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Die Tatsache, dass Haaley wieder aufgetaucht war, die ihn beinahe getötet hätte, versetzte Mabuta in Sorge. Um einen weiteren geistigen Kampf mit ihr zu vermeiden, hatte die Schwarmintelligenz versucht, sie körperlich zu attackieren, was misslungen war. Und dann hatte sie auch noch einen seiner Sklaven entführt und seinem Einfluss entzogen. Warum?
Mabutas Gedanken stockten, als der Boden zu vibrieren begann. Ganz sanft zuerst, dann immer stärker. Ein Erdbeben? Das hatte es schon sehr lange nicht mehr gegeben. Vielleicht sollten wir uns vorsorglich in den Bau zurückziehen, dachte Mabuta.
In diesem Moment hörte er das leise Donnern...
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Seitenzahl: 156
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Was bisher geschah...
Die Wrackdiebe
Leserseite
Vorschau
Impressum
Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen. Drei Stratosphärenjets sollen die Auswirkung beobachten. Commander der Staffel ist der US-Pilot Matthew Drax. Doch die Raketen bewirken nichts; »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch die drei Jets und fegt sie davon...
Als Matthew und sein Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe steigt per Schleudersitz aus, Matt kann die Maschine notlanden. Er wird von Barbaren gefunden, die ihn als Gott ansehen und »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen gegenüber: Die Druckwelle hat die Fliegerstaffel durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert! Dieser Strahl, der seit Urzeiten vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben.
Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Fauna mutieren und die Menschen verdummen lässt. Nur die Bunkermenschen, sogenannte Technos, bewahren sich ihr Wissen, büßen dafür aber über die Jahrhunderte ihr Immunsystem ein.
Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben und in den Meerestiefen leben –, kämpft gegen die Daa'muren und Mutanten wie die blutsaugenden Nosfera, und gerät an Schurken, allen voran Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn endlich unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einem Parallelwelt-Areal stirbt, während seine verrückte Freundin Haaley entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen, um technische Artefakte zu sammeln. Matt und seine Verbündeten – zu denen sogar zwei Daa'muren zählen, Grao und Ira – können alle schließen, wobei ihnen das Pflanzenbewusstsein GRÜN zur Seite steht.
Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer dieser Parallelwelten – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber der Dark Force, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet. In einem furiosen Endkampf kann Matt die Entität versteinern.
Die Freude währt nur kurz, als Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE verschwindet. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika, stürzen über Peru wegen plötzlichen Energieverlusts ab und finden die havarierte RIVERSIDE und das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel. Sowie eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.
Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. In der Zwischenzeit wird sein Trupp dezimiert. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Man bringt sie in das Dorf von Häuptling Tecuun. Sie müssen eine Götterprobe bestehen und den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone bergen – was ihnen auch gelingt.
Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Dabei stellt sich heraus, dass Haaley – wie Aruula – vom Volk der Dreizehn Inseln abstammt und latent telepathisch begabt ist, was die Kommunikation mit Mabuta erleichtert. Der wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Es gelingt ihm, den Pilz in dieser Region mit Fungizid abzutöten. Dafür bringt Mabuta ihn und Haaley auf die Nimitz, wo sie in den Körpern von Ameisen vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff auf Mabuta erfahren.
Der versetzt Matt und Haaley nur unter einer Bedingung zurück in ihre Körper: Sie sollen Dak'kar töten! Doch Matt verbündet sich mit ihm, um mit seiner Hilfe zu dem Pilz in der Todeszone vorzustoßen, den er für intelligent hält und der mehr über Aruulas Verbleib wissen könnte. Im Gegenzug will er Dak'kar die Formel beschaffen, mit der rote Diamanten hergestellt werden können. Denn die braucht Dak'kar, um seine heimatliche Community in Macapá, Brasilien, zu retten, in der künstliche Lymphozyten, die eigentlich die Immunschwäche der Ex-Technos heilen sollten, zu einer tödlichen Krankheit führten. Die Diamantstrahlung kann diese Lymphozyten abschalten, doch der einzige Splitter wurde von Dak'kars damaligem Freund Toma'bar gestohlen.
In der Zwischenzeit versuchen die Daa'muren Grao und Ira, eine Spur der beiden Freunde zu finden. Sie stoßen auf die Community Macapá, geraten aber in die Gewalt von Nosfera, die dank der Lymphozyten, die sie von Toma'bar erhielten, neue telepathische Kräfte entwickeln.
Die Gefährten um Matt und Dak'kar retten sich vor Mabuta in die Todeszone und stoßen dort auf die fernen Stimme –die sich als Pflanzenentität GRÜN entpuppt, die Aruula zu ihrer Regeneration benötigte. Der Giftangriff auf den Pilz hat GRÜN schwer geschädigt, was Aruula ihre telepathischen Kräfte kostete. Entsprechend wütend ist sie auf Matt und weist ihn ab, um sich bei GRÜN zu erholen. Haaley bleibt bei ihr; Matt und Dak'kar nehmen Kurs auf die Nimitz.
Mabuta schlägt zu, während sie das Rezept für die Diamanten aus dem Dorf der Indios beschaffen. Die Nimitz-Besatzung droht zu unterliegen, da greift Haaley an und besiegt mit Hilfe eines Gifts des Jaguarpriesters Phakcha, das die telepathischen Kräfte potenziert, Mabuta auf mentaler Ebene! Mit der Abschrift der Formel können die Nimitz-Leute nun zur Community Macapá aufbrechen. Dort erfahren sie, dass die Daa'muren Grao und Ira in die Gewalt von Nosfera gefallen sind. Sie werden befreit, doch die Nosfera ziehen unter ihrem Anführer Clauzer gen Waashton. Dort wollen sie sich mit ihren neuen Kräften am Weltrat rächen – und übernehmen tatsächlich das Pentagon!
Die Herstellung eines Diamanten gelingt, die Lymphozytische Degeneration ist gestoppt! Dann erfährt Matt, was die Nosfera vorhaben. Er bricht nach Waashton auf, doch unterwegs erreicht ihn ein Notruf des Androiden Miki Takeo aus Sub'Sisco! Clauzer, der in Takeo eine Gefahr sieht, weil er ihn nicht beeinflussen kann, zerstört den Androiden. Matt kommt zu spät – doch Takeos Kopf mit dem Persönlichkeits-Chip ist verschwunden und wird von dem Hydriten Quart'ol in einen Klonkörper verpflanzt. Zwar lebt Takeo wieder, hat aber mit psychischen Problemen zu kämpfen. Ei'don, einer der obersten Hydriten, nimmt sich seiner an und verhindert damit ein Attentat auf sich selbst. Den Gedanken an Rache gegenüber Kormak und Clauzer kann er Takeo aber nicht nehmen.
Suzi Quinn, als Kommandantin in der Oase der Hundert bei Sub'Sisco eingesetzt, überwindet Clauzers Beeinflussung und verschafft Matt einen Großraumgleiter, mit dem er weitere Verbündete suchen kann. Die holt er sich zuerst in Yucatán, wo er in dem ehemaligen Parallelwelt-Areal 300 Sauroiden rekrutiert, bevor er nach Independence weiterfliegt, um in einem weiteren Areal 30 Roboter von dort angesiedelten Retrologen zu erringen. Dann gelingt es ihm, eine Marinebasis nahe Waashton zu erobern.
Aruula und Haaley brechen mit einem Großraumgleiter zu den Dreizehn Inseln auf, um weitere Helfer zu finden: den Telepathenzirkel von Aruulas Volk. Dort wird Haaley nach einer Prüfung als vollwertige Kriegerin aufgenommen, und Königin Britt sagt die Hilfe zu. Aruula können sie den Lauschsinn aber nicht zurückgeben. Mit den Mitgliedern des Zirkels fliegen sie zur Marinebasis.
Noch sind die Sauroiden nicht eingetroffen. Haaley schlägt vor, die Zeit zu nutzen und sich einen Vorrat des Jaguargifts aus Peru zu holen. Damit könnte Aruula doch noch geheilt werden, und es ließe sich auch gegen die Nosfera einsetzen. Die beiden Frauen fliegen los – und finden das Dorf der Indios von Mabuta erobert vor! Die Schwarmintelligenz hat überlebt und Rache genommen: aus den Freunden sind Feinde geworden. Aruula und Haaley suchen nach einer Möglichkeit, diesmal alle Ameisen zu töten. Dabei stoßen sie auf eine Spur des aus der RIVERSIDE gestohlenen Wurmlochgenerators. Und sie befreien den jungen Jäger Ccahuantico aus Mabutas Einfluss – der aber von den Wrackdieben gefangen genommen wird.
Die Wrackdiebe
von Christian Schwarzund Michael Edelbrock
Die blanke Angst stand in Aruulas Gesicht. Das Donnern des heranschießenden Wassers hörte sich an wie das zornige Gebrüll Orguudoos. Die gischtende und gurgelnde Wand verfolgte den Weltrat-Gleiter, den Haaley in zwanzig Metern Höhe über das ausgelaufene Flussbett lenkte. Beängstigend schnell schloss sie zu dem Fluggerät auf.
Ccahuantico und seine beiden unbekannten Begleiter standen ein Stück flussabwärts wie Salzsäulen inmitten des Flussbetts. Der sich nähernde Gleiter war ihre einzige Chance! Aber nur, wenn er sie rechtzeitig erreichte. Und wenn das Timing passte. Aruula, die in der Luke des Gleiters stand, glaubte in diesem Moment nicht mehr daran. Das Wasser wird sie vor uns erreichen und sie zerschmettern. Wudan sei ihnen gnädig!
Es war nicht Aruulas Natur, vom Cockpit aus über die Außenbordkameras das Rettungsseil zu beobachten, das Haaley abgelassen hatte. Doch auch an der offenen Luke konnte sie nicht mehr für die in Not Geratenen tun, als das Seil zu lenken, so gut es ging.
Durch das Gewicht des Hakens daran wurde es weitgehend stabilisiert. Nun musste die Kriegerin das Trio dazu bringen, sich am heranschwingenden Seil festzuklammern. Was gar nicht so einfach war, denn bei einem Schock wie diesem setzte der klare Verstand oftmals aus.
Als sie den selbst errichteten Felsendamm gesprengt hatten, um mit dem gestauten Wasser die Ameisen-Schwarmintelligenz Mabuta zu ersäufen, war im allerletzten Moment der vermisste Ccahuantico mit zwei Begleitern auf der Bildfläche erschienen.
Unglücklicherweise kamen sie das Flussbett heraufmarschiert. Haaleys Warnschrei war einen Sekundenbruchteil zu spät erfolgt; da hatte Aruula den Laserstrahl, der die im Damm deponierte Driller-Munition hochjagte, bereits ausgelöst.
Nun lieferten sie sich einen Wettlauf mit der tobenden Flut. Haaley war mit fünfhundert Meter Vorsprung gestartet, doch weil sie den Gleiter zuerst drehen musste, war wertvolle Zeit verlorengegangen. Als sie endlich beschleunigen konnte, war der Vorsprung auf etwa vierhundert Meter zusammengeschmolzen.
»Schneller!«, schrie Aruula verzweifelt in Richtung Cockpit, aber das Donnern war inzwischen so laut geworden, dass sie es vermutlich nicht hörte. Außerdem konnte sie nicht noch schneller fliegen; schließlich musste sie den Gleiter bei den Todgeweihten fast komplett abbremsen, damit die überhaupt eine Chance hatten, das Seil zu fassen.
Aruula sah das Trio rasch näherkommen. Sie erkannte bereits Ccahuanticos von Panik verzerrtes Gesicht. Aber was für Mutationen begleiteten ihn da? Solche Wesen hatte Aruula nie zuvor gesehen.
Sie warf einen gehetzten Blick zurück. Und zuckte zusammen. Der Vorsprung war fast aufgebraucht. Aruula sah keinen Himmel mehr, keine Felsen und keinen Dschungel. Nur noch eine riesige, alles verschlingende Wasserwand, die den ganzen Horizont einnahm. Sie riss schwere Äste und ganze Baumstämme mit, die wie Spielzeuge in der Urgewalt herumgewirbelt wurden.
Sie waren beinahe heran. Haaley bremste etwas ab, und das Seil schwang nach vorn. Der Gleiter kroch nur noch im Schneckentempo dahin. Aber Aruula gelang es, dem Seil den richtigen Drall zu geben!
Als es zwischen das Trio schwang, war die alles vernichtende Flut da. Das Donnern ließ die Kriegerin fast taub werden. Plötzlich lag ein Druck auf ihren Ohren. Ihre Fäuste hielten das Seil eisern fest, während sie nach unten starrte.
Da war niemand mehr zu sehen, nur die Ausläufer der gischtenden Flut! Hatten sie es geschafft, das Seil zu greifen?
Es gab einen Ruck, als Haaley den Gleiter fast senkrecht nach oben zog. Haarscharf vor der Wasserwand erreichte er freies Terrain. Der Druck auf Aruulas Ohren ließ schlagartig nach. Um sie herum erstreckten sich blauweißer Himmel und grüner, dampfender Dschungel. Knapp unter ihnen ritt ein mächtiger Baumriese auf der Gischtkrone. Eine Sekunde später, und er hätte den Gleiter zermalmt. Zum Glück schoss er knapp am Seil vorbei.
Aruula beugte sich vor. Noch war das Ende des Seils in den reißenden Fluten verschwunden. Ccahuantico und seine Begleiter konnten diesen Gewalten auf keinen Fall getrotzt haben...
Doch was war das?
Aruula hatte erwartet, den leeren Haken aus der Flut aufsteigen zu sehen. Stattdessen hingen Ccahuantico und die beiden Wesen am Seil! Es war eigentlich unmöglich, aber sie hatten es doch geschafft. Im allerletzten Moment. Irgendwie.
Dicht gedrängt klammerten sie sich fest. Ccahuantico fand Halt auf dem Haken. Die beiden Kreaturen sicherten sich ausschließlich mit der Kraft ihrer Arme; ihre Beine hingen frei in der Luft. Weil ihre Arme überlang waren und an solche von Affen erinnerten, hatten sie sich über Ccahuantico festklammern können. So kamen sich die Hände nicht in die Quere. Aber was hieß Hände? Aruula bemerkte statt Fingern riesige Krallen, die sich wie Zangen um das Seil geschlossen hatten.
Sie schrie vor Freude. Das Gefühl der Erleichterung war grenzenlos.
Haaley begann das Seil einzuholen. Aruula betete inbrünstig zu Wudan, dass er den dreien unter ihr genügend Kraft gab, um nicht noch auf den letzten Metern abzustürzen.
Kurze Zeit später half sie ihnen dann in den Gleiter. Vor allem die Kreaturen, die ein Fell trugen und trotz des Bades unerträglich stanken, tropften wie zwei Wasserfälle. Aber auch der japsende Ccahuantico war klatschnass.
»Willkommen an Bord«, krächzte sie. Jetzt, da sich die Spannung allmählich löste, spürte sie, dass jeder Muskel in ihrem Leib zitterte. Ccahuantico ging es nicht anders.
Die beiden Fremden drückten sich gegen die Wand, an der sie langsam herunterrutschten. Die Kriegerin starrte sie an. Nicht wegen ihres Aussehens, da hatte sie schon ganz andere Mutationen erlebt. Aber das, was der eine an einem Hanfstrick um den Hals hängen hatte, zog ihre Blicke wie magisch an.
Haaley stieß erleichtert die Luft aus. Der Gleiter gewann rasch an Höhe. Sie starrte nach unten, wo sich die gewaltige Flutwelle ihren Weg bahnte.
»Für so ein Schauspiel ist ein Logenplatz im Oberrang genau das Richtige«, murmelte sie. »Vor allem, wenn man dieses Schauspiel selbst inszeniert hat.«
Ging ihre Rechnung auf?
Was Haaley zu sehen bekam, hätte sie in diesem Umfang und Ausmaß niemals erwartet. »Wow«, sagte sie beinahe andächtig. »Wenn das keine Apokalypse ist, dann habe ich noch nie eine gesehen. Okee, ich habe noch nie eine gesehen. Aber in so einem erhabenen Moment muss ich jetzt auch keine Korinthen kacken.«
Die Flutwelle walzte wie ein gefräßiges Ungeheuer das Flussbett entlang, breitete sich nach links und rechts aus und verschlang alles, was sich ihr in den Weg stellte. Dabei kannte sie nur einen Weg: geradeaus. Als das Flussbett eine Biegung machte, floss dort nur wenig Wasser hinein. Der größte Teil kam als nasses Verhängnis über den Dschungel und hinterließ eine Schneise der Verwüstung.
Der Damm musste nun komplett gebrochen sein. Alles, was er bis dahin zurückgehalten hatte, kam als noch tödlicherer Gruß über den Urwald. Tatsächlich war die zweite Welle, die nachdrückte, deutlich größer als ihre Vorgängerin. Und das bildete sich Haaley beileibe nicht nur ein.
Schlagartig wurde ihr klar, wie viel Glück sie gerade hatten. Denn die erste Welle schwächte sich trotz ihrer Wucht zwischen den Bäumen und zwei, drei Schluchten langsam ab und verlor an Intensität. Sie würde Mabutas Dorf wohl kaum noch gefährlich werden, ebnete jedoch den Weg für die zweite Welle, die ungebremst hinterher rauschte. Die gigantischen Spritzer an der Oberseite wirkten wie gierige Zungen. Haaley schluckte und war froh, jetzt nicht irgendwo dort unten sein zu müssen.
Die zweite Welle war so mächtig, dass sie sich über die Bergflanke ergoss, auf der das Wrack der RIVERSIDE lag. Und nicht nur das. Sie erfasste das Wrack, überspülte es und riss es mit sich! Haaley sah, dass sich der große Gleiter wie ein sterbendes Tier in der Welle aufbäumte, wie um ihr Widerstand entgegenzusetzen. Vergeblich. Das Wrack wurde mitgerissen und überschlug es sich ein paar Mal in der tobenden Gischt, bevor es verschwand.
Die Todeswelle wanderte weiter. Haaley schluckte erneut, als sie die Spur der Verwüstung sah, die sie hinterließ. Der Berghang war teilweise gerodet, Bäume lagen kreuz und quer und ineinander verkeilt. Wasser lief den Hang hinunter und bildete weitere Ströme, die am Fuß des Berges zusammenflossen.
Haaleys Herz klopfte plötzlich wie rasend. Die erste Welle erreichte Mabutas Dorf! Der riesige braune Hügel, der wie ein kleiner Vulkan aus dem Dschungel ragte, war nicht zu übersehen. Die Welle knallte direkt darauf. Ein größerer Teil des Wassers wurde allerdings von der parallel verlaufenden Schlucht verschluckt, wo es einige Hängebrücken mit sich riss.
Haaley sog scharf die Luft ein, als der Hügel wie in einer Explosion barst und zu gut zwei Dritteln mitgerissen wurde. Der Aufprall nahm der Welle allerdings weitere Kraft. Sie schwächte sich deutlich ab.
Doch der eigentliche Killer kam gleich hinterher. Die zweite Welle drückte den Rest des Hügels weg und ergoss sich in den Krater. Unmengen von Wasser strömten in das Labyrinth darunter.
Haaleys fasziniertes Starren wurde jäh unterbrochen. Die Cockpittür öffnete sich. Fast unwillig aktivierte sie den Autopiloten, der den Gleiter auf Position hielt, und drehte sie sich um. Aruula kam herein, gefolgt von einem klatschnassen Ticolino. Und dahinter...
Haaley riss die Augen weit auf. Über die Bordkameras hatte sie bisher nur erkennen können, dass es sich bei den Fremden um seltsame Kreaturen mit langen Armen handelte. Nun sah sie sie zum ersten Mal aus der Nähe. Was stand da zitternd im Cockpit und hielt sich an Querstreben fest? Mutierte Faultiere?
Ja, kein Zweifel, es handelte sich um Faultiermutanten!
Die Köpfe waren kurz. Große, weit auseinanderstehende Augen in einem runden Gesicht starrten Haaley an. Bei dem größeren Exemplar zog sich ein schwarzer Fellstreifen darüber hinweg und quer durch das Gesicht. Seltsame schwarze Stupsnasen, die eher an eine Tierschnauze erinnerten, dominierten das Gesicht.
Der Mund darunter war mit zwei anscheinend harten Hornleisten statt Lippen ausgestattet. Die Zähne im dahinterliegenden Kiefer schienen flach und lückenhaft zu sein. Zotteliges Fell überzog nahezu den kompletten Körper. Kleidung konnte Haaley nicht ausmachen. Die Krallen an Armen und Beinen hätten einen Sebezaan1 vor Neid erblassen lassen.
Haaley erkannte den Gegenstand, den der Größere vor der Brust hängen hatte – und das war nun absolut verrückt.
»Der Magnetkompass der RIVERSIDE«, drang Aruulas Stimme an ihre Ohren.
Haaley rümpfte die Nase. »Wer stinkt denn hier so bestialisch? Bist du das, Rulchen? Hattest du Bohnen zum Frühstück?« Sie grinste schräg, als Aruula empört Luft holte. »Okee, schon klar, das sind die beiden Stinktiere hier. Ich denke, die brauchen ganz dringend ein Schaumbad.«
»Egal, wie sie riechen«, sagte Aruula, »diese Wesen sind die Wrackdiebe. Daran kann es keinen Zweifel geben. Sie haben Ccahuantico entführt.«
»Woher weißt du das?«, fragte Haaley. »Sehr gesprächig scheinen unsere Gäste ja nicht zu sein. Sie haben noch kein einziges Wort gesagt.«
»Sie reden schon die ganze Zeit miteinander«, ergriff Ccahuantico zum ersten Mal das Wort. »Aber sie benutzen dazu die Sprache ohne Mund.«