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Projektmanagement vollzieht derzeit einen Wandel hin zu mehr Agilität. Das klassische Projektmanagement wird wesentlich durch internationale Standards beschrieben, geprägt durch ihre jeweilige Entstehungsgeschichte mit unterschiedlichen Schwerpunkten versehen. Auf der anderen Seite sind die bekannten agilen Vorgehensweisen nicht vollständig, zu vielen Teildomänen fehlen explizite Ausführungen. Dies führte zur Entwicklung des vorliegenden vereinheitlichten Projektmanagement-Referenzmodells, dem Unified Project Management Framework, UPMF. Das Modell enthält im Kern Prozesse, Disziplinen und Rollen, ergänzt um Erfolgsfaktoren, Kompetenzen und Methoden. Das UPMF hat den Anspruch, universell und kompakt zu sein und will dem Leser die entsprechenden Instrumente an die Hand geben.
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Projektmanagement vollzieht derzeit einen Wandel hin zu mehr Agilität. Das klassische Projektmanagement wurde wesentlich in den 90er Jahren geprägt und durch internationale (uneinheitliche) Standards beschrieben. Charakterisiert sind diese als plangetrieben. Agilität stellt demgegenüber empirische Prozesskontrolle in den Vordergrund. Allerdings sind die bekannten agilen Vorgehensweisen nicht vollständig – zu vielen Teildomänen, wie etwa Risikomanagement, fehlen explizite Ausführungen.
Auf der anderen Seite sind die klassischen Standards, geprägt durch ihre jeweilige Entstehungsgeschichte, mit unterschiedlichen Schwerpunkten versehen, die auch als Stärken und Schwächen ausgelegt werden können. Im PMI-Modell ist beispielsweise kaum etwas zu Kundenprojekten zu finden, im DIN-Modell wird Projektmanagement in Phasen eingeteilt etc. Dies führte zur Entwicklung des vorliegenden vereinheitlichten Projektmanagement-Referenzmodells – dem Unified Project Management Framework, UPMF.
Das UPMF enthält im Kern Projektmanagement-Prozesse, -Disziplinen und -Rollen ... ergänzt um Erfolgsfaktoren, Kompetenzen und Methoden. Dabei wurde wenn möglich auf die bewährten Standards zurückgegriffen ... ergänzt um Elemente agiler und Lean-Methoden sowie langjährige Praxiserfahrungen.
Das UPMF hat den Anspruch, universell und kompakt zu sein. Dies wird unterstrichen durch überwiegend tabellarische Darstellungen und das daraus abgeleitete Werkzeug UPMF-Navigator. Es ist in der vorliegenden Form im Rahmen konzeptioneller Arbeiten im Labor für Prozess- und Projektmanagement der Technischen Hochschule Mittelhessen, Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen, entstanden und will dem Leser die entsprechenden Instrumente an die Hand geben.
Claus Hüsselmann
Prof. Dr. rer. oec. Claus Hüsselmann wirkte nach Studium der Technomathematik zunächst als leitender Entwickler in einem SAP-Systemhaus. Bei Scheer verantwortete er anschließend 20 Jahre lang mehrere (Groß-) Projekte, den weltweiten Project Operations-Bereich sowie als Partner das Beratungsgeschäft Project Performance Management. 2012 – 2015 war er als Vorstand der GPM engagiert. Seine Schwerpunkte umfassen u.a. Lean Project Management sowie Multi-Projektmanagement (Ko-Leitung der GPM-Fachgruppe). Aktuell verantwortet er das Fachgebiet Projekt- und Prozessmanagement im Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen der THM.
Die konzeptionellen und redaktionellen Arbeiten zum UPMF wurden im PPM Labor unterstützt durch Paul Golfels, B.Eng., sowie insbesondere Maximilian Heymann, M.Sc., im Kontext der Erstellung seiner Masterthesis. Ihnen gilt der Dank für die geleistete Zusammenarbeit – ebenso Prof. Dr. Matthias Vieth, HS Darmstadt, und Prof. Dr. Bert Leyendecker, HS Koblenz, für ihren wertvollen Input.
Einleitung
Wozu braucht man ein einheitliches PM-Rahmenwerk?
Was ist das UPMF?
Für wen ist das UPMF relevant?
Wieso ist das UPMF valide?
Was sind die Inhalte des UPMF?
PM-Prozessgruppen
PM-Disziplinen
PM-Prozesse
Beschreibung der PM-Prozesse
Strategische PM-Disziplinen
Management von Auftrag & Business Case
Management von Auftraggeber & Stakeholder
Management von Chancen & Risiken
PM-Kerndisziplinen
Management der Inhaltlichen Breite & Tiefe
Management der Arbeits- und Organisationsstruktur
Management der Prozesse & des Projektablaufs
Management von Team & Kommunikation
Befähigende PM-Disziplinen
Management von Anforderungen & Qualität
Management von Beschaffungen & Ressourcen
Management von Wissen & Konfiguration
PM-Rollenmodell
PM-Kompetenzen
Strategische PM-Disziplinen
PM-Kerndisziplinen
Befähigende PM-Disziplinen
PM-Erfolgsfaktoren
Strategische PM-Disziplinen
PM-Kerndisziplinen
Befähigende PM-Disziplinen
PM-Praktiken
Strategische PM-Disziplinen
PM-Kerndisziplinen
Befähigende PM-Disziplinen
Wie kann das UPMF eingesetzt werden?
Resümee
Anhang
Referenzierung internationaler Standards
Literatur- und Quellenverzeichnis
Fußnoten
Abbildung 1: PM-Ansätze im Vergleich
Abbildung 2: Big Picture des UPMF
Abbildung 3: Aufbau des UPMF
Abbildung 4: High-Level-UPMF-Prozessmodell
Abbildung 5: Grundstruktur des UPMF
Abbildung 6: Schwerpunkte innerhalb des UPMF
Abbildung 7: Die UPMF-Prozessmatrix in der Übersicht
Abbildung 8: Das UPMF-Rollenmodell in der Übersicht, Teil 1
Abbildung 9: Das UPMF-Rollenmodell in der Übersicht, Teil 2
Abbildung 10: Das UPMF-Rollenmodell in der Übersicht, Teil 3
Abbildung 11: Erweitertes Magisches Dreieck
Abbildung 12: Adaption des PM-Systems
Abbildung 13: Wertstromanalyse mit dem UPMF
Die heutige Geschäftswelt ist eine „VUKA-Welt“: Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität beeinflussen die Anforderungen an das Management und die Steuerung von Unternehmen.1 Daran knüpfen auch die zentralen Herausforderungen für erfolgreiche Produkte und Dienstleistungen nach Hering2 an: Kürzere Lebenszykluszeiten, kürzere Innovations-, Entwicklungs- und Erprobungszeiten, kurze Lieferzeiten (just in time) und hohe Qualität bei niedrigen Preisen. Um die in dieser VUKA-Welt existierenden Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen und den langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern, setzen Unternehmen immer mehr auf Projekte: Die Studie „Makroökonomische Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland“ der deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) zeigt auf, dass der Anteil der Projektarbeitszeit an der Gesamtarbeitszeit 2015 in Deutschland bereits bei knapp 35% lag. Des Weiteren wird eine sich weiter fortsetzende „Projektifizierung“, also eine Zunahme der Projekttätigkeiten in Unternehmen, prognostiziert.3 Die fortschreitende Projektifizierung der Wirtschaft und die immer noch eher schlechten Erfolgsquoten von Projekten4 implizieren, dass Projektmanagement eine Managementdisziplin ist, die zwar eine zentrale Rolle für den Unternehmenserfolg spielt, aber noch Verbesserungspotenziale in der Ausführung besitzt. Dies zeigt sich auch in Form der Tatsache, dass das Projektmanagement aktuell kein homogenes Feld ist, sondern sich gewissermaßen in zwei Pole teilt: in das „klassische“ Projektmanagement und das „agile“ Projektmanagement. Das klassische Vorgehen ist plangetrieben und setzt so eine systematische Planung des Projekts und der Projektphasen voraus.5 Das agile Vorgehen hingegen legt den Fokus auf ein inkrementelles und iteratives Vorgehen, stellt die Selbstorganisation von Teams in den Vordergrund und ordnet eine übergeordnete Planung unter oder lehnt sie sogar ab. Diese Polarisierung des Projektmanagements (PM) sorgt, insbesondere bei kleinen und mittelständischen Industriebetrieben, deren PM-Expertise oftmals gering ist, für Verwirrung.6
Aber auch generell ist in komplexen Projektlandschaften die systematische Handhabung der verschiedenen PM-Ausrichtungen eine Herausforderung. Ein Ansatz, der klassisches und agiles Projektmanagement harmonisiert, ist das Lean Project Management (Lean PM).7 Mit Lean PM wird das Ziel verfolgt, die bestehenden Ansätze, Lean Thinking auf das Projektmanagement zu übertragen, weiterzuentwickeln und so einen leichtgewichtigen PM-Ansatz zu liefern, der universell einsetzbar und leicht adaptierbar ist. Lean PM ist ein grundlegendes PM-Konzept, die direkte Anwendbarkeit in der Praxis muss mit Hilfe operativer Methoden umgesetzt werden.
Kernziel ist daher die Operationalisierung des Lean PM-Ansatzes mit Hilfe eines vereinheitlichten PM-Frameworks (Unified Project Management Framework, UPMF), um neben der durch das Lean PM gegebenen strategischen Sicht auf das Projektmanagement eine operative Anwendung von Lean PM zu ermöglichen. Bei der Ausgestaltung des UPMF liegt der Schwerpunkt auf folgenden Merkmalen:
Universelle, projekttyp-unabhängige Gültigkeit
Vermeidung der Schwächen, die bekannte Frameworks haben
Anwendbarkeit bei klassischen und agilen PM-Ansätzen
Möglichkeit des Tailorings, also der Anpassung des Frameworks an den jeweiligen Projektkontext
PM-Frameworks (Normen, Referenzmodelle, Rahmenwerke, Standards und „Best-“ oder „Good practices“) werden eingesetzt, um Projektmanagement-Aufgaben zu standardisieren. Im Allgemeinen wird der Begriff Framework als „spezialisiertes Informationsmodell“ definiert.8 Diese finden Verwendung bei der Konstruktion von Unternehmensmodellen. Die Inhalte der PM-Frameworks zeichnen sich durch die Verwendbarkeit bei verschiedenen Anwendungsfällen und damit einem gewissen Grad an Allgemeingültigkeit aus. PM-Frameworks dienen somit als Orientierungsrahmen für das Projektmanagement.
Das nun vorliegende UPMF hat den Anspruch, bei möglichst geringem Aufwand das bestmögliche PM-System eines Projekts zu liefern. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Projekttypisierung, die schon vor Projektbeginn nicht benötigte Prozessschritte, Tools, Dokumente etc. eliminieren soll (analog zum zentralen Lean Thinking-Prinzip „Vermeidung von Verschwendung“).9 Es soll kein theoretisches Konstrukt bleiben, sondern so leichtgewichtig und verständlich aufgebaut werden, dass Anwenderunternehmen ihren PM-Reifegrad durch die Umsetzung von Lean PM mit Hilfe des UPMF steigern können, ohne dabei an großen Eintrittsbarrieren zu scheitern.
Im Bereich des (Einzel-) Projektmanagements haben sich eine Reihe von Frameworks etabliert. Dazu gehören insbesondere der Project Management Body of Knowledge, PMBoK Guide (PMI), die IPMA Competence Baseline, ICB, Projects in controlled Environments, PRINCE2 (AXELOS), das Kompendium zum Kompetenzbasierten Projektmanagement, PM4 (GPM), die DIN 69 900ff sowie die ISO 21 500 oder das Vorgehensmodell für IT-Entwicklungsprojekte der Bundesrepublik Deutschland (V-Modell XT).10 Aufgrund seiner erlangten Bedeutung in der Praxis der Projekte wird an dieser Stelle auch Scrum mit eingeschlossen, auch wenn es explizit kein vollwertiges PM-Framework darstellt.
Die genannten Standards haben alle einen in wesentlichen Bereichen gemeinsamen Betrachtungsgegenstand – nämlich das Managen von Projekten beziehungsweise Produktentwicklungsprozessen (Scrum) – und unterscheiden sich unter anderem in der fachlichen Schwerpunktsetzung, im Wording, im Grad der Operationalisierung oder in der Managementphilosophie.
Vor dem Hintergrund des gleichen Betrachtungsgegenstands, nämlich des Projekts, kann man wohl sagen: Es ist vielfach derselbe Wein in unterschiedlichen Schläuchen. Gleichwohl lassen sich die Standards grundsätzlich einteilen in sogenannte Bodies of Knowledge (PMBoK Guide, ICB, ...) beziehungsweise operative PM-Methoden/Projektvorgehensweisen (PRINCE2, Scrum, ...).11 Die folgende Abbildung 1 zeigt eine grobe Analyse der Spezifika der verschiedenen erwähnten Ansätze.12
Die PM-Standards werden teilweise spezifisch kritisiert („Zu wenig konkret.“, „Nur bei IT-Projekten einsetzbar.“, „Zu umfangreich.“, ...) und teilen die PM-Community vielfach in entsprechende Lager.
Abbildung 1: PM-Ansätze im Vergleich (ausgewählte Aspekte)
Aufgrund der Universalität der Aufgabenstellung, Projekte zu managen, sowie dem Bedürfnis, im Sinne des Lean PM Methoden jeweils auch projektspezifisch ausprägen zu können (sogenanntes Tailoring), bietet sich an, ein universell einsetzbares, wissenschaftlich fundiertes und praktikables Rahmenwerk zu nutzen beziehungsweise zu schaffen. Mit einem solchen Unified Project Management Framework, UPMF (vgl. Abbildung 2), kann es sodann gelingen, Lean PM systematisch zu operationalisieren. Ziel ist daher die Entwicklung eines universellen Projektmanagement-Ordnungsrahmens (Framework) mit folgenden Merkmalen:
Einfache Darstellung
Einfache Anwendbarkeit und konkrete Operationalisierbarkeit
Universelle, projekttyp-unabhängige Gültigkeit
Best-in-Class-Content, das heißt Vereinigung „des Besten“ aus allen vorhanden PM-Standards
Überwindung der Ambivalenz traditioneller und agiler Methoden
Möglichkeit der Anpassung auf jeweiligen Projektkontext