Danke für Gestern - Christel Bethke - E-Book

Danke für Gestern E-Book

Christel Bethke

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Beschreibung

Eine Melange aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft finden sich in den jetzt vorliegenden letzten Texten von Christel Bethke. Gedankensplitter im wahrsten Sinne des Wortes: Gedanken über den Tag, über das Leben einer 90-jährigen Frau und ihren nicht immer einfachen Alltag. Aber auch einige ältere Texte, die heute noch so aussagekräftig sind wie zur Zeit ihrer Entstehung.

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Inhalt

Vorwort

Letzte Reise in die alte Hemat

Das beste aller Feste

Was haben wir in Danzig gelacht.

Barbarisch

Trauerbewältigung

Noch eine Erweiterung

Für Elfriede

„Mein Werk“

Ein Affe und ein Eisbär

2020

Übrigens

Keilchen mit Speck

Immer noch

25 Jahre Sandkamp 25c

Märchenhaft

My home is my castle

Ein goldener Stolperstein vor Tantchens Haus.

Mixen oder nicht?

Wer ist für wen ein Glücksfall?

Verstand

Me too

Silvester 1978/79

Einsicht des letzten Tages im November

Vierter Advent, halb elf

Mecker doch nicht immer!.

Steine in der Tasche

Momente.

Für Helmut

Lisbeth

Mein langer Weg

Erna, mein letzter „Fall“

Auftritt in der VHS

Hartleibigkeit

Alles, was ich in die Pfanne haue, haut hin

Für Eva – Die Kräuterspirale

Schmeichler du

„Jeder bringt was mit …“

„KOMM!“

Was ist mit mir?

In Kökhult

Up and down

Notaufnahme

Der Tropfen

Meine Freunde

Die Essenz

2020

Einladung

Auskehr

Traum

Daseinsberechtigung

Ich mache Kultur

Ein batteriefreier Tag

Corona? Fingerzeig

Begegnung zweier Freunde

Alte Umweltsau .

Ist das Gott?

Einladung zur Zeit des Kalten Krieges

Vorwort

„Frau Rohde, ich brauche eine neue Form von Produktion, die eine Melange aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sein sollte.“

Die letzten beiden Jahre, besonders 2020/2021, waren gravierend durch Krankheit, Verlust an Mut und Freude geprägt. Dann „aus der Tiefe in die Höhe“ zu kommen, zu merken, dass Vergangenheit wirklich vergangen zu sein scheint. Alles das steht auf den Seiten, die hier nun vorliegen.

Christel Bethke

Letzte Reise in die alte Heimat

Morgen fliegen wir nach Danzig. Hans-Werner und ich von Bremen. Daniel kommt von Schweden mit der Fähre (Karlskrona / Gdingen).

Zurück aus der alten Heimat: Daniel von der Fähre abgeholt, im Leihwagen, den wir am Flugplatz abholten in Danzig, und gestern Morgen wieder hingebracht. Dazwischen volles Programm, sogar Landsberg, die Molkerei, wo Hans den Russen in die Hände fiel, seiner dort gedacht und die beiden alles mitgemacht.

Die Marienburg besichtigt, den ganzen Ritterorden erklären lassen. Den Geruch der alten Burg hatte man den ganzen Tag noch in den Kleidern. Westerplatte, Zoppot, Hela, immer wieder Danzig, abends dort zum Essen, was jedes Mal besser wurde. Für den letzten Abend fehlte mir das passende Outfit. Danzig abends in festlicher Beleuchtung mit Riesenrad und Kinderkarussell. Die letzten Złotys warfen wir, durch drei geteilt, in den Neptunbrunnen.

Letzter Tag in Barten. Wir kamen auf der Straße raus, die zwischen Gerdauen und Parten verläuft: mein Schulweg. Gingen das letzte Stück zu Fuß bis zur Grenze, die hier zwischen Polen und Russland verläuft. Die Felder sehr gepflegt, kein Verkehr weit und breit, Endstation auf beiden Seiten. Hoher Himmel, ich restlos glücklich. In Barten eingekauft, Picknick. Mein Buch verteilt mit den Bildern von vor dem Krieg. Heute fehlen mindestens 70 Prozent der Häuser, die Burg steht zum Verkauf. In der Kirche hängt der Taufengel wieder.

Na, jedenfalls, es war sehr schön, ich glücklich und gesünder. Treppauf und -ab. Das alte Pflaster unter den alten Füßen zu genießen, krankes Herz? Keine Spur, in der Kirche, 1930 Pfingsten getauft, begriff ich, ich bin tatsächlich ein Sonntagskind. Es waren fünf vollkommen gelungene Tage.

Danke.

2019

Man müsste ein Satzzeichen erfinden, halb Frage, halb Ausrufung. Ambilation könnte man es nennen.

Ich habe mich immer zu wichtig genommen.

Das Beste aller Feste

Begehe ich allein,

Schließ alle ein,

Die mir den Grundstoff dafür liefern.

Den brauche ich,

Ohne ihn wäre alles nichts.

Heute packe ich ein Paket nach Nirgendwo.

Warum ich immer auf ein Echo warte,

Weiß ich nicht.

2020

Was haben wir in Danzig gelacht

Als der Gast am Nebentisch der leeren Brotterrine

Mit Messer und Gabel zu Leibe rückte.

Und sie verdrückte.

Vielleicht macht man das ja, denke ich heute,

Und ich habe zu früh gelacht.

2019

Barbarisch

Sie gehörte nicht zu denen,

Die, wenn einer die Welt verlassen,

Das Zeitliche gesegnet hat,

Ihn vergötterten.

Sie nahm sofort das Sägemesser

Und teilte die Matratze in zwei Teile.

2020

War beim Hörakustiker und melde,

Mit den Geräten im Ohr

Muss ich ständig auf Empfang sein.

Ich möchte auch mal was vermelden! Auf Sendung

sein.

Könnte was dran sein, spricht der Meister.

Trauerbewältigung

Ich konnte mich erst entfalten,

Als ich beschloss,

Mein Leben allein zu gestalten.

Gewann so die Freiheit und die Erweiterung des

Ich.

Die Erweiterung des Ich

Fährt jeden Tag Kilometer extra,

Mit dem Rad, für Helga,

Die den „letzten“ Ring nicht mehr vollbrachte.

Ich habe einen neuen Stern gesichtet!

Nachts kann ich ihn sehen, weiß, das kannst nur du

sein.

Ist es weit bis in die Ewigkeit?

(Wäre ein E-Bike nicht richtiger gewesen?)

2020

Noch eine Erweiterung

Heute gibt es Schmandschinken.

Rezept aus der alten Heimat in die neue gerettet:

Schinkenspeck in nicht zu dünnen Scheiben

Über Nacht in Milch legen.

Am nächsten Tag entnehmen,

In Butter o. a. Fett kurz braten,

Aus der Pfanne nehmen, im verbliebenen Fett etwas

Mehl bräunen,

Mit der Milch und einem Becher saurer Sahne auffüllen

Und mit einem Schneebesen verrühren,

Schinkenscheiben reintun und etwas ziehen lassen.

Dazu Salz- oder Pellkartoffeln.

2020

Für Elfriede

Dudderkeile.

Wir hatten auch eine „Poggenwiese“ (wie die in Suleyken)

Am Grumpelgraben,

Wo die Dudderkeile standen,

Die Lilien, das Schleh- und Feuerkraut,

Sauerampfer, Margeriten und Kamille wuchsen.

Blaue Libellen standen über dem braunen Wasser

Und bunte Schmetterlinge taumelten über die

Wiese.

Frösche hielten ihr Konzert

Und auch die Grillen.

Berührte man die grünen Grashüpfer hinten,

Machten sie einen Sprung nach vorn.

Barfuß in die Wiese getreten,

Gab es braune Füße.

Jenseits des Grabens erhob sich der Mühlenberg.

Ob sie ihn abgetragen haben?

Ich fand ihn nicht wieder.

Heute saß wahrhaftig

Draußen an meinem Fensterrähmen (fünfte Etage!)

Ein grüner Grashüpfer,

Und da fiel mir die Poggenwiese ein

Und Elfriede, die sich, wie ich,

Dort auch braune Füße holte.

Das war in Barten, das heute Barciany heißt.

2019

„Mein Werk“

Flucht und Vertreibung ziehen sich durch mein Leben wie der bewusste rote Faden durch „mein Werk“. Lies mal – nach siebzig Jahren zweite Geburt.

Heute in die VHS. Ich würde so gern überzeugend wirken und nicht so erstarrt sein.

2019

Wie sehr hätte ich mich gefreut,

Wenn jemand gefragt hätte,

Wie es denn war bei der VHS,

Wo ich vor Flüchtlingen aus meinen Texten las.

Einigen hatte ich davon erzählt, Menschen, die wissen, dass mir das nicht leichtfiel. Aber keine „Sau ruft mich an, kein Mensch will etwas wissen von mir“. Dabei habe ich mich gut gehalten, und einer fragt sogar: „Und verstehen Sie sich heute mit Ihrem Bruder gut?“

Ein Affe und ein Eisbär

Ein Affe und ein Eisbär

Die gingen auf dem Eis

Dem einen war sehr kalte

Dem anderen sehr heiß

Da sprach der Aff’ zum Eisbärn

Ich liebe dich so sehr, mein Bär

Darauf der Bär zum Affen

Und ich dich noch viel mehr

Und die Moral von der Geschicht’

Bei Lieb’ ist einem kalte

Dem anderen aber nicht.

Auch diese Geschichte gehört zu den Leichen, die entsorgt werden müssen, aber zuvor sollen sie noch einmal auferstehen, um ihre Bedeutung für unser Leben nicht unter den Scheffel stellen zu lassen.

1999

2020

2020 ist eine Zahl, die sich gut schreiben lässt. Toll. 202020202020 ...

Ich habe Die Pest von Camus vorgeholt. Das Buch besteht fast nur noch aus losen Blättern, so oft habe ich es gelesen – und jedes Mal mit Gewinn.