Reise ins Ungewisse - Peter Ripota - E-Book

Reise ins Ungewisse E-Book

Peter Ripota

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Beschreibung

Ist die Entdeckung von Gravitationswellen, 2017 mit einem Nobelpreis ausgezeichnet, wirklich so eindeutig? Gibt es überhaupt Schwarze Löcher, und was hielt Einstein von ihnen? Ist die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) das alleinige Werk ihres Schöpfers, oder gab es bedeutende Vorläufer? Woher hatte Einstein das fehlende Glied in seiner Formel, und was bedeuten seine Ideen überhaupt, philosophisch und praktisch? Nach seiner gründlichen Analyse der Geschichte und Widersprüche von Einsteins Spezieller Relativitätstheorie ('Einsteins einmalige Einsichten') begibt sich Peter Ripota auf eine Reise durch die Abgründe komplizierter Formeln und unbegreiflicher Konzepte, sieht sich Beobachtungen und Experimente genauer an, durchstreift die Sphären mathematisch erschaffener Welten und zeigt, dass Wissenschaft nicht immer so geradlinig verläuft, wie sie in den Lehrbüchern und populären Beiträgen gern geschildert wird. Eine kritische Bestandsaufnahme eine der bedeutendsten geistigen Schöpfungen des 20. Jahrhunderts!

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Peter Ripota, Jahrgang 1943, studierte Physik und Mathematik an der Technischen Hochschule Wien. Fast ein Vierteljahrhundert war er Redakteur beim P.M.-Magazin, wo es ihm gelang, schwierige wissenschaftliche Themen anschaulich und verständlich darzulegen. Zudem prägte er den damaligen Stil des Hefts wesentlich durch seine Mischung aus Wissenschaft, Science-Fiction und Esoterik.

Ripota schrieb zahlreiche Bücher über esoterische Themen, über die Mängel der modernen Physik, über Zeitreisen und unendliche Zahlen. Außerdem verfasste er Märchen und Parodien. Als leidenschaftlicher Tangotänzer hat er seine Erfahrungen über das Wesen des Tango in einem Buch niedergelegt.

Teil 2 meiner Abhandlung über Einsteins Thesen behandelt Entstehung, Bedeutung und Wirkung der ART(Allgemeinen Relativitätstheorie)ihrer Grundlagen und ungelösten Rätsel.

Besonders wird auf die Existenz von Schwarzen Löchern und Gravitationswellen eingegangen und deren Ableitung aus den Formeln kritisch untersucht. Zudem werden die (von der Öffentlichkeit unbemerkten) zahlreichen Prioritätsstreitereien ausführlich dargestellt. Und schließlich werden die Gründe für die Vergabe eines Nobelpreises für die Entdeckung der Gravitationswellen durchleuchtet.

Motto:

Und wenn du den kontravariantenantisymmetrischen Energie-Impuls-Tensornach dem zweiten Index kovariantdifferenzierst und anschließendin eine Riemann-Metrik einbettest ...

Inhalt

Vorwort

Wie eine Theorie entsteht

Die Entstehung der ART: Wie alles begann

(

1) Die rotierende Scheibe

(

2) Krummer Raum, verbogene Zeit

(

3) Ein Mann fällt vom Dach

Schwere Masse, träge Kräfte

Die Quelle der Gravitation

Der Einfluss der fernen Massen

Das Karussell des Universums

Das Eimer-Experiment von Newton

Wie die Trägheit in die Welt kommt: das Machsche Prinzip realisiert

Mathematische Grundlagen

Die Grundformel der ART

Kovarianz

Die Prinzipien der ART

Unterschiede ART - SRT

Die magische Formel ... und wo sie versagt

(

1) Keine Erhaltung der Energie

(

2) Keine Anziehung zweier Körper

Zwischenspiel 1: Ein paar Anekdoten

Zwischenspiel 2: Die Wieder-Ptolemäisierung der Welt

Zwischenspiel 3: Die Reichenbachaffäre

Zwischenspiel 4: Der Einfluss der nahen Sterne

Drei bedeutende Lehrbücher

Max von Laue: Die Relativitätstheorie (1921)

Max Born: Die Relativitätstheorie Einsteins

Wolfgang Pauli: Relativitätstheorie (1921)

Kreative Kosmologie: Einsteins Universen

(

1) Leere Welten (Schwarzschild)

(

2) Kompakte Welten (Kaluza & Klein)

(

3) Statische Welten (Einstein)

(

4) Dynamische Welten (Friedmann)

(

5) Rotierende Welten (Gödel)

Warum Zeitreisen nicht möglich sein dürfen

(

6) Verbundene Welten (Wheeler)

(

7) Vibrierende Welten (Schwarz, Green, Witten)

Ballade vom unzufriedenen Massenpunkt

Beobachtungen und Versuche

(

1) Die Periheldrehung der Merkurbahn

(

2) Die Ablenkung der Lichtstrahlen

(

3) Der Lense-Thirring-Effekt

(

4) Das Experiment von Pound und Rebka

(

5) Schwarze Löcher

Die Ballade von Blacky & Darky

Die Fusselknäueltheorie

(

6) Gravitationswellen

Wer vergibt Nobelpreise?

Resümee

Von wem stammt die ART?

(

1) Einstein contra Abraham

(

2) Einstein contra Gerber

(

3) Einstein contra Hilbert

(

4) Einstein contra Cartan

Nachtrag: Wie Geschichte verfälscht wird

Literatur

Weitere Bücher des Verfassers

Vorwort

Im ersten Teil dieser Doppel-Edition ("Einsteins einmalige Einsichten") habe ich Entstehung, Akzeptanz und Problematik der Speziellen Relativitätstheorie (SRT) aus dem Jahre 1905 behandelt und einige ausgewählte Beobachtungen und Versuche ebenso ausführlich wie kritisch erklärt. Im zweiten Teil geht es um die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) aus dem Jahre 1915. Auch hier zeige ich ihren Werdegang, ihre Konsequenzen und Probleme. Einen breiten Raum nimmt naturgemäß die mit einem Physik-Nobelpreis ausgezeichnete Entdeckung von Gravitationswellen ein, die sich aus den Formeln der ART ergeben, obwohl ihr Schöpfer sich später skeptisch darüber äußerte. Ebenso ausführlich behandle ich gewisse Prioritäts-Streitereien, die in der Literatur normalerweise verschwiegen werden. Wer wird denn einem (Jahrhundert-)Genie geistigen Diebstahl unterstellen! Ein paar Anekdoten und ein Gedicht lockern die ernste Angelegenheit ein wenig auf.

Viel Spaß bei der Lektüre!

Wie eine Theorie entsteht

Die Entwicklung hat gezeigt, dass von allen denkbaren Konstruktionen eine einzige jeweilen sich als unbedingt überlegen über alle anderen erwies. Albert Einstein: Rede zum 60. Geburtstag von Max Planck

Kennen Sie die Sage von Zeus und Athena? Die Göttin der Weisheit wurde auf recht eigenartige Weise geboren. Wikipedia sagt dazu:

So stellen wir uns die Entstehung einer Idee, eines Kunstwerks, einer wissenschaftlichen Theorie vor. Ein Gedanke kommt in einem Augenblick aus dem Nichts, eine Eingebung ist geboren. Es geht auch ohne Axt: Nachts erscheint die Muse und küsst den Glücklichen dorthin, wo er's braucht. Daraus machen wir Mythen: NEWTON schlief unterm Apfelbaum, und als der Apfel auf seinen Kopf fiel (ganz ohne Eva & Schlange), da wusste er: So sieht die Welt aus, das Gesetz der Gravitation war geboren. Dem Chemiker KEKULÉ erschien im Traum eine Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt (der berühmte "Oroboros"). Daraufhin wusste der Forscher: Moleküle schließen sich zu Ringen zusammen, die organische Chemie war geboren. Und als EINSTEIN in den Schweizer Bergen spazieren ging, kam ihm plötzlich der Gedanke: So sieht die Welt aus, gekrümmt, und deswegen habe ich Mühe, mich durchzuschlängeln. Die Idee zur Allgemeinen Relativitätstheorie war geboren.

Alles Mythen (den dritten hab ich mir ausgedacht). Plötzliche Eingebungen können Denkanstöße geben, für die Entwicklung eines vollständigen Kunstwerks, also auch einer wissenschaftlichen Theorie, reichen sie nicht. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Schon Newton wusste dies. Als man ihn fragte, wie er zu seinen Ideen gekommen war, sagte er: Durch stetes Nachdenken. Auf einem ganz anderen Gebiet behauptete ein berühmter Praktiker Ähnliches: Eine Erfindung besteht zu 10% aus Inspiration (= Eingebung) und zu 90% aus Transpiration (= Schweiß). (EDISON) Doch auch Newtons Vorbild des reinen Denkers stimmt nicht für die Wissenschaft, wie sie seit ihrer Etablierung durch diverse wissenschaftliche Akademien betrieben wird. Hier brauchen wir ein drittes Bild, das auch schon Newton (wenngleich eher ironisch) geprägt hat: "Wenn ich weiter blickte als andere vor mir, dann nur deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stand." Kurzum: Jede Theorie hat (a) Vorgänger, zumindest ideenmäßig, und sie braucht (b) den für wissenschaftliche Erkenntnisse typischen Dialog.

Deswegen will ich (aus meiner eigenen Erfahrungswelt) ein drittes Bild für den wissenschaftlichen Fortschritt anbieten: den Tanz. Da führt zwar einer, was nur bedeutet: Die führende Person (gewöhnlich als "Mann" bezeichnet, was aber nicht immer stimmt) gibt Impulse, die geführte Person (gewöhnlich als "Frau" bezeichnet, was aber nicht immer stimmt) nimmt diese auf und formt daraus etwas Eigenes, Neues. So entsteht allmählich eine Theorie, so wächst wissenschaftlicher Fortschritt.

So wär's schön. So ist es aber nicht. Der Normalfall in der Wissenschaftspublizistik ist am besten mit der katholischen /faschistischen/ kommunistischen Inquisition vergleichbar, mit dem Herausgeber des renommiertesten Wissensjournals der Welt als Großinquisitor - das ist derjenige, der einmal gesagt hat: Die Schriften des Biologen Rupert Sheldrake gehören verbrannt (JOHN MADDOX). Vermutlich samt ihrem Initiator.

Heute wird die Sache so dargestellt, als ob die ART in einem Augenblick dem Kopf des göttlichen Genies entsprang wie Athena dem Haupte des Zeus, natürlich schon mit vorangehenden Kopfschmerzen. Doch es gab auch hier - wie in der SRT - viele Vorläufer, deren Bedeutung erst langsam wiederentdeckt wird. STEFAN RÖHLE hat dies in seiner Dissertation "Willem de Sitter in Leiden - Ein Kapitel in der Rezeptionsgeschichte der Relativitätstheorien" im Einzelnen behandelt. So schreibt er:

"Vieles neben [Einstein] erscheint in seinem Schatten, weil es durch ihn und sein vermeintliches Genie überstrahlt wird und dadurch in den Hintergrund tritt. So entsteht oft der Eindruck, Einsteins Theorien wären schlagartig nach 1905 bzw. 1915 etabliert gewesen."

Mehr davon im Kapitel "Von wem stammt die ART?"

Die Entstehung der ART: Wie alles begann

"Wie kann sich ein Mensch etwas so Verrücktes ausdenken wie die Relativität?" lautete einer der - zugegeben, etwas reißerischen - Titel in "Peter Moosleitners interessantem Magazin" (P.M.), in welchem ich ein paar Jahrzehnte lang den Einstein-Versteher für den Einstein-Verehrer Peter Moosleitner spielen durfte. Zum Glück für alle: Die Leser bekamen anschauliches und verständliches Material, Herr Moosleitner war erfreut, seine Fragen mit einem Fachmann besprechen zu können - und ich wurde zum Skeptiker. Doch das nur nebenbei.

Jedenfalls stimmt diese Überschrift nicht: Einstein kam praktisch zwangsweise dazu, die seltsamen Ideen der ART zu entwickeln. Sie sollten für ihn die Lösung diverser Probleme darstellen, auch wenn sie dann teilweise selbst zum Problem wurden.

Mathematisch gesehen ist der Übergang von der SRT zu ART wirklich schwierig, der Schritt gewaltig, nämlich vom einfachen Wurzelziehen zur hochkomplexen und reichlich unübersichtlichen Tensorrechnung. Als Tangotänzer habe ich den Unterschied begriffen: Alle Figuren, die mit geradlinig-gleichförmigen Bewegungen (in der SRT und im Tango) zu haben, sind einfach, leicht zu lernen und in Bezug auf Mann und Frau (= Inertialsysteme) spiegelsymmetrisch. Doch bei Drehungen wird die Sache erheblich schwieriger: Die Rhythmen von Mann und Frau (die Verwendung von Koordinatensystemen) unterscheiden sich; die Schritte sind anders bei einer Links- als bei einer Rechtsdrehung (bei der Verwendung von ko- oder kontravarianten Koordinaten); beide zählen und tanzen zu unterschiedlichen Rhythmen (Tensoren). Man muss in der ART höllisch aufpassen, welches Beschreibungssystem man benutzt; alle Schwierigkeiten entstehen durch Drehungen; ihre Bewältigung erfordert jahrelange Übung und kann dennoch immer wieder zu üblen Fehlern führen.

Das alles fing damit an, dass ihm sein Freund PAUL EHRENFEST auf ein paar Seltsamkeiten bei Anwendung der Relativitätsformeln auf eine rotierende Scheibe aufmerksam machte. Wir haben diese Scheibe schon im ersten Band beschrieben; jetzt zeigen wir, wie es durch sie zur Idee gekrümmter Räume kam.

(1) Die rotierende Scheibe

Wir bleiben in der Speziellen Relativitätstheorie (SRT). Stellen wir uns eine ganz normale Scheibe vor, die auf ihrer Grundlage ruht (Bild 1). Das Verhältnis Kreisumfang zu Kreisdurchmesser beträgt π. Beginnt nun die Scheibe zu rotieren (Bild 2), muss sich für einen Beobachter im Mittelpunkt der Scheibe nach der Lorentzkontraktion (sie betrifft quer-bewegte Gegenstände) der Scheibenumfang zusammenziehen, die Radien aber nicht, denn die bewegen sich nicht quer zum Beobachter. So etwas können wir uns nur durch Ausweichen in die dritte Dimension vorstellen (Bild 3). Es geht aber auch anders.

In einem rotierenden Bezugssystem entsprechen die Lagerungsgesetze starrer Körper wegen der Lorentz-Kontraktion nicht den Regeln der euklidischen Geometrie.

Allerdings kann es hier nur eine sogenannte "elliptische" (endliche, geschlossene) Welt geben, ähnlich der Erdoberfläche, keine "hyperbolische" (unendliche, offene), die auch den Randbedingungen der ART Probleme bereitet, was Einstein im gleichen Vortrag selber sagte:

Die restlose Zurückführung der Trägheit aus Wechselwirkung zwischen den Massen - wie sie z.B. Ernst Mach gefordert hat - ist nur dann möglich, wenn die Welt räumlich endlich ist.

So kam Einstein zur nicht-euklidischen Geometrie, also zu gekrümmten Räumen, die er mit Hilf der hochkomplexen Tensorrechnung zu bändigen versuchte. Weil es in der SRT keine Kräfte gibt, versuchte Einstein mit Hilfe gekrümmte Räume, Kräfte - genauer gesagt: die Schwerkraft sowie Trägheitskräfte - durch komplizierte Bewegungen (also durch Beschleunigungen) zu ersetzen. Das funktioniert auch bei homogenen (gleichförmigen) Schwerkraftverhältnissen, nicht aber bei inhomogenen Feldern oder bei Rotationen. Beschäftigen wir uns also mit gekrümmten Räumen.

(2) Krummer Raum, verbogene Zeit

Wenn der ganze Raum gekrümmt wäre, müsste die Zeit es gleichfalls sein. Aber was wäre eine gekrümmte Zeit, die auf sich selber zurückkäme, den Kreis schlösse und die Zukunft mit der Vergangenheit verknüpfte? Maurice Maeterlinck: Geheimnisse des Weltalls (1930)

Die Idee, Kräfte zu eliminieren und durch die Bewegung von Massen entlang kürzester Bahnen in gekrümmten Räumen zu ersetzen - das Herzstück der ART - stammt tatsächlich nicht von Einstein, sondern von HEINRICH HERTZ, wie MAX JAMMER in seinem lesenswerten Buch über das "Konzept der Kraft" schildert. Hertz konzipierte bereits 1894 eine kräftefreie Physik, in der alles nur einem einzigen Gesetz gehorcht: Jeder Gegenstand folgt dem Weg der kleinsten Krümmung.

Hertz wollte die Dynamik (Lehre von den Kräften) auf eine Kinematik (Lehre von den Bewegungen) reduzieren - genau das, was Einstein mit der speziellen Relativitätstheorie getan hatte, und was er nun mit der Allgemeinen Relativitätstheorie ebenfalls versuchte! Und Hertz lieferte auch die Formeln, wenngleich in normaler mathematischer Sprache, ohne Tensor-Kalkül:

Auf der linken Seite der Gleichung stehen rein mathematische Größen, auf der rechten physikalische Faktoren. Die linke Seite beeinflusst die rechte (ein gekrümmter Raum führt zur Schwerkraft), aber es gilt auch das Umgekehrte: die rechte Seite beeinflusst die linke (Massen verursachen eine Krümmung des Raums). Das macht die Lösung dieser Gleichungen so schwierig. Oder handelt es sich gar um eine Tautologie, also um eine Zirkeldefinition? Fragen wir dazu am besten die Autoren WHEELER (Schöpfer des Begriffs "Schwarzes Loch") und CIUFOLINI. In ihrem Lehrbuch sagen sie dazu:

"Wieso ist es sinnvoll davon zu sprechen, dass die Verteilung der Masse-Energie die Geometrie bestimmt, wo man diese Größen gar nicht bestimmen kann, bevor man die Geometrie kennt? Was kann man dann überhaupt festlegen?"

Gespannt auf die Antwort dieser entscheidenden Frage wartend, erfährt der wissbegierige Leser:

"Die Begrenzung der Begrenzung einer Mannigfaltigkeit muss null sein. Das Universum muss zeitlich begrenzt sein, die Massen dürfen nicht rotieren, der Raum muss [mathematisch] kompakt sein."

Ah ja! Und wenn nicht, was dann? Und wenn doch, wie geht's? Sind die Forderungen nicht rein mathematischer Natur? Egal, die Unbestimmtheit der Formeln führte sogar dazu, dass aus Rechenfehlern brauchbare Lösungen entstanden (siehe Literatur " Hoenselaers"). Die Autoren fragen schließlich zu Recht:

"Warum halten wir uns mit Vermutungen auf? Warum gehen wir nicht direkt [zu einem Versuch?]" Und sie geben gleich die Antwort: "Nein [wir gehen] zur Allgemeinen Relativitätstheorie und sehen nach, was die dazu zu sagen hat."

Also: keine Fragen an die Natur, sondern nur an Einstein! Das erinnert an BERTOLT BRECHTs „Leben des Galilei“, wo sich folgender Dialog abspielt:

Der Philosoph: „Herr Galilei, bevor wir Ihr berühmtes Rohr applizieren, möchten wir um das Vergnügen eines Disputs bitten. Thema: Können solche Planeten existieren?“

Galilei: „Ich dachte mir, Sie schauen einfach durch das Fernrohr und überzeugen sich?“

In der Tat, das wäre viel zu einfach ...

Aber sehen wir weiter, wozu ein gekrümmter Raum (die Zeit bleibt immer gerade) gut sein kann. Er kann nämlich, obwohl nur ein Gedankenkonstrukt, auf magische Weise Materie beeinflussen. Doch auch diese Idee war nicht neu. Schon Gauß, einer der Erfinder nichteuklidischer Geometrien, vertrat ähnliche Ansichten. Explizit formuliert hat dann sein Übersetzer WILLIAM KINGDON CLIFFORD diese Idee. Laut Wikipedia "nahm er in dem Aufsatz "On the space theory of matter" (1870) Ideen der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein vorweg, indem er die Bewegung der Materie als Folge der Raumkrümmung ansah, die sich wellenförmig ausbreiten würde."

Also nicht nur: Raumkrümmung wirkt auf Materie (ist ein Ersatz für die Schwerkraft), sie bewirkt sogar Gravitationswellen.

Viele stellen auch die berechtiget Frage: Wo hinein krümmt sich der Raum eigentlich? Wenn Einsteins Welt vierdimensional ist, müsste doch der "Einbettungsraum" fünfdimensional sein - oder? Es geht auch ohne höhere Dimension, wie ich an einem dreidimensionalen Beispiel zeige. Die Raumkrümmungsverhältnisse können auch in zwei Dimensionen dargestellt werden:

Links sehen wir eine Figur, die als "Gabriels Horn" bekannt ist. Angenommen, der 3d-Raum wäre in dieser Weise gekrümmt, also relativ extrem. Dann können wir diese Krümmungsverhältnisse auch zweidimensional darstellen (rechts). als Projektion der Figur auf eine Ebene. Aus der Krümmung des 3d wird nun eine Spannung im 2d. So vermeidet man eine höhere Dimension, die mathematisch nicht gebraucht wird. Aber für die Anschauung ist sie notwendig.

(3) Ein Mann fällt vom Dach

Einstein lebte von plötzlichen Einfällen. Als er einen Dachdecker sah, befiel ihn spontan der Gedanke: Wenn der arme Mann jetzt runterfällt, fühlt er sich schwerelos, denn während des Falls spürt er keinerlei Schwerkraft, obwohl diese immer noch vorhanden ist. Der umgekehrte Fall ist einleuchtender: Ein Raumfahrer sitzt, eingeklemmt und ohne Fernsicht, in einem Raumschiff. Plötzlich wird er gegen seinen Sitz gepresst. Was ist geschehen? Eine von zwei Möglichkeiten:

(a) Der Kapitän hat beschleunigt, was den Raumfahrer in den Sitz presste. Oder:

(b) Unter dem Raumfahrer ist ein großer Himmelskörper aufgetaucht, der ihn durch seine Schwerkraft nach hinten zog.

Wie gesagt, der Raumfahrer kann die beiden Situationen nicht unterscheiden, denn die Wirkung ist die gleiche. Das folgert auch aus der Gleichheit der trägen Masse, die mit Beschleunigungen zu tun hat, und der schweren Masse, welche die Anziehungskraft zweier Massen beschreibt.

So kam Einstein zu seinem Äquivalenzprinzip: Die Schwerkraft (= Anziehungskraft von Massen) kann auf Beschleunigungen zurückgeführt werden.

Einsteins Äquivalenzprinzip: Ein Beobachter kann zwischen Beschleunigung (links) und Schwerkraft (rechts) nicht unterscheiden. Das gilt allerdings nur für geradlinige Beschleunigungen. Bei Rotationen (Drehungen) ist ein Unterschied sehr wohl sofort erkenn- und messbar!

Der Lift fällt nach unten, der Mann im Lift wird dadurch schwerelos. Er weiß aber nicht, was tatsächlich passiert.

Der Lift hängt am Seil, doch über ihm taucht ein erdgroßer Planet auf. Durch dessen Anziehungskraft wird der Mann im Lift ebenfalls schwerelos.

Schwere Masse, träge Kräfte

Eines ist es, mit der Geometrie zu spielen, ein anderes, mit der Natur die Wahrheit zu erforschen. Giordano Bruno (Ketzer)

Mit Mathematik kann man alles beweisen. Albert Einstein

Also, sagte sich Einstein, können wir Kräfte (gemeint sind: Anziehungskräfte durch die Gravitation) völlig eliminieren und durch Beschleunigungen ersetzen. Und letztere hinwiederum ersetzen wir durch die Krümmung des Raums in jedem Punkt. Das ist im Grund das Wesen der ART.

Bloß: Einstein hat sich geirrt. Sein Äquivalenzprinzip gilt nur für geradlinig beschleunigte Bewegungen, nicht für andere. Alles, was rotiert, ist sehr wohl absolut erkennbar. Es ist nicht das Gleiche, ob ich mich im Kreise drehe (wobei mir schwindelig wird) oder ob sich eine große Masse um mich dreht (was mich überhaupt nicht stört). Mit dem Äquivalenzprinzip ist beispielsweise die Corioliskraft (verantwortlich für die Bildung von Wirbelstürmen in der irdischen Atmosfäre) nicht erklärbar.

Dazu kommt: Die Gravitation wirkt immer auf ein Zentrum hin (zentripetal), die Beschleunigung dagegen, beispielsweise in Form der Fliehkraft, von einem Zentrum weg (zentrifugal). Nur bei homogenen Feldern sind beide im Kleinen gleich. Doch jeder Raumfahrer kann mit Hilfe eines Gyroskops feststellen, ob das Raumschiff beschleunigt oder in Ruhe bleibt.

Also: Bereits im Bereich der reinen Gravitation funktioniert Einsteins Prinzip nur äußerst eingeschränkt. Kommen noch andere Kräfte bzw. Erscheinungen dazu - etwa aus dem Bereich von Elektrizität und Magnetismus - dann geht die Sache völlig in die Hose. Denn wir haben in der Schule gelernt, dass eine elektrisch geladene Kugel ihre Ladung in Form von Strahlung abgibt, wenn sie beschleunigt wird - nicht aber, wenn sie im Schwerefeld der Erde ruht!

Nimmt man elektrische Kräfte hinzu, versagt das Äquivalenzprinzip also völlig, was wir am Beispiel einer geladenen Kugel zeigen:

Fall 1 (links): Kugel in Ruhe. Eine elektrisch geladene Kugel in Ruhe strahlt nicht.

Fall 2 (rechts): Wird sie beschleunigt, beginnt sie nach den Gesetzen der Elektrodynamik zu strahlen, sie verliert also Energie.

Fall 3 (links): Wird sie von einer Masse angezogen, geschieht nichts. Nach Einstein aber ist diese Situation identisch mit Fall 2 - also müsste die Kugel strahlen, entgegen allen bekannten Naturgesetzen!

Und diese Erkenntnis - die in letzter Konsequenz zu einem echten Perpetuum mobile führen kann - ist fatal. Das zumindest behauptet Wikipedia: "Die Beobachtung einer Verletzung des Äquivalenzprinzips würde daher zeigen, dass die ART nur begrenzt gültig wäre." Oder gar nicht.

Doch es geht weiter. In den schönen Illustrationen populärwissenschaftlicher Publikationen erfahren wir, wie die Raumkrümmung die Schwerkraft ersetzt. Da wird also ein Tuch gespannt und eine Kugel - Symbol für die Sonne - in die Mitte gelegt, woraufhin sich das Tuch verbiegt. So also ist der Raum um eine schwere Masse gekrümmt! Nun kommt eine zweite, kleinere (und leichtere) Kugel dazu, welche, wenn man es geschickt anstellt, die schwere Kugel irgendwie umkreist, jedenfalls eine Zeit lang. Und schon wissen wir: Die Raumkrümmung, Ersatz für die Schwerkraft, zwingt die Körper auf geodätische Bahnen, das sind, innerhalb dieser krummen Umgebung, die kürzesten Verbindungslinien.

Aber, so wirft plötzlich ein Naseweis ein, der keinen Respekt vor den hohen Herren mit den großen Köpfen hat, aber: Die große Kugel beult ja nur deswegen das Tuch, weil es immer noch eine echte Schwerkraft gibt. Und die kleine Kugel rollt nur deswegen, weil sie von der echten Schwerkraft nach unten gezogen wird. Dem vorlauten Besserwisser wird zwar keine Ohrfeige verabreicht, das wäre politisch unkorrekt. Dafür wird ihm erklärt, mit vorgetäuschter Geduld, dass es sich nur um eine Analogie, ein Modell, eine Veranschaulichung handelt und die wahre Wirksamkeit des krummen Raumes nur in Einsteins eigenen wundervollen Formeln erstrahlt. Wer also mehr wissen will, muss den Meister selbst studieren. Tut er das, versteht er zwar auch nichts, aber er denkt dann anders, und solche ketzerischen Gedanken kommen nicht mehr vor.

Zusammenfassend ist zu sagen: Die Kugel krümmt mit ihrer Masse die Raumzeit, deswegen verlaufen Bahnen innerhalb der gekrümmten Mannigfaltigkeit nicht mehr geradlinig, sondern um das Dellenzentrum herum. Aber wieso macht denn die Masse eine Delle? Offenbar, weil die Schwerkraft sie anzieht - die wird aber erst durch die Krümmung erzeugt! Da wäre folgendes Bild viel angemessener:

Der Wurm, der sich in den eigenen Schwanz beißt, als Symbol für eine Definition, bei der die definierenden Objekte (rechts vom Gleichheitszeichen) durch das zu definierende Objekt (links vom Gleichheitszeichen) definiert werden ... Der Raum, der durch Massen gekrümmt wird, wobei die Krümmung erst die Massen erzeugt ...

Die Quelle der Gravitation

Gravitation, subst. fem. Der Hang aller Körper, sich gegenseitig mit einer Kraft anzuziehen, die proportional ihrer Masse ist - ihre Masse wiederum ergibt sich aus der Kraft, mit der sie sich gegenseitig anziehen. Dies ist eine hübsche und erbauliche Illustration dafür, wie die Wissenschaft aus A auf B schließt und aus B zurück auf A. Ambrose Bierce: Wörterbuch des Teufels

Die Krümmung des Raums (der Raumzeit?) als Ursache der Schwerkraft hinzustellen, ist natürlich unzulässiger Unsinn. Denn was ist der (leere) Raum? Offenbar nichts wirklich Leeres, sondern irgendwie erfüllt von irgendetwas, das aber nicht sonderlich materiell sein kann. Einstein bezeichnete dieses alldurchdringende Fluidum als das, was es in der Physik schon immer war: Aether. Doch dieser Äther, von seinen Nachkommen verschämt "kosmisches Fluid" genannt (siehe das Lehrbuch von Ciufolini & Wheeler), hat nach Einstein keinerlei Eigenschaften. Wie kann etwas ohne Eigenschaften etwas so schwerwiegendes (ich weiß, schlechter Kalauer) wie die Schwerkraft bewirken?

Die ART wird immer wieder missverstanden, weil sich niemand um die geschichtliche Entwicklung kümmert. Wozu Einstein gezwungen war: Kräfte aufzunehmen, da diese bei Drehbewegungen nun mal auftreten, auch wenn sie nur, wie die Fliehkraft, als "pseudo" bezeichnet werden. Doch da Einstein in seiner SRT Rotationen ausdrücklich zuließ und sich damit in Teufels Küche bzw. in das Ehrenfestsche Paradoxon begab, musste er etwas tun. Und, wie schon öfter in diesem Buch gesagt, Einsteins Gedankengang war:

geradlinig-gleichförmige Bewegungen (ohne Kräfte) → "flache" Geometrie → SRT

beliebige Bewegungen (mit Beschleunigungen) → "krumme" Geometrie → ART