Das Geheimnis von Qumran: Das Geheimnis der unbekannten Münze - Sven Theiner - E-Book

Das Geheimnis von Qumran: Das Geheimnis der unbekannten Münze E-Book

Sven Theiner

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Beschreibung

In Qumran werden Artefakte entdeckt, die das Leben der Familie Bischoff für immer verändern werden. Das Schicksal dieser Artefakte scheint auf geheimnisvolle Weise mit dem der Familie Bischoff verbunden zu sein. Papst Evangelos bittet Lukas Bischoff um Hilfe. Die Tochter eines befreundeten Professors ist verschwunden. Kann Lukas die Tochter des Professors finden und das Geheimnis einer unbekannten Münze lösen?

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Sven Theiner

Das Geheimnis der unbekannten Münze

Das Geheimnis - Buch 2

Papst Evangelos bittet Lukas Bischoff um Hilfe. Die Tochter eines befreundeten Professors ist verschwunden. Kann Lukas die Tochter des Professors finden und das Geheimnis einer unbekannten Münze lösen? Forstezung von "Das Gehemnis des versiegelten Buches".

© 2024 Sven Theiner

Umschlagsgestaltung: Sven Theiner

Vertriebspartner: Tolino Media

Lektorat: Jan Andresen

Printed in Germany

Nachdruck, Kopie, Verkauf oder Vervielfältigung

nur durch Genehmigung des Autors

´Mortem effugere nemo potest ´

Widmung & Danksagung

Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die uns nahe standen und die wir im Laufe der Jahre verloren haben.

An dieser Stelle möchte ich allen danken, die mich bei der Veröffentlichung meiner Geschichten auch weiterhin unterstützen.

Mein besonderer Dank gilt Delia Stange, die alle die sie kannten, niemals vergessen werden.

Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm, der bat ihn und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter meinem Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.

Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan. Und habe Soldaten unter mir, und wenn ich zu einem sage: geh hin, so geht er, und zu einem andern: Komm her! So kommt er zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er es. Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und vom Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen, aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die Finsternis, da wird sein Heulen und Zähneklappern. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.

(Mt 8,5 – 13 (Lk 7,1 -10; Joh 4, 46-53)

Prolog

Es war ein strahlender Herbsttag an jenem fünften September. Die Sonne schien ungewöhnlich warm für diese Jahreszeit, selbst für Griechenland, und ein leichter Windhauch fegte über Anna Rotolos Gesicht, als sie sich eine Schweißperle von der Stirn wischte.

Anna war eine energische und zielstrebige Frau Anfang der Vierziger. Sie hatte kurze, dunkle Locken, die ihr Gesicht umrahmten, und eine entschlossene Ausstrahlung. Ihre Augen waren lebhaft und spiegelten ihre Intelligenz und ihre unermüdliche Hingabe an ihre Arbeit wider.

Erwartungsvoll blickte sie auf die von ihr und ihren Arbeitern freigelegten Überreste eines alten Hauses am Ausgrabungsort.

Vor einigen Monaten hatte die griechische Regierung Anna den Auftrag erteilt, eine Ausgrabung nicht weit von Athen entfernt durchzuführen. Das Projekt erhielt Unterstützung durch einen Finanzgeber aus Italien und die griechisch-orthodoxe Kirche. Ohne deren finanzielle Hilfe wäre es nie zustande gekommen. Leider war die Mission bisher nicht sehr erfolgreich. Außer den alten Grundmauern hatten sie noch nichts gefunden, das von wissenschaftlichem Interesse war.

Anna hoffte verzweifelt, bald fündig zu werden, sonst wären all ihre Bemühungen umsonst gewesen. Ihr Vater, ein Professor an einer italienischen Universität und Freund des Papstes, hatte schon befürchtet, dass sie dort nichts Bedeutendes finden würde. Nein, sie wollte nicht mit leeren Händen nach Italien zurückkehren. Ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass hier etwas von großer Bedeutung verborgen lag, auch wenn sie es sich selbst nicht erklären konnte.

Ihre Helfer waren bereits gegangen, nur sie war noch dort. Seufzend stand Anna auf und ging zu dem kleinen Tisch, den sie und ihre Helfer für Ruhepausen organisiert hatten, um sich zwischendurch eine kurze Pause zu gönnen. Sie nahm einen Schluck Wasser aus einer Flasche und überlegte, an welcher Stelle auf dem Gelände sie am nächsten Tag weitergraben sollten. Dabei blickte sie sich suchend um.

Plötzlich entdeckte sie einen kleinen Hügel und dachte sich, dass dies der ideale Punkt für den nächsten Spatenstich wäre. Sie nahm den Spaten vom Tisch und ging zu dem kleinen Hügel, wo sie den ersten Spatenstich ansetzte. Der Boden war recht hart, wie sie feststellte. Sie schippte die ausgegrabene Erde beiseite, nahm einen kleinen Holzpflock aus ihrer Umhängetasche und steckte ihn in das gegrabene Loch. Dann nahm sie einen zweiten und steckte ihn ein paar Zentimeter weiter. Anschließend verband sie beide Holzpflöcke mit einer Schnur als Markierung.

Als sie sich umdrehte, überlegte sie, ob die Markierung für ihre Helfer ausreichen würde. Plötzlich sah sie auf dem Haufen ausgegrabener Erde etwas in der Sonne blitzen.

„Vielleicht nur ein Stück Glas“, dachte sie und ging zu dem Haufen.

Zu ihrem Erstaunen stellte sie fest, dass es kein Glas, sondern eine mit Dreck behaftete Münze aus unbekanntem Material war. Sie nahm ein Tuch aus ihrer Hosentasche und wischte die Münze ab. Anschließend betrachtete sie sie genauer.

Die Münze wies auf der einen Seite altgriechische Schriftzeichen und auf der anderen Seite einen Kreis auf, in dessen Inneren sie Häuser zu erkennen glaubte.

Im gleichen Moment hörte sie Schritte hinter sich und drehte sich erschrocken um. Ein Mann stand hinter ihr. Sie lächelte und sagte: „Ach, Sie sind es! Sie haben mir aber einen gehörigen Schreck eingejagt!“.

Der Mann sah sie ernst an und fragte ohne Begrüßung: „Sind Sie schon fündig geworden?“.

Etwas niedergeschlagen antwortete sie: „Leider nein, bisher noch nicht. Das heißt, bis auf diese merkwürdige Münze hier. Haben Sie so eine schon mal gesehen?“. Sie zeigte ihm die Münze.

Der Mann wich erschrocken zurück. „Wo haben Sie die her?“.

Erstaunt entgegnete sie: „Aus der Erde, aus diesem Hügel“. Sie zeigte mit dem Finger darauf.

Der Fremde verzog ernst die Mundwinkel. „Sie wissen gar nicht, was Sie da ausgegraben haben. Zeigen Sie niemandem, ich betone niemandem, diese Münze und sprechen Sie mit niemandem darüber. Diese Münze bringt Unglück über jeden, der sie besitzt!“.

Anna spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Was hatte sie da nur gefunden? Sie konnte den Blick nicht von der Münze abwenden und fühlte eine unheimliche Kälte, die sich in ihr breit machte. Der Mann schien ihre Gedanken zu lesen und fügte hinzu: „Es gibt Geschichten über solche Münzen, Geschichten von Flüchen und verlorenem Glück. Seien Sie vorsichtig“.

Ein kalter Schauer lief Anna über den Rücken. „Warum sagen Sie das? Was hat es mit dieser Münze auf sich?“, fragte sie mit zitternder Stimme.

Der Mann sah sie eindringlich an. „Diese Münze stammt aus einer dunklen Zeit. Sie ist ein Überbleibsel eines Fluches, der jeden trifft, der sie findet. Sie müssen sie sofort wieder vergraben und so tun, als hätten Sie sie nie gefunden“.

Anna stand wie erstarrt da. Ihre Gedanken rasten. Sollte sie wirklich eine solche Münze gefunden haben? Und was würde geschehen, wenn sie den Rat des Mannes nicht befolgte? Mit zittrigen Händen steckte sie die Münze zurück in die Erde und trat den Boden fest. Als sie sich wieder aufrichtete, war der Mann verschwunden, als wäre er nie dort gewesen. Die Dunkelheit begann sich über den Ausgrabungsort zu senken, und Anna beschloss, so schnell wie möglich ins Hotel zurückzukehren. Ein Gefühl des Unbehagens begleitete sie, während sie sich auf den Weg machte.

1

In New York zeigte sich der Himmel von seiner schönsten Seite. Es war ein lauer Herbsttag und nur gering bewölkt. Die Sonne schien durch das Fenster des Büros von Lukas Bischoff, der gerade mit seinem Chefredakteur die Themen für die am nächsten Tag erscheinende Ausgabe seiner Zeitung besprach.

„…uns fehlt noch für die Titelseite eine gute Story“, sagte der Chefredakteur Simon Robson, die Hände zusammengefaltet, zu Lukas.

Lukas entgegnete nachdenklich: „Vielleicht sollten wir doch noch mal etwas über den noch immer anhaltenden Konflikt zwischen Russland und der Ukraine bringen“.

Der Chefredakteur schüttelte den Kopf. „Das hatten wir bereits gestern auf unserer Titelseite. Unsere Leser würden es nicht verstehen, wenn wir schon wieder darüber berichten. Inzwischen ist das Thema sehr ausgereizt und leider zum Alltag geworden, ebenso wie der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Zwar droht dort immer noch ein Krieg, jedoch ist das Interesse daran sehr gering und nimmt stetig ab. Auch das Thema Deutschland ist Fußball-Weltmeister ist inzwischen ein alter Hut“.

Lukas seufzte tief. „Ja, leider. Ich finde die Konflikte in Syrien und der Ukraine, wie auch das angespannte Verhältnis der Welt zu Russland, dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Doch ich muss auch an die Leser denken. Wie sieht es mit einem Bericht über die Expertenkommission, die über die Echtheit der Papyrusrollen aus Qumran entscheidet, aus?“.

Zwar wollte Lukas dieses Thema in seiner Zeitung nicht bringen, doch derzeit gab es scheinbar nichts anderes zu berichten. Es geschah zurzeit nicht viel in der Welt.

Der Chefredakteur sah in seinen Notizen nach und meinte zu ihm: „Bisher hat die Expertenkommission nichts nach außen dringen lassen. Der Papst ließ vor kurzem nur verlauten, dass es bisher keine endgültige Entscheidung dazu gibt und man noch weitere Untersuchungen anstellen müsse“.

Unzufrieden lehnte Lukas sich in seinem Sessel zurück. In seinem Gesicht war seine Enttäuschung darüber abzulesen. „Vielleicht sollten wir uns mit dem Gerücht beschäftigen, dass die deutsche Kanzlerin einen vorzeitigen Rücktritt plant. Setzen Sie Dan darauf an. Er hatte damals auch die Idee zu dem Bericht über die deutsche Gewinnerin von German Idle. Vielleicht kann er über seinen Kontaktmann in Deutschland Informationen über das Gerücht erhalten“.

„Gut, in Ordnung“, sagte der Chefredakteur daraufhin und stand anschließend von seinem Stuhl auf.

Im selben Moment kam Lukas’ Sekretärin Gina mit einem Stapel Papiere herein. „Tut mir leid, Ihre Besprechung zu stören, Mr. Bischoff, aber ich habe die Berichte fertig, die Sie für die morgige Besprechung benötigen!“.

„Ich wollte eh gerade gehen“, sagte der Chefredakteur zu ihnen, verabschiedete sich und verließ das Büro.

Lukas sah Gina mit hochgezogenen Augenbrauen an. Schließlich sagte er: „Sie sind doch nicht in die Besprechung geplatzt, nur wegen der Berichte. Ich kenne Sie schon lang genug. Was ist los?“.

Etwas verlegen sah Gina zur Seite. Er kannte sie wirklich gut. „Nun, es ist so, Mr. Bischoff, Mrs. Bowers aus der Buchhaltung rief mich eben an. Wir hatten doch vor kurzem einen Scheck über eine Million Dollar aus Zeitungsverkäufen erhalten…“.

„Was ist damit?“.

„Äh…“, sagte sie leicht stotternd, „nun ja…, der Scheck ist verschwunden!“.

Innerlich schmunzelte Lukas. „Ich dachte schon, es wäre etwas mit meiner Familie passiert! Wahrscheinlich hat Mrs. Bowers ihn nur verlegt. Wäre ja nicht das erste Mal“.

Lukas nahm einen Kürbiskern aus der Schale, die vor ihm stand, in die Hand und sah in Ginas verwirrtes Gesicht. Schnell fügte er noch hinzu: „Ich werde gleich mit ihr telefonieren. Vielleicht fällt ihr dann ja wieder ein, wo sie den Scheck hingelegt hat…“.

„Gut“, entgegnete sie, „dann werde ich den Bericht, den Sie mir vorhin noch diktiert haben, zu Ende schreiben“. Mit diesen Worten verließ sie auch wieder das Büro.

Kaum war Gina gegangen, wählte Lukas bereits die Nummer von Mrs. Bowers, die sich auch prompt meldete. Lukas sagte zu ihr: „Mrs. Bowers, hier spricht Mr. Bischoff!“.

Ein überraschtes „Oh“, erklang am anderen Ende. „Sie rufen bestimmt wegen des verschwundenen Schecks an…“.

Lukas nahm einen Kürbiskern in den Mund und antwortete: „Ja, genau. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Sie sich wegen des Schecks keine Sorgen machen müssen. Der Scheck taucht bestimmt bald wieder auf, so wie beim letzten Mal!“.

Ein Seufzer entfuhr Mrs. Bowers. Sie sagte daraufhin: „Ich bin mir ganz sicher, dass er bis heute Morgen noch auf meinem Schreibtisch lag. Ich war heute früh nur kurz auf der Toilette und als ich zurückkam, war er nicht mehr da. Auch der zweite Scheck, der heute Mittag mit der Post kam, ist weg!“.

Das Lächeln entglitt Lukas. „Gina sprach doch aber nur von einem Scheck?“. Nervös wippte er auf seinem Stuhl hin und her.

„Nun ja, ich wollte Gina nicht beunruhigen. Es gab in letzter Zeit mehrfach Merkwürdiges. Unterlagen, die plötzlich nicht mehr an dem Platz lagen, wo ich sie hingelegt hatte, geöffnete Fenster, die ich mit Sicherheit nach Verlassen des Büros verschlossen hatte, und Akten, die plötzlich an einem anderen Ort lagen. Mr. Bischoff, ich glaube, wir haben einen Spion oder einen Dieb im Unternehmen!“.

Lukas rieb sich nervös am Kopf und dachte nach. Schließlich sagte er zu Mrs. Bowers, dass er dem nachgehen würde, und gab ihr den Rat, ab sofort beim Verlassen des Büros die Tür abzuschließen. Abschließend verabschiedete er sich von ihr und rief Gina wieder zu sich ins Büro.

„Sagen Sie jetzt nicht, dass der Scheck wieder aufgetaucht ist…“, meinte sie beim Betreten des Büros ernst.

Lukas erwiderte: „Nein, das nicht. Gina, ist Ihnen an einem unserer Angestellten in letzter Zeit etwas Eigenartiges aufgefallen oder gab es irgendeine Besonderheit während meiner Reise nach Deutschland, von der Sie mir bisher nichts erzählt haben?“.

„Ähm“, druckste Gina, „es gab tatsächlich etwas Seltsames. Eigentlich wollte ich Ihnen nichts davon erzählen, doch als Sie das letzte Mal zu Besuch bei Ihrer Tante waren, anlässlich der Preisverleihung in Deutschland, wurde in Ihrem Büro eingebrochen!“.

Verärgert haute Lukas mit der Faust auf den Tisch. „Das erzählen Sie mir erst jetzt? Wurde etwas gestohlen?“.

„Das ist ja gerade das Merkwürdige daran gewesen. Es wurde scheinbar nichts gestohlen…“.

Lukas öffnete daraufhin seine Schreibtischschublade. Angespannt lehnte er sich in seinem Stuhl zurück. „Falsch, Gina, es wurde etwas gestohlen. Mrs. Bowers hatte mir einen Ersatzschlüssel für ihr Büro gegeben, den ich in der Schublade aufbewahrt hatte. Rufen Sie bitte den Schlüsseldienst an und lassen das Schloss von Mrs. Bowers austauschen. Danach stellen Sie bitte eine Verbindung zu unserem Sicherheitsdienst her. Ich fürchte, Mrs. Bowers hat Recht. Wir haben einen Dieb im Unternehmen!“.

Gina nickte, ihre Augen vor Sorge geweitet. „Ich werde mich sofort darum kümmern, Mr. Bischoff. Es tut mir leid, dass ich Ihnen das nicht früher gesagt habe“.

„Schon gut, Gina. Wichtig ist jetzt, dass wir schnell handeln. Und Gina, halten Sie die Augen offen. Wenn jemandem etwas Ungewöhnliches auffällt, möchte ich es sofort wissen“.

Während Gina das Büro verließ, nahm Lukas einen weiteren Kürbiskern und kaute ihn nachdenklich. Ein unheimliches Gefühl kroch ihm den Rücken hoch. Etwas stimmte ganz und gar nicht, und er wusste, dass er wachsam sein musste. Es lag eine düstere Vorahnung in der Luft, die er nicht ignorieren konnte.

*

Unterdessen saß Kristen Meadows, stellvertretende Gouverneurin von Seattle, eine attraktive Frau in den frühen Dreißigern mit langem, blondem Haar und lebhaften blauen Augen, bei Senator Greg Watson in New York bei einer Besprechung.

Greg Watson, ein Mann mittleren Alters mit einer stattlichen und gepflegten Erscheinung, kurzem, dunkelbraunem Haar, das an den Schläfen leicht ergraut war, und braunen Augen, die Intelligenz und Entschlossenheit ausstrahlten, saß ihr gegenüber.

Die Blicke der beiden waren ernst, während sie einige Dokumente durchsahen. Ihre Körperhaltungen waren angespannt, die Luft war schwer vor Sorge.

Senator Watson trank einen Schluck Kaffee. „Ist denn die Lage wirklich so ernst?“, fragte sie.

Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und entgegnete: „Wenn die uns vorliegenden Berichte vollständig sind, fürchte ich, dass es wirklich so schlimm ist. Offensichtlich gibt es jemanden oder eine Gruppe, die entweder die Welt ins Chaos stürzen will oder mit Absicht einen dritten Weltkrieg provozieren möchte. Es kann kein Zufall sein, dass so viele Dinge auf einmal geschehen“. Dabei rückte er ein Bild von seiner Ehefrau beiseite, um ein paar Dokumente nebeneinander zu legen.

Sie legte ihre Lesebrille auf den Tisch und schaute ihn entsetzt an. „Doch was hätten die oder derjenige davon? Ein Weltkrieg würde doch nur unerträgliches Leid verursachen. Zudem bedeutet ein Krieg immer viele unschuldige Opfer!“.

Er verschränkte die Arme hinter seinem Nacken. Sorgenfalten durchzogen sein Gesicht. „Ich weiß. Doch all die Geschehnisse der letzten Zeit deuten auf nichts Gutes…“.

„Sollten wir nun nicht doch den Präsidenten über unser Wissen informieren?“.

„Noch nicht. Wir haben nicht genügend Fakten, um unsere Theorie zu untermauern. Gibt es aus dem Vatikanstaat schon etwas Neues von der Expertenkommission, die über die Echtheit der Papyrusrollen von Qumran entscheidet?“.

Sie blickte nachdenklich zur Seite. „Leider bisher noch nicht. Was meinen Sie, ist es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?“.

Er sah zum Fenster und antwortete: „Ich fürchte, dass es nichts Gutes bedeutet“.

„Warum sagen wir ihm jetzt nicht, was wir wissen?“.

Mit starrem Blick sah er sie an. „Das wäre in der derzeitigen Situation fatal. Wir können nicht sicher sein, dass Lukas Bischoff dadurch nicht Ziel eines Anschlags wird. Er ist unsere einzige Hoffnung. Schon einmal hat er bewiesen, dass er clever ist, und ich bin zuversichtlich, dass er seine Bedeutung früher oder später erkennt!“.

Sie senkte traurig den Kopf. „Schade, dass Hauptmann Förster vor wenigen Tagen verstorben ist. Vielleicht hätte er uns noch einmal helfen können…“.

Senator Watson seufzte. „Da er nun nicht mehr unter uns weilt, müssen wir wohl fortan dafür Sorge tragen, dass Lukas nichts geschieht, bis auch die letzte Prophezeiung des Sehers eintrifft“.

„Wie sollen wir das anstellen, ohne uns und unser Wissen zu verraten?“.

„Keine Sorge, ich habe schon einen Plan. Nur müssen wir zukünftig sehr achtsam sein. Es liegt Unheil in der Luft. Auch wenn das Buch der sieben Siegel wieder im Besitz des Vatikans ist, hat Lukas die Schlacht noch nicht gewonnen. Das versiegelte Buch ist nur eines der Relikte der Vergangenheit, das unsere Welt in Bedrängnis bringen kann!“.

Gerade als Kristen noch etwas dazu sagen wollte, kam die Sekretärin des Senators mit einem Notizblock herein. „Mr. Watson, Mr. Jascharow ist soeben angekommen. Soll ich ihn hineinbitten?“.

Überrascht sah sie den Senator an. Er antwortete seiner Sekretärin: „Nein, er soll noch etwas warten!“. Danach ging sie wieder und schloss die Tür hinter sich.

Mit einem verschmitzten Grinsen sagte Kristen Meadows daraufhin: „Ich verstehe, das ist also Ihr Plan…“.

Der Senator erhob sich aus seinem Stuhl, schaute sie an und entgegnete: „Ja, genau, das ist mein Plan. Niemand außer uns darf wissen, dass Hauptmann Förster uns vor seinem Tod das Geheimnis offenbart hat, sonst wäre auch unser Leben in Gefahr. Unsere einzige Möglichkeit, Lukas Bischoff zu beschützen, besteht darin, dass jemand aus seiner unmittelbaren Nähe darauf achtet, dass ihm kein Unrecht widerfährt. Hauptmann Förster hat ihm vertraut, also vertrauen wir auch Victor“.

„Nun denn“, sagte sie, „dann werde ich mich jetzt auf den Weg in mein Büro machen, bevor sich noch jemand fragt, wo ich bleibe“, und stand auf.

Sie verabschiedeten sich voneinander und der Senator bat Victor Jascharow zu sich. Victor hatte sich gerade gesetzt, als der Senator zu ihm meinte: „Sie wundern sich sicherlich, warum ich Sie hergebeten habe, oder?“.

Victor verschränkte die Arme ineinander und entgegnete: „Nun ja, etwas schon. Geht es vielleicht um meine Aufenthaltsgenehmigung?“.

Senator Watson grinste. „Nein, es geht nicht um Ihre Aufenthaltsgenehmigung, Mr. Jascharow. Es geht um Lukas Bischoff“.

Verdutzt und nachdenklich zugleich sah Victor ihn an. „Was ist mit Lukas Bischoff?“

Der Senator stand von seinem Sessel auf, blickte aus dem Fenster und drehte sich nach wenigen Sekunden wieder zu ihm um. „Wenige Tage vor seinem Tod weihte mich Hauptmann Förster in das Geheimnis ein…“.

Victor sah den Senator mit einer Mischung aus Neugier und Erstaunen an. „Woher kannten Sie Herrn Förster?“

„Wir hatten uns vor ein paar Jahren bei einer humanitären Hilfsaktion kennengelernt. Er erzählte mir schließlich bei unserem letzten Treffen, was vor einigen Monaten in Deutschland geschehen ist“.

„Was wollen Sie jetzt nun von mir? Wäre Lukas nicht Ihr richtiger Ansprechpartner?“, fragte Victor verwundert.

Mit ernster Miene entgegnete der Senator: „Nein, das denke ich nicht. Den richtigen Ansprechpartner habe ich vor mir. All unsere Hoffnungen liegen in seinen Händen, darum möchte ich Ihr Versprechen, dass Sie ihn um jeden Preis beschützen!“.

„Ich bin sein Pilot, nicht sein Bodyguard“, entgegnete Victor etwas entrüstet.

„Ab sofort sind Sie beides! Denken Sie an Ihre Aufenthaltsgenehmigung!“.

„Warum jetzt? Wieso ausgerechnet zu dieser Zeit?“.

„Weil die Offenbarung des Johannes sich merkwürdiger Weise auch ohne das Buch der sieben Siegel zu erfüllen droht. Es gab verschiedene denkwürdige Ereignisse in der letzten Zeit. Was sagt Ihnen das Pockenvirus?“.

„Nicht viel, nur dass es ein tödliches Virus war, das ausgerottet wurde…“.

„Irgendjemand hat aus einem russischen Labor Proben des isolierten Pockenvirus entwendet!“.

„Zu welchem Zweck?“.

„Das wissen wir noch nicht. Doch offenbar plant jemand, das Virus wieder zum Leben zu erwecken. Wir beide wissen, dass es auf der ganzen Welt nur eine Person gibt, die nachweislich immun gegen das Virus ist!“.

Victor starrte den Senator mit großen Augen an. „Was? Eine Person, die immun ist? Wer könnte das sein?“.

Senator Watson zog ein weiteres Dokument aus dem Stapel vor sich und reichte es Victor. „Es gibt jemanden mit einer seltenen genetischen Mutation, die Immunität gegen das Pockenvirus verleiht. Diese Information ist streng geheim!“.

Victor sah das Dokument durch und nickte langsam. „Das ist also der Grund, warum ich ihn beschützen soll. Aber wie hängt das alles mit den Papyrusrollen und dem Buch der sieben Siegel zusammen?“.

„Es gibt eine alte Prophezeiung, die besagt, dass derjenige, der das Buch der sieben Siegel öffnet, entweder großes Unheil über die Welt bringen oder sie retten kann. Diese Person ist in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung. Es gibt Kräfte, die ihn ausschalten wollen, bevor er seine Rolle erfüllen kann“.

Victor lehnte sich zurück und rieb sich die Schläfen. „Das klingt wie aus einem schlechten Film. Aber wenn das alles stimmt, dann werde ich ihn beschützen. Um jeden Preis…“.

Senator Watson lächelte erleichtert. „Das habe ich gehofft. Es wird nicht einfach, aber ich habe volles Vertrauen in Sie“.

Victor nickte entschlossen. „Verstanden. Ich werde sofort alle notwendigen Vorkehrungen treffen. Er wird keinen Schritt mehr allein machen“.

„Gut“, antwortete der Senator. „Ich werde meine Kontakte aktivieren und versuchen, mehr über diesen Anschlag herauszufinden. Halten Sie mich auf dem Laufenden“.

Victor stand auf und reichte dem Senator die Hand. „Ich werde nicht zulassen, dass ihm etwas passiert“.

Der Senator schüttelte seine Hand fest. „Danke, Victor. Passen Sie gut auf sich auf“.

Victor verließ das Büro und machte sich auf den Weg. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken, doch er wusste, dass er jetzt keine Zeit für Zweifel hatte. Die Welt stand auf dem Spiel, und sein Schützling war der Schlüssel zu allem.

*

Papst Evangelos saß in der alten, ehrwürdigen Bibliothek des Vatikans. Das gedämpfte Licht der Tischlampen verlieh dem Raum eine geheimnisvolle Atmosphäre. Mit ihm im Zimmer befand sich sein neuer Sekretär, Jaques Bouvier, der einige alte Bücher in das Buchregal einsortierte.

Bouvier war ein eleganter Mann mittleren Alters mit einem scharfen Verstand und einer ausgeprägten Loyalität gegenüber dem Papst. Sein Auftreten war gepflegt und professionell, passend zu seiner Rolle als enger Berater des Pontifex.

Er hatte dunkles, dichtes Haar, das an den Schläfen leicht ergraut und immer ordentlich geschnitten war. Seine grünen Augen waren aufmerksam und spiegelten seine Entschlossenheit wider, die er in der Erfüllung seiner Aufgaben zeigte.

Evangelos legte die geöffneten Briefe beiseite und schaute kurz zu seinem Sekretär. „Sie hätten die Bücher auch morgen noch einsortieren können...“, sagte er mit einer Spur von Gereiztheit in der Stimme. Es war spät, und nach einem langen, arbeitsreichen Tag sehnte er sich nach Ruhe.

Jaques Bouvier, der stets ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen trug, blickte kurz auf. „Bei allem Respekt, aber morgen wird wohl nicht viel Zeit dafür sein. Wie Sie wissen, wird Bischof Obuso am Vormittag hier sein, um mit Ihnen die Einzelheiten für den anstehenden Konvent zu besprechen!“.

Evangelos seufzte und verzog das Gesicht. „Das hätte ich jetzt beinah vergessen. Ich wünschte, wir könnten den Konvent noch etwas verschieben. Gerade jetzt, in diesen schwierigen Zeiten, kommt es mir nicht richtig vor, über den Fortbestand der Kirche in der Zukunft zu diskutieren...“.

Bouvier sah ihn überrascht an. „Vielleicht ist es gerade jetzt die richtige Zeit dafür. Die Krisen in der Ukraine und Syrien und die Anschläge in Paris verlangen auch eine kirchliche Debatte. Gerade in diesen Zeiten ist das Wirken des Papstes und der heiligen Kirche ein wichtiger Eckpfeiler für die Menschen. Viele haben Angst vor einem Glaubenskrieg. Nicht zu vergessen ist auch, dass demnächst die Expertenkommission zusammentrifft, um über die Echtheit der gefundenen Schriftrollen aus Qumran zu urteilen!“.

Erneut seufzte Evangelos und ließ sich schwer in seinen Sessel fallen. „Ist Ihnen nicht gut?“, fragte sein Sekretär besorgt.

Papst Evangelos blickte sorgenvoll zum Fenster. „Nein, das ist es nicht. Ich mache mir nur Gedanken darüber, was passiert, wenn die Expertenkommission zu dem Schluss kommt, dass die Schriftrollen keinerlei Bedeutung haben. Er wird sich danach in seiner Meinung bestätigt sehen und nicht an seine Bestimmung glauben. Dann war alles umsonst“.

Bouvier legte ein paar Bücher beiseite, nahm sich einen Stuhl und setzte sich neben den Papst. „Gibt es denn keine andere Möglichkeit, ihn zu überzeugen? Es kann ja schließlich nicht alles von diesen Schriftrollen abhängen?“.

Evangelos nahm seinen Rosenkranz in die Hand und drehte die Perlen langsam zwischen seinen Fingern. „In meinen Gedanken habe ich alle möglichen Szenarien durchgespielt, doch sehe ich keine andere Möglichkeit. Das bisher Geschehene hat ihn nicht überzeugen können. Meine ganze Hoffnung liegt in diesen Schriftrollen!“.

Nachdenklich erwiderte Bouvier: „Es gibt noch eine Möglichkeit. Weihen Sie ihn in das Geheimnis des Campo Santo Teutonica ein...“.

Der Blick des Papstes wurde starr. Mit energischer Stimme sprach er: „Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt zu früh. Zudem besagt die Prophezeiung, dass er den Weg zum Geheimnis selbst finden muss, um die Welt vor dem Untergang zu bewahren!“.

Bouvier stand wieder von seinem Stuhl auf. „Sie wissen mehr, als Sie mir bisher bereits verraten haben, oder, Papst Evangelos? Sie vertrauen mir noch immer nicht ganz...“.

Bevor Evangelos antworten konnte, läutete das Telefon in der Bibliothek. Erstaunt sah er auf die große Uhr an der Wand und fragte sich, wer um diese Uhrzeit noch im Vatikan anrief.

Bouvier nahm den Hörer ab, fragte wer dran sei und übergab ihn dann an Papst Evangelos. „Es ist Professor Rotolos. Er scheint sehr aufgeregt zu sein...“, sagte er mit vorgehaltener Hand.

Professor Rotolos lehrte an der Griechischen Fakultät Geschichte, speziell Altertumsforschung. Während seine Tochter Anna in Griechenland Ausgrabungen durchführte, arbeitete er mit seinem Studenten an einem Ausgrabungsort nahe dem Vatikan.

Evangelos kannte Professor Rotolos noch aus früheren Zeiten, als er noch Kardinal war. Zudem unterstützte der Vatikan finanziell die Forschungsarbeiten des Professors und seiner Tochter.

In hektischen Worten stammelte Professor Rotolos: „Verschwunden, einfach verschwunden. Kein einziges Lebenszeichen. Niemand hat etwas gesehen. Der Ausgrabungsort ist völlig unberührt...“.

Papst Evangelos runzelte die Stirn. Er sagte ruhig und gefasst: „So beruhigen Sie sich, Professor. Ich bin nun nicht mehr der Jüngste und kann Ihren schnellen Worten nicht folgen!“.

Man hörte, wie der Professor tief Luft holte. Danach folgte ein kurzes Schweigen, bevor er, in nicht mehr ganz so hohem Tempo und etwas gefasster, der Reihe nach alles erzählte.

„Anna und ihr Team sind spurlos verschwunden. Wir haben alles durchsucht, aber es gibt keine Anzeichen von einem Kampf oder einer Entführung. Es ist, als wären sie einfach vom Erdboden verschluckt worden“.

Evangelos' Miene verdüsterte sich. „Das ist besorgniserregend. Wissen Sie, ob sie etwas Bedeutendes entdeckt haben, bevor sie verschwanden?“.

„Ja“, antwortete Rotolos zögernd. „Anna hatte mir berichtet, dass sie auf eine alte Münze gestoßen sind, die in Verbindung mit den Schriftrollen aus Qumran stehen könnte. Es könnte eine bahnbrechende Entdeckung sein“.

Evangelos wechselte einen bedeutungsvollen Blick mit Bouvier. „Professor, halten Sie sich bereit. Ich werde sofort Maßnahmen ergreifen. Wir dürfen keine Zeit verlieren“.

Nachdem er den Hörer aufgelegt hatte, wandte sich Evangelos an Bouvier. „Wir müssen sofort herausfinden, was Anna entdeckt hat. Ihre Entdeckung könnte der Schlüssel sein, um ihn zu überzeugen. Bereiten Sie alles vor, wir brechen sofort auf“.

Bouvier nickte und eilte davon, um die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Papst Evangelos blieb noch einen Moment stehen, den Rosenkranz fest in der Hand haltend, und murmelte ein kurzes Gebet. Die Welt schien am Abgrund zu stehen, und die Zeit war knapp. Doch tief in seinem Herzen spürte er eine Hoffnung, dass alles noch gerettet werden konnte, wenn sie nur schnell genug handelten.

2

Es war früh am Morgen, als Lukas, noch etwas schlaftrunken, auf einem Stuhl auf der Terrasse saß und seinen morgendlichen Kaffee trank. Die Luft war frisch, und irgendwo in der Nähe zwitscherten ein paar Vögel. Der Himmel war wolkenlos und die Sonne begann gerade, die ersten Strahlen über den Horizont zu schicken. Es versprach ein wunderschöner Tag zu werden.

„Schade“, dachte Lukas, „es wäre eigentlich ein schöner Tag, um mit meinem Sohn und Brooke einfach nur faul im Garten zu sitzen und gemeinsam etwas zu unternehmen, fern abseits der Arbeit“.

„Einen Penny für deine Gedanken“, meinte Brooke in diesem Moment.

Sie hatte sich unbemerkt, noch im Nachthemd und Morgenmantel bekleidet, an ihn herangeschlichen. Sie gab ihm einen sanften Kuss und setzte sich auf den Stuhl neben ihm.

Lukas nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse und sah sie etwas überrascht an. „Ich denke gerade nur daran, wie schön es doch wäre, heute mit meiner Familie zuhause zu bleiben und den schönen Tag zu genießen“.

Bei diesem Gedanken musste selbst Brooke seufzen. In ihren Gedanken stellte sie sich bereits einen entspannten Tag vor. Schnell kehrte sie jedoch wieder in die Realität zurück.

Mit ruhiger Stimme hörte Lukas sie sagen: „Ja, es wäre wirklich schön. Nur leider sind zurzeit keine Ferien. Julian muss zur Schule und ich habe heute auch noch einige Besichtigungstermine“.

Lukas nickte zustimmend. „Ja, mein Terminkalender ist auch prall gefüllt. Da fällt mir ein, dass ich gestern vergessen habe, dich zu fragen, warum Mrs. Schyler am Abend angerufen hat. Gibt es Probleme mit Julian in der Schule?“.

Mrs. Schyler war Julians Klassenlehrerin. Lukas fand es merkwürdig, dass sie bei ihnen zu so später Stunde, es war schon nach 21:00 Uhr, noch anrief. Irgendetwas schien sie zu beschäftigen.

Brookes Gesichtsausdruck wurde zunehmend nachdenklicher. Sie schaute ihrem Mann ins Gesicht und sagte mit leicht belegter Stimme: „Um ehrlich zu sein, kann ich mir selbst noch keinen Reim auf den Grund ihres Anrufes bilden. Anscheinend hat Julian sich mit einem Mitschüler gestritten, der einen jüngeren Mitschüler verprügeln wollte. Danach kam es wohl zu einem kleinen Gerangel und dabei stürzte Julian zu Boden. Mrs. Schyler griff ein und half Julian wieder auf. Sie wunderte sich, dass Julian keine einzige Schramme davongetragen hatte. Da sie sich Sorgen machte, dass er eventuell doch eine Gehirnerschütterung hat, bat sie mich, mit Julian zur Vorsorge einen Arzt aufzusuchen. Nebenbei erwähnte sie auch beiläufig etwas von einem Bild, das Julian im Kunstunterricht gemalt hat. Sie meinte, dass sie es mir bei Gelegenheit unbedingt mal zeigen müsse“.

„Vielleicht solltest du tatsächlich vorsichtshalber zu Dr. Stetten mit Julian fahren. Zwar gehe ich nicht davon aus, dass er durch eine harmlose Rangelei eine Gehirnerschütterung davongetragen hat, aber man kann bei Kindern nie wissen. Das mit dem Bild halte ich für etwas verschroben. Was ist denn so sonderbar an dem Bild?“, fragte Lukas erstaunt, während er seine Kaffeetasse auf den Tisch stellte.

„Sie beschrieb mir das Bild nur vage. Offenbar hat Julian ein Fenster gemalt, aus dem jemand hinausblickt. Die Person schaut auf einen Friedhof, und aus einem der Gräber erscheint eine Hand!“.

Lukas grinste amüsiert. „Schatz, vielleicht sollten wir doch die Jugendsperre unseres Fernsehers nutzen. Es klingt ganz so, als hätte unser Sohn heimlich 'The Walking Dead' geschaut...“.

Ein kurzes Schweigen folgte. Für einen Moment dachte Brooke an eine Situation, die sie und ihre Freundin Alexandra vor einigen Wochen auf dem Friedhof in Berlin erlebten und was sie glaubten dort gesehen zu haben. Schnell verwarf sie den Gedanken wieder. Vielleicht war die Sache mit dem Friedhof ja nur ein Zufall.

Lukas wollte seiner Frau gerade noch einen Schluck Kaffee eingießen, als diese abwinkte. „Für mich nicht mehr, Schatz. Ich werde jetzt Julian wecken, mich umziehen und anschließend kurz ins Büro fahren, um mich für den nächsten Klienten vorzubereiten“.

Bevor er etwas erwidern konnte, klingelte bereits sein Mobiltelefon. Es war Gina. Da es vielleicht dringend war, gab er seiner Frau nur kurz einen Kuss und nahm das Gespräch entgegen.

„Hallo Mr. Bischoff. Hoffentlich habe ich Sie jetzt nicht geweckt oder bei etwas gestört...“. Ein Hauch Ironie lag in ihrer Stimmlage.

„Nein, ich wollte mich gleich auf den Weg ins Büro machen. Ist etwas Dringendes oder kann es warten, bis ich gleich da bin?“.

Gina wusste nicht recht, wie sie es ihm sagen sollte, also griff sie zu einer Notlüge, wie Lukas später noch erfahren sollte. „Unser Außenkorrespondent Peter Ofshore hat vorhin aus Athen angerufen. Es gibt dort wohl irgendwelche Schwierigkeiten. Er bittet Sie, dringend nach Athen zu kommen!“.

Zum Glück konnte Gina in diesem Augenblick nicht sehen, wie sich Lukas‘ Miene verfinsterte. Jedoch war seine Stimmlage schon aussagekräftig genug, als er ihr entgegnete: „Wie stellt er sich das vor? Soll ich hier alles stehen und liegen lassen, zehn Stunden Flug in Kauf nehmen, nur damit er mir wieder vorjammern kann, dass es ihm zu langweilig in Griechenland ist? Kann er das nicht per Telefon oder Videotelefonie erledigen?“.

Lukas konnte sich noch gut an das letzte Mal erinnern, als Paul Ofshore angeblich dringend seine Hilfe benötigte und er vor Ort feststellen musste, dass es nur um die Wahl einer Sekretärin für das Außenbüro in Griechenland ging.

Ruhig und gelassen, ja schon fast vergnügt klingend, gab Gina zur Antwort: „Diesmal hörte es sich wirklich dringend an, ja schon beinahe flehend“.

Lukas fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Na schön, aber wehe, es stellt sich heraus, dass es nicht wirklich wichtig war. In dem Fall kann er sich nach einem neuen Job umsehen. Geben Sie Victor Bescheid, dass er den Privatjet fertig macht und die notwendigen Vorkehrungen trifft. Ich bin in einer Stunde im Büro!“.

Er hatte gerade aufgelegt, als Brooke fragte: „Was ist denn los Schatz, du klangst ja richtig verärgert...“.

„Es tut mir wirklich leid, aber ich fürchte, es steht mal wieder eine Geschäftsreise an. Es gibt anscheinend Probleme mit unserem Außenbüro in Griechenland“.

Brooke setzte sich auf einen Stuhl und verschränkte die Arme. Begeistert war sie nicht darüber. „Wann wirst du zurück sein?“.

Lukas holte tief Luft. „Maximal in zwei Tagen, hoffe ich. Wenn ich wiederkomme, nehme ich mir ein paar Tage Urlaub. Was hältst du von dieser Idee?“.

Ein zaghaftes Lächeln glitt über ihr Gesicht. „Du brauchst deswegen jetzt nicht gleich ein schlechtes Gewissen zu haben. Du kannst halt nicht anders...“.

Er kniete sich vor sie, nahm ihre Hand und sagte: „Ich habe die beste Frau der Welt. Dennoch, wenn ich zurück bin, machen wir uns ein paar schöne Tage!“.

„Versprichst du es mir?“.

Er sah ihr tief in die Augen. „So wahr ich Lukas Bischoff heiße!“

*

Zur gleichen Zeit beendete Beata Hofmeyer an der Berliner Universität vorzeitig ihre Arbeit. Ihr Onkel Roland Förster war vor einigen Tagen an einem Herzinfarkt gestorben, und sein Notar hatte zur Testamentseröffnung geladen.

Bei dem Gedanken an ihren verstorbenen Onkel wurde Beata traurig. Zwar hatte sie ihn in den letzten Wochen kaum gesehen, dennoch vermisste sie ihn und seine weisen Ratschläge. In der Vergangenheit war er eine große Stütze für sie, nicht nur bei ihrer Forschung.

Seine Frau war bereits vor einigen Jahren gestorben, ebenso ihre Großeltern. Nur ihre Mutter und ihre Tante aus Neuseeland, die sie kaum kannte, waren nun noch von der Familie Förster übrig.

Insgeheim fragte sich Beata, warum ein Notar sich um die letzten Angelegenheiten ihres Onkels kümmerte. Schließlich lebte ihr Onkel in bescheidenen Verhältnissen. Sie ging nicht davon aus, dass er seinen Hinterbliebenen viel zu vererben hatte, was für sie allerdings auch nachrangig war.

Gerade als sie ihre Handtasche nahm und zur Tür gehen wollte, kam ihr Assistent Tyler Banks mit ein paar Unterlagen in der Hand herein.

Er legte diese auf ihren Schreibtisch und fragte überrascht: „Wollten Sie nicht schon längst auf dem Weg zur Testamentseröffnung ihres Onkels sein?“.

Etwas traurig antwortete sie: „Um ehrlich zu sein, habe ich es nicht wirklich eilig dorthin zu kommen. Die Beerdigung war schon schlimm genug. Für mich ist die Testamentseröffnung nur ein notwendiges Übel. Es kommt mir vor wie ein endgültiger Abschied, mit dem alte Erinnerungen wieder wach werden könnten“.

In diesem Moment wunderte sich Beata über sich selbst. Schließlich war die Beerdigung schon ein endgültiger Abschied. Zudem hatte sie auch noch nie zuvor mit einem Außenstehenden so offen über ihre Gefühle gesprochen.

Tyler Banks klopfte ihr beruhigend auf die Schultern.

---ENDE DER LESEPROBE---