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"Einen Poeten nannten sie ihn abwertend, jedoch nicht ohne ein gewisses Augenzwinkern." "Einst hat er ein Wort verloren. Gefunden hat er es bis heute nie wieder. Fortan wollte er also achtsamer mit der Sprache umgehen." "Manche erzählen gar nichts." Patrick Salmen schon. In "Das bisschen Schönheit werden wir nicht mehr los" blickt Patrick Salmen durch die Spalten von Tüllgardinen und sieht einsame Menschen vor Kaffeetassen, belauscht in Routine erstickte Frühstückskonversationen und erzählt von entzauberten Momenten der Zweisamkeit. Seine Helden klettern auf Kräne und auf Hochsitze, sind Kleingartenkartenspieler und Baustellenbesetzer, Kunstliebhaber und Vaterfiguren, und immer wieder sind es die verlorenen Seelen der Gesellschaft, die er eindringlich mal in lyrischer, mal in prosaischer Form beschreibt. Patrick Salmen erzählt Geschichten, die ihre ganz eigene intensive Stimmung erzeugen und beim Leser mehr als einmal in der Erinnerung nachklingen. Nach seinem erfolgreichen Debüt "Distanzen" und dem Nachfolger "Tabakblätter & Fallschirmspringer" ist "Das bisschen Schönheit werden wir nicht mehr los" Patrick Salmens dritte Buch-Veröffentlichung bei Lektora.
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Seitenzahl: 72
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Prosa bei Lektora
Bd. 39
Patrick Salmen
Gedichte und Kurzgeschichten
Erste Auflage 2013
Alle Rechte vorbehaltenCopyright 2013 by
Lektora GmbHKarlstraße 5633098 PaderbornTel.: 05251 6886809Fax: 05251 6886815www.lektora-verlag.de
Cover: Jonas DavidLektorat: Lektora GmbHSatz: Lektora GmbH
ISBN: 978-3-95461-021-1
Cover
Niemand, jemals
Die Armee der gescheiterten Gleitflieger
Die Möglichkeit eines Paradieses
Das Schachspiel
Das bisschen Schönheit werden wir nicht mehr los
Die Poesie des Teebeutelschlackerns
Das Klavier
3’15
Die Erdgeschossmenschen
Häuser
Kalkschalensplitter
Souvenirs
Zaudern
Der Mann aus dem Schuhkarton
... und draußen liegt Schnee
Winterherz
Acryl auf Leinwand, 50 × 70
Der Kunstliebhaber
Hände
Zehn, König
Kranburg
Jahrmarkt
Istanbul
Eine kurze Geschichte vom Verschwinden
Netzhautflimmern
Von Schauspielern, Kritikern Poeten und Trinkern
Der Schauspieler
Der Kritiker
Der Poet
Der Trinker
Das Portrait
Geschichten von Jemand
Jemand
Jemand II
Jemand III
Crown Cap Lullaby
Im Spiegel
Signaturen
Der Hochsitz
Am Cottbusser Tor
Leerstellen
mattschwarz
Die lebendige Statue
Wir werden niemals auseinandergehen
Treppen
Irgendwo dazwischen
Zaunkönige
Anthrazit
Das Notizbuch
Gleis 2
Landkarten
Der Besucher
Der Einkaufszettel
Niemandsort
Nelken
Zwei Wohnwagen
Weit vor den Toren der Stadt
Schneerelikte
Als einzelne Farbtupfer
Auf der grünen Leinwand
Dort stehen sie
Als vergessene Requisiten
Vor dem Kernkraftwerk
Gundremmingen
Hier haben sie beschlossen zu bleiben
Im Hintergrund, heuschreckengleich
Das Surren und Zirpen
Der Strommasten
Auf dem Wohnwagen
Eine umgeknickte Antenne
Hinter ihnen
Salutierende Schornsteine
Ihren mattgrauen Atem in die
Wolken hauchend
Wartende sind sie
Jemand wird kommen
Und sie abholen
Womöglich möchten sie bleiben
Grün sei es doch
Hier auf der Wiese
Vor den Kühltürmen
Des Kraftwerks
Und in der Landschaft
Liegt ein roter Plastikball
Irgendwann wird man sie finden
Niemand, jemals
Eine Militärparade. Aufgereiht in symmetrischen Abständen. Mit strammen, gestreckten Körpern, erhobenen Hauptes, stehen sie in der Landschaft. Sie wirken bedrohlich und doch strahlen sie eine gewisse Ruhe auf mich aus. Eine Konstante. In Briefen und Notizen. Ein immer wiederkehrendes Motiv. Zentral. Zwanghaft. Sie wachen am Gleisrand. Auf den Feldern. Mit breit ausgestreckten Armen. Manchmal zeigen sie in die Höhe, strecken sich nach oben.
Manchmal erinnern sie mich in ihrem Stolz und in ihrem entschlossenen Ausdruck an einen kleinen Jungen aus einem vergangenen Traum. Mit festem Willen und dem absoluten Glauben an sich rennt er mit ausgebreiteten Armen über die Landebahn eines alten stillgelegten Flughafens und versucht zu fliegen. Ja, die Strommasten, sie scheinen jederzeit abheben zu wollen.
Aufgereiht in den stets gleichen Abständen, parallel zu den Zugschienen verlaufend, bilden sie die Armee der gescheiterten Gleitflieger. Zu schön, um sie während einer Reise ungesehen am Fenster vorbeirasen zu lassen. Zu symmetrisch und gleichmäßig, als dass sie das unberührte Bild der Natur in irgendeiner Weise stören würde. Abertausende Strommasten. Und in allen Ländern sehen sie verschieden aus.
Dann gibt es noch die mit den hängenden Armen. Sie wirken kraftlos und verbraucht, scheinen sich mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben. Bewegungslose Starre. Nicht mehr als Kabelhalter in einem riesigen Filmstudio.
Wie Bäume sprießen sie. Überall in der Welt. Ihre Stahlstämme bohren sich aus dem Erdreich. Ob sie auch eine Art Wurzelsystem besitzen? Kleine Stromleitungssprossen, die sich durch das Erdreich schlängeln?
Manchmal glaube ich, einen kleinen, vergessenen Bahnhof wahrzunehmen. Doch es sind nur Gartenlauben oder Forsthütten. Weit hinten sitzt ein Mann auf seinem Hochsitz. Alles verschwindet irgendwann hinter Bäumen oder verzerrt sich im Rausch der Geschwindigkeit.
Was bleibt, sind die Strommasten. Sie drängen sich auf, nicht vergessen zu werden. Irgendwann werden sie zusammenfallen. Die weltgrößte Kettenreaktion. Wie Dominosteine werden sie fallen. Einer nach dem anderen. Ich kann nicht in Worte fassen, was ich in ihnen erkenne, was sie für mich ausstrahlen. Vielleicht so etwas wie Würde.
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