Das Blaue Palais 2 - Rainer Erler - E-Book
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Das Blaue Palais 2 E-Book

Rainer Erler

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Beschreibung

Hirnforschung, Parapsychologie, Unsterblichkeit – Das geschichtsträchtige Anwesen des Blauen Palais' verbirgt hinter seinen Mauern Entwicklungen in den geheimsten und gefahrenträchtigsten Forschungsfragen. Auch der Laser-Spezialist Klöpfer befasst sich fieberhaft mit einem neuen Kunstdünger. Das Problem: Seine Arbeit muss geheim bleiben, denn er hat keine Erlaubnis vom Institut, die Bestandteile sind hochexplosiv. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gerät das Experiment aus den Fugen, es kommt zur Explosion im Labor. Dieser Unfall schürt das Misstrauen von Klöpfers Kollege, dem Chemiker Polazzo. Denn die Experimente könnten eine Kettenreaktion in Gang setzen, die unsere Atmosphäre und damit alles Leben zu vernichten droht … Das Blaue Palais ist eine alte Villa, hinter deren Mauern exzellente Forscher das Unmögliche möglich machen. Die genialen Wissenschaftler um Louis Palm geraten immer wieder in hochexplosive, illegale Situationen und müssen feststellen, dass ihre Forschungen einen Preis haben ... Und so bleibt kein Fortschritt ohne Konsequenzen – für das Leben der Wissenschaftler oder für das der ganzen Menschheit ... Der Blaue-Palais-Zyklus besteht aus fünf eigenständigen Romanen: • Das Blaue Palais. Das Genie • Das Blaue Palais. Der Verräter • Das Blaue Palais. Das Medium • Das Blaue Palais. Unsterblichkeit • Das Blaue Palais. Der Gigant Für die fünfteilige Verfilmung der Science-Thriller wurde Rainer Erler von der ESFS (European Science Fiction Society) als bester europäischer Science-Fiction-Drehbuchautor ausgezeichnet.

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Rainer Erler

Das Blaue Palais

Der Verräter

Roman

1

Klöpfer unterbrach seine Ausführungen und schwieg. Für Sekunden schloss er die Augen, presste die Lippen aufeinander und drückte die Kreide gegen die vollbeschriebene Tafel, bis die Spitze brach. Die Splitter rieselten zu Boden. Klöpfer sah ihnen nach. Dann feuerte er den Rest der Kreide in den Papierkorb. »Da meine Ausführungen offenbar nicht interessieren …«

Er sah sich um. Das Gewisper und Getuschel war verstummt. An einigen Pulten brannte Licht, die randlose Brille von Su-Shu-Wong glänzte im Dunkel der großen Halle. Mehr war von dieser Jury, die über sein Projekt zu befinden hatte, die über seine Pläne nun beraten sollte, nicht zu sehen. Die Kollegen des Blauen Palais, die sich wie jeden Donnerstagabend in der Halle zum Erfahrungsaustausch versammelt hatten, empfand er plötzlich als Feinde. Feinde, die es darauf abgesehen hatten, sein Projekt zu Fall zu bringen. Louis Palm, der Leiter des Palais, von allen gewählt, um die Geschäfte zu führen und die Spielregeln der Zusammenarbeit zu überwachen, beugte sich vor. Das Licht der Pultlampe fiel auf sein markantes Profil. Er lächelte und versuchte es wieder mal mit Charme und Diplomatie: »Herr von Klöpfer, fahren Sie doch fort, bitte. Wir müssen doch zu einem Ergebnis kommen. Es ist lange nach Mitternacht.«

»Wenn man meinen Antrag als letzten auf die Tagesordnung setzt …« Klöpfer schien unversöhnlich. Er vergrub die Fäuste in den ausgebeulten Taschen seines weißen Labormantels. »Daran erkenne ich doch bereits die Einstellung des Hauses – und der jüngeren Kollegen!«

Aber Palm schüttelte nur den Kopf. »Sie irren sich. Ich bin schuld. Ihr Projekt fordert mit Abstand den größten Anteil von unserem Gesamtetat. Deshalb steht es am Ende der Liste. Und damit wir in Ruhe und ohne zeitliche Begrenzung darüber diskutieren können. Ihr Antrag erhält zu wenig Details. Sie haben jetzt und hier Gelegenheit, uns alle von der Wichtigkeit und auch von den Erfolgsaussichten Ihres Projektes zu überzeugen. Sie sollten das jetzt tun. Und wenn während Ihrer Ausführungen einige Kollegen es eben an der nötigen Konzentration fehlen ließen … Bitte entschuldigen Sie das. Wir haben ja alle einen anstrengenden Tag hinter uns.«

»Ich ebenfalls!« Klöpfer ließ sich auf den Stuhl neben dem Lesepult fallen. Er fühlte sich matt und mutlos und ausgesprochen deplatziert in diesem Haus. Ein Institut, in dem sich junge Wissenschaftler verschiedener Nationalitäten und Fachrichtungen zusammengefunden haben, um unabhängig und frei zu forschen. Frei von den bürokratischen Zwängen staatlicher Institutionen. Frei auch von den Zielforderungen der Industrie. Aber leider gar nicht frei von den Sorgen um den Etat. Geld war stets knapp. Und so war die Idee von der Unabhängigkeit und Freiheit eine Illusion. So jedenfalls sah es Klöpfer.

Er warf noch einen kurzen Blick in die Runde, die da vor ihm im Dunkeln saß. Dann stand er auf, knöpfte den weißen Labormantel umständlich zu, nahm den Papierkorb hoch und begann nach der Kreide zu suchen. »Gut. Sie wünschen eine detaillierte Begründung. Bitte. Ich fange gerne noch mal von vorne an.« Er hatte die Kreide gefunden, säuberte sie an seinem Mantel, stellte den Papierkorb zur Seite und ging wieder zur Tafel. »Wenn ein sehr energiereicher Strahl eines Impuls-Lasers hier auf gefrorenen Stickstoff trifft«, er skizzierte das sehr lässig an der Tafel, »dann tritt auf der anderen Seite stimulierte Raman-Strahlung aus.« Er deutete das mit kräftigen, dicken Strichen an. Die Kreide brach wieder ab. Aber Klöpfer ließ sich nichts anmerken. Er dozierte weiter mit verhaltener Aggressivität. »Trifft diese Strahlung, diese Raman-Emission, auf ein normales Stickstoff-Sauerstoff-Gemisch, also auf Luft unter normalen atmosphärischen Bedingungen, reagiert der Stickstoff mit dem Sauerstoff. Er ›verbrennt‹ zu Stickoxyd …« Klöpfer schrieb NO3. »Zu Stickstofftetroxyd.« Er schrieb N2O4 an die Tafel. »Und schließlich zu Pentoxyd, N2O5.«

Palm war vermutlich der einzige in diesem Kreis, der sich der Tragweite von Klöpfers Überlegungen bewusst war. »Das alles haben Sie bisher nur rechnerisch ermittelt, ja?«

Klöpfer wandte sich an Palm: »Ja. Aber die Grundlage dazu lieferten Vorexperimente von Orajevski vom Moskauer Lebedew-Institut und meine Rechnungen über Gleichgewichte.« Da flammte ein Licht auf.

Polazzo, ein junger Chemiker, temperamentvoller Venezianer mit einer schwarzen Löwenmähne, hatte mit der flachen Hand auf den Druckschalter seiner Pultlampe geschlagen.

Enrico Polazzo war Chemiker. Und für gewöhnlich startete er seinen Einstieg in einen Disput mit einem nicht zu überhörenden Akzent. »Alles sehr einleuchtend, Herr Kollege: Ein Laserstrahl verbrennt den Stickstoff der Luft. Beim alten Haber-Bosch-Verfahren geschieht das mit einem elektrischen Lichtbogen. Der Unterschied ist nicht sehr gewaltig. Die Ammoniaksynthese, wie sie überall auf der Welt praktiziert wird!«

Innerhalb weniger Sätze waren die Fronten abgesteckt. Klöpfer ahnte, was ihm bevorstand. Wenn sich Polazzo in die Sache verbiss, wenn er gegen den Etat, gegen Klöpfers Projekt votierte, konnte dieser einpacken.

Zeit gewinnen, dachte Klöpfer. Ich muss Zeit gewinnen. Ebenso umständlich, wie er seinen Mantel zugeknöpft hatte, knöpfte er ihn nun wieder auf. »Nach meinen Berechnungen …« Aber schon nach diesen drei Worten unterbrach ihn Polazzo: »Ich gebe ja zu: Laser ist gerade in Mode!« Nicht provozieren lassen, dachte Klöpfer. Ganz ruhig. Er atmete tief durch und begann von neuem: »Nach meinen Berechnungen …«

Weiter kam er nicht. Polazzo warf noch schnell einen kurzen Einwand hinterher: »Der elektrische Lichtbogen dort – der Laserstrahl hier. Wo ist der Witz, frage ich mich.«

Klöpfer hatte den Rest der Kreide in seiner Manteltasche zerkrümelt. »Hat man denn hier keine Möglichkeit, seine Darlegungen …« Er brach selbst ab. Nach einer erregten Atempause fuhr er fort: »Lassen Sie mich doch einen Gedanken zu Ende führen, bevor Sie Ihre Einwände …«

Polazzos Pultlicht verlöschte.

Palm klopfte auf seinen Tisch, wandte sich missbilligend zu den Kollegen um, die den Beginn des Disputs flüsternd kommentierten. Er hob die Hand, fuhr sich durchs Haar, dann deutete er mit einer einladenden Geste zu Klöpfer, zur Tafel: »Bitte, fahren Sie doch fort.«

Da das Flüstern nicht verstummte, wandte er sich abermals kurz um, bevor er zu Klöpfer weitersprach: »Sie beschrieben in Ihrem Antrag eine neue, rationellere Art der Kunstdüngerherstellung. Sie haben demnach durchgerechnet, welche Energie Sie aufwenden müssen – zum Beispiel im Vergleich zu dem eben erwähnten Haber-Bosch-Verfahren …?« Er machte eine Pause, gab Klöpfer die Möglichkeit zu einer Erklärung. Aber Klöpfer schwieg.

»Sie wissen ja selbst«, fuhr Palm fort, »alles ist zuerst einmal eine Frage der Effektivität.« Klöpfer nahm die Hand aus der Manteltasche und winkte ab. »Wir sind nicht hier, um der Industrie das Kalkulieren abzunehmen. Die Effektivität wird sich zeigen!« Er wischte den Kreidestaub, den er an seinen Fingern bemerkt hatte, am Revers des Mantels ab.

Palm war aufgestanden und lehnte sich im Verlauf seiner nächsten Sätze gegen die abgegriffene Marmorsäule, die die rissige, stuckverzierte Decke des Saales trug. »Ich muss Ihnen widersprechen: Nur wirtschaftlich sinnvolle Methoden haben eine Chance auf dem Markt. Wir sind den Leuten, die unser Institut finanzieren, Rechenschaft schuldig. Die wollen wissen, was mit dem Etat geschieht.« Klöpfer setzte sich wieder auf seinen Stuhl neben dem Vortragspult. »Wir sind hier, um neue Methoden zu entwickeln – und zwar im Hinblick auf die Zukunft!«

»Richtig«, sagte Palm, »aber auch hier muss der Einsatz sich lohnen oder zumindest im vernünftigen Verhältnis zu einem kalkulierbaren Erfolg stehen.«

Klöpfer lachte trocken auf. »Da kann ich ja gleich direkt für die Industrie arbeiten. Wozu bin ich hier in diesem Institut?«

»Verstehen Sie nicht?« Palm war nähergekommen. »Ich will, dass Sie uns überzeugen!«

»Ohne eigene Experimente?«, wollte Klöpfer wissen. »Also ohne Investitionen, ja?!«

»Die Effektivität lässt sich doch errechnen!« Palm ließ nicht locker. »Ich meine den Energieverbrauch. Und die Kosten für einen Prototypen einer solchen Anlage. Wenn Sie sich über die theoretischen physikalisch-chemischen Zusammenhänge – wenn Sie da so sicher sind!«

»Wenn ich sicher wäre«, konterte Klöpfer, »müsste ich nicht experimentieren. Sie lehnen also ab!?« Er stand auf.

»Nein!«,, sagte Palm und ging zu seinem Platz zurück. »Fahren Sie fort!« Er setzte sich. »Warum sind Sie so aggressiv?«

Klöpfer antwortete nicht. Er stand unschlüssig neben der Tafel und betrachtete seine Skizze. Ohne seine Pultlampe wieder mit Effekt einzuschalten, suchte Polazzo einzulenken: »Die Verbrennung von Stickstoff zu Stickoxyden, aus denen man Kunstdünger herstellen kann, wird heute sehr wirtschaftlich im Großen betrieben. Die Energie wird durch Braunkohle geliefert.«

»Wie lange noch?«, entgegnete Klöpfer. Er wirkte sehr müde. »Wie lange reicht der Vorrat an Braunkohle oder anderer fossiler Energie?«

»Atomstrom. Man wird Strom aus Kernenergie verwenden!« Polazzo lachte. »Ja, ja. Ich kann mir die Einwände, die jetzt kommen, denken. Aber wie auch immer: Strom braucht Ihre Anlage doch auch? Oder?« Klöpfer nickte, aber dann schränkte er ein: »Der Verbrauch eines Impuls-Lasers steht in keinem Verhältnis zu einem Lichtbogen. Das ist das eine. Und das andere: Ich sagte ja bereits, die Synthese funktioniert unter normalen atmosphärischen Bedingungen. Sie brauchen einen starken Laser und einen Behälter mit normaler Luft. Ein Minimalaufwand, gemessen an den Hochdruckanlagen des herkömmlichen Verfahrens. Und denken Sie bitte an die Entwicklungsländer. Dort steigt der Bedarf an Kunstdünger sprunghaft an. Mit dieser Methode, die keine hohen Investitionen verlangt, könnten diese Länder autark werden. Natürlich kostet es Geld, mein Verfahren zu entwickeln. Aber wir betreiben hier schließlich Grundlagenforschung für die Zukunft.«

»Sehr richtig!« Palm erhob sich wieder. »Ich glaube, Ihre Ausführungen genügen im Augenblick. Wir werden abstimmen: Zur Debatte steht als Punkt drei: Ein Riesenimpuls-Jodlaser, Verstärker, optische Bänke, Umspannanlage, Kondensatorbatterie, ein Satz nichtlineare Kristalle … Wir haben die Liste ja vor uns.« Er blätterte in den Papieren, blickte plötzlich auf: »Ach ja, Herr von Klöpfer, warum eigentlich diese teuren Kristalle?«

»Auch ein vierstufiger Laser liefert nicht die nötige Energie. Obwohl wir synchron von verschiedenen Seiten – auf einen einzigen Punkt, auf das Target …« Klöpfer machte eine entsprechende Handbewegung, demonstrierte das Zusammentreffen der Strahlen. »Sie verstehen das?«

»Natürlich«, sagte Palm. »Natürlich verstehen wir das. Nur, bevor wir jetzt abstimmen: dreihundertsechzigtausend Mark. Das ist kein endgültiger Kostenvoranschlag, das ist Ihre grobe Schätzung. Und selbst wenn das Projekt auf unserer Etatliste landet – ich sehe in absehbarer Zeit keine Chance, bei der Höhe dieses Betrages!«

»Wozu dann dieses ganze Theater?« Klöpfer war aufgesprungen. »Wozu diese Abstimmung?«

»Es ist das Statut unseres Hauses«, entschuldigte sich Palm. »Sinnlos wird die Sache nur, wenn wir über Beträge abstimmen, die wir uns nicht leisten können!«

Aber Klöpfer winkte ab: »Ich muss Ihnen widersprechen. Die ganze Methode ist sinnlos. Und zwar grundsätzlich. Da urteilen Kollegen anderer Fachrichtungen, die sich weder für meine Pläne noch für meine Ausführungen interessieren – ja, lassen Sie mich ausreden! –, urteilen Kollegen über mein Projekt ohne ausreichende Information, ohne Interesse, befinden durch Handaufheben über das zukünftige Schicksal einer Idee, die im Interesse der Menschheit verwirklicht werden muss …«

Die Unruhe im Saal nahm zu. Ein Zwischenruf wurde laut. Er kam vermutlich von Büdel. »Scheißpathos!«

Und der holländische Biochemiker de Groot rief: »Neunzehntes Jahrhundert!«

Aber Klöpfer war nicht zu stoppen: »Da wird ein Projekt zu Fall gebracht, fahrlässig, absichtlich, aus kleinkarierten Überlegungen, aus Laune und politischem Kalkül, aus Antipathie, aber in erster Linie aus Rivalität!«

»Schwachsinn!«, rief Sibilla Jacopescu, die aparte Rumänin. Laut genug, dass Klöpfer es trotz des lautstarken Protests, der von allen Seiten losbrach, hören musste.

»Seien Sie doch keine Pharisäer!«, fuhr Klöpfer fort. »Wir sollten untereinander ehrlich sein und zugeben, dass letzten Endes jeder nur an seinem eigenen Forschungszweig, an seinen eigenen Ideen, an seinen eigenen Versuchen interessiert ist. Jeder will für sich die Wahrheit finden. Wir sind in diesem Haus nicht eine Gruppe von Kollegen, sondern eine Schar unverbesserlicher Egoisten. Einzelgänger! Alles andere ist Schönfärberei. Das junge Forscherteam des Blauen Palais eine fromme Lüge!«

Palm hob beide Hände und musste seine ganze Autorität ins Feld führen, um den Protest zu stoppen: »Halt … halt, halt! Kollege Klöpfer wirft hier gerade einen Aspekt in die Diskussion, den wir ernsthaft und schonungslos diskutieren sollten!«

»Aber doch nicht mehr heute Nacht!« Sibilla lehnte sich ermattet gegen die Schulter de Groots und schloss die Augen.

»Ich finde …«, Büdel begann zögernd und nachdenklich, »dass die subjektiven Empfindungen unseres Kollegen Klöpfer eine Debatte wert sind. Wobei ich hinzufügen muss, dass dieser Konflikt, der meines Erachtens keiner ist, schon seit geraumer Zeit in der Luft liegt. Und jetzt so nebenbei mal darüber reden, das ist doch Unsinn und führt zu nichts. Ich schlage vor, wir bringen den Etat über die Runden. Stimmen ab. Versuchen, das bisschen Geld, das das Kuratorium uns zukommen lässt, gerecht zu verteilen.«

»Gerecht?« Klöpfer war an Büdel vorbeigegangen und setzte sich hinter eines der Pulte in der ersten Reihe. »Gut«, sagte Palm, als sich kein Widerspruch meldete. »Stimmen wir ab.« Er ging nach vorn, stellte sich neben das Lesepult und blätterte in seinen Papieren. »Yvonne, lesen Sie vor. Es waren drei Punkte.« Yvonne, die zierliche Französin, die ihren Akzent vermutlich nur deshalb pflegte, weil er so erfolgreich war, verließ ihren Platz an der Seite Polazzos und setzte sich leger auf die Schreibtischplatte: eine Louis-XVI. –

Intarsienarbeit auf einem Stahlrohrgestell. Es war nicht der einzige Stilbruch in dem umfunktionierten Palais.

»Zuerst Biologie. Ein Gefriertrockner mit Vakuum. Voranschlag zwölfhundertfünfzig.«

Sibilla hob zuerst die Hand. Das Gerät war für ihr Labor geplant. Jeroen de Groot folgte. Dann stimmten Polazzo, Carolus Büdel und schließlich Palm für den Antrag.

Als Palm um Gegenstimmen bat, meldete sich Su-Shu-Wong zu Wort: »No money – kein Geld!« Mehr hatte er nicht vorzubringen.

»Ja, ja, Mister Wong, ich weiß.« Palm lächelte und verschränkte die Arme. »Im Prinzip haben Sie recht. Sie sind hier der Finanzminister und …«

Wong unterbrach ihn: »No finance – kein Etat! No money!«

»Ja, aber irgendwie müsste das zu schaffen sein«, wandte Palm noch ein. »Enthaltungen?« Er blickte in die Runde.

Nach kurzem Zögern hob Klöpfer seine Hand, ohne irgendeinen der Kollegen anzusehen. »Eine. Danke.« Palm machte sich eine Notiz. »Antrag eins kommt also in die Etatliste.« Da wandte sich Klöpfer zu Sibilla Jacopescu um: »Kommt in die Liste. Natürlich. Wer kann Ihnen schon einen Wunsch abschlagen?!«

Sibilla sah Klöpfer feindselig an: »Wie meinen Sie das, bitte?«

»Ich stelle nur fest«, fuhr Klöpfer fort, »Ihre biochemische Abteilung hat niemals Schwierigkeiten bei der Etatverteilung. Woran mag das liegen? An Ihrem Charme? An Ihren Beziehungen?«

Da fing ziemlich unvermittelt Sibillas rumänisches Temperament zu brodeln an: »Werden Sie nicht unverschämt, ja? Sie müssen doch zugeben – meine kleinen Wünsche im Vergleich zu Ihren Forderungen …

Aber weinen Sie nicht gleich! Sie können ja immer noch umsatteln und meine Ratten füttern!«

Ihr Zorn war kaum gezügelt. Klöpfer hätte besser daran getan zu schweigen. Aber eigensinnig fuhr er fort:

»Effektivität! Darum geht es doch wohl: Effektivität! Ihr Rattenzirkus lohnt also Investitionen. Einmalige Dressuren. Zukunftsorientierte Forschung. Im Gegensatz zu meiner Arbeit!« Er stand auf und wandte sich zum Gehen.

Palm hielt ihn zurück: »Bitte, bleiben Sie! Wir müssen beschlussfähig bleiben.« Klöpfer blieb stehen und wandte sich nur zögernd um.

»Außerdem«, fuhr Palm fort, »habe ich eine herzliche Bitte: Wir wollen uns bemühen, sachlich zu bleiben. Danke.« Er wandte sich wieder an Yvonne. »Wir machen weiter. Der nächste Punkt, Antrag zwei …« Yvonne las aus der Liste: »Nummer zwei: Lichtbogenspektrograph. Antrag von Enrico Polazzo. Achtzehntausendsechshundert.«

»Ein gebrauchtes Gerät. Sehr günstig, sehr gut erhalten, second hand …« Polazzo hob gleichzeitig die Hand, um für seinen Antrag zu stimmen. Die anderen folgten, einer nach dem anderen – mit Ausnahme von Wong und Klöpfer.

»Danke«, sagte Palm und notierte das Ergebnis. »Wer ist dagegen?«

»No money – kein Geld – wirklich!« Wongs Einwand war der gleiche wie eben.

»Mister Wong …« Palm trat ins Dunkel des Saales, wo sich Wong hinter einer Säule verbarrikadiert hatte. »Da wir Sie haben, als unser Finanzgenie, wird es doch sicher einen Weg geben, glauben Sie nicht? Sie sparen das woanders ein. Ich bin sicher.«

»Ja, sicher«, wandte Carolus Büdel ein, »am Essen!«

Das Gelächter war nicht sehr heiter gemeint. Offenbar war das ein wunder Punkt in der Haushaltsführung des Palais.

Palm ging allerdings nicht weiter darauf ein: »Mister Wong, Sie haben das bisher immer geschafft. Ich hoffe, es klappt auch diesmal.« Und ohne Wong die Möglichkeit zu einem weiteren Einwand zu lassen, fuhr er fort: »Gibt es Enthaltungen?«

Er sah sich um. Und tatsächlich, Klöpfer meldete sich wieder. Palm nahm das zur Kenntnis, setzte die Enthaltung ins Protokoll und wandte sich wieder an Yvonne: »Wieder nur eine. Der Lichtbogenspektrograph kommt auf die Liste. Vorausgesetzt, dass Mister Wong irgendwie die Finanzierung schafft!« Dann setzte Palm sich und lehnte sich zurück. »Der letzte Punkt. Punkt drei.«

Eine Handbewegung zu Yvonne. Die las von der Liste ab: »Letzter Punkt. Vierstufiger Jodlaser für Herrn von Klöpfer.«

Die Pause war lang. Es war nicht nur die Erschöpfung nach diesem langen Tag – es war die Ruhe vor dem Sturm. So empfand das jeder im Saal. Und keiner machte den Anfang.

Langsam wandte Klöpfer sich wieder ab, ging zwei Schritte in Richtung der breiten Treppe, die nach oben führte, als Palm ihn anrief: »Herr Kollege von Klöpfer …«

Klöpfer blieb stehen. Er fühlte sich alt. Alt und überflüssig. Im Kreis dieser jungen Kollegen, die alle noch den Höhepunkt ihrer wissenschaftlichen Karriere vor sich hatten, merkte er plötzlich, dass alles, was einen Kampf lohnen würde, längst hinter ihm lag. Er hatte seine Chancen gehabt. Das war vorbei. Viel war nicht dabei herausgekommen. Und als der Zufall ihn in dieses Palais geführt hatte, in diese Gruppe progressiver, junger, vitaler Wissenschaftler, die alle noch den Glauben an unbegrenzte Möglichkeiten hatten, da hatte er geglaubt, es gebe einen zweiten Anfang für ihn. Noch mal von vorne anfangen. Die Fehler der Jugend vermeiden, aber das Kapital der Jugend, die Zeit, den Optimismus, die Selbstüberschätzung, einbringen dürfen.

Er war ein Fremdkörper geblieben. Skeptisch, hölzern, verbissen. Er hatte keine Geduld mehr, etwas in kleinen, realistischen Schritten zu erreichen. Er musste es zwingen. Jetzt! Oder er musste gehen. »Herr Kollege von Klöpfer …«, hatte Palm ihm nachgerufen.

Was wollten die noch von ihm? Sie sollten ihn doch besser in Ruhe lassen. Er wollte nach oben, schlafen. Ehrgeiz. Verbissenheit. Was soll das alles? Schluss, aus. Eine neue Generation war jetzt am Zug. Neunzig Prozent aller Wissenschaftler, die diese Menschheit bisher in fünftausend Jahren hervorgebracht hatte, arbeiteten und wirkten heute. Und die meisten waren noch keine fünfunddreißig. Klöpfer war Ende fünfzig. Und wenn man ihm jetzt die Chance für einen ehrenvollen Abgang bot, bei dem er sein Gesicht nicht verlor – er würde gehen.

»Sagen Sie«, wandte sich Palm wieder an ihn, »gibt es da nicht irgendeine Möglichkeit – bitte, verstehen Sie das richtig – aber der Betrag ist für unsere Verhältnisse einfach zu hoch … Gibt es keinen Kompromiss?«

»Ich mache keine Kompromisse!« Da war er wieder, dieser Stolz, diese Verbissenheit. Klöpfer war unflexibel geworden. Und er hatte Angst. Die Angst, aus dem Rennen zu sein. Endgültig … »Also gut«, sagte Palm. »Wer ist für diesen Antrag – in der vorliegenden Form?« Klöpfer warf nur einen kurzen Blick auf das schweigende Auditorium, das im Dunkeln saß. Er begann wieder seinen Mantel zuzuknöpfen, während er langsam den ganzen Weg zur Tafel zurückging, langsam, voller Resignation und Müdigkeit. Er ergriff einen Lappen, der am Boden lag, mit einer mühsamen Geste. Dann begann er die Tafel abzuwischen. Seine Berechnungen. Seine Skizzen. »Danke, dass Sie mir vorhin zugehört haben!«

»Wer ist für diesen Antrag?«, wiederholte Palm.

Klöpfer hörte diese sinnlose Aufforderung und ließ sich nicht in seiner Tätigkeit stören. Dann ging er endgültig. Ohne noch einen Blick zurückzuwerfen, den Lappen voller Kreidestaub immer noch in der verkrampften Hand, ging er zur Treppe. Er konnte nicht sehen, dass Sibillas Hand sich hob. Er hörte nur die Frage von Palm: »Ja? Bitte?«

Und er hörte Sibillas Antwort: »Ich bin dafür!«

Da blieb Klöpfer stehen.

Eine Hand nach der anderen ging nach oben, zögernd zwar, aber das spielte keine Rolle mehr. Nur Wong murmelte etwas vor sich hin, was wie »No money« klang. Aber das nahm nun keiner mehr ernst. Klöpfer nickte, während Palm die Stimmen notierte, und ging grußlos nach oben, Stufe um Stufe, ohne sich nochmals umzusehen.

2

Schon mittags war die Dämmerung über das Land gefallen, zusammen mit einem dünnen, eisiggrauen Nebel.

Aus den zahlreichen Fenstern hinter der blauen Fassade des Palais fiel das kalte Licht der Leuchtstoffröhren. Labors, Arbeitsräume, Bibliothek, die Halle, die Verwaltungs- und Büroräume von Palm, Yvonne und Wong.

Die Mitarbeiter standen an den Fenstern, blickten hinunter in den Hof. Dort hatte sich ein Schwertransporter tief in den aufgeweichten Kies gewühlt. Drei Männer in Overalls und mit blauen Schutzhelmen luden mit Hilfe eines Auslegerkrans lange Eisenschienen ab.

Das heißt, im Augenblick standen sie alle unschlüssig herum, während die Last über ihnen am Haken schwebte.

Kühn, der Hausmeister des Palais, der das Abladen überwachen sollte, hatte Palm zu Hilfe geholt. Jetzt traten beide aus dem Portal ins Freie.

Palm schlug den Kragen seines Jacketts hoch. Aber das half wenig gegen die beißende, feuchtklamme Kälte, die einen überfiel.

»Das hätte man doch vorher wissen müssen …!« Palm sah sich hilflos um.

Kühn nickte hinter ihm. »Mir war das von Anfang an klar. Ich habe auch mehrfach darauf hingewiesen. Aber Herr Doktor von Klöpfer meinte, ich soll mich da raushalten. Er würde das persönlich und rechtzeitig klären.«

»Mit mir hat er nicht gesprochen. Kein Wort. Seit drei Wochen. Wo ist er überhaupt?« Palm blickte zur Fassade hoch wo die Mitarbeiter hinter den Fenstern miteinander diskutierten. Klöpfer war nicht darunter. »Vermutlich ist er unten im Labor«, mutmaßte Kühn.

»Labor?« Kühn traf ein strafender Blick, so, als sei es seine Schuld. »Er könnte sich ja zum Beispiel selbst darum kümmern, wenn seine Geräte eintreffen, oder?« Palm war sichtlich verärgert. »Ich würde Sie bitten, Herr Professor Palm, das Herrn Doktor von Klöpfer persönlich zu sagen.« Wenn Kühn, das altersgraue Faktotum des Hauses, unsicher war, wurde er förmlich. Der ganze Vorgang war ihm ungemein peinlich. Er hatte das Gefühl, zwischen den Fronten zu stehen. Denn mit Klöpfer verband ihn einiges. Als vor etlichen Jahren Kühns feinmechanische Werkstatt gegenüber der Braunschweiger Uni pleite machte, hatte ihn Klöpfer als Techniker an die TU geholt. Und ebenfalls durch Klöpfers Vermittlung war Kühn schließlich im Blauen Palais gelandet. Dass er dort nun in erster Linie Klöpfers Apparaturen betreute, verstand sich von selbst. Und außerdem – aber das war mehr eine stille Übereinkunft –: Beide trauten keinem unter dreißig.

Wong war inzwischen erschienen und kontrollierte Lieferscheine und Frachtbriefe. Er hatte seinen Abakus mitgebracht, sein chinesisches Rechenbrett. Jetzt schnippte er mit großer Fingerfertigkeit die einzelnen Kugeln auf ihrer Achse hinauf und herunter, und verglich die Resultate misstrauisch durch seine dicken Brillengläser mit den von einem Computer ausgedruckten Frachtraten.

Palm und Kühn waren inzwischen in der Remise verschwunden und die hinter einer großen, chaotisch vollgestellten Werkstatt liegende Wendeltreppe hinuntergestiegen. Der Kellergang war sehr spärlich erleuchtet, nur über einer der Eisentüren flammte in regelmäßigen Abständen ein Leuchtkasten auf und erfüllte den schmalen, langen Raum mit feuerrotem Licht: »Nicht eintreten! Laser!«

Während Kühn sich entspannt an die Mauer lehnte, wartete Palm nervös und mit der Klinke in der Hand auf das Verlöschen des Warnzeichens. Als nichts geschah, horchte er an der Türe, schließlich klopfte er, erst zaghaft und vorsichtig, schließlich mit der ganzen Kraft seiner Fingerknöchel. »Herr von Klöpfer …!« Palm lehnte den Kopf gegen die Eisentür, um die Antwort nicht zu überhören.

Aber es kam keine Antwort. Klöpfer erschien persönlich. Er schob seine dunkle Schutzbrille nach oben und sah sich geblendet um. »Ach, Sie sind es! Warum kommen Sie nicht herein?« Damit wandte er sich ab und verschwand wieder in seinem Labor.

Palm zeigte auf den rot aufflammenden Lichtkasten: »Das Zeichen. Das Warnzeichen brannte. Es brennt immer noch …!« Damit folgte er Klöpfer in den abgedunkelten Raum.

Klöpfer hantierte an einem Schaltkasten. Das Warnlicht verlöschte, und die Leuchtstoffröhren des Labors flammten auf. »Kommen Sie herein und schließen Sie die Tür.« Klöpfer hatte sich an Kühn gewandt, der immer noch unentschlossen draußen stehen geblieben war.

»Ihre Apparaturen sind eingetroffen, die optischen Bänke«, begann Palm nach einer Pause leicht gereizt die Konversation.

»Ich weiß!«, entgegnete Klöpfer. »Herr Kühn hat mich informiert.« Er setzte sich an seinen Schreibtisch und machte sich Notizen.

»Sie haben offensichtlich kein sehr großes Interesse.« Palm war nähergetreten und versuchte, Klöpfer über die Schulter zu blicken.

»Soll ich beim Abladen helfen?« Klöpfer blickte kurz auf.

»Sie könnten sich Gedanken darüber machen, wo die Apparaturen aufgestellt werden sollen. Ich dachte, das sei längst entschieden, jetzt höre ich von Yvonne …«

Klöpfer lachte kurz auf und unterbrach damit Palm. »Von mir wollten Sie es ja nicht hören, Herr Palm!« Er widmete sich wieder seinen Notizen, während er weitersprach. »Ich habe bereits vor Wochen in einer Notiz darauf aufmerksam gemacht, dass die ganze Unternehmung sinnlos sei. Ich habe nun ziemlich exakte Berechnungen angestellt. Sie haben mich damals zu einem Kompromiss gezwungen …«

»Ein sehr teurer Kompromiss – und Sie waren damit einverstanden!« Palm hielt sich nur mühsam zurück.

»Ich war damit einverstanden, ja. Das ist meine Schuld. Aber inzwischen weiß ich es besser. Es funktioniert nicht, kann nicht funktionieren. Die Anlage ist viel zu schwach. Das habe ich Ihnen mitgeteilt. Und Sie haben darauf nicht geantwortet.«

Palm zog sich einen Hocker, der vor einem Spektrographen stand, neben Klöpfers Tisch und setzte sich. »Ich habe von Ihnen nichts erhalten. Keine Notiz, keine Berechnung. Sie haben seit Wochen mit mir nicht geredet, Herr Klöpfer. Wir arbeiten, wohnen, essen unter einem Dach. Und Sie weichen mir aus.« Er holte tief Luft, sah zu Kühn, der scheinbar unbeteiligt neben einer Apparatur stand und irgendwelche Details zu studieren schien. »Ich habe versucht, mehrmals versucht, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, Herr Klöpfer. Sie haben jede Diskussion mit mir und anderen Kollegen des Hauses abgebrochen und sich hier unten in Ihrem Keller vergraben.«

»Ich hatte hier unten sehr Sinnvolles zu tun. Das Ergebnis meiner Arbeit liegt, wie schon gesagt, seit Wochen auf Ihrem Tisch. Wenn die dort herrschende Unordnung Sie daran gehindert hat, den Fall zur Kenntnis zu nehmen – also dafür kann ich nichts!« Jetzt blickte Klöpfer Palm voll ins Gesicht. »Und darüber zu reden«, fuhr er fort, »dazu bestand wirklich keine Notwendigkeit mehr.«

Palm sah sich um. Kühn reagierte immer noch nicht, Klöpfer schrieb wieder kleine Zahlenkolonnen auf das Papier. Einer von uns ist verrückt, zumindest nicht mehr zurechnungsfähig, dachte Palm. Er fasste sich an die Stirn.

»Ja …« Klöpfer lehnte sich plötzlich zurück und schaute zur Decke, in das Gewirr von schwarzen Kabeln, die mit Bindfäden und Drähten provisorisch aufgehängt waren. »Ich war sehr überrascht, dass die Apparatur nun doch noch hier eingetroffen ist. Wirklich sehr überrascht.«

Tief durchatmen, dachte Palm. Ganz tief durchatmen. Und er versuchte es sogar. Dann erst setzte er das Gespräch fort: »Und?«, fragte er. »Wie geht's weiter?«

»Ich weiß nicht«, antwortete Klöpfer, ohne den Blick von dem Kabelwirrwarr zu nehmen. »Alles wieder aufladen und zurückschicken?«, wollte Palm wissen.

Klöpfer nickte nur, und erst nach einer langen Pause fügte er hinzu: »Das Sinnvollste – vielleicht. Das Billigste bestimmt.«

Da richtete sich Kühn plötzlich auf und meldete sich zu Wort. »Es war eine Spezialanfertigung, wenn Sie erlauben.« Er kam näher. »Drei Monate Lieferzeit. Alles angefertigt nach den Berechnungen des Herrn von Klöpfer. Ich glaube nicht …« Er brach ab, als er Palm in die Augen sah.

»Ich glaube auch nicht!«, sagte der nur. Und dann stand er auf. »Wann haben Ihre Berechnungen den Irrtum oder wie immer Sie das nennen … Seit wann wissen Sie, dass die kleinere Anlage, auf die Sie sich eingelassen haben, nicht funktioniert?«

»Seit vier Wochen!«

»Vor vier Wochen war die Anlage längst im Bau. Da gab es nichts mehr zu stornieren. Herr von Klöpfer, die Apparaturen sind eingetroffen. Bitte, kümmern Sie sich um die Aufstellung.« Palm ging zur Tür, ohne sich umzublicken.

»Wo?« Klöpfer war nun ebenfalls aufgestanden. »Wo soll ich sie aufstellen lassen? Hier unten?« Er zeigte auf den vollständig mit Apparaten zugestellten Kellerraum. »Oder draußen auf dem Gang?« Palm bemühte sich, den Sarkasmus zu überhören. Er blieb in der offenen Tür stehen, sah sich um. »Wo hatten Sie die Aufstellung geplant?«, wollte er wissen.