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Warum der menschliche Körper kein Bauwerk für die Ewigkeit ist.
Die Molekularbiologie hat in den letzten zwanzig Jahren immense Fortschritte erzielt: Wir wissen, welche Gene unsere Lebensdauer begrenzen, wir können zeigen, dass die Fehlfunktion eines einzigen winzigen Proteins eine altersbedingte Krankheit wie Alzheimer auslöst. Wir gewinnen ständig neue aufregende Einblicke in Zellteilung und Zellstoffwechsel und deren Gefahrenquellen. Kein Wunder, dass immer häufiger Mediziner davon träumen, den Alterungsprozess so aufzuhalten, dass uns die alterstypischen Erkrankungen erspart bleiben.
Doch wie realistisch sind solche Hoffnungen auf ewige Jugend? Und was kann man, solange es den Jungbrunnen auf Rezept noch nicht gibt, vorbeugend gegen die Beschwernisse der späten Jahre unternehmen? Was müsste gesellschaftlich in die Wege geleitet werden, um zu verhindern, dass aus einer alternden eine morbide Gesellschaft wird? Deutschlands renommiertester Alternsforscher legt ein aufklärerisches Buch zu einer der wichtigsten Fragen unserer Zeit vor.
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Seitenzahl: 345
Björn Schumacher
Das Geheimnis des menschlichen Alterns
Die überraschenden Erkenntnisse
der noch jungen Alternsforschung
Blessing
Das Buch
Eine Verlängerung der Lebenszeit ohne Verlängerung der Gesundheitsspanne – d. h. der Zeit des Lebens, in der wir gesund sind –, beschwört das Horrorszenario einer morbiden Gesellschaft herauf. Die Gesundheitsspanne des Einzelnen kann aber nur verlängert werden, wenn alternsbedingte Krankheiten später als bisher einsetzen oder gar nicht. Präventive Therapien müssen gefunden werden. Nur so können wir verhindern, dass die alternde Gesellschaft zu einer alterskranken wird. Dazu bedarf es Investitionen in die biologische Alternsforschung. Dem steht die mangelnden Innovationsfreude der Pharmaindustrie entgegen – die lieber bereits vorhandene Wirkstoffe neuverpackt und minimal verbessert, statt ein ganz neues Medikament zu entwickeln, was risikoreich und kostspielig ist. Auch fanatischer Tierschutz – die bestimmte Experimente zur Widerherstellung alternder Gewebe oder alle Experimente zur Parabiose untersagen – und behördliche Auflagen hemmen die Forschung. Die Forschungsaktivitäten der Pharmaindustrie sind längst aus Deutschland in die USA abgewandert, Deutschland als »Apotheke der Welt« ist Vergangenheit. Bei abnehmender Innovationsfreudigkeit der Pharmaindustrie stellt sich die Frage, ob die Entwicklung neuer Therapien nicht eine gesellschaftliche Aufgabe werden muss, wie sie z. B. in Amerika im Regierungsauftrag das National Institute of Health übernimmt.
Der Autor
Björn Schumacher, Jahrgang 1975, studierte Biologie an der Universität Konstanz an der State University of New York und promovierte am Max Planck Institut für Biochemie in Martinsried bei München. Er hält den Lehrstuhl für Genomstabilität in Alterung und Erkrankung an der Medizinischen Fakultät zu Köln inne und leitet eine Forschungsgruppe am Kölner Exzellenzcluster für die Alternsforschung CECAD.
Copyright 2015 Karl Blessing Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlaggestaltung: Geviert Grafik & Typografie, München
Werbeagentur, Zürich
Lektorat: Lea Steinbeck/Edgar Bracht
Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich
ISBN: 978-3-641-13688-8
www.blessing-verlag.de
Inhalt
Warum sollte ich jetzt ein Buch über das Altern lesen?
I. Warum altern wir? Eine Frage, so alt wie die Menschheit
Was ist Altern?
Altern und Tod in den frühesten Schriftzeugnissen
Der Ursprung des Alterns und die Bausteine des Lebens
Das Altern ist eine alte Eigenschaft des Lebens
Der Körper altert, die Keimbahn lebt weiter
Altern spielt in der Evolution keine Rolle
Auf den Spuren der Unausweichlichkeit des Alterns
II. Gene steuern die Alterung
Langlebigkeit durch Gene
Die ersten genetischen Mechanismen der Langlebigkeit
Gendefekte und Wachstumshormone und ihre Bedeutung fürs Altern – bei Mäusen und Menschen
III. Der Prozess des menschlichen Alterns
Vorzeitige Alterung: Wenn Kinder zu Greisen werden
Wie Zellen auf DNA-Schäden reagieren: Checkpoints und Krebs
DNA-Reparatur: Zwischen Altern und Krebsentstehung
DNA-Schäden verursachen Krebs
Die Gefahren der Sonnenstrahlen und das Phänomen der Mondscheinkinder
DNA-Schadensreaktionen im Alter
Demenz: Wenn unsere Nerven altern
IV. Proteine, Moleküle und Zellen im Alter
Proteine: bauen, transportieren, zerstören
Hungern für ein langes Leben: die kalorische Restriktion
Mitochondrien: die Kraftwerke der Zelle
Das Leben von Gnaden der Moleküle
Die Telomere: Schutzkappen der Chromosomen und des Alterns
Moleküle sind beschädigt, der Körper reagiert
Altern und Reproduktion
Die weibliche Stärke: Frauen leben länger als Männer
V. Die Umwelt des Alterns
Lebensumstände und Lebenserwartung
Ernährung und Altern
Wenn Gift uns Gutes tut: die Hormese
Oberflächliche Therapien gegen oberflächliche Alterung: die Anti-Aging-Kosmetik
VI. Ist Altern therapierbar?
Rasante Fortschritte in der modernen Medizin
Krankheitsvorbeugung und Therapien
Krebstherapie: von einem Todesurteil zu einer chronischen Krankheit
Die Voraussetzungen für Anti-Aging-Therapien
Therapieansätze für Altersdemenz
Stammzellen und regenerative Medizin
Die magische Pille
Ausblick: Wege aus der alternden Gesellschaft
Anmerkungen und Literaturhinweise
Namensregister
Warum sollte ich jetzt ein Buch über das Altern lesen?
Erinnern Sie sich noch? An Ihr erstes Mal? Als Ihnen klar wurde, dass Ihr Leben endlich ist? Dass Sie vergänglich sind und sterben werden? Vielleicht ist Ihnen diese Erkenntnis nicht plötzlich, sondern eher schleichend gekommen. Oft wird uns die Unausweichlichkeit des eigenen Todes erst bewusst, nachdem ein uns nahestehender Mensch gestorben ist. Man fühlt die Vergänglichkeit des Seins durch das Vergehen eines anderen. Es mag die Empathie mit dem Sterbenden sein, der Schmerz über den unumkehrbaren Verlust des geliebten Nächsten. Solche seltenen Momente des Innehaltens und Nachdenkens zwingen uns dazu, uns auf das Wesentliche zu besinnen.
Wie, glauben Sie, wird es dem Ende zugehen? Wie war es denn bei den Eltern oder Großeltern? Ein plötzlicher Herzinfarkt? Ein langes Leiden nach einem Schlaganfall? Das langsame Fortschreiten einer Altersdemenz? Ein Krebs, womöglich mit langwieriger Therapie? Oder doch ein Unfall? Vielleicht altersschwach eingeschlafen? Denken Sie daran? An das Ende, Ihr Ende? Womöglich tun Sie dies nicht, zumindest nicht allzu häufig. Wie auch leben, wenn man sich zu sehr mit dem Sterben beschäftigt. Aber Sie sind damit ja nicht allein. Jeder Mensch weiß, dass er sterben wird. Dazu ist weder besondere Intelligenz noch Begabung notwendig. Wir wissen es alle. Aber wir sprechen kaum darüber.
Das Wissen um den eigenen Tod ist auch nicht neu. Schon unsere Vorfahren haben ihre eigene Endlichkeit erkannt. Wann es dem ersten Menschen dämmerte, dass seine Existenz grundsätzlich endlich ist, wissen wir nicht, schließlich haben unsere Vorfahren ja schreiben müssen, wollten Sie der Nachwelt etwas mitteilen. Was mag den ersten schreibkundigen Menschen so wichtig gewesen sein, dass sie es schriftlich fixierten? Natürlich, der Handel und die Tauschgeschäfte. Das liegt nahe, schließlich ist der Erfolg der Menschheit zu einem beachtlichen Teil seinem Streben nach Mehrung des eigenen Wohlstandes zu verdanken. Aber wovon handelt das erste Epos der Menschheit? Sie ahnen es, es geht um das Streben nach Unsterblichkeit! Offenbar sind Sie nicht der erste Mensch, der über seinen Tod nachdenkt. Ganz im Gegenteil, es ist wohl sogar eines der ersten Zeichen des menschlichen Bewusstseins, sich des eigenen Todes gewärtig zu werden.
Aber was hat sich geändert, seit ein unzivilisierter Homo sapiens – oder war es schon ein entfernter Vorfahre – erkannte, dass seine Existenz vergänglich war. Zur Definition des Homo sapiens als (wörtlich übersetzt) »einsichtsfähiger bzw. weiser Mensch« würde eine solche Erkenntnis sicherlich gut passen. Und sterben tun wir ja noch immer, so wie jedes andere Lebewesen auch. Doch wissen wir mehr darüber als unser unzivilisierter Vorfahre? Was würden wir ihm erzählen? Tag und Nacht könnten wir ihm von der Entwicklung der Menschheit berichten, von Religionen und Wissenschaft, Kriegen und Weltreichen, Philosophien und Literatur, Technik und Industrie, Krankheiten und Heilungen –aber unsere Sterblichkeit? Vielleicht würden wir ihm schulterzuckend sagen, vergiss es, daran ändert sich auch zehntausend, ja hunderttausend Jahre später noch immer nichts.
Vergessen, das ist in der Tat der übliche Weg, sich über die Sterblichkeit hinwegzusetzen. Mehr noch, wir verdrängen sie. Das Verdrängen ist sogar wichtig. Menschen haben sich Religionen erschaffen, manche, die wir heute eher belächeln mögen, andere, mit denen wir uns vielleicht sogar anfreunden können. Ein Paradies war die perfekte Lösung der Todesproblematik: Es gibt ein Leben nach dem Tod! Anderen war die Wiedergeburt auf Erden wohl plausibler. Also alles nicht so schlimm mit der begrenzten Existenz auf Erden, anschließend würde es ja in gleicher oder anderer Form weitergehen.
Das Leben wird zum Ende hin immer kürzer und geht immer tödlich aus. So könnte man das Altern beschreiben. Was wissen wir über das Altern? Im Gegensatz zum Tod ist das Altern an sich ja greifbarer. Könnten wir unserem vorgeschichtlichen Vorfahren wenn nicht über ein Leben nach dem Tod, so doch etwas über das Altern erzählen? Was Altern ist, wie es funktioniert, warum er und Sie altern?
Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie ihm was zu erzählen haben, denn in der Tat: Erst unsere Generation in der langen Menschheitsgeschichte hat fundamentale Einblicke in das Geheimnis des menschlichen Alterns gewinnen können. In den letzten Jahren ist es sogar zu einer förmlichen Explosion im Verständnis des Alterns gekommen. Davon handelt dieses Buch.
I. Warum altern wir?Eine Frage, so alt wie die Menschheit
Was ist Altern?
Zunächst einmal eine Definition für etwas, was wir in jeder Sekunde unseres Lebens tun: altern. Danach werden Sie erfahren, warum Leben und Altern untrennbar sind und wir glücklicher- und unglücklicherweise niemals wie Dorian Gray werden können. Bevor Sie von einer Hundertjährigen erfahren, der Zigaretten nichts anhaben konnten, werden Ihnen noch zweieiige Zwillinge vorgestellt: das chronologische und das biologische Alter.
Als wohl erstaunlichste Besonderheit der menschlichen Kultur kann gelten, dass wir uns unserer selbst, unseres Alterns und unseres Todes bewusst sind. Wir alle altern, mit jedem Jahr, jedem Tag, jeder Minute unseres Lebens. Es gibt keine Ausnahme, keinen Aufschub. Mal altern wir schneller, mal langsamer. Der eine ist altersschwach mit siebzig, der – oder viel häufiger: die – andere mit neunzig. Betrachtet man den Durchschnitt, so leben Frauen länger als Männer. Weil sie aber länger leben, leiden Frauen auch länger an Erkrankungen im Alter.
Was ist Altern? Der Begriff Altern wird gemeinhin definiert als die graduelle Abnahme der Funktionstüchtigkeit von Organen, Geweben und Zellen bei gleichzeitiger Zunahme der Wahrscheinlichkeit zu erkranken und zu sterben. Interessanterweise fehlt uns ein Begriff für eine Zunahme an Lebensjahren ohne das Altern, gleich einem Dorian Gray, der sein Bildnis an seiner Stelle altern lässt. Es gibt also kein Älterwerden ohne »Altern«, nicht einmal als sprachliches Konzept. Und so geht es uns nicht nur in der deutschen Sprache; Menschen kennen kein Älterwerden ohne altern. Unser Leben ist mithin vom Altern geprägt; Leben und Altern lassen sich nicht voneinander trennen.
Es gibt verschiedene Ansichten darüber, wann das Altern beginnt. Schon die antiken Griechen datierten den Höhepunkt des Lebens in die frühen Zwanziger, und es gibt einige Anzeichen dafür, dass in der Tat ab Mitte zwanzig der schleichende Abbau, die Degeneration, einsetzt. Man kann den Zeitpunkt des Einsetzens des Alterns auch an den Abschluss des körperlichen Wachstums setzen. Eine solche Festlegung ist aber nicht ganz einfach, weil sich verschiedene Organe zu verschiedenen Zeitpunkten der Entwicklung ausformen.
Wir erkennen das Altern eigentlich ganz gut, vielleicht weniger an uns selbst als am Anblick eines anderen. Menschen können oft schon allein beim Anblick eines Gesichts das Alter ihres Gegenübers einigermaßen gut einschätzen. Zumindest sofern Kosmetik, plastische Chirurgie und Botox-Injektionen nicht die äußeren Gravuren des Alterns verschleiern. Durchaus gibt es Unterschiede zwischen dem »biologischen« Alter und dem »chronologischen« Alter. Diesen Unterschied zu erkennen und messbar zu machen ist für die medizinischen Aspekte des menschlichen Alterns von großer Bedeutung.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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