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Hebelprodukte versprechen enorme Gewinne, doch haben auch große Risiken. Der Autor zeigt nicht nur wie KO-Zertifikate, CFDs, Optionsscheine und Co. funktionieren… in dem Buch werden die Produkte an möglichen Handelsstrategien praxisnah vorgeführt. Die Risikobegrenzung steht dabei immer auch im Vordergrund. Das Buch geht auch auf den Grund, warum so viele Anleger an der Börse scheitern… und zeigt Wege, wie die Leser es besser machen können. Eine Komplettanleitung für Hebelprodukte mit Praxisanwendungen und einen möglichen Weg, zu den Börsengewinnern zu gehören. Sichern Sie sich dieses Meisterwerk noch heute!
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Impressum
© Copyright: 2024
MARISO AKADEMIE
Marian Sommer
Leo-Tolstoj-Straße 17k
60437 Frankfurt am Main
ISBN des EBooks: 978-3-754-65370-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Haftungsausschluss und Hinweis zu Literaturquellen
Der Inhalt dieses Buches stellt keine Anlageempfehlung dar, sondern ist eine Information über die Funktionsweise von gehebelten Finanzinstrumenten.
Hebelprodukte, insbesondere CFDs, sind komplexe Finanzprodukte mit hohem Verlustrisiko. Für Vermögensschäden, die Anleger aufgrund des Kaufs dieser Produkte erleiden, haftet der Autor nicht. Dieses Buch hat kein Literaturverzeichnis, denn der Autor hat externe Quellen direkt im Manuskript gekennzeichnet. Das Fachwissen für die Erstellung dieses Buches ergibt sich aus der langjährigen Berufserfahrung und dem speziellen praxiserprobten Fachwissen des Autors.
Die in dem Buch angesprochenen Indizes sind eingetragene Marken der Deutschen Börse AG, Stoxx Ltd, Nasdaq oder S&P Dow Jones Indices.
Eine Auflistung ist auf den jeweiligen Seiten zu finden:
https://www.boerse-frankfurt.de/markenrechte
https://indexes.nasdaqomx.com/Home/Trademarks
https://www.spglobal.com/spdji/en/disclaimers/
Vorwort
Hebelprodukte sind ein sehr heikles Thema. Die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) hat im Juli 2019 Leitlinien für CFD-Anbieter veröffentlicht, die genau vorschreiben, wie CFDs zu vermarkten sind, um den Verbraucher zu schützen. Seitdem ist zumindest bei CFDs in Werbeanzeigen aufgeführt, wie viel Prozent der Nutzer Geld bei dem jeweiligen Anbieter verlieren.
CFDs sind nur eine Variante von Hebelprodukten. Ich habe mich mit allen gängigen Produkten beschäftigt, doch die Tatsache allein, dass ich das Wort CFD im Buchtitel habe, schränkt die Vermarktung dieses Buches ein. Ich bin jedoch kein Finanzdienstleister, sondern Autor und habe dieses Werk auch nicht im Namen eines Emittenten geschrieben.
Ich habe sechs CFD-Konten während der Manuskripterstellung eröffnet, dabei hat niemand mein Einkommen oder meine finanziellen Verhältnisse ernsthaft geprüft. Es gab zwar Fragenbögen, doch diese waren kein Schutz, denn meine Angaben hat niemand gecheckt. Werbeeinschränkungen helfen deshalb wenig, den Privatanleger vor möglichen großen Verlusten zu schützen.
Ich habe mich dazu entschieden, CFDs im Buchtitel nicht wegzulassen – meine Leser sollen nach der Lektüre genau wissen, was sie erwartet. Sie sollen alle Hebelprodukte kennen und, falls sie diese anwenden, genau wissen, was sie tun.
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei Dr. Marko Gränitz, André Stagge, Stefan Fröhlich und Kemal Bagci, die mich bei der Bucherstellung durch Gegenlesen, Interviews oder Materialbereitstellung unterstützt haben.
Die Macht des Hebels
Im Juli 2008 kaufte ich für 200 Euro ein Hebelzertifikat auf den Nasdaq-100, als dieser bei 1988 Punkten stand. Ich wettete auf die fallenden Kurse und darauf, dass der Nasdaq nicht mehr über 2000 Punkte steigen sollte. Bei Berührung der 2000-Punkte-Marke wäre das Zertifikat wertlos geworden, das war mein Risiko.
Zwei Tage später verkaufte ich es mit großer Freude für 400 Euro, als der Nasdaq auf 1976 Punkte gefallen war. Die Freude währte nicht lange. Sechs Monate später, die Finanzmarktkrise war am Wüten, hätte ich es für 20.000 Euro (!) verkaufen können.
Das wären 9.900 Prozent Gewinn gewesen! Damals stand der Index bei 1065 Punkten.
Ungefähr neun Monate später war das Zertifikat wertlos. Der Markt hatte sich erholt und die 2.000 Punkte überschritten. So schnell konnten 20.000 Euro auch wieder weg sein. Anfang 2024 notierte der Nasdaq bei über 18.000 Punkten.
Als ich den ersten Leuten von meinen Plänen berichtete, ein Buch über Hebelzertifikate zu schreiben, sah ich meist in leuchtende Augen. Mit wenig Einsatz in kürzester Zeit sehr viel Geld machen, vielleicht sogar 100 Prozent in ein bis zwei Tagen. Viele träumen davon und haben vielleicht sogar Hebelprodukte schon ausprobiert. Häufig endet es im Verlust, nicht selten sogar im Totalverlust. Sollte es doch mal erfolgreich gewesen sein, geht es ein anderes Mal schief und vernichtet alle bisher erwirtschafteten Gewinne. Doch muss das sein?
80 Prozent der Privatanleger verlieren mit Hebelprodukten vermutlich ihr Geld, im Falle von CFDs ist es keine Vermutung, denn CFD-Anbieter müssen die Verlustquoten veröffentlichen. Das liegt sicherlich nicht am Hebelprodukt an sich, sondern an dem Glauben, kurzfristige Marktschwankungen gesichert vorhersagen zu können. Auch mit ungehebelten Produkten wie ETFs würde die Verlustquote beim kurzfristig orientierten Handel vermutlich bei 80 Prozent liegen. Mit Hebelprodukten ist das Geld einfach nur schneller weg. 20 Prozent der Marktteilnehmer erleiden jedoch keine dauerhaften Verluste – es muss also irgendwie doch möglich sein, zu den Börsengewinnern zu gehören.
Ich selbst habe einen Glaubensgrundsatz, den ich an den Finanzmärkten verfolge und der mich auch beim Schreiben dieses Buches begleitet hat. Um an der Börse zu gewinnen, darf ich nicht das tun, was 80 Prozent der Marktteilnehmer machen, denn diese erleiden Verluste. Das gilt nicht nur für die Börse, es gilt für den Beruf, der Lernmethode in der Ausbildung, vermutlich auch für jedes Hobby. Die erfolgreichen ihrer Klasse machen immer etwas anders.
Doch genug der Philosophie. Zurück zu Geld, Aufregung, Handel, Märkte, Gewinne und Verluste – kurz Börse.
Den Disclaimer, dass ich keine Anlageempfehlungen oder Aufforderungen zum Kauf von Hebelprodukten gebe und das Buch nur zu Informationszwecken geschrieben habe, gab es bereits am Anfang des Buches. Das Risiko, auf das ich noch mehrfach in dem Buch hinweisen werde, trägt jeder selbst. Wer dennoch Hebelprodukte kauft – ich selbst mache es auch – sollte nach dem Lesen dieses Buches deutlich bessere Chancen haben, zu den Investoren zu gehören, die wirklich verstehen, was sie kaufen. Das Produktverständnis ist meines Erachtens ein wichtiger Baustein, um mit Hebelprodukten gewinnbringend zu handeln und die Risiken realistisch im Griff zu haben.
Ich habe noch einen zweiten Glaubensgrundsatz an der Börse: Es sind häufig die Kleinigkeiten, die über positive oder negative Performance entscheiden. Niemand hat eine Glaskugel und weiß, ob die Aktien morgen steigen oder fallen werden. Aber wir haben mindestens eine 50:50-Chance, wenn wir eine Entscheidung darüber treffen. Kleinigkeiten können daraus eine 55:45-Chance zu unseren Gunsten machen. Zu den vermeintlichen Kleinigkeiten gehören die Produktauswahl, aber auch die Anbieterauswahl, das Setzen von Stoppkursen oder der richtige Kapitaleinsatz.
Ich werde einiges zeigen, was 80 Prozent der Privatanleger nicht beherzigen. Das gilt auch für institutionelle Fondsmanager, doch die werden allein schon vom Gesetz gezwungen, Risikomanagement zu betreiben. Deshalb sind zwar in Investmentfonds Verluste möglich (und das leider nicht selten), doch Totalverluste habe ich noch nie gesehen. Anders sieht es in Privatdepots aus.
Ich habe keine Werbebroschüre mit diesem Buch erstellen wollen. Ich zeige Ihnen die Hebelprodukte, die wirklich wichtig sind. Die Produkte versuche ich mit einfachen Worten zu erklären, manchmal werde ich auch einprägsame Vergleiche zu Nichtfinanzprodukten ziehen, damit sie besser zu verstehen sind. Bei Rechnungen versuche ich, wenn möglich, auf Daumenregeln zurückzugreifen. Zu einigen Produkten habe ich unterschiedliche Finanzdienstleister am Ende der Kapitel interviewt. Der Leser kann letztlich mit seinem in diesem Buch erworbenen Wissen die Antworten besser einschätzen und bewerten, als es vor der Lektüre der Fall war.
Damit ich wertvolle Praxistipps geben kann, habe ich alle Hebelprodukte selbst gehandelt. Manches Produkt kenne ich länger, so habe ich etwa 2005 meinen ersten Optionsschein (auf Porsche) gekauft. Nachdem ich bei einem Zertifikate-Emittenten 2008 meine Karriere in Frankfurt am Main gestartet habe, kaufte ich auch die ersten Hebelzertifikate und eröffnete das erste CFD-Konto. Kurze Zeit später habe ich bei einer Fondsgesellschaft angefangen und die institutionellen Hebelprodukte (Futures, Optionen, Swaps) gehandelt.
Neutrale Bücher (also keine Werbebücher) über Hebelzertifikate gibt es wenig und die meisten sind dazu schon sehr alt. Ich habe 2021/2022 alle Produkte gehandelt und mehrere CFD-Konten eröffnet, um am Puls der Zeit zu sein. Sie sollten am Ende des Buches die wichtigsten Hebelprodukte verstehen, sie anwenden können und mit dem Risikomanagement die Grundlage haben, dass Sie nicht zu den 80 Prozent Verlierern gehören.
Ich habe in dem Buch für eine flüssigere Lesbarkeit nicht gegendert, das bitte ich zu entschuldigen.
Die Macht des Hebels, welcher die Faszination von Hebelprodukten ausmacht, ergreift Frauen wie Männer gleichermaßen. Diese Faszination werde ich keinem potenziellen Händler oder keiner potenziellen Händlerin nehmen. Wir fangen jetzt mit den Grundlagen an und steigern uns dann mit dem Produktwissen. Anschließend kommt die praktische Anwendung und zum Schluss versuchen wir, unser Risiko zu minimieren.
Wir läuten die Börsenglocke und starten.
Derivategrundlagen
Börsenbegriffe und Händlersprache
Bevor wir uns den Optionsscheinen und Zertifikaten im Speziellen widmen, brauchen wir Grundlagen. Ich werde immer wieder Begriffe im weiteren Verlauf verwenden, die Sie in die Welt der Börse versetzen und mitschwimmen lassen. Wenn Sie Internetforen lesen oder ein Gespräch unter Fachleuten verfolgen, sollen Sie nicht auf der Strecke verloren gehen. Die fettgedruckten Begriffe sind typische Fachbegriffe bei Handel mit Hebelzertifikaten, die ich sofort erläutere. Ich habe sie zusätzlich im Glossar zum Nachlesen oder Wiederholen noch einmal aufgeführt.
Long/Short – die Seite
Kaufe ich etwas, was wertvoller werden soll, wenn Kurse steigen, bin ich Long. Sollte ich etwas erwerben, was wertvoller werden soll, wenn Kurse fallen, bin ich Short. Man sagt auch ich bin Long oder Short positioniert, oder ich habe eine Long- bzw. Short-Position. Käufer und Verkäufer, wovon auch immer, stehen auf Seiten. Die Investoren mit der Long-Position auf der Käuferseite und die anderen auf der Verkäuferseite. Wollte ich Long gehen und bin aus Versehen Short gegangen (oder habe verkauft statt gekauft), dann habe ich die falsche Seite gehandelt.
Bulle/Bär – die Marktmeinung
Der Bulle symbolisiert an der Börse steigende Kurse. Der Bär ist das Gegenstück für die fallenden Preise. Es kann deshalb Bullenmärkte (Bull-Market) oder Bärenmärkte (Bear-Market) geben. Seitwärtsmärkte gibt es im Übrigen auch, ein Symbol dafür aber nicht.
Investoren, die steigende Märkte erwarten, sind bullisch. Die Pessimisten sind bearisch.
Wenn die Märkte eine längere Zeit hintereinander steigen, es also einen Bullenmarkt gab, dann nennt man diese Phase auch Hausse. Das Gegenteil davon, die länger fallenden Märkte, werden Baisse genannt.
Die P/L – das Handelsergebnis
Ob Long, ob Short, das Geld ist fort. Oder auch nicht. Das Ergebnis von Kapitalmarktaktivitäten drückt sich in Form eines Gewinnes oder Verlustes unter dem Strich aus. Das nennt man unter Händlern die P/L. Es steht für „Profit and Loss“ (deutsch: Gewinn und Verlust) und wird englisch „Pie en EL“ ausgesprochen.
Auf dem Weg zur P/L können Sie sich in der Verlustzone befinden, Sie liegen dann hinten.
Sind Sie in der Gewinnzone, so liegen Sie vorne.
Trading versus Investitionen
Kaufen Sie ein Produkt, mit dem Sie langfristig investieren wollen, dann ist es eine Investition. Typischerweise sind dies Produkte mit unendlicher oder langer Laufzeit. Eine Ausnahme können Anleihen mit geringer Laufzeit oder Festgelder sein.
Das kurzfristige Investieren wird Trading genannt. Dabei werden kurzfristig zu erwartende Preisbewegungen gewinnorientiert ausgenutzt, meistens mit Derivaten. Diese Geschäfte werden Trades genannt und uns in diesem Buch verfolgen. Wird innerhalb eines Tages gehandelt und keine Position über Nacht gehalten, sprechen wir von Day-Trading.
Spezielle Derivatebegriffe
Ein Derivat ist ein Produkt, dessen Wert sich von einem anderen Finanzprodukt ableitet, das Underlying oder auf Deutsch der Basiswert. Steigt ein Derivat um eine Einheit, wenn sich der Basiswert um eine Einheit erhöht, so spricht man von einem Delta-1 Derivat.
Das Delta drückt die Änderungsgeschwindigkeit des Derivats aus, wenn sich der Basiswert bewegt. Ist das Delta bei 0,5, so bewegt sich das Derivat um eine halbe Einheit (zum Beispiel 50 Cent), wenn der Basiswert sich selbst um eine Einheit (zum Beispiel 1 Euro) verändert hat.
Die Margin ist ein weiterer wichtiger Begriff und bedeutet Sicherheitsleistung. Einige Derivate können mit wenig Geldeinsatz gehandelt werden, weil nur ein Prozentsatz des eigentlichen Investitionswertes (die Margin) hinterlegt werden muss. Verluste können aber genauso entstehen wie beim direkten Erwerb des Investitionsobjektes. Deshalb wird eine Sicherheitsleistung gebraucht, aus der sich bei Verlusten im Notfall ein Gegenspieler bedienen kann. Der Gegenspieler oder Kontrahent (englisch: counterpart) ist derjenige, der ein gegenteiliges Geschäft macht. Wenn ich kaufe, muss mir jemand etwas verkaufen. Wenn ich später verkaufe (hoffentlich mit Gewinn), brauche ich einen Gegenspieler, der mir meine Investition wieder abkauft.
Wenn ich an einer Derivatebörse handle, kenne ich den Kontrahenten nicht, was nicht nötig ist. Zwischen ihm und mir steht die Börse. Die Börse erhebt die Sicherheitsleistung und sorgt dafür, dass jeder sein Geld bekommt oder zahlt.
Spezielle Zertifikats-Begriffe
Verspricht Ihnen eine Bank eine Auszahlung bei einem bestimmten Kapitalmarktereignis (beispielsweise steigende Zinsen) und formt dieses Versprechen in ein handelbares Wertpapier, so spricht man von Verbriefung oder Zertifikaten. Die Bank, die das verbriefte Produkt herausgibt, nennt man Emittent und den Herausgabeprozess die Emission. Sollte das Auszahlungsversprechen von der Solvenz des Emittenten abhängig sein, so spricht man vom Kontrahentenrisiko.
Zertifikate sind auch Derivate, denn ihr Wert ist von echten Basiswerten abgeleitet. Steigen Zertifikate überproportional zur Wertentwicklung ihrer Basiswerte, so sind es Hebelzertifikate oder Hebelprodukte. Die Hebelwirkung ergibt sich meistens daraus, dass wesentlich weniger Einsatz bezahlt werden muss, als wenn man den Basiswert direkt kauft.
Die Zertifikate können Sie direkt von einem Emittenten erwerben, wenn Sie ein Wertpapierdepot besitzen. Sie können sie aber auch über Zertifikate-Börsen (beispielsweise Euwax in Stuttgart oder Scoach in Frankfurt am Main) kaufen, doch hier ist Ihr Kontrahent häufig nicht anonym. Es ist meistens der Emittent, der Ihnen über die Zertifikate-Börse die Produkte verkauft und später auch über diesen Weg zurücknimmt.
Wichtige Grundlagen zu Aktien und Indizes
Bevor Sie mit irgendeinem Derivat an der Börse einsteigen, sollten Sie die Grundlagen der Basiswerte, beziehungsweise der Börse, kennen. Die Grundlagen der Börse sind Stoff für ein eigenes Buch.
Für die Derivate ist es wichtig, dass Sie eine Vorstellung haben, wie hoch das Investitionsrisiko bei einer Anlage direkt in den Basiswert ist. Wenn Sie in eine Aktie investieren, die von heute auf morgen 10 Prozent fallen kann, wird ein zehnfach gehebeltes Zertifikat über Nacht ein Totalverlust sein. Spätestens beim Risiko- und Money- Management werden Sie so eine Einschätzung machen können und müssen. Ich werde hier auf die Punkte bei den Basiswerten eingehen, die für Derivate am relevantesten sind.
Die Liquidität der Basiswerte
Eine Aktie von Großunternehmen wird jeden Tag an der Börse mit millionenfachem Volumen gehandelt. Die Differenz zwischen Ankauf- und Verkaufskurs, fachlich Spread genannt, ist gering. Dieser Basiswert hat somit eine hohe Liquidität. Man kann zu Börsenöffnungszeiten kaufen und verkaufen, ohne dass der Kurs der Aktie großartig davon beeinflusst wird.
Diese Eigenschaft geht unmittelbar auf die dazugehörigen Derivate über. Ist der Basiswert liquide, so werden auch die Ankaufs- und Verkaufspreise des Derivats eng beieinander liegen.
Für Shortzertifikate ist ein funktionierender Leihemarkt wichtig. Hinter Shortzertifikaten steckt faktisch ein Leerverkauf. Für Leerverkäufe werden sich Basiswerte geliehen, verkauft und bei gefallenen Kursen günstig wieder zurückgekauft. Dann werden die Basiswerte dem Verleiher wieder zurückgegeben.
Genügend Aktienbesitzer, die ihre Aktie an einen Leerverkäufer verleihen (und dafür eine Extragebühr kassieren), gibt es häufig nur bei liquiden, also viel gehandelten Werten. Aber wenn eine Aktiengesellschaft überraschend Konkurs anmeldet und über Nacht 95 Prozent fällt, wird kein Aktienbesitzer mehr seine fast wertlosen Aktien verleihen. Der Verleihwert orientiert sich am Aktienwert. Ist dieser bei zu einem fast wertlosen Papier am Boden, ist kein Leihe-Ertrag mehr zu verdienen. Shorten ist damit nicht mehr möglich.
Die Dividenden
Halten Sie eine Aktie, welche eine Dividende ausschüttet, so wird am Tag der Dividendenausschüttung der Kurs der Aktie mit einem Dividendenabschlag notieren. Also fällt der Aktienkurs bei einer Ausschüttung von 5 Prozent um genau diese Größe, falls es an dem Tag keine anderen kursrelevanten Nachrichten oder Ereignisse gab.
Eigentlich eine sichere Short-Position, oder? Das ist selbstverständlich nicht so, denn ein Derivat kennt die Dividendenerwartung und wird das genau in seinen Wert vor der Ausschüttung einpreisen. Nur wenn die Dividende nicht der Erwartung entspricht, sie zum Beispiel überraschend höher ist, lässt sich mit Shortderivaten Geld verdienen. Fällt die Dividende jedoch geringer aus als erwartet, wird das Shortderivat an Geld verlieren, obwohl der Kurs des Basiswertes an der Kurstafel fällt.
Aktienindizes sind ein theoretischer Aktienkorb und müssen auch mit Dividenden klarkommen. Es wird hier zwischen Kurs- und Performance-Indizes entschieden. Der Performance-Index legt die Dividenden seiner Mitglieder gleich wieder in die jeweilige Aktie an. Der Kursindex hingegen verliert durch die Ausschüttungen seiner Mitglieder regelmäßig ein paar Punkte. Wenn ein Basiswert als Kurs- und Performance-Index berechnet wird, so wird der Performance-Index immer besser performen. Kapital lässt sich mit Derivaten daraus nicht schlagen, denn diese mathematisch gesicherte Entwicklung ist immer mit eingepreist.
Kassa- versus Futures-Markt
Aktienindizes haben keine Endlaufzeit. Sie haben Basiswerte in sich, die selbst unendlich laufen. Für diese Basiswerte muss der Gegenwert in Geld bei Erwerb hingelegt werden, gewissermaßen muss in die Kasse gegriffen werden. Man nennt diese Basiswerte und auch die Indizes Kassamarkt. Theoretisch könnte auch ein Derivat endlos auf diese Basiswerte laufen.
Wenn es um Rohstoffe geht, ist ein direktes Investieren in den Basiswert nur schwer möglich. Insbesondere bei den Rohstoffen, die keine Edelmetalle wie Gold oder Silber sind, ist eine direkte Investition ausgeschlossen. Dafür gibt es sogenannte Futures, die im nächsten Abschnitt näher erläutert werden. Mit Zertifikaten haben wir Derivate auf Futures, also Derivate auf Derivate. Hier kann es Fallstricke geben. Um diese zu verstehen, steigen wir zunächst in die institutionellen Derivate ein, die an der Börse gehandelt werden.
Börsengehandelte Derivate
Derivate, die an einer Börse gehandelt werden, sind grundsätzlich nur für institutionelle Anleger geeignet. Privatanleger dürfen sie auch handeln, es ist jedoch erst ab einer Depotgröße von 50.000 Euro sinnvoll. Gut informierte Anleger wissen, dass in Derivate investiertes Kapital einem erhöhten Verlustrisiko ausgesetzt ist. Derivate, die an der Börse gehandelt werden, unterliegen dem Schutz der Börsenaufsicht, die Käufer kennen die Verkäufer nicht und die zu hinterlegende Margin eliminiert Ausfallrisiken. Die berühmteste Derivatebörse in Europa ist die EUREX. Es gibt zwei Arten von Derivaten: Optionen und Futures. Mein Buch hat seinen Fokus auf Zertifikate gelegt. Zertifikate werden vom Emittenten in der Regel mit Optionen und Futures nachgebildet. Deshalb ist es für Käufer von Zertifikaten wichtig zu wissen, wie die institutionellen Derivate funktionieren.
Futures
Stellen Sie sich vor, Sie vereinbaren mit einer Tankstelle, 50 Liter Diesel in vier Wochen verbindlich zu kaufen. Den Preis dafür möchten Sie zwar erst in vier Wochen bezahlen, aber heute schon vereinbaren. Dann wird der Tankstellenpächter Ihnen den Preis von heute geben und dazu seine Lager- und Versicherungskosten, sowie den entgangenen Zins aufschlagen (er bekommt den Kaufpreis erst in vier Wochen). Der Preis ist also etwas höher, als wenn Sie gleich getankt hätten. Sie haben mit dem Pächter einen Forward abgeschlossen.
Stellen Sie sich jetzt eine Dieselbörse vor, bei der die Börse einheitliche Regeln für Forwards festlegt. Die Börse sagt, dass immer 100 Liter Diesel geliefert werden müssen und dass es feste Lieferzeitpunkte gibt. Gleichzeitig legt sie Sicherheiten fest, die für einen Geschäftsabschluss bei ihr hinterlegt werden müssen. Dann ist der Forward so standardisiert, dass er einen neuen Namen hat: Er ist ein Future. Eine Einheit nennt man Kontrakt.
Der Vorteil von Futures gegenüber dem Forward ist, dass durch die klaren Regeln viele Marktteilnehmer das Produkt handeln können, ohne mit jemandem etwas zu verhandeln. Mehr noch, die Preise von Futures können mit An- und Verkaufspreisen transparent an der Börse veröffentlicht werden.
Eine Börse bringt Käufer und Verkäufer anonymisiert zusammen. Wie kann man sich sicher sein, an der Börse für sein gewünschtes Geschäft eine Gegenseite zu finden? Dafür sind die Ankaufs- und Verkaufspreise da. Das sind konkrete Angebote für mindestens einen Kontrakt (meistens aber mehrere) für beide Seiten (Kauf, Verkauf).
Sind zu wenige Verkäufer am Markt, wird der Preis des Futures so lange steigen, bis sich wieder genügend verkaufswillige Händler finden. Sind zu wenige Käufer da, die zum aktuellen Marktkurs kaufen wollen, fällt der Preis des Futures.
Long und Short
Futures können unkompliziert verkauft werden, obwohl man sie überhaupt nicht besitzt. Es ist beispielsweise möglich, minus fünf Kontrakte zu haben. Sie sind damit fünf Kontrakte short. Kaufen Sie die fünf Kontrakte zurück, schließen Sie die Position und sind flat. Kaufen Sie danach zwei Kontrakte, so sind Sie zwei Kontrakte long. Da der Handel von Futures synthetisch stattfindet, also keine physischen Geschäfte wie die Lieferung von Aktien dahintersteht, sind komplizierte Leerverkäufe nicht nötig. Long- und Short-Geschäfte sind sekündlich durchführbar, ohne dass jemand sich etwas zum Shorten leihen muss.
Initial und Variation Margin
Die Initial Margin ist eine Sicherheitsleistung in Form von Cash oder anderen schnell liquidierbaren Vermögensgegenständen, welche bei der Börse, bei Eröffnung eines Futures, hinterlegt werden muss. Da diese nur einen Bruchteil des Kontraktwertes vom Future beträgt, kann hier eine enorme Hebelwirkung erreicht werden. Wenn Sie nur 10.000 Euro für ein 100.000-Euro-Finanzprodukt hinterlegen müssen, können Sie für 100.000 Euro gleich zehn Kontrakte kaufen. Dann investieren Sie jedoch 10-mal 100.000 Euro Gegenwert, also eine Million Euro. Gewinne und Verluste werden so angerechnet, als ob sie mit einer Million investiert gewesen wären. Hier lauern neben der Gewinnchance auch hohe Verlustrisiken.
Die Variation Margin ist die Gewinn- und Verlustabrechnung Ihrer Position und findet täglich am Ende des Handelstages statt. Kaufen Sie mittags für 100.000 Euro Gold mittels Futures und bis zum Börsenende steigt der Wert auf 110.000 Euro, so bekommen Sie von der Börse am Ende des Tages 10.000 Euro überwiesen. Das Geld wird effektiv am Folgetag Ihrem Konto gutgeschrieben. Wäre der Futures gefallen, so hätten Sie mit Ihrer Long-Position den Verlust bezahlen müssen.
Halten Sie die Futures mehrere Tage lang, werden die Schlusskurse täglich ausgewertet. Ist der Schlusskurs im Vergleich zum Vortag höher, bekommt die Long-Position Geld, ist sie niedriger, so wird der Verlust bezahlt werden müssen.
Das Laufzeitende
Futures laufen nicht unendlich, sie verfallen regelmäßig. Manche verfallen viermal im Jahr, andere auch monatlich.
Was passiert am Laufzeitende? Das hängt vom Basiswert ab. Basiswerte können beispielsweise Rohstoffe (Diesel, Schweinebäuche, Weizen) sein, Aktien, Währungen oder Indizes.
Wer Rohstoff-Futures bis zum Laufzeitende hält und nicht zumacht, der hat ein Problem. Es wird der entsprechende Rohstoff physisch geliefert. Ja, wenn Sie einen Weizenfuture nicht schließen, bekommen Sie 5.000 Bushel Weizen geliefert. Was den Weizenhändler nicht stört, vielleicht sogar gewollt ist, ist für 99 Prozent der Futures-Händler ein Albtraum. Auch institutionelle Marktteilnehmer, etwa Fonds, Pensionskassen oder Banken, haben keinen Schuppen für solch eine Situation.
Wer eine Short-Position hatte, muss den Rohstoff liefern, auch wenn er ihn gar nicht hat. Wenn jemand wirklich vergisst, den Futures zu schließen, wird er eine Rohstoffabwicklungsstelle beauftragen müssen, diesen Fehler wieder zu bereinigen – und das wird teuer.
Bei Futures auf Währungen, Anleihen, ETFs oder Aktien ist es entspannter. Eine effektive Abwicklung findet hier digital im Depot statt. Stress kommt nur dann auf, wenn beispielsweise eine Anleihe oder Aktie geliefert werden muss, die sich noch nicht im Depot befindet. Diese muss dann schnell noch gekauft werden, egal zu welchem Preis diese gerade notiert.
Indizes sind mathematische Konstrukte, sie können nicht geliefert werden. Am Laufzeitende gibt es deshalb einen Barausgleich. Bei Futures findet jeden Abend ein Gewinn- und Verlustausgleich nach dem Feststellen der Schlusskurse statt. An dem Tag, an dem der Futures verfällt (meistens mittags), wird ein letztes Mal zu dem Verfallkurs ein Gewinn- und Verlustausgleich gemacht.
Die Futures-Rolle
Wer über den Verfallzeitraum hinaus mittels Futures in ein Underlying investiert sein möchte, muss sich einen neuen Kontrakt kaufen, welcher noch nicht verfallen ist. Wenn das Schließen des alten und das Öffnen des neuen Kontraktes in derselben Sekunde stattfindet, bezeichnet man das als Futures-Rolle. Obwohl die Preise zwischen dem alten und neuen Kontrakt meist unterschiedlich sind, ist der Vorgang cashneutral. Es kostet maximal Broker- oder Börsengebühren.
Optionen
Wir werden uns später noch ausführlicher mit Optionsscheinen beschäftigen. Optionen und Optionsscheine sind in ihrer Preisbildung gleich, bezüglich ihrer taktischen Einsatzmöglichkeiten haben Optionen ganz andere Möglichkeiten. Hinzu kommt, dass Optionsscheine Zertifikate mit Emittenten-Risiko sind. Optionen werden wie Futures über Börsen abgewickelt und haben keinen Emittenten.
Elemente von Optionen
Optionen haben eine Laufzeit. Diese kann zwischen einem Tag und wenigen Jahren variieren. Der Tag, an dem sie verfallen, ist in der Regel ein Freitag, meistens der dritte Freitag im Monat.
Optionen haben einen Basiswert, auch Underlying genannt. Basiswerte können nahezu alle Finanzprodukte sein, bei denen sich zuverlässig und bindend Basiswertpreise ermitteln lassen. Hier bietet sich alles an, was an einer Börse gehandelt wird (Aktien, Indizes, Rohstoffe, sogar Futures) oder offizielle Preisfixierungen zu bestimmten Zeiten hat (beispielsweise Währungen oder Edelmetalle).
Händler haben bei Optionen ein Recht, einen Basiswert an einem bestimmten Tag (spätestens am Laufzeitende) zu einem bestimmten Preis zu kaufen oder zu verkaufen. Ein Kaufrecht nennt man Call. Ein Verkaufsrecht wird Put genannt.
Den bestimmten Preis, zu dem ein Geschäft abgeschlossen werden kann, nennt man Strike oder Ausübungspreis.
Wird das Recht zum Kauf oder Verkauf wahrgenommen, sprechen wir von einer Ausübung. Aus einer Ausübung kann die Lieferung (bei Puts) oder der Erhalt (bei Calls) des Basiswertes resultieren. Es ist aber auch ein Barausgleich (englisch: cash settlement) möglich, denn nicht alle Basiswerte lassen sich liefern, beispielsweise Indizes.
Es gibt auch ein Bezugsverhältnis, das besagt, wie viele Aktien mit einer Option erworben werden können. Im Falle von Indizes bestimmt es den Wert jedes Indexpunktes. Wie hoch das Bezugsverhältnis oder der Punktwert ist, legt die Börse bindend für alle Marktteilnehmer fest.
Eine Option (egal ob Call oder Put), deren Strike-Preis mit dem aktuellen Marktkurs des Basiswertes übereinstimmt, ist am Geld.
Ein Call, dessen Strike unter dem Marktkurs des Basiswertes liegt, ist im Geld. Liegt der Marktkurs des Basiswertes unter dem Strike, ist die Option aus dem Geld.
Beim Put ist die Option im Geld, wenn der Marktkurs des Basiswertes unter dem Strike-Preis liegt. Ein Marktkurs des Basiswertes über dem Strike lässt die Put-Option aus dem Geld liegen.
Der Preis der Option wird als Optionsprämie bezeichnet.
Beispiele:
Optionen haben keine Wertpapierkennnummern. Die Informationssysteme Reuters und Bloomberg haben eine Syntax, mittels der eine Option eindeutig zu identifizieren ist. Am intuitivsten ist dabei die Bloomberg-Systematik, die mit einem Kürzel für den Basiswert beginnt, dann die Laufzeit fordert, anschließend die Art des Rechts und zum Schluss den Strike.
Beispielticker DAX 06/24 C16500
Wir haben eine Option auf den DAX, das ist naheliegend. Verfall ist der Juni im Jahr 2024. Da die Optionen standardmäßig am dritten Freitag verfallen, muss das exakte Datum hier nicht definiert werden. In der Kürze liegt die Würze.
Das C weist darauf hin, dass wir eine Kaufoption, also einen Call, haben. Die 16500 ist unser Strike und somit der Indexstand in Punkten.
Beispielticker ALV 12/25 P200
Wir haben eine Option auf die Allianz, denn ALV ist das Börsenkürzel an der Heimatbörse.
Dezember 2025 ist der Verfall und wird unter Händlern „Dec“ (für December) oder „Weihnachten“ genannt.
Das P weist darauf hin, dass wir eine Verkaufsoption, also einen Put haben. Der Ausübungspreis liegt bei 200 Euro. Euro, weil die Heimatbörse von ALV eine Eurobörse ist und somit der Eurokurs der Allianzaktie relevant ist.
Ausübung
Nehmen wir an, der DAX steht bei Laufzeitende unserer Beispieloption bei 16600 Punkten.
Dann ist es sinnvoll, die Option auszuüben, sie ist im Geld. Der Index wird theoretisch zu 16500 Punkten (der Strike) gekauft und kann sofort zu 16600 Punkten verkauft werden. Das ist nur Theorie, denn in der Praxis kann kein Index gekauft werden, schon gar nicht für Punkte. Die Börse hat für den DAX festgelegt, dass jeder Indexpunkt 5 Euro wert ist.
Habe ich eine Call-Option, welche nun 100 Punkte im Gewinn ist (16600-16500), bekomme ich dafür bei Ausübung 500 Euro Barausgleich (5 Euro mal 100 Punkte).
Hätte ich eine Put-Option gehabt, wäre diese aus dem Geld gewesen und damit wertlos verfallen.
Nehmen wir an, die Allianz steht am Laufzeitende unserer Beispieloption bei 190 Euro. Wir haben hier mit dem Put ein Verkaufsrecht.
Wir könnten jetzt die Allianzaktie am Markt für 190 Euro kaufen und sofort über die Ausübung der Option für 200 Euro verkaufen. Das ergibt Sinn, also beschäftigen wir uns mit dem Bezugsverhältnis. Das ist bei Aktien und der Standardbörse für die Allianz bei 100. Eine Option deckt somit 100 Aktien ab.
Üben Sie die Option aus, können Sie 100 Allianzaktien mit einem Sofortgewinn von 10 Euro pro Aktie verkaufen. Es sind somit 1000 Euro Gewinn.
Hätte die Option an der Börse bei Kauf bei einem Euro notiert, so hätte das Bezugsverhältnis von 100 Aktien mitberücksichtigt werden müssen. Ich hätte somit 100 Euro (1 mal 100) für meine Option bezahlt und mich am Ende über 1000 Euro Einnahmen und 900 Euro Gewinn gefreut.
Einen vergleichbaren Call für 200 Euro zu ziehen, hätte keinen Sinn ergeben, wenn die Aktie am Markt 189 Euro kostet. Diese Option wäre wertlos.
Doch die Frage, ob ich einen Put oder Call handle und wo der Strike-Preis liegt, ist bei Optionen nicht allein relevant für das Ergebnis. Die Frage ist, ob ich die Option gekauft habe, also long bin, oder verkauft habe, und damit eine Short-Position habe.
Die Gegenseite – die Stillhalter
Kaufen Sie eine Option an der Börse und es gibt keinen Emittenten, so wird Ihnen trotzdem jemand dieses Produkt verkaufen, sofern ihr angebotener Kaufpreis für Verkäufer attraktiv ist. Es gibt kein Geschäft ohne Gegenseite.
Sie können auch an der Börse eine Option verkaufen, die Sie gar nicht haben, denn so entstehen Märkte. Sie verkaufen die Option und hoffen, dass diese wertlos wird oder zumindest weniger Wert am Ende hat, als Sie beim Verkauf an Erlös bekommen haben. Sie halten still und sind damit Stillhalter.
Als Stillhalter wetten Sie, dass ein Marktereignis nicht eintritt.
Tritt es jedoch ein, kann es theoretisch unendlich teuer werden. Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen einen Call auf eine Aktie mit Strike-Preis 50 Euro, der Aktienkurs des entsprechenden Unternehmens liegt bei 30 Euro, der Optionsverfall ist in 6 Monaten. Was nach einer sicheren Wette klingt, kann schiefgehen. Aktien haben Potential, sich innerhalb kürzester Zeit zu vervielfachen. Steigt eine Aktie ins Unendliche, muss der Verkäufer der Call-Option auch unendliche Verluste einstecken.
Wer sollte so verrückt sein? Es können sogar konservative und risikoaverse Fondsmanager sein! Wer 100 Aktien eines Unternehmens besitzt und eine Call-Option verkauft, dem kann gar nicht so viel Schlimmes passieren, denn er ist gesichert. Ein unendlicher Aktiengewinn schützt vor dem unendlichen Optionsverlust. Es ist nur ärgerlich, dass die steigende Aktie im Depot unterm Strich keinen Ertrag abwirft. Bei seitwärts laufenden Aktien hätte der Anleger die eingenommene Optionsprämie zur Performanceverbesserung nutzen können.
Volatilität für Einsteiger
Der wichtigste Einflussfaktor für die Preisbildung von Aktien und Renten ist der Zins. Sind die Zinsen hoch, so ist der Kauf von Anleihen attraktiver als der Erwerb von Aktien. Die Aktien geben Dividenden ab, jedoch nicht immer und nicht verpflichtend. Zusätzlich haben sie ein Kursrisiko.
Die Perspektive für positive Aktienentwicklungen ist bei hohen Zinsen auch schlechter. Unternehmen haben höhere Fremdkapitalkosten und können für Investitionen in das Wachstum weniger Kredite aufnehmen. Deshalb schaut der Finanzmarkt gespannt auf jede Zentralbanksitzung und bei unerwarteten Zinsentscheidungen schwanken die Börsen.
Das Schwanken der Börse führt uns zur Volatilität. Für das Risikomanagement und auch für die Preisbildung aller Derivate, die das Wort „Option“ in sich tragen, ist Volatilität der wichtigste Einflussfaktor. Der Zins rückt bei Derivaten in den Hintergrund, denn er beeinflusst nur den Basiswert.
Volatilität historisch und implizit
Volatilität ist per Definition die Schwankungsbreite eines Finanzmarktproduktes innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Ich möchte hier nicht mit Formeln anfangen, deshalb versuche ich es mit einfachen Sätzen.
Schwankt ein Index an einem Tag um 50 Punkte und am nächsten Tag um 150 Punkte, so ist die Volatilität angestiegen. Wichtig: Der Index kann am Ende jedes Tages zum gleichen Kurs schließen, wie er eröffnet hat und trotzdem volatil sein. Die Heftigkeit der Bewegungen innerhalb eines Zeitraumes sowie der Abstand zwischen Hoch- und Tiefpunkten sagen etwas über die Volatilität aus.
Wir unterscheiden zwischen historischer und impliziter Volatilität.
Historische Volatilität
Die historische Volatilität ist ein Rückblick. Wie sehr schwankte beispielsweise eine Aktie in der Vergangenheit, wie sehr ein Währungspaar? Die Beobachtung lässt sich mathematisch ausdrücken und genaustens analysieren.
Implizite Volatilität
Die implizite Volatilität ist eine Marktmeinung, wie die Volatilität eines Basiswertes innerhalb eines zukünftigen Zeitraumes sein könnte. Es ist aber nur eine Meinung. Der Markt selbst hat auch keine Glaskugel. Der Markt schaut in die Vergangenheit und geht davon aus, dass es so weitergeht, beachtet aber dabei aktuelle Entwicklungen. Mit „aktuell“ können die letzten Minuten oder gar Sekunden gemeint sein.
Das mag immer noch abstrakt klingen, deshalb stellen wir uns eine Feuerversicherung in einer bestimmten Region vor. Brennt es in der Region wenig, wird die Prämie günstig sein. Erhöht sich die Anzahl der Brände in den letzten Wochen und steht eine ungewöhnliche Trockenheit bevor, wird der Versicherer die Prämie erhöhen. Er erwartet mehr Brände, impliziert also eine höhere Volatilität.
Ausdruck der Wahrscheinlichkeit
Wir sind hier schon an dem Punkt, den ich Ihnen mit diesem Kapitel näherbringen möchte: Je höher die Volatilität, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Hoch-oder Tiefpunkte erreicht werden. Wenn sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, hat das Einfluss auf Preise. Im Gegensatz zu Versicherungsprämien wirkt eine Änderung von Wahrscheinlichkeiten an der Börse innerhalb von Sekunden.
An der Börse lassen sich Volatilitäten an Preisen von Optionen ablesen. Nicht direkt, aber sie lassen sich indirekt errechnen, weil alle anderen preisbeeinflussenden Faktoren (Zins, Laufzeit, Kurs des Basiswertes) auch anderweitig zu ermitteln oder bekannt sind.
Bedeutung und Eigenschaften der Volatilität
Die Volatilität ist ein wesentlicher Faktor für die Preisbildung von Optionen. Damit ist sie auch für Zertifikate, die in ihrem Innern (also die Art und Weise, wie sich der Emittent sichert) teilweise auch Optionen haben, wichtig. Was im Innern eines Zertifikates stattfindet, bestimmt den Preis eines Zertifikats.