Das Nachbarrecht - Annegret Pelka - E-Book

Das Nachbarrecht E-Book

Annegret Pelka

0,0
24,00 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Dieses Buch richtet sich an alle, die mit nachbarrechtlichen Problemen zu tun haben oder solche vermeiden wollen: Haus und Gartenbesitzer, Land- und Forstwirte, Gärtner und Gartengestalter, aber auch z.B. Bürgermeister kleinerer Gemeinden finden hier die Gesetzestexte und ausführliche Erläuterungen zum Nachbarrecht für immer wieder auftretende Streitfälle in den nicht immer unproblematischen nachbarschaftlichen Beziehungen. Das Buch hilft, diese Probleme besser zu verstehen, sie zu vermeiden und dennoch auftretende Streitfälle richtig zu bewerten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 518

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Das Nachbarrecht in Baden-Württemberg

Zusammengestellt und erläutert von

Dr. Franz Pelka †

Ministerialdirigent a. D.

Fortgeführt von

Annegret Pelka

Vorsitzende Richterin am VG a. D.

Gerhard Pelka †

Vorsitzender Richter am VG

23., überarbeitete Auflage

mit 22 Abbildungen und Erläuterungen zu botanischen Pflanzennamen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Verzeichnis der Abkürzungen

I. Das Nachbarrecht in Baden-Württemberg

II. Grundbegriffe, insbesondere das Eigentum am Grundstück

Überblick

Befugnisse des Eigentümers (§ 903 BGB)

Notstand (§ 904 BGB)

Begrenzung des Eigentums (§ 905 BGB)

Schikaneverbot (§ 226 BGB)

III. Grenzverhältnisse

Überblick

Grenzabmarkung (§ 919 BGB)

Grenzverwirrung (§ 920 BGB)

Grenzeinrichtungen (§ 921 BGB, § 922 BGB)

Grenzbaum (§ 923 BGB)

IV. Einwirkungen und Gefahren vom Nachbargrundstück

Überblick

Zuführung unwägbarer Stoffe (§ 906 BGB)

Gefahr drohende Anlagen (§ 907 BGB)

Abstand Schaden drohender und störender Anlagen (§ 6 NRG)

Einwirkung von Verkehrsunternehmungen (§ 30 NRG)

Drohender Gebäudeeinsturz (§ 908 BGB)

Notweg (§ 917 BGB, § 918 BGB)

V. Vertiefungen, Erhöhungen, Aufschichtungen, Wasserabfluss

Überblick

Vertiefung (§ 909 BGB)

Aufschichtungen und Gerüste (§ 8 NRG)

Abstände und Vorkehrungen bei Erhöhungen (§ 9 NRG)

Befestigung von Erhöhungen (§ 10 NRG)

Wild abfließendes Wasser (§ 37 WHG)

VI. Bauliche Anlagen

Überblick

Überbau (§ 912 BGB, § 913 BGB, § 914 BGB, § 915 BGB, § 916 BGB

Überbau (§ 7b NRG)

Überbau durch Wärmedämmung (§ 7c NRG)

Ableitung des Regenwassers und des Abwassers (§ 1 NRG)

Traufberechtigung bei baulichen Änderungen (§ 2 NRG)

Leitungen (§ 7f NRG)

Abstand von Lichtöffnungen und Ausblick gewährenden Anlagen (§ 3 NRG, § 4 NRG, § 5 NRG)

Gebäudeabstände und Einfriedigung bebauter Grundstücke im Außenbereich (§ 7 NRG)

Gründungstiefe (§ 7a NRG)

Hammerschlags- und Leiterrecht (§ 7d NRG)

Benutzung von Grenzwänden (§ 7e NRG)

Durch Zeitablauf entstandene Fensterschutzrechte (§ 31 NRG, § 32 NRG)

VII. Einfriedigungen, Spaliervorrichtungen und Pflanzungen

Überblick

Tote Einfriedigungen (§ 11 NRG)

Hecken (§ 12 NRG)

Spaliervorrichtungen (§ 13 NRG)

Rebstöcke in Weinbergen (§ 14 NRG)

Waldungen (§ 15 NRG)

Sonstige Gehölze (§ 16 NRG)

Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Nachbarrechtsgesetzes vom 04. Februar 2014 (GBl. S. 65)

Hopfenpflanzungen (§ 17 NRG)

Begünstigung von Weinbergen und Erwerbsgartenbaugrundstücken (§ 18 NRG)

Verhältnis zu landwirtschaftlich nicht genutzten Grundstücken (§ 19 NRG)

Pflanzungen hinter geschlossenen Einfriedigungen (§ 20 NRG)

Verhältnis zu Wegen, Gewässern und Eisenbahnen; Ufer- und Böschungsschutz (§ 21 NRG)

Feststellung der Abstände (§ 22 NRG)

Verjährung (§ 26 NRG)

Vorrang von Festsetzungen im Bebauungsplan (§ 27 NRG)

Erklärte Waldlage, erklärte Reblage und erklärte Gartenbaulage (§ 28 NRG)

Erlass von Gemeindesatzungen (§ 29 NRG)

Bestehende Einfriedigungen, Spaliervorrichtungen, Pflanzungen und bauliche Anlagen (§ 33 NRG)

Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Nachbarrechtsgesetzes vom 26. Juli 1995 (GBl. S. 605, 608)

VIII. Überhang, Überfall

Überblick

Überhang (§ 910 BGB)

Überragende Zweige (§ 23 NRG)

Eingedrungene Wurzeln (§ 24 NRG)

Bäume an öffentlichen Wegen (§ 25 NRG)

Bäume von Waldgrundstücken (§ 34 NRG)

Überragende Zweige und eingedrungene Wurzeln von bestehenden Obstbäumen (§ 35 NRG)

Überfall (§ 911 BGB)

Anhang

Erläuterungen zu botanischen Pflanzennamen

Zusammenstellung der Grenzabstände für Einfriedigungen, Spaliervorrichtungen und Pflanzungen

Gesetzestexte

1 Grundgesetz – Art. 14 Eigentum, Erbrecht und Enteignung

2 Nachbarrechtsgesetz – NRG

3 Bürgerliches Gesetzbuch – Auszug

4 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch – Auszug –

5 Landesbauordnung

6 Baugesetzbuch – Auszug –

7 Wasserhaushaltsgesetz – Auszug –

8 Wassergesetz Baden-Württemberg – Auszug –

9 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG

10 Bundeswaldgesetz – Auszug –

11 Landeswaldgesetz (LWaldG) – Auszug –

12 Bundes-Immissionsschutzgesetz – Auszug –

Literaturhinweise

Vorwort

Aus den ersten Auflagen

Zweck dieser Schrift ist es, das in Baden-Württemberg geltende Nachbarrecht möglichst übersichtlich zusammenzufassen und für die Praxis, d. h. vor allem für den Haus- und Gartenbesitzer, den Land- oder Forstwirt, den Gärtner und Gartengestalter, nicht zuletzt für den Bürgermeister der kleineren Gemeinde, der wohl am meisten mit nachbarrechtlichen Fragen zu tun hat, zu erläutern. Dabei wurde das Schwergewicht auf die Erläuterung des Gesetzes über das Nachbarrecht gelegt.

Dem Verfasser ging es darum, dem Laien klarzumachen, dass Beschränkungen des Eigentums am Grundstück, obwohl sie sich den Betroffenen in ihren Auswirkungen durchaus gleich darstellen, entweder dem bürgerlichen Recht angehören, also nachbarrechtlicher Natur sein können, oder aber im öffentlichen Interesse, insbesondere im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, erlassen sein können und dann regelmäßig dem öffentlichen Recht, nicht dem Nachbarrecht im eigentlichen Sinn zuzurechnen sind. Jedem Abschnitt ist deshalb ein Überblick vorangestellt, in dem auf wichtige Beispiele solcher einschlägiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften hingewiesen wird. Das öffentliche Recht ist aber nicht Gegenstand dieses Buches, deshalb können die kurz gehaltenen Hinweise das Nachlesen der Vorschrift nicht ersparen. Der Überblick soll darüber hinaus allgemein in das Gebiet einführen und die zum Verständnis der Zusammenhänge notwendigen Fragen behandeln. Schließlich werden in der Schrift auch einige Gebiete kurz gestreift, die mit dem Nachbarrecht nichts zu tun haben, aber für die Nachbarschaftsverhältnisse von Bedeutung sein können.

Ich danke bei dieser Gelegenheit besonders den baden-württembergischen Gerichten, aber auch Rechtsanwälten und allen, die mir interessante Entscheidungen zum Nachbarrecht übermittelt haben. Manches habe ich daraufhin neu überdacht. So bitte ich, dass man auch künftig an mich denken möge, wenn sich die Rechtsprechung mit Problemen des hier behandelten Gegenstands befasst.

Ein Teil der Abbildungen wurde dankenswerterweise von Herrn Heiner Schmid angefertigt.

Je enger die Menschen aufeinander leben, desto mehr verlieren wir an Nachbarschaft. Nachbarschaft ist aber ein hohes Gut. Es soll gehütet und nicht ohne Not aufs Spiel gesetzt werden.

1959 bis 1984

Franz Pelka

Zur 20. Auflage

Neues aus Rechtsprechung und der Literatur haben wir berücksichtigt. Die Überfahrts- und Trepprechte haben keine Bedeutung mehr.

Die in den §§ 18 Satz 2, 28 Abs. 1 NRG weiter verwendeten, sonst durch „Innerortslage“ bzw. „Außenbereich“ ersetzten Begriffe „innerhalb“ bzw. „außerhalb des geschlossenen Wohnbezirks“ sowie der in § 25 Abs. 1 NRG trotz Aufhebung des § 21 Abs. 2 NRG a. F. beibehaltene Begriff „nach polizeilicher Vorschrift …“ werden wohl noch angeglichen werden müssen. Das NRG verweist in § 7 und in § 19 auf § 19 Abs. 1 Nr. 3 Baugesetzbuch in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung, in § 27 auf das Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch, das zum 31.12.1997 außer Kraft getreten ist. Nach dem Auszug der für das Nachbarrecht wichtigsten Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches haben wir die öffentlich-rechtlichen Vorschriften aufgenommen, die im Nachbarrechtsgesetz genannt werden.

Nach wie vor bleibt unser dringender Rat an die Nachbarn, rechtzeitig auf die eigenen Interessen hinzuweisen, gegebenenfalls ein nachbarschaftliches Gespräch zu suchen und sich bei entstehenden Ärgernissen und Schwierigkeiten mit einem Kompromiss zu verständigen, vielleicht unter Mithilfe eines Außenstehenden. Der nachbarliche Friede ist viel wert, gerade in den heutigen beengten Verhältnissen.

Stuttgart, Sommer 2004

Annegret und Gerhard Pelka

Zur 21. Auflage

Da die Wege-, Trepp- und Rädlesrechte nicht mehr von praktischer Bedeutung sind, wurden die in den vorigen Auflagen dazu gemachten Ausführungen nicht mehr übernommen. Für die eventuell dazu noch erforderlichen Informationen wird auf die Vorauflagen verwiesen.

Die bisherigen Erläuterungen wurden durch Hinweise zum Schlichtungsgesetz ergänzt. Die Änderung der Landesbauordnung durch Gesetz vom 10. Nov. 2009, in Kraft getreten am 1. März 2010, wurde berücksichtigt.

Stuttgart, Sommer 2010

Annegret Pelka

Zur 23. Auflage

Die Erläuterungen der Vorauflage wurden bezüglich der Änderung des § 27 des Nachbarrechtsgesetzes, die durch Art. 15 des Gesetzes zur Digitalisierung des Hinterlegungswesens, zur Anpassung des Landesrechts an das Gerichtsdolmetschergesetz und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 06. Dez. 2022 erfolgt ist, ergänzt. Ebenso wurden die Ausführungen der Vorauflage hinsichtlich der Änderung des Gesetzes zur Gleichstellung stillgelegter und landwirtschaftlich genutzter Flächen durch Art. 97 des Gesetzes vom 07.07.2016 ergänzt.

Neues aus der Rechtsprechung wurde ebenfalls berücksichtigt.

Stuttgart, Winter 2022/23

Annegret Pelka

Verzeichnis der Abkürzungen

a. a. O.

am angegebenen Ort

a. A.

anderer Ansicht

a. E.

am Ende

a. F.

alter Fassung

Abb.

Abbildung

Abs.

Absatz

AEG

Allgemeines Eisenbahngesetz

AG

Amtsgericht

AgrarR

Agrarrecht (Zeitschrift)

ALR

Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten 1794

Alt.

Alternative

Art.

Artikel

AUR

Agrar- und Umweltrecht (Zeitschrift)

bad. AGBGB

bad. Ausführungsgesetz zum BGB i. d. F. vom 13. Oktober 1925 (GVBl. S. 281)

bad., Bad.

badisch, Baden

Bad.-Württ. AGBGB

Bad.-Württ. Ausführungsgesetz zum BGB vom 26. November 1974 (GBl. S. 498)

Bad.-Württ., B-W

Baden-Württemberg

BaufreistVO

Verordnung des Innenministeriums Bad.-Württ. über den Wegfall der Genehmigungspflicht bei Wohngebäuden und Nebenanlagen vom 26. April 1990 (GBl. S. 144), aufgehoben durch § 78 LBO 1995

BauGB BauGB-MaßnahmenG BauNVO

Baugesetzbuch in der jeweils geltenden Fassung Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch i. d. F. vom 28. April 1993 (BGBl. S. 622) Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke – Baunutzungsverordnung – in der jeweils geltenden Fassung

BauR

Baurecht – Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht

BayVBl.

Bayerisches Verwaltungsblatt

BayVGH

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BBerG

Bundesberggesetz

BbgNRG

Brandenburgisches Nachbarrechtsgesetz

BeckOK

Beck’scher online-Kommentar

BeckRS

Beck-Rechtsprechung; juristische Fachdatenbank des C.H. Beck-Verlags

Beschl.

Beschluss

BFEK

Bulling/Finkbeiner/Eckardt/Kibele, s. Literaturhinweise

BFH

Bundesfinanzhof

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBAGBY

Bayer. Ausführungsgesetz zum BGB

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BImSchG

Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) in der jeweils geltenden Fassung

BImSchV

Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes

Bln

Berlin

BNatschG

Bundesnaturschutzgesetz

Bplan

Bebauungsplan

BRS

Baurechtssammlung

BT-Drs

Bundestagsdrucksache

Buchholz

Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

B-W

Baden-Württemberg

BwaldG

Bundeswaldgesetz

BWStGH

Staatsgerichtshof Baden-Württemberg

Die Justiz

Amtsblatt des Justizministeriums B-W

DIN

Norm, die vom Deutschen Institut für Normung e. V. erarbeitet worden ist

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

DSchG

Denkmalschutzgesetz

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

DVO-GemO

Verordnung des Innenministeriums zur Durchführung der Gemeindeordnung

DWW

Deutsche Wohnungswirtschaft (Zeitschrift)

EGBGB

Einführungsgesetz zum BGB

EnEG

Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden – Energieeinsparungsgesetz – in der jeweils gültigen Fassung

ErbbauRG

Erbbaurechtsgesetz

EU

Europäische Union

EUGH

Europäischer Gerichtshof

f, ff

und folgender, und folgende

FeuVO

Feuerungsverordnung B-W

FGlG

Gesetz zur Gleichstellung stillgelegter und landwirtschaftlich genutzter Flächen

FlurBG

Flurbereinigungsgesetz

Fn.

Fußnote

FStrG

Bundesfernstraßengesetz

GABl.

Gemeinsames Amtsblatt der Ministerien und Regierungspräsidien des Landes Baden-Württemberg

GBl.

Gesetzblatt für Bad.-Württ.

GBO

Grundbuchordnung

GemO

Gemeindeordnung B-W

GentG

Gentechnikgesetz

GewO

Gewerbeordnung

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Girl

Geruchsimmissionsrichtlinie

grds.

grundsätzlich

GVBl.

Gesetz- und Verordnungsblatt (Bad., von 1947 bis 1952 Südbad.)

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

h. M.

herrschende Meinung

Halbs.

Halbsatz

HGB

Handelsgesetzbuch

hoh., Hoh.

hohenzollerisch, Hohenzollern

Hs.

Halbsatz

i. d. F.

in der Fassung

i. S.

im Sinne

i. V. m.

in Verbindung mit

juris

online-Rechtsportal

JZ

Juristenzeitung

KG

Kommanditgesellschaft

LAI

Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz

LBO

Landesbauordnung für Bad.-Württ. in der jeweils geltenden Fassung

LBOAVO

Allgemeine Ausführungsverordnung des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen zur Landesbauordnung B-W

LG

Landgericht

LLG

Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz B-W

LMK

Lindenmaier-Möhring, Kommentierte BGH-Rechtsprechung

LRS

Landesrechtssatz; Landrecht des Großherzogtums Baden 1809

LS

Leitsatz

LT-Drs.

Landtagsdrucksache

LÜAR

Lüftungsanlagenrichtlinie

LuftVG

Luftverkehrsgesetz

LVG

Landesverwaltungsgesetz B-W

LVwVFG

Landesverwaltungsverfahrensgesetz

LWaldG

Waldgesetz für Bad.-Württ. (Landeswaldgesetz) in der jeweils geltenden Fassung

LWG

Landeswassergesetz

LWG BY

Landeswassergesetz Bayern

m. w. Nw.

mit weiteren Nachweisen

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

MittBayNot

Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse u. der Landesnotarkammer Bayern (Zeitschrift)

n. v.

nicht veröffentlicht

NatSchG

Gesetz zum Schutz der Natur, zur Pflege der Landschaft und über die Erholungsvorsorge in der freien Landschaft – Naturschutzgesetz – in der jeweils geltenden Fassung

Nds.

Niedersachsen

NJOZ

Neue Juristische Online Zeitschrift

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungsreport

NL-BzAR

Neue Landwirtschafts-Briefe zum Agrarrecht

NotBZ

Zeitschrift für notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis

NRG

Gesetz über das Nachbarrecht (Nachbarrechtsgesetz)

NRW

Nordrhein-Westfalen

NuR

Natur und Recht (Zeitschrift)

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR

NVwZ-Rechtsprechungsreport (Zeitschrift)

NZM

Neue Zeitung für Miet- und Wohnungsrecht

o. Ä.

oder Ähnliches

o. g.

oben genannte

öffentl.-rechtl.

öffentlich-rechtlich

OHG

offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

OLGR

OLGReport

OVG

Oberverwaltungsgericht

PBefG

Personenbeförderungsgesetz

RdL

Recht der Landwirtschaft (Zeitschrift)

Rdnr.

Randnummer

Rechtspr.

Rechtsprechung

Reg.Bl.

Regierungsblatt (Württ., von 1946 bis 1952 Württ.-Bad. bzw. von 1947 bis 1952 Württ.-Hoh.)

RegBegr.

Regierungsbegründung

RGBl.

Reichsgesetzblatt

s. S.

siehe Seite

S.

Seite

SHB

Schlotterbeck/Hager/Busch/ Gammerl, s. Literaturhinweise

StGB

Strafgesetzbuch

str.

streitig

StrG

Straßengesetz für Bad.-Württ.

STVO

Straßenverkehrsordnung

TA

Technische Anleitung

TKG

Telekommunikationsgesetz

u. Ä.

und Ähnliches

u. U.

unter Umständen

u. v. m.

und vieles mehr

Übbl.

Überblick

UPR

Umwelt und Planungsrecht (Zeitschrift)

Urt.

Urteil

VBlBW

Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (Zeitschrift)

VDI

Verein Deutscher Ingenieure

VermG

Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg

VersR

Versicherungsrecht (Zeitschrift)

VerwArchiv

Verwaltungsarchiv (Zeitschrift)

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

vgl.

vergleiche

VKKKK

Vetter/Karremann/Kahl/Kaiser/Kaiser, s. Literaturhinweise

Vor

Vorbemerkungen (bei Bruns)

VwV

Verwaltungsvorschrift

WaStrG

Bundeswasserstraßengesetz

WEG

Wohnungseigentumsgesetz

WG

Wassergesetz für Bad.-Württ.

WHG

Wasserhaushaltsgesetz

WM

Wertpapiermitteilungen

WUM

Wohnungswirtschaft und Mietrecht (Zeitschrift)

württ. AGBGB

württ. Ausführungsgesetz zum BGB und zu anderen Reichsjustizgesetzen vom 29. Dezember 1931 Reg.Bl. S. 545) weitgehend aufgehoben durch das Bad.-Württ. AGBGB

württ., Württ.

württembergisch, Württemberg

Württ.-Hoh. Reg. Bl.

Württembergisch-Hohenzollerisches Regierungsblatt

z. Zt.

zur Zeit

ZfBR

Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht

ZfIR

Zeitschrift für Immobilienrecht

ZMR

Zeitschrift für Miet- und Raumrecht

ZNER

Zeitschrift für neues Energierecht

ZPO

Zivilprozessordnung

I. Das Nachbarrecht in Baden-Württemberg

1. Das Nachbarrecht im engeren Sinne, dessen Erläuterung dieses Buch dienen soll, gehört dem bürgerlichen Recht (Zivilrecht, Privatrecht) an. Darunter versteht man denjenigen Teil der Gesamtrechtsordnung des Staates, der das „Privatleben“ der Rechtsunterworfenen betrifft. Das bürgerliche Recht beruht auf dem Prinzip der Gleichordnung der Beteiligten und regelt das Recht der einzelnen Rechtspersönlichkeiten für sich und im Verhältnis zu anderen. Es ist zumeist nicht zwingend. Die Betroffenen können in der Regel ihre Verhältnisse nach Belieben regeln, sie können also beispielsweise auf die Einhaltung der im Gesetz vorgeschriebenen Grenzabstände verzichten oder größere Grenzabstände vereinbaren; wenn sie aber nichts Abweichendes ausmachen, gelten die Vorschriften des Gesetzes. Die typische Form des Handelns auf diesem Gebiet ist das Rechtsgeschäft, insbesondere der Vertrag.

2. Die wichtigste Rechtsquelle des privaten Nachbarrechts ist das BGB. Es ist am 01.01.1900 in Kraft getreten, im Laufe der Zeit aber verschiedentlich geändert worden und gilt einheitlich im gesamten Bundesgebiet. Das BGB bzw. das EGBGB (Art. 111, 122, 124, 125, 183 i. V. m. Art. 1 Abs. 2) lässt allerdings zu, dass die Länder den unterschiedlichen Verhältnissen durch eigene zusätzliche nachbarrechtliche Vorschriften Rechnung tragen. Das entspricht der später durch Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG vorgenommenen Regelung über die sog. konkurrierende Gesetzgebung, in deren Bereich nach Art. 72 Abs. 1 GG den Ländern die Befugnis zur Gesetzgebung zusteht, wenn und soweit der Bund nicht von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat.

3. Die ehemaligen Länder Baden und Württemberg hatten die der Landesgesetzgebung vorbehaltenen Regelungen in ihren Ausführungsgesetzen zum BGB getroffen. Das Gesetz über das Nachbarrecht vom 14. Dezember 1959 (GBl. S. 171) hat die nachbarrechtlichen Vorschriften, für die der Landesgesetzgeber zuständig ist, zusammengefasst und die Art. 8 bis 19 des bad. AGBGB, die Art. 191 bis 224 mit Ausnahme des Art. 209 Buchst. b des württ. AGBGB und die §§ 64 bis 71 der Feldpolizei-Verordnung für das Fürstentum Hoh.-Hechingen vom 22. März 1845 (Verordnungs- und Anzeigenblatt für das Fürstentum Hoh.-Hechingen Nr. 19) sowie etwa sonst noch bestehende ortsrechtliche Bestimmungen über das private Nachbarrecht aufgehoben (§ 37 NRG). Von dieser Neuregelung des Nachbarrechts sind die öffentlich-rechtlichen Vorschriften unberührt geblieben.

Soweit in Gesetzen und Verordnungen auf die durch das NRG aufgehobenen Vorschriften verwiesen worden war, sind an ihre Stelle die entsprechenden Vorschriften des NRG getreten (§ 36 NRG).

Das NRG hat sich zwar an das frühere württ. Nachbarrecht angelehnt, die Vielfalt der Grenzabstände aber wesentlich eingeschränkt. Es hat die Gemeinden für zuständig erklärt, die rechtserheblichen Abgrenzungen der erklärten Waldlage, der erklärten Reblage und der erklärten Gartenbaulage vorzunehmen, mit der Folge, dass für die so abgegrenzten Gebiete besondere Bestimmungen, insbesondere abweichende Grenzabstände gelten.

Das NRG ist mit Ausnahme der §§ 15 Abs. 2, 27, 28 und 29, die bereits mit der Verkündung durch GBl. v. 15. Dezember 1959, S. 171 in Kraft getreten sind, am 01.01.1960 in Kraft getreten.

4. Bezüglich des privaten baulichen Nachbarrechts ist das NRG durch § 114 der Landesbauordnung für Baden-Württemberg in der ursprünglichen Fassung vom 6. April 1964 (GBl. S. 151) ergänzt worden. Dieser Teil des Nachbarrechts (§§ 7a bis 7e der ursprünglichen Fassung) galt vom 01.01.1965 an. Durch das Gesetz zur Landesbauordnung für Baden-Württemberg vom 4. Juli 1983 (GBl. S. 246) ist § 114 zwar aufgehoben worden, eine Änderung des NRG sollte dadurch aber nicht erfolgen (so die Begründung des Gesetzentwurfes, LT-Drs. 8/3410). Mit dem Gesetz zur Änderung des Nachbarrechtsgesetzes vom 26. Juli 1995 (GBl. S. 605) ist das NRG erneut geändert worden. Das geänderte NRG ist am 01.01.1996 in Kraft getreten und in der Fassung vom 8. Januar 1996 neu bekannt gemacht worden (GBl. S. 53). Eine erneute Änderung erfolgte mit dem Gesetz zur Änderung des Nachbarrechtsgesetzes vom 4. Februar 2014 (GBl. S. 65), in Kraft getreten am 12. Februar 2014, und zuletzt wurde § 27 des NRG durch das Gesetz vom 06. Dezember 2022 (GBl. S. 617–622) geändert. Das wasserrechtliche Nachbarrecht ist nunmehr allerdings bis auf die Vorschriften der §§ 1, 2 und 7f NRG weitestgehend im Wasserhaushaltsgesetz geregelt (z. B. in §§ 37 und 89). Schließlich wird man auch die weiterhin anwendbaren Vorschriften des württ. AGBGB über die Überfahrts- und Trepprechte zum Nachbarrecht zählen dürfen (vgl. dazu zuletzt die 20. Auflage). All diese gesetzlichen Regelungen dienen dem Zweck, einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen der jeweiligen Nachbarn zu schaffen. Gleichwohl können nicht alle denkbaren streitigen Konstellationen durch gesetzliche Regelungen erfasst werden, die in jedem Fall den nachbarlichen Frieden gewährleisten. Deshalb wird darüber hinaus von der Rechtsprechung schon seit langer Zeit (vgl. RGZ 154, 161) das Rechtsinstitut des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses zur Anwendung gebracht, welches besagt, dass Eigentümer auf die Belange des Nachbarn Rücksicht zu nehmen haben, also dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet sind (vgl. BGH, NJW-RR 2013, 1217). Allerdings begründet dieser in der Regel keine selbstständigen Ansprüche, sondern wirkt sich hauptsächlich als bloße Schranke aus, die den Eigentümer zwingen kann, eine bestimmte Nutzung seines Grundstücks zu unterlassen oder eine bestimmte Nutzung seines Grundstücks durch den Nachbarn zu dulden. Zwar muss sich die Pflicht zur Rücksichtnahme nicht darauf beschränken, sondern kann den Grundstückseigentümer im Einzelfall auch zu positivem Handeln verpflichten, solche Ansprüche sollen sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis gegen den Grundstückseigentümer aber in jedem Fall nur dann ergeben, wenn dies – über die gesetzlichen Regelungen hinausgehend – für einen billigen Ausgleich dringend geboten erscheint (so BGH a. a. O. Rdnr. 6). Das Rechtsinstitut darf aber nicht dazu dienen, die nachbarrechtlichen Regelungen in ihr Gegenteil zu verkehren (BHG, NJW-RR, 2012, 1160–1162 Rdnr. 20 m. w. Nw.) Das Rechtsinstitut des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses ist auch auf das Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern anwendbar, allerdings nur dann, wenn es um Beeinträchtigungen geht, die das Sondereigentum betreffen und nicht vom Gemeinschaftseigentum ausgehen (BGH, NJW 2014, 23–25 u. BGH, NJW 2010, 2347 Rdnr. 21). Auf das Verhältnis zwischen Mietern untereinander ist dieses Rechtsinstitut jedoch nicht anwendbar (BGH, NJW 2004, 775, 777 Rdnr. 17).

5. Das nachbarliche Zusammenleben wird aber nicht nur durch die bisher dargestellten privatrechtlichen Nachbarrechtsvorschriften beeinflusst bzw. gestaltet, sondern auch durch öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie z. B. das Baurecht, das Wasserrecht, das Immissionsschutzrecht, das Forstrecht, das Naturschutzrecht, das allgemeine Polizeirecht das Straßen- und das Verkehrsrecht u. a. Deren Verwirklichung, Einhaltung und Überwachung erfolgt durch behördliches Handeln, also z. B. durch die Erteilung von Genehmigungen, Geboten und Verboten. Das öffentliche Nachbarrecht begründet somit keine direkten Rechtsbeziehungen der jeweiligen Nachbarn untereinander, sondern nur zwei verschiedene Rechtsbeziehungen zwischen den jeweils beteiligten Nachbarn und dem Staat, zu dem diese in einem Unterordnungsverhältnis stehen und dem gegenüber sie ihre Rechte geltend machen müssen. Die jeweils zuständigen Verwaltungsbehörden haben allerdings dafür Sorge zu tragen, dass diejenigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die (auch) privaten Interessen eines Nachbarn Rechnung tragen sollen, in diesem Sinne zur Anwendung kommen. Die Baurechtsbehörden sind aber – soweit nicht gesetzlich ausdrücklich etwas anderes geregelt ist – nicht verpflichtet, bei der Erteilung einer Baugenehmigung auch die Einhaltung privatrechtlicher Nachbarrechtsvorschriften zu überprüfen; denn die Baugenehmigung wird gem. § 58 Abs. 3 LBO Bad.-Württ. unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt. Sie darf deren Erteilung allerdings ausnahmsweise mangels Sachbescheidungsinteresse ablehnen, wenn feststeht, dass ein privatrechtliches Hindernis der Verwertung der Genehmigung entgegensteht (BVerwG, NVwZ 1994, 482–483).

Auf einschlägige Bestimmungen aus diesen Rechtsgebieten wird bei den entsprechenden Sachgebieten hingewiesen, auch wenn die Vorschriften nicht zum Nachbarrecht im engeren Sinne gehören.

6. Zum Verhältnis von öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu den privatrechtlichen ist Folgendes zu sagen: Die zivilrechtlichen Nachbarvorschriften stehen grundsätzlich gleichrangig neben den öffentlich-rechtlichen; einen umfassenden Vorrang öffentlich-rechtlicher Vorschriften gibt es nicht (OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.07.2016, - 1 U 80/16 -, juris).

Allerdings räumt das Nachbarrechtsgesetz selbst in einigen Vorschriften den öffentlich-rechtlichen Regelungen in Bezug auf verschiedene Abstandsregelungen bzw. hinsichtlich des Bauplanungsrechts Vorrang ein (§§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 2, 7 Abs. 4, 7b Abs. 1 u. 2, 7c Abs. 1 Ziff. 2, 7d Abs. 1 und 27). Es kann aber auch vorkommen, dass sonstige zwingende öffentlich-rechtliche Vorschriften die Durchsetzbarkeit nachbarrechtlicher Ansprüche verhindern (BGH, MDR, 2019, 1309: Baumschutzsatzung).

Andererseits hat die Gemeinde aber auch beim Erlass von Bebauungsplänen und sog. Baumschutzsatzungen nachbarrechtliche Vorschriften bzw. die Eigentumsrechte der Nachbarn mit in die Abwägung einzubeziehen (VGH B-W, Agrarrecht 2002, 193; VG Wiesbaden, Urt. v. 14.01.2009, - 4 K 1180/08 -, juris).

Ausnahmen von dieser Gleichrangigkeit, die im Regelfall mit einer Zweigleisigkeit des Rechtsweges korrespondiert, bestehen allerdings auch dann, wenn und soweit bestandskräftigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen aufgrund einer entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vorschrift privatrechtsgestaltende Wirkung zukommt.

Beispielhaft für eine solche Vorschrift ist die Regelung des § 14 BImSchG. Sie schließt das Verlangen der Einstellung des Betriebes einer Anlage zur Abwehr benachteiligender Einwirkungen von einem Grundstück auf ein benachbartes Grundstück aus, für den eine bestandskräftige Genehmigung nach § 4 BImSchG vorliegt, sofern dieser Anspruch nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruht (LG Itzehoe, Urt. v. 21.01.2020, - 7 O 294/18 -, juris). Die Erteilung der Genehmigung für die nach § 4 BImSchG genehmigungspflichtigen Betriebe, welche in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu gefährden, zu benachteiligen oder zu belästigen, erfolgt in einem besonderen förmlichen Verfahren (§ 10 BImSchG), in dem sämtliche Einwendungen erhoben werden können. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind aber alle Einwendungen für das Genehmigungsverfahren – nicht jedoch für das sich anschließende verwaltungsgerichtliche Verfahren (vgl. dazu Feldhaus/Czajka, Komm. zum BImSchG, § 10 Rdnr. 63a, 63b m. w. Nw.) – ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen (§ 10 Abs. 3 S. 5 BImSchG). Einwendungen, die auf solchen besonderen Titeln beruhen, sind allerdings auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Um solche handelt es sich z. B. bei vertraglichen Ansprüchen und dinglichen Ansprüchen am Betriebsgrundstück, insbesondere aus Eigentum, Nießbrauch oder Dienstbarkeiten, d. h. allen Ansprüchen, die auf einer rechtlichen Sonderverbindung der Beteiligten und nicht allein auf dem allgemeinen Immissionsschutz-, Nachbar- oder Deliktsrecht beruhen (vgl. Feldhaus/Spindler, Komm. zum BImSchG, § 14 Rdnr. 60 m. w. Nw.). Das bedeutet, dass die Einstellung eines Betriebes also nicht aufgrund von §§ 1004, 906, 907 bzw. 858, 862, 869 BGB (BGH, NJW 1995, 133) und § 823 BGB, soweit Naturalrestitution begehrt wird, oder landesrechtlichen Nachbarrechtsvorschriften beansprucht werden kann. Auf der Grundlage dieserVorschriften vor den Zivilgerichten erhobene Klagen sind als unbegründet abzuweisen. Mit solchen können allerdings Vorkehrungen erstritten werden, die die benachteiligenden Wirkungen ausschließen, und, soweit solche Vorkehrungen nach dem Stand der Technik nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind, Schadensersatz verlangt werden (§ 14 S. 1, 2. Halbs.).

Entsprechende Anwendung findet die Vorschrift des § 14 BImSchG nach § 7 AtomG auch auf genehmigte atomrechtliche Anlagen, nach § 11 LuftVG auf Flugplätze, und sie wird durch die Regelung des § 30 NRG Bad.-Württ. auch auf Eisenbahn-, Schifffahrts- und ähnliche Verkehrsunternehmungen erstreckt. Vergleichbare bzw. noch weitergehende Beschränkungen enthalten auch § 75 Abs. 2 LVwVfG für Planfeststellungsverfahren und § 16 Abs. 1 u. 2 WHG für wasserrechtliche Bewilligungen und Erlaubnisse.

Soweit einer Genehmigung aber keine solche privatrechtsgestaltende Wirkung zukommt, bleibt es grundsätzlich bei der Doppelgleisigkeit des Rechtswegs.

Das bedeutet, dass der Nachbar frei wählen kann, welche Ansprüche er vor welchem Gericht geltend macht. Er kann also wegen der Verletzung privatrechtlicher Nachbarrechtsvorschriften direkt gegen den Nachbarn vor dem Zivilgericht Klage erheben oder nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens mit einer gegen die Genehmigungsbehörde gerichteten Anfechtungsklage wegen der Verletzung öffentlich-rechtlicher nachbarschützender Vorschriften vor dem Verwaltungsgericht gegen die Genehmigung vorgehen, bzw. mit einer Verpflichtungsklage Schutzansprüche auf behördliches Einschreiten geltend machen, wenn eine erforderliche Genehmigung nicht vorliegt oder ein Vorhaben genehmigungsfrei ist. Er kann aber auch bei Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Rechts vor dem Zivilgericht einen verschuldensunabhängigen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, also einen sog. quasinegatorischen Abwehranspruch analog § 1004 BGB i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB (BGH, NVwZ 2022, 898 m. w. Nw. u. ZfIR 2021, 230; OLG Dresden, Urt. v. 13.11.2018, - 6 U 1113/18 -, juris) oder wegen der Verletzung öffentlich-rechtlicher Schutzgesetze einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB geltend machen (BGH, MDR 2020, 282).

Schließlich kann der Nachbar diese grundsätzlich gleichrangig nebeneinander stehenden Rechtswege auch beide nebeneinander beschreiten. Das Rechtsschutzbedürfnis kann von keinem der beiden angerufenen Gerichte wegen der vor dem anderen Gericht erhobenen Klage verneint werden (BGH a. a. O.; OLG Dresden a. a. O.).

Auch wenn schon ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichts vorliegt, kann der Nachbar noch Klage vor einem Gericht des jeweils anderen Gerichtszweiges in Bezug auf die gleiche Beeinträchtigung erheben. Dem steht die Rechtskraft des bereits ergangenen Urteils schon deshalb nicht entgegen, weil die beiden Verfahren, auch wenn sie die gleiche Einwirkung betreffen, einen anderen Streitgegenstand haben. Denn im zivilgerichtlichen Verfahren wird der Nachbar selbst auf Beseitigung bzw. Unterlassung der Störung verklagt, während sich die vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage gegen die Behörde richtet, die eine Genehmigung erteilt hat oder wegen der Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften eingreifen soll.

Eine Ausnahme davon gilt aber zum einen dann, wenn Letztere einmal als Betreiber einer öffentlichen Einrichtung vor dem Verwaltungsgericht und gleichzeitig als Grundstückseigentümer vor dem Zivilgericht direkt auf Beseitigung bzw. Unterlassung ein und derselben Störung verklagt wird. Dann handelt es sich nämlich um denselben Streitgegenstand (BayVGH, NVwZ-RR 2004, 224; a. A. wohl Seidel Rdnr. 35).

Zum anderen gilt auch dann eine Ausnahme von der möglichen Zweigleisigkeit des Rechtswegs, wenn die beanstandete Einwirkung auf einer hoheitlichen Tätigkeit des Störers beruht. Dann ist lediglich der Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht eröffnet, und zwar auch bei schlicht hoheitlichem Handeln (VG Neustadt, Urt. v. 12.12. 2019, - 5 K 701/19.NW -, juris).

Die grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Zweigleisigkeit kann allerdings dazu führen, dass von den Zivilgerichten auch öffentlich-rechtliche Vorfragen zu entscheiden sind, wie z. B. dann, wenn ein quasinegatorischer Abwehranspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 analog i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB auf die Verletzung öffentlichrechtlicher nachbarschützender Vorschriften gestützt wird und keine Genehmigung vorliegt bzw. erforderlich ist, die für das Zivilgericht bindend wäre. Aber auch dann, wenn für die vor dem Zivilgericht eingeklagte Beseitigung einer Störung eine Genehmigung erforderlich wäre, müsste das Zivilgericht prüfen, ob deren Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt wären. Liegt jedoch eine bestandskräftige Genehmigung vor, dann entfaltet diese eine sog. Tatbestandswirkung (Legalisierungswirkung), sofern die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften, auf deren Verletzung der quasinegatorische Abwehranspruch gestützt wird, von der Behörde vor der Erteilung der Genehmigung zu prüfen waren (BGH, NJW 2022, 2400 u. NVwZ 2022, 898 m. Anm. Diehm). Das bedeutet, dass Gerichte, Behörden und Privatpersonen daran gebunden sind, selbst wenn diese rechtswidrig sein sollte. Es ist deshalb für den betroffenen Nachbarn empfehlenswert, gegen den Verwaltungsakt Widerspruch einzulegen und ggf. bei dessen Zurückweisung Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben, damit diese Tatbestandswirkung – die allerdings keinen Einfluss auf das Bestehen von Ansprüchen nach § 1004 i. V. m. § 906 BGB hat (BGH, NJW 2022, 2400) – nicht dem Erfolg einer lediglich auf dem Zivilrechtsweg erhobenen Klage entgegensteht. Solange die Bestands- bzw. Rechtsmäßigkeit der Genehmigung angegriffen, über diese aber noch nicht bestands- bzw. rechtskräftig entschieden worden ist, kann das Zivilgericht das Verfahren gem. § 148 ZPO aussetzen, bis eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist.

Werden allerdings Amtshaftungs- oder Entschädigungsansprüche wegen einer rechtswidrigen Genehmigung vor dem Zivilgericht eingeklagt, ist das Zivilgericht aber nicht an eine (lediglich) bestandskräftige Genehmigung, sondern nur an ein die Rechtmäßigkeit bestätigendes Urteil des Verwaltungsgerichts gebunden (BGH, NVwZ 2009, 132).

7. Die dargestellte grundsätzlich bestehende Doppelgleisigkeit des Rechtswegs kann zur Folge haben, dass es zu widersprüchlichen Entscheidungen kommt, wenn die jeweiligen Beeinträchtigungen Gegenstand sowohl privatrechtlicher als auch öffentlich-rechtlicher Vorschriften sind. Für den rechtssuchenden Nachbarn dürfte dies allerdings schwer nachvollziehbar sein. Deshalb sind sowohl die Rechtsprechung als auch die rechtssetzende Gewalt schon seit längerer Zeit bemüht, für eine Harmonisierung des privatrechtlichen und des öffentlich-rechtlichen Nachbarrechts Sorge zu tragen.

Dies geschieht zum einen z. B. durch eine übereinstimmende Auslegung des Begriffs der „wesentlichen Beeinträchtigung“ i. S. d. § 906 BGB und des Begriffs der „schädlichen Umwelteinwirkung“ i. S. d. §§ 3 u. 22 BImSchG durch die Rechtsprechung.

Zum anderen ist dies mit der Änderung des § 906 Abs. 1 BGB durch Gesetz vom 21.09.1994 (BGBl. I S. 2451) erfolgt, mit welcher in § 906 Abs. 1 S. 2 u. 3 eine Regelung aufgenommen wurde, die klargestellt hat, dass eine unwesentliche Beeinträchtigung in der Regel dann vorliegt, wenn die in Gesetzen, Rechtsverordnungen und in aufgrund des § 48 BImSchG erlassenen Verwaltungsvorschriften festgelegten Grenz- oder Richtwerte nicht überschritten werden.

Auch bezüglich der Frage, ob eine Einwirkung „ortsüblich“ i. S. d. § 906 Abs. 2 BGB ist, wird von der Rechtsprechung darauf abgestellt, ob eine öffentlich-rechtliche Genehmigung vorliegt. Ist dies nicht der Fall, wird sie zumindest dann nicht als ortsüblich angesehen, wenn die Genehmigungsfähigkeit nicht gegeben ist (BGH, NJW 1999, 356 u. BGH, NJW-RR 2006, 235; OLG München, Urt. v. 19.01.2009, - 19 U 3826/08 -, juris; vgl. dazu aber auch BGH, NJW 1983, 751 - Tennisplatz -, sowie Grziwotz/Saller Kap. 1 Rdnr. 108 u. Seidel Rdnr. 881–887).

Ebenso wurde die Frage, ob einem Nachbarn die Einräumung eines Notwegrechts zusteht, von der Rechtsprechung für den Fall verneint, dass die Bebauung des Grundstücks nicht genehmigt bzw. nicht genehmigungsfähig sei, weil die bauliche Nutzung desselben dann auch keine ordnungsgemäße Nutzung i. S. d. § 917 BGB sein könne (BGH, NJW 2020, 1360).

II. Grundbegriffe, insbesondere das Eigentum am Grundstück

Überblick

1. Das Nachbarrecht regelt die Rechtsverhältnisse von Personen, die Inhaber von Rechten an Grundstücken sind, welche in einer besonderen räumlichen Beziehung zueinander liegen.

Es gibt aber weder eine allgemein verbindliche Definition des Begriffs des Nachbarn bzw. der Nachbarschaft, aus der sich ergibt, welche Rechtsposition jemand an einem Grundstück innehaben muss, um Ansprüche gegenüber Rechtsinhabern an Nachbargrundstücken geltend machen zu können, noch ist generell geregelt, in welcher räumlichen Beziehung genau die Grundstücke zueinander liegen müssen, um sich gegen die von ihnen ausgehenden Einwirkungen wehren zu können.

Deshalb ist sowohl die Frage, welche Rechtsposition selbst jemand innehaben muss, um nachbarrechtliche Ansprüche geltend machen zu können, als auch die Frage, in welcher räumlichen Beziehung sich die Nachbargrundstücke zueinander befinden müssen, um damit erfolgreich zu sein, durch Auslegung der jeweils als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden gesetzlichen Regelung zu beantworten. Denn diese regeln in unterschiedlicher Weise zum einen den persönlichen Bereich der Nachbarschaft, d. h., die Frage, wer jeweils Berechtigter oder Verpflichteter eines nachbarrechtlichen Anspruchs sein kann, zum anderen aber auch, welche Grundstücke in räumlicher Hinsicht zur Nachbarschaft gehören.

Als Person, die zu den Nachbarn gehören kann, wird in nachbarrechtlichen Vorschriften z. B. der Eigentümer genannt, welchem der Erbbauberechtigte gem. § 11 Abs. 1, S. 1 ErbbauRG gleichgestellt wird, ebenso wie der Wohnungseigentümer, soweit es um sein Sondereigentum geht, und die Wohnungseigentümergemeinschaft, sofern es um ihr gemeinschaftliches Eigentum geht, gem. § 1 WEG.

Aber auch gegenüber sonstigen dinglichen Nutzungsberechtigten, wie z. B. dem Nießbraucher (Dehner - 2011 - A § 1 III S. 19; a. A. Bruns, Einleitung III 2. Rdnr. 19) und auch denjenigen, denen aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrages ein Nutzungsrecht zusteht, wie z. B. dem Mieter oder Pächter, können die nachbarrechtlichen Vorschriften – zumindest entsprechend – angewendet werden, sofern es um Beeinträchtigungen geht, die von einem anderen Grundstück ausgehen (BGH, NJW 2004, 775). Durch die §§ 861 u. 862 BGB wird zudem jeder Besitzer unabhängig davon geschützt, ob die Beeinträchtigung des Besitzes von dem gleichen oder einem fremden Grundstücks ausgeht, so dass sich auch ein Mieter mit dem Besitzschutzanspruch nach § 862 Abs. 1 BGB und dem auf diesen entsprechend anzuwendenden Maßstab des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB gegen Beeinträchtigungen wehren kann, die von einem anderen Mieter desselben Grundstücks ausgehen, sofern diese ihn nicht nur unwesentlich beeinträchtigen (BGH, NJW 2015, 2023). Aber auch in den nachbarrechtlichen Vorschriften des § 910 BGB und § 7d und §§ 23–25 NRG werden die Besitzer des Nachbargrundstücks bzw. des angrenzenden Grundstücks als Berechtigte bzw. Verpflichtete benannt.

Welche Grundstücke zum räumlichen Bereich der Nachbarschaft gehören, hängt immer davon ab, um welche Einwirkungen gestritten wird. Geht es z. B. um die Einhaltung einer Abstandsvorschrift, gehört nur das Grundstück zum räumlichen Bereich der Nachbarschaft, welches an der Seite des Grundstücks des Nachbarn angrenzt, auf welcher dieser im Grenzbereich etwas gebaut oder angepflanzt hat. Geht es hingegen um irgendwelche Immissionen i. S. d. § 906 BGB, also z. B. Geräusche oder Gerüche, gehören all diejenigen Grundstücke zur Nachbarschaft, auf welche diese Immissionen einwirken.

2. Da es sich im Nachbarrecht also meistens darum dreht, was auf dem Nachbargrundstück geschieht, ist zunächst von grundsätzlicher Bedeutung, was unter einem Grundstück zu verstehen ist.

Im Bereich des Nachbarrechts können zwei verschiedene Grundstücksbegriffe von Bedeutung sein, nämlich zum einen der Begriff des Grundstücks im (zivil-) rechtlichen Sinne, zum anderen aber auch der Grundstücksbegriff im vermessungstechnischen Sinn.

Unter dem Grundstück im Rechtssinn ist ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der auf einem besonderen Grundbuchblatt allein oder auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nummer im Verzeichnis der Grundstücke (dem sog. Bestandsverzeichnis) eingetragen ist oder jedenfalls eingetragen werden kann (Grüneberg/Herrler, Überblick zu § 873 BGB Rdnr. 1; Keller/Munzig, KEHE, Grundbuchrecht, § 2 Abs. 2 S. 1 Rdnr. 4).

Ein Grundstück im vermessungstechnischen Sinn ist das sog. Flurstück, also die buchungstechnische Einheit des Katasters, die auch Parzelle genannt wird. Darunter ist ein Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der von einer in sich zurücklaufenden Linie umschlossen und im amtlichen Verzeichnis der Grundstücke i. S. d. § 2 GBO (Flurkarte des Liegenschaftskatasters) unter einer besonderen Nummer geführt wird (Grüneberg/Herrler a. a. O.).

Ein Grundstück im Rechtssinn kann aus mehreren Flurstücken bestehen, aber ein Flurstück kann nicht mehrere Grundstücke im Rechtssinn umfassen.

3. Das Eigentum i. S. d. § 903 BGB ist die Befugnis, mit einer Sache, also auch mit einem Grundstück, nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen.

Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich gem. § 905 BGB aber nicht nur auf die Erdoberfläche, sondern auch auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter dieser Fläche (siehe dazu Erl. Abschn. II zu § 905 BGB S. 30). Es ist also eigentlich ein Körper, dessen Spitze theoretisch mit dem Mittelpunkt der Erde zusammenfällt.

Das Eigentum am Grundstück erstreckt sich aber auch auf dessen wesentliche Bestandteile. Wesentliche Bestandteile einer Sache sind gem. § 93 BGB solche, die nicht voneinander getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird, und deshalb nach dieser Vorschrift nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können.

Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören nach § 94 BGB die mit dem Grundstück fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, aber auch andere größere Bauwerke (BGH, NJW 2015, 2489) und die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Nach S. 2 dieser Vorschrift werden auch Samen mit dem Aussäen und Pflanzen mit dem Einpflanzen zu wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks.

Nach § 95 BGB gehören aber solche mit dem Grundstück verbundenen Sachen dann nicht zu den wesentlichen Bestandteilen, wenn sie nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden sind (sog. Scheinbestandteile), wie z. B. Hopfenstangen oder ein ohne feste Verbindung auf den Boden gestellter Schuppen oder Kaninchenstall, und zum Verkauf bestimmte Pflanzen (Grüneberg/Ellenberger § 95 Rdnr. 3; OLG Hamm, VersR 1993, 707). Teilweise wird jedoch in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass dies dann nicht gilt, wenn ein Mieter im Garten des Mietobjekts Gehölze einpflanzt, die dort auf unbestimmte Zeit stehen sollen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 160), bzw., wenn es sich um nicht mehr umpflanzbare Bäume oder Sträucher handelt (LG Görlitz, Urt. v. 22.09.2004, - 2 S 39/04 -, juris; a. A. aber möglicherweise BGH, NJW 1996, 916, nach dessen Ansicht eine Vermutung dafür spricht, dass es nur zu einem vorübergehenden Zweck geschieht, wenn ein Mieter oder Pächter Sachen mit dem Grund und Boden verbindet).

Nicht zu den wesentlichen, sondern zu den einfachen Bestandteilen zählen hingegen Flächen eines Grundstücks, denn durch Teilung oder Abtrennung wird ihr Wesen als Grundstück nicht verändert (Grüneberg/Ellenberger § 93 BGB Rdnr. 3 m. w. Nw.).

Aber auch ein Gebäude, welches in Ausübung eines dinglichen Rechts mit dem Grundstück verbunden wurde, gehört nach § 95 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zu den wesentlichen Bestandteilen desselben. Solche Rechte, aufgrund derer die Errichtung eines Gebäudes auf einem (fremden) Grundstück erfolgen kann, können z. B. die Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB), der Nießbrauch (§ 1030 BGB) und das Erbbaurecht (§ 1 ErbbauRG) sein.

Das Gleiche gilt auch für einen sog. entschuldigten rechtswidrigen Überbau i. S. d. § 912 Abs. 1 BGB, also ein Gebäude oder ein anderes größeres Bauwerk (zu Letzterem vgl. BGH, NJW 2015, 2489), welches der Nachbar bei Errichtung über die Grenze gebaut hat, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Muss der Grundstückseigentümer diesen Überbau gem. § 912 Abs. 1 BGB dulden, weil er der Grenzüberschreitung nicht sofort widersprochen hat, unterliegt der hinübergebaute Gebäudeteil nicht der in § 94 Abs. 1, § 946 BGB enthaltenen Grundregel, dass der Duldungspflichtige Eigentümer ist; vielmehr tritt entsprechend § 95 Abs. 1 S. 2 BGB die Wirkung ein, dass der Gebäudeteil als Scheinbestandteil des überbauten Grundstücks gem. § 93, § 94 Abs. 2 BGB wesentlicher Bestandteil des Grundstücks bleibt, von welchem aus übergebaut wurde (so BGH, NJW-RR 2014, 973 m. w. Nw.).

Anders ist es aber bei einem unentschuldigten Überbau. Bei diesem gilt der übergebaute Gebäudeteil vielmehr nach § 94 Abs. 1 BGB als wesentlicher Bestandteil des überbauten Grundstücks und das Eigentum an dem Gebäude wird auf der Grenzlinie des Grundstücks vertikal („lotgerecht“) geteilt (BGH a. a. O., m. w. Nw.), was zur Folge hat, dass jedem Grundstückseigentümer derjenige Teil der Grenzeinrichtung gehört, der sich auf seinem Grundstück befindet (BGH a. a. O., m. w. Nw.)

Nur bei der sog. Kommunmauer, also der auf der Grenze errichteten und gemeinsam genutzten Giebelmauer, entsteht hälftiges Miteigentum, sobald der Anbau erfolgt ist, und zwar unabhängig davon, ob davor von einem entschuldigten oder unentschuldigten Überbau auszugehen war (BGH a. a. O., m. w. Nw.; s. dazu auch Erl. Abschn. III S. 41).

4. Das Eigentum an einem Grundstück kann erworben werden

durch Rechtsgeschäft (z. B. Kauf, Tausch, Erbauseinandersetzungsvertrag) nach §§ 873 und 925 BGB; erforderlich ist die Einigung des Veräußerers und des Erwerbers über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch; die Einigung (Auflassung) muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Parteien vor dem Notar erklärt werden. Die rechtsgeschäftliche Veräußerung land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke bedarf außerdem im Allgemeinen der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (§ 2),

kraft Gesetzes, z. B. durch Erbfolge (§§ 1922, 2139 BGB) oder Eintritt der Gütergemeinschaft (§ 1416 BGB);

durch Staatsakt, z. B. durch Zuschlag bei der Zwangsversteigerung, durch Enteignung oder aufgrund des Flurbereinigungsplans nach dem Flurbereinigungsgesetz.

Zum Eigentumserwerb kraft Gesetzes oder durch Staatsakt ist die Grundbucheintragung nicht erforderlich. Das Grundbuch wird nach erfolgtem Eigentumsübergang lediglich berichtigt (BFH, BB 2020, 494–496).

5. Das BGB kennt verschiedene Arten von Eigentum.

Beim Alleineigentum steht das Recht einer einzigen Person zu (§ 903 BGB). Demgegenüber steht beim Miteigentum nach Bruchteilen (§ 1008, 741ff BGB) jedem Miteigentümer ein ideeller Bruchteil an der Sache zu, über den er unabhängig von den anderen Bruchteilseigentümern verfügen kann; über die Sache im Ganzen können aber nur alle gemeinschaftlich verfügen (§ 747 BGB). Gegenüber Dritten kann jeder Miteigentümer die Eigentumsrechte (z. B. §§ 985, 1004) in Bezug auf die ganze Sache geltend machen, die Herausgabe der Sache kann er jedoch nur an alle gemeinschaftlich verlangen (§ 1011 BGB). Beim Gesamteigentum gehört das Vermögen einer Gemeinschaft zur gesamten Hand, das kann eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sein (GbR, § 718 BGB), ein nicht rechtsfähiger Verein (§ 54 BGB), eine eheliche Gütergemeinschaft (§§ 1415ff BGB), eine OHG oder KG (§§ 105ff, 161 ff HGB) oder auch eine Miteigentümergemeinschaft vor der Auseinandersetzung (§ 2032 BGB). Das Vermögen der Gesamthandsgemeinschaft ist ein Sondervermögen, das allen Gesamthändern gemeinschaftlich gehört, und die Mitglieder der Gesamthandsgemeinschaft können deshalb auch nur gemeinsam über den Bestand oder Bestandteile dieses Sondervermögens verfügen.

Gesamthandseigentum kann allerdings nicht rechtsgeschäftlich erworben werden.

Wohnungseigentum ist der Oberbegriff für das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 Abs. 2 WEG).

6. Wird das Eigentum durch Nachbarn beeinträchtigt, kann der Eigentümer je nach Art der Beeinträchtigung verschiedene privatrechtliche Ansprüche geltend machen, aufgrund derer er entweder die Beeinträchtigung abwehren oder Schadensersatz verlangen kann.

Gegen die widerrechtliche Entziehung, Vorenthaltung oder sonstige Beeinträchtigung des Besitzes kann der Eigentümer gem. §§ 985, 1004 – aber auch der bloße rechtmäßige Besitzer aufgrund der §§ 861, 862 BGB – sog. Besitzschutzansprüche geltend machen, also die (Wieder-)Einräumung des Besitzes bzw. die Beseitigung der Besitzstörung verlangen.

Gegen alle anderen wesentlichen Beeinträchtigungen seines Eigentums, z. B. solche, die durch Immissionen i. S. d. § 906 Abs. 1 BGB oder durch sog. Grobimmissionen erfolgen, kann dem Eigentümer ein (negatorischer) Abwehranspruch zustehen, den er mit einer Eigentumsfreiheitsklage nach § 1004 BGB geltend machen kann. Mit einer solchen Klage kann er, wenn die Beeinträchtigung bereits eingetreten ist, deren Beseitigung verlangen (§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB) oder deren Unterlassung geltend machen, falls (weitere) Beeinträchtigungen zu besorgen sind (§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB).

Nach § 1004 Abs. 2 BGB sind diese Ansprüche allerdings dann ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung der Einwirkungen auf sein Grundstück verpflichtet ist. Das ist bei unwesentlichen Einwirkungen i. S. d. § 906 Abs. 1 BGB, aber nach § 906 Abs. 2 S. 1 auch bei wesentlichen Einwirkungen der Fall, wenn diese ortsüblich sind und nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die wirtschaftlich zumutbar sind (vgl. Abschn. IV, Erl. zu § 906 BGB, S. 56).

In diesem Fall steht dem geschädigten Nachbarn ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zu, wenn die Einwirkung die ortsübliche Nutzung seines Grundstücks verhindert oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt. Dieser Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ist allerdings gegenüber dem Abwehranspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB subsidiär, d. h., er kann nur dann geltend gemacht werden, wenn der Geschädigte die Beseitigung oder Unterlassung der Beeinträchtigung nicht verlangen kann.

Dieser Subsidiaritätsgrundsatz gilt allerdings dann nicht, wenn der Eigentümer, der eine Einwirkung zwar eigentlich nicht dulden müsste, aus besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen aber daran gehindert war, die Einwirkung gem. § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden. In diesem Fall kann ihm nach der Rechtsprechung ebenfalls ein verschuldensunabhängiger sog. nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch oder bürgerrechtlicher Aufopferungsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zustehen (BGH, NJW 1999, 289).

Wird das Eigentum, der Besitz oder ein sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB, also z. B. das Leben oder die Gesundheit durch einen Nachbarn rechtswidrig und schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig i. S. d. § 276 BGB, verletzt, steht dem Geschädigten ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB zu, aufgrund dessen er gem. § 249 Abs. 1 BGB entweder Naturalrestitution (also Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands) oder gem. § 249 Abs. 2 BGB den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen kann.

Aber auch dann, wenn ein Nachbar schuldhaft ein sog. Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB verletzt, kann dem Geschädigten ein Schadensersatzanspruch zustehen. Als Schutzgesetze i. S. d. Vorschrift kommen z. B. Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes, nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts, aber auch § 906 BGB und § 1004 BGB in Betracht, also Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind.

Befugnisse des Eigentümers

§ 903 BGB

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

Vgl. zunächst Abschnitt II Übbl. Ziff. 1 bis 6.

Die Vorschrift räumt dem Eigentümer die Herrschaftsmacht über eine Sache ein, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Diese Einschränkung ist nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, wonach Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetze bestimmt werden, zulässig. Die durch § 903 BGB eingeräumte Herrschaftsmacht verleiht dem Eigentümer im positiven Sinne die Befugnis, rechtlich, z. B. durch Veräußerung oder Belastung, oder tatsächlich, z. B. durch Bebauung oder Bepflanzung, über die Sache, also auch sein Grundstück, nach Belieben zu verfahren. Im negativen Sinne räumt sie ihm die Befugnis ein, andere von jeder Einwirkung auszuschließen, z. B. ihnen das Betreten seines Grundstücks oder dessen Nutzung zu untersagen.

Als gesetzliche Regelungen, die diese Befugnisse einschränken können, kommen z. B. öffentlich-rechtliche Vorschriften aus dem Bauplanungsrecht, dem Naturschutzrecht oder dem Verkehrsrecht in Betracht.

Gesetzliche Einschränkungen der Herrschaftsmacht des Eigentümers können aber auch durch zivilrechtliche Vorschriften erfolgen. Als solche kommen vor allem Vorschriften des BGB, wie z. B. § 904, §§ 906, 917, aber auch das auf der Grundlage des in § 242 BGB geregelten Grundsatzes von Treu und Glauben entwickelte Rechtsinstitut des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses (vgl. dazu Abschn. I Ziff. 4 S. 17), und das in § 226 BGB geregelte Schikaneverbot (s. dazu Erl. zu § 226 S. 33) in Betracht. Die Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes Baden-Württemberg enthalten ebenfalls solche Einschränkungen (z. B. die Abstandsregelungen der §§ 11ff).

Aber auch individuelle Rechte Dritter können den Befugnissen, die dem Eigentümer durch § 903 grundsätzlich eingeräumt werden, entgegenstehen, wie z. B. das durch schuldrechtliche Verträge eingeräumte Miet- oder Pachtrecht oder beschränkte dingliche Rechte, die im Grundbuch eingetragen werden und das Eigentum unmittelbar einschränken. Als solche kommen z. B. die Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) und der Nießbrauch (§ 1030 BGB) in Betracht.

Vor allem die Grunddienstbarkeit ist im Verhältnis zwischen Nachbarn von Bedeutung.

Durch sie wird das dienende Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundstücks dahingehend belastet, dass dieser das Grundstück in gewisser Weise benutzen darf, oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen, oder dass die Ausübung eines Rechts dem anderen gegenüber ausgeschlossen ist (§§ 1018–1029 BGB). Sie schafft gewissermaßen ein Rechtsverhältnis zwischen zwei Grundstücken und berechtigt bzw. verpflichtet jeden künftigen Eigentümer der Grundstücke. Inhalt einer Grunddienstbarkeit können z. B. Wege- und Fahrrechte, Wasserentnahmerechte, Weiderechte, aber auch Bauverbote oder der Verzicht auf die Geltendmachung bestimmter Abwehransprüche sein. Allerdings ist der Berechtigte verpflichtet, das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks bei der Ausübung der Grunddienstbarkeit tunlichst zu schonen und eine in Ausübung der Grunddienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück errichteten Anlage in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers das erfordert (§ 1020 BGB).

Aber auch der Nießbrauch ist von Bedeutung, weil er dem Berechtigten das Recht einräumt, anstelle des Eigentümers die Nutzungen aus einem Grundstück zu ziehen (§ 1030 BGB).

Notstand

§ 904 BGB

Der Eigentümer einer Sache ist nicht berechtigt, die Einwirkung eines anderen auf die Sache zu verbieten, wenn die Einwirkung zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig und der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist. Der Eigentümer kann Ersatz des ihm entstehenden Schadens verlangen.

Die Regelung des § 904 BGB schränkt die Befugnis des Eigentümers einer Sache, Einwirkungen auf diese zu verbieten, ein, falls eine Einwirkung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für den Einwirkenden oder einen Dritten erforderlich ist; sog. Notstandsangriff. Anders als bei der in § 228 BGB geregelten Notstandsverteidigung geht die Gefahr in dem in § 904 geregelten Fall nicht von der Sache aus, die im Notstand beschädigt oder vernichtet wird. Dennoch ist eine Einwirkung auf diese gestattet, wenn der ohne diese Einwirkung drohende Schaden im Verhältnis zu dem an der Sache entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist; Beispiel: Ein Kraftfahrer fährt absichtlich gegen einen Zaun, um einen Personenunfall zu vermeiden; ein Streifen Wald wird abgeholzt, um die Ausbreitung eines Waldbrandes zu verhindern.

Dem zur Duldung der Einwirkung Verpflichteten steht jedoch gem. § 904 S. 2 BGB ein Anspruch auf Ersatz des ihm durch die Einwirkung entstandenen Schadens zu. Der Anspruch richtet sich gegen den Handelnden, der seinerseits wieder einen Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Dritten hat, wenn er zu dessen Gunsten gehandelt hat.

Begrenzung des Eigentums

§ 905 BGB

Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat.

Die Vorschrift definiert den räumlichen Bereich, auf welchen sich die in § 903 BGB konkretisierte Herrschaftsmacht des Eigentümers eines Grundstückeigentümers erstreckt, nämlich auf den Raum über und auf den Erdkörper unter dessen Oberfläche. Zugleich schränkt sie das ihm durch § 903 S. 1 BGB eingeräumte – und sich somit auch auf diese räumlichen Bereiche erstreckende – Verbietungsrecht dadurch ein, dass sie ihm eine Duldungspflicht für Einwirkungen auferlegt, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an deren Ausschließung kein Interesse hat (§ 905 S. 2).

Aber nicht nur durch § 905 S. 2 BGB werden die sich auf diese räumlich definierten Bereiche erstreckenden Eigentümerbefugnisse eingeschränkt, sondern – wie bereits in § 903 S. 1 BGB ausgesprochen – auch durch sich speziell auf diese beziehende gesetzliche Vorschriften und Rechte Dritter, die eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG beinhalten.

So regelt z. B. § 4 Abs. 2 WHG, dass Wasser eines fließenden oberirdischen Gewässers und Grundwasser nicht eigentumsfähig sind. Das Eigentum an allen anderen oberirdischen Gewässern und am Bett von Gewässern sowie deren Gebrauch wird durch die Vorschriften der §§ 3–6 WG Bad.-Württ. geregelt. Diese stehen je nach Art und Bedeutung entweder im öffentlichen oder privaten Eigentum.

Was das Eigentum an Bodenschätzen angeht, regelt § 3 BBergG, dass die sog. grundeigenen Bodenschätze, die in § 3 Abs. 4 BBergG einzeln aufgezählt werden, im Eigentum des Grundstückseigentümers stehen (Abs. 2 S. 1), das Eigentum an einem Grundstück sich aber nicht auf die in § 3 Abs. 3 aufgeführten bergfreien Bodenschätze erstreckt. Wer diese aufsuchen will, bedarf der Erlaubnis nach § 7, wer sie gewinnen will, bedarf der Bewilligung i. S. d. § 8 oder des Bergwerkeigentums i. S. d. § 9 BBergG.

Auch an dem sog. Schatzfund i. S. d. § 984 BGB und dem sog. Schatzregal i. S. d. § 23 DschG steht das Eigentum nicht uneingeschränkt dem Grundstückseigentümer zu.

Gesetzliche Duldungspflichten erlegt dem Grundstückseigentümer z. B. § 76 Telekommunikationsgesetz unter bestimmten Voraussetzungen für den Betrieb von Telekommunikationslinien auf seinem Grundstück auf, sowie für den Anschluss der auf seinem Grundstück befindlichen Gebäude an öffentliche digitale Hochgeschwindigkeitsnetze und öffentliche Telekommunikationsnetze der nächsten Generation.

Auch auf Grundlage des Wasserhaushaltsgesetzes können Duldungspflichten für den Grundeigentümer begründet werden. So kann z. B. nach dessen § 93 die zuständige Wasserbehörde Eigentümer (und Nutzungsberechtigte) von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. Dies gilt aber nur, soweit das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist (§ 93 S. 2 i. V. m. § 92 Abs. 2). Erforderlich i. S. d. Vorschrift ist eine solche Duldungsverfügung aber nur, wenn es dem Begünstigten trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen ist, sich mit dem Eigentümer über das Durchleitungsrecht vertraglich zu einigen (VGH B-W, NVwZ-RR 2014, 263), denn die Regelung des § 93 WHG schließt ein privates Notleitungsrecht nicht aus (BGH, NVwZ 2008, 1150; zum Notleitungsrecht vgl. Erl. Abschn. IV zu §§ 917, 918 S. 74 u. Abschn. VI zu § 7f S. 116).

Im Übrigen ist die ordnungsgemäße Nutzung des Luftraums über einem Grundstück gem. § 1 LuftVG durch die dort aufgezählten Luftfahrzeuge frei (vgl. dazu LG Essen, Urt. v. 18.08.2017, - 16 O 302/16 -, Rdnr. 34, m. w. Nw., juris).

Der Eigentümer hat gem. § 126 Abs. 1 Ziff. 1 u. 2 BauGB auch Straßenbeleuchtungskörper einschließlich Zubehör und die dafür erforderlichen Halterungen und Leitungen sowie Kennzeichen und Hinweisschilder für Erschließungsanlagen auf seinem Grundstück zu dulden.

Das Gleiche gilt gem. § 32 Abs. 1 Ziff. 2 PBefG für Signale, Haltestellen und die dazugehörigen Leitungen für den Personenbeförderungsverkehr i. S. d. §§ 1, 4 PBefG.

Schließlich begründen § 912 BGB und §§ 7b und 7c NRG Bad.-Württ. unter bestimmten Voraussetzungen auch Duldungspflichten für einen Überbau und § 7d NRG Bad.-Württ. für die Benutzung eines Grundstücks durch den Nachbarn zur Ausübung des sog. Hammerschlags- und Leiterrechts (vgl. dazu Erl. Abschn. VI S. 139).

Das Verbietungsrecht des Grundeigentümers wird aber nicht nur durch solche speziellen gesetzlichen Regelungen eingeschränkt, sondern auch durch die allgemein gefasste Regelung des § 905 S. 2 BGB, wonach der Eigentümer sämtliche Einwirkungen nicht verbieten kann, die in einer solchen Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an deren Ausschließung kein Interesse hat.

Die Frage, ob der Eigentümer ein schutzwürdiges Interesse an der Verbietung hat, ist allerdings nicht nach abstrakten Grundsätzen, sondern den jeweiligen konkreten Verhältnissen zu beurteilen. Es braucht kein vermögensrechtliches Interesse zu sein, es kann sich auch um ein rein ästhetisches Interesse handeln oder auch ein lediglich zukünftiges Interesse sein. Es muss sich allerdings auch auf eine Beziehung zur Benutzung des Grundstücks gründen (vgl. BGH, MDR 1981, 566 m. w. Nw., u. NJW 1994, 999).

Dementsprechend wurde durch die Rechtsprechung z. B. ein schutzwürdiges Ausschließungsinteresse bejaht bezüglich

– der Verlegung von Fernmeldekabeln in einer Tiefe von 2 oder 2,3 m unter der Erdoberfläche, weil Versorgungsleitungen in einer solchen Tiefe grundsätzlich die bauliche Ausnutzbarkeit eines großen innerstädtischen Grundstücks berühren (BGH, NJW 1994, 999),

– einer 3 m unter der Oberfläche eines fremden Hauses verlegten Abwasserleitung zum öffentlichen Kanal (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1991, 403),

– der Untertunnelung eines Grundstücks mit einem U-Bahn-Tunnel, dessen Oberkante sich in einer Tiefe von 13 m befindet (BGH, NJW 1982, 2179 Rdnr. 20),

– dem Überschwenken eines Lasten transportierenden Baukrans in einer Höhe von 23 bzw. 25 m Höhe (OLG Frankfurt, MDR 2011, 844 und OLG Düsseldorf, NZM 2007, 582),

aber verneint bezüglich

– eines in einer Tiefe von mehr als 4 m unter einem Wirtschaftsweg verlegten Stromkabels (LG Köln, Urt. v. 06.08.2013, - 5 O 221/13 -, juris).

– der Untertunnelung eines dem Eigentümer gehörenden Feldweges in einer Tiefe von 15–20 m zur Ermöglichung der Erweiterung eines Steinbruchbetriebes (LG Stuttgart, Urt. v. 23.12.1987, - 15 O 264/87 -, juris).

Die Beweislast dafür, dass die Umstände, die der Eigentümer der Geltendmachung seines Verbietungsrechts zu Grunde legt, nicht bestehen, trägt der Einwirkende (BGH, NJW 1981, 573).

Steht dem Eigentümer ein Verbietungsrecht zu, kann er nach § 1004 BGB – ebenso wie der Besitzer nach § 862 BGB – einen Unterlassungsanspruch geltend machen.

Schikaneverbot

§ 226 BGB

Die Ausübung eines Rechtes ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.

Auch die Ausübung der in § 903 BGB geregelten Herrschaftsbefugnisse des Eigentümers wird, wie die aller anderen privaten Rechte, durch das in § 226 BGB ausgesprochene Schikaneverbot eingeschränkt.

Zwar ist die Ausübung eines Rechts nicht schon deshalb unerlaubt, weil dadurch ein anderer Schaden erleidet. Wenn sich die Ausübung aber als ein Verstoß gegen den unser Rechtsleben beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben darstellt und objektiv betrachtet nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen, so ist das eine unzulässige Schikane. Die Beweislast hierfür obliegt demjenigen, der sich auf das Schikaneverbot beruft. Da es meist nicht ausgeschlossen sein wird, dass für die Handlung des anderen auch ein wirtschaftlicher oder persönlicher Zweck vorliegen kann, ist der Anwendungsbereich der Vorschrift verhältnismäßig eng. Die Errichtung einer Mauer im vorgeschriebenen Grenzabstand z. B. wird vom Nachbarn kaum als schikanös angesehen werden können, auch wenn ihm dadurch Licht und Aussicht entzogen werden (vgl. dazu z. B. LG Freiburg, Urt. v. 05.02.2019, - 3 S 197/18 -, juris, zur Umgestaltung einer zunächst unzulässigen Mauer in ein Gebäude durch einen bis zur Nachbargrenze reichenden Anbau).

Wenn ein Eigentümer es aber duldet, dass die Allgemeinheit sein Grundstück als Teil eines Weges nutzt, so kann der Ausschluss eines Einzelnen gegen das Schikaneverbot verstoßen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 162).

Aber auch die Errichtung eines Tores an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stellt dann eine bloße Schikane dar, wenn sie allein dazu dienen kann, die Ausübung eines Geh- und Fahrrechtes zu erschweren (Saarl. OLG, NRW-RR, 2020, 141).

III. Grenzverhältnisse

Überblick

1. Die Frage, wo genau die Grenze zwischen zwei Grundstücken verläuft, kann Anlass für vielerlei Nachbarschaftsstreitigkeiten sein, z. B. solche, bei denen es um einen Überbau, eine Grenzbebauung oder die Einhaltung von Grenzabständen von Einfriedigungen oder Pflanzen geht. Aber auch in Bezug auf das Recht und die Art der Benutzung sowie die Unterhaltung einer Grenzeinrichtung kann es zu Streitigkeiten zwischen den Eigentümern aneinander grenzender Grundstücken kommen, wenn der Verlauf der Grenze streitig und deshalb unklar ist, ob es sich überhaupt um eine Grenzanlage i. S. d. § 921 BGB handelt. Nicht zuletzt können Streitigkeiten entstehen, wenn ein Baum direkt auf der Grenze steht.

2. Deshalb ist es für den Rechtsfrieden von besonderer Bedeutung, dass die Grenzen eines Grundstücks mit bindender Wirkung öffentlich-rechtlich festgestellt und ggf. auch durch Anbringung von entsprechenden Grenzzeichen in der Örtlichkeit kenntlich gemacht werden können.

Diese Aufgabe obliegt der Vermessungsverwaltung, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 VermG für die Führung des Liegenschaftskatasters und nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 VermG für die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen einschließlich der Abmarkung von Flurstücksgrenzen zuständig ist.

Das Liegenschaftskataster ist gem. § 4 VermG das amtliche Verzeichnis der Grundstücke im Sinne von § 2 Abs. 2 GBO und gibt über die tatsächlichen Verhältnisse des Grundstücks Auskunft. Der Grenzverlauf kann danach in aller Regel über die in Spalte 3b des Bestandsverzeichnisses des Grundbuches eingetragene Parzellennummer in Verbindung mit der Katasterkarte erschlossen werden.

Das Grundbuch ist jedoch zugleich der Spiegel der privaten dinglichen Rechtsverhältnisse.

§ 891 Abs. 1 BGB knüpft die Vermutung der Richtigkeit an die Grundbucheintragung an, weshalb sich die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs auch auf den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf erstreckt (BGH, NJW-RR 2017, 1162 und NJW-RR 2006, 662 Rdnr. 8).

3. Diese Verknüpfung der sich aus dem Grundbuch ergebenden dinglichen Rechte und dem Liegenschaftskataster, dessen Führung eine öffentlich-rechtliche Aufgabe ist, hat zur Folge, dass Streitigkeiten über den Verlauf von Grundstücksgrenzen häufig nicht allein mittels zivilrechtlicher Klagen auf der Grundlage der §§ 919, 921 und 923 BGB geklärt werden können, welche ja der Herstellung des Rechtsfriedens zwischen Grundstücksnachbarn durch Regelungen bezüglich der Grenzzeichen und der Benutzung von Grenzeinrichtungen bzw. Grenzbäumen dienen sollen.

Denn der privatrechtliche Anspruch nach § 919 BGB setzt voraus, dass der Grenzverlauf unstreitig ist und beinhaltet nur den Anspruch auf Mitwirkung des Nachbarn bei der Abmarkung, unter welcher nach § 919 Abs. 1 BGB die Errichtung fester Grenzzeichen oder die Wiederherstellung von verrückten Grenzzeichen zu verstehen ist.

Bei der Abmarkung i. S. des öffentlichen Rechts, also der Kenntlichmachung der Flurstücksgrenzen mit Grenzzeichen (§ 6 Abs. 1 VermG), und der dieser vorausgehenden Grenzfeststellung, also der Vermessung für die Übertragung der Festlegung der Grundstücksgrenzen im Liegenschaftskataster in die Örtlichkeit (§ 5 Abs. 3 VermG), handelt es sich aber um einen feststellenden Verwaltungsakt (VG Sigmaringen, Urt. v. 16.11.2013, - 4 K 1685/10 - n. v., u. VG München, Urt. v. 25.10.2017, - M 23 K 17.589 -, juris, Rdnr. 18), dessen Einzelfallregelung darin besteht, dass der abgemarkte Grenzpunkt die katastertechnisch ermittelte Grenze dauerhaft sichtbar wiedergibt (so Kriesten, B II c 1 u. B II d 2, unter Berufung auf VG Düsseldorf, Urt. v. 19.11.2009, - 4 K 8330/08 -, juris).

Seit der Neuregelung des Vermessungsgesetzes Bad.-Württ. vom 10.12.2010 besteht für die Vermessungsbehörden eine Abmarkungspflicht gem. § 6 Abs. 3 S. 2 allerdings nur noch dann, wenn ein sog. Abmarkungsmangel i. S. d. § Abs. 4 VermG vorliegt, also dann, wenn sich Grenzzeichen nicht mehr in der richtigen Lage befinden. Nach § 6 Abs. 1 Halbs. 2 VermG ist für die Durchführung einer Abmarkung jedoch der bloße Antrag