Das Böse  Herz - Walter Brunhuber - E-Book

Das Böse Herz E-Book

Walter Brunhuber

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Beschreibung

Jana hat einen schrecklichen Verdacht. Ist der Dämon ihrer Kindheit zurückgekehrt? Hat er Konrads  Gestalt angenommen?   Janas neuer Liebhaber Siegfried glaubt nicht an Dämonen. Er ist schließlich Bankkaufmann und kein Drachentöter. Also muss Jana den Kampf mit dem Dämon alleine aufnehmen. Nur unterstützt durch den treuen Schäferhund Rex. Ihre Gedankensplitter und Wahnideen hält sie dabei mit einer Kamera fest. Ein Psychothriller, der bis an die Grenzen geht. Nur für starke Nerven.

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Seitenzahl: 131

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Walter Brunhuber

Das Böse Herz

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Vorwort

 

Da fuhren die Dämonen und Teufel hinein und wohnten darin; sobald der Wind darin sang, sangen die Dämonen heraus und gaben eine gewaltige Stimme von sich.

 

Apokryphen (Die Schatzhöhle, Kapitel 21, 11 )

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Schweigen

 

Die Finger sind schmal und zierlich. Sie blättern die Seiten des zerlesenen Buches um, bis sie plötzlich innehalten. Eine Fingerkuppe mit kurzen, brüchigen Fingernägeln fährt vorsichtig über die Zeilen eines Absatzes. Niemand darf sie hören. Deshalb spricht sie so leise, dass ihre Stimme vom Plätschern des Flusses übertönt wird, der nicht weit entfernt an einem abgebrochenen Ast zerrt. Ihre nackten Füße sind nass, feine Wassertropfen glitzern wie Glassplitter auf ihrer Haut.

 

'Heute Nacht kommen zwölf schwarze Männer, die mit Ketten behangen sind. Sie werden dich fragen, was du hier machst. Schweig und gib ihnen keine Antwort. Lass sie mit dir machen, was sie wollen: Sie werden dich quälen, schlagen und stechen, lass alles geschehen. Nur rede nicht.'

 

Der schmale Finger, der nicht mehr ist, als Haut und Knochen, hält inne. Er unterstreicht den letzten Satz immer und immer wieder.

 

Die Wächter

 

Jana steht in der Tür zum Wohnzimmer. Sie spürt die Blicke der Schlangen-Wächter. Die Schlangen beobachten sie ohne Unterlass. Deshalb muss Jana lügen. Immer wieder lügen. Lügen um zu überleben. Das hat sie schon als Kind gelernt.

Der Dämon gibt ein Geräusch von sich, das nach Ärger klingt. Nach Unzufriedenheit. Er schiebt das Kinn nach vorne und verschlingt eine handvoll Kartoffelchips, wie eine mechanische Puppe. Dabei starrt er in den Fernseher. Sein Kiefer bewegt sich, als wären seine Zähne Mühlsteine. Die Lichter aus dem Fernseher tanzen um den Dämon herum. Der Lärm hüllt den kräftigen Leib ein wie eine unsichtbare Blase aus Musik und Geschrei. Der Dämon war unauffällig in die Welt ge­kro­chen. Seine Ge­burt hatte Jahre in An­spruch ge­nommen, Jahre, in denen Janas Mann sich langsam auflöste. Konrad wurde von dieser finsteren Macht verzehrt, bis er endgültig verschwunden war. Nun sitzt der Dämon in Konrads Ohrensessel. Mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre diese Wohnung sein Zuhause,

Der Tag, an dem der Dämon sich vollendet hatte, ist Jana noch in guter Erinnerung. Eines Nachmittags wurde die Wohnungstür barsch geöffnet. Es war ein regnerischer Nachmittag. Das Tattoo auf dem linken Oberarm war nass und glänzte: Es zeigt zwei Schlangen mit gespaltenen Zungen. Sie winden sich aus den Augen eines Drachen und reißen ihre Mäuler auf. Die Schlangen-Wächter ließen Jana von Anfang an nicht aus den Augen. Sie hatte sofort das Böse gespürt, das von den Schlangen und dem Drachenkopf ausging. Konrad hätte nie zugelassen, dass das Zeichen des Bösen in seine Haut gestochen wurde.

„Was ist? Gefällt dir das Tattoo nicht? Ich finds geil.“ Der Dämon hatte sie damals kaum eines Blickes gewürdigt, während er sprach. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dich um Erlaubnis frage, ob ich ein Tattoo haben darf. Soweit kommts noch.“

Der Dämon beherrscht die Kunst der Maskerade bis zur Vollendung, doch Jana durchschaut ihn. Sie hatte damals sofort erkannt, dass Konrad endgültig von einem Dämonen absorbiert worden war. Als er nass vom Regen vor ihr stand, das Tattoo auf der Haut.

Die Schlangen-Wächter hatten es ihr verraten.

Jana wendet sich von der Tür zum Wohnzimmer ab. Die Schlangenaugen lecken über ihren Rücken, sie spürt das Brennen auf ihrer Haut. Jana wäre am liebsten den ganzen Abend im Schlafzimmer geblieben, doch der Hunger, der sich in ihrem Magen regte, war nicht mehr zu verscheuchen. Mit­tags hatte sie nichts ge­gessen. Tags­über hat sie keinen Hunger. Sie braucht die Dunkel­heit um zu essen. Essen ist gleichbedeutend mit Leben, doch in der Nähe des Dämons kann Leben nur im Verborgenen existieren. Janas Arm streift eine Jacke, die an der Garde­robe hängt. Sie flucht leise. Der Flur ist so eng, dass kaum zwei Menschen nebeneinander stehen können.

Rex hebt den Kopf. In der Dunkel­heit sind nur die Um­risse des Schä­fer­hundes zu er­kennen. Die Kleiderbügel klappern wie Knochen im Wind. Der Dämon dreht den Kopf. Die Jacke schaukelt. Einer der Bügel kratzt am Holz der Garderobe. Die ganze Auf­merk­sam­keit des Dämons gilt nun ihr.

Rex gähnt.

”Du hast den Hund wach gemacht. Jetzt hab ich ihn wieder am Hals.”

Nach diesem Vorwurf starrt der Dämon wieder regungslos auf die bunte Scheibe. Er ver­bringt viel Zeit vor dem Fernseher. Ausschließlich in dem alten Ohren­sessel. Diese Angewohnheit hat er von Konrad übernommen. Wie vieles andere auch. Charakterzüge, Worte, Ansichten, die er wie Raubgut in seinen Besitz gebracht hat. Genauso wie er sich Konrads Kleidung angeeignet hat, seine Wohnung, seinen Arbeitsplatz. Der Dämon verbirgt sich geschickt hinter seinen Raubgütern, um die Welt über sein wahres Wesen zu täuschen. Doch Jana kann er nicht täuschen. Das Wohn­zimmer mit den dunklen Möbeln und dem dicken Tep­pich ist zu seiner Höhle geworden. Sti­ckig. Düster. Über­all loder­n Flammen. Das Feuer ist nicht zu sehen, aber Jana spürt, dass es da ist. Ein dumpfer Furz ist zu hören. Der Dämon räuspert sich, doch er sagt nichts.

Er hat seine Wächter.

Jana krault den Hund am Hals und Rex sieht sie mit seinen braunen Augen an. Schließlich ver­schwindet sie beinahe geräuschlos in der Küche und zieht die Tür hinter sich ins Schloss. Eine Weile lauscht Jana auf die Geräusche aus dem Wohnzimmer. Sie holt Wurst aus dem Kühl­schrank und schneidet ein Stück davon ab. Als sie am Tisch sitzt beobachtet sie ihre Hände dabei, wie sie das Stück Wurst auf das Brot legen. Das Licht über dem Küchentisch verbreitet eine sanfte Wärme. Die Schlangenaugen verursachen ein leises Kratzen an der Tür. Jana spürt wie immer den Drang die Tür abzuschließen. Die Augen der Schlangen-Wächter versuchen durch das lackierte Holz zu dringen. Der Kaktus neben ihr ist ein ver­trau­tes Wesen. Kahl und wütend steht er auf der Fensterbank.

Manchmal sieht Jana sich selbst darin.

Sie beißt in das Brot und kaut vorsichtig. Im nächsten Augenblick füllt der Dämon den Tür­rahmen. Er ist so plötzlich aufgetaucht, dass ein elektrischer Schlag durch Janas Körper fährt. Das Doppel­kinn scheint aus Stein ge­mei­ßelt zu sein. Auch seine Brust ist ein Felsbrocken. Der Dämon ist deutlich kräftiger als Konrad es je gewesen war. Ge­schrei und Kano­nen­donner aus dem Wohnzimmer hängen an ihm wie eine kriege­rische Ge­folg­schaft. Jana isst nun hastig. Sie zerkaut die Bissen in ihrem Mund, wie ein Tier, das Angst hat, ent­deckt zu werden.

”Kannst du nicht mit­tags essen?”

Der Leib des Dämons schiebt sich dicht an sie heran. Seine riesigen Hände holen ein Glas aus dem Hängeschrank. Dann greifen sie in den Kühlschrank und holen Limonade aus dem Licht. Der massige Körper, der in ein T-Shirt und in enge Jeans­hosen ge­zwäng­t ist, stinkt nach einer Mi­schung aus gestickten Decken, ab­ge­stan­dener Luft und Schweiß.

”Ich hatte keinen Hunger”, sagt Jana.

Der Dämon sieht sie kurz an, mit einem ge­nerv­ten Blick.

”Du hat­test also keinen Hunger”, brumm­t er.

Die Küchen­tür schließt sich hinter ihm. Der Lärm ist nur noch ge­dämpft zu hören. Jana würgt die letz­ten Bissen hinunter. Hastig. Obwohl der Dämon nur noch in Form seines schlechten Geruchs anwesend ist. Sie wisch­t den Tisch ab, bis nichts mehr von ihrem Abend­essen zu sehen ist. Die Brot­krumen wirft sie in den Müll­eimer.

Leise tritt Jana wieder in den Flur hinaus. Rex er­hebt sich und we­delt mit dem Schwanz, als sie ihm die Leine an­legt. Er schmieg­t sich zu­trau­lich an ihre Beine.

”Ich gehe mit Rex nach drau­ßen”, sagt Jana. Ihre Stimme ist es nicht ge­wohnt, laut zu spre­chen. Ihre Worte bleiben des­halb ver­halten in der Garde­robe hängen. Bilden einen Nebel, der den Dämon anlockt wie unsichtbare Nahrung. Er er­scheint in der Wohn­zimmer­tür.

”Bleib nicht zu lange.”

Der Dämon sieht sie misstrauisch an. Alles an ihr scheint ihm verdächtig zu sein. Ihre Absicht mit dem Hund spa­zieren zu gehen. Ihre Hand, die wie Zufällig über den Rücken des Tiers streicht. Die Brotkrumen auf ihrem Lippen. Sie zieht Rex hinter sich her in den Haus­flur und drück­t die Woh­nungs­tür ins Schloss. Jana wartet. Die Blicke des Dämons brechen an der Tür. Sie hört das Zischen der Schlangen-Wächter.

Oder ist es der Lärm des Fernsehers?

Im Flur herrsch­t die Stille von frischer Farbe und Putz­mittel. Eine Weile steht Jana zwi­schen den kahlen Wänden. Manchmal glaubt sie, dass es außerhalb der Höhle des Dämons keine Welt gibt. Nur einen dunklen Abgrund, den kein Sterblicher überwinden kann. Doch das ist nicht der Fall. Die Welt dort draußen ist bunt. Jana hat Angst, dass auch dort Dämonen entstehen könnten. Ein Heer von Dämonen, die die Erde und ihre Bewohner in Besitz nehmen.

Ein Dämon lockt tausende weiterer Dämonen an.

Sie rechnet damit, dass die Haustür sich noch einmal öffnet und der Dämon ihr nachsieht, bis sie im Aufzug verschwindet.

Doch nichts geschieht

Die herbst­liche Luft draußen vor dem Wohnblock lässt etwas in Jana auf­blühen. Lang­sam öff­net sich dieses Etwas, das seinen Sitz in ihrer Seele zu haben scheint, und nimmt den leben­digen Duft der Stadt in sich auf. Jana geht durch den Park. Die Bäume und Büsche, die zwi­schen den verstreuten Hochhäusern leben, sind fast eins geworden mit der Dunkelheit. Rex' Nase wühlt in den röt­lichen Blät­tern, die den Rasen be­decken. Jana lässt ihm die Frei­heit, nach Lust und Laune herumzustöbern. Sie will von den kost­baren Freiheitsminu­ten, die vor ihr liegen, etwas an den Hund ab­geben. Während Rex aufgeregt herumsucht, bückt sich Jana und hebt eine handvoll Blätter auf, die sie in ihre Manteltasche steckt. Dabei spürt sie das Moos in ihrer Tasche, das sie letzte Woche aufgesammelt hat. Es ist trocken und zerbröselt zwischen ihren Fingern. Sie hat vergessen, es in die Kiste zu legen, zu dem Fliegenpilz und dem verwelkten Löwenzahn. Schließlich lässt Jana Rex von der Leine und freut sich über seine Ausgelassenheit und Ungeduld angesichts der vielen Möglichkeiten, die ihm die plötzliche Freiheit bietet. Sie pfeift ihn erst zu­rück, als er zwi­schen dem dunk­len Ge­äst der Büsche zu ver­schwin­den droht.

Es sind etwa zehn Minu­ten bis zu der Kneipe, die im Licht der Stra­ßen­later­nen auf sie war­tet. Der Bierdunst und der muffige Geruch abgestandener Luft empfangen sie bereits an der Tür. Jana be­stell­t ein Bier. Wort­los sitzt sie an ihrem Tisch und trinkt. Rex liegt neben ihr, die Schnau­ze auf den ver­schränk­ten Pfoten. Der Hund scheint mit auf­merk­samen Augen der Musik zu lau­schen. Eine Country-Lied mit deutschem Text. Der Wirt lächel­t kumpel­haft zu ihr he­rüber, so als wüsste er Be­scheid, ob­wohl Jana ihm nie etwas über den Dämon er­zählt hat. Die ande­ren Stamm­gäste starr­en sie wie immer nur an, herausfordernd, oder gleichgültig, oder unsicher. Den Unsicheren sieht sie jedes Mal die Angst an, eine Chance auf schnellen Sex zu verpassen.

”Hat dein Alter wieder keine Lust?” fragt ein rothaariger Mann um die fünfzig, mit strup­pigem Schnauz­bart. Seine runden Wangen zit­tern. Jana nimmt es ihm nicht übel. Sie kennt das Gesicht. Sie kennt die runden Wangen. Sie kennt seine Bemerkungen. Sie weiß aber nicht, wie er heißt. Der Mann meint, immer eine Bemerkung machen zu müssen, wenn er sie sieht, so, als wäre es seine Pflicht, so als würde sie erwarten, etwas von ihm zu hören. Er benimmt sich jedes Mal wie ein Schuljunge, der seinen gelernten Text aufsagt. Ein ahnungsloser, großer Junge, der nie die Höhle eines Dämons be­treten hat. Der Mann weiß vermutlich nicht ein­mal, dass es Dämo­nen gab.

Jana trinkt ihr Bier. Rex scheint zu schlafen, aber er ist Wachsam. Der Rothaarige unterhält sich wieder mit seinen Freunden und der Wirt spült Gläser. Der Schaum tropft von seinen Händen. Nach dem ersten Country-Lied kommt ein Zweites. Dann ein Drittes. Alle von der Gruppe Truck Stop.

Jana denkt an die Hundemaske aus Pappmaché, die weiß in ihrem Kleiderschrank liegt. Halbfertig. So geht es ihr oft: Sie bringt viele Dinge nicht zu Ende. Der Hund hat eine Kraft in sich, die ihn vor Angriffen des Dämons schütz­t. Am liebs­ten hätte Jana sich im Fell des Tieres ver­kro­chen, wenn darin noch Platz ge­wesen wäre. Auf­­schnei­den und hinein­krie­chen. Daran denkt sie oft. Das wäre besser als eine Hundemaske aus Pappmaché, die nie fertig wird. Es gibt Dinge, die der Ver­stand nicht beweisen kann, die aber trotzdem ein Teil der Welt sind. Zu diesen Dingen gehört die Tatsache, dass Hunde sich vor Dämonen schützen können.

Rex streck­t sich und gähnt. Jana leert ihr Glas. Sie sieht auf die Uhr und spürt, dass der Dämon ebenfalls auf die Uhr sieht. Be­zahlt hatte sie schon. In der Regel be­zahlt sie sofort, um jeder­zeit gehen zu können. Sie nickt dem Wirt zu, mit einem schma­len Lä­cheln, und geht nach drau­ßen.

Kurz darauf steht Jana wieder vor dem Wohn­turm in dem sie lebt und in dem der Dämon vor Monaten in die Welt ge­kommen war. Langsam. Wie ein Kind, das mühsam aus der Öffnung eines Leibes herauskriecht. Jana vermutet die Brutstätte in dem dunklen Winkel zwischen dem Schrank und dem Sofa. Dort stand die alte Lampe ihrer Großmutter, gekrönt von einem zu großen Stoffschirm. Diese Ecke des Wohnzimmers war schon immer düster gewesen. Konrad hatte nur schwache Birnen in die Stehlampe eingesetzt. Der Dämon hatte diese Angewohnheit übernommen. Vielleicht um die Brutstätte weiterhin zu verbergen.

Jana schiebt sich ein Stück Pfefferminz in den Mund und kaut darauf herum. Eine Weile geht sie auf und ab. Rex folgt ihr müde, ohne sich noch für die tausend Gerüche im Gras, unter den Büschen oder auf dem Pflaster zu interessieren. Sie sieht nach oben, zu den erleuchteten Fenstern. Es bleibt ihr nichts ande­res übrig, als hinauf­ zu­gehen.

Als Jana die Tür öff­net, steht er vor ihr. Sie ist so über­rascht, dass die wuch­tige Ge­stalt wie ein Meteorit auf sie herabfällt. Sie hat den Dämon in seinem Sessel ver­mutet, eingehüllt in die lauten Schreie, die bis in den Flur schwappen.

”Hat der Hund ge­kackt?”

Rex schnup­pert an den kräf­tigen Beinen des Dämons, dann legt er sich auf seinen Platz. Jana beneidet ihn. Sie müsste jetzt in ihm sein. Mit ihm zusammen in seinem Fell.

”Hast du dir heute die Zei­tungen durch­gese­hen?”

”Es war nichts dabei.”

”Für dich ist nie was dabei.”

Der Dämon geht in die Küche. Sie folgt ihm wie eine Marionette, ohne eigenen Willen. Er öff­net den Kühl­schrank und sucht im Licht der Kälte nach etwas zu essen.

”Schämst du dich nicht? Ist dir wirklich alles so scheißegal?” Das Dämonenge­sicht sieht sie an. ”Was wür­dest du machen, wenn ich nicht arbei­ten würde? Auch wenn es nur drei Tage die Woche sind. Was würdest du machen? Sag schon.”

”Ich bin froh, dass du arbei­ten gehst.”

Der Dämon knall­t den Kühl­schrank zu und macht Licht. Sofort wird die Küche unerträglich eng.

”Du bist also froh, dass ich arbei­ten gehe.”

Der Dämon setzt sich an den Tisch. Dabei stöhn­t er, als hätte ihm jemand einen Stein auf die Brust ge­wälzt. Jana bleibt in der Küchentür stehen, unentschlossen. Sie hat eine Hand in der Manteltasche und zerdrückt die Blätter und das trockene Moos. Der Dämon schreit. Er schreit so laut, dass die Küche sich für Sekun­den ver­dun­kelt.

”Dich küm­mert es einen Scheiß­dreck, ob du mir auf der Tasche liegst.“

Dann lacht er. Er löf­felt einen Jo­ghurt und lacht.

”Ich bin müde”, sagt Jana leise.

Der Dämon kratz­t mit dem Löffel den Plas­tik­becher aus.

”Dann geh ins Bett.”

An seinen Lippen hängt roter Erdbeerjoghurt.

Jana zieht sich die Schuhe aus, hängt den Mantel an die Garderobe und geht ins Schlaf­zimmer. Sie weiß, dass der Dämon die nächs­ten Stun­den vor dem Fern­seher sitzen würde. In den Abend­stun­den bis tief hinein in die Nacht gehört das Schlaf­zimmer Jan­a. Ihr ganz alleine. Sie konnte lesen oder ein­fach nur in die Stille hinein star­ren, auf die gleichmäßig verteilten gelben und roten Karos der Vorhänge. Niemand würde fragen, weshalb sie kein Wort sprach, nicht aß, nicht trank, oder warum sie die Blumen nicht gegossen habe.