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Das Raumschiff Dark Star ist seit zwanzig Jahren unterwegs und hat schon bessere Zeiten gesehen. Der Auftrag der ursprünglich fünfköpfigen Besatzung ist die Sprengung instabiler Planeten in nachfolgend zu kolonialisierenden Sonnensystemen. Die Schiffssysteme verfallen zusehends, ein Asteroidensturm zerstörte die Schlafkojen - und Lagerabteil 9 zerstörte sich selbst inklusive der gesamten Klopapiervorräte.
Commander Powell wurde durch einen Kurzschluss getötet und befindet sich seitdem in Kryostase. Talby hat sich von der Crew in die Beobachtungskuppel des Raumschiffs zurückgezogen, wo er gelegentlich mit dem leidenschaftlichen Surfer Doolittle über die Schönheit des Wellenreitens und den Zauber von Meteorströmen sinniert. Boiler macht derweilen derbe Späße und sicherheitswidrige Schießübungen mit Bordwaffen. Sergeant Pinback, eigentlich ein Treibstoffversorgungstechniker namens Bill Frugge, übernahm kurz vor dem Start durch eine Verwechslung Pinbacks Platz bei der Mission, als er diesen vom Selbstmord abhalten wollte und zu diesem Zweck dessen Raumanzug anzog.
Die verwahrlosten Mannschaftsmitglieder sind der Lethargie verfallen und gehen sich gegenseitig auf die Nerven...
Dark Star – Finsterer Stern von Alan Dean Foster ist die herrliche Roman-Adaption der gleichnamigen Science-Fiction-Parodie aus dem Jahr 1974 – des Debüt-Films von John Carpenter, welcher rasch zum Kultfilm avancierte, was nicht unwesentlich auf die philosophischen Exkurse mit »Bombe Nummer 20« zurückzuführen ist.
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ALAN DEAN FOSTER
Dark Star -
Finsterer Stern
Roman
Apex Science-Fiction-Klassiker, Band 40
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
DARK STAR – FINSTERER STERN
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebtes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Das Raumschiff Dark Star ist seit zwanzig Jahren unterwegs und hat schon bessere Zeiten gesehen. Der Auftrag der ursprünglich fünfköpfigen Besatzung ist die Sprengung instabiler Planeten in nachfolgend zu kolonialisierenden Sonnensystemen. Die Schiffssysteme verfallen zusehends, ein Asteroidensturm zerstörte die Schlafkojen - und Lagerabteil 9 zerstörte sich selbst inklusive der gesamten Klopapiervorräte.
Commander Powell wurde durch einen Kurzschluss getötet und befindet sich seitdem in Kryostase. Talby hat sich von der Crew in die Beobachtungskuppel des Raumschiffs zurückgezogen, wo er gelegentlich mit dem leidenschaftlichen Surfer Doolittle über die Schönheit des Wellenreitens und den Zauber von Meteorströmen sinniert. Boiler macht derweilen derbe Späße und sicherheitswidrige Schießübungen mit Bordwaffen. Sergeant Pinback, eigentlich ein Treibstoffversorgungstechniker namens Bill Frugge, übernahm kurz vor dem Start durch eine Verwechslung Pinbacks Platz bei der Mission, als er diesen vom Selbstmord abhalten wollte und zu diesem Zweck dessen Raumanzug anzog.
Die verwahrlosten Mannschaftsmitglieder sind der Lethargie verfallen und gehen sich gegenseitig auf die Nerven...
Dark Star – Finsterer Stern von Alan Dean Foster ist die herrliche Roman-Adaption der gleichnamigen Science-Fiction-Parodie aus dem Jahr 1974 – des Debüt-Films von John Carpenter, welcher rasch zum Kultfilm avancierte, was nicht unwesentlich auf die philosophischen Exkurse mit »Bombe Nummer 20« zurückzuführen ist.
Talby zählte wieder Sterne.
Er wusste nicht mehr genau, wann er die Zahl vergessen hatte. Wahrscheinlich waren sie alle irgendwo in den Aufzeichnungen des Astronomen fein säuberlich festgehalten - oder hatte er das Ortungsgerät längst abgeschaltet? Es war so schwer, sich an all das zu erinnern. Ihm war, als hätte er schon vor langer Zeit alle wissenschaftlichen Instrumente abgeschaltet, weil es fast gotteslästerlich schien, eine solche Herrlichkeit auf lächerliche Eintragungen in einem Buch zu reduzieren.
Außerdem spielte eine Zahl gar keine Rolle, oder? Es begegneten ihnen viele Sterne, und wenn die Schwachköpfe von der Erde Aufzeichnungen von ihnen haben wollten, dann sollten sie doch nach hier kommen und eigene Ortungen, vornehmen. Talby ging es nicht ein, wie man sich mit Sternen beschäftigen konnte, indem man sie einfach in mathematischen Tabellen erfasste.
Aber er zählte weiter; es fiel ihm leicht, es war etwas Natürliches. Es machte den Menschen frei - ein Stern, zwei Sterne, noch einer sind drei.
Mit dem bloßen Auge vermochten die meisten Navigatoren nur ein paar Größengrade zu unterscheiden, aber Talby hatte mehr Praxis als die meisten Navigatoren. Und seine Arbeit war sein Leben.
Um darin wirklich gut zu werden, musste man eine lange Praxis haben, musste Aufnahmefähigkeit und Sinne schärfen, bis Auge und Verstand instinktiv arbeiteten.
Wie konnte ein Mensch die Maße einer Sonne erfassen, wenn er innehalten und darüber nachdenken musste? Talby lächelte.
Er lehnte sich in seine pneumatische Astronomen-Liege zurück, eine bleiche Bohne in einer anschmiegsamen kastanienbraunen Hülse, und starrte hinauf durch die Kuppel. Er hatte sie von innen und außen so oft poliert, dass sie kaum noch zu sehen war. Jeder optische Störfaktor war aus ihr herausgeschrubbt worden, so dass es jetzt fast keine Kuppel mehr zu geben schien - nur Talby in seinem Sitz schwebte in einem Loch an der Spitze des Schiffes.
Hin und wieder löste ein Knopfdruck ein gedämpftes Summen einer Präzisionsmaschine aus. Der Sitz drehte sich um neunzig, einhundertachtzig, zweihundertsiebzig Grad, und ein neuer Abschnitt des Kosmos kam dadurch in Talbys Sichtbereich.
Talby konnte fast jede Größenordnung ausmachen. Natürlich, wenn die Sterne deine besten Freunde sind, dann brauchst du dich nicht anzustrengen, um alles von ihnen zu erfahren. Sie erzählen dir alles und sind glücklich dabei, verraten all ihre Geheimnisse; du brauchst sie nicht zu drängen, du brauchst nicht mit primitiven, gefühllosen Maschinen in ihnen herumzuwühlen.
Das war das Problem, wenn der Mensch in die Tiefen des Alls eindrang. Der Mensch ging dabei so vor wie schon immer in seiner Geschichte - hauend, schlagend, schneidend, eine Axt in der einen, eine Sense in der anderen Hand. Nicht einen Augenblick hörte er zu, sah sich um, versuchte zu sehen und zu verstehen. Es war traurig.
Talbys Methode war da besser, zumindest verletzte er niemanden damit. Wenigstens einem Menschen war es gelungen, dem Universum nicht zur Last zu fallen, sondern mit ihm eins zu werden. Und das Universum zahlte es mit Güte zurück.
Die anderen betrachteten seine besondere Beziehung natürlich anders. Diese armen, durchschnittlichen Seelen - zu seinem größten Bedauern konnte er sein Vergnügen nicht mit ihnen teilen.
Von allen verstand Doolittle ihn noch am besten, und selbst er beharrte darauf, dass der Astronom zu viel Zeit damit verbrachte, in den nackten, leeren Raum zu starren.
Leerer Raum - bedauernswerter Lieutenant Doolittle! Er war nur innerhalb des Schiffes leer. Aber das würden sie nie verstehen.
Es waren nur ein paar Tage, ein paar Monate, ein paar Jahre gewesen. Natürlich konnte Doolittle darauf bestehen, dass es Jahrhunderte waren - für Talby änderte das nichts. Ihm war es gelungen, das Universum in drei Teile aufzuteilen: sich selbst, den übrigen Kosmos und die Besatzungsmitglieder, die mit ihm an Bord waren. Doolittle, Pinback, Bioler und Commander Powell.
Nein, da stimmte doch etwas nicht... ja, das war es. Commander Powell war tot. Er fragte sich, wie schon so oft, ob er sich nicht doch dazu zwingen sollte, einen größeren Beitrag zum Schiffsleben zu leisten, den anderen ein besserer Freund zu sein. Er hatte Schwierigkeiten, eine Beziehung zu ihnen herzustellen. Das wurde mit jedem Tag schwieriger. Er versuchte, sie mit seinen wirklichen Freunden zu vergleichen.
Doolittle beispielsweise war ein wütender roter Riese, voller Leidenschaft und Feuer und Wut, die unkontrolliert und unberechenbar in unbewachten Augenblicken hervorbrach. Aber er hielt das Schiff zusammen, hatte das getan, seit Powell in der Finsternis verschwunden war.
Boiler hingegen war ein weißer Zwerg - er war der Größte unter ihnen und der Kleinste, der Empfindsamste und zugleich am wenigsten Überzeugende, derjenige, der entweder zusammenbrechen oder als Nova explodieren würde.
Und dann war da Pinback. Pinback, die durchschnittliche, gewöhnliche Leuchte vom G-Typ. Der fröhlich-rührende Pinback, immer zu Späßen aufgelegt, der aber nie lachte, kaum beachtet wurde. Und wie ein Stern vom Sol-Typ förderte er mehr Leben als der Rest von ihnen zusammen.
Talbys Gedanken wanderten zu einem anderen Stern vom G-Typ, an den er sich nur zu gut erinnerte und um den eine bestimmte bedeutungslose Welt träge kreiste. Er erinnerte sich daran, dass er auf dieser Welt gelebt hatte und dass er wahrscheinlich (obwohl das ohne Unterlagen nicht zu beweisen war) dort geboren wurde.
Ein Finger senkte sich auf einen Knopf, ein Summen - weitere fünfundvierzig Grad Unendlichkeit glitten in sein Blickfeld.
Dort, im oberen Quadranten des Alls, schien ein Doppelstern zu stehen. Natürlich war es auf diese Entfernung und mit dem unbewaffneten Auge unmöglich, einen Doppelstern zu unterscheiden von einer Konstellation zweier Sterne, die scheinbar zusammenstanden, in Wirklichkeit aber tausend Lichtjahre voneinander entfernt waren. Talby wusste es dennoch.
Für einen Augenblick überlegte er, ob er Doolittle und die anderen von seiner Entdeckung verständigen sollte. Sie mochten Doppelsterne gern. Nein, sie würden sich doch nicht darüber freuen. Die anderen an Bord interessierten sich nur für Planeten - zumindest Boiler und Doolittle. Pinback interessierte sich für alles, ohne sich für irgendetwas zu interessieren.
Die beiden anderen hingegen, sie mochten Planeten sehr gern. Zuallererst die bewohnbaren und dann die instabilen, die irgendwann in einer unbekannten Zukunft die übrigen unbewohnbar machen konnten. In letzter Zeit hatte er das Gefühl, dass besonders Doolittle an instabilen Planeten Gefallen fand, und das machte Talby Sorgen, obwohl er nicht genau festmachen konnte, weshalb.
Unbedeutende, keimverseuchte Stäubchen - Planeten. Unwichtige Flecken, Pilze auf der Haut der Galaxis. Er stellte seinen Sitz steiler auf und sah behaglich nach draußen.
Sollten Doolittle und Boiler und Pinback ihre schimmeligen Planeten haben. Er, Talby, hingegen existierte in völliger Einheit mit den Sternen selbst. Wie kam er dazu, so etwas Unwichtigem wie einem Planeten überhaupt seine Aufmerksamkeit zu schenken? Sollten Doolittle .und die anderen deshalb über ihn denken, was sie wollten, es störte ihn nicht. Er würde ruhig bleiben, ganz gleich, welch dunklen Gedanken sie aussprachen. Sollten sie doch denken, was sie wollten, solange es ihnen gefiel, solange sie nur das Schiff ordnungsgemäß flogen.
Denn der Chefastronom der Dark Star sah es inzwischen so, dass er nicht mehr länger ein Bestandteil des Schiffes war - vielmehr war das Schiff einzig und allein für ihn da. Er seufzte zufrieden auf.
Solange die anderen ihn in Ruhe ließen und er mit seinen Freunden, den Sternen, Zusammensein konnte, war er glücklich. Die bewegungslosen Myriaden von Sonnen waren ihm Gesellschaft genug. Die Sonnen, und vielleicht eines Tages der Phönix.
*
Sergeant Steel riss seinen ganzen Mut zusammen, während er zu den heranrollenden Göring-Panzern hinüberspähte. Der Abzugsring der Granate klemmte mit bitterem Geschmack zwischen seinen Zähnen. Für seine Kompanie gab es nur noch eine Chance - er musste aufspringen und das Ei in die offene Luke des Panzers werfen, bevor dessen 88-mm-Kanone und das Zwillings-Maschinengewehr Tod und Verderben unter seinen Leuten anrichten konnten. Er spannte sich zum Sprung...
Der Kommunikator summte um Aufmerksamkeit. Pinback legte nur zögernd die zerfledderte Ausgabe der Wahren Kriegsgeschichten-Comics weg und starrte zu dem Schalter vor ihm an der Wand. Einen Augenblick lang glaubte er, das Summen hätte aufgehört. Er wandte sich wieder dem unverwundbaren Sergeant Steel zu, aber das unartige Gerät unterbrach ihn wieder.
Jetzt konnte er nicht mehr umhin, zu bestätigen.
Doolittles Stimme klang etwas verärgert. »Pinback, falls du dich von deiner Fortbildungslektüre losreißen kannst, könnten wir dich zwischendurch gebrauchen. Wir nähern uns.«
»Verdammt, ich bin gerade bei einer guten Stelle, Doolittle.«
»Du hast jeden dieser Comics mindestens dreißigmal gelesen, Pinback«, antwortete der Lieutenant müde. »Heb deinen Arsch aus dem Sessel.«
»Mach ich ja schon!« Pinback schaltete den Intercom ab und versah das Heft penibel mit einem Lesezeichen.
Verdammter Doolittle, überlegte er, während er losmarschierte. Sie hatten also wieder eine Welt gefunden, die gesprengt werden musste - na und? Deshalb hätten sie ihn ruhig zu Ende lesen lassen können. Manchmal ging ihm Doolittle ganz schön auf die Nerven.
Wie üblich sagte niemand ein Wort zu ihm, als er den engen Kontrollraum betrat. Stumm glitt er in seinen Sessel zwischen Doolittle und Boiler, überprüfte gewohnheitsmäßig die Anzeigen und nickte stumm vor sich hin.
Alles in Ordnung - sie hatten noch viel Zeit, bevor sie in ihren Aktionsradius für den neuen Zielstern gelangten. Doolittle wollte ihn nur nervös machen, indem er ihn so früh heraufholte. Nun, er würde sich jedenfalls nichts anmerken lassen.
Dann bemerkte er, wie die Kontrolllampen des Überlichtkommunikators am unteren Ende seines Armaturenbrettes aufleuchteten. Er sah nach rechts zu Boiler, dann zu Doolittle. Ihre Anzeigen flackerten ebenfalls, aber keiner schien es zu bemerken oder sich dafür zu interessieren. Wer wusste, wie lange sie schon flackerten.
Er aktivierte das Gerät, und prompt meldete sich die Computerstimme. »Achtung, Achtung, Sendung von der Erdbasis eingetroffen, von der Flugkontrolle in McMurdo Sound, Antarctica. An das Scout-Schiff Dark Star.«
Pinback sah verstohlen zu seinen Nachbarn. Es schien immer noch niemanden zu interessieren. Nun, warum sollte er sich dann darüber aufregen. Er ignorierte es ebenfalls, während der Computer die Nachricht ständig wiederholte.
Eine Person im Kontrollraum war schon viel - zu dritt wurde es unerträglich eng, was gleichzeitig die Arbeitseffizienz steigerte. Aber es gab noch andere Gründe, warum die Brücke so klein war. Zum einen waren weite Teile des Schiffes zunächst mit komprimierten Ladungen an Nahrungsmitteln, Ersatzteilen und Lebendmaterial angefüllt gewesen - das meiste davon war inzwischen allerdings verschwunden.
Und die Bomben hatten sehr viel Platz gebraucht. Es störte Pinback, dass Doolittle und Boiler darauf beharrten, sie als Bomben zu bezeichnen. Er zog es vor, von ihnen als dem zu sprechen, was sie waren - thermostellare Auslösemechanismen.
Das Wort Bombe schien Pinback unpassend zu sein für einen derart gottähnlichen und überwältigenden Komplex moderner Technologie. Hin und wieder gab Boiler ihnen andere Namen - meist unaussprechliche -, weil die Bomben der Hauptgrund für ihre unaussprechliche Mission waren.
Talby nannte sie zwar nicht Bomben, aber Talby sprach überhaupt nicht von ihnen. Immerhin hatte sie auch Commander Powell als thermostellare Auslösemechanismen bezeichnet, aber Commander Powell war...
»Achtung, Achtung, Sendung von der Erdbasis eingetroffen, von der Flugkontrolle in McMurd...«
Pinback konnte die Spannung nicht mehr ertragen.
»He, Leute«, sagte er schließlich, seine Stimme war die übliche Mischung aus Bitten und Klagen. »Es ist eine Nachricht von der Erde. Von der Erde! Will sie denn niemand bestätigen?« - Boilers Reaktion war vorhersagbar. Er legte sich in seinen Sessel zurück und drückte auf Knöpfen herum - sinnloserweise, denn das Schiff reagierte schon längst nicht mehr auf diese Knöpfe. Und genau deshalb tat Boiler es immer wieder. Einen an, einen aus. An, aus.
Pinback versuchte seit langem, Freundschaft mit Boiler zu schließen, obwohl er ihn im Grunde hasste und sogar Angst vor ihm hatte. Es war keine Frage, dass Boiler ihm jederzeit körperlich überlegen war.
Er widmete seine Aufmerksamkeit Doolittle, versuchte seiner Stimme mehr Gewicht zu geben und versagte schrecklich dabei. »Wollen wir die Nachricht nicht annehmen, Lieutenant?«
Doolitte musterte ihn mit der sanften Verachtung im Blick, die er speziell für Pinback zu verspüren schien. »Nachricht? Was soll's? Sie haben uns doch nichts Wichtiges zu sagen, und sie sagen uns nicht einmal etwas Nettes. Warum sollen wir uns also darum kümmern? .
Außerdem liegt eine instabile Welt vor uns, Pinback. Solltest du das schon wieder vergessen haben? Du vergisst doch öfter etwas, Pinback.«
Da war es wieder! Warum musste er so etwas sagen? Pinback versuchte es zu ignorieren.
»Das ist mir bekannt, Sir. Ich weiß, dass vor uns eine instabile Welt liegt, die gesprengt werden muss. Und ich bin dazu bereit, wie immer - aber eine Nachricht von der Erde! Wir hatten schon seit Tagen keine Nachricht von der Erde mehr.«
»Seit Monaten«, murmelte Boiler.
»Jahren«, korrigierte Doolittle.
Pinback fühlte sich mutlos und verlassen. Er wollte unbedingt die Nachricht von der Erde hören. Sollte er sie allein bestätigen? Oder war das ein zu kühner Schritt?
Warum eigentlich? Wenn man von Doolittle absah, war er jedem an Bord rangmäßig überlegen - oder besser: er wäre jedem an Bord außer Doolittle überlegen, wenn er Sergeant Eimer Pinback von der Kosmos-Forschungsabteilung wäre - oder war er das doch?
Wenn er nicht Sergeant Eimer Pinback war, wer war er dann? Was hatte Doolittle soeben über das Vergessen gesagt? Nein, nein!
Er sah an seiner Uniform hinab und seufzte erleichtert. Der aufgenähte Name besagte eindeutig Pinback. Und das war der einzige Name, den er sich für sich selbst vorstellen konnte, obwohl es da eine kleine Tür in seinem Verstände gab, die sich öffnete, nur einen Spalt weit, hinter der...
Er knallte sie wieder zu. Er war Sergeant Eimer Pinback, Kosmos-Forschungsabteilung, und jetzt hatte er genug von dem Unsinn.
Wie es sich jetzt entwickelte, wurde er davon verschont, eine Entscheidung zu treffen, was ihn sehr erleichterte. Er gehörte nun einmal nicht zu den Leuten, die gern Entscheidungen trafen. Es war einfach nicht seine Stärke.
Doolittle traf offensichtlich auch nicht gern Entscheidungen, aber es schien immer an ihm hängenzubleiben. Jetzt griff er mit einer Hand nach einem Schalter und drehte ihn langsam herum.
Der Zentralbildschirm über ihren Köpfen wurde hell. Pinback sah ängstlich und erwartungsvoll zugleich hinauf. Vielleicht, vielleicht war es sogar ein Befehl zur Rückkehr. Dann schalt er sich einen Narren - ein wirklich unsinniger Gedanke. Sie würden keinen Befehl zur Rückkehr erhalten, bevor ihre Mission beendet war. Aber es schadete nichts, zu hoffen.
Als Doolittle und schließlich auch Boiler nach oben sahen, hatte sich das Bild verfestigt. Mitten auf dem Schirm war ein Fremder zu sehen.
Der Fremde hatte ein breites Gesicht mit einer unerträglichen Hautfarbe, die sich am ehesten mit Blassrosa bezeichnen ließ. Sein übriger Körper steckte in einer engen, gutsitzenden, frisch gebügelten Uniform. Das Gesicht hatte zwei blaue Augen, eine Nase, einen Mund mit dem üblichen Satz Zähne - die jetzt während eines breiten Lächelns zu sehen waren - und war nicht älter als das eines jeden Besatzungsmitgliedes der Dark Star. Das änderte jedoch nichts daran, dass es unglaublich jung und unschuldig aussah. Es war auch sauber rasiert, und darüber wuchsen nur noch wenige Haare, so dass es obszön nackt wirkte. Der Fremde war ein menschliches Wesen.
Die Leute der Dark Star waren auch einmal menschliche Wesen gewesen, Musterbeispiele menschlicher Wesen, ein Quintett der besten fünf Jungen, die es gab. Aber sie hatten sich alle irgendwie verändert, seit die Maßstäbe dafür sich geändert hatten.
Man hatte sie vornehmlich wegen ihrer Jugend ausgesucht, denn wenn sie zurückkehrten, waren auf dem Schiff vielleicht nur ein paar Jahre vergangen, auf der Erde aber möglicherweise ein Jahrhundert.
Man war dabei davon ausgegangen, dass Männer, die noch relativ jung waren, wenn sie von einer solchen Reise zurückkehrten, sich besser an die neue Gesellschaft oder Zivilisation anzupassen vermochten, die sie dann vorfanden - besser jedenfalls als Männer mittleren Alters, die alt zurückkamen. Junge Menschen hatten zudem weniger Erinnerungen, an denen sie hängen konnten oder denen sie nachtrauerten. So jedenfalls hatten die Psychometriker argumentiert.
Sie hatten teilweise Recht und teilweise Unrecht gehabt. Die Männer hatten zwar weniger Erinnerungen als ältere Menschen, doch sie erinnerten sich intensiver.
Nun sahen sie alle hinauf in den Spiegel, den der Bildschirm für sie darstellte, und sie beobachteten diesen bleichen fremden Organismus, der für sie bedeutungsloses Zeug plapperte, und sie hassten ihn und alles, was er in diesem Augenblick darstellte.
Am schwierigsten war es für Doolittle. Talby hatte seine Sterne, Pinback seine Beinahe-Erinnerungen und seine Comic-Hefte, Boiler seine stille Wut - aber Doolittle hatte nur Erinnerungen, stärker als die anderen. Daher hasste er auch am meisten.
Hasste das heiße Bad, das der Kerl vor nicht allzu langer Zeit genossen hatte. Hasste sein freundliches Lächeln und seine sicher eingespielte Gutmütigkeit. Hasste seine saubere Kleidung und die gewienerten Epauletten und die frische Luft, die er hatte, und ganz besonders hasste er das Mädchen, zu dem der Mann wahrscheinlich in jener Nacht, als die Sendung fertiggestellt wurde, gegangen war, hasste die weichen Schenkel, den flachen Leib, die köstlichen, wohlgeformten...
Er hasste die Computer, die hirnlos hinter diesen Leuten standen, hasste die Menschen, die jene Computer bedienten, und jene Computer, die die Menschen beherrschten, und die Frauen der Männer und ihre Freunde und Bekannten, die sonntags zum Golfspielen hinausfuhren, und die Kinder jener Bekannten, die sonntags Golf spielten, und die Ausflüge, bei denen sie hinaus an den Strand fuhren...
An den Strand, an den Leuchtturm der Welt, zu dem fernen grünen Licht, das irgendwo im Hintergrund seines schmerzenden Schädels brannte.
Er hasste sie alle - die Steuerzahler jener Welt, die auf die idiotischen Ermahnungen der Wissenschaftler und Politiker gehört hatten, durch die die Pläne zur Kolonisation von bewohnbaren Planeten der Galaxis vorangetrieben wurden, und durch die schließlich auch das Dark- Star-Projekt ermöglicht wurde.
Bei diesem Projekt ging es darum, instabile Körper oder Planeten in Systemen mit bewohnbaren Welten zu eliminieren. Eine Unregelmäßigkeit in der Umlaufbahn, ein Grollen in den geschmolzenen Eingeweiden eines Planeten - das genügte, um die Dark Star anzulocken, die dann einen themorstellaren Auslöser in das Innere einer Welt platzierte und damit eine Kettenreaktion auslöste, die dafür sorgte, dass der Körper niemals irgendeine menschliche Niederlassung gefährden konnte. Am meisten aber hasste Doolittle sie dafür, dass sie ihn dafür ausgesucht hatten, das zu tun. Und natürlich ließen sie ihn nicht eher nach Hause zurück, bevor die Flugmission ordnungsgemäß zu Ende geführt war.
Nicht, dass man auch nur einem Besatzungsmitglied der Dark Star nicht vertraut hätte, aber es bestand immer die Möglichkeit, zumal unter diesen extremen Bedingungen, wie die Psychometriker meinten, dass selbst der beste Mann seinen Verstand verlor. Also hatte man vorsichthalber in die Dark Star explosives Material eingebaut, das erst dann unschädlich gemacht werden konnte, wenn die letzte thermostellare Einrichtung ihre Aufgabe erfüllt hatte.
Niemand wollte das Risiko feingehen, einen dieser Planetenkiller plötzlich an der Hintertür des Sonnensystems wiederzufinden.
Und sie hatten es schon fast geschafft. Was als eine friedliche Reise begonnen hatte, war zu einer hektischen Suche nach immer neuen instabilen Welten geworden. Achtzehn Planeten zerstört in drei Jahren Schiffszeit. Drei Jahre -zwanzig Jahre auf der Erde.
Sie hatten nur noch zwei Bomben übrig, die Nummern neunzehn und zwanzig; waren sie erst einmal auf ihrem selbstmörderischen Kurs, konnte die Dark Star nach Hause zurückkehren. Nach Hause... zurück zu den. Fremden, die er hasste.
Doolittle aktivierte die Aufzeichnung.
Der Fremde hustete ein wenig, räusperte sich und begann glatt und nur mit einem sehr geringen Anstrich Selbstbewusstsein zu sprechen.
»Hallo, Leute«, sagte er strahlend. »Freut uns, dass wir endlich eure Nachricht bekommen haben. Es wird euch sicher interessieren, dass sie über die ganze Erde ausgestrahlt worden ist - zur besten Zeit. Ihr hättet die Einschaltquoten sehen müssen, Leute. Ich meine, es war phänomenal, übertraf die bisherigen Spitzenquoten...«
Der Fremde zögerte, als höre er auf eine Stimme außerhalb des Aufnahmebereichs. Er nickte unmerklich und sprach weiter, nun etwas ernster.
»Was das erste Kolonisten-Schiff angeht: In der UN haben sich alle monatelang darüber zerrissen, aber eure Nachricht gab den Pro-Kolonisationskräften ungeheuren Aufschwung. Nichts beeinflusst einen widerspenstigen Politprofi so wie ein paar aufrichtige Emotionen. Die Leute hier in der Flugkontrolle sind wirklich stolz darauf, wie ihr mit all den schweren Problemen fertig geworden seid.
Was das Schiff betrifft, so müssen nur noch ein paar Einzelheiten geklärt werden. Zum Beispiel meinen die Sowjets, dass sie den Überlichtantrieb erfunden haben und ihnen deshalb die größte Anzahl Kolonisten zusteht, während die Chinesen dafür plädieren, dass das Schiff proportional nach der prozentualen Verteilung der Weltbevölkerung besetzt werden sollte.