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Das "Buch der Bilder", eine der berühmtesten Gedichtsammlungen Rilkes, erfuhr zwei Auflagen: Die erste erschien 1902 und umfasst 45 Gedichte – »nichts Unwichtiges, nichts Unfestliches« finde sich in ihr, so Rilke. Die Neuausgabe von 1906 wurde von ihm um 37 Gedichte ergänzt und in dieser Form immer wieder nachgedruckt – »ein wirklich neues Buch«, wie der Autor befand. Die vorliegende Ausgabe zeichnet die Entstehung der Gedichte und der Buchausgaben minutiös nach, schlüsselt die Texte in einem Kommentar auf und beachtet dabei u. a. die Bildquellen, die Rilke zu seinen Gedichten inspirierten. Ein präziser Blick in die Werkstatt für philologisch Interessierte und ein Fest für alle Rilke-Fans, die sich genauer mit seinem Werk beschäftigen wollen. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.
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Seitenzahl: 267
Rainer Maria Rilke
Studienausgabe
Reclam
2022 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Covergestaltung: Cornelia Feyll, Friedrich Forssman
Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Made in Germany 2022
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN978-3-15-962015-2
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-014244-8
www.reclam.de
Erstausgabe (1902)
Inhaltsverzeichnis
Zweite sehr vermehrte Ausgabe (1906) [mit den Varianten der sechsten Auflage (1917)]
1. Buch / 1. Teil
1. Buch / 2. Teil
2. Buch / 1. Teil
2. Buch / 2. Teil
Gedicht »Sturmnacht« (Erstdruck 1920)
Anhang
Zu dieser Ausgabe
Anmerkungen
Literaturhinweise
Nachwort
[7][1]
DAS BUCH DER BILDER
[3]
RAINER MARIA RILKE
DAS BUCH DER BILDER
VERLAG VON AXEL JUNCKER IN BERLIN [1902]
[5]
DIESES BUCH IST GERHART HAUPTMANN
IN LIEBE UND AUS DANKBARKEIT
FÜR »MICHAEL KRAMER« ZUGEEIGNET.
[8][7]
WER DU AUCH SEIST: AM ABEND TRITT HINAUS
AUS DEINER STUBE, DRIN DU ALLES WEISST;
ALS LETZTES VOR DER FERNE LIEGT DEIN HAUS:
WER DU AUCH SEIST.
MIT DEINEN AUGEN, WELCHE MÜDE KAUM
VON DER VERBRAUCHTEN SCHWELLE SICH BEFREIN,
HEBST DU GANZ LANGSAM EINEN SCHWARZEN BAUM
UND STELLST IHN VOR DEN HIMMEL: SCHLANK, ALLEIN.
UND HAST DIE WELT GEMACHT. UND SIE IST GROSS
UND WIE EIN WORT, DAS NOCH IM SCHWEIGEN REIFT.
UND WIE DEIN WILLE IHREN SINN BEGREIFT,
LASSEN SIE DEINE AUGEN ZÄRTLICH LOS …
[8]
WIEDER DUFTET DER WALD.
ES HEBEN DIE SCHWEBENDEN LERCHEN
MIT SICH DEN HIMMEL EMPOR, DER UNSEREN SCHULTERN SCHWER WAR;
ZWAR SAH MAN NOCH DURCH DIE ÄSTE DEN TAG, wIE ER LEER WAR,
ABER NACH LANGEN REGNENDEN NACHMITTAGEN
KOMMEN DIE GOLDÜBERSONNTEN
NEUEREN STUNDEN,
VOR DENEN FLÜCHTEND, AN FERNEN HÄUSERFRONTEN
ALLE DIE WUNDEN
FENSTER FURCHTSAM MIT FLÜGELN SCHLAGEN.
[9]DANN WIRD ES STILL. SOGAR DER REGEN GEHT LEISER
ÜBER DER STEINE RUHIG DUNKELNDEN GLANZ.
ALLE GERÄUSCHE DUCKEN SICH GANZ
IN DIE GLÄNZENDEN KNOSPEN DER REISER.
[9]
SÜDDEUTSCHE NACHT, GANZ BREIT IM REIFEN MONDE,
UND MILD WIE ALLER MÄRCHEN WIEDERKEHR.
VOM THURME FALLEN VIELE STUNDEN SCHWER
IN IHRE TIEFEN NIEDER WIE INS MEER, –
UND DANN EIN RAUSCHEN UND EIN RUF DER RONDE,
UND EINE WEILE BLEIBT DAS SCHWEIGEN LEER;
UND EINE GEIGE DANN (GOTT WEISS WOHER)
ERWACHT UND SAGT GANZ LANGSAM:
EINE BLONDE …
[10]
REITET DER RITTER IM SCHWARZEN STAHL
HINAUS IN DIE RAUSCHENDE WELT.
UND DRAUSSEN IST ALLES: DER TAG UND DAS THAL,
UND DER FREUND UND DER FEIND UND DAS MAHL IM SAAL
UND DER MAI UND DIE MAID UND DER WALD UND dER GRAL,
[10]UND GOTT IST SELBER VIELTAUSENDMAL
AN ALLE STRASSEN GESTELLT.
DOCH IN DEM PANZER DES RITTERS DRINNEN,
HINTER DEN FINSTERSTEN RINGEN,
HOCKT DER TOD UND MUSS SINNEN UND SINNEN:
WANN WIRD DIE KLINGE SPRINGEN
ÜBER DIE EISENHECKE,
DIE FREMDE BEFREIENDE KLINGE,
DIE MICH AUS MEINEM VERSTECKE
HOLT, DRIN ICH SO VIELE
GEBÜCKTE TAGE VERBRINGE, –
DASS ICH MICH ENDLICH STRECKE
UND SPIELE
UND SINGE.
[11]
MIR FÄLLT EIN JUNGER RITTER EIN
FAST WIE EIN ALTER SPRUCH.
DER KAM. SO KOMMT MANCHMAL IM HAIN
DER GROSSE STURM UND HÜLLT DICH EIN.
DER GING. SO LÄSST DAS BENEDEIN
DER GROSSEN GLOCKEN DICH ALLEIN
OFT MITTEN IM GEBET …
DANN WILLST DU IN DIE STILLE SCHREIN,
UND WEINST DOCH NUR GANZ LEIS HINEIN
TIEF IN DEIN KÜHLES TUCH.
[11]MIR FÄLLT EIN JUNGER RITTER EIN,
DER WEIT IN WAFFEN GEHT.
SEIN LÄCHELN WAR SO WEICH UND FEIN:
WIE GLANZ AUF ALTEM ELFENBEIN,
WIE HEIMWEH, WIE EIN WEIHNACHTSSCHNEIN
IM DUNKELN DORF, WIE TÜRKISSTEIN
UM DEN SICH LAUTER PERLEN REIHN,
WIE MONDENSCHEIN
AUF EINEM LIEBEN BUCH.
[12]
ANDERE MÜSSEN AUF LANGEN WEGEN
ZU DEN DUNKLEN DICHTERN GEHN;
FRAGEN IMMER IRGENDWEN,
OB ER NICHT EINEN HAT SINGEN SEHN
ODER HÄNDE AUF SAITEN LEGEN.
NUR DIE MÄDCHEN FRAGEN NICHT,
WELCHE BRÜCKE ZU BILDERN FÜHRE;
LÄCHELN NUR, LICHTER ALS PERLENSCHNÜRE,
DIE MAN AN SCHALEN VON SILBER HÄLT.
AUS IHREM LEBEN GEHT JEDE THÜRE
IN EINEN DICHTER
UND IN DIE WELT.
[12][13]
MÄDCHEN, DICHTER SIND, DIE VON EUCH LERNEN
DAS ZU SAGEN, WAS IHR EINSAM SEID;
UND SIE LERNEN LEBEN AN EUCH FERNEN,
WIE DIE ABENDE AN GROSSEN STERNEN
SICH GEWÖHNEN AN DIE EWIGKEIT.
KEINE DARF SICH JE DEM DICHTER SCHENKEN,
WENN SEIN AUGE AUCH UM FRAUEN BAT;
DENN ER KANN EUCH NUR ALS MÄDCHEN DENKEN:
DAS GEFÜHL IN EUREN HANDGELENKEN
WÜRDE BRECHEN VONBROKAT.
LASST IHN EINSAM SEIN IN SEINEM GARTEN,
WO ER EUCH WIE EWIGE EMPFING
AUF DEN WEGEN, DIE ER TÄGLICH GING,
BEI DEN BÄNKEN, WELCHE SCHATTIG WARTEN,
UND IM ZIMMER, WO DIE LAUTE HING.
GEHT! … ES DUNKELT. SEINE SINNE SUCHEN
EURE STIMME UND GESTALT NICHT MEHR.
UND DIE WEGE LIEBT ER, LANG UND LEER,
UND KEIN WEISSES UNTER DUNKLEN BUCHEN, –
UND DIE STUMME STUBE LIEBT ER SEHR.
… EURE STIMMEN HÖRT ER FERNE GEHN
(UNTER MENSCHEN, DIE ER MÜDE MEIDET)
UND: SEIN ZÄRTLICHES GEDENKEN LEIDET
IM GEFÜHLE, DASS EUCH VIELE SEHN.
[13][14]
WER IST ES, DER MICH SO LIEBT, DASS ER
SEIN LIEBES LEBEN VERSTÖSST?
WENN EINER FÜR MICH ERTRINKT IM MEER,
SO BIN ICH VOM STEINE ZUR WIEDERKEHR
INS LEBEN, INS LEBEN ERLÖST.
ICH SEHNE MICH SO NACH DEM RAUSCHENDEN BLUT;
DER STEIN IST SO STILL.
ICH TRÄUME VOM LEBEN: DAS LEBEN IST GUT.
HAT KEINER DEN MUTH,
DURCH DEN ICH ERWACHEN WILL?
UND WERD ICH EINMAL IM LEBEN SEIN,
DAS MIR ALLES GOLDENSTE GIBT, –
– – – – – – – –
SO WERD ICH ALLEIN
WEINEN, WEINEN NACH MEINEM STEIN.
WAS HILFT MIR MEIN BLUT, WENN ES REIFT wIE DER WEIN?
ES KANN AUS DEM MEER NICHT DEN EINEN SCHREIN,
DER MICH AM MEISTEN GELIEBT.
[14][15]
RUF MICH, GELIEBTER, RUF MICH LAUT!
LASS DEINE BRAUT NICHT SO LANGE AM FENSTER STEHN.
IN DEN ALTEN PLATANENALLEEN
WACHT DER ABEND NICHT MEHR:
SIE SIND LEER.
UND KOMMST DU MICH NICHT IN DAS NÄCHTLICHE HAUS
MIT DEINER STIMME VERSCHLIESSEN,
SO MUSS ICH MICH AUS MEINEN HÄNDEN HINAUS
IN DIE GÄRTEN DES DUNKELBLAUS
ERGIESSEN …
[16]
HÖRST DU, GELIEBTE, ICH HEBE DIE HÄNDE –
HÖRST DU: ES RAUSCHT …
WELCHE GEBÄRDE DER EINSAMEN FÄNDE
SICH NICHT VON VIELEN DINGEN BELAUSCHT?
HÖRST DU, GELIEBTE, ICH SCHLIESSE DIE LIDER
UND AUCH DAS IST GERÄUSCH BIS ZU DIR,
HÖRST DU, GELIEBTE, ICH HEBE SIE WIEDER …
… ABER WARUM BIST DU NICHT HIER.
DER ABDRUCK MEINER KLEINSTEN BEWEGUNG
BLEIBT IN DER SEIDENEN STILLE SICHTBAR;
UNVERNICHTBAR DRÜCKT DIE GERINGSTE ERREGUNG
IN DEN GESPANNTEN VORHANG DER FERNE SICH EIN.
[15]AUF MEINEN ATHEMZÜGEN HEBEN UND SENKEN
DIE STERNE SICH.
ZU MEINEN LIPPEN KOMMEN DIE DÜFTE ZUR TRÄNKE,
UND ICH ERKENNE DIE HANDGELENKE
ENTFERNTER ENGEL.
NUR DIE ICH DENKE: DICH
SEH ICH NICHT.
[17]
WAS SPIELST DU, KNABE? DURCH DIE GÄRTEN GINGS
WIE VIELE SCHRITTE, FLÜSTERNDE BEFEHLE.
WAS SPIELST DU, KNABE? SIEHE DEINE SEELE
VERFING SICH IN DEN STÄBEN DER SYRINX.
WAS LOCKST DU SIE? DER KLANG IST WIE EIN KERKER,
DARIN SIE SICH VERSÄUMT UND SICH VERSEHNT;
STARK IST DEIN LEBEN, DOCH DEIN LIED IST STÄRKER,
AN DEINE SEHNSUCHT SCHLUCHZEND ANGELEHNT. –
GIEB IHR EIN SCHWEIGEN, DASS DIE SEELE LEISE
HEIMKEHRE IN DAS FLUTHENDE UND VIELE,
DARIN SIE LEBTE, WACHSEND, WEIT UND WEISE,
EH DU SIE ZWANGST IN DEINE ZARTEN SPIELE.
WIE SIE SCHON MATTER MIT DEN FLÜGELN SCHLÄGT:
SO WIRST DU, TRÄUMER, IHREN FLUG VERGEUDEN,
DASS IHRE SCHWINGE, VOM GESANG ZERSÄGT,
SIE NICHT MEHR ÜBER MEINE MAUERN TRÄGT,
WENN ICH SIE RUFEN WERDE ZU DEN FREUDEN.
[16][18]
DU BIST NICHT NÄHER AN GOTT ALS WIR;
WIR SIND IHM ALLE WEIT.
ABER WUNDERBAR SIND DIR
DIE HÄNDEBENEDEIT.
SO REIFEN SIE BEI KEINER FRAU
SO SCHIMMERND AUS DEM SAUM:
ICH BIN DER TAG, ICH BIN DER THAU,
DU ABER BIST DER BAUM.
ICH BIN JETZT MATT, MEIN WEG WAR WEIT,
VERGIEB MIR, ICH VERGASS,
WAS ER, DER GROSS IN GOLDGESCHMEID
WIE IN DER SONNE SASS,
DIR KÜNDEN LIESS, DU SINNENDE,
(VERWIRRT HAT MICH DER RAUM)
SIEH: ICH BIN DAS BEGINNENDE,
DU ABER BIST DER BAUM.
ICH SPANNTE MEINE SCHWINGEN AUS
UND WURDE SELTSAM WEIT;
JETZT ÜBERFLIESST DEIN KLEINES HAUS
VON MEINEM GROSSEN KLEID.
UND DENNOCH BIST DU SO ALLEIN
WIE NIE UND SCHAUST MICH KAUM;
DAS MACHT: ICH BIN EIN HAUCH IM HAIN,
DU ABER BIST DER BAUM.
[17][19]
DIE ENGEL ALLE BANGEN SO,
LASSEN EINANDER LOS:
NOCH NIE WAR DAS VERLANGEN SO,
SO UNGEWISS UND GROSS.
VIELLEICHT, DASS ETWAS BALD GESCHIEHT,
DAS DU IM TRAUM BEGREIFST.
GEGRÜSST SEI, MEINE SEELE SIEHT:
DU BIST BEREIT UND REIFST.
DU BIST EIN GROSSES, HOHES THOR,
UND AUFGEHN WIRST DU BALD.
DU, MEINES LIEDES LIEBSTES OHR,
JETZT FÜHLE ICH: MEIN WORT VERLOR
SICH IN DIR WIE IM WALD.
SO KAM ICH UND VOLLENDETE
DIR TAUSENDEINEN TRAUM.
GOTT SAH MICH AN; ER BLENDETE …
DU ABER BIST DER BAUM.
[20]
EINST ALS AM SAUM DER WÜSTEN SICH
AUFTHAT DIE HAND DES HERRN
WIE EINE FRUCHT, DIE SOMMERLICH
VERKÜNDET IHREN KERN,
[18]DA WAR EIN WUNDER: FERN
ERKANNTEN UND BEGRÜSSTEN SICH
DREI KÖNIGE UND EIN STERN.
DREI KÖNIGE VON UNTERWEGS
UND DER STERN ÜBERALL,
DIE ZOGEN ALLE (ÜBERLEGS!)
SO RECHTS EINREXUND LINKS EIN REX
ZU EINEM STILLEN STALL.
WAS BRACHTEN DIE NICHT ALLES MIT
ZUM STALL VON BETHLEHEM!
WEITHIN ERKLIRRTE JEDER SCHRITT,
UND DER AUF EINEM RAPPEN RITT,
SASS SAMMTEN UND BEQUEM.
UND DER ZU SEINER RECHTEN GING,
DER WAR EIN GOLDNER MANN,
UND DER ZU SEINER LINKEN FING
MIT SCHWUNG UND SCHWING
UND KLANG UND KLING
AUS EINEMRUNDEN SILBERDING,
DAS WIEGEND UND IN RINGEN HING,
GANZ BLAU ZU RAUCHEN an.
DA LACHTE DER STERN ÜBERALL
SO SELTSAM ÜBER SIE,
UND LIEF VORAUS UND STAND AM STALL
UND SAGTE ZU MARIE:
[19][21]
»DA BRING’ ICH EINE WANDERSCHAFT
AUS VIELER FREMDE HER.
DREI KÖNIGE MIT MAGENKRAFT,
VON GOLD UND TOPAS SCHWER
UND DUNKEL, TUMBUND HEIDENHAFT, –
ERSCHRICK MIR NICHT ZU SEHR.
SIE HABEN ALLE DREI ZUHAUS
ZWÖLF TÖCHTER, KEINEN SOHN,
SO BITTEN SIE SICH DEINEN AUS
ALS SONNE IHRES HIMMELBLAU’S
UNDTROSTFÜR IHREN THRON.
DOCH MUSST DU NICHT GLEICH GLAUBEN: BLOSS
EIN FUNKELFÜRST UND HEIDENSCHEICH
SEI DEINES SOHNES LOOS.
BEDENK, DER WEG IST GROSS.
SIE WANDERN LANGE, HIRTEN GLEICH,
INZWISCHEN FÄLLT IHR REIFES REICH
WEISS GOTT WEM IN DEN SCHOOSS.
UND WÄHREND HIER, WIE WESTWIND WARM,
DER OCHS, IHR OHR UMSCHNAUBT,
SIND SIE VIELLEICHT SCHON ALLE ARM
UND SO WIE OHNE HAUPT.
DRUM MACH MIT DEINEM LÄCHELN LICHT
DIE WIRRNISS, DIE SIE SIND,
UND WENDE DU DEIN ANGESICHT
NACH AUFGANGUND DEIN KIND;
DORT LIEGT IN BLAUEN LINIEN,
WAS JEDER DIRVERLIESS:
SMARAGDAUND RUBINIEN
UND DIE THALE VON TÜRKIS.
[20][22]
SIE HABEN ALLE MÜDEMÜNDE
UND HELLE SEELEN OHNE SAUM.
UND EINE SEHNSUCHT (WIE NACH SÜNDE)
GEHT IHNEN MANCHMAL DURCH DEN TRAUM.
FAST GLEICHEN SIE EINANDER ALLE;
IN GOTTES GÄRTEN SCHWEIGEN SIE,
WIE VIELE, VIELE INTERVALLE
IN SEINER MACHT UND MELODIE.
NUR WENN SIE IHRE FLÜGEL BREITEN,
SIND SIE DIEWECKEREINES WINDS:
ALS GINGE GOTT MIT SEINEN WEITEN
BILDHAUERHÄNDEN DURCH DIE SEITEN
IM DUNKLEN BUCH DES ANBEGINNS.
[23]
DU BIST DER VOGEL, DESSEN FLÜGEL KAMEN,
WENN ICH ERWACHTE IN DER NACHT UND RIEF.
NUR MIT DEN ARMEN RIEF ICH, DENN DEIN NAMEN
IST WIE EIN ABGRUND, TAUSEND NÄCHTE TIEF.
DU BIST DER SCHATTEN, DRIN ICH STILL ENTSCHLIEF,
UND JEDEN TRAUM ERSINNT IN MIR DEIN SAMEN, –
DU BIST DAS BILD, ICH ABER BIN DER RAHMEN,
DER DICH ERGÄNZT IN GLÄNZENDEMRELIEF.
[21]WIE NENN’ ICH DICH? SIEH, MEINE LIPPEN LAHMEN.
DU BIST DER ANFANG, DER SICH GROSS ERGIESST,
ICH BIN DAS LANGSAME UND BANGE AMEN,
DAS DEINE SCHÖNHEIT SCHEU BESCHLIESST.
DU HAST MICH OFT AUS DUNKLEM RUHN GERISSEN,
WENN MIR DAS SCHLAFEN WIE EIN GRAB ERSCHIEN
UND WIE VERLORENGEHEN UND ENTFLIEHN,
DA HOBST DU MICH AUS HERZENSFINSTERNISSEN
UND WOLLTEST MICH AUF ALLEN THÜRMEN HISSEN
WIESCHARLACHFAHNENUND WIEDRAPERIEN.
DU: DER VON WUNDERN REDET WIE VOM WISSEN
UND VON DEN MENSCHEN WIE VON MELODIEN
UND VON DEN ROSEN: VON EREIGNISSEN,
DIE FLAMMEND SICH IN DEINEM BLICK VOLLZIEHN. –
DU SELIGER, WANN NENNST DU EINMAL IHN,
AUS DESSEN SIEBENTEM UND LETZTEM TAGE
NOCH IMMER GLANZ AUF DEINEM FLÜGELSCHLAGE
VERLOREN LIEGT, …
BEFIEHLST DU, DASS ICH FRAGE?
[24]
GOTT WEISS VON ADLERFLÜGEN
UND WENN DIE STÜRME SCHREIN;
IN SEINE LIEBE LÜGEN
SICH EINSAME HINEIN.
[22]ER WIRD VON WÄLDERN WISSEN;
DIE REICHEN IHM ANS KLEID.
GANZ AM ANFANG DER ZEIT
HAT ER SIE EINMAL HINAUFGERISSEN
AN IHREM HAAR:
ALS IHM NOCH BANGE WAR
IN SEINER EINSAMKEIT.
[25]
EIN JEDER AUS DERWEISSEN BRUDERSCHAFT
VERTRAUT SICH PFLANZEND SEINEM KLEINEN GARTEN.
AUF JEDEM BEETE STEHT WER JEDER SEI.
UND EINER HARRT IN HEIMLICHEN HOFFAHRTEN,
DASS IHM IM MAI
DIE UNGESTÜMEN BLÜTEN OFFENBARTEN
EIN BILD VON SEINER UNTERDRÜCKTEN KRAFT.
UND SEINE HÄNDE HALTEN, WIE ERSCHLAFFT,
SEIN BRAUNES HAUPT, DAS SCHWER IST VON DEN SÄFTEN,
DIE UNGEDULDIG DURCH DAS DUNKEL ROLLEN,
UND SEIN GEWAND, DAS FALTIG, VOLL UND WOLLEN,
ZU SEINEN FÜSSEN FLIESST, IST STRAMM GESTRAFFT
UM SEINEN ARMEN, DIE, GLEICH STARKEN SCHÄFTEN,
DIE HÄNDE TRAGEN, WELCHE TRÄUMEN SOLLEN.
KEIN MISEREREUND KEINKYRIE
WILL SEINE JUNGE RUNDE STIMME ZIEHN,
VOR KEINEM FLUCHE WILL SIE FLIEHN;
SIE IST KEIN REH.
[23]SIE IST EIN ROSS UND BÄUMT SICH IMGEBISS,
UND ÜBER HÜRDE, HANG UND HINDERNIS,
WILL SIE IHN TRAGEN WEIT UND WEGGEWISS,
GANZ OHNE SATTEL WILL SIE TRAGEN IHN.
[26]
ER ABER SITZT, UND UNTER DEN GEDANKEN
ZERBRECHEN FAST DIE BREITEN HANDGELENKE,
SO SCHWER WIRD IHM DER SINN UND IMMER SCHWERER.
DER ABEND KOMMT, DER SANFTE WIEDERKEHRER,
EIN WIND BEGINNT, DIE WEGE WERDEN LEERER,
UND SCHATTEN SAMMELN SICH IM THALGESENKE.
UND WIE EIN KAHN, DER AN DER KETTE SCHWANKT,
SO WIRD DER GARTEN UNGEWISS UND HANGT
WIE WINDGEWIEGT AUF LAUTER DÄMMERUNG.
WER LÖST IHN LOS? …
DER FRATE IST SO JUNG,
UND LANGELANG IST SEINE MUTTER TOT.
ER WEISS VON IHR: SIE NANNTEN SIELA STANCA;
SIE WAR EIN GLAS, GANZ ZART UND KLAR. MAN BOT
ES EINEM, DER ES NACH DEM TRUNK ZERSCHLUG
WIE EINEN KRUG.
SO IST DER VATER.
UND ER HAT SEIN BROT
ALS MEISTERIN DEN ROTHEN MARMORBRÜCHEN.
[24]UND JEDE WÖCHNERIN INPIETRABIANCA
HAT FURCHT, DASS ER DES NACHTS MIT SEINEN FLÜCHEN
VORBEI AN IHREM FENSTER KOMMT UND DROHT.
SEIN SOHN, DEN ER DERDONNA DOLOROSA
GEWEIHT IN EINER STUNDE WILDER NOTH,
SINNT IMARKADENHOFEDER CERTOSA,
SINNT, WIE UMRAUSCHT VON RÖTHLICHEN GERÜCHEN:
DENN SEINE BLUMEN BLÜHEN ALLE ROTH.
[27]
SIE WERDEN ALLE WIE AUS EINEM BADE
AUS IHREN MÜRBEN GRÜFTEN AUFERSTEHN;
DENN ALLE GLAUBEN AN DAS WIEDERSEHN
UND FURCHTBAR IST IHR GLAUBEN, OHNE GNADE.
SPRICH LEISE, GOTT! ES KÖNNTE EINER MEINEN,
DASS DIEPOSAUNEDEINER REICHE RIEF;
UND IHREM TON IST KEINE TIEFE TIEF:
DA STEIGEN ALLE ZEITEN AUS DEN STEINEN,
UND ALLE DIE VERSCHOLLENEN ERSCHEINEN
IN WELKEN LEINEN, BRÜCHIGEN GEBEINEN
UND VON DER SCHWERE IHRER SCHOLLEN SCHIEF.
DAS WIRD EIN WUNDERLICHES WIEDERKEHREN
IN EINE WUNDERLICHE HEIMAT SEIN;
AUCH DIE DICH NIEMALS KANNTEN, WERDEN SCHREIN
UND DEINE GRÖSSE WIE EIN RECHT BEGEHREN:
WIE BROT UND WEIN.
[25]ALLSCHAUENDER, DU KENNST DAS WILDE BILD,
DAS ICH IN MEINEM DUNKEL ZITTERND DICHTE.
DURCH DICH KOMMT ALLES, DENN DU BIST DAS THOR, –
UND ALLES WAR IN DEINEM ANGESICHTE
EH ES IN UNSERM SICH VERLOR.
DU KENNSTDAS BILD VOM RIESIGEN GERICHTE:
[28]
EIN MORGEN IST ES, DOCH AUS EINEM LICHTE,
DAS DEINE REIFE LIEBE NIE ERSCHUF,
EIN RAUSCHEN IST ES, NICHT AUS DEINEM RUF,
EIN ZITTERN, NICHT VON GÖTTLICHEM VERZICHTE,
EIN SCHWANKEN, NICHT IN DEINEM GLEICHGEWICHTE.
EIN RASCHELN IST UND EIN ZUSAMMENRAFFEN
IN ALLEN DEN GEBORSTENEN GEBÄUDEN,
EIN SICHENTGELTEN UND EIN SICHVERGEUDEN,
EIN SICHBEGATTEN UND EIN SICHBEGAFFEN,
UND EIN BETASTEN ALLER ALTEN FREUDEN
UND ALLER LÜSTE WELKE WIEDERKEHR.
UND ÜBER KIRCHEN, DIE WIE WUNDEN KLAFFEN,
ZIEHN SCHWARZE VÖGEL, DIE DU NIE ERSCHAFFEN,
IN IRREN ZÜGEN HIN UND HER.
SO RINGEN SIE, DIE LANGE AUSGERUHTEN,
UND PACKEN SICH MIT IHREN NACKTEN ZÄHNEN
UND WERDEN BANGE, WEIL SIE NICHT MEHR BLUTEN,
UND SUCHEN, WO DIEAUGENBECHERGÄHNEN,
MIT KALTEN FINGERN NACH DEN TOTEN THRÄNEN.
UND WERDE[N] MÜDE. WENIGE MINUTEN
NACH IHREM MORGEN BRICHT IHR ABEND EIN.
SIE WERDEN ERNST UND LASSEN SICH ALLEIN
UND SIND BEREIT, IM STURME AUFZUSTEIGEN,
[26]WENN SICH AUF DEINER LIEBE HEITREM WEIN
DIE DUNKLEN TROPFEN DEINES ZORNES ZEIGEN,
UM DEINEM URTHEIL NAH ZU SEIN.
UND DA BEGINNT ES, NACH DEM GROSSEN SCHREIN:
DAS ÜBERGROSSE FÜRCHTERLICHE SCHWEIGEN.
[29]
SIE SITZEN ALLE WIE VOR SCHWARZEN THÜREN
IN EINEM LICHT, DAS SIE, WIE MIT GESCHWÜREN,
MIT VIELEN GRELLEN FLECKEN ÜBERSÄT.
UND WACHSEND WIRD DER ABEND ALT UND SPÄT.
UND NÄCHTE FALLEN DANN IN GROSSEN STÜCKEN
AUF IHRE HÄNDE UND AUF IHREN RÜCKEN,
DER WANKEND SICH MIT SCHWARZER LAST BELÄDT.
SIE WARTEN LANGE. IHRE SCHULTERN SCHWANKEN
UNTER DEM DRUCKE WIE EIN DUNKLES MEER,
SIE SITZEN, WIE VERSUNKEN IN GEDANKEN,
UND SIND DOCH LEER.
WAS STÜTZEN SIE DIE STIRNEN?
IHRE GEHIRNE DENKEN IRGENDWO
TIEF IN DER ERDE, EINGEFALLEN, FALTIG:
DIE GANZE ALTE ERDE DENKT GEWALTIG,
UND IHRE GROSSEN BÄUME RAUSCHEN SO.
ALLSCHAUENDER, GEDENKST DU DIESES BLEICHEN
UND BANGEN BILDES, DAS NICHT SEINESGLEICHEN
UNTER DEN BILDERN DEINES WILLENS HAT?
HAST DU NICHT ANGST VOR DIESER STUMMEN STADT,
DIE AN DIR HANGEND WIE EIN WELKES BLATT,
SICH HEBEN WILL ZU DEINES ZORNES ZEICHEN?
O, GREIFE ALLEN TAGEN IN DIE SPEICHEN,
DASS SIE ZU BALD NICHT DIESEM ENDE NAHEN, –
[27][30]
VIELLEICHT GELINGT ES DIR NOCH AUSZUWEICHEN
DEM GROSSEN SCHWEIGEN, DAS WIR BEIDE SAHEN.
VIELEICHT KANNST DU NOCH EINEN AUS UNS HEBEN,
DER DIESEM FÜRCHTERLICHEN WIEDERLEBEN
DEN SINN, DIE SEHNSUCHT UND DIE SEELE NIMMT,
EINEN, DER BIS IN SEINEN GRUND ERGRIMMT
UND DENNOCH FROH, DURCH ALLE DINGE SCHWIMMT,
DER KRÄFTE UNBEKÜMMERTER VERBRAUCHER,
DER SICH AUF ALLEN SAITEN GEIGT
UND UNVERSEHRT ALS UNERKANNTER TAUCHER
IN ALLE TODE NIEDERSTEIGT.
. . . . . ODER, WIE HOFFST DU DIESEN TAG ZU TRAGEN,
DER LÄNGER IST ALS ALLER TAGE LÄNGEN,
MIT SEINES SCHWEIGENS SCHRECKLICHEN GESÄNGEN,
WENN DANN DIE ENGEL DICH, WIE LAUTER FRAGEN,
MIT IHREM SCHAUERLICHEN FLÜGELSCHLAGEN
UMDRÄNGEN?
SIEH, WIE SIE ZITTERND IN DEN SCHWINGEN HÄNGEN
UND DIR MIT HUNDERTTAUSEND AUGEN KLAGEN,
UND IHRES SANFTEN LIEDES STIMMEN WAGEN
SICH AUS DEN VIELEN WIRREN ÜBERGÄNGEN
NICHT MEHR ZU HEBEN ZU DEN KLAREN KLÄNGEN.
UND WENN DIE GREISE MIT DEN BREITEN BÄRTEN,
DIE DICH BERIETHEN BEI DEN BESTEN SIEGEN,
NUR LEISE IHRE WEISSEN HÄUPTER WIEGEN,
UND WENN DIE FRAUEN, DIE DEN SOHN DIR NÄHRTEN,
UND DIE VON IHM VERFÜHRTEN, DIE GEFÄHRTEN,
UND ALLE JUNGFRAUN, DIE SICH IHM GEWÄHRTEN:
[28][31]
DIE LICHTEN BIRKEN DEINER DUNKLEN GÄRTEN, –
WER SOLL DIR HELFEN, WENN SIE ALLE SCHWIEGEN?
UND NUR DEIN SOHN ERHÜBE SICH UNTER DENEN,
WELCHE SITZEN UM DEINEN THRON.
GRÜBE SICH DEINE STIMME DANN IN SEIN HERZ?
SAGTE DEIN EINSAMER SCHMERZ DANN:
SOHN!
SUCHTEST DU DANN DAS ANGESICHT
DESSEN, DER DAS GERICHT GERUFEN,
DEIN GERICHT UND DEINEN THRON:
SOHN!
HIESSEST DU, VATER, DANN DEINEN ERBEN,
LEISEBEGLEITET VON MAGDALENEN,
NIEDERSTEIGEN ZU JENEN,
DIE SICH SEHNEN, WIEDER ZU STERBEN?
DAS WÄRE DEIN LETZTER KÖNIGSERLASS,
DIE LETZTE HULD UND DER LETZTE HASS.
ABER DANN KÄME ALLES ZU RUH:
DER HIMMEL UND DAS GERICHT UND DU.
ALLE GEWÄNDER DES RÄTHSELS DER WELT,
DAS SICH SO LANGE VERSCHLEIERT HÄLT,
FALLEN MIT DIESER SPANGE.
…. DOCH MIR IST BANGE .…
ALLSCHAUENDER, SIEH WIE MIR BANGE IST,
MISS MEINE QUAL!
[29][32]
MIR IST BANGE, DASS DU SCHON LANGE VERGANGEN BIST.
ALS DU ZUM ERSTENMAL
IN DEINEM ALLESERFASSEN
DAS BILD DIESES BLASSEN
GESICHTES SAHST,
DEM DU DICH HILFLOS NAHST, ALLSCHAUENDER.
BIST DU DAMALS ENTFLOHN?
WOHIN?
VERTRAUENDER
KANN KEINER DIR KOMMEN
ALS ICH,
DER ICH DICH
NICHT UM LOHN
VERRATHEN WILL WIE ALLE DIE FROMMEN.
ICH WILL NUR, WEIL ICH VERBORGEN BIN
UND MÜDE WIE DU, NOCH MÜDER VIELLEICHT,
UND WEIL MEINE ANGST VOR DEM GROSSEN GERICHT
DEINER GLEICHT,
WILL ICH MICH DICHT,
GESICHT BEI GESICHT,
AN DICH HEFTEN;
MIT EINIGEN KRÄFTEN
WERDEN WIR WEHREN DEM GROSSEN RADE,
ÜBER WELCHES DIE MÄCHTIGEN WASSER GEHN
DIE RAUSCHEN UND SCHNAUBEN –
DENN: WEHE SIE WERDEN AUFERSTEHN.
SO IST IHR GLAUBEN: GROSS UND OHNE GNADE.
[30][33]
MARTYRIN IST SIE. UND ALS HARTEN FALLS
MIT EINEM RUCK
DAS BEIL DURCH IHRE KURZE JUGEND GING,
DA LEGTE SICHDER FEINE ROTHE RING
UM IHREN HALS, UND WAR DER ERSTE SCHMUCK,
DEN SIE MIT EINEM FREMDEN LÄCHELN NAHM;
ABER AUCH DEN ERTRÄGT SIE NUR MIT SCHAM.
UND WENN SIE SCHLÄFT, MUSS IHRE JUNGE SCHWESTER
(DIE, KINDISCH NOCH, SICH MIT DER WUNDE SCHMÜCKT
VON JENEM STEIN, DER IHR DIE STIRN ERDRÜCKT,)
DIE HARTEN ARME UM DEN HALS IHR HALTEN,
UND OFT IM TRAUME FLEHT DIE ANDRE: FESTER, FESTER
UND DA FÄLLT ES DEM KINDE MANCHMAL EIN,
DIE STIRNE MIT DEM BILD VON JENEM STEIN
ZU BERGEN IN DES SANFTEN NACHTGEWANDES FALTEN
DAS VON DER SCHWESTER ATHMEN HELL SICH HEBT,
VOLL WIE EIN SEGEL, DAS VOM WINDE LEBT.
DAS IST DIE STUNDE, DA SIE HEILIG SIND,
DIE STILLE JUNGFRAU UND DAS BLASSE KIND.
DA SIND SIE WIEDER WIE VOR ALLEM LEIDE
UND SCHLAFEN ARM UND HABEN KEINEN RUHM,
UND IHRE SEELEN SIND WIE WEISSE SEIDE,
UND VON DERSELBEN SEHNSUCHT BEBEN BEIDE
UND FÜRCHTEN SICH VOR IHREM HELDENTHUM.
[31][34]
UND DU KANNST MEINEN: WENN SIE AUS DEN BETTEN
AUFSTÜNDEN BEI DEM NÄCHSTEN MORGENLICHTE
UND, MIT DEMSELBEN TRÄUMENDEN GESICHTE,
DIE GASSEN KÄMEN IN DEN KLEINEN STÄDTEN, –
ES BLIEBE KEINER HINTER IHNEN STAUNEN,
KEIN FENSTER KLIRRTE AN DEN HÄUSERREIHN,
UND NIRGENDS BEI DEN FRAUEN GING EIN RAUNEN,
UND KEINES VON DEN KINDERN WÜRDE SCHREIN.
SIE SCHRITTEN DURCH DIE STILLE IN DEN HEMDEN
(DIE FLACHEN FALTEN GEBEN KEINEN GLANZ)
SO FREMD, UND DENNOCH KEINEM ZUM BEFREMDEN,
SO WIE ZU FESTEN, ABER OHNE KRANZ.
[35]
GIEB DEINE SCHÖNHEIT IMMER HIN
OHNE RECHNEN UND REDEN.
DU SCHWEIGST. SIE SAGT FÜR DICH: ICH BIN.
UND KOMMT IN TAUSENDFACHEM SINN,
KOMMT ENDLICH ÜBER JEDEN.
[36]
KÖNIGE IN LEGENDEN
SIND WIE BERGE IM ABEND. BLENDEN
JEDEN ZU DEM SIE SICH WENDEN.
DIE GÜRTEL UM IHRE LENDEN
[32]UND DIE LASTENDEN MANTELENDEN
SIND LÄNDER UND LEBEN WERT.
MIT DEN REICHGEKLEIDETEN HÄNDEN
GEHT, SCHLANK UND NACKT, DAS SCHWERT.
[37]
EIN JUNGER KÖNIG AUS NORDEN WAR
IN DER UKRAINE GESCHLAGEN.
DER HASSTE FRÜHLING UND FRAUENHAAR
UND DIE HARFEN UND WAS SIE SAGEN.
DER RITT AUF EINEM GRAUEN PFERD,
SEIN AUGE SCHAUTE GRAU
UND HATTE NIEMALS GLANZ BEGEHRT
ZU FÜSSEN EINER FRAU.
KEINE WAR SEINEM BLICKE BLOND,
KEINE HAT KÜSSEN IHN GEKONNT,
UND WENN ER ZORNIG WAR,
SO RISS ER EINENPERLENMOND
AUS WUNDERSCHÖNEM HAAR.
UND WENN IHN TRAUER ÜBERKAM,
SO MACHTE ER EIN MÄDCHEN ZAHM
UND FORSCHTE, WESSEN RING SIE NAHM
UND WEM SIE IHREN BOT –
UND: HETZTE IHR DEN BRÄUTIGAM
MIT HUNDERT HUNDEN TOT.
[33]UND ER VERLIESS SEIN GRAUES LAND,
DAS OHNE STIMME WAR,
UND RITT IN EINEN WIDERSTAND
UND KÄMPFTE UM GEFAHR,
BIS IHN DAS WUNDER ÜBERWAND:
[38]
WIE TRÄUMEND GING IHM SEINE HAND
VON EISENBAND ZU EISENBAND
UND WAR KEIN SCHWERT DARIN;
ER WAR ZUM SCHAUEN AUFGEWACHT:
ES SCHMEICHELTE DIE SCHÖNE SCHLACHT
UM SEINEN EIGENSINN.
ER SASS ZU PFERDE: IHM ENTGING
KEINE GEBÄRDE RINGS.
AUF SILBER SPRACH JETZT RING ZU RING,
UND STIMME WAR IN JEDEM DING,
UND WIE IN VIELEN GLOCKEN HING
DIE SEELE JEDES DINGS.
UND AUCH DER WIND WAR ANDERS GROSS,
DER IN DIE FAHNEN SPRANG,
SCHLANK WIE EIN PANTHER, ATHEMLOS
UND TAUMELND VOM TROMPETENSTOSS,
DER LACHEND MIT IHM RANG.
UND MANCHMAL GRIFF DER WIND HINAB:
DA GING EIN BLUTENDER, – EIN KNAB,
WELCHER DIE TROMMEL SCHLUG;
ER TRUG SIE IMMER AUF UND AB
UND TRUG SIE WIE SEIN HERZ INS GRAB
VOR SEINEM TOTEN ZUG.
DA WURDE MANCHER BERG GEBALLT,
ALS WÄR DIE ERDE NOCH NICHT ALT
[34]UND BAUTE SICH ERST AUF;
BALD STAND DAS EISEN WIE BASALT,
[39]
BALD SCHWANKTE WIE EIN ABENDWALD
MIT BREITER STEIGENDER GESTALT
DER GROSSBEWEGTE HAUF.
ES DAMPFTE DUMPF DIE DUNKELHEIT,
WAS DUNKELTE WAR NICHT DIE ZEIT, –
UND ALLES WURDE GRAU,
ABER SCHON FIEL EIN NEUES SCHEIT,
UND WIEDER WARD DIE FLAMME BREIT
UND FESTLICH ANGEFACHT.
SIE GRIFFEN AN: IN FREMDER TRACHT
EIN SCHWARM PHANTASTISCHER PROVINZEN;
WIE ALLES EISEN PLÖTZLICH LACHT:
VON EINEMSILBERLICHTEN PRINZEN
ERSCHIMMERTE DIE ABENDSCHLACHT.
DIE FAHNEN FLATTERTEN WIE FREUDEN
UND ALLE HATTEN KÖNIGLICH
IN IHREN GESTEN EIN VERGEUDEN, –
AN FERNEN FLAMMENDEN GEBÄUDEN
ENTZÜNDETEN DIE STERNE SICH …
UND NACHT WAR. UND DIESCHLACHTTRAT SACHTE
ZURÜCK WIE EIN SEHR MÜDES MEER,
DAS VIELE FREMDE TOTE BRACHTE,
UND ALLE TOTEN WAREN SCHWER.
VORSICHTIG GING DAS GRAUE PFERD
(VON GROSSEN FÄUSTEN ABGEWEHRT)
DURCH MÄNNER, WELCHE FREMD VERSTARBEN,
UND TRAT AUF FLACHES, SCHWARZES GRAS.
[35][40]
DER AUF DEM GRAUEN PFERDE SASS,
SAH UNTEN AUF DEN FEUCHTEN FARBEN
VIEL SILBER WIE ZERSCHELLTES GLAS.
SAH EISEN WELKEN, HELME TRINKEN
UND SCHWERTER STEHN IN PANZERNAHT,
STERBENDE HÄNDE SAH ER WINKEN
MIT EINEM FETZEN VON BROKAT …
UND SAH ES NICHT.
UND RITT DEM LÄRME
DER FELDSCHLACHT NACH, ALS OB ER SCHWÄRME
MIT SEINEN WANGEN VOLLER WÄRME
UND MIT DEN AUGEN VON VERLIEBTEN …
[41]
MEIN VATER WAR EIN VERBANNTER,
EIN KÖNIG VON ÜBERM MEER.
IHM KAM EINMAL EIN GESANDTER:
SEIN MANTEL WAR EIN PANTHER,
UND SEIN SCHWERT WAR SCHWER.
MEIN VATER WAR WIE IMMER
OHNE HELM UNDHERMELIN;
ES DUNKELTE DAS ZIMMER
WIE IMMER ARM UM IHN.
[36]ES ZITTERTEN SEINE HÄNDE
UND WAREN BLASS UND LEER, –
IN BILDERLOSE WÄNDE
BLICKLOS SCHAUTE ER.
DIE MUTTER GING IM GARTEN
UND WANDELTE WEISS IM GRÜN,
UND WOLLTE DEN WIND ERWARTEN
VOR DEM ABENDGLÜHN.
ICH TRÄUMTE, SIE WÜRDE MICH RUFEN,
ABER SIE GING ALLEIN, –
LIESS MICH VOM RANDE DER STUFEN
HORCHEN VERHALLENDEN HUFEN
UND INS HAUS HINEIN:
[42]
»VATER! DER FREMDE GESANDTE …?«
»»DER REITET WIEDER IM WIND …««
»WAS WOLLTE DER?« »»ER ERKANNTE
DEIN BLONDES HAAR, MEIN KIND.««
»VATER! WIE WAR ER GEKLEIDET!
»WIE DER MANTEL VON IHM FLOSS!
»GESCHMIEDET UND GESCHMEIDET
»WAR SCHULTER, BRUST UND ROSS.
»ER WAR EINE STIMME IM STAHLE,
»ER WAR EIN MANN AUS NACHT, –
»ABER ER HAT EINE SCHMALE
»KRONE MITGEBRACHT.
»SIE KLANG BEI JEDEM SCHRITTE
»AN SEIN SEHR SCHWERES SCHWERT,
»DIE PERLE IN IHRER MITTE
»IST VIELE LEBEN WERT.
[37]»VOM ZORNIGEN ERGREIFEN
»VERBOGEN IST DER REIFEN,
»DER OFT GEFALLEN WAR:
»ES IST EINE KINDERKRONE, –
»DENN KÖNIGE SIND OHNE. –
»– GIEB SIE MEINEM HAAR!
»ICH WILL SIE MANCHMAL TRAGEN
»IN NÄCHTEN, BLASS VOR SCHAM.
»UND WILLDIR, VATER, SAGEN,
»WOHER DER GESANDTE KAM.
»WAS DORT DIE DINGE GELTEN,
»OB STEINERN STEHT DIE STADT,
»ODER OB MAN IN ZELTEN
»MICH ERWARTET HAT.«
[43]
MEIN VATER WAR EIN GEKRÄNKTER
UND KANNTE NUR WENIG RUH.
ER HÖRTE MIRMIT VERHÄNGTER
STIRNENÄCHTELANG ZU.
MIR LAG IM HAAR DER RING.
UND ICH SPRACH GANZ NAHE UND SACHTE,
DASS DIE MUTTER NICHT ERWACHTE, –
DIE AN DASSELBE DACHTE,
WENN SIE, GANZ WEISS GELASSEN,
VOR ABENDLICHEN MASSEN
DURCH DUNKLE GÄRTEN GING.
[38][44]
… SO WURDEN WIR VERTRÄUMTE GEIGER,
DIE LEISE AUS DEN THÜREN TRETEN,
UM AUSZUSCHAUEN, EH SIE BETEN,
OB NICHT EIN NACHBAR SIE BELAUSCHT.
DIE ERST, WENN ALLE SICH ZERSTREUTEN,
HINTER DEM LETZTEN ABENDLÄUTEN,
DIE LIEDER SPIELEN, HINTER DENEN,
(WIE WALD IM WIND HINTER FONTÄNEN)
DER DUNKLE GEIGENKASTEN RAUSCHT.
DENN DANN NUR SIND DIE STIMMEN GUT,
WENN SCHWEIGSAMKEITEN SIE BEGLEITEN,
WENN HINTER DEM GESPRÄCH DER SAITEN
GERÄUSCHE BLEIBEN WIE VON BLUT;
UND BANG UND SINNLOS SIND DIE ZEITEN,
WENN HINTER IHREN EITELKEITEN
NICHT ETWAS WALTET, WELCHES RUHT.
GEDULD: ES KREIST DER LEISE ZEIGER,
UND WAS VERHEISSEN WARD, WIRD SEIN:
WIR SIND DIE FLÜSTRER VOR DEM SCHWEIGER,
WIR SIND DIE WIESEN VOR DEM HAIN;
IN IHNEN GEHT NOCH DUNKLES SUMMEN
(VIEL STIMMEN SIND UND DOCH KEIN CHOR)
UND SIE BEREITEN AUFDIE STUMMEN
TIEFEN HEILIGEN HAINE VOR …
[39][45]
DAS DUNKELN WAR WIE REICHTHUM IN DEM RAUME,
DARIN DER KNABE, SEHR VERHEIMLICHT, SASS.
UND ALS DIE MUTTER EINTRAT WIE IM TRAUME,
ERZITTERTE IM STILLEN SCHRANK EIN GLAS.
SIE FÜHLTE, WIE DAS ZIMMER SIE VERRIETH,
UND KÜSSTE IHREN KNABEN: BIST DU HIER? …
DANN SCHAUTEN BEIDE BANG NACH DEM KLAVIER,
DENN MANCHEN ABEND HATTE SIE EIN LIED,
DARIN DAS KIND SICH SELTSAM TIEF VERFING.
ES SASS SEHR STILL. SEIN GROSSES SCHAUEN HING
AN IHRER HAND, DIE GANZ GEBEUGT VOM RINGE,
ALS OB SIE SCHWER IN SCHNEEWEHN GINGE,
ÜBER DIE WEISSEN TASTEN GING.
[46]
DU BLASSES KIND, AN JEDEM ABEND SOLL
DER SÄNGER DUNKEL STEHN BEI DEINEN DINGEN
UND SOLL DIR SAGEN, DIE IM BLUTE KLINGEN,
ÜBER DIE BRÜCKE SEINER STIMME BRINGEN
UND EINE HARFE, SEINER HÄNDE VOLL.
NICHT AUS DER ZEIT IST, WAS ER DIR ERZÄHLT,
GEHOBEN IST ESWIE AUS WANDGEWEBEN;
SOLCHE GESTALTEN HAT ES NIE GEGEBEN, –
UND NIEGEWESENES NENNT ER DAS LEBEN.
UND HEUTE HAT ER DIESEN SANG ERWÄHLT:
[40]DU BLONDES KIND VON FÜRSTEN UND AUS FRAUEN,
DIE EINSAM WARTETEN IM WEISSEN SAAL, –
FAST ALLE WAREN BANG, DICH AUFZUBAUEN,
UMAUS DEN BILDERN EINST AUF DICH ZU SCHAUEN:
AUF DEINE AUGEN MIT DEN ERNSTEN BRAUEN,
AUF DEINE HÄNDE, HELL UND SCHMAL.
DU HAST VON IHNEN PERLEN UND TÜRKISEN,
VON DIESEN FRAUEN, DIE IN BILDERN STEHN
ALS STÜNDEN SIE ALLEIN IN ABENDWIESEN, –
DU HAST VON IHNEN PERLEN UND TÜRKISEN, –
UND RINGE MIT VERDUNKELTENDEVISEN
UND SEIDEN, WELCHE WELKE DÜFTE WEHN.
[47]
DU TRÄGST DIEGEMMENIHRER GÜRTELBÄNDER
ANS HOHE FENSTER IN DEN GLANZ DER STUNDEN,
UND IN DIE SEIDE SANFTER BRAUTGEWÄNDER
SIND DEINE KLEINEN BÜCHER EINGEBUNDEN,
UND DRINNEN HAST DU, MÄCHTIG ÜBER LÄNDER,
GANZ GROSS GESCHRIEBEN UND MIT REICHEN, RUNDEN
BUCHSTABEN DEINEN NAMEN VORGEFUNDEN.
UND ALLES IST, ALS WÄR ES SCHON GESCHEHN.
SIE HABEN SO, ALS OB DU NICHT MEHR KÄMST,
AN ALLE BECHER IHREN MUND GESETZT,
ZU ALLEN FREUDEN IHR GEFÜHL GEHETZT
UND KEINEM LEIDE LEIDLOS ZUGESEHN;
SO DASS DU JETZT
STEHST UND DICH SCHÄMST.
… DU BLASSES KIND, DEIN LEBEN IST AUCH EINES, –
DER SÄNGER KOMMT DIR SAGEN, DASS DU BIST.
UND DASS DU MEHR BIST ALS EIN TRAUM DES HAINES,
MEHR ALS DIE SELIGKEIT DES SONNENSCHEINES,
DEN MANCHER GRAUE TAG VERGISST.
DEIN LEBEN IST SO UNAUSSPRECHLICH DEINES,
WEIL ES VON VIELEN ÜBERLADEN IST.
EMPFINDEST DU, WIE DIE VERGANGENHEITEN
LEICHT WERDEN, WENN DU EINE WEILE LEBST,
[48]
WIE SIE DICH SANFT AUF WUNDER VORBEREITEN,
JEDES GEFÜHL MIT BILDERN DIR BEGLEITEN, –
UND NUR EIN ZEICHEN SCHEINEN GANZE ZEITEN
FÜR EINE GESTE, DIE DU SCHÖN ERHEBST –.
DAS IST DER SINN VON ALLEM, WAS EINST WAR,
DASS ES NICHT BLEIBT MIT SEINER GANZEN SCHWERE,
DASS ES ZU UNSERM WESEN WIEDERKEHRE,
IN UNS VERWOBEN, TIEF UND WUNDERBAR:
SO WAREN DIESE FRAUEN ELFENBEINERN,
VON VIELEN ROSEN RÖTHLICH ANGESCHIENEN,
SO DUNKELTEN DIE MÜDEN KÖNIGSMIENEN,
SO WURDEN FAHLE FÜRSTENMUNDE STEINERN
UND UNBEWEGT VON WAISEN UND VON WEINERN,
SO KLANGEN KNABEN AN WIE VIOLINEN
UND STARBEN FÜR DER FRAUEN SCHWERES HAAR;
SO GINGEN JUNGFRAUN DER MADONNA DIENEN,
DENEN DIE WELT VERWORREN WAR.
SO WURDEN LAUTEN LAUT UND MANDOLINEN,
[42]IN DIE EIN UNBEKANNTER GRÖSSER GRIFF, –
IN WARMEN SAMMT VERLIEF DER DOLCHE SCHLIFF, –
SCHICKSALE BAUTEN SICH AUS GLÜCK UND GLAUBEN,
ABSCHIEDE SCHLUCHZTEN AUF IN ABENDLAUBEN, –
UND ÜBER HUNDERT SCHWARZENEISENHAUBEN
SCHWANKTE DIE FELDSCHLACHT WIE EIN SCHIFF.
SO WURDEN STÄDTE LANGSAM GROSS UND FIELEN
IN SICH ZURÜCK WIE WELLEN EINES MEERES,
[49]
SO DRÄNGTE SICH ZU HOCHBELOHNTEN ZIELEN
DIE RASCHE VOGELKRAFT DES EISENSPEERES,
SO SCHMÜCKTEN KINDER SICH ZU GARTENSPIELEN, –
UND SO GESCHAH UNWICHTIGES UND SCHWERES
NUR, UM FÜR DIESES TÄGLICHE ERLEBEN
DIR TAUSEND GROSSE GLEICHNISSE ZU GEBEN,
AN DENEN DU GEWALTIG WACHSEN KANNST.
VERGANGENHEITEN SIND DIR EINGEPFLANZT,
UM SICH AUS DIR, WIE GÄRTEN, ZU ERHEBEN.
DU BLASSES KIND, DU MACHST DEN SÄNGER REICH
MIT DEINEM SCHICKSAL, DAS SICH SINGEN LÄSST:
SO SPIEGELT SICH EIN GROSSES GARTENFEST
MIT VIELEN LICHTERN IM ERSTAUNTEN TEICH.
IM DUNKLEN DICHTER WIEDERHOLT SICH STILL
EIN JEDES DING: EIN STERN, EIN HAUS, EIN WALD.
UND VIELE DINGE, DIE ER FEIERN WILL,
UMSTEHEN DEINE RÜHRENDE GESTALT.
[43][50]
AUS UNENDLICHEN SEHNSÜCHTEN STEIGEN
ENDLICHE THATEN WIE SCHWACHEFONTÄNEN,
DIE SICH ZEITIG UND ZITTERND NEIGEN.
ABER, DIE SICH UNS SONST VERSCHWEIGEN,
UNSERE FRÖHLICHEN KRÄFTE – ZEIGEN