Die Note 6 - Herwig Riepl - E-Book

Die Note 6 E-Book

Herwig Riepl

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Beschreibung

Der 5. Fall von Hauptkommissarin Andrea Steiner führt sie ins Gymnasium. Was hat die Zahl 6 mit einer ermordeten Englischlehrerin zu tun und wer hat ein Motiv, sie zu töten? Die Schüler, das Lehrerkollegium, die Familie, aber auch eine Person, gegen die sie vor Gericht aussagen soll, werden verdächtigt. Als hätte die Mordkommission nicht schon genug Arbeit, kommt es nebenbei noch zu einer gefährlichen Entführung. Der dänische Hauptkommissar Erik Ingvardsen schafft es diesmal, das Fass zum Überlaufen zu bringen und fast alle gegen sich aufzubringen. Sogar über ein Disziplinarverfahren wird gemunkelt. Nur erotisch klappt es bei ihm, noch interessant zu bleiben.

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Herwig Riepl

Die Note 6

© 2021 Herwig Riepl

Umschlag, Illustration: Herwig Riepl

Lektorat, Korrektorat: Andrea Hoppe, Isabella Essler

Übersetzung: Herwig Riepl

Bilder: Herwig Riepl

Verlag und Druck:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

 

Paperback:

978-3-347-28173-8

Hardcover:

978-3-347-28174-5

e-Book:

978-3-347-28175-2

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Für Margot, ›Maggy‹ eine ganz liebe Jugendfreundin, Ruhe in Frieden †

Personen, Namen und Handlungen sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ereignissen oder Personen wäre rein zufällig.

Ausnahmen sind die privaten Erzählungen und Reiseberichte des Hauptkommissars Erik Ingvardsen, welche der Autor auch wirklich selbst erlebt hat.

Der Autor bemühte sich, in seinem Buch eine interessante Mischung aus Kriminalfall, Erotik und wahren Erlebnissen seiner Reisen darzustellen.

Inhaltsverzeichnis

Erfolgreiche Tage soll man richtig beenden

Die Hexe von Sherwood Forest

Schulnoten und eine Schwangerschaft

Sohn und Tochter, die man sich nicht wünscht

Wenig Hilfe von der anderen Abteilung

Wenn die Lust im Lustgarten unerträglich wird

Die Chefin ist auffallend entspannt

Spanferkel knusprig oder Steak zart rosa?

Noch ein Toter vor dem ersehnten Wochenende

Ein ganz schlimmer Verdacht

Angst, Trost und Geborgenheit

Die Nerven liegen blank

Das Warten wird zur Geduldsprobe

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Der traurigste Tag der Mordkommission

Ich habe das Gefühl, jeder macht was er will

Die nervige Pressekonferenz

Geld ist nicht alles, aber es vereinfacht vieles

Wo sind die verrückten Ideen

Gleich zweimal peinlich bloßgestellt

Wenn Schamhaare zum Erfolg führen

Ein erschütterndes Geständnis

Bilder

der Autor mit seiner Korrektorin Isabella Essler

Holzkirchen - Kischi Insel – Russland

2 Dollar Münze – Cook Inseln

Rialto Brücke – Venedig - Italien

Blutskirche – Sankt Petersburg - Russland

Mein 5. Buch ist fertig geworden. Manche Personen haben geglaubt, das wird meine Einstellung zu einem Mobil-Telefon ändern und auch ich werde mir erstmals eines zulegen. Doch ich wüsste nicht warum ich mir ein Hääändy kaufen soll. Es hat sich nichts geändert. Im Gegenteil, ich finde es angenehm, nicht für jeden immer und überall erreichbar zu sein. Gerade in der heutigen Corona-Zeit, wo viele Menschen davon sprechen, durch viele Gesetze Einschnitte in ihrem freien Leben zu verspüren, klingt das für mich fast noch merkwürdiger. Ich würde es als belästigend sehen, andauernd von einem brummenden oder klingelnden Telefon unterbrochen zu werden. Egal ob ich ein Gespräch führe, beim Essen bin, mit meiner Kamera gerade einen Schmetterling oder Vogel vor der Linse habe oder auf dem Klo sitze. Und dann würden mir noch tausend andere Argumente einfallen. Ich habe die Hääändy freie Zeit der 80er Jahre noch sehr gut in Erinnerung und muss sagen: Alles hat damals wunderbar geklappt. Nie hätte ich gedacht, dass es ein kleines Gerät einmal schaffen wird Menschen dazu zu bringen, ein persönliches Gespräch knallhart zu unterbrechen. Früher hat man das ›unhöflich‹ genannt. Heute ist es zur Selbstverständlichkeit geworden und wird offenbar geduldet. Nur für mich nicht. Bei mir kann es sogar passieren, dass ich aufstehe und gehe. Ich sage immer: Wie schön ist es, ganz in Ruhe leben zu dürfen, auch wenn das die meisten Leser anders sehen.

Erfolgreiche Tage soll man richtig beenden

Der heruntergekommene Club wirkt nicht sehr einladend und attraktiv. Eher schmuddelig und verwahrlost. Trotzdem ist er an diesem Sonntag bereits um 20 Uhr recht gut besucht. Die meisten Gäste die anwesend sind, wissen, warum man sich hier trifft. Nicht wegen der tollen Musik oder dem großen Angebot an Getränken. Auch nicht wegen der Snacks, die serviert werden. Genauso wenig wegen der Barfrauen und den Männern hinter der Theke. Und schon gar nicht wegen der zwei Striptease-Tänzerinnen, die sich lustlos um eine Stange drehen, unerotisch ihre Kleidung ablegen und schließlich, nachdem sie halbherzig den String recht unprofessionell abstreifen, die kleine Bühne verlassen, damit anschließend zwei neue, noch weniger reizende Frauen dieselbe Show anbieten.

Ein nicht sehr attraktiver Mann kratzt sich am Kinn und überlegt, wie viel er vor dem nächsten Würfelwurf setzen soll. Dann nimmt er einen Zweihunderter von seinem Stapel Geld, welches vor ihm liegt und wirft ihn in die Mitte des Tisches. Die anderen drei merkwürdigen Gestalten grinsen.

Sein linker Arm ist in Gips gepackt und sein rechtes Auge geschwollen, was auf eine kürzlich ausgetragene Schlägerei deutet. Immerhin, die rechte Hand funktioniert und kann den Würfelbecher ganz gut bedienen. Seine Jeans ist verwaschen und in Fransen, der Pullover hat am Ellbogen ein großes Loch und riecht ein bisschen nach Mottenkugeln. Der Hemdkragen löst sich bereits auf. Sein Haar, welches aus der verbleichten Schildkappe mit dem selbstgeschriebenen Namen ›Polizei‹ ragt, ist klebrig und fettig, das Gesicht wurde seit über einer Woche nicht mehr rasiert. Die Schildkappe hat schon mehrmals so manchen Besucher zum Lachen gebracht aber was zählt ist das Geld. Und davon hat er eine ganze Menge, nicht nur auf dem Tisch liegen, sondern auch in der Tasche neben sich. Das weiß auch der Beobachter, der an der Theke einen Drink schlürft. Das Würfelspiel ist eigentlich nur zum Spaß und ein Zeitvertreib, da er auf jemanden wartet. Seine Augen gehen dabei trotz Whiskey recht aufmerksam zwischen dem Würfelbecher, seinen Spielkollegen, den anderen Gästen und den Striptease-Tänzerinnen hin und her.

Auf einem Barhocker an der Theke sitzt auch eine Frau, deren Alter man schwer einschätzen kann. Sie hat graubraune verfilzte Haare, ist völlig deplatziert und schrill geschminkt, hat eine verwaschene halb geöffnete Bluse und einen kurzen gestrickten Rock an. Darunter Strapse, die sogar unter dem Rock hervorschauen. Der rechte Strumpf hat mehrere Laufmaschen, der linke Strumpf ein paar Löcher. Ihre Schuhe sollten Stöckelschuhe darstellen, welche so abgetragen sind, dass man nicht mehr viel davon erkennt. Ihr Lippenstift ist leicht verwischt und zeigt ihre knallig roten Lippen nicht mehr sehr ansehnlich zur Schau. Wenn sie den Mund öffnet sieht man, dass vorne ein Schneidezahn fehlt. Sie saugt an einem Strohhalm, welcher zu einem Longdrink gehört, der bereits fast leer ist. Geräuschvoll und nicht sehr fraulich versucht sie den letzten Rest heraus zu saugen. Nachdem sie kurz rülpst, fragt sie ungeduldig und leicht genervt den Mann neben ihr.

»He was ist, wann kommt dein Bote endlich? Ich brauche bald eine ordentliche Ladung!«

»Du Nutte brauchst wohl eine ganz andere Ladung!«, ruft jemand von der anderen Seite und grinst, worauf aber die zwei Personen an der Theke nicht reagieren.

»Das kann sicher nicht mehr lange dauern. Vielleicht noch zehn Minuten. Gedulde dich einfach, das müssen schließlich die anderen hier auch!«, sagt er grinsend mit einer bereits fast verbrannten Zigarette im Mund.

»Dann zahl mir noch einen Drink! Darfst mir dafür auch mal zwischen die Beine fassen!«, lallt die Frau schon leicht und öffnet noch einen weiteren Knopf ihrer verblichenen und muffigen Bluse.

»Lass lieber zu, ich will mir bei dir nicht noch die Krätze holen. Außerdem vertreibst du hier eher die Kunden, wenn sie dich nackt sehen müssten. Ich wundere mich aber immer wieder, wo du nur das ganze Geld für den Stoff her hast?«, fragt der Mann wesentlich interessierter.

»Ich bin eine Nutte, hast du das schon vergessen? Ich habe halt meine Qualitäten und mache Sachen, die Hausmütter ihren Männern sicher nicht bieten und es nicht mal wagen, daran zu denken«, grinst die Frau zurück und bekommt ein unschlüssiges und skeptisches Gesicht zu sehen.

»Kannst dich ja in der Zwischenzeit auch mal zur Stange begeben und tanzen, dann können wenigstens die Gäste hier einen neuen nackten Arsch sehen. Der macht mir zumindest einen geilen Eindruck!«

»Danke, aber die Zeit mit diesen Stangen und Nacktauftritten ist für mich vorüber. Da wird mir beim Drehen nur schwindelig«, erklärt sie.

»Zahl dem versoffenen Weib lieber noch einen Drink! Die soll bloß von der Stange weg bleiben und sich nicht ausziehen und die Möse lüften. Hier drin stinkt es schon genug, da möchte ich nicht wissen, wie es aus dem Brunzbuschen muffelt«, raunzt jemand von der anderen Seite zum Mann neben ihr.

»Hier stinkt es nach Männerschweiß und deinem Mundgeruch! Das ist nicht einmal theoretisch zu übertreffen«, faucht die Blondine zurück.

»Gib ihr lieber noch etwas«, sagt der Mann mit der erloschenen Zigarette im Mund zum Barmann, damit es keine unnötige Unruhe vor dem großen Deal gibt. »Und du halt dich bedeckt!«, fährt er sie etwas forsch an.

Neben diesen beiden Personen, warten noch einige weitere Gäste im Club auf die versprochene Drogenlieferung. Der Mann mit dem Gips-Arm und Würfelbecher in der Hand ist Däne, heißt übrigens Erik Ingvardsen und ist Hauptkommissar der Mordkommission Fürstenfeldbruck. Die Frau an der Theke ist seine hübsche und attraktive Kollegin, Polizeioberkommissarin Lena Müller. Sie beide arbeiten seit zwei Wochen Undercover mit den Kollegen der Drogenfahndung, die heute vermutlich vor dem finalen Abschluss stehen, weil sie einen ganz dicken Fisch erwarten, den sie aus dem Verkehr ziehen wollen.

Endlich kommt der von allen erwartete Bote mit einem Koffer voll Koks, Speed, Heroin, Ecstasy und Tabletten aller Art. Als es ans Bezahlen geht und die Ware die Besitzer wechseln, stürmen mehrere Polizisten und Kriminalisten in den Club. Auch Lena und Erik ziehen sofort die Pistolen und in kürzester Zeit können die Verantwortlichen völlig perplex und überrascht fast widerstandslos festgenommen werden.

»Woher hat die Schlampe jetzt die Knarre gezogen«, flucht der Mann, dem der Zigarettenstummel bei der Festnahme aus dem Mund gefallen ist.

Der ganze Aufwand ist ein voller Erfolg und die Kollegen der Drogenfahndung sind mehr als glücklich, endlich ihre lange observierten Personen dingfest gemacht zu haben.

»Wollen wir noch etwas trinken?«, werden die Kommissare von den Kollegen gefragt.

»Das nächste Mal gerne. Ich glaube, wir brauchen jetzt dringend eine Dusche«, sagen Lena und Erik gemeinsam, was die Jungs vom Drogendezernat auch verstehen können. »Ah, wenn ihr uns wieder einmal braucht, wir hätten nichts dagegen, eine Rolle im Anzug und Abendkleid zu übernehmen und gerne gut riechend aufzutreten!«, wozu sie ein Gelächter bekommen.

»Ich fahr dich nach Hause«, sagt Erik, der froh ist, dass es nicht so spät geworden ist und die Aktion erfolgreich, unblutig und schnell beendet wurde. Bevor er losfährt reißt er sich noch den Gips vom Arm und entledigt sich von dem alten Pullover, welcher sofort in einem Container entsorgt wird. Die Blondine entkleidet sich während der Fahrt im Auto von den kaputten Strümpfen, der Perücke und zieht auch schon die Bluse aus.

Als sie in Landsberied ankommen, fragt die Kollegin gleich recht verführerisch: »Wollen wir uns noch gemeinsam duschen und danach in den Whirlpool setzen?«

»Mhm, ich bin nicht sicher ob das eine so gute Idee ist, wenn Miriam da ist«, sagt Erik.

»Die übernachtet heute beim Journalisten. Der Günther hat es ihr angetan«, sagt sie erklärend. »Wir haben also sturmfreie Bude und sind ganz alleine … außer Andrea wartet natürlich auf dich«, ergänzt sie leicht hämisch.

»Nein sicher nicht, da ja die ganze Aktion heute Abend eigentlich wesentlich länger geplant war und ich in meiner Wohnung übernachten wollte. Wir hätten uns also sowieso nicht mehr gesehen. Unabhängig davon entscheide ich noch immer frei über mich was ich mache!«, erklärt der Däne. »Trotzdem bin ich aber recht froh, dass es jetzt zu einem erfolgreichen Abschluss kam und wir endlich wieder in die Mordkommission zurück können.«

»War ja mal ganz lustig und etwas völlig anderes bei den Leuten der Drogenfahndung, auch wenn mir manche Typen bei denen nicht sympathisch sind. Aber nach zwei Wochen Nutte spielen, freue ich mich auch wieder zusammen mit unseren Kollegen zu arbeiten«, gibt Lena zu. Dann versucht sie den Dänen auf ihre unbeantwortete Frage erneut zu ködern. »Aber ein paar Stunden eine gut duftende Nutte für dich zu sein, darauf hätte ich jetzt schon noch Lust! Wie kann ich dich in die Dusche zu mir bekommen? Wenn ich sage: ›Ich schwitze wie eine Sau und muss erst mal duschen‹ oder ›Ich bin ein heißes, schamloses und verruchtes Luder, die eine Abkühlung braucht‹?«

Die Vorstellung, mit Lena den Sonntag auf erotische Art zu beenden, klingt für den Dänen doch sehr anregend. Bei ihrer lustigen Beschreibung muss er lachen.

»Ich glaube, ich nehme die 2. Variante! Außerdem … wie war das? Du machst Sachen, die Hausmütter ihren Männern nicht bieten?«

»Überzeuge dich einfach!«, antwortet sie lüstern mit ihrem verführerischen Schmollmund.

»Ist das zwischen Miriam und Günther etwas ernsteres?«, will der Kommissar dann wissen.

»Na ja. Sie wirkt sehr fröhlich und zufrieden. Könnte also durchaus sein. Oder er vögelt einfach gut, aber ich glaube, sie ist diesmal wirklich verliebt«, meint Lena.

Kurz darauf stehen die beiden Ermittler gemeinsam in der Dusche und seifen sich gegenseitig kräftig ein. Auch die Haare müssen mehrmals gewaschen werden und der Körper ordentlich geschruppt, damit nichts mehr von den vergammelten Kleiderdüften zu riechen ist.

»Eigentlich hätte ich gerne mal gesehen, wie du an so einer Stange tanzt und einen Striptease hinlegst«, sagt der Kollege, während ihm das Wasser über den Kopf läuft.

»Zuerst möchte ich auf deiner Stange tanzen, aber vielleicht gibt es ja einmal die Möglichkeit, so etwas privat zu machen und einen Raum dafür zu mieten«, bietet die blonde Kollegin zustimmend an.

Anschließend wird der Kommissar gut abgetrocknet und gleich ins Schlafzimmer geführt.

»Heute spielen wir einmal nach meinen Spielregeln«, sagt sie bestimmt und bereits triumphierend. »Wir haben noch nie mehr als eine Stunde zusammen verbracht. Ich meine im Bett. Darum sollten wir unbedingt diese unerwartete Möglichkeit nutzen, auch wenn es eine heiße lange Nacht … oder kurze Nacht zum Schlafen werden könnte«, kichert sie.

Der Hauptkommissar hebt lächelnd die Hände und sagt zustimmend: »Na gut. Heute gehöre ich dir, aber vergiss nicht, ich bin keine Maschine!«

»Und ich kein Ungeheuer!«, unterbricht sie ihn. »Ich möchte dich einfach mal länger genießen und mit dir zusammen sein. Wie wäre es mit einer Massage auf Lena´s Art? Aber … ohne einen Orgasmus will ich den Abend mit dir natürlich auch nicht beenden!«, stellt sie gleich fordernd klar.

Nach der Dusche will Lena, dass sich der Däne mit dem Bauch auf ihr Bett legt. Dann holt sie eine Flasche Öl und reibt ihren Kollegen großzügig damit ein. Von der Schulter bis zu den Beinen wird er sanft massiert. Als sie fertig ist, ölt sie sich selbst ein und legt sich auf seinen Rücken. Dabei reibt sie sich ganz erregend und eng an ihn, während im Hintergrund Musik der 70er Jahre zu hören ist. Die Lippen an seinem Ohr mit ganz leichten Bewegungen des Körpers, genießen sie sich ohne etwas zu sprechen. Dazu erschnuppert der Däne noch eine süßliche Parfumwolke von der auf seinem Rücken liegenden Blondine. Nach einer Weile steigt sie ab und richtet sich auf.

»Einmal umdrehen«, fordert sie ihn auf.

»Äh, so klebrig wie ich bin … bist du sicher?«, fragt Erik. »Ich will nicht dein Bett einfetten.«

»Wir werden gleich noch viel mehr einsauen«, grinst Lena selbstsicher. »Das ist nur ein Laken und kann gewaschen werden. Und wenn es nicht raus geht, dann taugt es sowieso nichts und wird erneuert«, bekommt er erklärt.

Darauf nimmt sie erneut die Ölflasche und spritzt großzügig mehrere Male auf seine Brust und Bauch. »Hihi, einer spritzt jetzt schon«, kichert sie und gleitet mit ihren Händen über seinen Körper. Erneut wird der Kommissar vom Hals bis zu den Beinen von ihren Händen massiert bis sie sich auf ihn legt und dies mit ihrer Brust und dem Bauch weiter vollführt. Die Tango-Tänzerin versteht es ihren Körper einzusetzen und flutscht erotisch auf dem Kollegen hin und her. Ihre Brustwarzen sind hart und pressen sich gegen die Haut des Kollegen, dass beiden ein Schauer über den Rücken läuft. Erik kann gar nicht so schnell schauen, wie Lena sich bewegt und ihn erregt. Einmal nimmt er die Gelegenheit war, fasst sie an den Rücken und macht eine blitzschnelle 180 Grad Drehung, womit die Blondine jetzt auf dem Rücken liegt. Darauf beginnt Erik sein Spiel, wozu die Blondine bald darauf schwer keucht.

»Wahnsinn, deine öligen Finger machen mich ja total verrückt!« und als er darauf nur noch intensiver an ihr spielt, schnappt sie bereits nach Luft und keucht ihren Höhepunkt voller Lust hervor. »Geil, was für ein unbeschreibliches Gefühl! Komm mein aufregender Höhlenforscher, jetzt sollst du einen Orgasmus auf eine Art erleben, wie du ihn vielleicht noch nicht kennst.«

Erik ist, als er wieder auf dem Rücken liegt alles egal. Lena übergießt sich einmal mehr mit Öl und rutscht auf dem Dänen auf und ab. Sein steifes Teil wird immer wieder an den öligen Hals, Busen, Bauch, Schamhügel und zwischen die Schenkel gepresst. Reitend verführt ihn die Kollegin ohne dass er in sie eindringt. Er ist nicht einmal sicher, woran sein Luststab gerieben wird als es ihm kommt aber das ist in dem Moment auch nicht wichtig. Die Blondine keucht und hat ihm wirklich eine aufregende Massage gezeigt. Danach geht es in den Whirlpool, mit einer Flasche Bier und einer Pizza.

»Herrlich, nach der geilen Rutschpartie so ein Entspannungsbad«, freut sich Lena, da es ihr gelungen ist, Erik nicht nur zu einem sexuellen Erlebnis zu überreden, sondern auch einmal eine gemeinsame Nacht zu haben.

Die Oberkommissarin kommt jedenfalls an diesem Abend voll auf ihre Kosten. Am nächsten Tag zum Frühstück serviert Lena im Stile eines Zimmermädchens einen duftenden Kaffee, Juice, weichgekochte Eier und aufgebackene Brötchen mit Wurst und Marmelade ans Bett. Bekleidet ist sie nur mit einem Hütchen und mit schwarzen Netzstrümpfen, die mit roten langen Bändern an den Oberschenkeln festgehalten werden. Dazu spricht sie im französischen Akzent.

»Bitte seehr. Isch hoffe, alles ist für Monsieur zur Zufriedenheit? Kann isch für Sie sonst noch etwas tun?«, fragt sie und blinzelt auffällig mit den blauen Wimpern.

»Das sieht ja alles wunderbar aus«, staunt Erik und meint gleich weiter: »Ja, Sie können wirklich etwas machen. Mit mir gemeinsam frühstücken.«

Dann essen beide zusammen und als Lena danach alles abgeräumt hat, fragt sie: »Wollen Monsieur vielleicht noch eine kleine Dessert?«

»Danke, ich bin wirklich sehr zufrieden. Der Service hier ist auch ausgezeichnet. Aber da ich heute wieder abreisen muss, dürfen Sie sich von mir etwas zum Abschied wünschen. Vielleicht kann ich ja dem nachkommen?«

»Oooh Monsieur, wie gütig. Isch hätte wirklisch eine Idee aber … mhm ich weiß nisch so richtig wie ich sagen soll und ob isch sagen darf«, meint sie leicht verlegen dazu.

»Einfach was Sie denken. Keine Angst, ich beiße nicht.«

Dann lächelt Lena und sagt: »Beißen wäre nicht so gut, isch glaube, lecken wäre wesentlich angenehmer hat man mir gesagt.« Dann steht sie vor dem liegenden Erik und öffnet ganz leicht ihre Schamlippen. »Hier, eine Stelle an meiner glatten Muschi juckt ganz intensiv. Isch weiß einfach nicht was isch machen soll.«

Zum Glück weiß Erik, was zu machen ist um das Jucken zu beenden und kann sein französisches Zimmermädchen zufriedenstellen und mit einem Guten-Morgen-Orgasmus belohnen, damit ihr Arbeitstag auch als Kommissarin gleich gut beginnt.

»Guten Morgen«, sagt die Chefin der Mordkommission Fürstenfeldbruck recht entspannt und blickt dabei auf die Kollegen. »Wie ich sehe, sind wir heute endlich wieder alle zusammen und können uns jetzt unseren eigenen Aufgaben widmen. Jedenfalls klingt es nach einem erfolgreichen Abschluss unserer Undercover-Kommissare?«, fragt Andrea gleich interessiert.

»Das kann man wohl sagen!«, schwärmt Lena richtig aufgeweckt. »Es war wirklich ein voller Erfolg der Kollegen und das durch unsere Hilfe. Es ist schon unglaublich, wie naiv manche Menschen sind und ihnen das Hirn versagt, wenn sie Geld sehen und riechen. Erik und ich waren ja wirklich alles andere als attraktiv gekleidet aber es ist halt wieder einmal ein Beweis, wenn man mit Geld rumwirft, bekommt man die Aufmerksamkeit der Gesellschaft. Der sogenannte Bote hatte einen Koffer voller Drogen aller Art bei sich. Diesmal hat es auch einige Drahtzieher und Hintermänner der Gruppe und nicht nur deren Handlanger und Mitläufer getroffen.«

»Gratuliere! Bleibt ihr eigentlich heute noch hier? Wenn ich richtig informiert bin, habt ihr den Tag frei?«

»Wir wollten uns zumindest auf den neuesten Stand bringen lassen. Außerdem stehen noch Schreibarbeiten an. Vielleicht machen wir den Nachmittag frei«, erklärt Erik.

»Hast deine Zeit als Nutte also beendet oder stehst jetzt noch privat am Straßenstrich?«, fragt der 2er grinsend.

»Dir ist offenbar wieder einmal so richtig langweilig, dass nur Schwachsinn aus deinem Mund kommt?«, sagt die Blondine. »Geh ein bisschen Hundescheiße von den Straßen und Bordsteinkanten sammeln. Dann kannst den Kot untersuchen und die Personen mit den Hunden einen Gentest machen lassen und gleichzeitig eifrig Strafzettel verteilen. Der 2er Meier als Scheiße-Experten-Schreck«, kichert sie.

»Ah … habe ich das alles vermisst!«, meint die Chefin recht abfällig. »Dann können wir uns jetzt wieder auf unsere Aufgaben konzentrieren. Aktuell untersuchen wir einen Autounfall, der möglicherweise absichtlich verursacht wurde und wobei es dabei auch einen Toten gab. Noch ist die Sachlage nicht eindeutig geklärt und muss genau ermittelt werden.«

In diesem Moment klopft ein Mann an die Tür und kommt auch schon in den Besprechungsraum gestürmt. »Entschuldigen Sie die Störung! Ich war gerade bei der Vermissten-Stelle. Meine Frau ist seit gestern Nachmittag nicht nach Hause gekommen«, sagt er sehr aufgeregt.

»Haben Sie die Angaben zu Ihrer Frau bei den Kollegen gemacht? Wir sind hier die Mordkommission und hoffentlich nicht zuständig!«, erklärt Andrea.

»Ja … aber die wollen mir nicht helfen, weil es noch nicht einmal einen Tag her ist. Ich bin mir aber sehr sicher, es ist ihr etwas zugestoßen. Sie ist Englischlehrerin und müsste jetzt in der Schule unterrichten. Ich habe dort angerufen, aber sie hat sich weder krank gemeldet noch ist sie dort erschienen. Da stimmt etwas nicht«, sagt er bedrückt.

Andrea erklärt die Besprechung für beendet und nimmt den Mann mit ins Büro der zwei Hauptkommissare.

»Ist das schon einmal vorgekommen, dass sie weggeblieben ist?«, fragt Erik nach.

»Nein, noch nie. Pflichtbewusst wie sie ist, würde sie auch immer in der Schule anrufen. Entschuldigen Sie, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Harald Hofner.«

Die Hauptkommissare stellen sich ebenfalls vor und werden unterrichtet, dass sie gestern nach der Schule nicht zu Hause in Malching erschienen ist.

In dem Moment kommt Erika ins Büro und fragt den Mann: »Wie heißt Ihre Frau?«

»Camilla Witchersbury-Hofner«, antwortet er.

»Bingo! Sie wurde soeben gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Keine Sorge, ihr geht es gut, aber sie scheint geistig verwirrt zu sein. Darum hat man sie vorsorglich mitgenommen«, erklärt sie und verabschiedet sich schon wieder.

Der Ehemann ist erleichtert sagt aber zugleich: »Sie war noch nie geistig verwirrt. Das kann gar nicht sein!«

Erik schlägt vor, den Mann sofort ins Krankenhaus zu fahren und will sich gleichzeitig selbst erkundigen, was wirklich mit der Frau passiert ist. Als die zwei Hauptkommissare im Auto sitzen, erfahren sie, dass seine Ehefrau Britin ist, was somit auch ihren Namen erklärt. Sie ist Englischlehrerin im Gymnasium hier in Fürstenfeldbruck und 55 Jahre alt.

Im Krankenhaus angekommen, kümmert sich der Ehemann um seine leicht benommene Frau, während Erik den Arzt befragt, was genau passiert ist.

»Ich habe keine Ahnung was diese Frau letzte Nacht gemacht hat, aber ich glaube nicht, dass sie freiwillig Schlafmittel und Benzozyademin, also die sogenannten K.o-Tropfen eingenommen hat.«

Der Kommissar hebt erstaunt die Augenbrauen. »Wurde sie vergewaltigt oder ausgeraubt?«

»Weder noch. Die Kleidung ist unversehrt und auch nicht schmutzig. Es gibt keine Spuren von Gewalt an ihr und auch der Inhalt der Handtasche scheint ebenfalls vollständig zu sein. Zumindest was Geld, Ausweis, Handy und Schlüsselbund betrifft.«

»Ist sie ansprechbar?«, will Erik noch wissen.

»Ja, natürlich. Ihr Mann kann sie auch schon wieder mit nach Hause nehmen. Die Mittel, die sie eingenommen hat, waren nicht sehr stark … aber immerhin so konzentriert, dass man nicht zurechnungsfähig ist. Manche stellen sich bei der Menge auch vor einen Zug oder springen irgendwo runter. Sie sollte zum aktuellen Zeitpunkt auf keinen Fall alleine sein.«

»Was wollen Sie damit andeuten?«, fragt die Kommissarin.

»Sie sind die Polizei und müssen schon selbst Ihre Schlüsse daraus ziehen. Ich kann nur vermuten. Wenn jemand unfreiwillig … und davon gehe ich aus, diese Sachen einnimmt, gibt es für mich drei Gründe. Zwei hat ihr Kollege bereits hinterfragt. Vergewaltigung und Raub, was ich ausschließen kann. Für mich gibt es dann noch die Möglichkeit, jemanden in den Selbstmord zu treiben. Oder man nimmt das freiwillig ein, um einen Selbstmord unbeschwerter durchzuführen.«

Andrea pustet überlegend langsam die Luft aus und bedankt sich beim Arzt. Anschließend gehen sie zur Patientin und fahren das Ehepaar ins Präsidium. Natürlich wird Frau Camilla Witchers-bury-Hofner sofort befragt, wo sie diese Mittel eingenommen hat, aber sie kann sich absolut nicht mehr daran erinnern. Auch nicht, wie sie an den Weg entlang der Amper kam und warum sie auf der Bank saß. Sie kennt die Stelle, verbringt dort gerne immer wieder ein bisschen Zeit, um die Ruhe zu genießen aber kann sich nicht erinnern, mit dem Auto nach der Schule dorthin gefahren zu sein. Am gestrigen Sonntag haben sich die Lehrer und Schüler in der Schule zu einem Elternsprechtag getroffen. Von dort ist sie nicht mehr zurückgekehrt. Schließlich bleibt den Kommissaren nichts anderes übrig, als die beiden vorerst nach Hause zu bringen.

In einem Lokal in Fürstenfeldbruck genehmigen sich Andrea und Erik anschließend einen Kaffee.

»Was hältst du von dieser Aktion mit der Frau?«, fragt der dänische Kollege.

»Gute Frage. Ich habe dazu keine Idee aber es ist zumindest nicht unser Fall. Falls sie Strafanzeige gegen unbekannt stellt, sind wir auch nicht zuständig. Trotzdem … merkwürdig ist es schon«, wundert sich die Kommissarin.

Die Schreibarbeiten, die der Däne als ›lästig‹ beschreibt, sind natürlich auch wichtig und müssen gemacht werden. Leider manchmal auch zeitaufwendig aber immerhin gibt es keinen dringenden Fall, worauf man sich stürzen muss. Der Kommissar ist trotzdem froh, als er bereits Mittag nach Hause fährt und sich endlich mal ausschlafen kann.

Die Hexe von Sherwood Forest

Erik ist fit und ausgeschlafen, als er am nächsten Tag ins Präsidium kommt, wo die tägliche Morgenbesprechung um 8 Uhr beginnt. Er ist der letzte der Gruppe und hört bereits eine rege Diskussion. Nicht über einen Fall und die Arbeit sondern es dreht sich um einen besonderen Geruch. Normal riecht es nach Kaffee, den sich alle Kollegen am Morgen genehmigen. Diesmal aber überflügelt ein anderer Duft die Kaffeebohnen.

»Das stinkt ja wie in einem Puff!«, tönt der 2er. »Das ist ja nicht auszuhalten! Mach das aus und reiß gleich das Fenster weit auf!«, fährt er die junge Büroschreibkraft an.

Sabrina sagt nichts und sitzt nur verschreckt auf ihrem Stuhl, da sie mit dieser Reaktion überhaupt nicht gerechnet hat. Sie war mit dem Gerichtsmediziner in Sri Lanka und hat einige Räucherstäbchen mitgebracht, von denen jetzt ein paar auf dem Fensterbrett im Blumentopf stecken und langsam eine Duftnote den Raum einhüllt.

»Jetzt halt aber die Luft an. Endlich riecht es nach etwas Frischem und Neuem hier. Wir müssen dich auch ertragen, wenn du im Sommer Schweiß gebadet bist und tonnenweise dein penetrantes Ranzel-Parfum auflegst. Außerdem, weißt du überhaupt wie es in einem Puff riecht?«, stänkert Lena, wofür sie bei der Gegenfrage ein paar Schmunzler sieht.

»Du mit deinem Blondinen-Gestank musst reden«, mosert der 2er zurück.

»Also ich finde, es riecht richtig toll«, meint der 1er und wird skeptisch von seinem Freund angeschaut.

»Ist das vielleicht euer Schwulen-Parfum, das es dich so sehr begeistert? Oder sitzt man dann zusammen am Boden und macht ›ohmmmmm‹ und schaut blöd vor sich hin, wie diese ganzen Bescheuerten?«, kontert er.

»Die Räucherstäbchensorte heißt Sandelwood und wird sehr viel in den Tempelanlagen in Sri Lanka verwendet. Außerdem habe ich noch die Duftnote Amber gekauft«, erklärt Sabrina etwas euphorischer, da sie erkennt, mit ihrem Geschmack nicht alleine zu sein. »Ich finde, es hat etwas Mystisches aber ich mache es auch schnell aus, wenn es euch stört«, sagt sie.

Bis auf den 2er sind aber alle begeistert und stimmen zu, dass die Stäbchen weiter brennen dürfen.

»Kannst ja ein bisschen raus gehen und alte Omas sicher über die Straße bringen. Oder die Tauben, die dein Auto anscheißen verwarnen«, lacht Lena in Richtung des meckernden Kollegen.

Der 2er will gleich wieder zum Gegenschlag ausholen als ihn die Chefin scharf anschaut. Darum sagt er lieber nichts mehr, da er erkennt, dass er einmal mehr alleine mit seiner Meinung dasteht.

»Erik, du hast doch immer so lustige Geschichten von deinen Reisen erzählt. Hast du nicht etwas erlebt, das richtig gestunken hat und du uns und unseren murrenden Kollegen sagen kannst?«, fragt die Blondine nach.

Der Hauptkommissar überlegt kurz, dann muss er aber sogar selbst schmunzeln. »Ich habe tatsächlich eine sehr stinkende Geschichte für euch und diese sogar mehrmals selbst erlebt und gerochen. Es handelt sich dabei um eine ganz besondere Frucht, die es vorrangig in Südostasien gibt. Hauptsächlich in Thailand, Malaysia, Singapur, Indonesien und Kambodscha. Die Bäume sind gewaltig und werden bis zu 40 Metern hoch. Auch die Früchte haben Größen von riesigen Wassermelonen oder gar noch größer. Die Frucht selbst ist von etwa einen Zentimeter langen, harten und holzigen Stacheln umgeben und nennt sich Durian.«

»Und wie schmeckt und stinkt diese Frucht?«, will Lena natürlich gleich weiter wissen.

»Ehrlich gesagt, ich kann es schwer in Worte fassen, aber es wird so erklärt: Der Geschmack liegt zwischen einer Walnuss und Vanille aber sehr fruchtig mit einem starken zwiebeligen Geschmacksanteil. Erst wenn man diese Frucht öffnet, entweicht dabei eine schwefelhaltige Verbindung, die einem dann wirklich den Atem nimmt.« Der Kommissar muss bei seiner Erklärung plötzlich sogar selbst lachen. »Ich weiß nicht, ob man sich so einen bestialischen Gestank überhaupt nur ansatzweise vorstellen kann? Beschrieben wird der Geruch …«, Erik seufzt und kichert gleichzeitig in sich hinein. »Na ja, ich würde es wohl passender als Gestank nennen, eine Kombination von vergammeltem Käse und Lauch.«

Die Kollegen rümpfen die Nase, manchen entspringt auch ein ekliges »iiiieeehhhhh.«

»Die Früchte werden aber nicht nur roh gegessen, daraus wird auch Saft, Kuchen, Speiseeis, Chutney oder Marmelade gemacht. Jedenfalls ist sie in diesen Ländern eine Delikatesse. Gleichzeitig ist die Durian aber in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Hotels absolut verboten. Auch im Flieger darf sie nicht mitgenommen werden. Was eine geschmuggelte Frucht für Auswirkungen haben kann, will ich euch von Zeitungsberichten kurz erzählen. 2019 wurde die Universität von Canberra wegen eines vermeintlichen Gaslecks geräumt und von der Feuerwehr durchsucht. Grund war eine Frucht, die jemand bei sich in der Tasche hatte. Im Sommer 2020 sorgte ein Packet mit vier Früchten bei einer Post hier in Bayern für einen Großeinsatz von mehreren Feuerwehren, Rettungsdiensten und Polizei. Ein Gebäude musste komplett geräumt werden, zwölf Mitarbeiter der Post wurden angeblich medizinisch versorgt, sechs davon kamen sogar ins Krankenhaus. Ich glaube, das sagt über den Geruch und die Auswirkungen alles. Übrigens … sie wird auch als Stink- oder Kotzfrucht bezeichnet«, beendet der Kommissar belustigt seine Erklärung.

»Sauber! Die besorg ich mir einmal. Wäre ja interessant, wie die Kollegen von den anderen Abteilungen darauf reagieren«, meint der 2er bereits wieder recht heiter. »Und dir steck ich dann eine in den Ausschnitt«, meint er zur Blondine.

Der Hauptkommissar aus Dänemark hat jedenfalls mit einem Reiseerlebnis wieder einmal die Kollegen verzaubert und in diesem Fall auch zum Lachen gebracht. Danach geht es endlich weiter und die Chefin kann die Morgenbesprechung beginnen. Dabei fragt sie nach, wie es um den Autounfall steht.

»Unserer Einschätzung nach sieht es nach einem normalen Unfall aus. Der Unfallfahrer hat ganz klar gebremst, das ergaben die Bremsspuren und Aufzeichnungen am Unfallort. Wir konnten die Geschwindigkeit ermitteln, haben den Bremsweg berechnet und können nicht erkennen, dass Absicht dabei war«, erklärt der 1er Meier den Vorfall.

»Das heißt ja, wir haben keinen Fall und können wieder nach Hause gehen«, sagt Miriam erfreut.

»Da bin ich voll dabei«, unterstützt der 2er schnell die Fallanalytikerin.

»Träumt weiter«, sagt Mike. »Ihr dürft uns gerne alle auch einmal im Büro helfen. Da gibt es noch genug Arbeit«, womit er bei seinem Vorschlag von Erika und Sabrina lautstark unterstützt wird.

Noch lauter fliegt die Tür zum Besprechungsraum auf und ein Polizist keucht in den Raum: »Ihr habts a Leich! Bei der Halbinsel an der Amper. Parkplatz ›Badeplatz‹. Die Spusi und der Leichenfledderer sind schon benachrichtigt.«

Andrea nickt dankend dem Polizisten zu und sagt darauf zu Mike: »Ich befürchte mit der Hilfe im Büro wird es vorerst nichts werden«, worauf sich die Meier´s, Miriam, Lena, Erik und die Chefin eilig erheben.

Kurz darauf sind sie schon am besagten Parkplatz neben der Amper. Gleich dahinter ist das Landschaftsschutzgebiet, wo eine Frau in der Wiese liegt. Der Gerichtsmediziner trifft gleichzeitig mit den Kriminalisten ein.

»Hallo Herwig! Was macht Klagenfurt? Kannst noch schwimmen im Wörthersee oder ist es schon zu kalt?«, fragt Erik amüsiert.

»Heast, schwimman kånst des gånze Jåhr. Åba jetzt is leida schon so kålt«, sagt er und zeigt mit den Fingern ein paar Zentimeter an, worüber der Däne lacht, da ihm klar ist, was bei der Kälte auf diese Größe schrumpfen könnte.

»Bei dir ist aber das Teil wohl das ganze Jahr nur in der Größe vorhanden«, kichert Lena den attraktiven Österreicher mit dem Pferdeschwanz und seinem typischen Dialekt an. »Außerdem hast heute ganz kleine Augen!«

»Des glabst a nur du«, meint er. »Die Sabrina is von meiner Hengstgröße begeistat«, sagt er noch und beugt sich bereits zur Leiche.

Als die Kommissare das Gesicht der Frau sehen, schrecken sie fast zurück: »Du meine Güte, das ist die Frau … na ja, diese Engländerin, die gestern noch verwirrt aufgefunden wurde«, sagt Andrea aufgeregt.

Der Däne pustet die Luft langsam aus: »Oje, was ist da nur passiert?«, meint er bedauernd.

Der Mediziner braucht nicht lange, um festzustellen, dass sie erschlagen wurde. Die schwere Kopfverletzung ist aber auch nicht zu übersehen. Dann schaut er noch flüchtig auf den Körper und sagt schließlich, nachdem er von Miriam aufgefordert wird, ein klares Deutsch zu sprechen.

»Das sieht nach einem runden harten Gegenstand aus. Ein Eisenrohr würde dazu passen. Damit wurde sie voll am Kopf getroffen. Weitere Verletzungen kann ich vorerst nicht sehen. Ich würde sagen, alles weitere, wenn ich sie am Tisch habe«, meint er, gähnt recht lange und will schon wieder gehen.

»Moment! Oder hast eine Pizza im Ofen die bereits anbrennt? Was ist mit der Tatzeit?«, ruft Andrea verwundert.

»Ah so, ja, vor einer guten Stunde muss das passiert sein«, sagt er beschwichtigend und gähnt erneut.

»Ist gestern spät geworden?«, fragt Lena, wozu er nur müde nickt. »Die Österreicher halten auch nichts mehr aus. Musst mal mit mir zu einen Umtrunk mitgehen oder war das Sabrina, die dich im Bett fertig gemacht hat?«, kichert sie.

Der Gerichtsmediziner geht nicht darauf ein, da ihm fast die Augen zufallen und verabschiedet sich endgültig, während Erik in die Tasche der Toten greift, die um ihren Arm hängt und den Ausweis rausholt.

»Ah genau, Camilla Witchersbury-Hofner heißt sie«, sagt er und erinnert sich wieder an den ungewohnten Namen. »Von der Tatzeit würde es genau passen, eine halbe Stunde vor dem Schulbeginn. Jedenfalls sieht es vorerst nicht nach Raubmord aus« wobei er andeutet, dass in der Handtasche Geldbörse, Haustürschlüssel und Autoschlüssel sind. »Sogar das Mobil-Telefon ist noch vorhanden.«

»Der Ehemann hat gestern gesagt, sie wohnen in Malching. Warum liegt sie dann hier? Die Schule liegt doch in einer anderen Richtung?«, wundert sich Andrea.

Als Gabi und ihr Team von der kriminaltechnischen Untersuchung eintreffen, räumen die Kommissare bereitwillig das Feld und machen ihr Platz.

»Hallo Gabi«, sagt Andrea. »Viel Glück bei der Spurensuche. Vielleicht findet ihr das Tatwerkzeug. So etwas wie ein Eisenrohr. Wir haben schon mal geschaut aber hier unmittelbar um den Tatort liegt nichts dergleichen rum.«

»Oje, wir sind hier nur wenige Meter von der Amper entfernt. Wir geben unser bestes aber … die wird irgendwo im Fluss gelandet sein, befürchte ich«, meint die Spusi-Chefin.

Lena und Miriam gehen bereits den Weg entlang der Amper, um eventuell weitere Spuren zu finden. Die Tat selbst muss auf diesem Weg passiert sein, da man erkennen kann, dass die Frau an ihrer Jacke etwa zehn Meter weit in die Wiese gezogen wurde. Trotzdem wird von den Ermittlern vorerst nichts dazu gefunden, worauf sie, nachdem die Leiche abtransportiert wird, wieder ins Präsidium zurückfahren. Nur die Meier´s bleiben vor Ort und sichern weiterhin den Tatort, bis er von der Spusi frei gegeben wird.

»Also gut. Wir müssen den Ehemann in Malching benachrichtigen und auch in die Schule fahren und Bescheid geben. Wer macht was?«, fragt Andrea.

»Ich würde vorschlagen, Miriam fährt mit mir ins Gymnasium, um uns bei den Lehrer-Kollegen umzuhören«, meint der Däne.

»Du willst doch nur Miriam nebenbei ausfragen, wie ihre Nacht mit dem Journalisten Günther war«, vermutet Lena, worauf der Däne recht fröhlich entgegnet: »Ich muss alles wissen, ich bin schließlich Hauptkommissar und von euch beiden der Vorgesetzte.«

»Und ich bin die Chefin von euch drei Untertanen«, sagt Andrea belustigt. »Dazu gehört sogar unser Dansk Mand und muss sich fügen, auch wenn er das oft vergisst. Aber ich will nicht so sein, kümmert ihr beide euch um das Gymnasium. Lena und ich fahren nach Malching zum Ehemann.«

»Ich höre«, sagt Erik nur, als er mit der Fallanalytikerin im Auto sitzt und losfährt.

Miriam schüttelt den Kopf und muss grinsen: »Also … du bist einfach unverbesserlich! Glaubst du wirklich, ich erzähle dir alles?«

»Warum nicht? Was ist schon so geheimnisvoll?«, kommt die kurze Gegenfrage an sie zurück.

»Es gibt auch ein Privatleben. Ich frage dich auch nicht, was du gestern Mittag genau gegessen hast oder ob du nach eurer verdeckten Ermittlung mit Lena noch im Bett warst«, erklärt die Fallanalytikerin.

»Paprikaschnitzel mit Reis, dazu einen gemischten Salat und ja, am Abend war ich mit Lena im Bett und bin auf ihrem glatten Körper fast ausgerutscht«, sagt der Kommissar ganz locker.

Miriam seufzt leicht verwirrt: »Dir ist aber auch wirklich nichts peinlich oder?«

»Warum? Das ich gegessen habe oder weil ich Sex hatte? Was soll daran peinlich sein? Ich will dir nur sagen, dass ich damit kein Problem habe. Das sind ja alles keine Nachrichten. Jeder Mensch muss Essen und das auch noch jeden Tag. Was ist so besonders daran? Und ja, es gibt auch Sex zwischen Personen. Auch so etwas spielt sich zig millionenfach täglich ab. Wie gesagt, das sind alles keine wichtigen Neuigkeiten. Nur … wenn ich dich allgemein frage, wie es mit Günther läuft und es bei ihm war, wobei du mir nicht erklären musst, was ihr im Bett genau getrieben habt, zeigt nur mein Interesse, dass ich mich freuen würde, wenn es bei euch etwas ernstes wird. Außerdem bist du auch schon 36 Jahre, nicht das du noch vergessen wirst«, schmunzelt er.

»Mach dir keine Sorgen, ich werde sicher nicht als frustrierte Jungfer enden!«, antwortet sie etwas ungehalten. Dann legt Miriam aber etwas gerührt ihre Hand auf Erik´s Oberschenkel und sagt: »Entschuldigung, das ist lieb von dir. Ich habe dich schon verstanden und kenne dich ja mittlerweile schon länger. Ich muss zugeben, bei Günther schlägt mein Herz schneller. Wir verstehen uns wirklich gut, haben viele Gemeinsamkeiten und …«, dann blickt sie den Kollegen an, scheint ihre weitere Antwort abzuwiegen, lächelt und meint schließlich: »es klappt auch wunderbar im Bett.«

»Das freut mich für dich und euch! Wirklich!«, ist darauf die ehrliche Antwort des Dänen.

»Dieses eine Mal mit dir im Wald und danach bei mir zu Hause war auch sehr schön. Nur spüre ich jetzt noch zusätzlich das Gefühl verliebt zu sein«, sagt sie ganz offen.

Als die zwei Ermittler in der Schule ankommen, gehen sie zuerst in die Direktion und stellen sich der Direktorin vor. Die Frau ist völlig schockiert, was sie zu hören bekommt, muss sich erst einmal setzen und will natürlich sofort wissen, was genau passiert ist.

»Wir stehen erst am Anfang der Ermittlungen und haben Frau Camilla Witchersbury-Hofner heute Morgen tot aufgefunden. Aus ermittlungstechnischen Gründen können wir noch nicht viel sagen«, wird ihr vom Hauptkommissar erklärt.

»Die Tat wurde in der Nähe der Amper ausgeführt und muss sich kurz vor Schulbeginn ereignet haben«, sagt Miriam weiter. »Haben Sie eine Ahnung, ob Frau Witchersbury hier in der Schule Feinde hatte?«

»Wie meinen Sie das?«, fragt Direktorin Rosalia Hüttl ganz schockiert.

»So wie ich es sage. Probleme mit den Lehrer-Kollegen oder mit den Schülern?«

»Ich gebe zu, sie war manchmal ein bisschen kompliziert mit ihren Vorstellungen. Na ja, natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen zwischen den Kollegen und auch Schüler mit schlechten Noten sind nicht immer gut auf ihre Lehrer zu sprechen. Aber dafür bringt man doch niemanden um!«, meint sie von ihrer Auffassung überzeugt.

»Wenn diese Erklärung immer so sicher wäre, würden wir uns bei den Ermittlungen bedeutend leichter tun«, unterbricht Erik. »Was verstehen Sie unter kompliziert? Und gibt es eine Möglichkeit, jetzt anschließend im Lehrerzimmer mit den Kollegen zu sprechen?«

»Herr Herbst hat gerade eine Freistunde und ist dort sicher anwesend. Aktuell ist Unterricht, aber in 20 Minuten ist es eine kurze Pause, dann wären auch die restlichen Lehrer zu sprechen. Ich bekomme jetzt aber gleich einen ganz wichtigen Anruf. Er … also Herr Herbst kann Ihnen erklären, wie sie war.«

Darauf werden die Ermittler in das Lehrerzimmer geführt und einem Walter Herbst vorgestellt. Auch er zeigt sich natürlich schockiert. Die Direktorin entschuldigt sich und geht wieder in ihr Büro zurück, während er Erik und Miriam einen Kaffee anbietet.

»Sie können sich sicher vorstellen, was für Fragen wir haben«, beginnt Miriam das Gespräch. »Noch wissen wir nichts genaues, darum müssen wir in alle Richtungen ermitteln. Vielleicht erzählen Sie uns einmal, wie sie war und wie sie von den Kollegen und Schülern gesehen wurde. Ich kann mir vorstellen, auch in der Schule hat man Feinde?«

»Wie war sie?«, fragt er sich fast selbst. »Ich befürchte, Sie werden darauf von den Lehrern und Schülern sehr unterschiedliche Antworten bekommen. Ich versuche, so objektiv wie möglich zu bleiben. Ich bin 37 Jahre alt, sie ist 55 Jahre und diese 18 Jahre Unterschied sieht man in der gegensätzlichen Auffassung, wie man den Unterricht durchführt. Die Witchersbury gehörte zum alten Schlag, da herrschte fast so etwas wie Zucht und Ordnung. Angeblich ist sie vor der Klasse gestanden und hat mit ihrem scharfen Blick die Schüler angeschaut, bis sie sich nicht mehr bewegt haben. Erst danach ist sie zu ihrem Lehrerpult gegangen. Sie wollte von den Schülern immer auf Englisch mit ›Mrs. Professor Witchersbury‹ angesprochen werden, den Vornamen Camilla sowie der Doppelname des Ehemannes Hofner durfte nie erwähnt werden. Hart ausgedrückt, sie hat unterrichtet, wie man es aus alten Filmen kennt und das ist in der heutigen Zeit sicher etwas schwierig.«

»Haben Sie das anders gesehen?«

»Ich bin der Auffassung, mit meiner lockeren Art bringe ich meinen Schülern mehr bei und kann sie besser motivieren, im Unterricht aufmerksam dabei zu sein. Sie werden sicher bald erfahren, dass sie von vielen Schülern, aber auch Lehrern als the Witch bezeichnet wurde. ›Die Hexe von Sherwood Forest‹ wurde sie auch genannt. Damit ist aber nicht eine Abkürzung ihres Namens gemeint, sondern eigentlich die Übersetzung, ›die Hexe‹. Ich habe sie nicht so genannt, aber ich kann auch diese Meinung verstehen.«

»Haben Sie persönlich auch Probleme mit ihr gehabt? Oder sie mit Ihnen?«, wird er gefragt.

»Nein, zum Glück hatten wir kaum miteinander zu tun. So gesehen, hat mich ihre Art nicht wirklich betroffen. Aber … sie war Anwärterin für den Direktoren-Posten zusammen mit Philip Handschke und Ute Smolle. Und natürlich wollte sie diesen Posten auch unbedingt bekommen. Ich befürchte, niemand wäre glücklich gewesen, wenn sie die neue Direktorin geworden wäre.«

»Kennen Sie Schüler, die einen Groll gegen Frau Camilla Witchersbury-Hofner hatten?«

»Ich kann Ihnen keine Namen nennen, wenn sie das meinen. Aber ich nehme an, bei den Schülern, wo die Noten im Keller waren, werden Sie möglicherweise auch fündig werden«, vermutet er.

In dem Moment läutet die Pausenglocke und kurz darauf hört man von draußen bereits Lärm ins Zimmer dringen. Als die Lehrer nach und nach eintreten, werden sie von Walter Herbst über den Tod der Kollegin unterrichtet. Natürlich sehen die Ermittler schockierte Gesichter, aber in Tränen bricht niemand aus und die Trauer hält sich doch sehr in Grenzen.

Philip Handschke, der Physik- und Mathematiklehrer sagt sogar ganz offen: »Da hat es von uns allen ja einmal die Richtige erwischt!«

»Wie kommen Sie zu dieser Aussage? Immerhin ist eine Frau ermordet worden«, fragt Miriam entsetzt.

»Wenn Sie sie gekannt hätten, würden Sie schnell verstehen, warum sie Witch genannt wurde. Früher hätte man sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Heute dürfen solche Personen noch immer Schüler unterrichten«, meint er verachtend.

»Jetzt mach aber mal halblang!«, mischt sich eine andere Lehrerin ein. »Die sexuellen Vorwürfe gegen dich hast du auch nur mit geschenkten Noten beseitigen können. Oder glaubst du wirklich, in deiner Klasse können alle Mädels besser rechnen als die Jungs?«

»Vorsicht mit solchen Beschuldigungen!«, sagt er drohend und schaut die Kollegin verächtlich an.

»Die anonyme Anzeige gegen dich ist nun einmal eine Tatsache. Das kannst du wohl nicht leugnen!?«

»…und wurde aber sofort wieder zurückgenommen«, unterbricht er schnell, scharf und erinnernd.

»Weil du die Mädels mit guten Noten belohnst. Würde es nach mir gehen, hätte ich dich längst suspendiert und ein Verfahren eingeleitet. Aber unsere Direktorin spult auch nur noch die Monate runter und will kein Aufsehen hier in der Schule erregen. Keine Ahnung, was sich die jungen Dinger bei so einem alten Sack mit 50 Jahren wie dir nur denken. Früher hat man nicht nur Hexen verbrannt, da hätte man solchen Männern wie dir auch den Pimmel abgeschnitten«, feuert sie angriffslustig zurück.

»So, jetzt langt es aber! Benehmt euch«, meint eine Ute Smolle. »Eine Kollegin wurde ermordet und die Polizei ist hier, da erwarte ich ein bisschen mehr Respekt! Außerdem glaube ich, dass es ihr in letzter Zeit nicht ganz so gut ging.«

»Wie meinen Sie das?«, fragt die Fallanalytikerin.

»Sie wirkte ein bisschen … abwesend. Etwas unkonzentriert und nicht bei der Sache.«

Sehr viel schlauer werden die Ermittler leider nicht, egal wie viele Fragen sie an die Lehrer stellen.

»Eine letzte Frage: Hat Frau Camilla Witchersbury-Hofner einen Spint oder Schrank hier, wo sie eventuell private Unterlagen aufbewahrt hat?«

»Natürlich! Aber wir haben keinen Schlüssel dafür. Den hatte sie sicher bei sich«, wird den Ermittlern erklärt.

Der Kommissar greift sofort zum Telefon und informiert den 1er, dass er den Schlüsselbund der Lehrerin bringen soll. Dann lassen sie sich noch eine Schülerliste geben, von der die Ermordete Klassenlehrerin ist. Als bald darauf der Schrank geöffnet wird, entnehmen die Ermittler die gesamten Unterlagen.

»Sobald wir alles genau durchgesehen haben, bekommen Sie die Sachen, welche der Schule gehören, natürlich zurück. Was privat ist, übergeben wir ihrem Ehemann«, erklärt Miriam.

Erik hat überhaupt keine Lust, die Schüler auch noch zu befragen und will lieber zuerst die Ergebnisse der Gerichtsmedizin und Spurensicherung abwarten. Für die Tatzeit hat kein einziger Lehrer ein Alibi. Alle waren auf dem Weg in die Schule.

Der Ehemann ist natürlich geschockt, völlig verstört und kann einfach nicht glauben, was die beiden Kommissarinnen ihm gerade berichtet haben. Er sitzt fast abwesend auf dem Sofa, kämpft mit den Tränen und schafft es nur schwer, auf die Fragen der Ermittlerinnen zu reagieren.

»Haben Sie eine Ahnung, warum Ihre Ehefrau noch vor Schulbeginn an der Amper entlang spazierte? Die Schule ist doch nicht direkt neben dem Fluss und der Grünanlage?«, will Andrea gleich wissen.

»Das hat sie sehr oft vor dem Unterricht gemacht. Dort ist es recht ruhig um die Zeit und sie hat das für sich gebraucht. Nur für fünfzehn bis zwanzig Minuten lang, einfach die totale Ruhe in freier Natur genießen. Um abzuschalten, bevor sie in die Klasse ging, hat sie mir immer wieder erzählt«, erklärt er den Fundort seiner Frau. »Einige ihrer Schüler konnten wohl recht nervig sein.«

»Wer wusste alles von dieser Art Meditation und dem Aufenthalt?«, fragt Lena.

»Keine Ahnung aber da sie es bereits seit vielen Jahren so machte, war das ja kein großes Geheimnis. Ich nehme einmal an, in der Schule haben es fast alle gewusst. Schüler wie Lehrer«, ist er sich ziemlich sicher.

»Hatte sie Feinde in der Schule oder im Bekanntenkreis? Wer könnte dafür verantwortlich sein?«

»Mit unseren Nachbarn hier auf der linken Seite war sie leider andauernd in Clinch«, seufzt er bedrückt. »Sie war halt sehr« … er überlegt kurz, wie er sie beschreiben soll, »penibel und hat alles kritisiert. Egal ob die Nachbarn ein Feuer machten und etwas abgebrannt haben, ob gegrillt wurde oder vielleicht Musik von dort zu hören war. Die Mitteregger´s sind junge Leute und haben öfters mal eine Party gemacht. Da hat man manchmal einen Geruch in die Nase bekommen, der wohl auf Drogen hindeutete. Außerdem ist die Ulrike im Sommer sehr oft halbnackt im Garten rumgelaufen. Dazu hat sie auch noch ihre Reizwäsche ganz ungeniert auf die Leine gehangen, die nur knapp hinter unserem Zaun befestigt ist.«

»Und das hat Ihre Frau gestört?«

»Ich habe ja das alles nicht so eng gesehen«, schmunzelt er sogar kurz, »aber sie war in solchen Punkten … sagen wir, etwas schwierig! Mit diesem offenen Leben der beiden kam sie überhaupt nicht klar, vor allem wenn man sie manchmal aus deren Schlafzimmer bis zu uns stöhnen hörte. Na ja, Sie wissen schon«, meint er und schaut dabei fragend den Ermittlerinnen in die Augen, ob sie seine Andeutung auch wirklich verstanden haben.

»Wie hat sich Ihre Frau gewehrt oder geäußert? Gab es richtigen Streit mit den Nachbarn?«

»Schon, aber wirklich nur auf verbale Art. Also … es wurde niemand handgreiflich, falls Sie das jetzt meinen. Es wurden manchmal nicht sehr schöne Diskussionen am Zaun geführt«, sagt der Ehemann fast etwas beschämt. »Also Worte, die sie eigentlich niemals benutzte und nicht ihrem guten Wortschatz entsprachen. Manchmal hatte ich den Eindruck, die Ulrike Mitteregger und meine Frau sind wie Hund und Katze. Die haben fast schon darauf gewartet, dass etwas nicht passt, worüber man sich wieder negativ äußern kann. Und wenn es zu lange gedauert hat, hat eine Seite ein bisschen Öl ins Feuer nachgeschüttet. Na ja, angezeigt hat meine Frau die beiden auch, was aber nichts geändert hat.«

»Wie sah es mit der Schule aus?«, fragt Andrea.

»Über ihre Arbeit in der Schule sprachen wir nie sehr viel aber ich kann mir natürlich gut vorstellen, als Lehrerin hat man nicht nur begeisterte Schüler. Meine Frau war halt, wie soll ich sagen … very British. Ich nehme an, die Schüler sagen, ›streng‹ oder ähnliches. Sie pflegte eine korrekte deutsche Aussprache anzuwenden, genauso erwartete sie es von den Lehrer-Kollegen und im Unterricht von den Schülern in deutscher und englischer Sprache.«

»Kennen Sie ihre Kollegen?«

»Nein, überhaupt nicht. Ich war nie im Gymnasium und kenne nicht einmal die Direktorin von ihr.«

»Wo waren Sie heute Morgen, als Ihre Frau auf dem Weg in die Schule beziehungsweise vorher zur Amper losgefahren ist?«, fragt die Chefin.

»Sie glauben aber nicht …«

»Reine Routine. Das müssen wir fragen und wissen«, beruhigt ihn Andrea schnell.

»Im Bett, da ich immer länger schlafe. Ich habe einen Würstelstand in Fürstenfeldbruck. Aber um 8 Uhr isst natürlich noch keiner Würste«, lacht er sogar ganz kurz auf. »Ich öffne erst um 11 Uhr, dann wenn die Leute den ersten Hunger verspüren.«

»Haben Sie auch Kinder?«

Der Mann tut plötzlich so, als müsste er ernsthaft darüber nachdenken, dann meint er schließlich mit einem langen Seufzer: »Einen Sohn und eine Tochter.«

»Das kam jetzt aber nicht sehr überzeugend? Haben Sie vielleicht Zweifel daran? Die wohnen aber nicht mehr hier?«, fragt Lena nach.

»Nein, sie wohnen nicht mehr hier. Manchmal hätte ich mir gewünscht, es wären nicht meine Kinder. Ich bin keine Milchkuh die man andauernd melkt. Die Zeiten sind vorbei. Leider sind sie beide missraten und wirklich kein Grund, auf seine Kinder stolz zu sein«, antwortet er etwas hart.

»Haben Sie Kontakt zu den Kindern?«

»Ich persönlich schon sehr lange nicht mehr. Meine Frau hat manchmal noch einen Geldschein verschenkt. Nur … damit Sie mich richtig verstehen. Mein Sohn ist zurzeit arbeitslos. Gut, so etwas kann natürlich passieren. Doch statt sich jetzt eine neue Arbeit zu suchen hat er nur rausgefunden, wo im Supermarkt die billigsten Fusel stehen und säuft mittlerweile jeden Tag eine Flasche Schnaps. Meine Tochter hat sich einem Junkie an den Hals geworfen, ist jetzt selbst auf Drogen und steht als Nutte am Straßenstrich. Für ein paar Euro macht sie alles, damit sie sich danach die nächste Dröhnung geben kann. Ich gebe Ihnen einen Rat. Sollten Sie noch keine Kinder haben, überlegen Sie sich gut, was Sie tun!«

»Tut mir leid für Sie aber zum Glück hat ja nicht jeder nur Pech mit Kindern«, sagt Andrea bedauernd. »Hat Ihre Frau gestern erwähnt, was sie getrunken hat oder wer ihr diese K.o. Tropfen gegeben haben könnte?«

»Nein. Sie wollte irgendwie nicht oder … keine Ahnung, wir haben eigentlich nicht sehr viel über ihren Aussetzer geredet, aber sie hat angeblich nichts getrunken, was anders als sonst war und keine Ahnung gehabt, warum es ihr so merkwürdig ging.«

»Eine letzte Frage habe ich jetzt noch. Wie stand es um Ihre Ehe?«, will die Chefin wissen.

»Oh, was erwarten Sie jetzt für eine Antwort, wenn man bereits über 25 Jahre verheiratet ist? Super? Bestens? Harmonisch? Neutral? Schwierig?«, fragt er mit hochgezogenen Brauen. »Ich weiß es nicht, wie man es nennen könnte oder welche Bezeichnung richtig wäre? Bei Lokalen heißt es ja, ein alteingesessenes Gasthaus das funktioniert. Ich sage mal: Eine Ehe ohne Streit. Aber Liebe und Leidenschaft gab es schon lange nicht mehr, wäre vielleicht die ehrlichste Antwort«, sagt er recht offen.

Die Kommissarinnen nicken verständlich, dann sagt Lena noch: »Wir müssen uns unbedingt die privaten Sachen Ihrer Frau ansehen und mitnehmen. Vielleicht finden wir ja etwas, dass uns bei den Ermittlungen weiterhelfen kann. Hat sie einen eigenen Computer?«

»Kommen Sie mit«, meint er hilfsbereit und bringt sie in ein Zimmer mit nur einem Bett. »Hier, das war ihr Reich. Bedienen Sie sich. Wenn Sie etwas finden das Ihnen nützlich sein könnte, dann ist es hier drinnen. Und ja, wir hatten getrennte Schlafzimmer, falls Sie mich das jetzt fragen wollten«, meint er noch erklärend und zuckt mit der Schulter.