflegende oder Ärzte – wissen oft nicht, wie sie mit der Grauzone zwischen Leben und Tod umgehen sollen. Allzu viele schauen einzig auf das körperliche Geschehen und erkennen nicht die geistige Macht, welche die Ablösung der Seele vom Körper steuert.
Insofern handelt dieses Buch von der Kraft der Liebe. Das Vergängliche und Sterbliche unseres Lebens steht dem Ewigen gegenüber, der Liebe des göttlichen Funkens in uns. Einzig die göttliche Liebe vermag, die Angst und die Unsicherheit vor dem Tod zu überwinden, und verweist uns gleichzeitig auf eine allem Leben zugrunde liegende höhere Macht, die uns trösten will und in die wir eingebunden sind.
Je bewusster wir uns während des Lebens mit unserer Sterblichkeit auseinandersetzen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines guten Sterbens. Dann brauchen wir uns auch nicht mehr um die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe zu bemühen, nach der immer mehr Menschen rufen – aus Angst vor Schmerz, vor dem Alleingelassen-Werden, aus Unwissenheit darüber, was im Sterben geschieht, und aus Angst vor dem für viele Ungewissen, vor dem, was danach kommt.
Obwohl wir heute mehr als jemals zuvor über den inneren Sterbeprozess wissen, ist die Hilflosigkeit der Sterbenden wie auch der Angehörigen und Begleitenden hoch. Menschen wird ein bewusstes, gutes Sterben nicht ermöglicht, wenn ihnen aus mangelndem Wissen ein Tod im Dämmerschlaf starker Beruhigungsmittel aufgezwungen wird. Schon Elisabeth Kübler-Ross stellte fest, dass niemand um Sterbehilfe bittet, wenn er schmerzfrei gehalten und liebevoll begleitet wird.
Wenn das Sterben-Müssen mit Not, Nichtakzeptanz und tief sitzenden Ängsten verbunden ist, wird es zu einem äußerst leidvollen Prozess, wie auch das folgende Beispiel zeigt.
Tod einer Untröstlichen
In seinem Buch Tod einer Untröstlichen erzählt der Sohn der bekannten amerikanischen Schriftstellerin und Intellektuellen Susan Sontag vom Sterben und Kampf der Mutter gegen die Sterblichkeit. David Rieff protokolliert die letzten Tage Sontags und erspart den Lesern dabei keineswegs die Details der Qualen, die die Schriftstellerin bewusst auf sich nahm, um weiterzuleben. David Rieffs Schilderung veranschaulicht auf bedrückende Weise, was geschieht, wenn angesichts der medizinischen Fortschritte gleichzeitig die Tatsache ausgeblendet wird, dass wir alle sterblich sind, und wenn man so tut, als ließe sich der Tod beliebig in eine ferne Zukunft verschieben.
1975 wurde bei Susan Sontag Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Niemand rechnete mit ihrem Überleben, zumal sich der Krebs schon auf siebzehn Lymphknoten ausgebreitet hatte. Sontag vertrat jedoch die Überzeugung, je mehr getan würde, desto größer seien ihre Überlebenschancen, und entschied sich daher für eine brutale Operation des radikalen Wegschneidens der gesamten Brust, des Muskelgewebes und der Lymphknoten. Damals war sie zweiundvierzig Jahre alt und nicht zum Sterben bereit. Sie glaubte an ihre Willenskraft, an die Wissenschaft und die Vernunft.
Sie probierte jede neue experimentelle Behandlungsmethode aus und entwickelte die Bereitschaft, jedes erdenkliche Maß an Leid auf sich zu nehmen. Sie lebte in der Illusion, alles unter Kontrolle zu haben – so groß war ihre Angst vor dem Tod. Jahre später entdeckten die Ärzte ein Gebärmuttersarkom. Auch diese Erkrankung und die damit einhergehenden Operationen und Behandlungen überlebte Susan Sontag durch die ihr eigene eiserne Willenskraft.
Im März 2004 erkrankte sie an einer besonders bösartigen Form von Leukämie, am MDS (Myelodysplastischen Syndrom), einer tödlichen Form von Blutkrebs. Wieder entschied sie sich für den harten, äußerst schmerzhaften Weg – in diesem Fall den einer Knochenmarktransplantation –, obwohl die Ärzte ihr keinerlei Heilungschancen einräumten. Ihr einziges Ziel war es, zu überleben, und daran änderte sich bis in ihre Todesstunde hinein nichts.