Das Leben ist ein Abenteuer - Irene Howat - E-Book

Das Leben ist ein Abenteuer E-Book

Irene Howat

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Beschreibung

Das beeindruckende Leben von Robert M'Cheyne hat viele junge Christen zum Nachahmen motiviert. Doch wer war er, und warum ist er in seinem kurzen Leben von 29 Jahren zum Glaubensvorbild geworden? Während seines Theologie-Studiums wurde er durch Gottes Gnade errettet und von dem großen Wunsch erfüllt, den Menschen die rettende Botschaft von Jesus Christus zu predigen. Aber man muss nicht weit weg gehen, um ein Missionar zu sein und etwas zu bewirken. Das war eine der ersten Lektionen, die Robert in seinem Leben als Christ lernte. Er war ein leidenschaftlicher Prediger für Christus, der Schottland in seinem kurzen Wirken durch seine Liebe zur Bibel und seinen Hass gegen die Sünde einen unauslöschlichen Stempel aufgedrückt hat. Obwohl Robert ziemlich jung und kränklich war, war er sehr eifrig darin, Menschen von Jesus zu erzählen und besonders den Armen zu helfen. Sein Leben ist gekennzeichnet von der Abhängigkeit von Christus und der Treue zu Ihm. Dieses Buch ist der fünfte Band der Buchreihe »Glaubensvorbilder« für Kinder und Jugendliche.

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Table of Contents

1. Ferienabenteuer

2. Der Winter beginnt

3. Das große Feuer von Edinburgh

4. David

5. Der Prediger auf dem Pferd

6. Ein neues Zuhause

7. Auf den Gassen von Dundee

8. Auf ins Abenteuer!

9. Entdeckungsreise

10. Der Kampf hat sich gelohnt

Weitere Themen zum Nachdenken

Robert Murray M'Cheyne: Zeitleiste

Robert Murray M'Cheyne: Zusammenfassung seines Lebens

Landmarks

Cover

Table of Contents

Robert Murray M’Cheyne

Das Lebenist ein Abenteuer

5

Irene Howat

Originaltitel: Life is an Adventure© 2004 Christian Focus PublicationsAlle Rechte vorbehalten© der deutschen Ausgabe 2022 by Verlag Voice of HopeEckenhagener Str. 4351580 Reichshof-Mittelaggerwww.voh-shop.deÜbersetzung: Natalie Ayesha SaboorLektorat, Cover und Satz: Voice of HopeISBN 978-3-947978-41-0 – E-BookISBN 978-3-947978-40-3 – Hardcover-BuchAlle Bibelstellen sind gemäß der Schlachter-Bibel 2000.

Ferienabenteuer

1

George sah, wie sein Freund um die Ecke kam, direkt in das kleine Örtchen Ruthwell. Er flitzte zurück in den Garten, um es seinem Bruder zu erzählen. »Das ist jetzt Robert!«, rief er Will zu. »Versteck dich in der Höhle, und wir machen alles wie geplant!«

Will sauste um die Rückseite des Hauses und war außer Sichtweite, während George durch den Garten schlenderte und so tat, als sei er von Roberts Ankunft ganz überrascht. Als sie sich begegneten, begrüßten sie sich herzlich und rangen dann scherzhaft miteinander, bis sie beide keuchend auf dem Boden lagen.

Nachdem die Jungs sich wieder aufgerappelt hatten, sagte George: »Wir haben ein neues Versteck gebaut. Du musst es allerdings selbst finden. Der einzige Hinweis ist, dass es sich im Garten befindet. Zähl bis hundert, dann darfst du uns suchen. Will ist schon dort. Zähl aber laut, damit ich weiß, dass du nicht schummelst.«

George führte seinen Freund zur Hausseite, wo Robert seine Augen schloss und anfing, laut bis hundert zu zählen.

»Eins, zwei, drei, ...«, sogleich raste George schnell nach links weg.

»Vierundzwanzig, fünfundzwanzig, sechsundzwanzig, ...«, sagte Robert, während sein Freund hinter ihm auf den Zehenspitzen nach rechts schlich.

»Das wird ihn verwirren«, dachte George. »Ich habe viel Lärm gemacht, während ich in die andere Richtung ging, damit er mich ganz sicher dort vermutet.«

Als Robert bei »siebenundsechzig, achtundsechzig, neunundsechzig« ankam, war George bereits durch den Gemüsegarten gedüst, entlang der Sträucher mit den schwarzen Johannisbeeren gerannt und hinter eine alte Tür gekrochen, die an die hohe Gartenmauer gelehnt war.

»Hier wird er uns nie finden«, kicherte Will, als sein Bruder bei ihm angekommen war. »Aber es wird lustig sein, zu sehen, wie er es versucht.«

»Achtundneunzig, neunundneunzig, hundert!«, rief Robert M’Cheyne1, bevor er sich auf den Fersen umdrehte und den Schauplatz hinter sich begutachtete.

»Hier ging er entlang«, sagte sich Robert, während er sich nach links drehte. »Er machte dabei allerdings verdächtig viele Geräusche. Ich werde trotzdem mal nachschauen und ganz leise sein.«

Nahezu geräuschlos ging der Junge über den Rasen, bis er die Vorderseite des Hauses erreicht hatte. Mit dem Rücken zur Wand bewegte er sich auf die Haustür zu. Kurz bevor er die Tür erreichte, öffnete sie sich, und Mr. Duncan kam heraus. Robert wollte gerade Hallo sagen, denn er vermutete, dass seine Tarnung aufgeflogen sei. Aber Mr. Duncan war selbst einmal ein Junge gewesen und erkannte sofort die Anzeichen eines Geheimnisses. Er zwinkerte Robert zu und ging mit großen Schritten den Weg hinunter und durch das Tor hinaus.

»Jemand wird sich sicher auf Mr. Duncans Besuch freuen«, dachte Robert. »Ich denke, alle Bewohner von Ruthwell mögen ihren Pastor. Meine Tante mag ihn jedenfalls sehr.«

Als er an der Haustür vorbeigegangen war, lief Robert an der Wand entlang weiter. Er suchte dabei nach allen möglichen Verstecken, aber er konnte einfach keines finden. Sie hatten früher schon an verschiedenen Orten Verstecke gebaut, aber diese waren alle viel zu klein, um zwei Teenager unterzubringen und noch einem Besucher Platz zu bieten.

»Ich schätze, George war schlau«, entschied er, machte kehrt und ging in die entgegengesetzte Richtung. »Das Versteck ist wahrscheinlich auf der anderen Seite.«

Leise wie eine Katze ging Robert den gleichen Weg zurück. Als er die Hausecke erreicht hatte, schlich er hinter einen großen Rhododendron, nahm Anlauf und sprang mit einem Satz auf die Gartenmauer.

»So kann ich die beiden überraschen«, dachte er sich. »Sie werden am Boden nach mir Ausschau halten.«

Vorsichtig schlich Robert auf der Mauer entlang, wobei er es sorgfältig vermied, sich den Kopf an den tiefhängenden Ästen zu verletzen. Als er an einer Stelle ankam, an der er vom hinteren Bereich des Gartens aus nicht zu sehen war, blieb er stehen und schaute sich um.

»Sie könnten hinter dem Schuppen sein«, dachte Robert. »Aber das wäre irgendwie zu langweilig. Dann ist da noch das Gebüsch. Da gibt es auch viele Verstecke. Hmmm.« Der Junge überlegte. »Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass sie sich etwas hinter der Mauer des Komposthaufens gebaut haben.« Er schüttelte den Kopf. »Aber ich denke, sie waren schlauer.«

Da fiel ihm die alte Tür auf. »Einer von ihnen könnte sich dahinter verstecken, aber nicht beide. Auf jeden Fall ist eine alte Tür, die an einer Mauer lehnt, kein richtiges Versteck.«

Mangels einer Alternative kroch er weiter auf der Mauer entlang und blieb dabei möglichst tief unten und außer Sichtweite. Als er an der Tür ankam, merkte er, dass sie nicht ganz an der Wand angelehnt war. Sie war unter einem Ast festgeklemmt. Der untere Teil der Tür war einen Meter von der Mauer entfernt, und der obere Teil hatte etwa die Hälfte des Abstandes davon. Als er in diese dunkle Lücke schaute, waren die Duncan-Brüder nicht zu sehen; aber gerade da fiel ihm etwas Interessantes auf.

»Da hängt ein Seil hinter der Tür«, murmelte er. »Sehr verdächtig!«

Er sah, dass das Seil bis zum Boden herunterhing. Als er seinen Blick an dem Seil hinaufgleiten ließ, fand er sich plötzlich Auge in Auge mit Will Duncan wieder, der sich ein paar Äste über ihm befand.

»Wie hast du so schnell erraten, wo wir waren?«, lachte Will.

George meldete sich schnell zu Wort: »Ich wollte dich extra verwirren, als ich geräuschvoll in die falsche Richtung lief.«

»Das war ein wenig zu auffällig«, grinste Robert. »Falls du im Sinn hast, ein professioneller Einbrecher zu werden, solltest du dir das nochmal überlegen. Du würdest dein ganzes Leben im Gefängnis verbringen.«

Robert griff nach dem Seil und benutzte es, um sich zu sichern, während er über die Äste auf die hölzerne Plattform hinaufkletterte, die seine Freunde in der Buche gebaut hatten.

»Was hältst du davon?«, fragte Will.

Der Besucher schaute sich um. »Es ist das beste Versteck, das wir jemals hatten«, sagte er. »Aber ich muss gestehen, dass ich euch zufälligerweise gefunden habe.«

George lachte laut. »Robert M’Cheyne, du flunkerst selbst bei einem Spiel nicht! Du tust nicht einmal so, als hättest du gewusst, wo wir waren! Sehr lobenswert!«

»Das habe ich ja auch nicht!«

Will und sein Bruder zwinkerten sich zu. Es mag ein Jahr vergangen sein, seit ihr Freund zuletzt in Ruthwell war, aber er war noch immer der gleiche anständige und ehrliche Robert Murray M’Cheyne. Nicht nur das – sein verschmitzter Blick zeigte, dass er genauso lustig war wie immer.

»Eichhörnchen?«, fragte Robert.

Seine Freunde grinsten.

»Also, dann Eichhörnchen!«, sagten sie zusammen. »Einmal um den Garten herum, und der erste, der wieder am Versteck ist, darf wählen, was wir morgen machen!«

Die drei Burschen kletterten die Äste entlang und schwangen sich dabei von Baum zu Baum. Der Garten des Pastors war von einer hohen Mauer umgeben. Letztes Jahr hatten sie herausgefunden, dass sie sich um den ganzen Garten herumbewegen konnten, ohne den Boden auch nur einmal zu berühren. Will und George hatten immer wieder geübt und die – ihrer Meinung nach – schnellste Route herausgefunden.

»Pass auf deinen Kopf auf!«, rief eine Stimme von oben.

George Duncan blickte auf. Robert war zwei Äste über ihm – und bewegte sich schnell vorwärts! Das Versteck war in Sichtweite, das Wettklettern wurde immer spannender.

»Vorwärts!«, rief Will von hinten, wobei er sich gar nicht sicher war, welchen Jungen er damit eigentlich anfeuern wollte.

Robert schnappte sich einen Ast der Buche, schwang sich daran, so weit er konnte, und ließ sich auf die Holzplattform fallen. Aber gerade eine Sekunde zuvor war George vorangeklettert und hatte sich somit das Recht erworben, das morgige Spiel auszuwählen. Will brauchte noch etwas länger, um sie zu erreichen, denn sein Hosenbein hatte sich in einem Ast verfangen. Lieber wollte er das Rennen, das er ohnehin verlieren würde, aufgeben, als einen Ärger mit seiner Mutter zu riskieren und einen peinlichen Flicken wegen einer zerrissenen Hose zu bekommen.

Obwohl George und Will älter waren als Robert, freuten sie sich über seine Besuche in Dumfriesshire. George fragte sich, ob er für solche Spiele schon zu alt sei; aber es brauchte nur das Wort »Eichhörnchen« zu fallen, um festzustellen, dass er in seinem Herzen immer noch ein Junge war. Und darüber war er froh.

»Kommt ihr drei herunter zum Tee?«, fragte eine Stimme unterhalb der Plattform. Es war Barbara, das dritte Mitglied der Duncan-Familie.

Im nächsten Moment war Robert auch schon unten, um seine alte Spielgefährtin wieder einmal zu sehen. Doch obwohl Barbaras Einladung verlockend war, wusste er, dass seine Tante ihn daheim erwarten würde.

»Wir sehen uns morgen«, sagte er. »Und George, denk dir für morgen etwas Interessantes für uns aus!«

Schnell ließ Robert das Dörfchen Ruthwell hinter sich und rannte die kurze Strecke nach Clarencefield. Nicht im Geringsten außer Atem bog er schnell in das Clarence Cottage ein und erreichte genau in dem Moment die Tür, als seine Tante die begehrten Scones2 aus dem Ofen nahm.

»Ich wusste, dass dich das Gebäck hierherlocken würde«, sagte sie. »Scones sind wie Magnete für alle Jungs, die ich kenne.«

Der Tisch war gedeckt mit Haferplätzchen, Butter, Käse, Scones und Pflaumenmarmelade. Robert sah es sich an und grinste.

»Du machst wirklich alles selbst«, lachte er. »Hausgemachte Haferplätzchen, Scones und Butter aus der Milch von Maud, Mabel, Daisy und Ellen.«

Tante Dickson lachte. Sie freute sich, dass ihr Neffe sich an die Namen ihrer vier Milchkühe erinnerte.

»Du hast die Milch entrahmt, um wieder deinen eigenen Crowdie-Käse zu machen!«, rief Robert, während er sich die Lippen leckte. »Und deine Pflaumenmarmelade ist in ganz Clarencefield berühmt.«

»Was nicht besonders schwer ist«, lachte seine Tante laut. »Hier gibt es ja nur eine Handvoll Häuser!«

Für eine Viertelstunde war es fast komplett still, während der Junge den herzlichen Empfang und das gesunde Essen genoss. Seine Tante war auch still. Ihre Freude beim Zusehen war genauso groß wie Roberts Genuss beim Essen. Das einzige Geräusch war das Zwitschern des gelben Kanarienvogels in seinem Schilfrohrkäfig. Als sie fertig waren, gingen Tante Dickson und Robert hinaus in den Glanz der späten Nachmittagssonne.

»Hast du noch Geggely?«, fragte der Junge, während er acht pickende Hühner im Garten beobachtete.

»Sie ist dort drüben«, sagte seine Tante. »Hinter dem Gebüsch.«

Wie gerufen spazierte eine braune Henne pickend hinter dem Busch hervor und präsentierte sich.

»Sie legt die besten Eier, die ich jemals gegessen habe«, scherzte Robert. »Legt sie jetzt auch noch Eier?«

Seine Tante versicherte ihm, dass Geggely ihn täglich mit einem Ei versorgen würde.

»Und die Schweine?«, fragte er.

»Sind noch immer da«, grinste Tante Dickson, »und wühlen immer noch im Obstgarten herum. Sie zählen die Tage, bis die ersten Falläpfel zu ihren Füßen landen.«

»Ich habe die Tage gezählt, bis der letzte Schultag vorbei war und ich hierherkommen konnte«, sagte Robert. »Das mache ich jedes Mal.«

Tante Dickson schaute ihren Neffen stolz an. »Du bist gut in der Schule, habe ich gehört. Und du hast einige Auszeichnungen gewonnen.«

War es ein Erröten, oder hatte Robert etwas zu viel Sonne abbekommen? So oder so, er war ungewöhnlich rot.

»Erzähl mir, was deine Lieblingsfächer in der Highschool in Edinburgh sind.«

Robert musste nicht lang überlegen, was er auf diese Frage antworten sollte.

»Ich liebe Latein und Griechisch«, sagte er. »Und das beste am Lernen von alten Sprachen ist, dass du damit Bücher lesen kannst, die vor Hunderten von Jahren geschrieben wurden. Sie sind voller spannender Abenteuer und großartiger Schlachten. Du solltest sie lesen!«

Tante Dickson lachte. »Für mich ist es wahrscheinlich schon zu spät, um Latein und Griechisch zu lernen.«

Lächelnd erzählte Robert ihr, wann er angefangen hatte, Griechisch zu lernen. »Ich war vier Jahre alt«, sagte er. »Ich lag krank im Bett, als die Familie begann, mir das griechische Alphabet beizubringen. Es war halt etwas, das ich machen konnte, ohne aus dem Bett aufzustehen. Ich liebte die Klänge der Buchstaben und ihre Formen auf dem Papier. Seitdem war ich an Griechisch interessiert.«

»Na, da hat sich das Kranksein ja gelohnt, oder?«, lachte seine Tante.

Robert schaute sich um und lächelte.

»Ich liebe es, nach Clarencefield zu kommen«, sagte er. »An diesem Ort fühle ich mich genauso zu Hause wie in Edinburgh.«

»Und das sollte auch so sein«, antwortete Tante Dickson. »Dein Vater wurde in Thornhill großgezogen – das ist nur 20 Meilen von hier entfernt. Deine Mutter und ich stammen aus Nether Locharwood – das ist gleich die Straße hoch. Also bist du hier natürlich zu Hause. Du gehörst zu dieser Gegend.«

Der Junge lachte. »Und ich gehöre zu Ruthwell, weil mich die Duncans dort so herzlich empfangen haben, dass ich gar nicht anders konnte, als mich dort auch zu Hause zu fühlen.«

Seine Tante schmunzelte, als er ihr erzählte, was sie an diesem Nachmittag gemacht hatten. Beim Gedanken an Mr. Duncan, der augenzwinkernd an ihm vorbeigegangen war, musste sie laut lachen. »Er ist so gutmütig. Alle jungen Leute mögen ihren Pastor«, sagte Tante Dickson. »Die Armen sind ihm sehr dankbar, und nicht nur in dieser Gegend.«

»Warum dankbar?«, fragte Robert neugierig.

»Vor nicht allzu langer Zeit waren Banken nur reichen Menschen zugänglich. Arme Leute durften kein Konto eröffnen, auch nicht, wenn sie ein wenig Geld gespart hatten. Sie waren einfach nicht willkommen. Mr. Duncan wusste das, deswegen gründete er eine Sparkasse für ärmere Menschen. Sie können nur ein paar Pence auf einmal einzahlen und auf diese Weise für das sparen, was sie brauchen, oder für Notzeiten. Eines Tages gibt es vielleicht Sparkassen im ganzen Land – das wäre gut.«

Robert war beeindruckt von Mr. Duncans Sparkasse. »Auch Kinder könnten in einer solchen Bank sparen.«

Seine Tante nickte. »Das könnten sie tatsächlich. Aber es wird Zeit, dass du die Runde machst, um nachzuschauen, was diese feinen Hühner dir heute zu bieten haben. Du findest die Nester wie immer in der Scheune.«

Eier einsammeln war eine von Roberts Lieblingsbeschäftigungen. Er nahm den Korb und legte ihn mit trockenem Gras aus, bevor er sich auf die Suche nach Geggely machte. An diesem Nachmittag war es so warm, dass sie auf ihrem Nest fest schlief und nicht so aussah, als dürfe man sie stören.

»Versteckst du ein Ei?«, fragte der Junge, als er die Henne so anhob, dass sie nicht mit den Flügeln schlug. Geggely öffnete ihre tiefschwarzen Augen und starrte Robert an. Tief in ihrer Kehle formte sich der Laut eines Protestes, doch bevor sie ein irritiertes Glucken von sich geben konnte, hatte Robert bereits ihr Ei in der Hand, und sie saß wieder auf ihrem Nest. Die Henne öffnete überrascht beide Augen, als sie sich an demselben gemütlichen Platz wusste. Sie flatterte in eine bequeme Lage und döste wieder ein. Als Robert vier Eier eingesammelt hatte, bedeckte er sie mit trockenem Gras, bevor er nach den anderen suchte.

»Heute wurden sechs gelegt«, erzählte er seiner Tante, während er bald darauf in die Küche ging.

An diesem Abend schrieb er nach Hause, um von seiner Reise zu berichten, von seinem Empfang in Clarencefield, dem Versteck bei dem Pfarrhaus, und um seinen Brüdern und seiner Schwester zu erzählen, dass Geggely noch lebte und Eier legte.

Der Sommer war warm und trocken, und noch ehe viele Wochen vergangen waren, war der Mais golden und bereit zur Ernte.

»Meinst du, ich bin alt und kräftig genug, um dieses Jahr bei der Maisernte zu helfen?«, fragte Robert.

Tante Dickson betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. »Ich denke, das könntest du«, antwortete sie. »Bitte die Duncan-Jungs, dir zu zeigen, wie es geht.«

Schnell sprintete Robert los zum Pfarrhaus. »George!«, rief er, als er am Tor ankam.

Sein Freund schaute vom Kartoffelbeet auf.

»Willst du mir helfen, die Frühkartoffeln zu ernten?«, fragte er, während er eine Kartoffelstaude aus der Erde grub. Der Junge sank auf seine Knie und löste die kleinen Kartoffeln von der Staude. Dann sammelte er die größeren auf, die auf den Boden gefallen waren.

»Nimm dir doch welche zum Abendessen mit heim und iss sie mit Butter und Greentails.« »Was sind Greentails?«, rätselte Robert.

»Ein feiner Stadtmensch wie du würde es wahrscheinlich eher Schnittlauch nennen.«

Robert erinnerte sich plötzlich daran, warum er eigentlich gekommen war.

»Zeigst du mir, wie man Maisbündel macht?«, fragte er.

George grinste. »Ich dachte mir schon, dass du alt genug bist, um Männerarbeit zu machen. Ja, ich bringe es dir bei; aber ich verspreche dir, dass du danach voller Kratzer und Stiche sein wirst!«

Robert fühlte sich jetzt doppelt so groß und rannte den ganzen Weg zurück nach Clarencefield, um seiner Tante zu erzählen, dass er nun bei der Ernte helfen würde.

»Lektion eins«, sagte George Duncan am nächsten Tag, als er und Robert sich am Rande des Maisfeldes trafen. »Du sammelst eine Garbe Mais in deine Arme und legst sie auf den Boden. Dann ziehst du etwa ein Dutzend Stängel aus der Garbe und bindest sie damit direkt unter den Maiskolben zusammen.«

Robert nahm einen Arm voll Mais auf und trennte ein paar einzelne Stängel davon ab. Dann wickelte er sie um die Garbe ... und hielt inne. »Wie bindest du das fest?«, fragte er. »Die Stängel brechen, wenn ich versuche, einen Knoten zu machen.«

Sein Freund lächelte. »Du machst überhaupt keinen Knoten. Du wickelst die Stängel rundherum, drehst sie zusammen und steckst dann die Enden in die Garbe hinein.«

Es brauchte ein wenig Übung, aber schließlich gelang es Robert, vernünftige Garben zu binden. Dann begann die zweite Lektion.

»Du nimmst zwei Garben«, sagte George, »und dann lehnst du sie gegeneinander wie bei einem Indianerzelt. Danach lehnst du ein paar Garben auf der ersten Seite daran und wieder ein paar auf der anderen Seite, um daraus eine große Garbe zu machen. So kann der Wind hindurchblasen, um den Mais zu trocknen.«

Am Ende des Tages wusste Robert, was sein Freund zuvor gemeint hatte. Nachdem er stundenlang bei der Ernte geholfen hatte, war er erschöpft und glücklich, aber auch zerkratzt, und die Haut juckte unglaublich.

»Dieses Bad ist für dich«, sagte Tante Dickson, während sie einen Topf voller Wasser in eine Blechwanne auf dem Küchenboden goss. »Du hast es verdient!«

Und so verging der Sommer im Jahr 1823. Die Tage waren angefüllt von Spielen mit den Duncan-Jungs, manchmal auch mit Barbara. Robert half Tante Dickson, sich um die Schweine, Hennen und Kühe zu kümmern. Und er half, als die Garben zu großen Bündeln zusammengestellt wurden, immer aus jeweils einem halben Dutzend Garben. Dann sah er zu, wie die Bündel zu großen Haufen gestapelt wurden. Fasziniert beobachtete Robert, wie die Männer jeden Haufen mit langen Maisstängeln vom Vorjahr zudeckten, damit das Regenwasser besser abfließen konnte und nicht alles einsickern würde. Als die Zeit kam, nach Edinburgh zurückzukehren, hatte Robert das Gefühl, sein ganzes Leben auf dem Land verbracht zu haben.

»Du hattest so viel Freude«, sagte seine Tante. »Du musst auf jeden Fall nächstes Jahr wiederkommen!«

»Du wirst mich nicht davon abhalten können«, lachte Robert. »Vergiss nicht, dass du gesagt hast, dass ich hierher gehöre!«

1. ausgesprochen Mäk-Schäin

2. ein englisches Teegebäck

Der Winter beginnt

2

Robert öffnete seine Augen und sprang aus dem Bett. Er strahlte, während er sich streckte, denn er hatte von seinen Sommerferien in Clarencefield geträumt. Doch als er seine Gardinen zurückzog, entdeckte er, dass es keinen größeren Unterschied geben konnte, als zwischen dem Januar in Edinburgh im Jahre 1824 und dem letzten Sommer in Clarencefield. Es gab keine helle Sommersonne, keine Wärme in der Luft, und ... war das eine Schneeflocke, was da herabfiel, oder Asche eines frühmorgendlichen Feuers? Der Junge rieb sich die Augen und suchte nach Anzeichen für einen verschneiten Samstag, aber es war noch zu dunkel draußen.