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Vom Autor des Bestsellers BORN TO RUN Warme Augen, vorwitzige Ohren, die Hufe eines Champions und das Herz eines Helden: Das ist Sherman. Doch der kleine Esel strotzte nicht immer vor Lebensfreude – ganz im Gegenteil. Als Christopher McDougall ihn bei sich aufnimmt, ist er so stark verwahrlost, dass kaum jemand an sein Überleben glaubt. Fest entschlossen, Sherman seinen Lebenswillen zurückzugeben, fasst McDougall den wahnwitzigen Plan, ihn für Eselrennen auszubilden, wie man sie in den Rocky Mountains veranstaltet. Auf seinem Weg zum selbstbewussten Läufer wird Sherman von McDougalls Familie, Freunden, Nachbarn und ein paar seiner Artgenossen begleitet. Und erweist sich dabei für einige seiner Gefährten als Quelle des Trostes und der Unterstützung. Christopher McDougall gelingt es, ein authentisches Bild des ländlichen Amerikas zu zeichnen – lebendig, liebevoll, unverkitscht. Und er führt uns vor Augen, was die meisten von uns verloren haben: die jahrtausendealte enge Verbindung von Mensch und Tier.
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Seitenzahl: 578
Wie ein Esel sich und seine Menschen verwandelte
Warme Augen, vorwitzige Ohren, die Hufe eines Champions und das Herz eines Helden: Das ist Sherman. Doch der kleine Esel strotzte nicht immer vor Lebensfreude – ganz im Gegenteil. Als Christopher McDougall ihn bei sich aufnimmt, ist er so stark verwahrlost, dass kaum jemand an sein Überleben glaubt. Fest entschlossen, Sherman seinen Lebenswillen zurückzugeben, fasst McDougall den wahnwitzigen Plan, ihn für Eselrennen auszubilden, wie man sie in den Rocky Mountains veranstaltet. Auf seinem Weg zum selbstbewussten Läufer wird Sherman von McDougalls Familie, Freunden, Nachbarn und ein paar seiner Artgenossen begleitet. Und erweist sich dabei für einige seiner Gefährten als Quelle des Trostes und der Unterstützung.
Christopher McDougall gelingt es, ein authentisches Bild des ländlichen Amerikas zu zeichnen – lebendig, liebevoll, unverkitscht. Und er führt uns vor Augen, was die meisten von uns verloren haben: die jahrtausendealte enge Verbindung von Mensch und Tier.
© Matt Roth
Christopher McDougall arbeitete als Kriegsberichterstatter in Ruanda und Angola, bevor er seinen Bestseller ›Born to Run‹ schrieb. Außerdem entwickelte er die Web-Serie ›Art of the Hero‹. Er lebt mit seiner Frau, zwei Töchtern, Sherman und einer bunten Mischung aus Bauernhoftieren in Lancaster County, Pennsylvania.
Simone Jakob lebt in Mülheim a.d.R. und übersetzt englischsprachige Literatur ins Deutsche, u.a. David Nicholls, Philip Kerr und Sefi Atta.
Anne-Marie Wachs ist Übersetzerin und Lektorin. Sie lebt in Berlin.
ChristopherMcDougall
DAS GLÜCKIST GRAU
Aus dem Englischenvon Simone Jakobund Anne-Marie Wachs
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel ›Running with Sherman. The donkey with the heart of ahero‹ bei AlfredA. Knopf, adivision of Penguin Random House LLC, New York.
Copyright © 2019 by Christopher McDougall
eBook 2020
© 2020 für die deutsche Ausgabe: DuMont Buchverlag, Köln
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzung: Simone Jakob und Anne-Marie Wachs
Lektorat: Kerstin Thorwarth
Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln
Umschlagabbildung: © istockphoto / Sergio Bellotto
Satz: Angelika Kudella, Köln
eBook-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck
ISBN eBook 978-3-8321-7038-7
www.dumont-buchverlag.de
Im Namen von Sherman
widme ich dieses Buch den drei Frauen,
die Freude und Abenteuer in unser Leben gebracht haben:
Um Großes zu erreichen, braucht es zwei Dinge:
einen Plan und etwas zu wenig Zeit.
KAPITEL 1
Ein Schatten in der Dunkelheit
In dem Moment, als der Pick-up in unsere Einfahrt einbog, wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Ich hatte seit über einer Stunde auf Wes gewartet, und noch bevor er anhielt, verriet mir sein Blick, dass ich mich wappnen musste.
»Sieht übel aus«, sagte Wes, als er aus dem Wagen stieg. »Es geht ihm weit schlechter, als ich dachte.« Ich kenne Wes schon seit mehr als zehn Jahren, fast seit jenem Tag, als meine Frau Mika und ich unser Leben in Philadelphia aufgaben, um auf eine kleine Farm im Siedlungsgebiet der Amischen in Pennsylvania zu ziehen, und ich hatte ihn noch nie so ernst gesehen. Zusammen gingen wir zur Rückseite des Wagens und öffneten die Anhängertür.
Ich warf einen Blick hinein, dann griff ich sofort nach dem Handy in meiner Tasche. Zum Glück war die Nummer gespeichert.
»Scott, du musst sofort herkommen. Sieht echt schlimm aus.«
»Okay«, antwortete Scott. »Sorgt dafür, dass er es bequem hat; ich komm dann morgen früh vorbei.«
»Ja. Nein. Ich glaube, du solltest, äh …« Ich schwieg kurz und versuchte, den Knoten in meiner Zunge zu lösen. Zwar war Scott der Experte und nicht ich, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass uns nicht mehr so viel Zeit blieb, um etwas auszurichten. Ich versuchte, ihm zu beschreiben, was ich vor mir sah.
In dem Anhänger stand ein grauer Esel, dessen Fell so kotverkrustet war, dass sein eigentlich weißer Bauch schwarz war. Es gab viele kahle Stellen in seinem Fell, an denen wunde Haut zum Vorschein kam, die höchstwahrscheinlich von Parasiten befallen war. Sein Körper war von Mangelernährung aufgetrieben wie ein Fass, das Maul eine einzige Katastrophe; ein Zahn war so verfault, dass er ausfiel, als ich ihn berührte. Aber das Schlimmste waren seine Hufe, die so grässlich lang gewachsen waren, dass sie eher wie Klauen aussahen.
»Im Ernst, Scott. Du solltest ihn dir ansehen.«
»Keine Sorge«, entgegnete Scott. »Ich hab schon so ziemlich alles gesehen. Bis morgen.«
Der Esel gehörte eigentlich einem Mitglied von Wes’ Gemeinde. Wes ist ohnehin schon ein unglaublich netter Mensch, und darüber hinaus ist er als Mennonit verpflichtet, jedem Menschen – oder eher, wie dieser Fall zeigte, jeder Kreatur – in Not zu helfen. Er hatte mitbekommen, dass ein Angehöriger seiner Kirchengemeinde ein Tierhorter war und in einer verfallenen Scheune unter erbärmlichen Bedingungen Ziegen und einen Esel hielt. Der Mann war arbeitslos, und auch seine Familie litt unter seinem Messie-Syndrom; Geld, das dringend für Lebensmittel und Miete gebraucht wurde, ging stattdessen für Tierfutter drauf. Wes und mehrere Kirchenälteste hatten ihn zu überreden versucht, sich von seinen Tieren zu trennen, aber er hatte nichts davon wissen wollen. Schließlich strapazierte Wes seine eiserne Wahrheitsliebe, soweit es ihm möglich war. Wie wäre es denn, fragte er den Mann, wenn man die Tiere nur vorübergehend woanders unterbringen würde? Nur für zwei Jahre. Er könne sie bei einer guten Familie in Pflege geben, bis sie wieder gesund wären. So habe er die nötige Zeit, um eine Weide einzuzäunen und den Stall gründlich auszumisten. Das sei ja eigentlich auch keine Lüge, tröstete sich Wes, sondern eher eine Hoffnung – die Hoffnung, dass der Besitzer im Verlauf von zwei Jahren die armen Tiere vergessen und sein Leben wieder auf die Reihe kriegen würde.
»Willst du es nicht wenigstens versuchen?«, fragte Wes.
»Na schön«, sagte der Mann. »Aber es muss wirklich eine gute Familie sein.«
Wes machte sich sofort auf die Suche. Die Ziegen unterzubringen, war einfach – einen Gratis-Rasenmäher können die Leute in Lancaster immer gebrauchen –, einen Esel zu vermitteln, war dagegen verdammt schwer. Sie sind nicht nur berüchtigt dafür, störrisch und bissig zu sein und auszukeilen, sie sind auf einer Farm auch praktisch nicht zu gebrauchen. Man kann sie weder melken noch schlachten, in vielen Fällen nicht mal reiten. Sie durchzufüttern, kann teuer werden, von dem, was man für die Zahnpflege, die Entwurmung und die Impfungen berappen muss, ganz zu schweigen.
Warum also wollte ich ihn überhaupt aufnehmen?
Um ehrlich zu sein: Ich wollte das gar nicht. Nicht, nachdem ich ihn mir genauer angesehen hatte jedenfalls, so viel war sicher. Als Stadtmenschen ohne den geringsten Schimmer vom Farmleben hatten meine Frau und ich uns an ein paar Anfängertiere herangewagt. Das erste war eine streunende schwarze Katze, die einfach an der Hintertür auftauchte, und als sich herausstellte, dass sie überleben und bleiben würde, machten wir mit ein paar Hühnern hinter dem Haus weiter. Dann liehen wir uns von einem benachbarten Amischen ein Schaf aus, um zu sehen, wie wir damit zurechtkämen – ein bisschen wie Erstklässler, die die Klassenschildkröte übers Wochenende mit nach Hause nehmen dürfen. Wes gehört die Farm neben unserer, und als er mir erzählte, dass er einen Esel zu retten versuche, dachte ich: Warum nicht? Wir könnten ihn hinter dem Haus auf der Weide halten, und die Kinder könnten ihn mit Apfelkitschen füttern. Ich wollte Wes allerdings nichts versprechen, solange wir den Esel nicht mit eigenen Augen gesehen hatten, womit Wes einverstanden war; sein Besitzer sei ein bisschen schwierig und wolle mich auch erst mal kennenlernen.
Und so fuhr ich eines Nachmittags mit meinen beiden kleinen Töchtern zum Haus des Eselbesitzers. Insgeheim hatten die Mädchen und ich, schon bevor wir ins Auto stiegen, beschlossen, dass wir das Tier, wenn es nicht völlig durchgeknallt und tobsüchtig war, mit nach Hause nehmen würden. Auf der Fahrt überlegten wir, wie wir Mika davon überzeugen könnten und welchen Namen wir unserem zukünftigen Haustier geben würden.
»Schädelspalter?«
»Auf gar keinen Fall!«
»Zorro?«
»Nein! Na ja, vielleicht.«
Unser fröhliches Geplänkel erstarb schlagartig, als wir die Scheune erreichten. Sie war windschief, stand auf einem matschigen Feld und sah aus, als könnte sie beim kleinsten Nieser wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Wir gingen hinein, versuchten, in der Dunkelheit etwas zu erkennen und unsere Gummistiefel aus dem knöcheltiefen, schmatzenden Matsch zu ziehen. Am Vortag hatte es geschüttet wie aus Eimern, und eine der Boxen war überflutet, sodass zwei Ziegen sich auf Strohballen geflüchtet hatten, um nicht im Wasser stehen zu müssen. Neben den Ziegen befand sich eine weitere Box, die dunkel und eng war wie eine Gefängniszelle. Das Wesen darin ließ sich vor der schwarzen Wand kaum ausmachen. Der Besitzer lockte es mit einer Handvoll Futter an.
Zögernd löste sich ein Schatten aus der Dunkelheit. Seine langen Ohren richteten sich auf und zuckten nervös, während er einen Schritt in unsere Richtung machte. Der Esel stand fast bis zu den Knien in Mist und verfaultem Stroh und hatte in dem engen Verschlag kaum genug Platz, um sich umzudrehen. Der Mann gab meiner Tochter Futter, und sie hielt es dem Esel hin, der den Hals reckte und es vorsichtig von ihrer Handfläche knabberte. Wir starrten ihn schweigend an. Unsere Freude über das neue Haustier war wie weggeblasen; jetzt ging es uns nur noch darum, ihn hier rauszuholen.
Der Besitzer erklärte sich tatsächlich dazu bereit, ihn uns zu überlassen, doch über Nacht änderte er seine Meinung. Als Wes am darauffolgenden Morgen mit dem Anhänger bei ihm vorfuhr, schaltete der Mann auf stur und sagte, der Esel gehöre zur Familie und die Familie müsse zusammenbleiben.
»Aber es ist doch nur, bis es ihm wieder besser geht. Nur für zwei Jahre«, redete Wes auf ihn ein, bis der Mann schließlich nachgab und die Tür des Verschlags öffnete. Erst jetzt entdeckte Wes, dass die Hufe des Esels so verformt waren, dass er kaum laufen konnte. Zusammen bemühten sich Wes und der Besitzer, das kranke Tier Schritt für Schritt aus der dunklen Scheune ans Tageslicht und in den Anhänger zu bugsieren.
»Wie sollen wir ihn aus dem Anhänger bekommen, wenn er nicht laufen kann?«, fragte ich Wes und fürchtete mich fast davor, dass er eine Antwort haben könnte. Ich hielt den Atem an und hoffte insgeheim, er würde sagen, es sei aussichtslos und er müsse den Esel rasch zu einem Gnadenhof oder einer Notstation für Tiere bringen – oder wo auch immer man sich um die hoffnungslosen Fälle kümmert.
»Langsam, schätze ich«, antwortete Wes. Er griff nach dem abgewetzten grünen Halfter des Esels und zog ihn behutsam vorwärts. Und was sollte ich tun? Mich hinter ihn stellen und schieben? Das erschien mir dann doch ein bisschen zu aggressiv. Außerdem wusste ich genug über Esel, um zu ahnen, dass ich dadurch einen wütenden Tritt vors Knie riskierte. Oder sollte ich ihn vielleicht anheben?
Ich umfasste mit beiden Armen den Bauch des Esels und versuchte auf diese Weise etwas ungeschickt, seine kranken Hufe zu entlasten. Beim kleinsten Anzeichen von Gegenwehr hätte ich sofort losgelassen, aber selbst dafür fehlte ihm anscheinend die Kraft. Der Esel sah benommen aus, eher wie ein stockfleckiges Stofftier vom Dachboden und nicht wie ein lebendiges Wesen. Zögernd setzte er einen Huf vor den anderen und rührte sich nur, wenn wir ihn dazu drängten; wenn nicht, blieb er einfach stehen, als könnte er sich nicht mehr daran erinnern, wie man selbstständig denkt und geht. Nachdem wir das Ende der Rampe erreicht hatten, machte er sich nicht mal über das saftige grüne Gras her; er erstarrte einfach wieder zum Stofftier, blieb stehen und ließ den Kopf hängen.
Wes musste los. Bei ihm zu Hause warteten hundertfünfzig Milchkühe darauf, gemolken zu werden, und die Befreiungsverhandlungen mit dem Besitzer des Esels hatten ihn in seinem Zeitplan weit zurückgeworfen. Er wünschte mir viel Glück und versprach, am nächsten Tag vorbeizukommen, um zu sehen, wie wir mit dem Patienten zurechtkämen. Ich brachte dem Esel einen Eimer frisches Wasser und legte ihm frisches Heu vor die Nase. Er hatte sich immer noch nicht vom Fleck gerührt. Ich schaute auf die Uhr. Meine Töchter würden bald nach Hause kommen, und bis dahin wollte ich einen Plan haben, wie ich den Schock beim Anblick des Esels abmildern könnte, damit sie erkannten, dass es ihm bald wieder besser gehen würde, aber mir fiel nichts ein. Wir hatten zwar einem Tier in Not helfen wollen, aber die Not dieses Tieres ging weit über all meine Vorstellungen hinaus.
KAPITEL 2
Bügelsägen-OP
Am nächsten Morgen kam unser Retter die Einfahrt heraufgefahren. »Macht euch keine Sorgen«, hatte ich den Mädchen am Vorabend versichert. »Scott weiß, was zu tun ist.« Tatsächlich sprang Scott mit selbstbewusstem Grinsen aus dem Truck – doch das verging ihm ziemlich schnell.
»Ich dachte, ich hätte schon alles gesehen«, sagte er. »Aber so was … noch nie.«
Tagsüber arbeitet Scott als Vertreter für Dansko, eine Firma in Pennsylvania; sie stellt Clogs her, die bei Köchen und Tänzern beliebt sind. Nach Feierabend befasst er sich statt mit Füßen lieber mit Hufen, seiner wahren Leidenschaft. Scott wuchs im Norden des Staates New York auf und verdiente sich Geld fürs College, indem er Schuhwaren für Pferde anfertigte. Als er nach Lancaster County zog – wo die größte Amischen-Gemeinde Amerikas beheimatet ist –, wurde er zum Ansprechpartner für die dort ansässigen Farmer, die Probleme mit ihren Arbeitsmaultieren und Kutschenpferden haben.
An manchen Wochenenden betätigen sich Scott und seine Frau Tanya auf Pferdeauktionen auch als inoffizielle Tierschützer, die sich zu Wort melden, wenn sie ein Tier sehen, das Hilfe braucht. Einmal stellte sich Tanya sogar vor einen Pferdetransporter auf dem Weg zum Abdecker, zückte ihr Portemonnaie und sagte dem Fahrer, er solle ihr den Preis für einen Mini-Esel nennen, den sie auf der Ladefläche erspäht hatte. Dem kleinen Esel ging es so schlecht, dass der Fahrer ihn ihr umsonst überließ. Tanya war sicher, dass sie den Esel gesund pflegen können würde, und sie sollte recht behalten. Bald trottete die winzige Matilda neben ihnen her, wenn Tanya und Scott Ausfahrten mit ihrer Kutsche unternahmen. Aber dem Tier, das gestern bei uns angekommen war, ging es weit schlechter als Matilda.
»Wie ist das passiert?«, fragte Scott.
»Tierhorter«, antwortete ich.
»Mann, das ist …«, begann Scott, dann brach er ab und überlegte. »Das Barmherzigste wäre, ihn sofort einzuschläfern.«
Die zu lang gewachsenen Hufe, erklärte er mir, kämen einem Todesurteil gleich. Normalerweise sorgen Esel selbst dafür, dass ihre Hufe kurz bleiben, indem sie meilenweit über steiniges Gelände laufen. Aber wenn man sie eingepfercht auf feuchtem Stroh oder nur auf der Weide hält, wachsen ihre Hufe krumm nach oben wie die Fingernägel eines Hindu-Heiligen. Und sind sie erst mal verformt, kann der Schaden oft nicht mehr rückgängig gemacht werden und zu einem qualvollen Tod führen: Weil Pferde und Pferdeartige einen ungewöhnlich kleinen Magen haben, wird ihre Verdauung hauptsächlich durch die schwingenden Bewegungen beim Laufen in Gang gehalten. Wenn man sie einsperrt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Futterreste ihren Verdauungstrakt verstopfen und es das Tier innerlich zerreißt.
»Eine grausame Art zu sterben«, sagte Scott. »Es sei denn …« Er brach ab und dachte eine Weile nach. »Hast du eine Bügelsäge?«
Ich rannte in den Schuppen und holte sie. Scott band den Esel an einem Pfosten an. »Hallo, Kumpel«, sagte er zu ihm und streichelte ihm die Ohren. »Hast du so was schon mal gesehen?« Er hielt dem Esel die Säge unter die Nase, damit er sie beschnüffeln konnte. »Hör zu, wir machen jetzt Folgendes«, sagte Scott. Dann erklärte er dem Tier haarklein, was er mit der Säge vorhatte. Ich verzog skeptisch das Gesicht, aber die Ohren des Esels waren auf Scott gerichtet, als würde er ihm aufmerksam lauschen.
»Er soll sich an meine Stimme gewöhnen, bevor wir anfangen«, sagte Scott zu mir. »Esel verteidigen sich noch vehementer als Pferde. Und Überraschungen mögen sie gar nicht.« Das, was Scott vorschwebte, würde alles andere als leicht werden: eine letzte, verzweifelte Notoperation, bei der wir eine Hufspitze nach der anderen absägen würden wie einen Ast. Wenn es Scott gelang, die Hufe ungefähr um die Hälfte zu kürzen, konnte er sie danach mit seinen Stahlzangen und einer groben Feile bearbeiten. Das war ungefähr so, als würde jemand, der noch nie in seinem Leben einen Zahnarzt gesehen hat, mit ein paar Löchern zum Zahnarzt gehen und erfahren, dass jeder Zahn nicht nur einmal, sondern dreimal gebohrt werden muss – ohne zu wissen, ob der Typ mit dem Bohrer nicht vielleicht ein Irrer ist, der ihm ans Leder will. Und genau das stand dem Esel bevor.
»Bereit?«, fragte Scott.
»Wer? Er oder ich?«
»Ihr beide. Schnapp dir sein Bein und halt es gut fest.«
Und so machten wir uns ans Werk. Ich lehnte mich gegen die Flanke des Esels und presste ihn mit dem Körper gegen den Zaun, während Scott sich den ersten Huf zwischen die Knie klemmte und langsam und methodisch zu sägen begann. Als er seinen Rhythmus gefunden hatte, hängte er sich richtig rein und säbelte wild an dem Huf herum, der zäh war wie ein Autoreifen. Aber obwohl sein Gesicht schweißüberströmt war und er vor Anstrengung keuchte, redete Scott weiter mit ruhiger, freundlicher Stimme auf den Esel ein.
»Alles klar, Kumpel?«, fragte er. »Gleich sind wir mit dem ersten Huf fertig.« Jeder Muskel im Körper des Esels war angespannt, als würde er gleich ausrasten, aber erstaunlicherweise blieb er stocksteif stehen. Schließlich legte Scott die Säge weg, richtete sich auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Was sagst du dazu?«, fragte er mich und hielt das abgetrennte Stück Huf hoch, das fast so lang war wie mein Fuß und widerlich stank, als wäre es noch am Fuß des Esels verfault.
»Unfassbar, dass er sich das hat gefallen lassen«, sagte ich. »Vielleicht steht er nach dem Umzug immer noch unter Schock.«
»Vielleicht. Aber er ist auch ein toller Kerl«, sagte Scott und fuhr ihm durch die Mähne. »Achte mal auf seine Ohren, wenn wir uns unterhalten.« Tatsächlich drehten sich die Ohren des Esels in alle Richtungen, zeigten mal auf Scott, mal auf mich. Manchmal richtete er sogar eins auf mich und eins auf Scott, wie ein Polizist, der den Verkehr regelt.
»Er hört uns ganz genau zu, und anscheinend ist er zu dem Schluss gekommen, dass wir auf seiner Seite sind«, sagte Scott und nahm den nächsten Huf in Angriff. »Aber halt ihn weiter gut fest. Ab jetzt wird’s richtig hart.«
Als Nächstes nahmen wir uns seine Hinterbeine vor. Scott erklärte mir, dass Esel es nicht ausstehen können, wenn jemand hinter ihnen stehe. »Das ist ihre größte Urangst«, sagte Scott. Einen Esel in freier Wildbahn zu töten, ist ziemlich schwierig. Sie sind Herdentiere und bleiben immer sehr dicht beisammen; ein Raubtier, das Eselfleisch zum Abendessen haben will, muss seine Chancen darauf, lebend davonzukommen, gegen die Gefahr abwägen, die von einer Horde auskeilender, beißender, 350Kilo schwerer Bestien ausgeht, von denen man weiß, dass sie schon Löwen totgetrampelt haben. Trotzdem sind Esel anfällig für Angriffe aus dem Hinterhalt; ein Nachzügler, der zurückgeblieben ist, um zu grasen, kann von Wildhunden überrascht werden, die sich auf ihn stürzen und ihm die Kehle durchbeißen. Dieser kleine graue Esel mochte wehrlos und krank aussehen, doch tief in seiner DNA war ein zehntausend Jahre alter Überlebensinstinkt gespeichert, der so ausgeprägt war wie der eines Mitglieds der Army Rangers; er war stets bereit, sich zu verteidigen und auszukeilen, als ob sein Leben davon abhinge, sobald sich etwas hinter ihm befand, das er nicht sehen konnte.
Scott nahm die Säge in die eine Hand und legte die andere leicht auf das Hinterbein des Esels. »Guter Junge …«, sagte er, dann zuckte er zurück, als das Hinterbein des Esels nach hinten schnellte.
»Siehst du?«, sagte er und bückte sich, um die Säge wieder aufzuheben, die er fallen gelassen hatte. »Der kann einem ruckzuck die Kniescheibe zertrümmern.« Matilda, seine eigene kleine Eselin, hatte einen bissigen Hund mal derart getreten, dass eins seiner Beine amputiert werden musste.
»Halt ihn gut fest. Wir versuchen es noch mal«, sagte Scott. Ich presste die Brust gegen die Rippen des Esels und drückte ihn so fest wie möglich gegen den Zaun. Scott strich ihm beruhigend über den Kopf, dann über den Rücken und massierte ihn, bis er den Oberschenkel erreicht hatte. Er fuhr mit der Hand das Hinterbein hinunter bis zum Huf. Der Esel sah aus wie das Opfer eines Raubüberfalls, das mit vorgehaltener Waffe bedroht wird, blieb jedoch wie angewurzelt stehen, als Scott langsam seinen Hinterhuf anhob. Ob wir es nun schaffen würden oder nicht – ich war unglaublich beeindruckt von Scotts Umgang mit dem Tier. Obwohl er schwitzte wie ein Schmied und jeden Moment damit rechnen musste, dass der Esel ihm die Rippen brach, redete er weiter auf ihn ein, als würde er ihm einen saftigen Apfel anbieten, statt ihm mit der Säge zu Leibe zu rücken.
Schließlich fiel auch das letzte große Hufstück ab. Scott gönnte sich eine kurze Verschnaufpause und wischte sich das Gesicht ab, aber die Tortur war noch nicht vorbei. Er nahm eine unglaublich große Stahlzange aus seiner Tasche, die aussah, als stammte sie aus dem grausamen Arsenal eines Kettensägen-Mörders, und vollführte ein paar Probeknipser in der Luft. Dann machte er sich an die Arbeit, zwickte mit routinierter Präzision Stücke von den Hufen ab und tat sein Bestes, um die abgesägten Stümpfe in eine Form zu bringen, die an gesunde Hufe erinnerte. Anschließend gab er ihnen mit einer knapp dreißig Zentimeter langen Feile den letzten Schliff.
»Fertig!«, verkündete Scott schließlich, ließ sich erschöpft ins Gras fallen und atmete erleichtert auf. Sein T-Shirt und seine Jeans, die vorher makellos sauber gewesen waren, sahen jetzt aus, als hätte man sie gerade aus dem Sumpf gefischt. Doch kaum hatte er sich hingelegt, da sprang er schon wieder beunruhigt auf.
Denn der Esel tat – nichts.
»Nicht gut«, sagte Scott. »Gar nicht gut.« Das Tier hatte gerade das Äquivalent einer zweistündigen Zahn-OP hinter sich, aber statt sich vom Acker zu machen, stand der kleine graue Esel noch genauso da wie vorher. Jetzt, wo seine Hufe getrimmt waren, hätte er überallhin laufen können. Warum also rannte er nicht augenblicklich davon?
Wir beobachteten den Esel, drängten ihn innerlich, sich in Bewegung zu setzen, aber nach einer ganzen Weile hatte er sich immer noch nicht gerührt. »Ich weiß nicht«, sagte Scott. Er klang resigniert und erschöpft. »Wenn er morgen immer noch nicht läuft, können wir nur noch dafür sorgen, dass er es halbwegs angenehm hat, wenn es zu Ende geht.«
Das Umsorgen fiel in den Zuständigkeitsbereich von Scotts Frau, und es dauerte nicht lange, bis Tanya in ihrem staubigen alten SUV die Einfahrt hinaufgebraust kam. Sie schritt mit ihrer medizinischen Ausrüstung und einer Schurschere zur Tat, schaute immer wieder von mir zu dem Esel, während sie abwechselnd ihm etwas zusäuselte und mir Anweisungen gab.
»Guter Junge!«, gurrte sie. »Guter …« Sie verstummte. »Wie heißt er eigentlich?«
»Ähm …« Ich wusste, was auf dem Spiel stand, und wollte es nicht vermasseln. Wir hatten bei der Namensgebung schon mal einen Riesenfehler gemacht, der mir immer noch nachhing. Die beiden ersten Ziegen, die wir bekommen hatten, benannten wir nach englischen Wörtern, über die meine Tochter kurz zuvor in einem Buch gestolpert war: bamboozle und skeedaddle, was so viel heißt wie »austricksen« beziehungsweise »abhauen«. Und obwohl sich Bamboozle und Skeedaddle über vier Morgen saftiges Gras und köstliche Kräuter hermachen konnten, entwickelten sie sich zu Meisterausbrechern, die fast den ganzen Tag lang den Zaun absuchten – wie zwei eingebuchtete Drogenbosse, die sich einen Tunnel in die Freiheit graben wollten. Nach ein paar Monaten voller erfolgreicher Ausbrüche machten sie sich nicht mal mehr die Mühe, sich unter dem Draht durchzuquetschen; sie sprangen einfach über den knapp einen Meter fünfzig hohen Zaun, ignorierten das zweihundert Morgen große benachbarte Maisfeld, liefen schnurstracks auf die Straße vor den Schulbus und bescherten mir so den einen oder anderen Beinahe-Herzinfarkt.
Schließlich warf ich die Flinte ins Korn und verkaufte Skeedaddle und ihre Schwester Lulu an einen Farmer, dessen Enkelkinder sich um sie kümmern sollten; Bamboozle schenkte ich unserem amischen Nachbarn. Doch als wir am nächsten Vormittag aus dem Fenster sahen, stand dort Bamboozle und schaute uns an. Er war seinen neuen Besitzern abgehauen und eine halbe Meile weit über die Straße gelaufen, um diesmal bei uns ein- statt auszubrechen. Die Mädchen waren begeistert – sie vergötterten Bamboozle und wollten ihn behalten –, aber ich war an meine Grenzen gelangt und hatte die Nase gestrichen voll davon, hinter ihm herzujagen wie ein Zirkusclown. Zum Glück fanden die Amischen-Kinder dann anscheinend einen Weg, ihm die Ausbrecherei abzugewöhnen, denn nachdem ich ihn zurückgebracht hatte, tauchte er nie wieder bei uns auf. Als ich die Familie ein paar Tage später besuchte, fragte ich sie, wie es ihnen gelungen sei, Bamboozle auszutricksen, und sah in verwirrte Gesichter.
»Ach, du meinst Fred«, sagte eins der Kinder. »So nennen wir ihn jetzt.«
Ja, Fred – der perfekte Name für einen betagten Onkel, der in seinem Fernsehsessel einnickt. Mir war zwar immer noch nicht ganz klar, wie sie es geschafft hatten, aus Bamboozle mithilfe eines entspannten neuen Namens eine entspannte neue Ziege zu machen, aber ich hätte mir den Trick von ihnen abgucken sollen.
Aber nein. Stattdessen mussten wir ein zugelaufenes Kätzchen »Smartycat« taufen und zusehen, wie die freilaufende Katze ein geniales Gespür für den Zeitpunkt entwickelte, an dem wir zu einem Ausflug aufbrechen wollten, um ausgerechnet dann ins Haus zu flitzen und sich in der nächstbesten Sockenschublade zu verstecken. Smartycat führte ein gutes, langes Leben bei uns, und als sie starb, bekamen wir »Evil Eye«, einen weiteren Streuner, der sich den Namen wegen seines satanischen Blicks redlich verdient hatte. Evil Eye war (und ist) so bösartig, dass unsere anderen Katzen, selbst halbverwilderte Kämpfer, Angst haben, sich den drei Futternäpfen zu nähern, bis Evil Eye sich satt gefressen hat und verschwunden ist.
Als es nun darum ging, einen Namen für den kranken Esel zu finden, wollte ich kein Risiko eingehen. Er kämpfte schon jetzt um sein Leben und konnte keinen Namen gebrauchen, dem auch nur ein Hauch eines schlechten Omens anhaftete. Die Mädchen hatten am Vorabend einen Vorschlag gemacht, und nachdem ich eine Weile darüber nachgedacht hatte, konnte ich immer noch nichts Gefährliches daran entdecken.
»Wir hatten überlegt, ihn, äh … Sherman zu nennen«, sagte ich. Wir hatten vor Kurzem den Film Saving Mr.Banks gesehen, in dem es um die Entstehung des Films Mary Poppins geht, wobei wir uns besonders über die fröhlichen Sherman-Brüder, die Komponisten der Filmmusik, amüsiert hatten.
Tanya hatte mit Disney-Filmen und Voodoo-Flüchen nichts am Hut. Sie war schon ganz im Notaufnahme-Modus – für sie war ein Name nur ein weiteres medizinisches Hilfsmittel. »Guter Sherman!«, gurrte sie, nahm die grobe Schere zur Hand und machte sich daran, das stinkende, verfilzte Fell streifenweise abzuschneiden. Gelegentlich rief sie mir über die Schulter Anweisungen zu, wenn sie etwas aus dem Haus brauchte: Hol Lappen! Babyshampoo! Wasserschlauch!
»Wenn ich damit fertig bin, musst du ihn einmal von der Schnauze bis zum Schwanz nass machen und einschäumen«, wies sie mich an. »Mit ordentlich viel Shampoo. Das wird ihm wohl erst mal nicht gefallen, aber du musst es durchziehen. Du musst ihn so lange waschen, bis der ganze Dreck weg ist.« Tanya klickte mit der Schere und drehte sich zu mir um.
»Und eins noch«, sagte sie. »Wenn er durchkommt, kannst du ihm nicht einfach eine Schleife um den Schwanz binden wie I-Aah aus Pu der Bär und ihn auf einer Weide versauern lassen. Er wurde misshandelt und vernachlässigt, und so was kann ein Tier krank vor Hoffnungslosigkeit machen. Du musst seinem Leben einen Sinn geben. Ihm eine Aufgabe geben.«
Eine Aufgabe? Was sollte ich mit einem Esel machen – Gold schürfen gehen? Einen Siedlertreck nach Westen veranstalten? Aber bevor ich Tanya fragen konnte, wie sie sich das vorstellte, kam mir eine Idee. Nein, das ist zu albern, dachte ich und hielt lieber den Mund. Wenn ich ihr davon erzählte, würde ich noch hilfloser und überforderter wirken. Trotzdem – während sie sich mit dem Wrack von einem Tier beschäftigte, ging mir die Idee nicht mehr aus dem Kopf. Bald erkannte ich, warum mich der Gedanke nicht losließ: Sich auf ein schönes Märchen zu konzentrieren, war wesentlich angenehmer, als sich mit der hässlichen Realität auseinanderzusetzen, die einem ins Gesicht sprang.
Und da dämmerte mir, dass meine Unwissenheit vielleicht auch etwas Gutes hatte. Da ich keine Ahnung hatte, wie krank Sherman tatsächlich war, konnte ich auch nicht wissen, wie stark er tatsächlich war. Schließlich konnte in diesem geschundenen Körper auch der Geist eines Kämpfers, eines furchtlosen Kriegers wohnen, der vielleicht irgendwann wieder zu seiner Kraft zurückfinden würde. Und wenn Sherman sich einen Weg zurück ins Leben kämpfen konnte, hatte ich vielleicht etwas Besseres für ihn als nur eine Aufgabe: ein wildes Abenteuer, in das wir uns, Seite an Seite, stürzen konnten.
Aber zuerst mussten wir dafür sorgen, dass er am Leben blieb.
KAPITEL 3
Keiner mag uns …
»Ach, Mist!« Tanya fiel plötzlich auf, dass es schon fast 15Uhr war. »Ich komme zu spät zur Schule.«
Sie schnappte sich ihre Schere und die übrigen Utensilien, und kurze Zeit später spritzte der Schotter unter den Rädern ihres SUV auf, als »Hurrikan-Tanya« die Auffahrt hinunterraste. Morgens und nachmittags spielt Tanya die Chauffeurin für die einheimischen Amischen-Kinder, die zu weit von der Ein-Raum-Zwergschule entfernt leben, um zu Fuß zu gehen. Nachdem sie sie zu Hause abgeliefert hat, muss sie am Spätnachmittag ihre eigenen Tiere versorgen, darunter drei Esel, zwei Kutschpferde, eine Ziege, ein Schwein, ein Planschbecken voller Entenküken und ein Pferd, das sie vor dem Abdecker gerettet hatte, um einem Teenager aus der Nachbarschaft das Reiten beizubringen. Sie würde erst morgen wieder nach Sherman sehen können.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Mika. Wir standen am Zaun und warteten darauf, dass Sherman sich bewegte.
Nichts.
»Entweder wird er wieder gesund oder …« Ich vergewisserte mich, dass die Kinder nicht in Hörweite waren. »Oder das hier wird zur Totenwache. Tanya hat gesagt, ab jetzt haben wir es nicht mehr in der Hand.«
Wir haben es nicht mehr in der Hand. Es laut auszusprechen, war unerträglich, denn es war eine der wenigen Situationen in meinem Leben, in denen es tatsächlich stimmte. Es gab niemanden mehr, den man anrufen, keine weitere Behandlung, die man ausprobieren, keinen Freund, den man um Rat fragen konnte. Der kleine Funke Hoffnung, den ich eben noch verspürt hatte, war jetzt jenem unheilvollen Gefühl tiefer Beklemmung gewichen, das einen überkommt, wenn der Wagen auf vereister Fahrbahn ins Schleudern gerät. Es war, als befände sich Sherman in einem Tunnel; entweder würde er am anderen Ende wieder herauskommen oder er würde für immer in der Dunkelheit bleiben.
Ich wünschte mir, seine Gedanken lesen zu können. Wenn es keinen Weg gab, ihm aus der Dunkelheit herauszuhelfen, konnte man ihm wenigstens mit Freundlichkeit und der entsprechenden Unterstützung das Ende erleichtern. Aber wie sollten wir ihm Frieden bringen, wenn wir keine Ahnung hatten, was in ihm vorging? Kämpfte er um sein Leben oder hatte er schon aufgegeben? Sah er in mir einen Freund oder nur einen weiteren Tierquäler? Die erste Regel beim Heilen lautet: »Du sollst keinen Schaden anrichten.« Aber diese Situation machte mir einmal mehr klar: Ich wusste so wenig über Tiere, dass ich nicht mal einschätzen konnte, ob ich ihm ein Gefühl von Sicherheit gab oder ihm Angst machte.
Zu behaupten, Mika und ich seien überrascht gewesen, uns in einer solch misslichen Lage wiederzufinden, wäre untertrieben. Wir konnten ja nicht einmal glauben, dass es uns in diese Gegend verschlagen hatte.
Ich war im Umland von Philadelphia aufgewachsen, in den Arbeiterklasse-Vororten, wo die Schienen der Hochbahn und die Reihenhäuser von West Philly den großen Familien und kleinen Hinterhöfen von Upper Darby wichen. Was das Landleben anbelangte, waren Bücher meine einzige Informationsquelle; ich war so besessen von Ein Jahr als Robinson von Jean Craighead George, dass ich mit neun Jahren, nur mit einem Spielzeug-Bumerang bewaffnet, von zu Hause ausriss, um in einem hohlen Baum im Wald zu hausen und mit einem Falken auf die Jagd zu gehen, so wie Sam Gribley in dem Buch. Gegen ein Uhr morgens griff mich die Polizei knapp zehn Kilometer von zu Hause entfernt in einem Waldstück in der Nähe der Springfield Mall auf und brachte mich nach Hause, wo ein elterliches Donnerwetter epischen Ausmaßes allen zukünftigen Expeditionen in die Wildnis einen Riegel vorschob.
Nach diesem Vorfall begab ich mich kaum je aus der Nachbarschaft von etwa 1,5Millionen Menschen heraus. Wenn ich nicht gerade zur Highschool ging, streifte ich mit meinen Freunden durch die Stadt, immer auf der Suche nach sportlichen Wettkämpfen, die auf der Straße ausgetragen wurden.
Nach dem College nahm ich in verschiedenen Großstädten unterschiedliche Jobs an und ging dann nach Übersee, um mir das Leben in Madrid anzuschauen. Ich unterrichtete eine Zeit lang Englisch und schnappte dabei genug Spanisch auf, um mir ein Bewerbungsgespräch für einen Job als Korrespondent bei der Associated Press zu erschleichen. Ich hatte keinerlei Qualifikationen für die Stelle, aber Susan Linnee, Chefredakteurin der AP in Madrid, war eine kampferprobte Zeitungsreporterin, die die »verweichlichten Schreibtisch-Redakteure«, die ihr der Hauptsitz in New York ständig schickte, nicht leiden konnte. Sie hatte ihre eigene Methode entwickelt, Leute mit Gespür für das, was sich auf der Straße abspielt, zu finden – »Rohdiamanten«, wie sie sie nannte.
»Den Typen vor dir hab ich genommen, weil er aussah wie der Sänger der Fine Young Cannibals«, erklärte sie mir. Zum Glück erwies sich der Fine Young Cannibal als solch ein Naturtalent, dass er innerhalb eines Jahres als Kriegsberichterstatter nach Bosnien versetzt wurde. Ersatz musste her, und zwar ruckzuck, und das war wohl der einzige Grund, warum ich überhaupt einen Fuß in die Tür bekam. Susan nahm mich ungefähr eine Stunde lang ins Kreuzverhör, und als mein Mangel an Erfahrung peinlich offensichtlich geworden war, stand sie abrupt auf und erklärte das Gespräch für beendet.
»Ich habe genug gehört«, sagte sie und reichte mir die Hand.
»Okay«, sagte ich, mehr als bereit, mich geschlagen zu geben. »Sollten Sie Ihre Meinung noch …«
»Wir arbeiten Sie eine Woche lang ein«, fuhr sie fort und ging gleich in die Vollen. »Danach brauchen wir Sie vor Ort.«
»Vor Ort?«
Sie hatte zwar erwähnt, dass der Cannibal ihr Korrespondent in Lissabon gewesen war, aber ich war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie jemanden aus Madrid dorthin versetzen und mich zur Einarbeitung hierbehalten würden. Ich war noch nie in Portugal gewesen und sprach auch kein Wort Portugiesisch, aber das war jetzt mein geringstes Problem. In Angola war gerade ein Bürgerkrieg ausgebrochen, was mich nichts anzugehen schien, bis meine neue Chefin mir erklärte, dass das Land als ehemalige portugiesische Kolonie mich seit jenem Moment etwas angehe, in dem ich ihr die Hand geschüttelt hätte.
Einen Monat später befand ich mich im Südwesten Afrikas im Gebiet der Rebellen und gab mir alle Mühe, am Leben zu bleiben und so zu tun, als hätte ich eine Ahnung von dem, was ich tat. Ich arbeitete mit einem portugiesischen Fotografen namens Guilherme zusammen, der auch Spanisch sprach, und so kam ich die meiste Zeit über nur an Informationen, indem ich eine menschliche Rube-Goldberg-Übersetzungsmaschine benutzte: Ich stellte Guilherme auf Spanisch meine Fragen, der übersetzte sie für die angolanischen Soldaten ins Portugiesische und gab anschließend ihre Antworten auf Spanisch wieder, damit ich sie mir auf Englisch notieren konnte. Da Guilherme mit seiner eigenen Arbeit schon alle Hände voll zu tun hatte, blieb ihm für so einen Unsinn eigentlich keine Zeit, und so brachte er zum Beispiel die endlose, tränenreiche Geschichte, die uns einer der Soldaten erzählte, folgendermaßen auf den Punkt: »Sie haben einen Haufen Dreckskerle abgeknallt.«
»Das ist alles?«
»Im Großen und Ganzen.«
Aber das war schon okay; je kürzer die Zitate, desto schneller war ich fertig. Ich musste jeden Tag Flüchtlinge, Rettungssanitäter und Frontkämpfer interviewen und meinen AP-Nachrichtenbeitrag noch vor Einbruch der Nacht nach New York schicken. Der Sonnenuntergang markierte dabei meine Deadline, weil es nur eine Möglichkeit gab, die Informationen aus dem Kriegsgebiet zu übermitteln: die Verwendung einer Satelliten-Telex-Anlage von der Größe eines Rollkoffers. Nachts wollte man mit dem Ding nicht auf einem Hügel hocken, um auf ein Signal zu warten; denn das Einzige, was ein Rebellenscharfschütze mit nervösem Zeigefinger in der Dunkelheit von mir sehen würde, waren die blinkenden Lichter meiner Konsole, die geradezu »Erschieß mich!« schrien. Sobald ich auf »Senden« geklickt hatte, knallte ich den Deckel zu und beeilte mich, in Deckung zu gehen.
Ähnlich wie mein Vorgänger schaffte auch ich es, so lange durchzuhalten, bis ich wusste, wie der Hase läuft. Als zwei Jahre später der Völkermord in Ruanda begann, bekam ich den Auftrag, die Tutsi-Rebellenarmee zu begleiten, die über die Grenze fuhr, um Zivilisten vor den mörderischen Milizen zu retten. Unsere kleine Truppe von Reportern, die mit den Tutsi reiste, wurde von Tag zu Tag kleiner. Eine amerikanische Korrespondentin wurde ausgeflogen, nachdem man ihrem Fotografen ins Bein geschossen hatte und sie die Blutung mit bloßen Händen hatte stillen müssen. Ein französischer Radioreporter infizierte sich mit zerebraler Malaria und überlebte nur knapp. Mein Fotograf verließ mich, nachdem wir in einer Schule die Leichen Dutzender kleiner Kinder entdeckt hatten, die mit Macheten in Stücke gehackt worden waren; am nächsten Tag zitterten seine Hände immer noch. Als es den Tutsi schließlich gelang, die Mörder in Richtung Kongo zu vertreiben, und die Kämpfe aufhörten, sehnte ich mich verzweifelt nach Ruhe, doch ich konnte nicht mehr schlafen.
Zeit, nach Hause zu gehen.
Es war vielleicht nicht meine beste Idee, Lissabon zu verlassen und einen Traumjob in einer wunderschönen Stadt am Meer an den Nagel zu hängen, aber wie sich herausstellte, war ich nicht der Einzige, der diesen Fehler machte. Ich kehrte nach Philadelphia zurück und verließ die AP, um mich als freier Journalist für verschiedene Zeitschriften durchzuschlagen. Eines Nachmittags ging ich mit Jen joggen, einer Freundin aus der AP-Niederlassung in Philly, und sie erzählte mir von einer Journalistin aus Hawaii, die für ein Jahr zum Arbeiten hierher gewechselt war. Die Frau von der Trauminsel wurde mit ihrer neuen Heimat nicht so recht warm, und Jen brauchte mir nicht zu sagen, warum: Philly kann eiskalt und harsch sein, und ich spreche hier nur von den Bewohnern. Wenn man unser Denkmal für Frank Rizzo kennt, einen der brutalsten Polizeichefs aller Zeiten, oder den Hagel aus Schneebällen mitbekommen hat, mit dem Santa Claus bei einem Eagles-Spiel empfangen wurde, oder das Lied, das die Eagles und ihre Fans sangen, als sie 2018 den Superbowl gewannen (»We’re from Philly, f***ing Philly, no one likes us, we don’t care«1), bekommt man eine Ahnung davon, dass Philadelphia nicht der einladendste, anheimelndste Ort für Fremde ist. Eine heimwehgeplagte Hawaiianerin hat es hier bestimmt nicht leicht, und als Jen mir erzählte, dass sie Unterricht in afrikanischem Tanz nehme, dachte ich, ich könnte sie mit ein paar CDs aufheitern, die ich aus Angola mitgebracht hatte.
Am selben Wochenende lud Jen mich zu einer Dinnerparty ein. Als ich mit den CDs in der Hand ankam, sah ich mich im Wohnzimmer um und hielt nach einer düster dreinblickenden, stämmigen Pazifikinsulanerin Ausschau. Da kam eine umwerfend aussehende Frau mit warmherzigem, offenem Lächeln auf mich zu, die aussah, als käme sie direkt mit einer Handvoll Perlen aus Tahiti. Ich brachte gerade noch einen gestotterten Gruß heraus, weil meine Synapsen völlig von zwei widerstreitenden Gedanken blockiert wurden.
1.Die CDs mitzubringen, war ein Geniestreich.
2.Du darfst nie, nie erwähnen, dass du dachtest, alle Hawaiianerinnen hätten eine Statur wie ein American-Football-Spieler.2
Sie stellte sich mir als Mika3 vor, und damit war unser Gespräch vorerst beendet. Ich gab ihr die CDs, dann suchte ich das Weite und verbrachte den Rest des Abends in einer Ecke mit meinem Kumpel M’poze, einem Fotografen, und sah mir ein Album mit seinen Abzügen an. Ich hatte bis dahin schon genügend erste Eindrücke ruiniert, um zu wissen, dass es, nachdem ich Mika mit den CDs überrascht hatte, nur noch bergab gehen konnte. Diese Frau war so was von eine Nummer zu groß für mich, dass alles, was ich jetzt noch sagen konnte, sie vermutlich nur abschrecken würde. Als Mika mir etwas später einen Teller mit Essen brachte, dankte ich ihr kurz über die Schulter hinweg und stürzte mich sofort wieder auf M’pozes Fotoalbum. Ich schaute es mir so lange und so gebannt an, dass selbst M’poze irgendwann keinen Bock mehr hatte. Ich setzte gerade all mein Glück auf das »Tao des Steve«, auf die Aufreißerregeln des Protagonisten in Dex, der Frauenheld.
In dem Indie-Film, den ich erst vor Kurzem gesehen hatte, wird die Theorie aufgestellt, die beste Masche, um eine Frau zu erobern, sei, sich an die Weisheiten des Zen-Buddhismus sowie an Steve McQueen und den Sechs-Millionen-Dollar-Mann Steve Austin zu halten, die Dex für den Inbegriff der sexy Coolness hält. Das »Tao des Steve« hat nichts mit frauenfeindlichem Schürzenjäger-Kram zu tun; es ist eher eine Anleitung zu einem besseren Leben durch Impulskontrolle, die auf der Prämisse basiert, dass man nur bekommt, was man will, wenn man aufhört, es zu wollen. Wenn du jemanden triffst, der dein Herz höher schlagen lässt, solltest du diese drei Schritte befolgen:
Sei wunschlos.
Sei großartig.
Sei unsichtbar.
Mit mehr Glück als Verstand hatte ich die beiden ersten Punkte brillant hingekriegt. Als ich ihr die CDs mitbrachte, war ich der Held, aber wenn ich es nicht vermasseln wollte, musste ich den Mund halten und Mika aus dem Weg gehen, solange sie mich noch für nett und cool hielt. Ich war sogar so cool, dass ich, als die Party langsam zu Ende ging, ein schrecklicher Schneesturm aufzog und Mika mir und ein paar anderen Leuten anbot, uns in ihrem Pick-up mitzunehmen, ablehnte. (Ja, die exotische Journalistin brauste in einem hawaiianischen Surfboard-Mobil durch Philly. Sonst noch Beweise dafür, dass sie unerreichbar für mich war?) Zwei andere Typen waren nur zu glücklich, sich in die Kabine des Trucks quetschen zu dürfen, während Mika mich fragte, ob ich auch ganz sicher sei.
»Yup, alles bestens«, sagte ich und trottete durch den Schneeregen davon, in der Hoffnung, nicht so beknackt auszusehen, wie ich mich fühlte. Irgendwann während meiner elenden Wanderung durch Nord-Philadelphia dämmerte mir, dass es, wie bei allen Aufreißregeln, auch in der Steve-Version keine Tipps für die Endphase gab. Ich hatte keinen Schimmer, wie es nach der Sei-unsichtbar-Phase weitergehen sollte.
Ein paar Tage später bekam ich die Antwort. Mika hatte sich von Jen meine Telefonnummer besorgt und rief mich an, um sich für die CDs zu bedanken. Ich erwähnte ein paar afrikanische Lebensmittelgeschäfte in West Philly, die sie interessieren könnten, und schon bald verbrachten wir immer mehr Zeit zusammen. Mika hatte eigentlich afroamerikanische und chinesische Wurzeln, wie sie mir erklärte, vielleicht auch thailändische. Sie wusste es selbst nicht genau, weil sie das Ergebnis einer kurzen Affäre ihrer Mutter mit einem Austauschstudenten im Junior College war, der sich noch vor Mikas Geburt aus dem Staub gemacht hatte. Kurz darauf heiratete ihre Mutter die wahre Liebe ihres Lebens, einen Sanitätssoldaten der Army namens Dave, der die Familie mitnahm, wenn er an einen anderen Ort versetzt wurde. Mika zog, während sie aufwuchs, von einer Stadt in die nächste, fühlte sich immer als Außenseiterin und sah nie aus wie die anderen – bis zu dem Tag, an dem sie nach Hawaii kam. Zum ersten Mal beäugten die Leute nicht ständig ihre langen Locken und ihren cappuccinobraunen Teint oder fragten: »Woher kommst du wirklich?« Hawaii wurde zu ihrer Heimat, weil man ihr dort das Gefühl gab, zur Familie zu gehören.
Mika hatte nie vorgehabt, Honolulu zu verlassen, aber dann beschloss sie, ein Jahr lang auf dem Festland zu arbeiten, während ihr Freund Hotelmanagement in Hongkong studierte. Vielleicht lag es ja daran, dass ich nach wie vor im »Tao-des-Steve«-Modus war, aber weder ihr Freund noch ihre drohende Abreise schreckten mich ab. Mika und ich hatten eine Menge Spaß zusammen, durchstöberten Antiquariate und versuchten, einen Ziegenfleisch-Eintopf nachzukochen, den ich aus Uganda kannte – mit katastrophalem Ergebnis. Ich erzählte Mika von meinen Plänen, nach Afrika zurückzukehren, den Kontinent mit dem Motorrad zu durchqueren und der legendären Kapstadt-Kairo-Route zu folgen, und zum ersten Mal beschlich mich das Gefühl, dass eine gemeinsame Zukunft vor uns liegen könnte, weil sie ehrlich von der Idee fasziniert zu sein schien, dabei als Sozius mit von der Partie zu sein.
Stattdessen endeten wir in einem Farmhaus in West Virginia und überlegten, ob wir heiraten sollten. Das war für uns beide eine unvorhergesehene Wendung, aber wir spürten, dass wir uns langsam auf ein gemeinsames Leben zubewegten und uns Gedanken darüber machen mussten, wie man das am besten auf die Reihe kriegte. Bedeutete es, sich endgültig von den Stränden Kailuas zu verabschieden und der Fahrt mit einer knatternden Triumph Bonneville in einen Serengeti-Sonnenuntergang Adios zu sagen? Mika hatte das Schlimmste schon hinter sich gebracht: Sie hatte mit ihrem Freund Schluss gemacht, der sich prompt in den nächsten Flieger von Hongkong nach Philly gesetzt hatte, um ihr die Trennung auszureden; und danach hatte sie sich dazu bereit erklärt, noch eine Weile in Philly zu bleiben, wo ich die meisten meiner Freelance-Jobs bekam. Bevor wir uns kopfüber in die Beziehung stürzten, schlug Mika einen letzten Belastungstest vor; sie fand, wir sollten zuerst eine Woche zusammen außerhalb der Stadt verbringen, wie auf einer einsamen Insel, um zu schauen, wie glücklich wir zusammen waren, wenn wir keine Freunde und keine Stadt hatten, um uns abzulenken.
Und sie hätte keinen besseren Ort dafür finden können. Nachdem wir vier Stunden lang gefahren waren, rumpelte unser Wagen über einen einsamen Feldweg in den Ausläufern der Appalachen. Schließlich erreichten wir ein altes Farmhaus, das in den Wäldern verborgen lag, meilenweit vom nächsten Nachbarn entfernt. Wir öffneten die uralte, quietschende Tür und fanden ein wunderschön erhaltenes Juwel von einem Haus vor, mit gusseisernem Holzofen und einem Gewächshaus, das zu einem Whirlpool-Raum umgebaut worden war. In den ersten Tagen war es ein bisschen seltsam, weil man nirgendwohin gehen und sich mit niemandem treffen konnte, und es gab auch keinen am Fenster vorbeiholpernden Nahverkehrsbus, der uns abends in den Schlaf lullte. Aber am Ende der Woche fühlten wir uns wie zu Hause. Als ich herausfand, dass ich den ganzen Morgen im Bach verbringen und trotzdem noch mit der wackeligen Einwahl-Internetverbindung des Farmhauses einen Artikel nach Philly schicken konnte, fragten wir uns: »Ist das wirklich nur Urlaub? Warum kann das nicht einfach … unser Leben sein?«
Da ich Experte darin bin, meine Arbeit für sinnlose Tätigkeiten liegen zu lassen (ich weiß jetzt zum Beispiel, wie man einen alten Füllfederhalter repariert), fing ich, kaum dass wir wieder zu Hause waren, damit an, nach einem Haus für uns zu suchen, das wir uns wahrscheinlich sowieso nicht leisten konnten. Zuerst erkundigte ich mich, ob es möglich war, in jenem Teil West Virginias einen DSL-Anschluss zu bekommen, und ob das Haus, das wir gemietet hatten, zum Verkauf stand. Nein und nein. Dann warf ich die Netze weiter aus. Mika und ich begannen, in den schicken ländlichen Gebieten zwischen Philly und New York die Immobilienhändler mit irrsinnigen Anforderungslisten zu belästigen, nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass es irgendwo ein billiges, gemütliches Cottage in der Nähe eines Bachs oder Flusses gab, das alle anderen potenziellen Käufer zufällig übersehen hatten. Wir wollten etwas Altes, Restauriertes, abgelegen, aber mit Zuganbindung, ländlich, aber mit DSL-Zugang und natürlich erschwinglich für Leute mit schwankenden Autoren-Gehältern, was bedeutete, dass es nicht mehr kosten durfte als anno 1870.
Als unsere erste Tochter, Maya, geboren wurde, waren wir noch keinen Schritt weiter, aber statt endlich auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen, gingen wir weiter auf Schatzsuche. Wir hörten stundenlang Musik von den Wiggles und Lieder aus der Sesamstraße, wenn wir mit Maya von einer Todesfalle zur nächsten fuhren, darunter eine ausgebrannte Ruine auf einer sumpfigen Wiese in der Nähe des Delaware River, auf deren wenige noch stehende Mauern riesige Penisse gesprayt worden waren. »Für Ihre Preisklasse ist das doch ganz annehmbar«, sagte der Makler achselzuckend.
So ging es zwei Jahre lang weiter. Dann entdeckte ich eines späten Abends etwas Unglaubliches im Internet. Ich saß da, im Dunkeln, starrte das Foto an und murmelte: »Das gibt’s doch nicht.« Ein komplett von Hand gebautes Blockhaus auf einem vier Morgen großen Grundstück mit einem aus Feldsteinen gemauerten Schornstein, einem Bach, einer eigenen Süßwasserquelle, das nur einen Feldwegspaziergang vom Susquehanna River entfernt in einer geschützten Kulturlandschaft und nur anderthalb Stunden von Phillys Innenstadt entfernt lag und das uns pro Monat weniger kosten sollte als unsere Stadtwohnung? Perfekt!
Bis auf …
»Aber Sie wissen schon, wo das ist, ooooder?«, fragte der Makler, den ich am nächsten Morgen anrief, mit warnendem Unterton, der vermitteln sollte, dass man ihn für diesen Wahnsinn nicht verantwortlich machen könne. Es gab in diesem Talkessel nur zwei Häuser, ansonsten nichts als offenes Ackerland. Peach Bottom hatte weder eine Polizeiwache noch einen Gemeinderat, ja, noch nicht mal ein Lebensmittelgeschäft; die einzige Einkaufsmöglichkeit im Umkreis von 25Kilometern war ein Tante-Emma-Laden im Hof einer Amischen-Farm. Wenn wir dort leben wollten, waren wir komplett auf uns allein gestellt. Und deshalb hatte trotz der tollen Fotos seit über einem Jahr noch niemand angeboten, das Blockhaus zu kaufen.
Egal, das war doch immerhin besser als die Ruine mit den aufgesprayten Schwänzen. Erst auf der Fahrt zum Besichtigungstermin dämmerte uns allmählich, was die Warnungen des Maklers wirklich bedeuteten. Wir kamen uns vor, als würden wir Jahrhunderte hinter uns lassen statt Kilometer; in weniger als einer Stunde schienen wir zweihundert Jahre in die Vergangenheit zurückgereist zu sein. Pompöse Vorortvillen und Mini-Einkaufszentren wichen rot gestrichenen Scheunen und Heuwagen. Wir hatten zwar gewusst, dass Lancaster County für seine Amischen-Gemeinde berühmt war, aber uns war nicht klar gewesen, dass wir in sein noch bäuerlicheres Inneres vordrangen: das Hügelland am Fluss, das Southern End genannt wurde. Selbst an den Maßstäben von Lancaster County gemessen, bildet das Southern End eine Welt für sich – ein Ort, wo das Postamt noch eine Pferdestange hat, wo es für die Kinder einen Fahr-mit-deinem-Traktor-zur-Schule-Tag gibt, wo der erste Tag der Jagdsaison schulfrei ist und man eher einen Schießstand hinter dem Haus hat als eine Schaukel.
Als wir das zum Verkauf stehende Blockhaus erreichten, waren wir verblüfft. Nicht mal der Landschaftsmaler Winslow Homer hätte die Schönheit dieses Ortes angemessen wiedergeben können. Von der Schottereinfahrt aus sahen wir Pferde auf eingezäunten Weiden grasen, Brunnenkresse im Bach blühen und einen amischen Farmer mit seiner Stahlfelgenkutsche vorbeirumpeln. Unglaublich. Wäre ein Milchmädchen mit zwei Kannen schäumender Sahne vorbeigekommen, hätte es mich kaum überrascht. Wir rissen die Autotüren auf und genossen die herrliche Aussicht, bis ich aus dem Augenwinkel etwas Merkwürdiges wahrnahm. Oder hatte ich mich getäuscht? Als ich blitzschnell den Kopf drehte, sah ich nichts als die blendende Nachmittagssonne. Komisch, dachte ich, war das nicht …?
Da war sie wieder, die Erscheinung. Im hellen Sonnenlicht tauchte ein einsamer Reiter auf, der uns von der Anhöhe auf der anderen Straßenseite aus beobachtete. Er trug einen Cowboyhut und einen Poncho wie Clint Eastwood in Der Texaner, hatte eine Machete dabei, und an seinem Sattel hing ein Gewehr. Ich hob die Hand zum Gruß, aber er machte kehrt und galoppierte davon.
»Zach geht anscheinend wieder auf die Pirsch«, erklärte der Eigentümer des Hauses, der gekommen war, um uns zu begrüßen. Die Erklärung: Der 13-jährige Sohn der Familie, die auf der anderen Hügelseite lebte, ritt durch die Maisfelder und machte Jagd auf Murmeltiere. »Keine Sorge, hier jagt er nicht. Es sei denn, Sie wollen es.« Für den Rest des Tages blieben der einsame Murmeltier-Jäger und der amische Farmer die einzigen Anzeichen für menschliche Besiedlung, die wir zu Gesicht bekamen. Hierher zu ziehen würde sich anfühlen, wie an einer bemannten Marsmission teilzunehmen. Wie sollten wir überleben, wenn wir eingeschneit wurden und der Strom ausfiel? Wo war das nächste Krankenhaus, und was gab es für Schulen?
Lauter vernünftige Fragen, die Mika und ich uns allerdings noch nicht gestellt hatten, als wir den Immobilienmakler beiseitenahmen, um ihm unser Angebot zu unterbreiten. Ein paar Wochen später zogen wir von Philly ins Southern End.
Die Einsamkeit würde unser größtes Problem werden – dachte ich zumindest bis zu dem Moment, als ich Mika schreien hörte. Ich ließ den Umzugskarton fallen, den ich im Keller hatte auspacken wollen, und stürzte nach oben. Ich fand sie auf der Veranda hinter dem Haus, wo sie, die zweijährige Maya auf dem Arm, gerade vor einer knapp einen Meter achtzig langen Schlange zurückwich, die sich zu ihren Füßen wand. Sie hatte die Beete gegossen, und plötzlich war die Schlange vom Verandadach gefallen, genau an die Stelle, an der Mika nur zwei Sekunden zuvor gestanden hatte.
Ich griff nach einer Schaufel, in der Hoffnung, das Monster damit wegschleudern zu können, doch da kroch die Schlange schon den Verandapfosten hoch zurück aufs Dach. Ich schlug ihr mit der Schaufel direkt vor das Maul, um sie zum Umkehren zu bewegen, doch sie glitt einfach über die Schaufel hinweg und verschwand im Dachgesims. Und jetzt? Das Einzige, was noch schlimmer ist, als ein riesiges fleischfressendes Reptil vor seinem Haus zu haben, ist, es in seinem Haus zu haben, besonders, wenn in besagtem Haus ein Kleinkind lebt, das bald ins Bett gebracht werden soll. Ich musste das Problem noch vor Einbruch der Nacht lösen, und so ging ich – wieder einmal – durch das Maisfeld hinter dem Haus, um unseren nächsten Nachbarn zu belästigen, einen älteren amischen Farmer, der nur »A..K.« genannt wird (was genial ist, wenn es als Witz gedacht war, was, wie ich ihn kenne, gut sein kann, auch wenn er es mir nie verraten würde: aka A.K.).
Wir wohnten erst seit ein paar Tagen in dem Haus, aber ich hatte A..K. schon mehrfach um Hilfe gebeten, als ich einen einstürzenden Brunnen reparieren und einen Schreibtisch sowie eine gebrauchte Kettensäge finden musste – tatsächlich verkaufte er mir beides und erklärte mir sogar, wie Letztere funktionierte. Als ich mit meinem neuesten Problem zu ihm kam, verstand er die Aufregung nicht. »Hast du ein Glück«, sagte er. »Das ist eine Erdnatter. Die frisst eure Mäuse und lässt euch ansonsten in Ruhe.«
Wir haben Mäuse? Tolle Neuigkeiten. Fast so toll wie die gute Nachricht, die ich Mika bald verkünden durfte, nämlich dass wir eine Schlange als neue Mitbewohnerin hatten. »Ich glaube, Mäuse wären uns lieber«, erklärte ich A..K.
»Kein Problem«, sagte er, wie immer bemüht, das Positive zu sehen. »Sie erwischt sowieso nie alle.«
Bevor ich ging, dankte ich A..K. wie immer, indem ich ihm im Gegenzug meine Hilfe anbot – bei was auch immer. Und diesmal nahm er mich zum ersten Mal beim Wort und bat mich um einen Gefallen, der im Laufe der nächsten Monate mein Leben verändern sollte: »Kannst du mich zum Eisenwarenhandel mitnehmen?«
Auf diese Weise erfuhr ich von einem netten kleinen Schlupfloch im Verhaltenskodex der Amischen. Jede Amischen-Gemeinschaft hat ihre eigenen Regeln: Einige lassen Tretroller zu, aber keine Fahrräder; andere erlauben Autos, aber nur, wenn sie grau oder schwarz sind. Im Southern End gibt es hauptsächlich Amische alter Ordnung, was bedeutet, dass sie zwar nicht Auto fahren, sich aber durchaus mitnehmen lassen dürfen. Lange bevor es Garrett Camp in den Sinn kam, mit Uber Fahrdienste anzubieten, hatten unsere nichtamischen Nachbarn schon eine nette kleine Einnahmequelle aufgetan, indem sie sich für die Amischen alter Ordnung als Taxifahrer betätigten und sie an Orte brachten, die mit dem Pferd oder Pferdewagen kaum zu erreichen waren.
»Klar«, sagte ich zu A..K., obwohl ich nicht sicher war, was Mika davon halten würde, dass ich ihn in der Gegend herumkutschierte, während sie dasaß – mit einer Schlange im Haus. A..K. und ich gingen durch das Maisfeld zurück zu uns, um meinen alten Ford Bronco zu holen. Er gratulierte Mika mit charmantem, augenzwinkerndem Humor zu der Lösung des Nagetier-Problems, von dem sie noch gar nichts gewusst hatte, und überzeugte sie – und auch mich – so davon, dass das mit der Schlange vielleicht doch keine solche Katastrophe war. Anschließend fuhren A..K. und ich in dem Bronco über mäandernde Feldwege, bis wir nach ein paar Meilen einen Ort erreichten, den ich allein nie gefunden hätte: Hinter einer Scheune stand, von der Straße aus unsichtbar, ein lang gezogener weißer Bau. Ich parkte das Auto zwischen zwei Pferdewagen, dann traten wir durch eine Tür direkt ins 19.Jahrhundert.
Der amische Eisenwarenhandel wurde von einer zischenden Gaslampe schwach erhellt. Männer in schwarzen Anzügen mit Strohhüten auf dem Kopf suchten in den Gängen nach Kastrationszangen für Schafe, handbetriebenen Eismaschinen und Ersatzgriffen für Schubkarren. Und was, wenn man nicht fündig wurde? Kein Problem, der ältere Herr hinter der Theke hatte eine Gegensprechanlage, die aus einem Trichter und einem langen Stück Abflussrohr bestand, das mit einem anderen Trichter im hinteren Teil des Ladens verbunden war. Er betätigte eine Fahrradhupe, um den Assistenten im Lager auf sich aufmerksam zu machen, dann schrien die beiden in ihre Trichter wie Kinder mit einem Blechdosentelefon. Die ganze Szene sah aus, als wäre man in das Filmset eines Henry-Ford-Biopics gestolpert, wenn man einmal vom günstigen Marken-Elektrowerkzeug absah.
Ich entdeckte einen Spalthammer zum Schnäppchenpreis, aber als ich ihn bezahlen wollte, warf der ältere Herr einen Blick auf die Kreditkarte in meiner Hand und schüttelte den Kopf. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, ein Schild mit der Aufschrift »Nur Barzahlung« an der Tür anzubringen, weil jeder, der den Laden kannte, wusste, dass (a) – hallo – das Fehlen von elektrischem Strom bedeutet, dass es kein Kartenlese-Gerät gibt, und dass (b) Amische der alten Ordnung keine Schulden machen; sie kaufen nur, was sie auch bar bezahlen können, also brauchen sie keine Kreditkarten. Ich wollte den Hammer schon zurücklegen, aber wieder kam A..K. mir zur Hilfe und streckte mir das Geld vor, ohne die Augen zu verdrehen.
Ein paar Tage später bekam ich einen Anruf von A..K.s Sohn Amos (aka A..K. junior). Als ich hörte, was Amos mir vorschlug, war ich begeistert. Ich hatte den ganzen Vormittag über an meinem Schreibtisch im Keller gehockt, wo ich an einem längst überfälligen Zeitschriftenartikel arbeitete und mich vor einem Anruf meines Redakteurs fürchtete, und so hätte ich für die Chance, zu entkommen, meinen rechten Arm gegeben. Bald fuhren Amos und ich im Bronco zu einem weiteren Hinterhof-Hotspot. Diesmal hatte er mich zu einer Farm gelotst, die gut drei Kilometer von unserem Haus entfernt war. Es stand kein Schild davor, aber Eingeweihte wussten, dass sich im Schuppen hinter dem Haus eine halbprofessionelle Metzgerei befand. Die Metzger durften zwar kein Fleisch verkaufen, aber man durfte sie für ihre Dienste bezahlen. Wenn man ihnen also ein eigenes Tier brachte, schlachteten sie es und schickten einem Behälter voller Steaks, Koteletts, Würste, Dörrfleisch und Fleischwurst nach Hause, die man in der Gefriertruhe im Keller einfrieren konnte.
Amos hatte Glück; er hatte auf Gratisknochen für seinen Hund spekuliert, aber die Metzger gaben ihm zwei mit blutigen Kadaverteilen gefüllte Eimer. Auf der Fahrt nach Hause wurde mir bewusst, wie absurd es war, dass ich von allen Wegen im Leben ausgerechnet diesen eingeschlagen hatte und jetzt mit Eimern voller Kuhkörperteile und einem Typen im Wagen saß, der einen uralten deutschen Dialekt sprach und Reißverschlüsse für neumodisches Zeug hielt. Amos und ich kamen ins Plaudern, und es stellte sich heraus, dass wir weit mehr Gemeinsamkeiten hatten, als ich angenommen hatte. Er war vor Kurzem dreißig geworden und gewöhnte sich ebenso wie ich gerade an das Leben als frischgebackener Vater und Hausbesitzer. Er erzählte großartige Geschichten, besonders über seinen jüngeren Bruder, der mitten in einem Wintersturm in einem Kanu den ganzen Susquehanna River hinuntergefahren war, nur um seine Freundin zu besuchen. Amos und ich hatten so viel Spaß zusammen, dass wir uns für den nächsten Vormittag zum Feuerholz-Schlagen verabredeten.
Von da an war Amos mein Dschungelführer im Southern End. Alle paar Tage rief er an, um mir ein neues Abenteuer vorzuschlagen, und ich klappte sofort den Laptop zu und rannte zur Tür hinaus. So nahm er mich zu meinem ersten mud sale mit, einer Wohltätigkeitsauktion zugunsten der einheimischen Feuerwache, die nach dem matschigen Boden während der Frühlingsschneeschmelze benannt ist, und auch zur Geflügel-Versteigerung am Dienstagabend, wo ich versehentlich siebzehn riesige Hähne erstand statt Hühner. Amos hatte ein fast magisches Gespür dafür, wann der Stromlieferant auf abgelegenen Feldwegen Bäume fällen musste, und da wir beide zum Heizen unserer Häuser auf Holz angewiesen waren, zogen wir gleich los, um die Stämme mit der Kettensäge zu zerlegen und sie in den Truck zu laden, bevor irgendjemand anders sie sich unter den Nagel reißen konnte.