Das letzte Abendmahl für Commissario Luciani - Claudio Paglieri - E-Book
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Das letzte Abendmahl für Commissario Luciani E-Book

Claudio Paglieri

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Beschreibung

Cucina mortale. Ausgerechnet der asketische Commissario Luciani wird als Leibgarde des ebenso berühmten wie umstrittenen Restaurantkritikers Dolci abgestellt, der Drohbriefe erhält. An Verdächtigen mangelt es nicht: von ruinierten Köchen über eine viel zu junge und schöne Ehefrau bis hin zum zwielichtigen Chauffeur. Allein, es fehlt der Mord. Denn hier, so schärft ihm der neue Polizeichef ein, geht es nicht um Verbrechensbekämpfung, sondern um Publicity. Bis zu Lucianis größtem Glück endlich eine anonyme Leiche auftaucht, die eine seltsame Substanz ausschwitzt – reines Olivenöl. „Originell und hochspannend …“ - Italien Magazin - „Italiens bester Krimiautor.“ - Corriere della Sera -

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Informationen zum Buch

Cucina mortale

Ausgerechnet der asketische Commissario Luciani wird als Leibgarde des ebenso berühmten wie umstrittenen Restaurantkritikers Dolci abgestellt, der Drohbriefe erhält. An Verdächtigen mangelt es nicht: von ruinierten Köchen über eine viel zu junge und schöne Ehefrau bis hin zum zwielichtigen Chauffeur. Allein, es fehlt der Mord. Denn hier, so schärft ihm der neue Polizeichef ein, geht es nicht um Verbrechensbekämpfung, sondern um Publicity. Bis zu Lucianis größtem Glück endlich eine anonyme Leiche auftaucht, die eine seltsame Substanz ausschwitzt – reines Olivenöl.

»Originell und hochspannend …« Italien Magazin

»Italiens bester Krimiautor.« Corriere della Sera

Claudio Paglieri

Das letzte Abendmahl für Commissario Luciani

Roman

Aus dem Italienischen von Christian Försch

Inhaltsübersicht

Informationen zum Buch

Prolog

Erster Teil

Nadia

Luciani und Dolci

Luciani und Dolci

Fouad

Luciani

Nadia

Luciani

Fouad und Nadia

Luciani und Dolci

Nadia und Fouad

Luciani und Victoriya

Fouad

Luciani und Dolci

Nadia

Dolci

Nadia und Riccardo

Luciani und Donna Patrizia

Fouad

Luciani und Dolci

Fouad

Luciani und Dolci

Fouad und Nadia

Luciani und Sofia

Dolci

Luciani und Sofia

Zweiter Teil

Luciani

Dolci

Luciani und Bonucci

Luciani

Luciani und Dolci

Luciani und Calabrò

Dolci

Nadia und Abdel

Luciani und Donna Patrizia

Calabrò

Nadia und Fouad

Calabrò und Nadia

Luciani und Dolci

Nadia

Dolci

Nadia

Luciani und Victoriya

Calabrò und Signor Franco

Luciani und Victoriya

Calabrò und Signor Emilio

Luciani und Bonucci

Nadia und Abdel

Luciani und Xabier

Abdel

Luciani

Calabrò und Riccardo

Luciani, Sofia und Alessandro

Luciani, Calabrò, Fabrizio und der Commendatore

Luciani und Alice

Sofia

Luciani und Sofia

Luciani, Vika und Xabier

Calabrò und Ginevra

Alice

Luciani und Alice

Calabrò

Luciani und Vika

Ginevra und Fabrizio

Luciani und San Giuda

Calabrò und Luciani

Luciani und Alice

Calabrò

Calabrò, Fabrizio und der Commendatore

Marco und Alice

Luciani und Victoriya

Luciani und der Commendatore

Luciani, Calabrò und Fabrizio

Luciani, Calabrò und Fabrizio

Alice und Marco

Fouads Tod

Calabrò

Epilog

Anmerkung

Über Claudio Paglieri

Impressum

Wem dieses Buch gefallen hat, der liest auch gerne …

Marta, Leonardo und unseren Fernsehabenden mit »MasterChef« gewidmet

Prolog

Marco Luciani kam aus dem Baluardo, lächelte, sog die frische Luft ein und kniff die Augen zum Schutz gegen die Sonne zusammen. Beim Check-up war alles gutgegangen, sein Herz hatte ihm keinen Streich gespielt, selbst unter Maximalbelastung, auch dieses Jahr war er auf dem Trimmrad des Sportmediziners nicht mit einem Infarkt zusammengeklappt. Nun verfügte er über sein schmuckes Attest für Leichtathletikwettkämpfe, wenn es ihn juckte, konnte er wieder mal einen Halbmarathon oder, wer weiß, gar einen Marathon laufen.

Es war ein herrlicher, glasklarer Tag, ein Boot glitt fröhlich über das Wasser des Porto Antico und passierte das Aquarium und die Kugel von Renzo Piano. Marco Luciani schloss die Augen. Genua konnte einem Augenblicke totalen Glücks schenken, wie Morphin, wenn es einem das Gefühl gibt, dass im nächsten Moment der Schmerz vergehen und alles wiederin Ordnung kommen wird. Das Gefühl, man müsste nur einmal kurz die Augen schließen, und danach würde man sichwundersamer Weise in Barcelona oder Sydney wiederfinden.

Er sah auf die Uhr. Halb zehn. Er hatte noch ein wenig Zeit, bevor er zurück ins Büro musste, und beschloss, eine kleine Runde durch die Gassen zu drehen, auf der Suche nach irgendeinem altbekannten Laden oder Gesicht. Früher hatte er dort gewohnt, in einer heruntergekommenen Zweizimmerwohnung zwischen Ghetto und Maddalena, aber nachdem man ihn auf die Straße gesetzt hatte, war er vorübergehend bei seiner verwitweten Mutter im Badeort Camogli eingezogen, von wo aus er sich eine neue Bleibe suchen wollte.

In die Altstadt verschlug es ihn nur noch beruflich, und auch das immer seltener. In den letzten Jahren war die Mordrate zurückgegangen, die wenigen Tötungsdelikte waren jämmerlich: Händel zwischen armen Schluckern, die in einer Tragödie endeten, Greisinnen, die wegen ein paar Hundert Euro von ihren Enkeln, von Nachbarn oder Räubern abgestochen wurden. Diese Fälle waren schnell gelöst und hinterließen eher ein Gefühl der Verbitterung als innerer Befriedigung.

Der Commissario schlüpfte in die Via al Ponte Calvi, einen Moment unschlüssig, ob er in die Via del Campo schwenken sollte, aber die Angst vor den üblichen Refrains von Fabrizio de André, die aus den Lautsprechern dröhnten, trieb ihn nach rechts, in die Via Fossatello. Der Belastungstest hatte ihn durstig gemacht, und er beschloss, in die Bar zu gehen, in der er früher öfter mal auf dem Weg zum Buchladen einen Espresso getrunken hatte. Aber den Buchladen »San Luca« gab es nicht mehr, ebenso wenig wie die Bar. An Stelle des Ersteren gab es nun einen Chinesen, der alles Mögliche zu Schleuderpreisen verhökerte. An Stelle der Bar gab es nur ein geschlossenes Metallgitter. Er versuchte es in der Via della Maddalena, aber dort waren praktisch alle Läden verrammelt. In der ganzen Straße waren vielleicht noch sieben oder acht Geschäfte übrig, sogar die Imbissbuden der Südamerikaner waren schon nach wenigen Monaten pleitegegangen. Selbst zu dieser frühen Morgenstunde sah man nur Nutten und Freier. Er dachte, dass man sich auch gleich die Metallrollos schenken und die Prostituierten direkt ins Schaufenster hätte stellen können, man konnte auf die Heuchelei verzichten und aus der Maddalena ein echtes Rotlichtviertel machen. Das hätte den Kollegen die ebenso regelmäßigen wie nutzlosen Razzien erspart und Touristen aus allen Ecken Europas angelockt. Mädchen im Fenster, Hanfläden, ein paar Tattoo-Studios und dazu– warum nicht?– die Lautsprecher mit »Bocca di Rosa«, Fabrizio de Andrés berühmtem Chanson auf eine Prostituierte, die das Bild abrundeten.

Er drehte ab zur Piazza Lavagna e le Vigne und trat, um seinen Durst zu löschen, in die nächstbeste geöffnete Bar. Einer dieser neumodischen Schuppen voller Lackaffen, handtuchschmal, inklusive Tresen gerade mal einen Meter breit und sechs Meter tief, im Angebot Minicroissants von der Größe eines halben Daumens und siebenundzwanzig verschiedene Kaffeesorten, mit Sahne, Mandeln, Honig, Haselnuss, venezolanischer Zartbitterschokolade, costa-ricanischer Zartbitterschokolade, weißer Schokolade mit Zimt, und dann natürlich marokkanische Kaffeesorten, abessinische, solche mit Toffee-Aroma und solche mit Pinienkernen oder Pistazienmus.

Als der Commissario ein Lemonsoda orderte, konnte sich der Barkeeper ein Grinsen nicht verkneifen. »Lemonsoda führen wir nicht.«

»Was soll das heißen, das führt ihr nicht?«

»Das heißt, dass ich nicht einmal weiß, ob’s das überhaupt noch gibt, das ist eines dieser Produkte, die… na ja, die sind halt irgendwie so.«

Marco Luciani ging der Typ schon enorm auf die Eier, er war Barkeeper, nicht mehr und nicht weniger, aber mit seiner schwarzen Weste und seinem gespreizten Getue hoffte er wohl als Sommelier durchzugehen. »Irgendwie wie?«, hakte er nach, denn in Sachen Lemonsoda kannte er keine Kompromisse.

»Na ja, halt so. Nicht besonders gesund. Irgend so ein Massenprodukt, wer weiß, wie das überhaupt gemacht wurde.«

Wie es gemacht wird, korrigierte Marco Luciani ihn im Stillen. Gut wird es gemacht, so sieht’s aus.

»Haben Sie jemals den Chinotto Lurisia probiert?«, fragte der Barkeeper mit einem herablassenden Lächeln.

Der Commissario schüttelte den Kopf. »Nein, aber für Chinotto habe ich nichts…«

»Das ist aber nicht so ein Chinotto, wie Sie jetzt meinen«, zwinkerte ihn sein Gegenüber an, wobei er gleichzeitig einen komplizenhaften Seitenblick auf zwei Gäste warf, die einen Kaffee mit diversen Braunmaserungen schlürften, »nicht wie der aus der Dose im Supermarktregal.«

Marco Luciani wollte sich umdrehen und gehen, aber der Barkeeper kam ihm zuvor. »Hier bitte«, sagte er und hatte schon ein Fläschchen geöffnet, »probieren Sie mal, was das für ein Stoff ist. Dieser Chinotto bildet einen Slow-Food-Schutzraum in der Region Savona. Denken Sie mal, der wurde gerade noch vor dem Aussterben bewahrt. Und das Mineralwasser Lurisia, nun, das bedarf keiner Referenzen. Ich serviere ihn ohne Eis, dann kommt das Aroma besser zum Tragen.«

Der Commissario betrachtete das Glas mit ratloser Miene. Die Farbe versprach nichts Gutes, ebenso wenig der Geruch. Er führte es an die Lippen und schmeckte etwas in Richtung verbrannter Zucker, penetrant genug, um jegliche Andeutung nicht identifizierbarer Zitrusfrüchte zu vernichten.

»Und, was sagen Sie?«

Ich sage, wenn kein Schwein mehr Chinotto anbaute, dann wird das wohl seinen Grund gehabt haben, und dieses Gesöff schmeckt einfach bekackt, dachte er, auch wenn seine Kinderstube die Oberhand behielt: »Ungewöhnlich. Ein ungewöhnlicher Geschmack. Was macht das?«

»Drei fünfzig.«

»Meine Fresse«, dachte Marco Luciani, und diesmal sprach er es auch aus. »Siebentausend Lire für ein Schnapsfläschchen von fünfundzwanzig Zentilitern?«

Der Barkeeper war sprachlos. »Nun…«

»Nun was? Zu drei Euro fünfzig könnten Sie zwei Dosen Lemonsoda ausschenken und zwei Menschen glücklich machen«, sagte er, während er das Geld auf den Tresen packte und mit dem Blick die zwei Gäste erdolchte, die zu ihm herübergesehen hatten. Diese widmeten sich sofort wieder dem schichtweisen Abtragen ihrer Kaffees, einen Braunflöz nach dem anderen löffelnd.

Übelster Laune trat er in die Gasse, in die das Sonnenlicht dieses strahlenden Tages nicht vordringen konnte. Ich muss an Lemonsoda schreiben, die sollen die Aufmachung ändern, dachte er, keine Dosen und keine Plastikflaschen mehr, sie müssen eine Werbung aus den Siebzigern auskramen –vielleicht die mit dem Gorilla Orang Soda–, ein hübsches Fläschchen aus geriffeltem Glas designen und die Operation Nostalgie& Gesundheit starten, mit Bio-Orangen und -Zitronen und einer hundertprozentigen Preissteigerung, falls sie nicht vom Markt gekegelt werden wollen.

ERSTER TEIL

Nadia

»Gib mir noch sechshundert Gramm Gehacktes, dann mach ich für morgen Fleischbällchen.«

»Sofort.«

Mohamed suchte das passende Stück aus, schlug mit sicherer Hand das gewünschte Quantum ab und zerschnitt es in kleine Stücke, die er nacheinander im Fleischwolf verschwinden ließ. Er wog das Gehackte ab und erstellte die Gesamtrechnung: »Dreizehn dreißig. Mit einem kleinen Rabatt sind das dreizehn, schöne Frau«, lächelte er.

»Shukran«, sagte Nadia und errötete. Sie hatte sich nie ins Arabische vorgewagt, und der vertrauliche Umgang mit den Ladenbesitzern beschränkte sich auf ein paar Worte, Grußformeln. Sie verließ die Halal-Metzgerei, um ihre Runde fortzusetzen. Obst und Gemüse hatte sie schon gekauft, ebenso die Gewürze. Auch Milch und Käse. Sie brauchte noch Brot und Kakaopulver für das Frühstück der Kinder. Im Supermarkt hätte sie alles auf einmal bekommen, aber die Qualität war deutlich schlechter als in den kleinen Läden. Zum Glück können wir es uns erlauben, ein bisschen mehr auszugeben und den Kindern frische und gesunde Produkte zu bieten, dachte sie. Fouad brachte seine zweitausendeinhundert Euro im Monat nach Hause, manchmal auch ein bisschen mehr, und selbst wenn das wenig war gemessen an seinem Arbeitseinsatz, konnten sie sich nicht beklagen. Sie kam damit aus und versuchte immer, noch etwas zur Seite zu legen für den Urlaub, den sie inzwischen seit zwei Jahren vor sich herschoben. Sie kaufte in einer Bäckerei einen Brotlaib und Kakao, dann ging sie an einem vor wenigen Tagen eröffneten Weinladen vorbei und betrachtete die Auslagen. Es gab dort einen Rossese Riserva, der ihr förmlich zuzuzwinkern schien, von den Champagnerflaschen ganz zu schweigen. Drinnen musste irgendwo auch original russischer Wodka stehen, Belenkaya. Sie lächelte, als sie daran dachte, wie sie ihn das letzte Mal getrunken hatte. Das war hundert Jahre her. Das war in einem anderen Leben gewesen, sie noch ein anderer Mensch, jung, mit wirren Ideen. Jetzt war sie eine erwachsene Frau, die nicht mehr rauchte. Man kann nicht rauchen, wenn man zwei kleine Kinder in der Wohnung hat, und draußen, nun, da war einfach keine Zeit, sich irgendwo hinzusetzen und eine Zigarette anzustecken.

»Hallo, Nadia, wie geht’s?«

Manuela, die Mutter eines Klassenkameraden von Lorenzo, grüßte und schien stehen bleiben zu wollen.

»Gut, danke. Aber ich bin spät dran, ich muss noch ein paar Sachen besorgen. Wir sehen uns an der Schule.«

Sie beschleunigte den Schritt und war froh, sich gleich losgeeist zu haben. Manuela steckte immer ihre Nase in anderer Leute Angelegenheiten und behandelte sie von oben herab, mit einem mitleidigen Lächeln, als hätte sie Nadia gerade erst aus einem Schlauchboot steigen sehen. Sie dachte schnell wieder an ihr Rezept für die Rinder-Tajine. Was fehlte noch? Koriander, sagte sie sich. Fouad hatte eine Schwäche für Koriander, sie weniger, und den Kindern war er zu penetrant. Sie schaute auf die Uhr: Es war sowieso zu spät, um noch einmal zurückzugehen und ihn zu holen. Er wird darauf verzichten müssen, dachte sie, ich verzichte seinetwegen auch auf vieles, ein Mal wird er auch ohne seinen Koriander auskommen. Und während sie das dachte, schlugen ihre Beine den Rückweg ein und trugen sie zum Laden.

Sie erreichte die Schule fast im Laufschritt, wobei das lange Kleid ihren Gang ein wenig behinderte. Die anderen Mütter standen alle schon vor dem Tor. Sie trugen enge Jeans und Röcke, oftmals kürzer, als es ihrem Alter angemessen war. Auch wenn einige sich offen gestanden in Form hielten, der Geldadel, der nichts zu tun hatte und täglich zwei, drei Stunden im Fitnesscenter herumturnen konnte. Viele trugen hohe Absätze, um ihren schönen knackigen Hintern auszustellen, und es gab eine, die mit über vierzig ein T-Shirt mit der Aufschrift »Morgen bin ich ein braves Mädchen« trug, gestützt von zwei absolut waagrechten Titten. Nadia starrte sie ungläubig an, die Frau ließ sogar ein Lächeln aufscheinen, soweit die Botox-Lähmung in ihrem Gesicht das gestattete.

Nadia hatte sich an die ironischen und mitleidigen Blicke gewöhnt, ebenso daran, alleine auf die Kinder zu warten, im Niemandsland. Auf der einen Seite die Italienerinnen, auf der anderen die Ausländerinnen. Marokkanerinnen, Rumäninnen, Pakistani und Ecuadorianerinnen. Mit ihrem langen Kleid und dem Kopftuch gehörte sie nicht mehr zur ersten Kategorie. Seit sie einen Moslem geheiratet hatte, waren alle ihre Freundinnen auf Abstand gegangen, eine nach der anderen, unter den verschiedensten Vorwänden. Nur eine war so ehrlich gewesen zu sagen, dass sie mit Nadias Mann nichts zu tun haben wollte, auch nicht indirekt, denn Moslems betrachteten Frauen als niedere Wesen, und im 21.Jahrhundert hatten solche Vorstellungen keine Existenzberechtigung mehr. Nadia hatte zu erklären versucht, dass es sich anders verhielt, dass es nur eine andere Sicht auf die Dinge war. Sie hatten gestritten, und das war das Ende ihrer Freundschaft gewesen.

Aus anderen, aber ähnlichen Gründen hatte sie in der Community der Tunesierinnen keinen Anschluss gefunden. Untereinander waren sie sehr solidarisch, aber mit anderen Ausländerinnen gingen sie keine Bindungen ein. Und Nadia trauten sie gar nicht über den Weg. Wenn sie in einem Raum waren, sprachen sie reinstes Arabisch miteinander, diskutierten oder lachten, aber wenn zufällig sie eintrat, brachen sie sofort ab und stiegen auf Italienisch um. Aus Rücksicht, hatte sie anfangs gedacht. Doch dann merkte sie, dass sie Italienisch redeten, ohne etwas zu sagen, sie lachten nicht, echauffierten sich nicht, und keine ließ sich auf mehr als unverbindlichen Smalltalk ein.

In diesem Augenblick erschienen Lorenzo und Samir auf dem Treppenabsatz in Begleitung der beiden Lehrerinnen. Nadia setzte ein strahlendes Lächeln auf, winkte ihnen, und die Kinder kamen angerannt. Sie küsste sie und drückte sie fest an sich. Samir ließ es geschehen, aber Lorenzo entwand sich genervt.

»Mama, ich bin acht!«, schnaubte er mit einem Seitenblick auf seine Kameraden.

»Gut, dann hilf mir mit dem Einkauf.« Nadia reichte ihm eine Tüte, nahm Samir an die Hand und machte sich auf den Heimweg. Ein langer Nachmittag wartete auf sie, mit Hausaufgaben, Kochen und Wäsche.

»Was gibt es heute zu essen, Mama?«

»Spaghetti mit Tomatensoße.«

»Fein!«

Die Kinder wirken entspannt, dachte Nadia. Wäre schön, wenn sie heute nicht streiten würden. Und wenn Fouad ein bisschen früher nach Hause käme, könnte ich sie zeitig ins Bett bringen und dann selbst mit ihm ins Bett gehen. Sie hatte Lust, mit ihrem Mann zu schlafen. Sie hatte schnell gelernt, dass Ehen fast immer dann nicht funktionierten –egal ob zwischen Italienern oder gemischt–, wenn nicht ausreichend gevögelt wurde.

Luciani und Dolci

Gegen zehn kam Marco Luciani auf die Dienststelle. Oberwachtmeister Iannece, Assistent, Fahrer und Mädchen für alles, hielt vor seiner Bürotür Wache.

»Guten Morgen, Iannece.«

»Guten Morgen, Commissario«, grüßte der Beamte zurück, ohne sich zu rühren. Stattdessen musterte er ihn eingehend, um herauszufinden, ob er heute gut oder schlecht gelaunt war.

»Was ist los? Darf ich eintreten?«

Iannece bedeutete ihm, er solle sich ein wenig von der Tür entfernen, dann flüsterte er: »Regt Euch nicht gleich auf, Commissario. Es ist jemand in Eurem Büro.«

»Wer soll das sein?«

»Das werdet Ihr nie erraten.«

»Deswegen habe ich ja gefragt. Ich will nicht raten.«

Iannece grinste über das ganze Gesicht: »Dario Dolci.«

»Und wer ist das?«

Der Beamte riss Mund und Augen auf. »Wie, wer ist das? Das wisst Ihr nicht?«

»Iannece, würde ich dich fragen, wenn ich es wüsste?«

»Richtig, aber wisst Ihr das wirklich nicht…? Dario Dolci, einer der größten Kulinarikfachleute in Italien, und wahrscheinlich nicht nur in Italien. Er ist im Fernsehen, als einer der Juroren von ›Stelle in Cucina‹, und dann ist er ständig irgendwo Studiogast.«

»Sehe ich aus wie jemand, der sich Kochsendungen im Fernsehen anschaut?«

Iannece starrte ihn an und zog eine Grimasse. Die knapp siebzig Kilo, die sich auf einen Meter siebenundneunzig Körpergröße verteilten, bezeugten, dass Essen nicht gerade die Lieblingsbeschäftigung des Kommissars war.

»Ich vergaß: Bei Euch ist ja immer Fastenzeit, Commissario.«

»Wie auch immer, was will er denn? Und wer hat ihn in mein Büro gelassen?«

»Psst, sprecht leise, Commissario, sonst hört er Euch. Ich bat ihn herein, weil er sagte, er will mit Euch sprechen, und nur mit Euch, er hat auf den Polizeichef verwiesen und dann noch auf diesen und jenen. Ihr kennt ihn nicht, der hat einen Riesenzirkus veranstaltet, hat alle zur Schnecke gemacht, auch Inspektor Vitone.«

»Und ihr habt euch zur Schnecke machen lassen?«

»Ja, gut, das macht er immer, auch im Fernsehen. Sie müssten mal hören, wie er die Möchtegernköche niedermacht. Er hat einen unmöglichen Charakter, aber das macht ihn so sympathisch. Außerdem, wenn der sich erst einmal irgendwo hingesetzt hat, dann lässt er sich von keinem mehr vertreiben.«

»Ich vertreibe ihn, Iannece. Dem trete ich dermaßen in den Hintern…«

Iannece setzte ein feines Lächeln auf. Das möchte ich nun wirklich einmal sehen, dachte er.

Marco Luciani riss die Tür zu seinem Büro absichtlich so schwungvoll auf, dass sie gegen die Wand krachte. Er wollte dem Kerl in den Rücken fallen, so dass dieser aus dem Stuhl hochschreckte und sofort in die Defensive geriet. Doch Luciani starrte dem Besucher unversehens in die Augen, hatte dieser sich doch auf dem Drehstuhl des Kommissars niedergelassen und den Schreibtisch okkupiert. Lucianis Vorstoß quittierte er nur mit dem Anflug eines ironischen Lächelns im Mundwinkel. »Und endlich erschien der Feldherr«, sagte er, demonstrativ eine Taschenuhr betrachtend. »Ich dachte, unsere wackeren Ordnungshüter träten schon bei Sonnenaufgang in Aktion.« Luciani musterte ihn einige Sekunden lang. Die einzige Definition, die ihm in den Sinn kam, war: gewaltig. Seine Leibesfülle schien die Hälfte des Zimmers einzunehmen. Obwohl er saß, war klar, dass er mindestens eins neunzig groß war. Der glattrasierte Schädel ähnelte einem Poller auf der Hafenmole, die Arme waren breit wie Kälberschenkel und endeten in großen, plumpen Händen. Unter seiner Ringerbrust wölbte sich ein runder, agiler Wanst hervor, der unter Weste und Hemd zu brodeln schien, auf der Suche nach Lebensraum. »Sie werden mir nachsehen, dass ich mich auf Ihrem Platz niedergelassen habe, aber ich fürchtete, der Einrichtung Schaden zuzufügen«, sagte er lächelnd und auf die Besucherstühle deutend, die seinem Gewicht definitiv nicht standgehalten hätten.

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