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Was passiert, wenn die Polizei ein besetztes Haus räumt? Ein Zahn fliegt auf die Straße! Unter diesen seltsamen Umständen begegnen sich Menschen, so unterschiedlich wie die Bremer Stadtmusikanten. Sie verbünden sich, jeder bringt das ein, was er kann, und so entwickelt sich ein hinreißend komisches Roadmovie zwischen Buchdeckeln – drei Außenseiter gehen auf die Suche nach Gerechtigkeit. Dabei landen sie in der Villa des Industriellen, der den Zahn bezahlen soll. Denn schließlich gehört ihm das geräumte Haus ... dann geht alles sehr schnell, und dann kommt alles ganz anders.
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Seitenzahl: 390
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Günter
Neuwirth
Das Nadelöhr
Roman
IMPRESSUM
ISBN 9783990400364
© 2013 by Styria premium
in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG
Wien · Graz · Klagenfurt
Bücher aus der Verlagsgruppe Styria gibt es in jeder Buchhandlung und im Online-Shop
Lektorat: Reinhard Deutsch
Covergestaltung: Bruno Wegscheider
Layout: Anna Caterina Wegscheider
Coverfoto:123rf.com/pixelery
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
Alle Rechte vorbehalten
Cover
Titel
Impressum
Danksagung
Zitat
Oktober, Wien
Mai, Rappotenstein
Weitere Bücher
Dank an meinen Freund und Weggefährten Mathis Zojer, der mich freundlicherweise mit Mona und Konrad bekannt gemacht hat.
„Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“
Jesus von Nazareth,
aramäischer Wanderprediger (ca. 4v.Chr. bis ca. 31
„Lass mich los!“
Er ließ nicht los.
„Hilfe! Der Kerl fasst mich! Schleich dich!“
Der Mann packte Monas zweite Hand, klemmte beide Hände unter seine Achseln. Wie ein Schraubstock. Mona wand sich, warf sich gegen seine Brust, trat gegen sein Schienbein, traf aber nicht. Er war stärker, schneller und entschlossener, und er wollte ans Ziel kommen. „Wehr dich nicht, Pupperl, sonst hast am Ende nur blaue Flecken.“
Er packte nun auch Monas Bein.
„Hilfe! Ich werde vergewaltigt! Hilfe!“
„Schrei mir nicht ins Ohr, sonst werd ich grantig auch noch.“
Der untersetzte, breitschultrige Mann tauchte unter Mona und hob sie mühelos hoch. Sie strampelte, hatte aber gegen seine Kraft keine Chance.
„Geh, Werner, mach keine blöden Scherze. Wir tragen das Luder zu zweit. Hast ja gehört, was der Chef gesagt hat. Keine Verletzten heute.“
Der Polizist verzog das Gesicht und stellte Mona, ohne ihre Hände loszulassen, auf die Beine.
„So, Fräulein, jetzt kein Theater mehr. Ab die Post, raus hier“, sagte der zweite Polizist und kratzte seinen kurz gestutzten Vollbart. Mona nutzte die Chance, noch ehe sie denken konnte. Ihr Knie fuhr mit vollem Schwung dem Mann zwischen die Beine. Er ächzte, schnappte nach Luft, sah Kassiopeia, die Jungfrau und beide Magellanschen Wolken an der Decke der Wohnung des zur Räumung befohlenen Abbruchhauses, zweiter Stock, letzte Tür. Auch er handelte schneller, als er denken konnte. Seine Faust fuhr aus, eine Lokomotive auf Schienen, in der Abendsonne funkelndes Olympiagold im Hammerwerfen. Die Faust traf Monas Wange, sie wurde durch das Zimmer geschleudert, knallte gegen den Türstock und ging zu Boden.
„Du bist doch so ein Volltrottel, Werner!“ keifte der zweite, ältere Polizist. „Jetzt schau dir die Sauerei an. Hat es nicht geheißen: Keine Verletzten?“
Der jüngere Polizist lehnte sich gegen die Wand, drückte die Hände in die Hüften und knurrte mit schmerzverzerrtem Gesicht.
„Sie hat angefangen, verdammt noch mal! Mitten in die Familienplanung. Lach nicht, du Wappler, ist echt nicht lustig.“
///
Der alte Mann schob sich an der Häuserwand näher an die auf der Fahrbahn stehenden Mannschaftswagen und die vor ihnen aufgereihte Schar Uniformierter heran. Er raffte seine Plastiksäcke mit all seinem Hab und Gut, kaute mit seinen schadhaften Zähnen auf den Lippen. Und er hob sich auf die Zehenspitzen, versuchte zu spähen, etwas zu erhaschen, einen Einblick oder wenigstens einen Eindruck zu gewinnen. Er verstand. Das leerstehende Haus, verfallen seit knapp zwei Jahren, war auch ihm vor einiger Zeit eine gern aufgesuchte Unterkunft für manche regnerische Nacht gewesen und hatte ihm dieses Viertel inmitten des dicht verbauten Wohnsektors der Stadt zu einem temporären Wohnort gemacht, so lange, bis das junge Volk gekommen war, bis die Burschen und Mädchen mit ihren Lumpengewändern, ihren blechgeschmückten Gesichtern und ihren Hunden gekommen waren und ihn, der die Stille inmitten des besinnungslos tosenden Stadtgetümmels seit jeher liebte, vertrieben und ihn nach einer anderen Bleibe in den Schatten der Wohntürme hatte suchen lassen. Vor diesem Haus also versammelte sich ein Großaufgebot der Polizei und schritt zur Tat. Welcher Tat? Was ging hier vor?
Der Mann lauschte um sich, fing die Kakophonie der Stimmen und Meinungen der Schaulustigen ein und destillierte alsbald aus dem Gewirr den Grund der polizeilichen Aktivitäten. Räumung. Delogierung. Entfernung der illegalen Bewohner. Vollzug der Gesetze des Landes. Wiederherstellung der sozialen Ordnung. Entfernung der dreißig oder vierzig jungen Leute, denen diese Gesellschaft keine Anreize oder Ankerpunkte für wohlgefälliges Gebaren eröffnet hatte, oder die, je nach Lesart, arbeitsscheues, lichtscheues, konformitätsscheues Gesindel waren und die die Härte der Gesetze zu spüren jeden Tag auf das Neue Anlass gaben.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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