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Jana hat einen schrecklichen Verdacht. Ist der Dämon ihrer Kindheit zurückgekehrt? Hat er Konrads Gestalt angenommen? Janas neuer Liebhaber Siegfried glaubt nicht an Dämonen. Er ist schließlich Bankkaufmann und kein Drachentöter. Also muss Jana den Kampf mit dem Dämon alleine aufnehmen. Nur unterstützt durch den treuen Schäferhund Rex. Ihre Gedankensplitter und Wahnideen hält sie dabei mit einer Kamera fest. Ein Psychothriller, der bis an die Grenzen geht. Nur für starke Nerven.
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2021
Da fuhren die Dämonen und Teufel hinein und wohnten darin; sobald der Wind darin sang, sangen die Dämonen heraus und gaben eine gewaltige Stimme von sich.
Apokryphen (Die Schatzhöhle, Kapitel 21, 11 )
Die Finger sind schmal und zierlich. Sie blättern die Seiten des zerlesenen Buches um, bis sie plötzlich innehalten. Eine Fingerkuppe mit kurzen, brüchigen Fingernägeln fährt vorsichtig über die Zeilen eines Absatzes. Niemand darf sie hören. Deshalb spricht sie so leise, dass ihre Stimme vom Plätschern des Flusses übertönt wird, der nicht weit entfernt an einem abgebrochenen Ast zerrt. Ihre nackten Füße sind nass, feine Wassertropfen glitzern wie Glassplitter auf ihrer Haut.
'Heute Nacht kommen zwölf schwarze Männer, die mit Ketten behangen sind. Sie werden dich fragen, was du hier machst. Schweig und gib ihnen keine Antwort. Lass sie mit dir machen, was sie wollen: Sie werden dich quälen, schlagen und stechen, lass alles geschehen. Nur rede nicht.'
Der schmale Finger, der nicht mehr ist, als Haut und Knochen, hält inne. Er unterstreicht den letzten Satz immer und immer wieder.
Jana steht in der Tür zum Wohnzimmer. Sie spürt die Blicke der Schlangen-Wächter. Die Schlangen beobachten sie ohne Unterlass. Deshalb muss Jana lügen. Immer wieder lügen. Lügen um zu überleben. Das hat sie schon als Kind gelernt.
Der Dämon gibt ein Geräusch von sich, das nach Ärger klingt. Nach Unzufriedenheit. Er schiebt das Kinn nach vorne und verschlingt eine handvoll Kartoffelchips, wie eine mechanische Puppe. Dabei starrt er in den Fernseher. Sein Kiefer bewegt sich, als wären seine Zähne Mühlsteine. Die Lichter aus dem Fernseher tanzen um den Dämon herum. Der Lärm hüllt den kräftigen Leib ein wie eine unsichtbare Blase aus Musik und Geschrei. Der Dämon war unauffällig in die Welt gekrochen. Seine Geburt hatte Jahre in Anspruch genommen, Jahre, in denen Janas Mann sich langsam auflöste. Konrad wurde von dieser finsteren Macht verzehrt, bis er endgültig verschwunden war. Nun sitzt der Dämon in Konrads Ohrensessel. Mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre diese Wohnung sein Zuhause,
Der Tag, an dem der Dämon sich vollendet hatte, ist Jana noch in guter Erinnerung. Eines Nachmittags wurde die Wohnungstür barsch geöffnet. Es war ein regnerischer Nachmittag. Das Tattoo auf dem linken Oberarm war nass und glänzte: Es zeigt zwei Schlangen mit gespaltenen Zungen. Sie winden sich aus den Augen eines Drachen und reißen ihre Mäuler auf. Die Schlangen-Wächter ließen Jana von Anfang an nicht aus den Augen. Sie hatte sofort das Böse gespürt, das von den Schlangen und dem Drachenkopf ausging. Konrad hätte nie zugelassen, dass das Zeichen des Bösen in seine Haut gestochen wurde.
„Was ist? Gefällt dir das Tattoo nicht? Ich finds geil.“ Der Dämon hatte sie damals kaum eines Blickes gewürdigt, während er sprach. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dich um Erlaubnis frage, ob ich ein Tattoo haben darf. Soweit kommts noch.“
Der Dämon beherrscht die Kunst der Maskerade bis zur Vollendung, doch Jana durchschaut ihn. Sie hatte damals sofort erkannt, dass Konrad endgültig von einem Dämonen absorbiert worden war. Als er nass vom Regen vor ihr stand, das Tattoo auf der Haut.
Die Schlangen-Wächter hatten es ihr verraten.
Jana wendet sich von der Tür zum Wohnzimmer ab. Die Schlangenaugen lecken über ihren Rücken, sie spürt das Brennen auf ihrer Haut. Jana wäre am liebsten den ganzen Abend im Schlafzimmer geblieben, doch der Hunger, der sich in ihrem Magen regte, war nicht mehr zu verscheuchen. Mittags hatte sie nichts gegessen. Tagsüber hat sie keinen Hunger. Sie braucht die Dunkelheit um zu essen. Essen ist gleichbedeutend mit Leben, doch in der Nähe des Dämons kann Leben nur im Verborgenen existieren. Janas Arm streift eine Jacke, die an der Garderobe hängt. Sie flucht leise. Der Flur ist so eng, dass kaum zwei Menschen nebeneinander stehen können.
Rex hebt den Kopf. In der Dunkelheit sind nur die Umrisse des Schäferhundes zu erkennen. Die Kleiderbügel klappern wie Knochen im Wind. Der Dämon dreht den Kopf. Die Jacke schaukelt. Einer der Bügel kratzt am Holz der Garderobe. Die ganze Aufmerksamkeit des Dämons gilt nun ihr.
Rex gähnt.
”Du hast den Hund wach gemacht. Jetzt hab ich ihn wieder am Hals.”
Nach diesem Vorwurf starrt der Dämon wieder regungslos auf die bunte Scheibe. Er verbringt viel Zeit vor dem Fernseher. Ausschließlich in dem alten Ohrensessel. Diese Angewohnheit hat er von Konrad übernommen. Wie vieles andere auch. Charakterzüge, Worte, Ansichten, die er wie Raubgut in seinen Besitz gebracht hat. Genauso wie er sich Konrads Kleidung angeeignet hat, seine Wohnung, seinen Arbeitsplatz. Der Dämon verbirgt sich geschickt hinter seinen Raubgütern, um die Welt über sein wahres Wesen zu täuschen. Doch Jana kann er nicht täuschen. Das Wohnzimmer mit den dunklen Möbeln und dem dicken Teppich ist zu seiner Höhle geworden. Stickig. Düster. Überall lodern Flammen. Das Feuer ist nicht zu sehen, aber Jana spürt, dass es da ist. Ein dumpfer Furz ist zu hören. Der Dämon räuspert sich, doch er sagt nichts.
Er hat seine Wächter.
Jana krault den Hund am Hals und Rex sieht sie mit seinen braunen Augen an. Schließlich verschwindet sie beinahe geräuschlos in der Küche und zieht die Tür hinter sich ins Schloss. Eine Weile lauscht Jana auf die Geräusche aus dem Wohnzimmer. Sie holt Wurst aus dem Kühlschrank und schneidet ein Stück davon ab. Als sie am Tisch sitzt beobachtet sie ihre Hände dabei, wie sie das Stück Wurst auf das Brot legen. Das Licht über dem Küchentisch verbreitet eine sanfte Wärme. Die Schlangenaugen verursachen ein leises Kratzen an der Tür. Jana spürt wie immer den Drang die Tür abzuschließen. Die Augen der Schlangen-Wächter versuchen durch das lackierte Holz zu dringen. Der Kaktus neben ihr ist ein vertrautes Wesen. Kahl und wütend steht er auf der Fensterbank.
Manchmal sieht Jana sich selbst darin.
Sie beißt in das Brot und kaut vorsichtig. Im nächsten Augenblick füllt der Dämon den Türrahmen. Er ist so plötzlich aufgetaucht, dass ein elektrischer Schlag durch Janas Körper fährt. Das Doppelkinn scheint aus Stein gemeißelt zu sein. Auch seine Brust ist ein Felsbrocken. Der Dämon ist deutlich kräftiger als Konrad es je gewesen war. Geschrei und Kanonendonner aus dem Wohnzimmer hängen an ihm wie eine kriegerische Gefolgschaft. Jana isst nun hastig. Sie zerkaut die Bissen in ihrem Mund, wie ein Tier, das Angst hat, entdeckt zu werden.
”Kannst du nicht mittags essen?”
Der Leib des Dämons schiebt sich dicht an sie heran. Seine riesigen Hände holen ein Glas aus dem Hängeschrank. Dann greifen sie in den Kühlschrank und holen Limonade aus dem Licht. Der massige Körper, der in ein T-Shirt und in enge Jeanshosen gezwängt ist, stinkt nach einer Mischung aus gestickten Decken, abgestandener Luft und Schweiß.
”Ich hatte keinen Hunger”, sagt Jana.
Der Dämon sieht sie kurz an, mit einem genervten Blick.
”Du hattest also keinen Hunger”, brummt er.
Die Küchentür schließt sich hinter ihm. Der Lärm ist nur noch gedämpft zu hören. Jana würgt die letzten Bissen hinunter. Hastig. Obwohl der Dämon nur noch in Form seines schlechten Geruchs anwesend ist. Sie wischt den Tisch ab, bis nichts mehr von ihrem Abendessen zu sehen ist. Die Brotkrumen wirft sie in den Mülleimer.
Leise tritt Jana wieder in den Flur hinaus. Rex erhebt sich und wedelt mit dem Schwanz, als sie ihm die Leine anlegt. Er schmiegt sich zutraulich an ihre Beine.
”Ich gehe mit Rex nach draußen”, sagt Jana. Ihre Stimme ist es nicht gewohnt, laut zu sprechen. Ihre Worte bleiben deshalb verhalten in der Garderobe hängen. Bilden einen Nebel, der den Dämon anlockt wie unsichtbare Nahrung. Er erscheint in der Wohnzimmertür.
”Bleib nicht zu lange.”
Der Dämon sieht sie misstrauisch an. Alles an ihr scheint ihm verdächtig zu sein. Ihre Absicht mit dem Hund spazieren zu gehen. Ihre Hand, die wie Zufällig über den Rücken des Tiers streicht. Die Brotkrumen auf ihrem Lippen. Sie zieht Rex hinter sich her in den Hausflur und drückt die Wohnungstür ins Schloss. Jana wartet. Die Blicke des Dämons brechen an der Tür. Sie hört das Zischen der Schlangen-Wächter.
Oder ist es der Lärm des Fernsehers?
Im Flur herrscht die Stille von frischer Farbe und Putzmittel. Eine Weile steht Jana zwischen den kahlen Wänden. Manchmal glaubt sie, dass es außerhalb der Höhle des Dämons keine Welt gibt. Nur einen dunklen Abgrund, den kein Sterblicher überwinden kann. Doch das ist nicht der Fall. Die Welt dort draußen ist bunt. Jana hat Angst, dass auch dort Dämonen entstehen könnten. Ein Heer von Dämonen, die die Erde und ihre Bewohner in Besitz nehmen.
Ein Dämon lockt tausende weiterer Dämonen an.
Sie rechnet damit, dass die Haustür sich noch einmal öffnet und der Dämon ihr nachsieht, bis sie im Aufzug verschwindet.
Doch nichts geschieht
Die herbstliche Luft draußen vor dem Wohnblock lässt etwas in Jana aufblühen. Langsam öffnet sich dieses Etwas, das seinen Sitz in ihrer Seele zu haben scheint, und nimmt den lebendigen Duft der Stadt in sich auf. Jana geht durch den Park. Die Bäume und Büsche, die zwischen den verstreuten Hochhäusern leben, sind fast eins geworden mit der Dunkelheit. Rex' Nase wühlt in den rötlichen Blättern, die den Rasen bedecken. Jana lässt ihm die Freiheit, nach Lust und Laune herumzustöbern. Sie will von den kostbaren Freiheitsminuten, die vor ihr liegen, etwas an den Hund abgeben. Während Rex aufgeregt herumsucht, bückt sich Jana und hebt eine handvoll Blätter auf, die sie in ihre Manteltasche steckt. Dabei spürt sie das Moos in ihrer Tasche, das sie letzte Woche aufgesammelt hat. Es ist trocken und zerbröselt zwischen ihren Fingern. Sie hat vergessen, es in die Kiste zu legen, zu dem Fliegenpilz und dem verwelkten Löwenzahn. Schließlich lässt Jana Rex von der Leine und freut sich über seine Ausgelassenheit und Ungeduld angesichts der vielen Möglichkeiten, die ihm die plötzliche Freiheit bietet. Sie pfeift ihn erst zurück, als er zwischen dem dunklen Geäst der Büsche zu verschwinden droht.
Es sind etwa zehn Minuten bis zu der Kneipe, die im Licht der Straßenlaternen auf sie wartet. Der Bierdunst und der muffige Geruch abgestandener Luft empfangen sie bereits an der Tür. Jana bestellt ein Bier. Wortlos sitzt sie an ihrem Tisch und trinkt. Rex liegt neben ihr, die Schnauze auf den verschränkten Pfoten. Der Hund scheint mit aufmerksamen Augen der Musik zu lauschen. Eine Country-Lied mit deutschem Text. Der Wirt lächelt kumpelhaft zu ihr herüber, so als wüsste er Bescheid, obwohl Jana ihm nie etwas über den Dämon erzählt hat. Die anderen Stammgäste starren sie wie immer nur an, herausfordernd, oder gleichgültig, oder unsicher. Den Unsicheren sieht sie jedes Mal die Angst an, eine Chance auf schnellen Sex zu verpassen.
”Hat dein Alter wieder keine Lust?” fragt ein rothaariger Mann um die fünfzig, mit struppigem Schnauzbart. Seine runden Wangen zittern. Jana nimmt es ihm nicht übel. Sie kennt das Gesicht. Sie kennt die runden Wangen. Sie kennt seine Bemerkungen. Sie weiß aber nicht, wie er heißt. Der Mann meint, immer eine Bemerkung machen zu müssen, wenn er sie sieht, so, als wäre es seine Pflicht, so als würde sie erwarten, etwas von ihm zu hören. Er benimmt sich jedes Mal wie ein Schuljunge, der seinen gelernten Text aufsagt. Ein ahnungsloser, großer Junge, der nie die Höhle eines Dämons betreten hat. Der Mann weiß vermutlich nicht einmal, dass es Dämonen gab.
Jana trinkt ihr Bier. Rex scheint zu schlafen, aber er ist Wachsam. Der Rothaarige unterhält sich wieder mit seinen Freunden und der Wirt spült Gläser. Der Schaum tropft von seinen Händen. Nach dem ersten Country-Lied kommt ein Zweites. Dann ein Drittes. Alle von der Gruppe Truck Stop.
Jana denkt an die Hundemaske aus Pappmaché, die weiß in ihrem Kleiderschrank liegt. Halbfertig. So geht es ihr oft: Sie bringt viele Dinge nicht zu Ende. Der Hund hat eine Kraft in sich, die ihn vor Angriffen des Dämons schützt. Am liebsten hätte Jana sich im Fell des Tieres verkrochen, wenn darin noch Platz gewesen wäre. Aufschneiden und hineinkriechen. Daran denkt sie oft. Das wäre besser als eine Hundemaske aus Pappmaché, die nie fertig wird. Es gibt Dinge, die der Verstand nicht beweisen kann, die aber trotzdem ein Teil der Welt sind. Zu diesen Dingen gehört die Tatsache, dass Hunde sich vor Dämonen schützen können.
Rex streckt sich und gähnt. Jana leert ihr Glas. Sie sieht auf die Uhr und spürt, dass der Dämon ebenfalls auf die Uhr sieht. Bezahlt hatte sie schon. In der Regel bezahlt sie sofort, um jederzeit gehen zu können. Sie nickt dem Wirt zu, mit einem schmalen Lächeln, und geht nach draußen.
Kurz darauf steht Jana wieder vor dem Wohnturm in dem sie lebt und in dem der Dämon vor Monaten in die Welt gekommen war. Langsam. Wie ein Kind, das mühsam aus der Öffnung eines Leibes herauskriecht. Jana vermutet die Brutstätte in dem dunklen Winkel zwischen dem Schrank und dem Sofa. Dort stand die alte Lampe ihrer Großmutter, gekrönt von einem zu großen Stoffschirm. Diese Ecke des Wohnzimmers war schon immer düster gewesen. Konrad hatte nur schwache Birnen in die Stehlampe eingesetzt. Der Dämon hatte diese Angewohnheit übernommen. Vielleicht um die Brutstätte weiterhin zu verbergen.
Jana schiebt sich ein Stück Pfefferminz in den Mund und kaut darauf herum. Eine Weile geht sie auf und ab. Rex folgt ihr müde, ohne sich noch für die tausend Gerüche im Gras, unter den Büschen oder auf dem Pflaster zu interessieren. Sie sieht nach oben, zu den erleuchteten Fenstern. Es bleibt ihr nichts anderes übrig, als hinauf zugehen.
Als Jana die Tür öffnet, steht er vor ihr. Sie ist so überrascht, dass die wuchtige Gestalt wie ein Meteorit auf sie herabfällt. Sie hat den Dämon in seinem Sessel vermutet, eingehüllt in die lauten Schreie, die bis in den Flur schwappen.
”Hat der Hund gekackt?”
Rex schnuppert an den kräftigen Beinen des Dämons, dann legt er sich auf seinen Platz. Jana beneidet ihn. Sie müsste jetzt in ihm sein. Mit ihm zusammen in seinem Fell.
”Hast du dir heute die Zeitungen durchgesehen?”
”Es war nichts dabei.”
”Für dich ist nie was dabei.”
Der Dämon geht in die Küche. Sie folgt ihm wie eine Marionette, ohne eigenen Willen. Er öffnet den Kühlschrank und sucht im Licht der Kälte nach etwas zu essen.
”Schämst du dich nicht? Ist dir wirklich alles so scheißegal?” Das Dämonengesicht sieht sie an. ”Was würdest du machen, wenn ich nicht arbeiten würde? Auch wenn es nur drei Tage die Woche sind. Was würdest du machen? Sag schon.”
”Ich bin froh, dass du arbeiten gehst.”
Der Dämon knallt den Kühlschrank zu und macht Licht. Sofort wird die Küche unerträglich eng.
”Du bist also froh, dass ich arbeiten gehe.”
Der Dämon setzt sich an den Tisch. Dabei stöhnt er, als hätte ihm jemand einen Stein auf die Brust gewälzt. Jana bleibt in der Küchentür stehen, unentschlossen. Sie hat eine Hand in der Manteltasche und zerdrückt die Blätter und das trockene Moos. Der Dämon schreit. Er schreit so laut, dass die Küche sich für Sekunden verdunkelt.
”Dich kümmert es einen Scheißdreck, ob du mir auf der Tasche liegst.“
Dann lacht er. Er löffelt einen Joghurt und lacht.
”Ich bin müde”, sagt Jana leise.
Der Dämon kratzt mit dem Löffel den Plastikbecher aus.
”Dann geh ins Bett.”
An seinen Lippen hängt roter Erdbeerjoghurt.
Jana zieht sich die Schuhe aus, hängt den Mantel an die Garderobe und geht ins Schlafzimmer. Sie weiß, dass der Dämon die nächsten Stunden vor dem Fernseher sitzen würde. In den Abendstunden bis tief hinein in die Nacht gehört das Schlafzimmer Jana. Ihr ganz alleine. Sie konnte lesen oder einfach nur in die Stille hinein starren, auf die gleichmäßig verteilten gelben und roten Karos der Vorhänge. Niemand würde fragen, weshalb sie kein Wort sprach, nicht aß, nicht trank, oder warum sie die Blumen nicht gegossen habe.