Das Haus Zamis 106 - Christian Schwarz - E-Book

Das Haus Zamis 106 E-Book

Christian Schwarz

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Beschreibung

Mit jedem Meter, der wir uns der Insel näherten, stieg meine Wut. Nein, ich würde Asmodi nicht heiraten, nicht mal zum Schein. Zumal ich meine Familie in eine tödliche Falle locken sollte. Der Preis war viel zu hoch. Selbst wenn er mir tatsächlich mein ungeborenes Kind wieder in meinen Leib einsetzen sollte. Aber daran zweifelte ich ohnehin. Solange mich Asmodi damit erpressen konnte, würde er es tun.
Was hatte den Fürsten der Finsternis in diesen plötzlichen Vernichtungswahn gegenüber meiner Familie getrieben? Warum wollte er so abrupt reinen Tisch machen? Darüber zerbrach ich mir schon die ganze Zeit den Kopf.
Wir Zamis waren viel zu mächtig. Wenn er uns alle auf einen Schlag loshaben wollte, musste er uns in einen gemeinen Hinterhalt locken, anders schaffte er es nicht.
Und genau das hatte er offenbar vor ...

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Seitenzahl: 138

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

SCHWARZE HOCHZEIT

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt.

Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. Michael Zamis sucht indes Verbündete unter den Oppositionsdämonen, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Sein Unternehmen scheitert, und er wird von Asmodi zur Strafe in eine krötenartige Kreatur verwandelt. Während eines Schwarzen Sabbats wird Asmodi von Thekla Zamis vorgeführt. Aus Angst vor seiner Rache flüchten die Zamis vorübergehend aus Wien, kehren schließlich jedoch dorthin zurück. Asmodi erlöst Michael Zamis von seinem Freak-Dasein. Im Gegenzug soll Coco Asmodis missratenen Sohn Dorian Hunter töten. Es gelingt Coco, Dorian zu becircen – doch anstatt den Auftrag sofort auszuführen, verliebt sie sich in ihn. Zur Strafe verwandelt Asmodi Dorian Hunter in einen seelenlosen Zombie, der fortan als Hüter des Hauses in der Villa Zamis sein Dasein fristet.

In Wien übernimmt Coco ein geheimnisvolles Café. Sie beschließt, es als neutralen Ort zu etablieren, in dem Menschen und Dämonen gleichermaßen einkehren. Zugleich stellt Coco fest, dass sie von Dorian Hunter schwanger ist. Bald erhält das Café Zamis Besuch von Osiris' Todesboten. Sie überbringen die Nachricht, dass Coco innerhalb einer Woche sterben wird. Ebenso erhalten ihr Vater Michael und Skarabäus Toth die Drohung. Alle drei bitten Asmodi um Hilfe, müssen dafür jedoch das für sie jeweils Wertvollste als Pfand hinterlegen. So wird Coco ihr ungeborenes Kind entrissen.

Mit Hilfe von Cocos Bruder Volkart gelingt es, die Todesboten zu besiegen. Doch Asmodi gibt den Fötus zunächst nicht wieder her. Er stellt Coco weitere Aufgaben. Als er zudem erfährt, dass seine sterbende Geliebte ihn ausgerechnet mit einem Zamis betrogen hat, schäumt er vor Wut. Aus Rache zwingt er Coco, mit ihm eine Schwarze Hochzeit einzugehen. Zudem soll sie ihre Familie zu der Feier einladen, damit sich Asmodi an ihr rächen und die verhasste Zamis-Sippe ein für allemal vernichten kann ...

SCHWARZE HOCHZEIT

von Christian Schwarz

Nahe Vergangenheit,Palazzo Nervi, Rom

Adalmar Zamis hatte schlechte Laune. Missmutig trottete er durch den nächtlichen Park des Palazzo Nervi. Das nahe Lichtermeer Roms gab auch dem Park ein wenig von seinem Glanz ab. So konnte sich der große Mann mit dem gewaltigen Vollbart im Halbdämmer gut orientieren. Hier war es etwas ruhiger. Trotzdem vermochte er sich dem Brüllen und Lachen der Dämonen, die sich mit den panischen Schreien der Opfer mischten, auch in diesem abgelegenen Bereich nicht zu entziehen. Es war ihm egal. Seine Gedanken weilten woanders.

Weiß dieser bescheuerte Vincenco Pecci nun was oder nicht? Natürlich könnte man seine Bemerkung so interpretieren. Aber es könnte auch Zufall sein. Verfluchte Engelpisse, ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Das macht mich ganz kirre, dachte er, als vor ihm ein rötliches Leuchten aufflammte und eine Gehängte aus der Finsternis riss. Adalmar, der gerade die Aktivierungszone eines weiteren Party-Gimmicks betreten hatte, blieb stehen. Immerhin weckte der Anblick sein Interesse ein wenig.

1. Kapitel

Der halb verweste Leichnam baumelte am dicksten Ast eines frei stehenden abgestorbenen Baumes, gehalten von einem schmalen Hanfstrick. Der Kopf der Toten schaute grotesk abgeknickt aus der Schlinge. Die weiß belegte Zunge, auf der sich Dutzende Maden tummelten, hing weit aus dem offenen Mund heraus. Feuerrotes Haar umfloss das schneeweiße Gesicht und fiel bis auf Brust und Rücken herab. Die Gehängte trug ein Nonnengewand. Der rote Schein umgab sie wie eine Aureole.

Adalmar war nun doch gespannt, wie es weiterging. Die weit aufgerissenen gebrochenen Augen der Toten begannen sich zu bewegen. Unstet und orientierungslos zuerst, dann fixierten sie den Hexer. Zwei dicke schwarze Spinnen krochen darunter hervor und seilten sich an den eigenen Fäden über das Gesicht ab. Als sie die Höhe der ebenfalls blutleeren, halb weggefaulten Lippen erreichten, schnellte die heraushängende Zunge heran und schnappte sich die Spinnen. Hilflos klebten sie daran, während die Maden auf sie zuwuselten und sie gleich darauf wie zwei kleine Hügel bedeckten. Adalmar glaubte Chitin knacken zu hören. Verächtlich verzog er das Gesicht.

»Sei willkommen, Gast«, flüsterte die Gehängte nun mit einem lasziven Unterton in der Stimme. Die Lippen bewegten sich, obwohl die Zunge draußen blieb. »Ich bin Francesca, die Teufelsnonne. Alles, was ich an Liebeskünsten aufbieten konnte, erlernte ich von Asmodi, dem Fürsten der Finsternis. Erlebe in allen Einzelheiten, wie es mir gelang, als angebliche Schwester vom Orden Maria Bambina Papst Leo den Dreizehnten zu verführen und dadurch seine Seligsprechung zu verhindern.«

Ihre Beine hoben sich plötzlich wie bei einem Hampelmann. Erst jetzt bemerkte Adalmar, dass auf Höhe der Lenden ein Loch in die Ordenstracht geschnitten war. Es legte die glatt rasierte, wohlgeformte Scham der Teufelsnonne frei.

»Steck deinen Finger in mich, Gast«, flüsterte Francesca weiter. »Dann wirst du Papst Leo sein und mit allen Sinnen erfahren, warum selbst der fromme Mann meinen legendären Verführungskünsten nicht widerstehen konnte. Ein Erlebnis der besonderen Art. Du wirst schreien vor Lust und Verlangen, das garantiere ich dir.«

»Mach's dir doch selber«, erwiderte Adalmar zischend, und seine schwarzen Augen blitzten zornig; er verspürte keinerlei Bedürfnis nach dieser Art Vergnügen. Stattdessen stieg ein anderes Verlangen in ihm hoch. Er murmelte einen Zauberspruch und verstärkte ihn durch magische Symbole, die er blitzschnell vor sich in die Luft malte.

Francescas Kopf blähte sich auf wie ein Ballon – und zerplatzte lautlos. Haut- und Fleischfetzen, Hirn und längst geronnenes Blut spritzten nach allen Seiten weg, während das rote Leuchten in sich zusammenfiel. Der Torso, der nun keinen Halt mehr hatte, rutschte aus der Schlinge und knallte zu Boden. Dort blieb er verkrümmt liegen.

Der Hexer schnaubte. Er fühlte sich gleich besser – obwohl er den Esel gemeint, aber den Sack geschlagen hatte. Asmodi, diese Pestbeule, traf er mit dieser Aktion natürlich nicht. Immerhin hatte er etwas ausgemerzt, das auf diesen Mistkerl zurückzuführen war. Wie jeder Zamis hatte er gleich mehrere Hühnchen mit Asmodi zu rupfen und hasste den Fürsten der Finsternis abgrundtief. Eines der wenigen Gefühle, zu denen er wirklich fähig war.

»Sie zerstören das Eigentum des Gastgebers? Auch eine Art, sich zu vergnügen.«

Adalmar fuhr herum. Im ersten Moment sah er nicht, woher die weibliche Stimme mit dem leicht spöttischen Unterton gekommen war.

»Sie können mich ja bei Ottilo Nervi verpfeifen, wenn's Ihnen Spaß macht«, gab er aggressiv zurück. »Möglicherweise ist es aber das Letzte, was Sie tun werden. Verräter kann ich nämlich auf den Tod nicht ausstehen.«

Ein leises Kichern antwortete ihm. Die Frau, die es ausstieß, trat zwischen zwei Bäumen hervor und näherte sich. Sie war groß gewachsen und üppig gebaut, ohne dick zu wirken. Ihre pechschwarzen Haare waren streng nach hinten gekämmt und zu einer kunstvollen Hochfrisur gesteckt. Darüber spannte sich ein filigranes Netz aus menschlichen Fingerknöcheln, die mit sich windenden Würmern verbunden waren. Das bodenlange schwarze Cocktailkleid lag hauteng an, der Ausschnitt, dessen Saum mit toten Fliegen besetzt war, schien ihre Brüste gerade noch so zu bändigen.

Das bemerkte Adalmar aber nur am Rande. Auch der bleiche Katzenschädel, den sie an einer gefüllten Darmschlinge um den Hals hängen hatte, interessierte ihn bestenfalls mäßig. Der magische Schleier, mit dem sie ihr Gesicht verbarg, dagegen schon eher. Er reichte ihr bis unters Kinn und schien aus wild flackernden blauen Flammen zu bestehen. Das alleine hätte Adalmars Aufmerksamkeit noch nicht auf sich gezogen; der Hexer spürte sofort die Kraft, die dem Schleier innewohnte. Es musste sich um ein ziemlich mächtiges magisches Artefakt handeln. Das Verlangen, den Schleier magischen Experimenten zu unterziehen, um ihn genau kennenzulernen, erwachte schlagartig in ihm.

»Keine Angst, ich schweige wie ein Grab«, erwiderte die Frau, bei der es sich zweifelsohne um eine Dämonin handelte. »Von mir wird es Ottilo nicht erfahren. Gleichfalls kann ich mir vorstellen, dass er nicht sehr erfreut sein wird, wenn er das sieht.«

Die Frau ging vor dem Torso in die Knie, drehte ihn leicht und steckte ihren Finger in die Scham. »Es funktioniert nicht mehr. Schade um das schöne Gimmick. Ich hatte auch meinen Spaß dran.«

Adalmar ballte die Fäuste. »Natürlich funktioniert es nicht mehr. Glauben Sie, ich mache halbe Sachen? Ich bin schließlich keine Frau.« Er spuckte aus.

Die Dämonin erhob sich und führte ihren Finger in Richtung Mund. Er verschwand halb im Schleier. Wahrscheinlich schleckte sie ihn ab. Als er wieder erschien, glänzte er tatsächlich feucht. Wahrscheinlich handelte es sich also um kaltes Feuer. »Das habe ich nicht angenommen, nein.«

»Dass ich eine Frau wäre?«

»Nein, nicht das. Ein Adalmar Zamis macht keine halben Sachen.«

»Sie kennen mich?«

»Anscheinend.«

»Woher?«

Wieder kicherte die Frau. »Sie sind selbst eine der Attraktionen des Schwarzen Sabbats hier, Signore Zamis. Die anderen anwesenden Dämonen flüstern hinter vorgehaltener Hand über Sie.«

»Ach ja?«

»Ja. Aber ist das ein Wunder? So oft kommt es ja nicht vor, dass Sie unsere hübschen kleinen Blut-Partys besuchen. Da kommt Ihr Erscheinen hier natürlich einer mittleren Sensation gleich. Immerhin sind Sie nicht irgendwer, sondern ein mächtiger Hexer.«

»Natürlich bin ich das. Sie kennen mich also. Und wer sind Sie?«

»Jemand weitaus Unbedeutenderes als Sie, Signore Zamis.«

»Ich will Ihren Namen wissen.«

»Nennen Sie mich Schleiereule.«

Adalmar Zamis schaute sie verblüfft an und spuckte erneut aus. »Ah, eine ganz Witzige. Die mag ich am liebsten. Aber gut, wenn Sie meinen, Schleiereule. Wären Sie immerhin so nett, den verdammten Feuerschleier abzunehmen? Ich schaue meinem Gegenüber nämlich gerne ins Gesicht, wenn ich mit ihm rede.«

»Das geht nicht.«

»Und warum nicht?«

»Ich kann es Ihnen nicht sagen. Darf ich Sie Adalmar nennen?«

»Ich wüsste nicht, wieso. Leute, deren Gesicht ich noch niemals gesehen habe, gestatte ich kein vertrauliches Du. Frauen schon gar nicht, egal ob Schleiereule oder sonst was. Sie nehmen immer gleich den ganzen Arm, wenn man ihnen den kleinen Finger anbietet. Das mag ich nicht.«

»Warum so griesgrämig? Sie scheinen der einzige Schwarzblütige hier zu sein, der keine Freude an dem Sabbat empfindet. Darf ich Sie vielleicht etwas aufheitern, Signore Zamis? Immerhin eilt Ihnen der Ruf voraus, ein ziemlich geiler Bock zu sein. Das würde mir gefallen.« Sie strich von unten über ihre Brüste und ließ sie aus dem Dekolleté springen.

»Lassen Sie mich bloß in Ruhe, und packen Sie Ihre Dinger gefälligst wieder ein. Sie interessieren mich nicht.«

Schleiereule schien nicht beleidigt zu sein. Sie zog das Kleid wieder hoch. »Darf ich fragen, warum Sie so abweisend sind, Signore Zamis?«

»Dürfen Sie. Ob ich darauf antworte, ist wieder eine ganz andere Frage.«

Adalmar Zamis würde den Teufel tun und sie mit seinen Befindlichkeiten vertraut machen. Tatsächlich war er nur auf dem Sabbat erschienen, um die Lage auszuloten. Er wollte wissen, ob sich die Ungeheuerlichkeit, die er durch seinen eigenen Vater erdulden musste, bei den anderen Dämonen herumgesprochen hatte.

Michael Zamis hatte seinen ältesten Sohn per Schwarzer Depesche nach Wien beordert; Adalmar sollte dessen Nachfolge als Familienoberhaupt antreten, wenn Michael Zamis im Kampf gegen den Dämon Wolkow unterlag. Adalmar war von dieser Niederlage ausgegangen und hatte bereits begonnen, seine Pflichten als neues Oberhaupt wahrzunehmen, indem er die Sicherheitsmaßnahmen der Villa Zamis verstärkte und seine degenerierten Brüder in die Schranken wies. Dummerweise war Michael Zamis siegreich zurückgekehrt, hatte ihm die Macht wieder entzogen und ihn mit deutlichen Worten vor die Tür gesetzt.

Eine klare Niederlage, die an Adalmars Selbstverständnis nagte. Auch wenn er die anderen Dämonen zum größten Teil verachtete, interessierte es ihn doch, was sie von ihm dachten. Wäre er auf diesen Vorgang allerhöchster Impertinenz angesprochen worden, hätte er den anderen Dämonen seine Version der Geschichte präsentiert. Eine, in der er als Held und Michael Zamis als Versager aufgetreten wäre. Bisher hatte ihn aber niemand direkt darauf angesprochen. Auch gut. Aber Peccis Andeutungen waren schon ziemlich seltsam gewesen ...

Wie schwarze Blitze schossen ihm die Gedanken durch den Kopf. Doch schon wurde er wieder von der Geheimnisvollen abgelenkt.

»Ist das Party-Programm hier wirklich so unterirdisch, Signore Zamis? Ottilo gibt sich immer alle Mühe, und eigentlich sind seine Schwarzen Partys die beliebtesten weit und breit. Wissen Sie, die eine oder andere neue Überraschung kann er eigentlich immer präsentieren. Am besten sind die, die er aus dem Vatikan hat, dessen Lichter Sie dort hinten sehen können. Keiner weiß, wie Ottilo das immer schafft. Nehmen Sie zum Beispiel die Teufelsnonne hier. Nachdem sie Papst Leo verführt hatte, wurde sie von hohen Vertretern des Opus Dei zum Tode verurteilt und gerichtet. Man hat sie heimlich gehängt und ihre Leiche lange Jahre im Vatikan aufbewahrt, um den Teufel, der angeblich noch immer in ihr steckte, zu bannen. Das war natürlich Unsinn. Ottilo konnte sie auf jeden Fall dort aufspüren und ihren Leichnam entführen.«

»Und wie hat er ihn präpariert?«, brummte Adalmar, der wider Willen fasziniert zuhörte.

Der Schleier geriet in Wallung. Die Schleiereule tat also irgendetwas. Aber was? Lächelte sie? Zog sie eine höhnische Grimasse? Es ärgerte Adalmar, dass sie das vor ihm verbergen konnte. Seine heimlichen Versuche, die Magie des Schleiers auszuloten und vielleicht sogar zu knacken, schlugen bisher fehl. Sein Entschluss, den Schleier in seiner Hütte magischen Experimenten zu unterziehen, verfestigte sich weiter.

»Ich habe eine nicht unbeträchtliche Rolle dabei gespielt, weil Francesca seinerzeit eine gute Bekannte von mir war«, erzählte Schleiereule. »Sagen wir sogar: eine Freundin. Sie ließ mich regelmäßig an ihren amourösen Abenteuern teilhaben, indem sie mir Zugang zu ihren Gefühlen und Erinnerungen gewährte. So konnte ich Ottilo natürlich dabei helfen, die Leiche möglichst authentisch zu präparieren. Bei Papst Leo hatte sich Francesca wirklich besonders angestrengt. Leider können Sie das nun nicht mehr erleben, Signore Zamis.«

»Vielleicht doch. Wenn Sie Francescas Erinnerungen gespeichert haben, müssen Sie mir ja nur Zugang gewähren.«

»Selbst wenn ich das wollte, der Schleier würde es verhindern.«

»Was ist das für ein Ding? Woher kommt er?«

»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«

»Ich könnte Sie dazu zwingen, Schleiereule. Sie haben ja selbst festgestellt, dass ich ein mächtiger Hexer bin. Treiben Sie es also nicht zu weit mit Ihren Spielchen.«

»Sie sind ein mächtiger Hexer, Signore Zamis, ja. Aber Sie würden Schiffbruch erleiden, glauben Sie mir. Der Macht meines Schleiers sind Sie nicht gewachsen. Versuchen Sie es also gar nicht erst. Ich lasse Sie jetzt wieder allein. Ein bisschen vergnügen will ich mich schon noch heute Nacht. Mit Ihnen hält sich der Vergnügungsfaktor ja leider in engen Grenzen.«

Wieder begann es im Schleier zu wallen. Abrupt drehte sich Schleiereule um und verschwand mit wiegenden Hüften zwischen den Bäumen.

Adalmar biss auf der Unterlippe herum und stieß einen lästerlichen Fluch aus. Sein Wunsch, den Sabbat so schnell wie möglich zu verlassen, zerstob im kühlen Septemberwind, der vom nahen Tiber herüber wehte. Um irgendwie an den Schleier zu kommen, musste er in Schleiereules Nähe bleiben. Er beschloss also, sich doch noch ein wenig ins Getümmel zu stürzen.

Ich war zu abweisend. Ein taktischer Fehler. Beim Sex hätte ich sicher die größten Chancen gehabt, ihr das Ding zu entreißen. Wer in Ekstase ist, hat keine Kontrolle mehr über sich  ...

Adalmar ging wieder zum Haus zurück. Mit jedem Schritt wurde die Geräuschkulisse lauter. Er kam an einigen verrenkt daliegenden Zierleichen vorbei, bevor er den großen Vorplatz erreichte. Ein Ring aus Fackeln beleuchtete ihn taghell. Vor der breiten steilen Aufgangstreppe hatte sich ein weiter Kreis aus Dämonenleibern gebildet. Werwölfe standen neben Vogelwesen und Menschenähnlichen. Sie alle bildeten einen undurchdringlichen Wall, in dem sie drei nackte junge Menschenmänner gefangen hielten. Immer wieder sprangen Dämonische in den Kreis und jagten die verängstigten Menschen hin und her. Mit weit aufgerissenen Augen versuchten die Opfer ihren Jägern auszuweichen und mussten gleichzeitig darauf achten, nicht von den geifernden und nach ihnen krallenden Dämonischen im Wall berührt zu werden.