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Der 2. Fall der Hauptkommissarin und Chefin der Mordkommission Fürstenfeldbruck, ist insofern schwierig, da sie es mit vielen verdächtigen Personen zu tun bekommt. Andrea Steiner wird mit 2 Morden innerhalb von 24 Stunden konfrontiert. Die brutale Art und Vorgehensweise sieht nach Rache aus. Aber das Team findet leider keine Gemeinsamkeiten, zwischen den einzelnen Personen. Gegenseitige Beschuldigungen, Intrigen und sogar ein Zicken-Krieg führen dazu, dass sich auch die neue Staatsanwältin in diesen Fall einschaltet. Liegt die Lösung weit zurück in der Vergangenheit? Der dänische Hauptkommissar Erik Ingvardsen sorgt erneut für gute Stimmung, erzählt zwischendurch von seinen vielen Reiseabenteuern aus der Südsee und Südamerika und bringt sogar seine weiblichen Kolleginnen außer Atem.
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Seitenzahl: 475
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Herwig Riepl
Das Pech, zweimal Pech zu haben
© 2020 Herwig Riepl
Umschlag, Illustration: Herwig Riepl
Bilder: Herwig Riepl
Lektorat, Korrektorat: Andrea Hoppe, Isabella Essler
Übersetzung: Sarah Krampl
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359
Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-347-04056-4
Hardcover:
978-3-347-04057-1
e-Book:
978-3-347-04058-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Für Günter, ›Hopfe‹ meinen besten Jugendfreund,Ruhe in Frieden †
Personen, Namen und Handlungen sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ereignissen oder Personen wäre rein zufällig.
Ausnahmen sind die privaten Erzählungen und Reiseberichte des Hauptkommissars Erik Ingvardsen, welche der Autor selbst erlebt hat.
Herwig Anton Ingvardsen Riepl, wie er mit vollem Namen heißt, wird fast überall Erik genannt und hat noch nie ein Mobil-Telefon besessen. Er zählt sich selbst zu den zehn glücklichsten Menschen der Erde und würde jede Entscheidung seines Lebens wieder so treffen.
Der Autor bemühte sich, in seinem Buch eine interessante Mischung aus Kriminalfall, Erotik und wahren Erlebnissen seiner Reisen darzustellen.
Herwig Riepl wurde 1964 in Villach, Österreich geboren und absolvierte erfolgreich die HTL – Fachschule für Tischlerei und Raumgestaltung. Mit 23 Jahren ist er nach Dänemark ausgewandert und hat dort etwa 10 Jahre gelebt. Als dänischer Staatsbürger wohnte er danach 10 Jahre in Deutschland, bevor er mit seiner Frau 2009 nach Uruguay ausgewandert ist. Jetzt lebt er eher zurückgezogen und genießt es, seinem Hobby, Insekten und Vögel zu fotografieren, nachzukommen.
Inhaltsverzeichnis
Abschied ins Rentnerleben
Die Gerichtsverhandlung
Bäckerin streng und devot
Hallelujah
Mögt’s auch a Punschkrapferl?
Einladung zu Flæskesteg med sprød svær
Eine Kamera für alle Fälle
Ein Abend voller Überraschungen
Schreckliche Nachrichten
Therapie zur schnellen Genesung
Willkommen im Zirkus
Aufschlussreiche Fotos
Fatale Fehler
Gibt es einen Zicken-Krieg?
Nackte Staatsanwältin zum Frühstück
Banane mit erotischem Beigeschmack
Ein böses Trauma
Eine Leiche weniger
Schokolade mal anders
дÆяй3юAлMдÅжÑÉa̅ÅйKлØйo̅лиμ2йyжÆ
Saftige Steaks und rote Strings
Viele Verdächtige
Es stinkt gewaltig
Schlimme Erinnerungen kommen zurück
Eine Schlittenfahrt im Urlaub
Abschied ins Rentnerleben
Ssssiip, hört man es zischen, als Erik am Oberschenkel den linken hinteren Straps des Strumpfhalters öffnet und diesen zurückschnalzen lässt.
»Au du Grobian! Wenn du das nochmal machst, gibt es eine Weile lang meinen Körper ohne Dessous zu genießen«, sagt Andrea.
»Na, na, wer wird denn gleich so empfindlich sein«, lächelt er und zieht seine Kollegin noch einmal für einen Kuss an sich. »Wie war ich?«, fragt er und muss innerlich grinsen, da die Hauptkommissarin der Mordkommission Fürstenfeldbruck, diese Frage überhaupt nicht vertragen kann und genau darum der Däne sie manchmal sogar extra stellt.
»Ich warne dich, es gibt auch die Möglichkeit, einen Monat lang totalen Sexverbot zu bekommen«, hört er ihre drohenden Worte.
»Das hältst du doch nicht durch, also … wie war ich?«
»Was willst du hören? Richtig geil, supertoll, tierisch gut, umwerfend frech, fantastisch aufregend, herrlich nimmersatt, wunderbar, ausdauernd oder doch die Wahrheit?«
»Mhm, … ich nehme heute mal zur Abwechslung die Wahrheit«, sagt er schulterzuckend.
»Wie ein lahmer Gaul mit Hexenschuss, der hechelt, als hätte er bei einem Marathonlauf mitgemacht und nach hundert Metern bereits aufgegeben.«
»Ja, gib’s mir ordentlich, ich liebe es, von deinen Komplimenten übersäht zu werden!«
»Da habe ich noch einen: Langsam wie eine Schnecke, die nicht in die Gänge kommt, dafür eine ordentliche Schleimspur hinterlässt.«
»Ah du bist einfach wunderbar, ich könnte dir noch ewig zuhören, aber wir müssen uns jetzt fertig machen, sonst beginnt der Abschiedsabend für unseren Gerichtmediziner ohne die Hauptkommissare.«
Trotzdem nimmt sich Erik Ingvardsen, im Bett liegend die Zeit, seine Kollegin Andrea Steiner zu beobachten, wie sie Strümpfe, Strapse und den Mini-Slip von ihrem knackigen Körper ablegt und einen neuen, doppelt so großen Slip hochzieht. Ihre schulterlangen roten und fetzigen Haare bindet sie sich zu einem Pferdeschwanz zusammen. Anschließend wird der BH gewechselt, was zur Folge hat, dass die hübsche, halbverpackte Handvoll Busen, zum Bedauern des Dänen, jetzt fast komplett verdeckt wird. Wäre es Sommer, hätte der Hauptkommissar sicher ein Kleid vorgeschlagen und gehofft, dass sie die aufregenden Dessous auch außerhalb des Bettes noch trägt. Aber es ist Ende November und leider seit einer Weile auch mistig grau, neblig und kalt, was dazu führt, dass Andrea Jeans, Bluse, Pullover, Jacke und Stiefel bevorzugt, was er nur zu gut verstehen kann.
›Alles Gute fürs Rentnerleben und den wohlverdienten Ruhestand‹, hört man von allen Seiten immer wieder als Glückwünsche für den heute scheidenden Gerichtsmediziner Doktor Herbert Steger. Jeder der ihn kennt, gönnt ihm den neuen, sicher ungewohnten Lebensabschnitt. Trotzdem sind alle ein bisschen traurig, in Zukunft auf seine gute und kompetente Arbeit verzichten zu müssen. Vor allem Andrea Steiner, die Hauptkommissarin vom Team der Mordkommission Fürstenfeldbruck, wird den sympathischen Mediziner sehr vermissen. Seine Arbeit war mehr als zufriedenstellend. Immer schnelle Ausführung und fachlich ein Genie. Nie hat er mit vielen unverständlichen, medizinischen Fachausdrücken und Erklärungen um sich geworfen, sondern die Taten und Geschehnisse so einfach als möglich erklärt, damit auch Laien und nicht nur Mediziner, alles verstanden haben. Heute ist der Tag des Abschieds gekommen. Seine Kollegen der Gerichtsmedizin, die Mitglieder der Mordkommission, ein paar Polizisten der anderen Abteilungen aus der Polizeiinspektion Fürstenfeldbruck und natürlich der Präsident Josef Moser haben sich zur Abschiedsfeier eingefunden. Es gibt Sekt und Schnittchen und dazu jede Menge Glückwünsche für den neuen Rentner.
»Wir werden Sie schmerzlich vermissen, aber ich gönne Ihnen das neue freie Leben. Der heutige 23. November wird Ihnen in guter Erinnerung bleiben«, sagt der 40-jährige Erik Ingvardsen überzeugt.
»Danke Danish Dynamite«, lächelt der Doktor leicht gerührt. So hat er, den seit einem halben Jahr in Bayern arbeitenden Dänen immer genannt, da ihm der dänische Fußball, als sie 1992 aus dem nichts, Europameister wurden, sehr gefallen hat. Als die 38-jährige Andrea Steiner zu den beiden stößt, nimmt der Gerichtsmediziner die Chefin der Mordkommission, die ihn schon mehrmals mit Glückwünschen überhäuft hat, in den Arm.
»Ich werde mein Spåtzl vermissen!«, sagt er fast traurig. »Es gab immer eine gute Zusammenarbeit mit dir, wie man sie sich nicht besser wünschen kann. Außerdem bist du für mich, seit dem Lied, das du beim Präsidenten seinem Geburtstag gesungen hast, sowieso ein Star. ›Ich hab dich 100mal betrogen.‹ Was für ein tolles Lied mit eigenem Text und Melodie. Dazu der ausdrucksvolle Auftritt!«
Andrea ist es fast peinlich, daran erinnert zu werden. Der freizügige Text, welchen sie damals geschrieben hat, lag etwa zeitgleich mit der Trennung ihres Freundes zusammen. Dazu noch der freche Auftritt mit der roten Corsage, geschnürt im Marie Antoinette-Look, der deutlich mehr ihres Busens gezeigt hat, als sie eigentlich gewillt war, zu präsentieren. Doch zu dieser Zeit war das Team der Mordkommission gerade dabei, einen Vergewaltiger und Dessous-Fetischisten zu suchen. Durch den damaligen prekären Fall war die Stimmung der ganzen Abteilung erotisiert.
Auch Lena Müller, die 28-jährige Polizeioberkommissarin und sexy Blondine, die immer in engsten Jeans und roten, extrem hohen High Heels zu sehen ist, hatte einen Auftritt im weißen, kurzen Kleid bis an den Nabel reichenden Ausschnitt, hingelegt und dazu ein erotisches Lied in die Zuseher-Menge gehaucht.
Sogar die 59-jährige Polizeihauptmeisterin Erika Schmidinger, die sich eigentlich eher konservativ kleidet, hat sich damals hinreißen lassen und wirkt seitdem wesentlich lockerer. Mit blonder Perücke, geschminkt, ein Hut oder besser gesagt Zylinder, ein kurzer Rock, leichtes Oberteil, Strapse und Strümpfe und im Mund eine Zigarette, die in einem langem Zigarettenhalter steckte, ist sie wie eine Diva der 30er Jahre aufgetreten.
»Gibt es schon einen Nachfolger für den Chefposten der Rechtsmedizin?«, fragt Michael Dober, der bärtige 54-jährige Polizeiobermeister, den alle nur Mike nennen und der auch gerne mal ein russisches Lied anstimmt.
»Mir sagt man ja leider nichts genaues«, zuckt der Mediziner mit den Schultern. »Eigentlich habe ich erwartet, meine langjährige Assistentin Henriette Reselsberger, wird den Posten übernehmen. Sie hat mit ihren 52 Jahren viel Erfahrung und ist auch schon sehr lange in diesem Team. Für mich hat sie es ganz klar verdient, die Chefin hier im Laden zu werden. Aber … ich habe munkeln gehört, da gibt es offenbar andere Pläne, worauf nicht mal unser Präsident Einfluss hat.«
Der Gerichtsmediziner hat den Satz noch nicht fertig gesprochen, da ergreift der Polizeipräsident bereits das Wort. Zuerst gibt es natürlich viele Lobeshymnen für Doktor Herbert Steger, auch ein paar Geschenke und Blumen sind dabei.
Anschließend kommt es zur Bekanntgabe der Nachfolge. Frau Henriette Reselsberger steht bereit, da sie ganz sicher der Meinung ist, gleich ihren Namen zu hören. Doch es kommt leider ganz anders für sie.
»Ich möchte Sie alle recht herzlichst bitten, Frau Karoline Zangerl willkommen zu heißen. Sie wird die neue Chefin der Gerichtsmedizin von Fürstenfeldbruck«, lässt der Präsident die Nachricht raus.
Ein etwas verhaltener Beifall ist zu hören. Umso erstauntere Gesichter, plötzlich eine unbekannte Frau auf diesem Posten zu sehen. Henriette Reselsberger’s Gesicht ist aschfahl geworden. Man sieht, sie kämpft sogar mit den Tränen, wendet sich ab und verlässt augenblicklich etwas verbittert den Raum. Präsident Josef Moser bittet die neue Chefin der Gerichtsmedizin, sich vorzustellen und ein paar Worte an die Belegschaft zu richten.
Die Frau räuspert sich. Ganz wohl ist ihr nicht, aber ihr ist auch klar, als neue Chefin für ein unbekanntes Team vorgestellt zu werden, macht nicht nur Freunde. Wie überall, haben sich bestimmt auch hier, irgendwelche Kollegen diesen Posten erhofft. Schließlich beginnt sie, etwas über sich zu erzählen:
»Zuerst einmal, alles Gute von mir an den scheidenden Mediziner! … ja, guten Abend alle zusammen. Mein Name ist Karoline Zangerl, ich bin 38 Jahre alt und komme aus Annenheim am Ossiacher See in Kärnten, Österreich.«
»Oje, eine Ösi haben sie da ausgegraben«, sagt der 2er Meier grinsend zum 1er Meier. »Beim Schönheitswettbewerb hat die sicher den letzten Preis gemacht, aber immerhin! Ordentliche Hupen hat sie ja!«
Die Hauptkommissarin hat trotz flüstern, den unsinnigen Kommentar gehört und zieht nur wortlos ihre Augenbrauen kopfschüttelnd hoch. Beide Polizeimeister heißen mit Vornamen Josef und Meier mit Familiennamen, sind aber nicht verwandt. Darum werden sie in der Mordkommission der Einfachheit halber nur 1er und 2er genannt. Vorlaut, ungeduldig und manchmal auch sexistisch, würde die Chefin die zwei 34-Jährigen beschreiben.
»… studiert in Graz, habe meinen Doktor in Wien gemacht und war die letzten Jahre in Nürnberg in der Gerichtsmedizin tätig. Nun bin ich hierher versetzt worden und werde mein Möglichstes tun, niemanden zu enttäuschen und beste Arbeit zu liefern. Mir ist klar, wenn man irgendwo neu ist und einem Team vorgesetzt wird, macht man sich nicht nur Freunde. Ich hoffe trotzdem, Sie geben mir eine Chance! In diesem Sinne, auf eine gute Zusammenarbeit!«, beendet sie ihre Rede.
»Jetzt habt ihr es gehört«, sagt der scheidende Doktor. »Für Henriette tut es mir wirklich leid und es ist sicher bitter, aber leider ist das Leben kein Wunschkonzert. Da haben welche entschieden, die von dieser Abteilung keine Ahnung haben.«
Andrea nickt, sie hätte sich ebenfalls die langjährige Kollegin des Gerichtsmediziners gewünscht, auch wenn sie nichts gegen die neue Chefin der Abteilung hat, da man sich ja nicht kennt.
Karoline Zangerl ist mit ihren nur knapp eineinhalb Meter eine recht kleine Frau, nicht ganz zierlich sondern eher ein bisschen pummelig und fällt umso mehr durch ihre große Oberweite auf, was sie noch unförmiger wirken lässt. Ihr Gesicht ist nicht sehr fraulich, hat eher männliche Züge und wirkt dadurch nicht besonders hübsch. Dazu trägt auch der graubraune kurze Haarschnitt bei, der aussieht, als hätte jemand einen Topf als Schablone genommen. Dafür ist sie heute elegant gekleidet und zeigt sich bei ihrem ersten Auftritt im hellblauen Hosenanzug und schwarzen Stiefeletten.
Der Abschiedsabend des Doktors verläuft ansonsten recht locker und gemütlich. Sogar Musik, vorrangig die 60er Jahre hört man aus einer Anlage, wobei bei dem Titel Jumping Jack Flash, der Rolling Stones Fan, Doktor Herbert Steger gleich richtig aufdreht. Bei vielen Gesprächen, Schnittchen und Getränken, sind letztendlich alle recht zufrieden und genießen die nette Atmosphäre.
Die Gerichtsverhandlung
Pünktlich um 8 Uhr haben sich am nächsten Tag, 24. November, alle Mitglieder der Mordkommission im Besprechungszimmer eingefunden. Zurzeit ist es recht ruhig, es gibt keinen aktuellen Mord aufzuklären. Einzig um eine Wirts- hausschlägerei zwischen mehreren Personen, bei der auch Messer zum Einsatz kamen und es Verletzte gab, kümmert sich die Gruppe. Die Meier’s sind für die Streife freigestellt worden. Lena, Mike und Erika arbeiten am aktuellen Fall, um herauszufinden, ob es um ein versuchtes Tötungsdelikt oder eine zufällige Schlägerei geht, die leider aber ausgeartet ist.
Die zwei Hauptkommissare haben somit ruhige Tage, lesen zurzeit diverse Akten und können sich auf die Gerichtsverhandlung, bei der sie in den nächsten Tagen als Zeugen aussagen müssen, vorbereiten. Der Dessous-Fetischist und Vergewaltiger Josef Kogler aus Maisach, ist bereits zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
Diesmal geht es um seine Frau, welche beschuldigt wird, drei Opfer des Ehemannes ermordet zu haben. Außerdem haben Taucher die Leiche ihrer Schwester im Pucher Meer in Fürstenfeldbruck gefunden. Auch sie wurde von Frau Josefine Kogler ermordet, da sie nach einer Vergewaltigung zur Polizei wollte. Frau Kogler wusste dies aber zu verhindern und hatte damit den Ehemann in der Hand.
›Ich bin doch nicht so blöd und schlachte mein eigenes Sparschwein‹, hat sie bei der Vernehmung gesagt und gegrinst.
Der Postler war damit gezwungen, immer schön zur Arbeit zu fahren und zu Hause das Geld abzuliefern. Doch nach zwei Jahren hatte die Frau das ständige Fremdgehen des Ehemannes satt. Darum hat sie die Vergewaltigungsopfer ermordet und steht jetzt wegen Vierfachmord vor Gericht.
Drei Tage später wird Frau Kogler bei der Schlussverhandlung zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Die Gründe sind nicht nur die vier Morde, sondern auch die absolute Uneinsichtigkeit der Frau, welche sie mit immer wieder ausdrucksstarken Beleidigungen sexueller und auch nicht sexueller Art im Gerichtssaal mehrmals deutlich gemacht und die Sitzungen unterbrochen hat. Selten haben Polizisten nach dem Urteil eine so extrem fluchende, spuckende, beißende und kratzende Frau wegbringen müssen. Selbst der Staatsanwalt und Richter, die über das, wegen der pornographischen und beleidigenden Wörter geschwärzte Protokoll der Hauptkommissare zuerst noch schmunzelten, konnten sich selbst im Gerichtssaal überzeugen, welche Wörter in die freien Lücken aus dem Mund der Angeklagten, passen würden. Sogar ihrem eigenen Rechtsanwalt war der Auftritt der Klientin mehr als peinlich.
»Zufrieden?«, fragt Andrea den Kollegen.
»Zufrieden ist man nie. Es wäre schön, solche Taten verhindern zu können. Den Opfern hilft das Urteil nicht, aber natürlich, für mich war es das richtige Strafmaß«, meint Erik überzeugt.
Nach diesem schrecklichen Fall vom letzten Juli, kamen sich die zwei Hauptkommissare näher. Beide wollen aber das Wort Beziehung nicht nennen und haben vorerst keine Lust, an so etwas zu denken. Andrea hatte die Enttäuschung des homosexuellen Freundes erst überwunden, darum will sie jetzt frei sein, die Seele baumeln lassen und das tun, was ihr Spaß macht. Manchmal übernachtet Erik bei ihr, ab und zu ist sie bei ihm und gelegentlich ist jeder in seinen vier Wänden alleine.
Bäckerin devot und streng
Um kurz nach vier Uhr früh brummt am Montag, den 29. November, auf dem Nachttisch das Mobil-Telefon der Hauptkommissarin. Verschlafen greift sie danach, verliert es und sucht anschließend leicht fluchend am Boden den Störenfried. »Ja, was gibt’s«, sagt sie schließlich leise.
»Guten Morgen Frau Hauptkommissarin. Streife FFB, Mitterer hier. Tut mir Leid, so zeitig stören zu müssen. Wir haben einen Leichenfund im Emmeringer Hölzl. Ich schicke Ihnen den genauen Fundort. Verständigen Sie Ihren Kollegen oder sollen wir das tun?«, fragt er nach.
»Alles klar, ich komme. Hauptkommissar Ingvardsen rufe ich selbst an, informieren Sie bitte die Gerichtsmedizin und Spusi«, sagt sie, bevor sie sich seufzend erneut ins Bett zurückfallen lässt.
»Herr Hauptkommissar, wir müssen«, flüstert sie zum neben ihr liegenden Kollegen.
Erik ist nicht erfreut über diese Nachricht, rafft sich leicht auf und drückt lieber sein Gesicht zwischen Andrea’s Brust. Doch leider werden ihm die hübschen Weichteile gleich unsanft weggezogen.
»Meine Babser gibt’s später«, sagt sie und verschwindet mit ihrem sportlichen Körper im Badezimmer. Seit die Hauptkommissarin das dänische Wort für Busen kennt, nennt sie ihre hübschen Rundungen meist nur noch so. Erik macht unterdessen einen schnellen Kaffee. Er ist der Meinung, dass wegen ein paar Minuten noch nie eine Leiche davongelaufen ist. Mit einem lieben Go’morgen tauschen sie die Plätze zwischen Küche und Bad. Andrea hat sich auch angewöhnt, das dänische Wort für ›Guten Morgen‹ zu verwenden und spricht es mittlerweile richtig aus. Go’morn.
Eine viertel Stunde später fahren die Ermittler nach Emmering. Schon von weitem sind die Absperrbänder der Polizei erkennbar. Polizeioberwachtmeister Mitterer schildert die aktuelle Situation.
»Eine 30 bis 40-jährige Frau liegt hier vorne am Wegrand. Sie ist blutüberströmt von einem Pensionisten oder besser gesagt von seinem Hund gefunden worden. Er wartet neben dem Polizeiauto. Den Mann meine ich, nicht den Hund. Ich habe seine Personalien aufgenommen, also vom Mann.«
Andrea nickt nur, zieht den Kragen ihrer Jacke wegen der Kälte und Feuchtigkeit hoch, wundert sich, ob der Polizist schon mal Personalien von einen Hund aufgenommen hat und sieht, wie die neue Gerichtsmedizinerin vorfährt. Auch Gabi, die Chefin der kriminaltechnischen Untersuchung ist mit ihrem Team inzwischen eingetroffen.
»Fragst du mal den Mann, der seinen Hund Gassi geführt hat, was er genau gesehen und vorgefunden hat«, sagt Andrea zum Kollegen.
»Was hat er mit seinem Hund getan?«, fragt der Ermittler verwundert.
Die Hauptkommissarin muss über sich schmunzeln. Gassi gehen ist wohl nicht ein Begriff, den man im Deutsch-Unterricht in Dänemark lernt, ist auch ihr in dem Moment klar geworden.
»Sag ich dir später«, wobei sie sich schon an die Ärztin wendet: »So schnell sieht man sich wieder, Frau Karoline Zangerl. Fängt ja schon gut an für Sie, ist aber leider nicht zu ändern.«
»Hallo und guten Morgen. Sie können aber gerne Karoline zu mir sagen.«
»Na gut, ich bin die Andrea« … »Servus, ich bin die Karoline«, erwidert die Gerichtsmedizinerin. »Dann wollen wir mal« und schon gehen beide zum Leichenfundort. Der Anblick auf nüchternen Magen ist mehr als heftig. Hier sieht es aus wie auf einem Schlachthof. Eine Frau liegt blutüberströmt, seitlich im Gestrüpp. Woher das ganze Blut kommt, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Eigentlich kann man von der Leiche nicht viel sehen, alles ist rot. Dann kommt auch Erik dazu.
»Der Pensionist hat nichts gesehen, einfach nur die Leiche gefunden. Und mit dem Hund hat er Gassi gemacht. Was immer das sein mag? Im Gras liegen oder« … »der Köter hat alles zertrampelt und das Schlachtfeld zu einer noch größeren Sauerei gemacht. Da wird sich die Spurensicherung freuen«, seufzt die Ärztin etwas verärgert.
Die Hauptkommissare halten sich im Hintergrund und wollen die Medizinerin nicht stören. Sie hören sie aber immer wieder im österreichischen Dialekt murmeln »Jå Wåhnsinn, ge heast, pfiati got, vareck, voll oarg, då kånnst jå speibm.«
Da die Ermittler mit diesen Wörtern nicht viel anfangen können, hören sie auch nicht weiter zu. Erik hat andere Sorgen und meint leicht verärgert: »Verdammt, ist das heute wieder kalt!«, da er leider erkennen muss, dass er definitiv zu wenig Kleidung am Körper trägt.
»Plus drei Grad, grau und der totale Nebel. Und das schon seit drei Wochen. Ich frage mich, wer den November oder gleich diese ganze mistige Jahreszeit erfunden hat«, stöhnt auch Andrea und tritt von einem Fuß auf den anderen. Dabei zieht sie an einer Zigarette und saugt den Rauch intensiv ein.
Die Gerichtsmedizinerin erhebt sich und seufzt nur: »Bringt’s sie so schnell wie möglich, dann kann ich euch hoffentlich bald erste Ergebnisse mitteilen. Aber hier kann ich beim besten Willen kaum eine Verletzung erkennen. Außerdem … da stimmt etwas nicht! Was man hier sieht, ist fast schon zu viel Blut. Woran sie gestorben ist, lässt sich bei der Schweinerei noch nicht genau sagen. Aber … ihr wurde die Zunge rausgeschnitten.«
»Was? Wer macht denn so was!«, hört man es erschrocken von der Hauptkommissarin. »Wurde sie auch vergewaltigt?«, will Andrea weiter wissen, da das Opfer eine offene Jacke und zerrissene Bluse hat. Auch die obersten Jeansknöpfe scheinen offen zu sein.
»Keine Ahnung. Eher nicht. Wer hat bei den Temperaturen schon Lust zum Pudern? Ich mein, schnaxln oder wie sagt’s ihr? Wie auch immer, wenn ich sie am Tisch habe, wissen wir mehr.«
»Todeszeitpunkt?«, meldet sich erstmals fragend der Kollege.
Sie blickt auf die Uhr. »Vor zwei Stunden, etwa halb drei. Also, bis später. Pfiat eich.«
Jetzt schauen sich die beiden Hauptkommissare die Leiche näher an. Viel können sie vor lauter Blut wirklich nicht erkennen. »Die ist aber ganz schön hart im Nehmen«, staunt Andrea überrascht.
»Ich glaube, in der Gerichtsmedizin musst du das. Frag sie doch mal, welche Körperteile von ihren Leichen noch nicht abgeschnitten waren, bevor sie sie am Tische hatte«, ist sich Erik sicher.
Andrea schüttelt angeekelt den Kopf und verzieht den Mund. Dann zieht sie einen Handschuh an, tastet die Jacke ab und findet zum Glück einen Ausweis. »Wenigstens etwas. Jacqueline Pertelmann, 37 Jahre. Aber warum schneidet man einem Opfer die Zunge ab?«
»Rache? Irgendetwas wird dieser Mund gesagt haben, was der Mörder nicht hören wollte. Komm, lassen wir Gabi und die Spurensicherung ran. Für uns gibt es hier nichts mehr zu tun«, ist der Hauptkommissar überzeugt.
Im Auto sitzend, versuchen sie sich zu wärmen und gleichzeitig ihre Adresse ausfindig zu machen. Andrea braucht dabei eine weitere Zigarette, denn in ihrer alten Kiste ist es leider nur unwesentlich wärmer als draußen. Kurz darauf erfahren die Ermittler, dass die Wohnung des Opfers nur wenige hundert Meter entfernt liegt. Sofort sind sie dort und nach mehrmaligen klingeln und lautem klopfen, öffnet nebenan jemand stocksauer die Türe.
»Heast seid’s ihr völlig deppad!? I ruaf glei die Kiwara, eich håt ma wohl ins Hirn gschissn. Oaschlecha blede! Håbt’s ihr Pfeifendeckel übahaupt schon amål auf die Uhr gschaut?«, werden die Ermittler freundlich begrüßt.
»Die Kiwara sind schon hier. Polizei Fürstenfeldbruck! Wohnt hinter dieser Türe eine Jacqueline Pertelmann?«, fragt die Kommissarin, während ihr dänischer Kollege immer mehr an seinen Deutschkenntnissen zu zweifeln beginnt.
»Håbt’s Augnkrebs oder kent’s nit lesen, wås då steht?«
»Frau Pertelmann ist etwas zugestoßen, wir müssen dringend in ihre Wohnung«, informiert Andrea den gähnenden, nur in knapper Unterhose vor ihr stehenden Mann.
Der Nachbar rümpft die Nase, lässt sich nochmals den Ausweis zeigen und geht darauf wortlos in seine Wohnung, um kurz darauf mit einem Schlüssel zurück zu kommen.
»Då, mit dem kummt’s eine und dånn haut’s eich üba de Heisa und låst’s mi schlåfn. I bin gråt east von meina Håckn zruck kuman.«
Rums, schon ist die Türe geschlossen. Eigentlich will Andrea noch ein paar Fragen stellen, vor allem, wo die Frau hingegangen sein könnte, aber wenigstens kommen die Ermittler jetzt ohne Schlüsseldienst in die Wohnung des Opfers. Erik blickt nur verwundert wobei seine Kollegin lächelt und sagt: »Österreicher, ich glaube Wiener, absolutes Vollblut und nicht wie die Handballtorfrau Tina mit deutsch, österreichischen Eltern, die wir in dem alten Fall erlebten.«
Mit Handschuhen bekleidet öffnen sie die Türe und gehen in die relativ kleine Wohnung. Schnell wird klar, dass die Frau alleine hier gewohnt hat. Auf dem Tisch sind eine Kaffeetasse, die gestrige Zeitung und ein Modemagazin. Ansonsten ist die Küche ordentlich aufgeräumt. Auch der Flur und die Garderobe mit Jacken und Schuhen, alles fein säuberlich an seinem Platz. Im Badezimmer sieht es genauso gepflegt aus. Auffallend sind vielleicht sehr viele Schminkutensilien. Als die Kommissare ins Schlafzimmer wollen, klingelt das Telefon. Andrea blickt auf die Uhr, staunt und hebt ab: »Hallo?«
»Wo bist du denn, ich habe schon mehrmals bei dir angerufen«, klingt es etwas sauer aus dem Hörer.
»Guten Morgen, hier spricht die Polizei, können Sie mir sagen, wer Sie sind und warum Sie auf Frau Pertelmann warten?«, will die Kommissarin wissen.
»Äh …was macht die Polizei bei Jacqueline? Die sollte doch längst hier im Laden sein. Gerd Strasser mein Name, ich habe eine Bäckerei und Jacqueline arbeitet für mich.«
»Geben Sie mir Ihre Adresse, wir kommen sofort bei Ihnen vorbei.«
Das Schlafzimmer muss warten, es wird nur schnell die Wohnung versiegelt, dann fahren sie auch schon ins Geschäft. Wenige Minuten später steht man bereits in einer warmen, gut riechenden Bäckerei und berichtet von dem Verbrechen an der Angestellten. Der Chef ist völlig verzweifelt, kann nicht glauben was er hört und schluchzt leicht: »Wer macht so etwas und warum? Warum sie?«
»Was können Sie uns über Frau Pertelmann sagen?«, will Erik wissen.
»Sie arbeitet jetzt seit sieben Jahren hier. Um drei Uhr beginnt ihre Arbeit und sie kam immer pünktlich. Ich war absolut zufrieden mit ihr.«
»Können Sie sonst noch etwas sagen? Über ihr Privatleben? Hatte sie vielleicht einen Freund oder einen Ehemann? Gibt es Feinde, wer könnte ihr so etwas angetan haben?«, bohrt der Däne gleich weiter.
»Dazu fällt mir leider nicht viel ein, aber fragen Sie Christine, die ist gerade hinten am Ofen. Die waren öfters zusammen.«
Außer belanglose Informationen ist von der Angestellten nichts zu erfahren. Auch Freund und Ehemann scheint sie nicht zu haben. Die Ermittler müssen sich leider vorerst damit begnügen und fahren erneut in die Wohnung des Opfers zurück. Immerhin, aufgewärmt und mit einer Tüte frischer Semmeln und süßem Gebäck.
Im Schlafzimmer gibt es ein paar private Sachen, die vielleicht weiterhelfen können. Notizen, Tabellen, beschriebene Blöcke, Computer, Bilderalben. Erik packt die kleineren Sachen in eine Tüte, den Rest soll die Spurensicherung mitnehmen. Andrea findet hinter einer der Wäscheschranktüren ausschließlich Dessous und in einer Schublade mehrere Vibratoren und Gleitcremen.
»Was meinst du, hat die Frau wirklich keinen Freund? Sie dir das mal an, alles was das Männerherz begehrt.«
»Oder für eine Freundin? So einen Doppeldildo kann man nicht nur alleine, sondern auch zu zweit« … »ja, ja«, unterbricht die Kollegin. »So viel Vorstellungsvermögen habe ich unwissende Trulla vom Land auch, um zu wissen, was man damit alleine oder zu zweit zusammenstecken kann« und streckt ihm dabei die Zunge recht frech entgegen. »Wer auch immer sich an diesen Sachen ergötzen durfte, wir sollten die Person schnellstens finden«, ist der Kollegin klar.
Erik schaut sich im Schrank, die an vielen Bügeln hängende Wäsche genauer an. »Alles was das Männerherz begehrt, sagst du? Das würde aber auf mich nicht passen. Mir sind hier zu viele Leder- und Lackklamotten, teilweise auch mit Nieten bestückt. Das ist überhaupt nicht meine Welt! Mir ist das viel zu streng, zu hart. Ich bevorzuge dich in Nylon, Seide und Spitze gehüllt, so wie hier dieses schwarze Korsett mit Strapsen, was aber zumindest in diesem Schrank eine Ausnahme bildet«, erklärt der Kommissar lächelnd.
Die Kollegin schmunzelt zurück: »Zuerst die Arbeit, dann gibt es wieder Möglichkeiten, meinen Luxuskörper in leicht verpackten, hocherotischen Dessous zu erleben.«
Die zwei Hauptkommissare sind so in ihrem Gespräch vertieft, dass sie das plötzliche Eintreten der Spurensicherung überhaupt nicht hören.
»Darf man schon rein oder wollt ihr eure private Reizwäschediskussion noch weiter fortsetzen«, fragt Gabi, die Chefin der kriminalistischen Untersuchung.
Andrea ist es etwas peinlich, dabei überrascht zu werden, doch der Däne meint nur ganz locker: »Du darfst uns gerne berichten, welche Sorte Dessous in deinem Kleiderschrank zu finden sind.«
»Mhm … also sicher keine Leder-BHs mit Ketten und dieses schwarze Zeugs, welches ich hier auf den ersten Blick sehe«, antwortet sie ganz lässig.
Grinsend übergeben die Hauptkommissare das Schlafzimmer und fahren zurück ins Präsidium. Es ist kurz vor acht Uhr, fast die Zeit, die jeder Morgen mit einer Besprechung beginnt. Zuerst gibt es aber noch einen Kaffee zum Aufwärmen, dazu die mitgebrachten Sachen aus der Bäckerei. Kurz darauf trödeln alle restlichen Mitglieder der Mordkommission ein. Auch die zwei Meier’s sind wieder von der Streife abgezogen worden und müssen jetzt bei der Mordkommission von Andrea und ihrem Team ran.
»Guten Morgen, auch wenn es sich für mich schon fast wie Mittag anfühlt«, beginnt die Chefin. »Wir haben heute um vier Uhr einen Mord gemeldet bekommen. Die weibliche Person heißt Jacqueline Pertelmann, ist 37 Jahre alt und wohnte in Emmering. Leider wissen wir noch sehr wenig und müssen auf die Ergebnisse der Spusi und Gerichtsmedizin warten. So lange kümmern wir uns vorläufig um folgendes: Meier’s, ihr bohrt nochmals in der Bäckerei nach, wo wir bereits waren. Die Freundin und Arbeitskollegin weiß sicher mehr, als sie uns gesagt hat. Auch ihr Chef tut so, als kenne er sie kaum. Erika und Mike, das übliche Programm. Familie, Freunde, zu wem hatte sie Kontakt, Finanzen, was immer der Polizeicomputer hergibt. Lena, du schaust die persönlichen Sachen, die wir bereits mitgebracht haben durch.«
In dem Moment klingelt Andrea’s Telefon. Nach einem kurzen Gespräch sagt sie nur: »Komm Erik, Gabi hat etwas gefunden, was für uns wichtig ist und uns erheblich weiter bringen könnte. Wir sollen gleich vorbeikommen.«
Kurze Zeit später sind sie schon im Büro der kriminaltechnischen Untersuchung angekommen.
»Wir haben etwas in der Wohnung des Opfers gefunden, das euch sicher interessiert«, beginnt Gabi und legt einen Telefonanrufbeantworter hin.
»Wo war das Gerät?«, fragt Andrea staunend.
»Versteckt, aber angeschlossen. Warum? Keine Ahnung. Ihr ward ja mit den Dessous-Gesprächen so beschäftigt, dass ihr im Wohnzimmer, hinter dem Fernseher nicht nachgesehen habt«, grinst die Spusi-Chefin.
»Dafür seid ihr ja da. Wir kümmern uns lieber um die wichtigen und erotischen Sachen. Außerdem habe ich dadurch erfahren, was bei dir im Kleiderschrank an Reizwäsche nicht zu finden ist«, sagt Erik lächelnd und staunt gleichzeitig, da er sieht, dass sechs Nachrichten auf diesem Telefonanrufbeantworter eingegangen sind. Dann drückt er auch schon auf den Knopf.
NACHRICHT 1: HALLO, ICH WAR SCHON ZWEIMAL BEI DIR, ERINNERST DU DICH? HAST DU MORGEN UM 16 UHR ZEIT FÜR MICH? ICH WAR SEHR UNGEZOGEN UND MUSS VON DIR UNBEDINGT BESTRAFT WERDEN. EMPFANGE MICH BITTE WIEDER MIT DEM SCHWARZEN, SUPERKURZEN LACK-ROCK.
NACHRICHT 2: HALLO, ICH BIN NEU HIER. SAG MAL, MACHST DU ES AUCH OHNE GUMMI? ICH VERSUCHE ES SPÄTER NOCHMALS?
NACHRICHT 3: JACQUELINE, KANNST DU MORGEN SCHON EINE STUNDE FRÜHER ZUR PROBE KOMMEN? BIS MORGEN,SANDRA.
NACHRICHT 4: HALLO MEINE GEILE STUTE! TUT MIR LEID, ICH MUSS FÜR MORGEN ABSAGEN. MEINE FRAU HAT LUNTE GEROCHEN, ICH WÜRDE SAGEN, DEINE HÜBSCHEN GROTTEN MÜSSEN EIN PAAR TAGE AUF IHREN WILDEN HENGSTSCHWANZ VERZICHTEN. DEIN WINFRIED.
NACHRICHT 5: GOTT WIRD DICH SCHON BALD FÜR DEINE ABSCHEULICHE PERVERSITÄT BESTRAFEN.
NACHRICHT 6: SAG MAL HAST DU VERSCHLAFEN? DU GEHST NICHT ANS HANDY, IN DEINER WOHNUNG HEBST DU AUCH NICHT AB. CHRISTINE IST BEREITS IN DER BACKSTUBE UND SCHON RECHT GENERVT.
»Das sind in der Tat interessante Neuigkeiten. Offenbar hat sie sich etwas dazu verdient. Wir lassen sofort die Nummern zurückverfolgen. Vielen Dank Gabi«, ist Andrea recht erfreut.
»Ah ja, habt ihr am Tatort oder in der Wohnung ein Mobil-Telefon oder wie ihr sagt, Hääändy gefunden?«, fragt der Däne grinsend nach.
»Leider negativ, weder noch. Sieht fast so aus, als habe der
Täter das Hääändy ihr abgenommen«, grinst die Spusi-Chefin zurück.
Sofort fahren die Ermittler zurück und kümmern sich selbst um die Anrufer. Neben der Bäckerei sind es zwei Männer aus Fürstenfeldbruck und Gernlinden, dieser Winfried kommt aus Emmering. Außerdem eine Sandra aus Fürstenfeldbruck. Die Gottesdrohung wurde von einer Telefonzelle aus gemacht.
Lena stolziert mit ihren hohen Stöckelschuhen ins Büro und sagt erstaunt: »Ihr glaubt nicht, was unser Opfer gemacht hat. Ich habe eine Anzeige in der Zeitung gefunden, dort steht: STRENGE DOMINA GESUCHT? PRIVATE ATMOSPHÄRE. KEIN VERKEHR. DAFÜR WIRST DU AUF MEINE ART HART BESTARFT. MODERATE PREISE. Ganz schön arg, würde ich sagen.«
»Wir haben gerade dazu ein paar Telefongespräche abgehört. Sieht wirklich so aus, als war sie neben der Bäckerin auch noch anderweitig tätig«, informiert sie die Chefin.
Polizeihauptmeisterin Erika Schmidinger hat auch erste Erkenntnisse, die sie diese gleich bei der geöffneten Bürotür zu berichten beginnt. »Das Opfer war geschieden, sie war in den USA verheiratet und ist amerikanische Staatsangehörige. Eltern konnten wir noch keine finden. Die Wohnung ist abbezahlt. Seit etwa sieben Jahren arbeitet sie in der Bäckerei.«
»Danke Erika, sucht bitte weiter«, gibt Erik Bescheid. »Und Lena, vielleicht findest du in den privaten Sachen noch weitere Hinweise.«
Als das Büro wieder leer ist blickt der Däne seine Kollegin an. »Sag mal, fällt dir zwischen den Telefonnachrichten und der Zeitungsanzeige etwas auf?«
»Nicht dass ich wüsste, außer, als wäre sie neben der Bäckerin noch anderweitig tätig gewesen.«
»Ich bevorzuge den sanften Sex und stehe nicht auf Bestrafungen jeglicher Art. Darum bin ich auch nicht der Fachmann, was diese Praktiken betrifft. Aber ich denke, eine Domina bietet keinen Sex an. Zumindest, was ich darunter verstehe, also Geschlechtsverkehr. In ihrer Anzeige steht sogar. ›Kein Verkehr.‹ Offenbar sind sich einige Männer nicht ganz klar, was sie bei einer Domina wirklich erwartet, darum hat sie dies vielleicht in der Anzeige extra erwähnt. Ein Anrufer wollte es ohne Gummi, der ist bei dieser Adresse sicher falsch gelegen. Aber auf was ich hinaus will ist die Nachricht vier. ›Hallo meine geile Stute‹, hat er gesagt. Mit diesem Mann gab es offenbar Geschlechtsverkehr! Zu einer Domina sagt man das eher nicht. Entweder ist sie manchmal von einer richtigen Domina-Haltung abgekommen oder … er war der Mann für den Spaß und kein Freier. Also, auf zu ihm nach Emmering!«
Während der kurzen Fahrt in den Nachbarort, fragt Andrea ihren Kollegen: »Wo liegt eigentlich der Genuss oder Spaß bei einer Domina? Also wenn wir ins Bett gehen und ich dich nicht spüren würde, das wäre nichts für mich!«
»Ist das so?«, lächelt Erik erfreut.
Andrea haucht ihm einen Kuss zu und meint: »Es muss ja nicht immer gleich das volle Programm sein, aber so ganz auf dein süßes Stangerl verzichten, würde mir nicht gefallen.«
»Was für ein Glück für mich! Bei einer Domina muss es offenbar wohl die Lust an der Macht sein, die sie über jemanden haben kann, was ihr gefällt. Vielleicht ist es sadomasochistische Lust oder Demütigungen, die sie erregen. So, hier sind wir schon«, meint der Kollege und biegt in die Hauseinfahrt ein.
Die Kommissare haben Glück, das Auto steht in der Garage, jemand scheint zu Hause zu sein. »Polizei Fürstenfeldbruck. Sind Sie Winfried Schregenobersberger?«, fragt Andrea, da sie weiß, ihr dänischer Kollege kommt bei solchen langen Namen ins Stolpern.
»Bin ich. Was kann ich für Sie tun. Ich habe aber nur kurz Zeit, ich muss gleich in die Arbeit.«
»Wir haben nur ein paar Fragen. Geht ganz schnell. Kennen Sie eine Jacqueline Pertelmann?«
Die Augen des Mannes werden plötzlich groß vor Staunen, schließlich sagt er ganz leise: »Ja.«
»Wie gut kennen Sie sie?«, will der Kommissar wissen.
»Hören Sie, das ist nicht so, wie Sie jetzt vielleicht denken« … »Ich denke gar nichts«, unterbricht Erik. »Klären Sie uns einfach auf.«
»Wir haben was miteinander. Ich habe sie einmal in der Bäckerei angesprochen, seitdem fahre ich manchmal zu ihr.«
»Wissen Sie, dass sie eine Domina war?«
»Ja das wusste ich, aber das hat mich überhaupt nicht gestört.«
»Für mich klingt es jetzt so, als wissen Sie bereits Bescheid über den Tod Frau Pertelmann.«
»Ich war heute schon in der Bäckerei Semmeln holen. Da habe ich es erfahren. Hören Sie, meine Frau darf absolut nichts davon erfahren! Das müssen Sie mir versprechen!«
»Versprechen können wir bei unseren Ermittlungen gar nichts, aber wir werden es auch nicht an die große Glocke hängen. Wo waren Sie heute zwischen zwei und drei Uhr?«
»Hier, ich habe geschlafen.«
»Mit Ihrer Frau?«
»Alleine.«
»Ihre Frau ist nicht hier?«, staunt der Ermittler.
»Nein, sie ist nicht hier. Und bitte, lassen Sie meine Frau aus dem Spiel!«
»Das ist leider kein Spiel. Wir ermitteln in einem Kapitalverbrechen. Es geht um Mord und Sie haben kein Alibi. Warum glauben Sie, ihre Frau hat etwas gemerkt? Zumindest haben Sie diese Vermutung Jacqueline auf den Telefonanrufbeantworter gesprochen?«, sagt der Däne.
»Wir waren letzte Woche hier im Schlafzimmer, während meine Frau gearbeitet hat. Leider ist meine Olle frühzeitig krank nach Hause gekommen. Ich habe sie gleich empfangen und versucht abzulenken, damit Jacqueline unbemerkt das Haus verlassen konnte, aber ich befürchte, sie hat es trotzdem gemerkt. Vor allem das Parfum am Kissen im Bett, daran habe ich nicht gedacht«, seufzt er.
»Halten Sie sich zur Verfügung. Wir werden sicher noch mehr Fragen haben.«
Darauf fahren die Kommissare auch schon weiter zur nächsten Befragung. »Sehr bestürzt wirkte er aber nicht«, muss Andrea zugeben.
»In der Tat und er hat kein Alibi. Außerdem sind diese Sprüche, dass er kein Problem mit ihrem Nebenverdienst hat, selten glaubwürdig und eher eine Schutzbehauptung. Eifersucht ist ein starkes Motiv, schon immer gewesen«, weiß Erik aus vergangenen Fällen. »Mit dem Nachbarn von unserem Opfer sprichst aber du. Solche katastrophalen Dialekt-Laute sind für meine Ohren nur schwer verständlich.«
Andrea schmunzelt, drückt dem Kollegen ein Küsschen auf die Wange und meint: »Auch wenn ich schon vor einigen Jahren von Sachsen nach Bayern gekommen bin und mich an die bayrische Sprache gewöhnt habe, aber dieser morgendliche Dialekt war auch für mich starker Tobak.«
Der Däne runzelt die Stirn. Mit diesen Sprichwörtern kennt er sich nicht aus, das muss er immer wieder erkennen.
»Eine Erzählung sagt, der Jäger hält den Teufel zum Narren, denn dieser hat noch nie ein Gewehr gesehen. Der Jäger tut so, als sei es eine Pfeife und bietet ihm einen Zug an. Der Teufel kann nicht widerstehen und bekommt eine Ladung Schrott zu spüren. Dabei wundert er sich über den starken Tabak aus der Pfeife«, wird ihm von seiner Kollegin erklärt.
»Mal sehen, ob er jetzt schon ausgeschlafen ist und bessere Laune hat«, seufzt Andrea etwas bekümmert als sie an die Tür mit dem Namen Helmut Huber klopft.
»Sie schon wieder, aber wenigstens zu einer akzeptablen Uhrzeit. Was gibt’s?«, sagt der Mann.
»Wir haben ein paar Fragen an Sie, dürfen wir reinkommen?«
Ohne ein Wort geht der Österreicher vorne weg und bietet den Kommissaren an, im Wohnzimmer Platz zu nehmen.
»Sie wissen, was Frau Pertelmann heute passiert ist?«
»Nein, woher auch. Ich bin zwanzig Minuten, bevor Sie an ihrer Tür geklopft haben, von der Arbeit gekommen und gleich ins Bett gegangen. Ich arbeite bis vier Uhr früh in der Bar am Tresen. Vor genau zehn Minuten bin ich aufgestanden«
»Ihre Nachbarin wurde Opfer eines Verbrechens und« … »Ah du Scheiße«, unterbricht er. »Hat einer von ihren perversen Idioten sie abgmurxt?«
»Das wissen wir noch nicht. Sie wussten von ihrer Tätigkeit? Und warum besitzen Sie einen Schlüssel zur Wohnung?«, will die Kommissarin wissen.
»Wir haben uns manchmal hier im Treppenhaus getroffen. Na ja, die Wohnungen sind nicht unbedingt schallgeschützt. Darauf habe ich sie mal gefragt, was bei ihr so läuft. Sie hat gleich erzählt, was sie macht und mich dabei gefragt, da sie nur Kunden am Nachmittag hat und ich zu dieser Zeit immer hier bin, ob ich auf sie ein bisschen aufpassen würde, im Falle des Falles. Sollte sie schreien oder an die Wand klopfen, damit ich in die Wohnung komme.«
»Waren Sie auch Kunde?«, fragt Erik gleich nach. Herr Huber lacht: »Nein, sicher nicht! Unter Sex verstehe ich etwas anderes als Erniedrigungen. Sie hat mir sogar für meine Hilfe eine Gratis-Nummer angeboten, also auch mit schnaxln. Aber die war mir entschieden zu flach, da geht, ich meine … steht bei mir nichts. Ansonsten war sie recht nett. Schade um das nette Mädl!«
»Kennen Sie vielleicht irgendwelche Personen, die dort aus und eingegangen sind?«
»Überhaupt nicht, das interessiert mich nicht.«
»Vielen Dank für Ihre Informationen. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, lassen Sie es uns bitte wissen.«
Darauf verabschieden sich die Kommissare und gehen zum Auto.
»Schon unglaublich, wie deutlich er jetzt gesprochen hat. So als wäre er ein anderer Mensch«, ist der Hauptkommissar überrascht.
»Da sieht man wieder, was Müdigkeit für Aggressionen hervorrufen kann«, lächelt die Kollegin. »Übrigens glaube ich jetzt zu wissen, warum der Telefonanrufbeantworter versteckt war. Das Opfer wollte wohl verhindern, falls der Nachbar mal zu neugierig wird und in ihre Wohnung geht, dass er diese Nachrichten abhören könnte.«
Der nächste Weg führt in die Rechtsmedizin, um eventuelle erste Ergebnisse zu erfahren.
»Hallo Karoline. Wir wollen wirklich nicht stören oder drängen, aber … vielleicht hast du ja schon etwas für uns«, fragt Andrea ganz vorsichtig nach.
»Kommt rein, mir ist klar, Ermittlern kann es nicht schnell genug gehen. Dafür habe ich auch vollstes Verständnis, obwohl … hexen kann ich auch nicht. Es stehen noch einige Untersuchungen an oder müssen ausgewertet werden. Aber die zwei wichtigsten Fragen kann ich schon beantworten. Die Tatzeit bleibt ziemlich gleich, also etwa halb drei heute Morgen. Tatwerkzeug wurde leider keines gefunden, dafür kann ich euch aber gleich zwei Tatwerkzeuge nennen, die eingesetzt wurden.«
Die Gerichtsmedizinerin geht zur Leiche, deckt diese ab und zeigt zuerst auf den Hals. »Die Frau wurde zuerst betäubt. Nachdem ich das ganze Blut abgewaschen habe, konnte ich hier an der Seite des Halses einen Einstich erkennen. Um was es sich genau handelt, kann ich noch nicht sagen, aber sicher eine Betäubung, die ganz schnell wirkt und den Körper lähmt. Dadurch war es dem Täter oder der Täterin überhaupt möglich, ihr die Zunge abzuschneiden. Dies wurde mit einem sehr scharfen Messer, vielleicht Teppichmesser gemacht. Die Klinge muss relativ schmal gewesen sein, ähnlich einem Skalpell, um weit in die Mundhöhle zu gelangen, da ihre Lippen dabei nicht verletzt wurden.«
»Wurde sie vergewaltigt?«, fragt Andrea weiter.
»Nein, sicher nicht. Sie hatte Sex vor nicht langer Zeit, aber wohl einvernehmlich. Ob die aufgeknöpfte Jeans und die leicht aufgerissene Bluse auf einen Vergewaltigungsversuch hinweisen, müsst ihr entscheiden. Für mich sieht es nach einem Ablenkungsversuch aus. Aber ich habe noch etwas gefunden, das wirklich weiterhelfen könnte. Unter zwei Fingernägeln habe ich Hautpartikel erkannt. Ich denke, das Opfer hat den Täter im Fallen irgendwo noch zu fassen bekommen und dabei gekratzt. Nicht viel, aber zumindest so, dass wir davon eine DNA machen können. Na ja, wenn ich an die heutigen Temperaturen denke, ging um diese Zeit niemand mit kurzen Ärmeln umher. Also müsste der Täter oder die Täterin irgendwo im Gesicht oder am Hals erwischt worden sein. Ah ja, was euch sicher auch aufgefallen ist, war das viele Blut am Tatort. Das Opfer hat durch die abgetrennte Zunge natürlich extrem geblutet, aber über die Leiche wurde zusätzlich noch Tier-Blut vergossen.«
»Was? Das wird ja immer verrückter! Jedenfalls vielen Dank, das war schon eine ganze Menge«, meint Erik und hat endlich Zeit, auch sich persönlich vorzustellen. »Dann hoffen wir in Zukunft auf gute Zusammenarbeit. Ist ja nicht immer ganz einfach für die Gerichtsmediziner, wenn sie es mit ungeduldigen Kommissaren zu tun haben. Umso schöner, wenn du dafür Verständnis zeigst.«
»Mach ich doch gerne. Ich hoffe nur, Henriette Reselsberger, die rechte Hand von meinem Vorgänger, kann mir irgendwann verzeihen, dass ich hier gelandet bin und den Chefposten bekommen habe. Vorerst macht sie einfach ihre Arbeit ohne mit mir zu reden.«
Andrea seufzt: »Diese Sorte Probleme und Erwartungshaltungen wird es leider immer wieder geben. Derartige Enttäuschungen werden aber auch nie zu verhindern sein. Ich wünsche dir alles Gute und das es irgendwann mal besser mit ihr wird.«
»Und du kommst aus Österreich?«, fragt Erik nach.
»Ja, noch dazu aus dem schönsten Bundesland, Kärnten. Und dort wiederum aus der schönsten Ecke, Annenheim am Ossiacher See. Mein Elternhaus steht über dem Dorf ein bisschen den Berg Gerlitze hoch. Von dort hat man einen wunderbaren Blick auf den See und die Burgruine Landskron, sowie einen Teil von der Stadt Villach.«
»Ich war schon mal in Kärnten auf Besuch. Auf dem Berg Dreiländereck. Zum Schifahren.«
»Du bist ja Däne habe ich gehört. Und du kannst trotz eurer paar Hügel Schifahren?«, fragt die Medizinerin grinsend und erstaunt.
»Du glaubst gar nicht, wie ich die Piste hinunter gebrettert bin. Verantwortliche der österreichischen Nationalmannschaft haben mich zufällig gesehen und wollten mich sofort überreden, meine Staatsbürgerschaft zu wechseln, um in deren Team aufgenommen zu werden. Ich habe aber abgelehnt und gesagt, ich will niemanden, nur weil er schlechter fährt als ich, den Platz im A Team wegnehmen.«
Spontan müssen alle drei lachen.
»Du bist mir jå a richtiga Scherzkeks«, grinst die Kärntnerin herzlich. »Morgen bekommt ihr den Bericht, darum muss ich jetzt weitermachen. Aber vielleicht können wir uns ein anderes mal ein bisschen unterhalten. Und du bringst mir ›Wedeln‹ bei, ich zeige dir die passenden Hügel dafür«, sagt die Medizinerin und lacht.
»Also ich finde sie ganz sympathisch, wobei, der letzte Satz fast zweideutig geklungen hat«, sagt Andrea, als beide im Auto sitzen. »Ist halt immer so eine Sache, den Kampf um den Chefposten kann leider nur einer gewinnen. Die Verlierer sind dann natürlich schwer enttäuscht.«
»Wenn ich ihre eigenen großen Hügel sehe, war das wirklich zweideutig. Übrigens, ich kenne das Problem der Enttäuschung. Ich muss ja bei dir leider auch alles machen, was du mir anschaffst und fühle mich wie dein Abfalleimer«, meint Erik bedauernd.
Andrea fährt darauf sofort am nächsten Parkplatz hinaus, hält und macht den Motor aus. »Ja, so ist das, wenn es zwei Hauptkommissare gibt und trotzdem eine Person die Chefin ist, deren Anweisungen man Folge leisten muss. Und jetzt sage ich: Küss mich!«
»Vor allem diese ekligen Aufgaben sind immer wieder erniedrigend für mich«, meint der Kollege. »Fordernde Lippen zu berühren mit der Angst und Gewissheit, in wenigen Momenten dringt eine feuchte Zunge tiefer und tiefer in die eigene Mundhöhle, baaaahh, wie eklig. Aber was macht man nicht alles, um einer Abmahnung oder gar Kündigung zu entgehen«, seufzt der Däne, worauf er sich auch schon über die Chefin beugt und ihrer Forderung nachkommt. Als er auch noch mit den Händen versucht unter den Pullover und die Bluse zu kommen, bricht die Hauptkommissarin schnell ab.
»Wer hat gesagt, dass du Grapschen sollst? Du darfst schon noch früh genug wieder durch meine Babser wedeln. Aber jetzt lass meinen Busen schön hübsch in den eingepackten Schalen liegen, denen ist kalt, wie mir leider auch.«
»Morgen fahren wir mit meinem Auto, da funktioniert wenigstens die Heizung sofort«, sagt der Däne sehr überzeugend.
Andrea stöhnt bekümmert: »Ich glaube, du hast recht. Mein Auto ist nicht wintertauglich. Zumindest muss man eine halbe Stunde lang fahren, damit es mal lauwarm wird. Schön langsam wird mir die alte Karre zu teuer. Dreimal brauchte ich im letzten halben Jahr die Werkstatt. Was soll’s. Lass uns fahren und hören, ob die anderen was rausgefunden haben.«
Sobald sie im Polizeipräsidium angekommen sind, wird auch sofort Bericht erstattet. Mike muss leider mitteilen, dass es vorerst nicht möglich war, Eltern ausfindig zu machen. Angeblich gibt es einen Bruder, aber er soll sich nicht in Deutschland aufhalten. Finanziell hatte sie keine Sorgen. Der Lohn aus der Bäckerei und ihr privat angebotenes, horizontales Gewerbe haben offenbar genug Geld eingebracht. Außerdem war Jacqueline Pertelmann Mitglied im Kirchenchor in Fürstenfeldbruck.
Kurz darauf hört man bereits das Klacken von Stöckelschuhen, was bedeutet, Lena ist im Anmarsch in Richtung Büro der Hauptkommissare. »Also das Opfer hat eine Art Tagebuch geführt. Zumindest, was ihren ›Kundenverkehr‹ betrifft.« Dabei muss sie selbst über das betonte Wort lachen. »Jedenfalls gibt es eine Liste mit Vornamen und deren Vorlieben.«
In dem Moment kommen auch die Meier’s ins Büro, in dem es mittlerweile richtig voll wird.
»Aber es gibt nicht sehr viele Kunden gelistet. Entweder war sie in ihrem Geschäft nicht sehr gut oder sie hat es nicht aus finanziellen Gründen, sondern wegen ihrer eigenen Lust getan und nur auserwählte Personen genommen«, spricht die Pumps Lady weiter.
»Du meinst, die hat nicht nur Brot in den Bäckereiofen geschoben sondern auch mit ihrem eigenen Ofen so manchen Schwanz weich gebacken?«, staunt der Meier, der noch nichts von dem privaten Umfeld des Opfers weiß.
»2er! deine Kommentare sind wieder mal absolut überflüssig. Lies mal die Zeitungsanzeige«, zügelt Andrea ihren Kollegen.
Er überfliegt schnell den Text und meint: »Aber da steht doch« … »Was steht da?«, unterbricht die Chefin und legt ihm den Zeitungsausschnitt noch näher hin.
»Lies vor!«
Der 2er murmelt zuerst den Text vor sich hin und staunt plötzlich. »Was soll das denn? Hier steht ja: ›Kein Verkehr‹ Häh?«
»Das sie kein Auto hat? … Kein Ficken ist damit gemeint, du Oberschlauer!«, sagt Lena schnell.
»Das heißt, bei ihr gab es keinen Geschlechtsverkehr, da sie eine Domina war«, klärt ihn der Hauptkommissar auf. »Darum hat sie auch ihren Ofen, wie du es nennst, nicht für ihre Freier angeboten.«
»Aber was haben die dann gemacht?«, wundert sich der immer wieder vorlaute und oft unwissende 2er Meier immer mehr.
»Das Opfer hat notgeile Typen mit Honig bestrichen und anschließend einen Bienenschwarm losgelassen. Das ist für Männer wie dich, denen es nicht hitzig genug sein kann. Melde dich doch mal bei einer Domina an, du wirst ungeahnte Gelüste erleben«, gibt ihm die Chefin als Ratschlag. »Lena, mach bitte weiter«, sagt Andrea und verdreht dabei ihre Augen, während der 2er nicht sicher ist, wie ernst dieser Ratschlag zu nehmen ist.
»Es gibt noch andere Aufzeichnungen, ich bin aber noch nicht durch. Der Computer ist ausgewertet, darauf gibt es kaum interessante Neuigkeiten. Ein paar Lack- und Leder-Dessous für ihre Tätigkeit wurden vor ein paar Tagen bestellt. Die Bilderalben beinhalten nur Fotos der letzten Jahre. Unter anderem von Partys und Treffen, auf denen mehrere Personen zu sehen sind. Offenbar singt sie auch in einem Chor, zumindest gibt es davon Gruppenfotos.«
»Danke Lena! Und Meier’s? Wie sieht’s bei euch aus?«, fragt die Kommissarin weiter.
»Es sieht so aus, dass der Chef der Bäckerei wenig Ahnung hat, was seine Angestellten privat machen. Er ist recht streng, es gibt kein freundschaftliches Verhältnis aber auch kein negatives. Eine Angestellte, äh … Michaela, hat nur mit den Schultern gezuckt. Irgendwie sind dort alle recht wortkarg. Diese Arbeitskollegin Christine, wirkt auch nicht, als ob sie dicke Freundinnen waren. Wir haben jedenfalls von allen die Personalien aufgenommen. Ah, Christine Schregenobersberger hat noch erwähnt, das Opfer hat jeden Tag um 3 Uhr Früh zu arbeiten begonnen. Das heißt, die Tatzeit muss kurz davor gewesen sein.«
»Danke 1er, gut kombiniert«, lobt die Chefin.
»Sag nochmal den komischen ultralangen Familiennamen«, fragt Erik schnell nach.
»Schregenobersberger«, meint der 1er nur.
»Also so einen ungewöhnlichen Namen wird es sicher nicht so oft geben. Andrea klingelt es bei dir?«, wobei er dabei die Kollegin mit großen Augen anschaut.
»Natürlich, der Stecher vom Opfer und Ehemann von der Frau, die wir auf keinen Fall darüber befragen sollen, heißt so. Erika überprüfe gleich beim Meldeamt, ob es sich hier um ein Ehepaar aus Emmering handelt. Meier’s, ihr befragt die zwei verbliebenen Anrufer vom Telefonanrufbeantworter. Aber mit Fingerspitzengefühl, wenn ich bitten darf«, sagt die Hauptkommissarin scharf.
Als nur noch Lena, Andrea und Erik im Büro sitzen, fragt der Däne seine zwei Kolleginnen: »Welchen Grund gibt es, einer Frau die Zunge kaltblütig rauszuschneiden? Für mich war das ein geplanter Mord. Was hier passiert ist, hört sich nach absoluter Rache an!«
»Das heißt, Opfer und Täter müssen sich gekannt haben. Frau Pertelmann muss irgendetwas gesagt haben, dass sie so hart dafür bestraft wurde«, ist sich auch die Polizeioberkommissarin sicher.
»Aber was kann das sein? Eine Drohung, eine Erpressung?«, fragt Andrea unsicher.
»Darüber können wir nur spekulieren. Darum müssen wir jeden Bekannten des Opfers unter die Lupe nehmen«, ist der Däne überzeugt. »Wie machen wir jetzt weiter? Ah, ich sehe gerade durch die Glasscheibe, wie mir Erika ihren Daumen nach oben zeigt. Das heißt, die Arbeitskollegin ist tatsächlich die Ehefrau des Anrufers.«
»Dann los, fühlen wir ihr auf den Zahn. Lena, du schreibst in der Zwischenzeit jeden Namen aus den Unterlagen auf eine Liste. Wir müssen alle Kontaktpersonen überprüfen. Versuche auch irgendjemanden in der Kirche zu erreichen und frage nach, wann sie heute Chorprobe haben und lasse es uns bitte umgehend wissen.«
Bevor die Kommissare in Emmering, bei Familie Schregenobersberger ankommen, erfahren sie, dass sich die Singgemeinschaft heute um 18 Uhr trifft.
»Damit haben wir noch zwei Stunden Zeit. Machen wir jetzt die Befragung, dann gehen wir etwas essen und anschließend fahren wir noch zum Chor. Das wird leider ein richtig langer Tag«, seufzt Andrea. Die Kommissarin ruft noch den Chef der Bäckerei an, fragt, wann genau die besagte Frau heute Morgen ihre Arbeit aufgenommen hat und erfährt, dass sie wenige Minuten vor 3 Uhr erschienen ist.
»Frau Christine«, sagt Erik, da er den langen Familiennamen schon wieder vergessen hat und ihn sowieso nicht aussprechen könnte. »Wir haben noch ein paar Fragen an dich. Dürfen wir reinkommen?«
»Ich habe doch schon alles gesagt«, meint sie ein bisschen erstaunt und leicht muffig.
»Du hast uns bisher so gut wie gar nichts erzählt, darum müssen wir noch ein paar Fragen klären.«
Etwas widerwillig bittet die Frau, die Ermittler in ihr Haus. »Ich weiß nichts über sie. Ich kann Ihnen nicht helfen«, versucht sie das Gespräch schnell wieder zu beenden.
»Wollen Sie mir ernsthaft sagen, Sie haben keine Idee, was Jacqueline privat gemacht hat?«, fragt Andrea etwas ungeduldig. »Egal ob man jemanden mag oder nicht, irgendetwas weiß man immer. »Ist sie gerne Rad gefahren, waren Sie zusammen am See? Welche Freunde hatte sie? Wissen Sie, dass sie auch im Kirchenchor gesungen hat?«
»Ja, das war ja kein Geheimnis.«
»Und was war ihr Geheimnis?«, bohrt die Kommissarin nach.
»Keine Ahnung? Nichts!«
»Hat Ihr Mann von Jacqueline’s Geheimnis gewusst?«
»Lassen Sie meinen Mann aus dem Spiel. Der hat damit überhaupt nichts zu tun. Es gibt kein Geheimnis!«, sagt Frau Schregenobersberger leicht gereizt. »Ich möchte Sie bitten, dass Sie jetzt gehen!«
»Aber nicht ohne dich. Entweder du beantwortest unsere Fragen oder wir nehmen dich mit«, mischt sich jetzt Erik etwas heftiger ein. »Sagt dir die Zeitungsanzeige ›Stenge Domina gesucht?‹ etwas?«
Christine bleibt stumm, aber man spürt, in ihr brodelt es gewaltig.
»Verdammt noch mal, reden Sie! Aber wir können auch gerne warten, bis Ihr Mann von der Arbeit nach Hause kommt und fragen ihn dann dazu. Er kennt nämlich diese Anzeige sehr gut«, poltert die Kommissarin los.
»Was fragen Sie noch, wenn Sie sowieso schon alles wissen«, faucht die Frau recht zickig zurück.
»Wir wollen es aber von dir hören. Letzte Möglichkeit, sonst nehmen wir dich wirklich mit«, klärt der Däne sie ganz ruhig auf.
»Verdammt! Natürlich habe ich gewusst, was sie macht. Dass aber mein Mann sie besucht, habe ich erst vor gut einer Woche gemerkt. Und? Wo liegt das Problem? Außerdem bin ich überhaupt nicht eifersüchtig. Zufrieden?«
Andrea ist geladen und kennt diese typischen Schutzbehauptungen, wenn jemand nicht mehr weiter weiß, darum beginnt sie jetzt richtig sauer zu werden, packt die Brechstange aus und versucht es mit einem Frontalangriff.
»Nein! Ganz und gar nicht. Das glaube ich nämlich nicht! Zugegeben, solche Personen mag es vielleicht auch geben. Aber nicht Sie. Wie hat es sich angefühlt, ins Bett zu gehen und am eigenen Kissen ein fremdes Parfum zu riechen? Gleichzeitig zu wissen, dass der eigene Ehemann, ihre Arbeitskollegin in genau diesem Bett, wenige Stunden zuvor, als geile Stute, wie er sie nannte, in alle Löcher gefickt hat und vom besten Sex seines Lebens sprach.«
Rums, das hat gesessen. Die Gesichtszüge der Frau haben sich merklich verändert, doch die Kommissarin lässt ihr kaum Zeit zum Atmen und legt noch einen drauf. »Also ich wüsste nicht, wen ich mehr hassen würde. Sie haben sich für die Frau entschieden. Vielleicht, weil Sie es nicht ertragen konnten, was diese Zunge alles mit ihrem Mann anstellt hat und haben Sie ihr dafür rausgeschnitten.«
»Ich sage nichts mehr«, ist alles was die Ermittler hören.
Andrea ruft die Meier’s an und gibt den Kollegen die Adresse durch. »Holt sie ab und gebt ihr unser schönstes Zimmer mit Seeblick«, wobei sie die Frau mit versteinertem Blick fixiert.
Nachdem die Festnahme mit Beschimpfungen vollendet ist, fahren die Ermittler etwas Essen.
Hallelujah
Auf der Tageskarte steht: TOAST HAWAII. Nach dem hitzigen Auftritt der Hauptkommissarin eine gute Wahl. Eigentlich hätten die Ermittler ja bereits längst Feierabend, aber Andrea muss erst mal runterkommen, außerdem wollen sie noch die Chormitglieder befragen.
»Tut mir leid, das war fraulich nicht sehr dezent, ist unterste Schublade und nicht einer leitenden Ermittlerin der Mordkommission würdig, aber ich wusste mir jetzt nicht mehr zu helfen«, beginnt die Kommissarin entschuldigend das Gespräch.
»Schon in Ordnung, außerdem hat sie ja wirklich ein Motiv. Oft funktioniert auch diese Art. Vielleicht bringen wir sie morgen zu einem Geständnis. Die Meier’s sollen aber besser nichts von deiner Art von ›Fingerspitzengefühl‹ erfahren, wie du es ihnen gesagt hast«, grinst Erik. »Lass uns jetzt lieber von etwas anderem reden. Übrigens, dieser Toast schmeckt sehr fein. Auch eine gute Alternative zur ewigen Pølse, aber jetzt am Würstelstand zu stehen, wäre einfach zu kalt.«
»In der Tat, immer nur Wurst oder Pølse, wie du sagst, wird ja auch langweilig.« Andrea seufzt plötzlich: »Stell dir vor, wir würden diesem mistigen Wetter entfliehen und auf Hawaii unter Palmen, Toast-Hawaii essend sitzen, wäre das nicht toll?«
Erik nickt. Er war schon oft im dänischen Winter auf der anderen Seite der Erde und hat Sonne, Meer und warme Temperaturen genossen, während die Kollegen in Århus sich durch das neblig graue Winterwetter quälen mussten.
»Was würde dir als Reiseziel gefallen? Ich meine, jetzt, um diese graue Jahreszeit zu verkürzen. Denkst du an Strand oder Städte, Sportaktivitäten oder Vulkanbesteigungen?«, will er wissen.
»Du kennst so viel, ich habe ja keine Ahnung von der Welt. Aber Strand und Meer sollten es schon sein. Nicht zu überfüllt, wo alle Touristen Liegestuhl an Liegestuhl zusammengepfercht sind. Ganz ruhig soll es aber auch nicht sein. Zumindest ein paar Möglichkeiten für Aktivitäten dürfen schon vorhanden sein. Also, was schlägt mein wandelndes Lexikon als Reisebürofachmann vor?«
Der Kollege schmunzelt. »In dem Fall muss man an mehrere Punkte denken. In zwei Tagen ist Dezember, Vorweihnachtsgeschäft. Viele wollen an den Strand. Das heißt, überfüllte Strände, wie in Lignano im Sommer« … »du meine Güte, das kommt ja fast einem Selbstmord nahe. Dort will ich ja im Sommer nicht mal begraben sein«, unterbricht Andrea sehr überzeugt.
»Das kann ich gut verstehen. Darum darf es kein Ziel sein, welches einfach und leicht zu erreichen ist. Ein Land, das nicht in vielen Katalogen angeboten wird. Welches vor allem, keinen oder fast keinen Charter-Tourismus hat.«
»Und so etwas gibt es noch?«