Das Rätsel der Quanten - Peter Ripota - E-Book

Das Rätsel der Quanten E-Book

Peter Ripota

4,8

Beschreibung

Was ist das Geheimnis der Zwillingsteilchen? Gibt es die Welt tatsächlich nur, wenn wir sie betrachten? Und wer hat die Quantenphysik wirklich begründet? Der Physiker und Wissenschaftsautor Peter Ripota geht diesen Fragen nach und kommt dabei, unbeeinflusst von der orthodoxen Geschichtsschreibung, zu erstaunlichen Erkenntnissen. Wie zum Beispiel: - Der "Vater" Der Quantenphysik war nicht Planck, sondern sein Lehrer Boltzmann. - Die Vorgänge in der Welt des Mikroskopischen können kausal und exakt beschrieben werden. - Der Fortschritt der Wissenschaft wurde durch einen falschen mathematischen Beweis über Jahrzehnte aufgehalten. - Das seltsame Verhalten der Quantenobjekte kann im Labor in ganz normaler Größe nachgeahmt werden. Lassen Sie sich überraschen von den faszinierenden Biographien der Pioniere der Quantenphysik und von den Problemen, die sie zu lösen hatten – verständlich dargestellt, mit vielen Illustrationen.

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Das Titelbild ist eine Collage aus wichtigen Konzepten der Quantenphysik. Hinter den Fenstern der Tür sehen wir Schrödingers Katze, links lebt sie noch, rechts ist sie schon tot. In der Mitte prangt die Grundgleichung der Quantenphysik, die Schrödingersche Wellengleichung. Darunter sehen wir eine symbolische Darstellung des so wichtigen "Doppelspaltversuchs", vermittelt durch das "Bohmsche Quantenpotenzial". Unten hocken zwei Kätzchen als naive Beobachter, die den Mond betrachten, damit er nicht verschwindet, was er gemäß der "Kopenhagener Deutung" tun müsste, wenn man ihn nicht sieht. Vor dem Mond beobachten die Kätzchen zwei "Zwillingsteilchen", die zur selben Zeit und am gleichen Ort entstanden sind und durch ein unsichtbares, aber weitreichendes Band zusammen gehalten werden (auch auf der Rückseite des Buchs abgebildet). Im Hintergrund schimmert das Bohrsche Atommodell als mikroskopische Version des Sonnensystems. - Die Autorenvorstellung zeigt den Verfasser im Kreis von Schrödingers Kätzchen, wobei von der optimistischen Annahme ausgegangen wird, dass die arme Katze überlebte und Nachkommen zeugte.

Inhalt

Was ist so besonders an der Quantenphysik?

Was sind Quanten?

Geschichte der Quantenphysik (Tabelle)

Die Schöpfer der Ideen

Demokrit, der Denker

Boltzmann, der Zähler

Planck, der Korrekte

Einstein, der Visionär

Mach, der Nüchterne

Bohr, der Philosoph

Heisenberg, der Patriot

de Broglie, der Kühne

Schrödinger, der Frauenheld

Pauli, der Zyniker

Dirac, der Ästhet

Neumann, der Mathematiker

Everett, der Träumer

Bell, der Kritiker

Bohm, der Mystiker

Feynman, der Zauberer

Die Ideen der Schöpfer

Das Taubenschlag-Prinzip

Die Planckschen Strahlungsgesetze

Der Doppelspalt-Versuch

Wie Heisenberg zu den Matrizen kam

Ungenauigkeit - Unbestimmtheit - Unschärfe - Unsicherheit

Verschränkung

Schrödingers Katze

Kollaps und Quantensprung

Die Bra-Ket-Schreibweise

Mathematiker und Physiker

Wie Bohm zu seinen Trajektorien kam

Vertagte Entscheidungen

Teleportation

Gibt es Einzelteilchen?

Das Geheimnis der Wandertröpfchen

Wie wirklich ist die Wirklichkeit?

Die Interpretationen

Kopenhagener Deutung

Viele-Welten-Theorie

Führungswellentheorie

Quanteninformationstheorie

Transaktions-Interpretation

Mystische Physik

Ghirardi-Rimini-Weber

Charon

Capra

Wolf

Quantenphysik und Sciencefiction

Literatur

Was ist so besonders an der Quantenphysik?

Eine angebliche wissenschaftliche Entdeckung ist wertlos, wenn

sie nicht einer Bardame erklärt werden kann.

ERNEST RUTHERFORD

Zahlreiche wissenschaftliche Theorien entwickelten Konzepte, die einander scheinbar widersprachen, die nicht gleichzeitig richtig sein konnten. So postulierte die Phlogistontheorie um 1700 einen Stoff - Phlogiston - der bei Verbrennung aus jedem Körper entweicht. Endgültig widerlegt wurde sie 1785 von ANTOINE LAVOISIER, der zeigen konnte, dass bei jeder Verbrennung das genaue Gegenteil eintritt: Ein Stoff (Sauerstoff) dringt in den Körper ein, was man durch Gewichtsveränderung nachweisen kann.

Oder der Streit, wer bezüglich der Eigenschaften von Licht Recht hat: NEWTON, der sich Licht aus Teilchen bestehend vorstellte, oder HUYGENS, der meinte, Licht wäre eine Wellenerscheinung. Heute wissen wir, dass beides stimmt. Oder Wärme: Ist sie ein Stoff, der aus einem Körper herausgezogen oder in ihn eingebracht werden kann? Oder liegt ihre Ursache im Köper selbst? Schließlich Atome: Besteht die Materie aus ihnen, oder ist diese ein Kontinuum? Nicht zuletzt der leere Raum, manchmal mit dem "Vakuum" gleichgesetzt: Ist er wirklich völlig leer oder enthält er Energien, Felder, virtuelle Teilchen?

All diese Fragen (die zum Teil noch unbeantwortet sind) ergaben Theorien mit Voraussagemöglichkeiten, und sie sind teilweise heute noch in Gebrauch, solange sie einfach zu handhaben sind und ihre Voraussagen zutreffen. Ein Beispiel: Wärme entsteht durch Bewegung der Moleküle, wie BOLTZMANN nachweisen konnte. Bei Diffusionsprozessen aber wird Wärme wie eine Flüssigkeit behandelt, die vom heißen zum kalten Pol fließt und auch den Formeln der Strömungsmechanik gehorcht.

Bei der Quantenphysik ist alles anders. Zwar existieren auch hier Formeln, die zu korrekten Voraussagen führen, aber die dahinter liegenden Probleme sind tiefgreifend und einzigartig. Es geht schlicht um wesentliche Fragen jeder Naturerkenntnis, als da sind:

Was ist real, was virtuell (nur als Bild vorhanden), wie kann ich zwischen beiden unterscheiden? (→ Wie wirklich ist die Wirklichkeit, Kopenhagener Deutung)

Verändert der Beobachter allein durch Beobachten die Welt? (→ Wie wirklich ist die Wirklichkeit, Kopenhagener Deutung)

Gibt es ein geheimnisvolles telepathisches Band zwischen zwei Zwillingsteilchen, über das sie augenblicklich über Milliarden von Lichtjahren kommunizieren? (→ Verschränkung)

Können Bewusstsein und freier Wille durch die Quantenphysik erklärt werden? (→ Mystische Physik, Fred Alan Wolf)

Sind durch die Quantenphysik außersinnliche Wahrnehmung oder gar Teleportation möglich? (→ Teleportation)

Gibt es Welten jenseits der unsrigen, in einer anderen Dimension, wie sie Sciencefiction-Autoren und Esoteriker postulieren? (→ Quantenphysik und Sciencefiction, Multiversen)

Sind Lichtteilchen intelligent und "präkognitiv" (die Zukunft vorauswissend)? (→ Mystische Physik, Charon)

Greift Gott gelegentlich ein und richtet die Sache wieder gerade? (→ Mystische Physik, Ghirardi–Rimini–Weber)

Gibt es einen Einfluss aus der Zukunft? (→ Wie wirklich ist die Wirklichkeit, Transaktions-Interpretation)

Alle diese Fragen werden in manchen philosophischen Schulen mit "ja" beantwortet, während andere solchen Fragen mit Unverständnis begegnen. Kein Wunder, dass Quantenphysiker oft die Grenze zu Esoterik und Mystik überschreiten, dass manche Autoren sich mit Fragen des Bewusstseins, der Realität und mit außersinnlichen Phänomenen beschäftigen. Und damit viel Unausgegorenes verbreiten, was Laien und Fachleute gleicherweise verwirrt. Solcherlei Verwirrungen ein wenig zu klären ist Aufgabe dieses Buchs. Es ist nicht nur für Bardamen bestimmt (siehe Eingangszitat), sondern für alle, die sich dafür interessieren und nicht der Meinung sind, alles wäre geklärt, und den Rest überlasse gefälligst den Fachleuten. Nichts ist geklärt, und Fachleute verschleiern oft, anstatt aufzuklären. Manchmal auch, weil sie's nicht besser wissen. Das hat auch der berühmte Physiker und Nobelpreisträger RICHARD FEYNMAN erkannt, als er in seinen Vorlesungen über die Geschichte der Quantenphysik seinen Schülern freimütig bekannte: Ich präsentiere die Geschichte der Physik vom Standpunkt des Physikers, aber der ist nie korrekt. Ich erzähle Ihnen eine Art standardisierte Mythen.

Dabei gehe ich zuerst auf einige Pioniere der Quantenphysik ein und zeige ihre Beiträge zur Entwicklung dieser Wissenschaft - wobei auch hier einige Fakten, die jeder zu kennen glaubt, sich als Mythen erweisen und die wahren Hintergründe hoffentlich klarer werden. Im zweiten Teil behandle ich typische Konzepte, wobei sich manche Ausführungen aus dem ersten Teil unter anderen Gesichtspunkten wiederholen werden. Insbesondere das Doppelspalt-Experiment, Grundlage des Verständnisses von Quantenphänomenen, sowie die scheinbar unerklärlichen Versuche mit "aufgeschobener Entscheidung" werden ausführlich und anschaulich erklärt und gedeutet. In dem Kapitel "Wie wirklich ist die Wirklichkeit" zeige ich, wie die einzelnen "Schulen" die Mathematik der Quantenphysik interpretieren und welche seltsamen Welten dabei entstehen. Im Kapitel über "Wandertröpfchen" schließlich versuche ich den Leser zu überzeugen, dass an den Quantenphänomenen nichts Geheimnisvolles ist, weil wir sie auch in der Makrowelt erleben, erzeugen, nachweisen und erklären können.

Dies ist kein Lehrbuch. Es setzt wenig voraus, dringt aber in den Wust verworrener und vernünftiger Gedanken ein und klärt hoffentlich einiges, was in Büchern und Vorlesungen über Quantenphysik unter den Tisch gekehrt wird. Und es ist nicht immer streng objektiv - ab und zu fließt auch meine eigene Meinung ein. Meine Vorurteile gegenüber bestimmten Personen der Geschichte kommen ohnedies deutlich zum Vorschein. So habe ich viel Verständnis für den depressiven Boltzmann und wenig für den dominierenden Bohr; ich bin über Heisenbergs Persönlichkeit verwirrt, verehre aus rein patriotischen Gründen Schrödinger und sehe in Dirac einen Charakter, mit dem ich mich voll identifizieren kann, natürlich nicht, was meine geistigen Fähigkeiten betrifft. Dass ich mich über manche Geistesgrößen eher negativ äußere, wird der Leser bald bemerken. In der Literatur wird er ohnedies nur Lobendes finden, denn Helden gibt es nicht nur im Sport oder (früher) im Militär, nicht nur in Musik, Malerei und Politik, sondern eben auch in der Wissenschaft. Und so soll es bleiben.

Zuletzt möchte ich ERWIN SCHRÖDINGER zitieren, einen der Pioniere der Quantenphysik, der in dem bemerkenswerten Aufsatz "Ist die Naturwissenschaft milieubedingt?" aus dem Jahr 1932 schreibt: "Wenn eine volle, interessante Persönlichkeit hinter der Darstellung zu spüren ist, verzeihen wir am Ende ein Maß an Subjektivität - jedenfalls lieber, als dass wir uns von einem gewissenhaften Chronisten langweilen lassen."

Trotz der anspruchsvollen Materie wünsche ich bei der Lektüre viel Vergnügen!

In der Neuauflage 2020 wurden drei weitere Kurzbiografien aufgenommen (Pauli, von Neumann, Feynman) und einige Kapitel ergänzt (Kollaps, mystische Physik: Wolf; Quantenphysik und Sciencefiction). Um den Umfang zu erhalten, wurden zahlreiche überflüssige Abbildungen entfernt.

Was sind Quanten?

Die allwissende Wikipedia definiert ein Quant so:

In der Physik bezeichnet der Begriff Quant (von lateinisch quantum ‚wie groß‘, ‚wie viel‘) ein Objekt, das durch einen Zustandswechsel in einem System mit diskreten Werten einer physikalischen Größe, meist Energie, erzeugt wird. Quanten können immer nur in bestimmten Portionen dieser physikalischen Größe auftreten, sie sind mithin die Quantelung dieser Größen.

Und Wikipedia gibt einige Beispiele für Quanten:

Das Photon als Quant des elektromagnetischen Feldes.

Das Phonon als Quant mechanischer Verzerrungswellen im Festkörper.

Das Plasmon als Quant einer Anregung im Festkörper, bei der die Ladungsträger gegeneinander schwingen.

Das Magnon als Quant magnetischer Anregungen.

Das Quant des Drehimpulses, das nicht als Teilchen interpretiert wird.

Das Gluon als Quant des Kraftfeldes, welches die Starke Wechselwirkung überträgt.

Das Graviton als Quantelungsgröße des Schwerefeldes.

Durch die gesamte Geschichte des Abendlands, seit den antiken griechischen Denkern, zieht sich der geistige Gegensatz zwischen einer Welt, die aus unterscheidbaren Einzelteilchen besteht ("Atome", Korpuskeln) und einer alldurchdringenden Entität, die nicht unterteilt werden kann ("Apeiron", Feld). Korpuskeln sind räumlich begrenzt und somit sicht- und fassbar. Felder erfüllen vollständig den Raum, sind unsichtbar und nur durch ihre Wirkung erschließbar. Bereits die antiken griechischen Philosophen erkannten den Unterschied und errichteten auf ihrer jeweiligen Anschauung ganz unterschiedliche Denkgebäude. Die Anhänger einer allumfassenden Substanz gehörten eher zu den Mystikern, welche dem Menschen und seiner Erkenntnisfähigkeit eine besondere Rolle zuwiesen. So meinte ihr Hauptvertreter PARMENIDES: Ohne den Geist gäbe es das Universum nicht. Diese Auffassung finden wir wieder in der "orthodoxen" Quantenphysik, wo die Welt erst durch den Betrachter entsteht bzw. ohne ihn nicht existiert. Wesentlich nüchterner geben sich die Atomisten. Einer ihrer prominentesten Vertreter, der römische Philosoph LUKREZ, meinte gar: Niemals zeugt die göttliche Kraft etwas aus nichts. Was man auch so interpretieren kann: Die Welt war immer, einen Schöpfergott brauchen wir nicht. Weshalb auch die meisten Atomisten innerhalb der Physikergemeinde eher Atheisten waren (Boltzmann), während diejenigen, die alle Erscheinungen auf ein Feld zurückführen wollen, sich in irgendeiner Weise religiös betätigten (Einstein, Schrödinger).

Auch in den Religionen finden wir einen Unterschied zwischen Atom und Apeiron. Auf der einen Seite steht die jüdisch-christliche Tradition eines ansprechbaren, gelegentlich sogar sichtbaren persönlichen Gottes. Dagegen gibt es im Daoismus Chinas das "dau (tao)", dessen Bedeutung schwer in andere Sprachen übertragen werden kann. Die wörtliche Übersetzung "Methode, Prinzip, der rechte Weg" wird ihm in keiner Weise gerecht. Da passt schon eher die Bezeichnung "eine Art von transzendenter höchster Wirklichkeit und Wahrheit". In der Physik entspricht ihm am ehesten der - inzwischen verpönte - Begriff des "Äthers". Auch er ist ein allumfassendes Agens, eher passiv, aber für die Übertragung von Licht und Kräften von eminenter Bedeutung, unwandelbar, unzerstörbar, ewig. Er wurde durch den Feldbegriff ersetzt, der genauso wenig vorstellbar ist.

Selbst die Quantenphysik, immerhin mit Quanten, also mit unterscheidbaren Entitäten befasst, konnte nicht auf die Einführung von Feldern verzichten. Der Gegensatz zwischen "diskret" (unterscheidbar) und "kontinuierlich" (stetig, ineinanderfließend) wird besonders deutlich in der Mathematik der Zahlen. Denn sie beginnt mit den ganzen Zahlen, das sind die Atome der Arithmetik. Aus ihnen kann man die Bruchzahlen konstruieren, immer noch unterscheidbare Größen, die aber die Zahlenebene kontinuierlich ausfüllen. Doch zwischen den Lücken, die es nicht gibt, haben noch unendlich viele andere Zahlen Platz - die reellen Zahlen, die nur durch unendliche Prozesse entstehen können. Wem das nicht genügt, der kann noch hyperreelle Zahlen dazwischenschieben, Infinitesimale, surreale Zahlen, usw.

Und so ergibt sich für Mathematiker und vor allem für Physiker das Problem, wie aus dem Atomaren das Grenzenlose entsteht - und umgekehrt. Für die Atomisten liegt die Lösung darin, möglichst viele Atome zu haben, die ununterscheidbar werden und so ein Kontinuum vortäuschen. Das aber funktioniert beispielsweise beim Licht nur durch die Annahme eines Äthers, eines Felds, eines Kontinuums. Umgekehrt ist es den Befürwortern reiner Felder möglich, daraus Teilchen zu konstruieren, indem sie eine "Singularität" des Felds postulieren. Die sieht dann aus wie ein Teilchen und heißt "Soliton". Doch solche Singularitäten sind instabil, was dem Zustand der materiellen Welt offensichtlich widerspricht.

Es war und ist in Geschichtsbüchern üblich, die Ereignisse der Weltgeschichte an einzelnen Personen aufzuzeigen. So wird Geschichte fassbar, aber so war es nicht. Besonders im Alltag haben die kleinen Leute, haben die Massen der unbedeutenden Menschen den größten Anteil. Große Gestalten stellen Weichen, aber den Zug voranzubringen ist Aufgabe der Namenlosen. H.G. WELLS hat in seiner "Weltgeschichte" genau das versucht, eine Geschichte ohne Namen, und es ist ihm wunderbar gelungen.

In den Wissenschaften ist es ähnlich. Auch hier muss ich wieder den Pionier der Kernphysik, ERNEST RUTHERFORD (1871-1937) zitieren: Es liegt nicht in der Natur der Dinge, dass ein Mann eine plötzliche weltbewegende Entdeckung macht. Die Wissenschaft geht Schritt für Schritt voran, und jedermann hängt von dem Werk seiner Vorgänger ab.

Das wusste schon ISAAC NEWTON (1643 - 1727), als er feststellte:

Wenn ich weiter sah als andere, dann deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stand.

Dennoch wird in Wissenschaft und Mathematik noch mehr Wert auf den Beitrag individueller Geister gelegt als in Politik und allgemeiner Geschichte. So erhalten Naturgesetze oft die Namen ihrer Entdecker, mögen diese das Gesetzt wirklich entdeckt oder es von anderen geistig übernommen haben. Wenn ich mich hier also denen anschließe, die Geschichte als aufeinanderfolge heroischer Taten heroischer Menschen betrachten, dann mit schlechtem Gewissen. Aber zumindest wird die Sache dadurch anschaulich und menschlich - und bei einer Geschichte der Quantenphysik, deren Hauptmerkmal Unstetigkeiten sind, durchaus gerechtfertigt. Obwohl Nicht-Historiker, habe ich mich dennoch um die Klarlegung der Hintergründe bemüht, aber die wirklichen Helden bleiben auch hier im Dämmerlicht der Geschichte verborgen.

Noch etwas: Erstaunlich viele Quantenphysiker entwickelten mystische Ideen. Wikipedia hat diesem Phänomen sogar ein eigenes Kapitel gewidmet. Unter anderem: Schrödinger glaubte, wie die indischen Philosophen, an nur ein Bewusstsein; Bohr meinte, die Welt werde im Augenblick ihrer Bewusstwerdung erschaffen; Pauli schrieb gemeinsam mit dem Psychologen C.G. Jung ein Buch über das esoterische Konzept der "Synchronizität"; Bohm sah einen Zusammenhang aller Dinge im Universum mit allem anderen; Everett, ein selbsterklärter Atheist, fand Trost in seiner Vielewelten-Theorie: Er könne ja in einer davon wiedergeboren werden. Usw. So habe auch ich ein bisschen Esoterik betrieben und gelegentlich - wenn die Person interessant genug war - Auszüge aus einem Computerhoroskop ans Ende des Kapitels gesetzt. Da stimme ich nämlich mit HEDWIG BORN überein, der Ehefrau des Nobelpreisträgers Max Born: "Es ist immer wie eine Offenbarung, wenn ich hinter dem Physiker plötzlich den Menschen finde". Im übrigen gilt: Jegliche Übereinstimmung von Charaktereigenschaften zwischen Astrologie und Empirie ist rein zufällig - wie die Ereignisse der Quantenphysik!

Erläuterungen. Ein Pfeil bedeutet eine geistige Beeinflussung. Da, wo Pfeile fehlen (im linken, unteren Bereich), kann man von der allgemeinen Auffassung der bereits etablierten Quantenphysik ausgehen, also von der "Kopenhagener" Deutung in Verbindung mit der Schrödingerschen Wellenfunktion. Deswegen auch der Pfeil von Schrödinger nach links unten. Wir haben den Ausdruck "Verschränkung" bei Bell hinzugefügt, aber die Idee stammt von Einstein und der Begriff von Schrödinger. Bell hat die Sache nur wieder entdeckt und daraus eine wichtige Ungleichung abgeleitet.

Es ist auch deutlich zu sehen, welchen großen Einfluss Mach mit seiner Philosophie auf wichtige Persönlichkeiten der Quantenphysik ausgeübt hat. Zudem sieht man hier zwei Tendenzen: In der Mitte und links (ab Bohr) sind diejenigen aufgeführt, die einem strikten Teilchencharakter und einer rein statistischen (nicht-kausalen) Interpretation der Ereignisse anhängen sowie nur Beobachtbares ("Observable") gelten lassen und weder eine darunterliegende Realität noch kausale Verknüpfungen akzeptieren. Diese Einstellung führt direkt zu Heisenbergs Matrizenmechanik. Auf der rechten Seite (ab Boltzmann) finden wir die Vertreter einer kausalen Physik zusammen mit der lückenlosen Beschreibung der Welt (keine Wahrscheinlichkeiten, keine Sprünge, nicht nur reine Teilchen). Diese Einstellung führt direkt zu Schrödingers Wellenmechanik.

Auch Einsteins Einfluss ist nicht zu übersehen. Seine spezielle Relativitätstheorie war Vorbild für Heisenbergs wissenschaftliches Vorgehen. Einstein war begeistert von de Broglies Wellenvorstellung, ermunterte Schrödinger, war Inspiration für Bell und Bohm - und ewiger, wenngleich vergeblicher Kritiker von Bohr.

Die Schöpfer der Ideen

DEMOKRIT (460/459 v.Chr. (Abdera) - 371 v.Chr.)

Nationalität: Thrakien

Verdienst: Hat zusammen mit seinem Lehrer und mit seinen Schülern zum ersten Mal die Idee kleinster, unteilbarer Naturbausteine eingeführt und damit die Wissenschaft des Abendlands wesentlich beeinflusst.

Zitat: "Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in Wirklichkeit gibt es nur Atome und leeren Raum."

Schon sein Lehrer LEUKIPP hatte sich von dessen Lehrer Parmenides und seinen mystischen Vorstellungen losgesagt und eine rein materialistische Weltanschauung geschaffen: Die Welt besteht aus unteilbaren, unzerstörbaren Teilchen unterschiedlichsten Aussehens, die ständig in Bewegung sind und durch ihre Verbindungen die Körper der Welt erzeugen. Dazwischen ist leerer Raum, sonst gibt es nichts. Die Idee eines leeren Raums war damals und auch lange Zeit im Abendland revolutionär, denn "Raum" war für die meisten Denker nur die Entfernung zwischen zwei Körpern. Wo keine Körper, da ist auch kein Raum, erst recht kein leerer Raum.

Die Theorie von Leukipp und Demokrit macht das Weltgeschehen verständlich, ohne auf metaphysische Annahmen zurückgreifen zu müssen. In ihrer Nachfolge durch EPIKUR und LUKREZ ("De rerum naturae", 55 v.Chr.) entwickelte sich auch eine Ethik, die wir heute als "Hedonismus" kennen. Dabei geht es nicht um hemmungslosen Genuss, sondern um maßvolle Freude an den kleinen Dingen. Epikur begrüßte seine Gäste am Eingang seines Gartens mit folgender Inschrift: Tritt ein, Fremder! Ein freundlicher Gastgeber wartet dir auf mit Brot und mit Wasser im Überfluss, denn hier werden deine Begierden nicht gereizt, sondern gestillt. Und seine Bescheidenheit drückt sich in folgender Bitte aus: Schicke mir ein Stück Käse, damit ich einmal gut essen kann. Später hat die Lehre der Stoiker mit ihrem Hauptvertreter MARK AUREL diese Ideen aufgegriffen und verfeinert. Zudem machte der Atomismus die Existenz von Göttern überflüssig. Die Atome kommen allein zurecht - Atomisten waren fast immer Atheisten!

Zurück zu Demokrit. In seinen Ideen war er extrem weitsichtig. Neben seiner Vorstellung von Atomen und leerem Raum nahm er Ideen der modernen Physik und Kosmologie voraus, darunter:

das Konzept von unteilbaren letzten Teilchen (wir würden sie heute als Moleküle identifizieren), aus denen auch

Licht

bestehen soll;

das Prinzip der

Kausalität

: "

Kein Ding entsteht planlos, sondern aus Sinn und unter Notwendigkeit.

" (wird Leukipp zugeschrieben);

die Wichtigkeit

zufälliger

(nicht voraussehbarer, aber durchaus kausaler)

Bewegungen

der Atome;

die Idee des

Vakuum

s (leerer Raum);

die Tatsache, dass die Sonne ein

Stern

ist, die Milchstraße aus Sternen besteht und die Sonne im Mittelpunkt des Universums steht;

usw.

In der Nachfolge der antiken Atomisten haben die ersten "Naturphilosophen" seit der Renaissance diese Ideen aufgegriffen und in ihre Theorien eingearbeitet. So behauptete GALILEI (1564–1642) das Gleiche, womit er in Gegensatz zur kirchlichen Lehre geriet. Galilei meinte (wie die Atomisten), Körper könnten ihre Form wandeln, nicht aber ihre Substanz. Für die kirchlichen Dogmatiker stellt sich die Sache genau umgekehrt dar: In der Eucharistie ("Abendmahl") bleibt die Form bestehen (Oblate und Wein), während sich die Substanz wandelt (wird zum Leib und Blut Christi). So kam der arrogante Gelehrte in Schwierigkeiten mit der Inquisition.

NEWTON (1643–1727) stützte seine Theorie auf feste, starre Körper, eine Art Atome, und deren Bewegungen. Im Gegensatz zur Vorstellung der Atomisten folgen diese Körper geordneten Bahnen, die von Kräften bestimmt sind. So schrieb er:

"Nach allen diesen Betrachtungen ist es mir wahrscheinlich, dass Gott im Anfange der Dinge die Materie in massiven, festen, harten, undurchdringlichen und beweglichen Partikeln erschuf, von solcher Größe und Gestalt, mit solchen Eigenschaften und in solchem Verhältnis zum Raume, wie sie zu dem Endzwecke führten, für den er sie gebildet hatte, dass ferner diese primitiven Teilchen, weil sie fest sind, unvergleichlich härter sind als irgend welche aus ihnen zusammengesetzte poröse Körper, ja so hart, dass sie nimmer verderben oder zerbrechen können."

Die Vorstellungen der Atomisten ähnelten allerdings am ehesten dem, was sich in einem Gas abspielt, worauf wir bei der Besprechung der Errungenschaften von Boltzmann noch näher eingehen werden.

Später haben Chemiker wie JOSEPH-LOUIS PROUST (1797) und JOHN DALTON (1808) das Atomkonzept auf chemische Verbindungen übertragen und auf eine messbare und berechenbare Grundlage gestellt. Schließlich gelang es den Physikern um ERNEST RUTHERFORD, Atome sichtbar zu machen, ihren inneren Aufbau zu ergründen und sie schließlich mathematisch zu beschreiben. Welch seltsamen Dinge da zum Vorschein kamen, und wie die Wissenschaftler mit diesen Fakten fertig wurden, das werden wir ausführlich schildern.

LUDWIG BOLTZMANN (1844 (Wien) - 1906)

Nationalität: Österreich

Verdienst: Hat die Methode eingeführt, kontinuierliche Systeme wie Gase oder Strahlungsfelder durch diskontinuierliche Energiezellen theoretisch zu beschreiben. Hat damit die Konzepte und Methoden der Quantenphysik vorausgenommen.

Nobelpreis: fünfmal vorgeschlagen, aber nicht erhalten

Bedeutung: Die Entropie (Unordnung) eines Makro-Zustands hängt ab von der Wahrscheinlichkeit seiner Mikrozustände.

Zitat: "Ich sehe keinen Grund, nicht auch die Energie als atomistisch eingeteilt anzusehen." (1891 in Anwesenheit von Max Planck)

Niemand hat das Atomkonzept so konsequent und mit so großem Erfolg eingesetzt wie der sensible Gelehrte aus Wien. Dabei wandte er eine äußerst erfolgreiche Methode an, die von ihm stammt und zur Grundlage der gesamten Quantenphysik wurde, weswegen man ihn mit Recht als den eigentlichen "Vater der Quantenphysik" bezeichnen kann. Oder den Großvater, wenn man auf Planck als Vater bestehen will. Boltzmann ging von einer atomistischen Struktur der Materie aus, wofür es damals noch keine experimentellen Belege gab, und wofür er von seinen Zeitgenossen Mach und Ostwald heftig angegriffen wurde. Manche meinen sogar, diese ständigen Beschimpfungen wären der Grund für seinen Selbstmord gewesen. Vor allem: Boltzmann verwendete statische Methoden - er rückte dem Problem des Mikrokosmos mit Kombinatorik zu Leibe, eine Methode, die damals bei Physikern nicht üblich war und auf Unverständnis stieß. Statistik verwendeten die Militärverwalter, um die passenden Kleidergrößen für die Rekruten herauszufinden, und die Wahrscheinlichkeitsrechnung war den Glückspielern und Zockern vorbehalten. Wie jeder große Erneuerer war Boltzmann seiner Zeit weit voraus, was er selbst gar nicht bemerkte.

Doch Boltzmann ging weiter als seine Vorgänger. Er betrachtete nicht nur die Atome eines Gases als "diskret" (als unterscheidbare Teilchen), sondern er wandte das Prinzip der Unterteilung in unterscheidbare Einheiten auch auf unsichtbare Begriffe an, in erster Linie auf den der Energie. So zerteilte er den Energiegehalt eines abgeschlossenen Gases in kleine Zellen - wohlgemerkt, nicht in räumliche Zellen, sondern in begriffliche. Diese Energiepakete entstanden durch eine simple Einteilung in Energieeinheiten unterschiedlicher Stärke. Durch Vertauschen von Teilchen ergaben sich neue Energiezustände. Boltzmann untersuchte - rein theoretischmathematisch - welche Auswirkungen verschiedene (unsichtbare) Mikrozustände auf den (sichtbaren) Makrozustand des Gases haben, wie also Vertauschungen von "Atomen" (eigentlich: von Molekülen bestimmter Energie) sich äußerlich auswirken, wie sie Druck, Temperatur und Energie beeinflussen. So begründete er zusammen mit MAXWELL und GIBBS die "Statistische Thermodynamik", und so kam er auch zu seiner Definition der Entropie (= Unordnung) eines Systems, die sich gänzlich von der bisher gültigen, rein thermodynamischen Definition unterschied. Seine Entropie-Definition stützt sich auf Wahrscheinlichkeiten, nicht auf Energien oder Temperaturen, und wird dadurch fast identisch mit der (viel später gefundenen) Definition der "Information".

Zudem ist die Entropie "additiv": Hat man zwei Systeme vorliegen, z.B. abgeschlossene Gasbehälter, das eine mit der Entropie S1, das andere mit der Entropie S2, so ist die Gesamtentropie des Systems (die Behälter bleiben für sich, werden nicht gemischt!) gleich S1+S2. Das Ganze auf Wahrscheinlichkeiten bezogen: Hat man zwei Systeme vorliegen, z.B. abgeschlossene Gasbehälter, das eine mit der Wahrscheinlichkeit W1, das andere mit der Wahrscheinlichkeit W2, so ist die Gesamtwahrscheinlichkeit des Systems gleich W1*W2. Und um das Produkt der Wahrscheinlichkeiten in die Summe der Entropien zu verwandeln, braucht man den Logarithmus - daher seine Entropiegleichung.

Boltzmann konnte auf Grund seiner Überlegungen und Berechnungen der mikrophysikalischen Zustände nunmehr makrophysikalische (= messbare) Größen und Beziehungen ableiten wie die Gasgleichung oder die spezifische Wärme eines Stoffes - ein Triumph der klassischen theoretischen Physik. Seine Energiezellen sind das Gleiche wie die Quanten der Quantenphysik, aber Boltzmann nannte sie nicht so, das tat erst sein Schüler Planck, der Boltzmanns Ideen auf die Absorption von Strahlungen anwandte.

Machen wir uns das Ganze an einem kleinen Beispiel klar. Nehmen wir an, wir hätten Kugel unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Gewichts in einem Behälter, in einer Art Rucksack mit diversen Abteilungen, wobei die großen Kugeln nicht unbedingt die schwersten sein müssen. Aber wir können die Plätze der Kugeln beliebig vertauschen.

Verschiedene unsichtbare Mikrozustände (Kugeln in Urnen) führen zum gleichen Makrozustand (Temperatur des Kessels)

Wollen wir das Gewicht des Behälters bestimmen, ist die Lage der Kugeln belanglos; wir können sie also beliebig vertauschen. Wollen wir die Stabilität des Behälters bestimmen, wird das Gewicht der einzelnen Kugeln und deren Lage wichtig, nicht aber deren Volumen. Wir können also gleich schwere Kugeln vertauschen, sofern sie auf der gleichen Höhe liegen. Wollen wir den Rauminhalt des Behälters bestimmen, wird das Gewicht der einzelnen

Kugeln belanglos, nicht aber ihre Form. Wir können also Kugeln gleicher Form vertauschen.

Wir haben hier also zwei Objekte, die wir miteinander verknüpfen: Kugeln (entspricht irgendwelchen Teilchen) und "Urnen" (= kleine Behälter oder Schubfächer), auf die unsere Kugeln verteilt werden können. Die "Urnen" können alles Mögliche sein, z.B. Energiezustände, Frequenzbänder, Elektronenbahnen im Atom, usw. Wichtig ist nur: Kontinuierliches (wie etwa Energie oder Frequenz) muss vorher gedanklich in kleine Pakete zerlegt werden, was den Urnen entspricht. Wir lösen also das Kontinuum auf und ersetzen es durch ein Grobraster aus willkürlich bestimmten Einheiten. Wir vergröbern die Welt, verlieren dadurch Information und gewinnen dabei paradoxerweise Informationen ganz anderer Art.

Das Verfahren, Kugeln umzuschichten und in Urnen unterschiedlich zu verteilen, erwies sich als so vielseitig und flexibel, dass es später auf damals noch unbekannte Prozesse und Systeme der Quantenphysik mit Erfolg angewandt werden konnte. So können beispielsweise Lichtteilchen in beliebiger Anzahl in einer Urne Platz finden, wie Ameisen vom gleichen Stamm. Dagegen ist das für Elektronen nicht möglich, da braucht jedes Teilchen seine eigene Urne, wie Jagdkatzen, wo jede ihr eigenes Revier beansprucht. Durch Abzählen der Möglichkeiten, wie man solche Teilchen auf die Urnen (z.B. die möglichen Energiezustände) verteilen kann, kommen die Physiker zu erstaunlichen Einsichten, die sich in "Statistiken" (Verteilungsfunktionen) mathematisch niederschlagen. Klassische Teilchen gehorchen dabei der "Maxwell-Boltzmann-Verteilung", Lichtteilchen der "Bose-Einstein-Statistik" und Elektronen der "Fermi-Dirac-Statistik". Davon im zweiten Teil mehr.

Philosophie. Boltzmann war Materialist und Atheist, in bester antiker Atomistentradition. So begrüßte er die Verbannung Gottes durch Darwin:

Nach meiner Ansicht ist alles Heil für die Philosophie zu erwarten von der Lehre Darwins. So lange man an einen besonderen Geist glaubt, der ohne mechanische Mittel imstande ist, die Objekte zu erkennen, an einen besonderen Willen, der wieder ohne mechanische Mittel geeignet ist, das für uns Zuträgliche zu wollen, kann man die einfachsten psychologischen Erscheinungen nicht erklären.

Seelische Vorgänge sind für ihn rein atomistische Bewegungen:

Erst wenn man einsieht, dass Geist und Wille nicht ein Etwas außer dem Körper, dass sie vielmehr komplizierte Wirkungen von Teilen der Materie sind, deren Wirkungsfähigkeit durch Entwicklung immer vollkommener wird, erst wenn man einsieht, dass Vorstellung, Wille und Selbstbewusstsein nur die höchsten Entwicklungsstufen derjenigen physikalisch-chemischen Kräfte der Materie sind, durch welche Protoplasmabläschen zunächst befähigt wurden, solche Regionen aufzusuchen, die für sie günstiger sind, solche zu vermeiden, die ihnen ungünstig sind, wird einem in der Psychologie alles klar.

Von den Philosophen hielt Boltzmann nichts:

Bin ich nur mit Zögern dem Rufe gefolgt mich in die Philosophie hineinzumischen, so mischten sich desto öfter Philosophen in die Naturwissenschaft hinein. Bereits vor langer Zeit kamen sie mir ins Gehege. Ich verstand nicht einmal, was sie meinten, und wollte mich daher über die Grundlehren aller Philosophie besser informieren.

Besonders einige deutsche Denker fand er widerlich:

Um gleich aus den tiefsten Tiefen zu schöpfen, griff ich nach Hegel; aber welch unklaren, gedankenlosen Wortschwall sollte ich da finden! Mein Unstern führte mich von Hegel zu Schopenhauer. Er ist ein geistloser, unwissender, Unsinn schmierender, die Köpfe durch hohlen Wortkram von Grund aus und auf immer degenerierender Philosophaster. Ja, selbst bei Kant konnte ich verschiedenes so wenig begreifen, dass ich bei dessen sonstigem Scharfsinn fast vermutete, dass er den Leser zum besten haben wolle oder gar heuchle.

Persönliches. Von seinen Zeitgenossen wird Boltzmann als ebenso freundlicher wie naiver Mensch geschildert, der musikalisch gebildet war (er lernte Klavierspielen bei Anton Bruckner), aber unter schweren Depressionen litt und sich zuletzt in einem Ferienort erhängte. Lise Meitner schrieb über ihn:

Er war von Charakter weich, verletzbar und zartfühlend, voll Herzensgüte, Glauben an Ideale und Ehrfurcht gegenüber den Wundern der Naturgesetzlichkeit.

Das sagt auch sein Horoskop, hier in Auszügen:

Sie sind hochgradig sensibel und eindrucksempfänglich, und so leben Sie praktisch in einer anderen Welt. Sie sind unschuldig, vertrauensvoll und gewissenhaft, und Sie kennen weder Bosheit noch Betrug. Das macht Sie sehr verwundbar, aber Ihre Intuition rettet Sie wieder. Sonst würden Sie durch Ihre Naivität viel Unglück erleiden. So sieht es aus, als ob eine göttliche Hand Sie lenkt und vor dem Schlimmen bewahrt.

Sie verstehen intuitiv Dinge, die anderen unbegreiflich sind. Ihr Mitgefühl ist so groß, dass Sie Leiden anderer Menschen nicht ertragen können. Ihr Blick ist sehr nach innen gerichtet. Wenn Sie in Ihrer Jugend egoistisch und materialistisch erschienen, dann nur deshalb, weil Sie sich vor der Unsicherheit der Welt so fürchteten, dass Sie sich an alles Materielle klammerten, um Schutz und Sicherheit zu finden, die Sie so sehr benötigen.

Sie sind scheu und eindrucksempfänglich und haben Schwierigkeiten, sich an die Hektik des modernen Lebens anzupassen. Sie brauchen die Flucht vor der Welt, sei es beim Lesen, beim Träumen, beim Meditieren oder einfach in der Einsamkeit. Aber Sie sind in Gefahr, den Weg in die Welt zurück nicht mehr zu finden.

Was leider dann geschehen ist.

MAX PLANCK (1858 (Kiel) - 1947)

Nationalität: Deutschland

Verdienst: Hat die Methode seines Lehrers Boltzmann erfolgreich auf die Analyse von Strahlungsvorgängen angewandt, dabei Licht als eine Art Gas betrachtet und den Begriff "Quantum" eingeführt.

Nobelpreis: 1918 "als Anerkennung des Verdienstes, den er sich durch die Entdeckung der Energiequanten um die Entwicklung der Physik erworben hat" (Theorie der Quantisierung)"

Bedeutung: Energie kann nur paketweise abgegeben oder aufgenommen werden; und: Die Energie von Strahlung hängt von seiner Frequenz ab, nicht von seiner Intensität.

Zitat: "Wissenschaft bedeutet nicht beschauliches Ausruhen im Besitz gewonnener Erkenntnis, sondern sie bedeutet rastlose Arbeit und stets vorwärtsschreitende Entwicklung."

Von seinem Lehrer erhielt Planck den Auftrag, eine Formel für die Verteilung der Energien bzw. Wellenlängen eines "schwarzen Körpers" zu finden. Ein schwarzer Körper ist, wie der Name sagt, ein Körper, der jegliche Strahlung absorbiert und damit nach außen hin schwarz erscheint. Beispiel: die Pupille des menschlichen Auges, oder ein Brunnenschacht. Es gilt aber auch das Umgekehrte: Wenn ein schwarzer Körper Energie (in Form von Strahlung) abgibt, z.B., weil man ihn erhitzt, dann ist diese Energieabgabe bei ihm am größten, im Vergleich zu anderen (nicht-schwarzen) Körpern. Und: Sie ist unabhängig von der stofflichen Beschaffenheit des Körpers. Jeder kennt das Phänomen vom erhitzten Eisen (man muss Eisen nehmen, weil andere Stoffe vorher verbrennen würden): Erst glüht es dunkelrot, dann hellrot, orange, weiß, blau und violett. Bei Sternen gilt genau das Gleiche: Je höher die Temperatur, desto eher rückt die Farbe hin zum Violetten (und darüber hinaus, aber das sehen wir nicht mehr).

Nun strahlt ein schwarzer Körper nicht nur in einer