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Das Multiprojektmanagement, insbesondere das Projekt-Portfoliomanagement, ist eine relativ neue Disziplin. Aufgrund der spezifischen Anforderungen der IT-Welt und der Dynamik der Wirtschaftswelt hat sich in den letzten Jahren der Wunsch nach einer Weiterentwicklung des Multiprojektmanagements entwickelt. Es besteht ein Bedarf nach flexibleren Ansätzen, um die Steuerung von Projektlandschaften zu verbessern. Das Lean-Adaptive PPM-Konzept bietet Unternehmen eine Blaupause für das Design ihres eigenen PPM-Systems. Es generalisiert bekannte agile Ansätze zur Portfoliosteuerung und kann auf betriebliche Projekte jeglicher Art angewendet werden. Das entwickelte Konzept basiert auf Analysen von Unternehmensberichten, empirischen Studien, Fachdiskussionen, Interviews mit Expert:innen und eigenen Erfahrungen und bietet Unternehmen ein anwendbares Referenzmodell für das interne Projektmanagement.
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Claus Hüsselmann
Lean-Adaptive Project Portfolio Management
1. Auflage, September 2024
© 2024 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH
Reinsburgstr. 27, 70178 Stuttgart
www.schaeffer-poeschel.de | [email protected]
Bildnachweis (Cover): © Stoffers Grafik-Design, Leipzig
Produktmanagement: Dr. Frank Baumgärtner
Lektorat: Traudl Kupfer, Berlin
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Abbildung 1-1: Merkmale von Projektlandschaften
Abbildung 2-1: Warum PPM?
Abbildung 2-2: Gemeinsamkeiten Portfolio – Programm – Projekt
Abbildung 2-3: Prozesszusammenhang PPM und Einzel-PM
Abbildung 2-4: High-Level-Wertströme im PPM
Abbildung 2-5: PPM im Kreuz der Komplexität32
Abbildung 2-6: Einordnung der Agilität
Abbildung 2-7: Differenziertes Kundenverständnis
Abbildung 2-8: Einfacher Projekt-Kanban zum Wertstrom »Von der Projektidee bis zur Nutzung«
Abbildung 2-9: Der LAUP2-Würfel – das »Big Picture«
Abbildung 2-10: Perspektiven des PPM-Systems
Abbildung 3-1: PPM-Balanced Scorecard, generische Sicht
Abbildung 3-2: IPOO-Grundmodell (nach Geyer-Klingeberg & Steinmann)
Abbildung 3-3: PPM-BSC, Dimension Geschäft
Abbildung 3-4: PPM-BSC, Dimension Projekte
Abbildung 3-5: PPM-BSC, Dimension Prozesse
Abbildung 3-6: PPM-BSC, Dimension Ressourcen
Abbildung 3-7: Kriterien zur Einführung einer Kennzahl
Abbildung 3-8: Paarweiser Vergleich von Kennzahlenkriterien, Vorschlag
Abbildung 3-9: Durchlaufzeit ist nicht gleich Durchlaufzeit
Abbildung 3-10: Das PPM mithilfe des Referenzmodells lean-adaptiv ausgestalten!
Abbildung 4-1: High-Level-PPM-Prozesslandschaft
Abbildung 4-2: PPM-Prozesslandkarte, Ebene 2
Abbildung 4-3: Wesentliche Outputs im PPM-Prozess
Abbildung 4-4: SIPOC-Tabelle mit Artefakten – am Beispiel Prozess PP Authorization
Abbildung 4-5: Einordung von Prozessen – am Beispiel vom Project Demand Management
Abbildung 4-6: Summarische Übersicht der Rollennennung in den Quellen
Abbildung 4-7: LAUP2-Rollenkanon
Abbildung 4-8: »Zwiebel«-Metapher des SICAR-Modells
Abbildung 4-9: PPM-SICAR-Matrix
Abbildung 4-10: Mapping PPM-Rollen & Linien-Rollen
Abbildung 4-11: PPM-Prozess im Geschäftsjahr
Abbildung 4-12: Legende UML-Klassendiagramm
Abbildung 4-13: Klassendiagramm »Projektstruktur«
Abbildung 4-14: Klassendiagramm »Projektergebnisse«
Abbildung 4-15: Klassendiagramm »PPM-Stakeholder«
Abbildung 4-16: Klassendiagramm »Praktiken und Risiken«
Abbildung 4-17: Klassendiagramm »Bewertung«
Abbildung 4-18: Klassendiagramm »PPM-System«
Abbildung 4-19: Klassendiagramm »Dokumentation«
Abbildung 4-20: Klassendiagramm »Strategic Bucket«
Abbildung 4-21: Ausgewählte Klassen
Abbildung 4-22: Integration MPM- und ERP-Software133
Abbildung 4-23: Integriertes Risikomanagement
Abbildung 5-1: Struktur der Lean-adaptive PPM-Philosophie
Abbildung 5-2: Projekt- und projektportfoliotypische Arten der Verschwendung
Abbildung 5-3: Die Kernprinzipien der Lean-adaptive PPM-Philosophie
Abbildung 5-4: Die Anwendung des Pareto-Prinzips
Abbildung 5-5: Differenzierung in allgemeine Lean-Handlungsprinzipien und zusätzliche Handlungsprinzipien für das PPM
Abbildung 5-6: Für das PPM zusätzliche Handlungsprinzipien
Abbildung 5-7: Ad-hoc-Umfrage 2022 zu Handhabung von Projektbudgets162
Abbildung 5-8: Autonomie und Ausrichtung – auf das richtige Maß kommt es an
Abbildung 5-9: Team- statt Projektfinanzierung
Abbildung 5-10: Identifizierte Wertströme im PPM176
Abbildung 5-11: WSK »Von der Projektidee zur Nutzenrealisierung« im Überblick
Abbildung 5-12: WSK »Vom impliziten Wissen zur Anwendung« im Überblick
Abbildung 5-13: WSK »Von der Unternehmensstrategie zum PPM-System« im Überblick
Abbildung 6-1: SWOT-Analyse-Matrix
Abbildung 6-2: Kriterien(gruppen) der PEST(EL)-Analyse
Abbildung 6-3: Beispielhafte Capability Map
Abbildung 6-4: PPM-BSC, generische Sicht
Abbildung 6-5: Finde die Niere
Abbildung 6-6: Kriteriengruppen im Agilometer
Abbildung 6-7: Die Agilometer-Waage zum Projektvorhaben
Abbildung 6-8: Standards & Best Practices – die Standardisierungspyramide
Abbildung 6-9: Starfish-Methode für Lessons Learned
Abbildung 6-10: Italian Matrix
Abbildung 6-11: Statische und dynamische Investitionsrechnungsverfahren
Abbildung 6-12: Aufbau des Portfolio-Scoring-Baums am Beispiel Wien Energie212
Abbildung 6-13: Scoringmodell mit Wirkungs- und Abwicklungskriterien
Abbildung 6-14: Synthese eines ganzheitlichen Priorisierungsverfahrens35214
Abbildung 6-15: Generisches Beispiel zur WSFJ-Ermittlung
Abbildung 6-16: Beispielhafte Berechnung des SSPF
Abbildung 6-17: Visualisierung der Projektbewertung in einer Portfoliodarstellung
Abbildung 6-18: Beispiel für ein einfaches Score-Modell
Abbildung 6-19: Strategieanbindungsmatrix
Abbildung 6-20: Lean Paarvergleich
Abbildung 6-21: Portfolio-Diagramme ohne (links) und mit (rechts) zeitlichen Veränderung
Abbildung 6-22: Projekt-Roadmap (Gantt)
Abbildung 6-23: Now-Next-Later-Roadmap (Beispiel)
Abbildung 6-24: Projektlandkarte am Beispiel Six-Sigma-Projekt
Abbildung 6-25: Ableitung der Projektziele und -ergebnisse aus Unternehmenszielen
Abbildung 6-26: PPM-OKR im Authorization-Prozess
Abbildung 6-27: PPM-OKR im Budgetierungsprozess
Abbildung 6-28: PPM-OKR – Big Picture
Abbildung 6-29: Darstellung eines Project Canvas
Abbildung 6-30: Persona-Canvas
Abbildung 6-31: Schablone der kombinierten VoC/US-Methode im Beispiel
Abbildung 6-32: Kosten-Nutzen-Analyse mit Target Value Design
Abbildung 6-33: Atmender Scope mit der MuSCo(W)-Regel
Abbildung 6-34: Darstellung eines Cumulative-Flow-Diagramms
Abbildung 6-35: Portfolioübersicht im Fieber-Chart
Abbildung 6-36: PPM-Durchlaufdiagramm
Abbildung 6-37: Der Einsatz eines Burndown Charts
Abbildung 6-38: Performance-Betrachtung der Projekte mithilfe der EVA – Einzelprojektsicht
Abbildung 6-39: PPM-Andon-Cord: strukturelle Abbildung
Abbildung 6-40: Mögliches Ergebnis des PPM-Spaghetti-Diagramms
Abbildung 6-41: Darstellung des PPM-Spaghetti-Diagramms
Abbildung 6-42: Ursache-Wirkung-Diagramm für Projektmanagement
Abbildung 6-43: Getyptes Ishikawa-Diagramm
Abbildung 6-44: Die Teilportfolios bei Wien Energie
Abbildung 6-45: Beispiel einer Einsatzmittelgang- und -summenlinie
Abbildung 6-46: Prioritätsorientierte Ressourcenallokation
Abbildung 6-47: Handlungsprinzipien für Teamzusammenstellungen
Abbildung 6-48: Kanban-Board im PPM-Kontext
Abbildung 6-49: Kanban als Organisationsform des Portfolioplanungsprozesses
Abbildung 6-50: »Schlanke« Risikobewertung
Abbildung 7-1: Prozesse im Unternehmen – Soll-Vorstellung vs. Realität
Abbildung 7-2: Die Pyramide der Strategie
Abbildung 7-3: Stufen der agilen Transformation2308
Abbildung 7-4: Vorteile von Lean-adaptive Portfoliomanagement
Abbildung 7-5: Lauf eines Epics bei HDI Leben, Teil 1
Abbildung 7-6: Epic-Hypothese (Template)
Abbildung 7-7: Lean Business Case (Template)
Abbildung 7-8: Lauf eines Epics bei HDI Leben, Teil 2
Abbildung 7-9: Big Room Ranking – Aufbau
Abbildung 7-10: Big Room Ranking – Agenda (Muster)
Abbildung 7-11: Systemgestützte Bewertung in Echtzeit mit PowerBI
Abbildung 7-12: Lauf eines Epics bei HDI Leben, Teil 3
Abbildung 7-13: Zusammenwirken der verschiedenen Arbeitsebenen309
Abbildung 7-14: Beispiel eines digitalen Portfolio-Kanban-Boards310
Abbildung 7-15: Entwicklungspfad zur Einführung des Lean-adaptive PPM bei HDI Leben
Abbildung 7-16: Typisch schwankender Finanzbedarf bei einer projektorientierten IT-Vorhabenplanung
Abbildung 7-17: Umkehr des magischen Dreiecks des Projektmanagements in agilen Organisationen
Abbildung 7-18: Übergang von der Projekt- zur Prozessorganisation
Abbildung 7-19: Epic-Kanban-Workflow-System316
Abbildung 7-20: Lean Portfolio Management bei der DB InfraGO Fahrweg
Abbildung 7-21: Helvetia Investitionsplanung ist rahmengebende Grundlage für den agilen Projektportfolioprozess
Abbildung 7-22: Grobe Kategorisierung der Personalressourcennachfragen
Abbildung 7-23: Vertikal gekoppelte Projekt-Kanban-Boards
Abbildung 7-24: Nutzenfunktion-Formel der Helvetia als Unterstützung der Freigabe- & Priorisierungsentscheide
Abbildung 7-25: Skalen der Nutzenfunktion von Helvetia321
Abbildung 7-26: Organisatorischer und funktionaler Rahmen für die Strategieumsetzung in der Helvetia
Abbildung 7-27: Organisatorische Aufstellung von PPM/PMO in der Helvetia
Abbildung 7-28: PPM bedient diverse Kundengruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen
Abbildung 7-29: Checkliste mit den Aufgaben der Auftraggebenden
Abbildung 7-30: Portfolio-Kanban-Board
Abbildung 7-31: Entstehung von Vorhaben
Abbildung 7-32: Übergang Funnel zu Analyse und Identifikation der Portfoliorelevanz
Abbildung 7-33: Relevante Aspekte des Ideen-Pitchs
Abbildung 7-34: Arten von Vorhaben
Abbildung 7-35: Kategorien von Vorhaben
Abbildung 7-36: Einbezug des Portfolios in den Produktlebenszyklus
Abbildung 7-37: Vorgehen zur Erarbeitung der Roadmap
Abbildung 7-38: Die Definition of Ready (DoR)
Abbildung 7-39: Aufbrechen von Epics in Features und Stories in der agilen Umsetzung
Abbildung 7-40: Definition of Done
Abbildung 7-41: Der Aufbau des Engineering Managements (Stand 15.12.2023)
Abbildung 7-42: Der (geplante) Weg in eine agile Zukunft bei dormakaba
Abbildung 7-43: Entwicklungsteams bei dormakaba
Abbildung 8-1: Charakteristik von Change-Initiativen340
Abbildung 8-2: Fokussierung und Separation von Vorhaben
Abbildung 8-3: Bildung von crossfunktionalen Value Streams am Beispiel
Abbildung 8-4: Nutzung von Synergien
Abbildung 8-5: Entwicklungspfad des Lean-adaptive PPM-Konzepts
Tabelle 1-1: Zentrale Merkmale der PPM-Ansätze
Tabelle 2-1: Gegenüberstellung von Produkt- und Projektportfolios36
Tabelle 2-2: Beispielhafte Aufgaben im PPM-Life Cycle
Tabelle 2-3: Beispielhafte Aufgaben der PPM-Disziplin »Management von Wissen & Information«
Tabelle 3-1: Beschreibungen ausgewählter PPM-Kennzahlen
Tabelle 3-2: PPM-Erfolgsfaktoren
Tabelle 4-1: PPM-Prozesssteckbrief PPM-System Strategy Determination
Tabelle 4-2: PPM-Prozesssteckbrief PP Authorization
Tabelle 4-3: PPM-Prozesssteckbrief PPM Governance
Tabelle 4-4: PPM-Prozesssteckbrief Project Demand Management
Tabelle 4-5: PPM-Prozesssteckbrief Performance Management
Tabelle 4-6: PPM-Prozesssteckbrief Resource Management
Tabelle 4-7: PPM-Prozesssteckbrief Benefits Management
Tabelle 4-8: PPM-Prozesssteckbrief Development of PPM Methods & Tools
Tabelle 4-9: PPM-Prozesssteckbrief PPM System Operations
Tabelle 4-10: PPM-Prozesssteckbrief Information & Knowledge Management
Tabelle 4-11: PPM-Prozesssteckbrief Client & Stakeholder Management
Tabelle 4-12: PPM-Prozesssteckbrief Chancen- & Risikomanagement
Tabelle 4-13: Mapping Domänen & Prozesse
Tabelle 4-14: Kurzbeschreibung der PPM-Rollen
Tabelle 4-15: PPM-Rollensteckbrief Strategy Sponsor105
Tabelle 4-16: PPM-Rollensteckbrief PPM Sponsor106
Tabelle 4-17: PPM-Rollensteckbrief Project Portfolio Manager107
Tabelle 4-18: PPM-Rollensteckbrief Project Portfolio Analyst108
Tabelle 4-19: PPM-Rollensteckbrief Project/Program Sponsor109
Tabelle 4-20: PPM-Rollensteckbrief Program Manager110
Tabelle 4-21: PPM-Rollensteckbrief Project Manager111
Tabelle 4-22: PPM-Rollensteckbrief Project Management Expert
Tabelle 4-23: PPM-Rollensteckbrief Project Team Member113
Tabelle 4-24: PPM-Rollensteckbrief Subject Manager
Tabelle 4-25: PPM-Rollensteckbrief Resource Coordinator114
Tabelle 4-26: PPM-Rollensteckbrief Knowledge Manager115
Tabelle 4-27: PPM-Rollensteckbrief Domain Authority
Tabelle 4-28: PPM-Rollensteckbrief Project Portfolio Board116
Tabelle 4-29: PPM-Rollensteckbrief Program/Project Steering Committee117
Tabelle 4-30: PPM-Rollensteckbrief Strategisches Project Management Office118
Tabelle 4-31: PPM-Rollensteckbrief Operatives Project Management Office119
Tabelle 4-32: Übersicht typischer Methoden/Tools im PPM
Tabelle 4-33: Regel-Meetings im PPM
Tabelle 5-1: Top-10-Handlungsprinzipien des Lean Managements
Tabelle 5-2: Rollierendes Ressourcenmanagement
Tabelle 5-3: Teilwertstrom »Von der Projektidee zum Projektstart«
Tabelle 5-4: Teilwertstrom »Vom Projektbericht zu den Entscheidungsmaßnahmen«
Tabelle 5-5: Teilwertstrom »Vom Projektergebnis zur Nutzenrealisierung«
Tabelle 5-6: Teilwertstrom: »Vom Projektwissen zum Organisationswissen«
Tabelle 5-7: Teilwertstrom »Von der Unternehmensstrategie zum strategischen PPM-Konzept«
Tabelle 5-8: Teilwertstrom »Vom strategischen PPM-Konzept zum etablierten PPM-System«
Tabelle 6-1: Alphabetische Auflistung der Methoden und Prozesszuordnung
Tabelle 6-2: Übersicht über mögliche Projektprioritätsklassen
Tabelle 6-3: Mögliche Klassifizierung nach Konfektionsgrößen
Tabelle 6-4: Typische Bewertungskriterien
Tabelle 6-5: Likert-Skalen für den SSPF-Index
Tabelle 6-6: Beispiel für eine spezifische Ausgestaltung der Likert-Skala für das Kriterium Dringlichkeit
Tabelle 6-7: Vom Unternehmensziel zum Arbeitspaket mit OKR – ein Vorschlag
Tabelle 6-8: Gegenüberstellung Kano-, Minimum-Viable- und MuSCoW-Ansatz
Tabelle 6-9: Schema der 6W-Fragetechnik
Tabelle 7-1: Zuordnung der Vorhaben auf Planungsebenen
Tabelle 7-2: Rahmenbedingungen für die Roadmap
Tabelle 7-3: Fachexperten in der Definition of Ready
Tabelle 7-4: Entscheidungen aufgrund von Leading Indicators
Tabelle 7-5: Aufgaben der Domain Authorities in der Definition of Done
Tabelle 8-1: Project Scope in Entwicklungsstufe 0
Tabelle 8-2: Project Scope in Entwicklungsstufe 1
Tabelle 8-3: Project Scope in Entwicklungsstufe 2
Tabelle 8-4: Project Scope in Entwicklungsstufe 3
Umbruchzeiten und Innovationen sind dadurch gekennzeichnet, dass eine wachsende Vielfalt neuer Designs um die Entstehung und Durchsetzung ringen und sich dann in großer Zahl ein dominantes Design durchsetzt. Ein dominantes Design erlaubt Produktivitätsfortschritte in der Herstellung und Nutzung und stellt in der Regel auch eine Plattform für eine neue Variantenvielfalt eines Grundtypus dar – sodass sehr unterschiedliche Nutzer-, Entwickler- und Herstellerbedürfnisse gut befriedigt werden können.
Dieses Grundgesetz der Innovationsforschung lässt sich nicht nur auf technische Innovationen anwenden, sondern auch auf kulturelle, soziale und organisatorische. Im Bereich der Managementinnovationen haben die agilen Methoden zum Managen komplexer Problemstellungen sowohl auf der Ebene einzelner Vorhaben (Projekte) als auch auf der übergeordneten Ebene von Bündeln solcher Vorhaben (Projektportfolios, Programme, Multiprojektmanagement) einen wahren Siegeszug angetreten. Es zeigte sich aber, dass sowohl die herkömmlichen Managementmethoden als auch die neuen agilen ihre Stärken und Schwächen aufweisen, und auch jeweils unterschiedliche Anwendungsbedingungen, für die sie besonders geeignet sind. Daher lag es nahe, dass recht bald auf beiden Ebenen die zwei unterschiedlichen Arten von Methoden kombiniert eingesetzt wurden – was als »hybride« Methodik angesehen wird. Die erhofften Vorteile hybrider Verfahren liegen darin, dass man eine größere Menge an Problemen besser, schneller, sicherer und/oder kostengünstiger lösen kann – und/oder dass die traditionellen und neuen Methoden positive Wechselwirkungen zeigen – und nicht additiv wirken, sondern sogar multiplikativ.
Die Umbruchzeiten dieser Managementinnovationen sind jedoch längst nicht abgeschlossen – vor allem wenn die neuen hybriden Konzepte auf der Ebene des Einzelprojektmanagements und des Multiprojektmanagements gleichzeitig hybride Varianten verfolgen. Dann kann die Lage sehr schnell unübersichtlich werden – und es kann lange dauern, bis erkannt wird, welche Kombinationen als gesichert überlegen angesehen werden. Denn es muss keineswegs sein, dass die am häufigsten angewandten Kombinationen die besten sind.
Vor diesem Hintergrund ist ein modernes Referenzmodell für Multiprojektmanagement ein wirklich wichtiger Beitrag, ohne den man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen wird. Das sehr systematisch abgeleitete und gut nachvollziehbare LAUP2-Modell von Claus Hüsselmann zeigt den Wald und die Wege, die man gehen kann. Es liefert aber nicht nur eine Landkarte und Orientierung, sondern gibt – durch die Formulierung von Gestaltungsprinzipien sowie die Bereitstellung eines Instrumentenkoffers – auch praktische Hilfen, wie die Umsetzung erfolgen kann. Insbesondere entsteht eine gemeinsam geteilte Begrifflichkeit, welche dem gegenseitigen Verstehen dient. Und gegenseitiges Verständnis ist die Basis für gegenseitiges Vertrauen und damit auch für gemeinsames Handeln, das durch gemeinsame Ziele, gemeinsam geplante Maßnahmen und gegenseitige Unterstützung geprägt ist.
Ich wünsche diesem Werk eine gute Leserschaft und eine starke Verbreitung.
Potsdam, im Januar 2024
Prof. Dr. habil. Dr. h.c. Hans Georg Gemünden, TU Berlin
Referenzmodelle für Projektportfoliomanagement gibt es wie Sand am Meer. Diesen Satz habe ich sinngemäß einleitend vor einigen Jahren in einem wissenschaftlichen Aufsatz gelesen. Doch meine eigenen Erfahrungen und natürlich auch eine systematische Recherche können diese Aussage nicht bestätigen. So lässt sich bspw. feststellen, dass vorhandene Prozessmodelle nicht umfassend und Rollenmodelle nicht oder nur rudimentär vorhanden sind. Dem soll das vorliegende Werk Abhilfe schaffen.
Gleichwohl ist das vorgestellte prozessorientierte Referenzmodell nur Mittel zum Zweck. Es dient als Ordnungsrahmen für die systematische Anwendung eines Prinzipienkanons, der als substanzieller Bestandteil des Konzeptes zu verstehen ist. Hierzu haben nicht zuletzt eine Vielzahl von Praxisberichten zur Agilisierung von Projektportfoliomanagement beigetragen, welche systematisch ausgewertet und durch Bezugnahmen bekannter Managementkonzepte – wie Lean Management oder der Theory of Constraints und nicht zuletzt dem agilen Management – im Sinne allgemein anwendbarer Grundsätze, aber auch konkreter Praktiken verallgemeinert wurden. So ist schlussendlich das Lean-adaptive Unified Project Portfolio Management Framework, kurz LAUP2, entstanden. Nicht zuletzt die Möglichkeiten und der Einfluss der IT als vielfacher Treiber des Business und die damit zunehmende verbundene »Fluidität« von Projektvorhaben motivierten dabei die Entwicklung.
Das LAUP2-Framework ist kein Abklatsch von Frameworks wie SAFe oder Ähnlichen. SAFe ist bspw. vielmehr ein Framework zur Skalierung kontinuierlicher agiler Produktentwicklung, insbesondere von IT-Lösungen, auf der Basis von Scrum. Es verlässt damit den Kontext von Projektarbeit im eigentlichen Sinne, nämlich der Durchführung temporärer, einmaliger Vorhaben. Demgegenüber fokussiert LAUP2 explizit den Projektgedanken, wenngleich auch hier eine Offenheit für den in bestimmten Kontexten sicherlich sinnvollen Wechsel hin zur kontinuierlichen Produktentwicklung besteht, z. B. in der Software-Entwicklung. Unter dem Strich ist das Konzept invariant gegenüber der Art und Weise, wie im Unternehmen auf operativer Ebene Projekte oder projektähnliche Vorhaben durchgeführt werden (plangetrieben, agil oder hybrid).
Ein Buch entsteht niemals im Alleingang. Mein Dank geht an meine Masteranden Janis Erbacher und Janek Hergenröder und die TH Mittelhessen für die Mittelbereitstellung für deren Arbeit. Ferner an meine geschätzten Sparringspartner Uwe Techt (VISTEM GmbH), Frank Orthey (DB Fernverkehr AG), Markus Götz (BAAINBw) und Mitglieder der Fachgruppe Multiprojektmanagement der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement. Danke auch an Hans Georg Gemünden für das anerkennende Geleitwort und an Frank Baumgärtner, Traudl Kupfer und Heike Münzenmaier vom Schäffer-Poeschel Verlag für das Aufgreifen des Themas und die wieder sehr angenehme Zusammenarbeit.
Insbesondere hat eine Reihe von erfahrenen Projektportfoliomanagern1 mit ihren Beiträgen aus der Praxis der Anwendung von agilem (Projekt-)Portfoliomanagement Kapitel 7 bereichert. An sie geht mein besonderer Dank für ihre Mitwirkung und den wertvollen Input.
Ich wünsche Ihnen als Leser viel Erkenntnisgewinn und hoffentlich auch ein wenig Spaß bei der Lektüre.
Bonn/Gießen, im Juli 2024
Prof. Dr. Claus Hüsselmann
1 Gender-Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit das generische Maskulinum verwendet. Die in dieser Arbeit verwendeten Rollenbezeichnungen beziehen sich stets auf alle Geschlechter. Lediglich in den Beispielen aus der Praxis werden die Gender-Richtlinien der jeweiligen Unternehmen befolgt.
Frank Willems ist Diplom-Mathematiker mit Schwerpunkten in mathematische Methoden der Physik und künstlicher Intelligenz in der Informatik. Mit über drei Jahrzehnten Erfahrung in der Versicherungsbranche hat er in verschiedenen Fachgebieten umfangreiche Führungs- und Projektleitungsaufgaben wahrgenommen, darunter die Entwicklung von Produkten und Anwendungssystemen, die Finanzsteuerung eines internen IT-Dienstleisters sowie die Koordination der Projektportfolien. Als langjähriger Leiter des Projektportfoliomanagements führte er in den Jahren 2020/2021 das agile Framework SAFe ein und transformierte die bislang klassische Portfoliosteuerung in ein Lean-Portfoliomanagement.
Robert Kahl ist Leiter des Bereiches Portfolio Management, Quality/Security Engineering und Transformation/Kommunikation des CIO/CDO Bereiches der DB Netz AG (ab 01.01.2024 DB InfraGO AG). Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und Operations Research an der RWTH Aachen arbeitete er als SAP/Geschäftsprozessberater, Programm- und Projektmanager. Während seiner weiteren Karriere war er bei einem globalen IT-Dienstleister (Atos) neben seinen Aufgaben im Projekt- und Programmmanagement komplexer, internationaler Projekte als COO von fünf Länderorganisationen und sechs Jahre als Head of Global Application Management Operations tätig. 2017 entschloss er sich, vom IT-Dienstleiter zum internen CIO-Bereich der DB Netz AG zu wechseln, und trieb neben dem IT-Portfoliomanagement die Transformation des CIO/CDO-Bereiches zu einer SAFe-orientierten, vollagilen Organisation voran. In diesem Umfeld gestaltete er entscheidend den Aufbau eines Lean Portfolio Managements.
Johannes Felchlin ist seit 2022 Head of Project & Process Management bei der Helvetia Group Asset Management. Zuvor war er Lead Projektportfolio Manager bei der Helvetia Group und Leiter Projektportfolio Management bei den Basler Versicherungen Schweiz. In beiden Unternehmen verantwortete er das unternehmensweite, zentralisierte Projektportfolio. In früheren Jahren war er Geschäftsleitungsmitglied einer IT-Dienstleistungsfirma und PMO Officer und IT Strategy Planning Officer bei Swiss Re (Rückversicherung) in Zürich. Er verfügt über 25 Jahre PPM-Erfahrung. In seiner Ausbildung erwarb einen Bachelor in Marketing (CH), einen Executive MBA (USA & NL) und ist zertifizierter Projektleiter (PMP/PMI), Certified Portfolio Director (IPMA Level A), zertifizierter LeSS Practitioner sowie SAFe 5 Lean Portfolio Manager. Daneben ist er Dozent für Projektmanagement an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (zhaw) und Co-Autor des Buchs »Projektportfolio Management – Strategische Ausrichtung & Steuerung von Projektlandschaften«.
Christian Scherer blickt auf über 25 Jahre in der Informationstechnik zurück. Schwerpunktmäßig war er in Governance- und Managementfunktionen tätig. Unter anderem zeichnete er europaweit für IT Service Management, Strategie, Finance und Projektportfolio Management verantwortlich. Seit einigen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit Agilität im skalierten Umfeld und gilt als einer der führenden deutschsprachigen Experten bei der Implementierung von Lean Portfolio Management. So hat er beim größten Schweizer Retailer mehrere Portfolios aufgebaut und die agile Journey maßgeblich mitgestaltet. Er ist heute Chapter Lead Lean Portfolio Management der Zurich Insurance in der Schweiz. Daneben ist er Experte an der Berufsakademie Lörrach und doziert an der KV Luzern Business Academy.
Jens Lippmann ist nach einem Meteorologiestudium an der Humboldt-Universität Berlin und einer Tätigkeit für den Deutschen Wetterdienst seit 1995 als Softwareentwickler und Projekt-/Programmmanager in vielfältigen Bereichen der Wirtschaft tätig. Er hat u. a. in Boulder, New York, London und Zürich Handelssysteme, Intranet-/Extranet-/Internetanwendungen und Riskmanagement-Lösungen für Unternehmen wie Axa, Firmenich, JPMorgan, Medco Health Solutions, Merrill Lynch, Swisscom, Roche Diagnostics konzipiert, implementiert, gemanagt und war u. a. für die Bereitstellung der notwendigen Entwicklungsumgebungen und Prozesse verantwortlich. Seine 20-jährige Erfahrung mit agilen Abläufen – seit seiner Begegnung mit den Unterzeichnern des agilen Manifests – bringt er in seiner Tätigkeit als Lead des Lean Agile Center of Excellence bei dormakaba ein.
Ø
A/K/V
Durchschnitt/durchschnittlich
Aufgaben/Kompetenzen/Verantwortlichkeiten
AG
Auftraggeber
AV
Arbeitsvorgang/Arbeitsvorgänge
BRR
Big Room Ranking
BSC
Balanced Scorecard
BSI
Baseline Solution Investments
CoD
Cost of Delay
DoR
Definition of Ready
EPM
Einzelprojektmanagement
EVA
Earned-Value-Analyse
FMEA
Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse
i. e. S.
im eigentlichen Sinne
i. w. S.
im weiteren Sinne
IPOO
Input – Process – Output – Outcome
ITD
Informationstechnologie und Digitalisierung
KPE
kontinuierliche Produktentwicklung
LACE
Lean Agile Center of Excellence
LAUP2
Lean-adaptive Unified Project Portfolio Management
LBC
Lean Business Case
LPM
Lean Portfolio Management
LT
Lead time
MA
Mitarbeiter
MLP
Minimum Loveable Product
MPM
Multiprojektmanagement
MuSCoW
Must have – Should have – Could have – Won’t have
MVP
Minimal Viable Product
MVProj
Minimum Viable Project
NWA
Nutzwertanalyse
OKRs
Objectives and Key Results
OPL
One Point Lesson
PDCA
Plan – Do – Check – Act
PESTEL
Political – Economic – Social – Environmental – Legal
PI
Program Increment
PMWI
Project Management Waste Index
PPB
Project Portfolio Board
PPM
Projektportfoliomanagement
PPM-BSC
Projektportfoliomanagement Balanced Scorecard
ROI
Return on Investment
SAFe
Scaled Agile Framework
SH
Stakeholder
SICAR
Served – Informed – Consulted – Accountable – Responsible
SIPOC
Supplier – Input – Process – Output – Customer
SSPF
Scored Shortest Project Fit
SWOT
Strengths – Weaknesses – Opportunities – Threats
TOC
Theory of Constraints
TP
Throughput (Durchsatz)
TPS
Toyota Production System
TVD
Target Value Design
USP
Unique Selling Point (Alleinstellungsmerkmal)
VoC
Voice of Customer
vs.
versus
VUKA
Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität
WI
Waste Index
WiP
Work in Progress
WSJF
Weighted Shortest Job First
WSK
Wertschöpfungskette(n)
In großem Umfang werden Projekte als flexible, temporäre Organisationsform zur Leistungserbringung durchgeführt. Der Anteil der Wertschöpfung, der in Form von Projekten erzielt wird, vereinnahmt in deutschen Unternehmen stabil mehr als ein Drittel der Arbeitskapazität. Viele Studien zeigen: Nahezu alle Unternehmen führen Projekte durch, i. d. R. mehr als eines. Hier zeigen empirische Erhebungen, dass – je nach Unternehmensgröße – sogar nicht selten mehr als 500 Projekte parallel laufen.2 Das Management ganzer Projektlandschaften in Organisationen wird als Projektportfoliomanagement (PPM) bezeichnet. PPM ist eine junge Managementdisziplin. So wurde z. B. erstmals 2013 mit der DIN ISO 69 909 eine Norm für diese Domäne veröffentlicht. Das hierin formulierte »klassische« PPM ist als stabilitätsorientiertes Managementsystem zu charakterisieren – nicht zuletzt mit Blick auf die Budgetallokation. Wichtiger Bestandteil ist die systematische Autorisierung von Projekten. Dies geht üblicherweise von einem Projektantrag aus, der bereits in einem frühen Stadium so weit ausgestaltet ist, dass auf dessen Basis eine quantitativ-qualitative Nutzwertanalyse durchgeführt werden kann. Das bringt vielfach einige Probleme mit sich. So erfordert die Einbindung des Antragsprozesses in den i. d. R. jährlichen Budgetierungsprozess des Unternehmens eine sehr frühzeitige Bearbeitung. Dazu ein prozessuales Praxisbeispiel:
Um für das Geschäftsjahr 2025 die Budgetierung mit Wirksamkeit zum Januar diesen Jahres verabschiedet zu haben, müssen die Projektanträge für das Jahr 2025 bereits im August 2024 gestellt, zumindest initiiert werden. Es muss dann also Mitte des Jahres 2024 schon klar sein, welche Projekte im Jahr 2025 durchgeführt werden sollen/wollen. Spätestens Ende des Q3/2024 muss der Antrag vollständig vorliegen.
Die Erfahrung zeigt, dass das Topmanagement, das die Portfolioentscheidungen fällt, vielfach von den Antragsstellern konkrete und detaillierte Entscheidungsvorlagen (d. h. Projektantrag, Projekt-Business-Case) einfordert.
Der Erstellung eines vollständigen Projektantrags ist jedoch ein Problem immanent: Entscheidungsrelevante Kenngrößen, insbesondere das Budget, müssen vor der Projektdurchführung und dem damit verbundenen Erkenntniszuwachs angegeben werden. Es ist damit vorprogrammiert, dass (im Nachhinein) falsche Zahlen als Entscheidungsgrundlage verwendet werden – und im Grunde akzeptiert dies das Management sehenden Auges (Verschwendung).
Die vielfach fällige Korrektur der zentralen Kenngrößen der Projekte (Kosten, Termine) erfordert im Verlaufe des Geschäftsjahres/der Abwicklung des Projekts ein permanentes Nachsteuern inkl. Evaluation des Business Case. Bis hin zu ggf. einer völlig neuen Situation, die vielleicht sogar den Abbruch des Projekts erfordert/erfordern würde, was eine immense Verschwendung darstellt. Auch und gerade, wenn ein Projekt wider besseres Wissen nicht abgebrochen wird, entsteht im besonderen Maße Verschwendung (Sunk-CostSunk Cost-Thematik). Einige öffentliche, aber auch privatwirtschaftliche Großprojekte (BER, SAP-Einführungen bei Lidl, Haribo, Deutsche Post etc.) zeugen plakativ davon.3
Im klassischen PPM neigen die Organisationen – nicht zuletzt die Antragssteller – dazu, ihre Projektvorhaben möglichst groß zu machen, d. h. (vermeintlich) wichtig. Budgets fungieren nicht selten als Statussymbole und fördern eine »Wagenburg-Mentalität«. Das bringt folgende Probleme mit sich:4
Die Komplexität des Vorhabens steigt und das Projektmanagement sowie die fachliche Arbeit werden dadurch schwieriger.
Das Risiko des Scheiterns oder zumindest geringeren Erfolgs steigt – große Projekte scheitern häufiger.
Mehr Mitarbeiter sind durch das Projekt gebunden,
die Projekte dauern länger
die Teams sind größer
der Abstimmungsaufwand wird (exponentiell) größer
… und stehen nicht für andere Aufgaben zur Verfügung oder schädliches Multitasking ist die Folge.
Aufgrund des größeren Scopes steigt die Wahrscheinlichkeit von Change Requests und damit der Aufwand für Scope-/Change-Request-Management.
Die psychologische, ggf. politische Hürde für einen berechtigten Abbruch wird größer, da bereits viel Geld in das Projekt geflossen ist (Sunk Cost Bias).
Die geschilderten Aspekte führen oftmals zu folgenden unvorteilhaften Situationen im klassischen, stabilitätsorientierten PPM:
Projektfreigaben werden aufgrund unrealistischer Annahmen getroffen – Nachsteuerungen sind nötig, aber oftmals schwierig oder aufwendig umzusetzen.
Der Aufwand für Projektanträge ist groß – bei gleichzeitig vorhandener Unsicherheit zum frühen Zeitpunkt.
Große Projekte »claimen« viele Ressourcen über einen verhältnismäßig langen Zeitraum – und blockieren diese damit für andere Projekte.
Schädliches Multitasking findet vermehrt statt, um personelle Engpässe zu überwinden – nicht wertschöpfende Rüstzeiten und Verzögerungen für alle sind die Folge.
Projekte liefern Ergebnisse, deren Nutzen sich ggf. im Laufe der Projektbearbeitungszeit verringert hat – weil das Umfeld oder die Technologie sich verändert haben.
Eskalationen und Konfliktsituation sind die Regel, nicht die Ausnahme – und bedeuten Stress für die Menschen in der Organisation.
Auch wenn sicherlich nicht alle PPM-Organisationen mit diesen Aspekten in gleichem Ausmaß zu kämpfen haben und dies von den Randbedingungen und dem PPM-Reifegrad abhängt, ist es insgesamt evident, dass eine Weiterentwicklung der PPM-Theorie zur Fundierung einer modernen projektorientierten Unternehmensführung geradezu zwangsläufig ist. Die diesem Buch zugrunde liegende These zur Entgegnung der hier geschilderten Kritik am klassischen PPM lautet dabei:
Die Übertragung von agilen und Lean-Management-Prinzipien und -Praktiken trägt zu einem erfolgreichen Projektportfoliomanagement bei, das den Anforderungen an die projektorientierte Unternehmensführung in einer dynamischen Geschäftswelt hinsichtlich der strategieorientierten Steuerung der Projektlandschaft gerecht wird.
2 s. GPM 2015 & 2023; GPM/Universität Bremen 2009; Gemünden et al. 2011
3 s. z. B. Kroker 2018; Brandenburg et al. 2020
4 s. Tegtmeier 2022, S. 9; Boehm/Turner 2009; Standish Group 2015
Die Anforderungen, die eine Organisation an die Ausgestaltung ihres PPM-Systems hat, hängen dabei im signifikanten Maß von ihrem Umfeld, z. B. Marktumfeld, und den typischen Inhalten der durchgeführten Projekte ab. Als ausgeprägte Beispiele seien hier eine große Verwaltungsbehörde einerseits und ein Software-Start-up andererseits genannt. Auf der einen Seite ist Budgetplanungssicherheit ein wichtiger Zielfaktor, auf der anderen die flexible Reaktion auf Kundenanforderungen oder -reaktionen. Auch wenn eine Organisation sicherlich kaum diese beiden Extreme in sich vereinen wird, existieren i. d. R. in einem Unternehmen mehrere Varianten von Projekten in der gesamthaften Projektlandschaft nebeneinander. So hat auch die Behörde IT-Projekte und das IT-Start-up vielleicht ein Infrastrukturprojekt (z. B. Bezug eines neuen Gebäudes). Gegebenenfalls sind hier differenzierende Teilportfolien zu bilden (s. Kapitel 8.1).
Um zu verstehen, welche Charakteristik (und damit welche Anforderungen z. B. an die Flexibilität) die betrachtete Projektlandschaft der Organisation hat, mag die Metapher von Burgen, Tankern, Trucks und Booten dienen (s. Abb. 1-1).
Abbildung 1-1:
Merkmale von Projektlandschaften
Dabei wird in einer Vierfeldmatrix die Charakteristik über die Dimensionen »Anpassungsfähigkeit des Projektgegenstands« sowie »Dynamik des Umfelds« aufgespannt. Die erste Dimension charakterisiert ein Projekt nach der Eignung des Projektgegenstands, späte Änderungen umzusetzen. Dies ist z. B. bei einer App-Entwicklung gut ausgeprägt und die Änderungskosten sind i. d. R. recht klein. Bei Hardware- oder Bauprojekten sind die Kosten später Änderungen groß – vielleicht zu groß, um ein iterativ-inkrementelles Vorgehen zu ermöglichen. Eine umfassende Planung »up-front« ist hier angebracht.
Auf der anderen Seite steht die Frage nach dem Umfeld. Gerade im IT-Bereich ist eine große bis sehr große Dynamik zu beobachten – denkt man z. B. nur an die Ende 2022 blitzartig ins Bewusstsein gerückten Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz »für jedermann«, die eine unmittelbare Reaktion der Unternehmen diesbzgl. erfordert. Und auch Nicht-IT-Unternehmen, z. B. Versicherungen, berichten von 80–90 % ihrer Projekte, die einen IT-Bezug haben.5 Es liegt also auf der Hand, dass die durch die Matrix charakterisierten Burgen (starres System in einem stabilen Umfeld), Tanker (fluides Umfeld, aber schwerfälliges System), Boote (fluides Umfeld und entsprechend wendiges System) und Trucks (flexible Nutzung eines stabilen Umfelds) eine unterschiedliche Ausgestaltung des PPM-Systems verlangen. (Wie ordnen Sie Ihre Organisation ein?). Generell ist festzustellen, dass aufgrund des zunehmenden Einflusses der Digitalisierung mit den Möglichkeiten der IT als Treiber, die »Fluidität« der Projektlandschaften zunimmt – in der Matrix ein Trend nach rechts oben.
Agilität in der Leistungserstellung und im Management ist demzufolge eine wichtige, generelle Anforderung an eine moderne Unternehmensführung.6
Wandel der Randbedingungen
In der Symbiose von Wissenschaft und Praxis haben sich seit Mitte der 1980er-Jahre umfassende Projektmanagement (PM)-Wissensbasen gebildet und etabliert, um Best Practices und Standards für die Projektwirtschaft verfügbar zu machen (PMBoK Guide, IPMA Competence Baseline, PM4, DIN 69900ff/ISO 21500, PRINCE2, V-Modell XT etc.). Es ist empirisch zu beobachten, dass diese sogenannten klassischen Ansätze der Projektdurchführung zunehmend durch agile ergänzt, wenn nicht durch diese verdrängt werden. Die klassischen Ansätze zeichnet aus, dass sie plangetrieben und hierarchisch gesteuert durchgeführt werden. Dagegen zeichnen sich die agilen Ansätze durch Flexibilität und Adaptivität hinsichtlich der Handhabung volatiler Anforderungen und Rahmenbedingungen aus. Bei den agilen Vorgehensweisen, die vor allem im Kontext der Software-Entwicklung zum Einsatz kommen, sind Scrum und IT-Kanban aufgrund ihrer Verbreitung herauszuheben. Andere, neue Ansätze, wie Agile PM oder Disciplined Agile, vervollständigen die konzeptionelle Basis in Richtung vollwertiger, anwendungsneutraler PM-Methoden, sind aber vielfach proprietär, d. h. nur kommerziell verfügbar.7
Ferner haben sich hybride Projektvorgehensweisen entwickelt, die das plangetriebene Vorgehen mit agilen Methoden paaren. Dadurch entstehen letztlich multimodale Projektlandschaften, die es zu managen gilt. Durch die Vermischung von Projektvorgehensweisen unterschiedlicher Planungs- und Steuerungsphilosophien in einem Portfolio ergeben sich neue Herausforderungen für die Gestaltung des PPM. Während die klassischen Methoden z. B. Meilensteine und a priori definierte Leistungsgegenstände fokussieren, postulieren die agilen Ansätze hier eine grundsätzliche Ergebnisoffenheit. Es gilt also, in der übergeordneten Steuerung des PPM beide Ansätze zu bewältigen.8
Begriffsklärung/Definition
Monomodale Projektlandschaft
In einer monomodalenmonomodale Projektlandschaft oder auch unimodalen Projektlandschaftunimodale Projektlandschaft erfolgt die Verwendung eines einzigen Vorgehensmodells für Projekte. Für die Organisation bedeutet dies, dass nur Prozesse und Methoden des verwendeten Ansatzes, z. B. rein agil oder rein plangetrieben, für Projekte ausgestaltet werden muss und das PPM sich darauf ausrichten kann. Hierunter versteht sich bspw. die Nutzung eines standardisierten Projektantrags für alle Projekte, egal welchen Typs.
Multimodale Projektlandschaft
Im Gegensatz zur monomodalen ist unter multimodaler Projektlandschaftmultimodale Projektlandschaft die alternierende Nutzung verschiedener Vorgehensmodelle für Projekte zu verstehen. Gemeint ist hiermit, dass dem Projektmanagement grundsätzlich mehrere Ansätze für ein Projekt zur Auswahl bereitstehen.
Intermodale Projektlandschaft
Intermodalitätintermodale Projektlandschaft beschreibt hingegen die Verbindung von mehreren Ansätzen im Verlaufe eines Projekts. Anders als bei der monomodalen und multimodalen Projektgestaltung bestehen hierbei für das Management während der Projektdurchführung Möglichkeiten des Wechsels des Modus Operandi.
Einen begrifflichen Analogieschluss bietet die intermodale Mobilität im Güterverkehr. Darin wird der Transport von standardisierten Frachtcontainern zwischen Verkehrsträgern und -mitteln – bspw. vom Lkw zu einem Umschlagplatz, anschließend mit dem Zug zum Seehafen und von dort aus mit dem Schiff zu einem anderen Hafen – als »inter modes« bezeichnet.
Auf der anderen Seite erfordern Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUKA) der Gegenwart auch, dass das PPM selbst flexibler, adaptiver, reaktionsschneller und insgesamt einfacher aufgestellt werden muss. VUKA beschreibt die schwierigen Rahmenbedingungen der modernen Unternehmensführung in einer sich schnell ändernden Geschäftswelt. Als Beispiel hierfür dient insbesondere die digitale Transformation der Unternehmen, die etwa im Bereich von Industrie 4.0 sich zu vielfach rasant entwickelnden Möglichkeiten und für die Unternehmen neuartigen Problemdomänen (IT) führt. Zu starre Vorschriften oder bspw. zu langfristige Budgetbindungen für die Durchführung von Projekten sind diesbzgl. kontraproduktiv.9
Prinzipienbasierter Lösungstransfer
Agile Vorgehensweisen in Projekten sind als spezifische Ausprägung des Lean Managements, insbesondere Lean Product Development, zu charakterisieren, bei denen Adaptivität und Flexibilität des Vorgehens einen besonderen Schwerpunkt darstellen. Auch die klassischen, also plangetriebenen Vorgehensweisen können (und sollten) unter der Prämisse des Lean Thinkings durchgeführt werden, um kundenorientiert zu arbeiten und Verschwendungen zu vermeiden. Insofern stellt sich die Aufgabe, ein umfassendes Konzept, das beide Herangehensweisen grundsätzlich ermöglicht, unter der Leitlinie des Lean Managements zu erstellen. Dies hat im Bereich des Einzelprojektmanagements bereits zur Entwicklung des Lean Project Managements (Lean PM) geführt.10
Das Lean ManagementLean Management fördert und fordert die Steigerung der Effizienz des Handelns, aber auch mit Blick auf den Kundennutzen dessen Effektivität. Im Kern postuliert Lean Management die Vermeidung von Verschwendung mithilfe der Ausrichtung auf den Kunden und die Prozesse der Wertschöpfung diesbzgl. Dabei erfolgt eine Umsetzung des Flussprinzips unter Bevorzugung von Pull-Mechanismen sowie das Streben nach Perfektion in der Ausführung.11
Die zentrale Fragestellung dieses Buches lautet daher:
»Wie können Prinzipien und Praktiken des Lean Managements auf die Prozesse, Strukturen und Methoden des Projektportfoliomanagements angewendet werden, um dessen Effizienz und Effektivität – nicht zuletzt auch im Kontext der VUKA-Anforderungen – zu verbessern?«
Eine unmittelbare, explizite Ausgestaltung des Lean Project Portfolio Managements (Lean PPM) ist nicht bekannt. Jedoch existieren Konzepte, die im Zuge der Agilisierung des Projektmanagements und der Skalierung von Projekten hinsichtlich ihres fachlichen und organisatorischen Umfangs bis in das PPM hineinreichen. An erster Stelle ist hier das SAFeSAFe-Konzept (Scaled Agile FrameworkScaled Agile Framework (SAFe)) zu nennen, das selbst auch von Lean Portfolio Management spricht – ohne dies systematisch abzuleiten. Wichtige Elemente von SAFe auf der Portfolioebene sind die Wertschöpfungsorientierung, flexible Budgetierung von Initiativen, regelmäßige Auslieferung von Ergebnissen, pull-orientierte Abarbeitung der Maßnahmen (IT-Kanban) etc. SAFe betrachtet dabei keine Projekte, sondern eine kontinuierliche Entwicklung von Lösungen, insbesondere IT-Produkten. Insgesamt unterliegt auch das PPM derzeit einem Wandel, der auch mit einer gewissen Abkehr von Projekt- hin zum Produktentwicklungsgedanken geht und der in starkem Maße aus der IT-Domäne getrieben wird.12
Bei der Erarbeitung des vorliegenden LAUP2-Konzeptes wurden die bekannten Lean-Elemente (und verwandte Ansätze, wie Agilität, Theory of Constraints u. a.) systematisch auf die Sub-Domänen des PPM, etwa Projektantragswesen, Projektpriorisierung, Portfolio-Balancierung etc., abgebildet und nach sinnvollen und nutzenstiftenden Anwendungen durchforstet. Im Ergebnis sind Handlungsempfehlungen auf strategischer, taktischer und operativer Ebene eines »Lean-adaptive PPM« entstanden.
Der methodische Ansatz ergibt sich im ersten Schritt aus der Untersuchung der Prinzipien und Praktiken des agilen und des Lean Managements auf ihre Anwendbarkeit im PPM. Generell können diese Management-Ansätze differenziert werden nach ihrem grundlegenden Paradigma und ihren Kernprinzipien (Grundsatzebene) sowie ihren operativen Handlungsprinzipien und Methoden bzw. Tools (Ebene der Praktiken). Diese wurden auf die Domäne des PPM abgebildet. Dazu gehört z. B. die Beantwortung der Frage, wie der Kundenbegriff im Kontext des PPM zu definieren ist und welchen Nutzen diese Kunden jeweils spezifisch aus dem PPM ziehen usw.13
Prozessualer Ordnungsrahmen
Um dieses tun zu können, war es zunächst nötig, einen prozessualen Ordnungsrahmen (Framework) für das PPM zu definieren. Die Analysen der bekannten und verfügbaren Standards/Best Practices des PPM ergibt, dass diese entweder nicht vollständig, zu allgemein bzw. zu unspezifisch formuliert oder schlichtweg nicht öffentlich zugänglich sind. Diese sind gleichwohl in die Entwicklung des LAUP2-Konzeptes eingeflossen. Auf diese Weise ist ein »Best-of« der bekannten PPM-Frameworks entstanden, das durch eigene empirische Erkenntnisse ergänzt wurde – das Lean-adaptive Unified Project Portfolio Management Framework, kurz LAUP2. Mit dem so konstruierten PPM-Referenzmodell liegt der Ordnungsrahmen für eine systematische Adaption der Lean-Elemente vor. In diesem Zusammenhang wurden die Lean-Elemente sukzessive auf die einzelnen Sub-Domänen (insbesondere Prozesse) des PPM-Ordnungsrahmens ausgeprägt.
Operationalisierung durch Praktiken
In der weiteren Ausgestaltung erfolgt die Betrachtung der Ebene der Praktiken. Während die Grundsatzebene des Lean Managements mehr oder weniger eindeutig zu beschreiben ist, sind die operativen Handlungsprinzipien und Methoden (Praktiken) nicht abschließend zu erfassen. Dies liegt an der Vielzahl der Anwendungen in diesem Bereich. Hier ist zu erwähnen, dass die Praktiken jeweils spezifisch für ihre Anwendungsdomäne konzipiert werden. Dazu gehört in erster Linie die Produktion als generelle Quelle des Lean Managements (Toyota Production System), aber auch eine Reihe von Derivaten wie Lean Administration, Lean Construction, Lean Start-up etc., die jeweils ihre spezifischen Anforderungen und damit Methoden mit sich bringen. Einige eher universelle Praktiken lassen sich aber offenkundig identifizieren, wie Gemba (»Gehe vor Ort«), Standardisierung oder Hoshin KanriHoshin Kanri (kaskadierende Zielgebung), die unmittelbar Potenzial für die Anwendung im Kontext von PPM aufzeigen. Eine abschließende Ausgestaltung für PPM kann jedoch letztlich nicht erreicht werden.14
5 s. Friedrich 2023
6 s. Oswald/Müller 2017
7 s. Korn 2014; Komus/Kuberg et al. 2020; Agile Business Consortium 2018; Ambler/Lines 2020
8 s. Blust 2019; Wagner 2016
9 s. T2Informatik o.J. (b); Schnichels-Fahrbach/Munz 2016
10 s. Hüsselmann 2021; Erne 2019, Hüsselmann et al. 2018, Pautsch/Steininger 2014; Seidl 2020
11 s. Poppendieck/Poppendieck 2003; Hüsselmann et al. 2018; Womack/Jones 2013; Bertagnolli 2018
12 s. Mathis 2018; Komus et al. 2020; Leffingwell 2018; Scaled Agile 2024 »Portfolio SAFe«, »Agile Product Delivery«
13 s. Lock/Wagner 2019; Hüsselmann et al. 2018; Hüsselmann 2021
14 s. Womack/Jones 2013; Womack et al. 1991
In den renommierten Benchmarking-Studien der TU Berlin und der TU Darmstadt zum PPM werden regelmäßig wesentliche Erfolgsfaktoren der Gestaltung des PPM (Prozesse und Entscheidungskultur) identifiziert. Diese können vielfach als Anwendung von Lean-adaptive Management-Praktiken erkannt werden (ohne dass dies dort so bezeichnet wird, s. auch Kapitel 3.4). Als Beispiel sei genannt, dass die Top-Performer des PPM ihr Portfolio häufiger und systematischer überwachen und schneller auf veränderte Bedingungen reagieren, das Portfolio also kurzfristig anpassen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Lean-adaptive PPM verspricht daher durch Lean Thinking und den Ansatz der Adaption von bewährten Lean-Management-Handlungsprinzipien und -Praktiken, nicht zuletzt aber auch unter Einbeziehung der Konzepte des Lean PM, eine hilfreiche Weiterentwicklung des PPM.15
Lean-adaptive PPM bedeutet – wie Lean PM auch – eine flexiblere, an die Rahmenbedingungen des Unternehmens angepasste Ausgestaltung des PPM-Systems, d. h. insbesondere seiner Prozesse. Starre, als Bürokratismus empfundene Prozesse erweisen sich in der Praxis als kontraproduktiv, denn sie führen regelmäßig zu Nichtbeachtung, da kein Nutzen mit ihnen verbunden wird bzw. erkennbar ist. Mit der strikten Ausrichtung auf die Prozesskunden und deren Nutzenerwartung liegt die Voraussetzung für die Vermeidung von Verschwendung bei der Durchführung vor.
Die folgenden herausragenden Elemente können als charakteristische Beiträge des Lean-adaptive PPM für ein erfolgreiches PPM identifiziert werden:16
kurze Projektportfolio-Review-Zyklen nach unternehmensweitem Takt
flexible Projektbudgetierung über sogenannte Strategic Buckets
Akzeptanz durch Transparenz, Pragmatismus, Beteiligung, kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP)
Reduktion von Projekt-Scope, -dauer, -teamgröße
kapazitätsorientierte Projektabwicklung (»Bring projects to people«)
Diese Kernpunkte – sie werden im weiteren Verlauf detailliert behandelt – stellen eine signifikante Weiterentwicklung des klassischen, stabilitätsorientierten PPM dar. In diese sind nicht zuletzt zahlreiche Anwenderberichte zur Agilisierung des PPM eingeflossen. Tabelle 1-1 fasst noch einmal signifikante Unterschiede der PPM-Ansätze in einer Gegenüberstellung zusammen.
Stabilitätsorientiertes PPM
Lean-adaptive PPM
• Zentralisiertes Management
Auf organisations- und funktionsbezogener Ebene gemanagt
Top-down-Zielsetzung
Langzeitplanung und -budgetierung
Langfristige Ressourcenallokation
Projektbasierte Budgetierung
Große und komplexe Projekte
Wechselnde Projektteams
• Dezentralisiertes Management
Auf organisations- und wertstrom-/themenbezogener Ebene gemanagt
Top-down- und Bottom-up-Zielsetzung Inkrementelle/adaptive Planung und Budgetierung
Flexible und kurzfristige Ressourcenallokation
Themenbasierte Budgetierung mit inkrementeller Projektbudgetierung
Minimum Viable Projects
Möglichst stabile Teams
Tabelle 1-1: Zentrale Merkmale der PPM-Ansätze
15 s. Gemünden 2019; Gemünden et al. 2016; Erne 2019; Hüsselmann et al. 2018; Pautsch/Steininger 2014; Seidl 2020
16 s. z. B. Certa/Albayrak 2018; Gemünden et al. 2016; Liechti 2019; Scaled Agile 2024
LAUP2 ist – anders als z. B. SAFe – kein geschlossenes Konzept, das für jeden Sachverhalt (genau) einen Lösungsansatz vorsieht. Es ist vielmehr ein Werkzeugkasten, der es dem PPM-Gestalter ermöglicht, das eigene PPM-System zu konfigurieren. Ein zentrales Postulat diesbzgl. ist
»Approach follows contextApproach follows context!«
D. h., der Kontext der Organisation bedingt den »richtigen« Ansatz. Geht es bspw. im Projektportfolio um den Bau von Brücken, ist das inkrementelle Vorgehen natürlich anders zu bewerten als bei der Entwicklung von Apps, also Software. Insbesondere die im LAUP2-Konzept formulierten Prinzipien (s. Kapitel 5) bilden bei der zielgerichteten Ausgestaltung das universelle Leitbild!
Die Nutzung des vorliegenden Lean-adaptive PPM-Referenzmodells LAUP2 ist für alle Organisationen grundsätzlich relevant, die …
noch kein PPM gestaltet haben,
bisher nur Teile eines PPM umgesetzt haben (z. B. nur Berichtswesen oder nur Antragswesen),
den veränderten Randbedingungen der VUKA-Welt Rechnung tragen oder schlichtweg
für ihr PPM professionalisieren und dessen Nutzen erhöhen wollen.
Hinsichtlich der Branche oder Projektart (IT, Organisation, Produktentwicklung etc.) gibt es keine grundsätzlichen Einschränkungen. In diesem Sinne wurde das LAUP2-Framework mit einem generischen Anspruch entwickelt. Gleichwohl ist zu betonen, dass aufgrund der persönlichen Erfahrungs- und Ausbildungshintergründe der Autoren sowie auch der zugrunde gelegten Standards, Frameworks und Monografien typischerweise vorhandene Spezifika von Branchen oder Projektarten (z. B. Bauprojekte) nicht explizit berücksichtigt wurden bzw. werden konnten. Dies liegt aber durchaus in der Natur der Sache eines (generischen) Referenzmodells und kommt gleichsam einer Aufforderung zur Adaption gleich. Die Erfahrung zeigt gleichwohl, dass die Integration möglicher Spezifika in der Anwendung eines konzeptionellen Modells im Unternehmen i. d. R. Akzeptanz, Anwendbarkeit und Nutzen erhöhen.
Eine weitere mögliche – wenngleich auch nicht explizite – Einschränkung liegt im Aspekt der internen vs. externen Projekte (also Projekte im Kundenauftrag). Dies wird bspw. deutlich durch die Betonung der Strategieorientierung oder das Fehlen eines Vertragsmanagements. Da Kundenprojekte i. d. R. ROI-Projekte sind (d. h. der unmittelbaren Gewinnerwirtschaftung dienen), ist der Strategiebezug bei diesen nur indirekt, durch das Geschäftsfeld gegeben. Indirekt heißt, dass nicht bei jedem Kundenprojekt hinterfragt wird, ob dieses zur Strategie des Unternehmens passt. Das Vertragsmanagement andererseits ordnen wir grundsätzlich dem Einzelprojektmanagement zu.17
Hinweise zur Nutzung
Das vorliegende Buch zur Beschreibung des LAUP2-Ansatzes und -Referenzmodells kann sequenziell durchgearbeitet werden, die Kapitel sind entsprechend in ihrer Abfolge gestaltet. Gleichwohl können Leser, die z. B. bereits mit den prozessualen Elementen eines PPM vertraut sind, auch direkt mit den Prinzipien (Kapitel 5) einsteigen und dann bei Bedarf auf die verwendeten Begriffe, z. B. des Prozessmodells, im Sinne eines Nachschlagewerks zurückgreifen. Ähnlich verhält es sich mit den Praxisberichten in Kapitel 7. Diese setzen eine Reihe konzeptioneller Begriffe voraus, die zuvor im Hauptteil des Buches erklärt wurden. Durch Verweise mithilfe eines Pfeils »→« kann bei Bedarf auch hier unter Zuhilfenahme des Stichwortverzeichnisses nachgeschlagen werden.
Das Kapitel zu den Praktiken (Kapitel 6) stellt insbesondere einen generellen Kanon von Methoden und Tools dar. Mithilfe der Zuordnung zu Prozess- und Aufgabenbereichen lässt sich auch hier beim Lesen gezielt im Sinne eines Nachschlagewerks vorgehen. Bekannte Methoden werden nicht grundlegend erklärt, sondern mit einem Verweis kurz vorgestellt; hierbei wird der Fokus speziell auf Elemente gelegt, die für den Lean-adaptive-Kontext geeignet sind bzw. hierfür entwickelt wurden.
Viele Inhalte des LAUP2-Modells sind in Canvas-Form dargestellt als Steckbriefe (insbes. Rollen- und Prozessbeschreibungen). Dies dient im besonderen Maße der Strukturierung und Systematisierung und ermöglicht auch hier ein gezieltes Nachschlagen.
Insgesamt strebt das Buch auf diese Weise an, (Lean-adaptive) PPM sowohl »von Grund auf« als umfassendes Werk zu beschreiben als auch dem in Sachen PPM fortgeschrittenen Leser Impulse und Anregungen zur Weiterentwicklung des eigenen PPM-Systems zu geben.
17 s. Hüsselmann 2020, S. 24
Gleichwohl viele grundlegende Begriffe der Domäne Managementsysteme der Leserschaft bereits bekannt sein dürften, soll im folgenden Kapitel zunächst einmal eine gemeinsame fachliche Ausgangsbasis für die Entwicklung eines Lean-adaptive-Project-Portfolio-Management-Konzeptes gelegt werden. In diesem Zusammenhang werden einige ausgewählte Aspekte des Projektportfolio- und des Lean Managements sowie des Konzepts der Agilität, aber auch der Komplexitätstheorie- und Systemgestaltung vorgestellt und dabei in den vorliegenden Kontext gestellt.
Das Management ganzer Projektlandschaften in Organisationen wird als Projektportfoliomanagement (PPM)Projektportfoliomanagement (PPM) bezeichnet. Insbesondere in großen Unternehmen ist PPM ein bewährtes Werkzeug für die Führungsebene, um die Organisation gemäß ihrer Strategie zu steuern. Ein durchschnittliches Projektportfolio, wie bspw. eine umfassende Multiprojektmanagement-Studie der TU Darmstadt und TU Berlin ergab, …
hat 50 Projekte,
verfügt über 30,5 Mio. EUR Jahresbudget,
besteht zu 40 % aus Muss-Projekten,
ist zu 65 % durch Alt-Projekte verplant,
beinhaltet 10 % absolut neuartige und 38 % Routine-Projekte.18
Eine Kernaufgabe des PPM ist es, ein Projektportfolio zu gestalten, das der strategischen Ausrichtung des Unternehmens – unter den eingesetzten Ressourcen – optimal nutzt.
Das erfordert somit die Identifikation des mit dem PPM verbundenen Nutzens für die Organisation – sprich die Beantwortung der Frage: Was will die Organisation mit PPM erreichen? Auch hierzu gibt es eine Anzahl von Ausführungen von Autoren und Studien, deren Essenz durch eine, wenngleich nicht repräsentative, PPM-Studie von Scheer treffend beschrieben werden kann (s. Abb. 2-1).19
Abbildung 2-1:
Warum PPM?
Um diesen Nutzen zu erreichen, sind eine Reihe von Aufgaben zu bearbeiten:20
Bewertung der Attraktivität geplanter und laufender Projekte (unter Berücksichtigung von Strategiebeitrag und Wirtschaftlichkeit),
Abstimmung der Vorhaben im Projektportfolio hinsichtlich Kosten, Inhalt und Zeit
Optimierung des Risikomanagements (durch Frühwarnindikatoren),
Identifikation und Berücksichtigung von Abhängigkeiten und Synergien,
optimale Ressourcenallokation sowie
Schaffung von Transparenz bzgl. des Status der Projekte.
Die Umsetzung der PPM-Aufgaben erscheint gegenwärtig deutlich schwieriger als noch vor wenigen Jahr(zehnt)en. Eine zunehmende Dynamik und Komplexität (z. B. der Digitalisierung) kennzeichnen die Rahmenbedingungen moderner Unternehmensführung, die dafür sorgen, dass die Anforderungen an das PPM instabiler geworden sind.
Der Begriff MultiprojektmanagementMultiprojektmanagement (MPM) ist ein Oberbegriff, der allgemein das Management einer komplexen Projektlandschaft beschreibt. In Beziehung zum Begriff Multiprojektmanagement stehen die Begriffe (Projekt-)Portfoliomanagement, Programm-Management sowie Projektmanagement (von Großprojekten).
Viele Institutionen und Autorenwerke haben jeweils eigene Definitionen für Projekte und das Projektmanagement entwickelt, in deren Synthese folgendes Verständnis des Projektbegriffs zugrunde gelegt wird:
Definition Projekt
Ein ProjektProjekt ist ein Vorhaben mit einem beschränkten Zeit- und Kostenrahmen zur Erbringung einer Reihe gewünschter Ergebnisse, die – unter Einhaltung bestimmter Qualitätsanforderungen – dazu dienen, die definierten Projektziele zu erreichen. Es ist somit eine für einen befristeten Zeitraum geschaffene Organisation, die mit dem Zweck eingerichtet wurde, bestimmte Ergebnisse bzw. Produkte in Übereinstimmung mit einem übergeordneten Nutzenziel zu erbringen. Ein Projekt ist im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet.21
Aus der Projektdefinition ergeben sich die folgenden Charakteristiken für Projekte: definierte Zielsetzung, strukturelle Komplexität, Einmaligkeit und Befristung des Vorhabens, Arbeiten unter Unsicherheit, fortschreitende Bearbeitung in einem Lebenszyklus und Planung des Vorgehens. Jedes dieser Merkmale tritt weniger oder stärker ausgeprägt auf – aber nie gleich Null. Damit sind Projekte genuin als (mehr oder weniger) komplexe Vorhaben mit einer (temporären) betrieblichen Organisation gekennzeichnet.22
MultiprojektmanagementMultiprojektmanagement wird definiert als »summarischer Überbegriff eines ganzheitlichen Managements einer Projektelandschaft durch entsprechende Organisationsstrukturen, Methoden, Prozesse und Anreizsysteme.«23 Das Management mehrerer Projekte als Projektleiter wird im Allgemeinen dagegen nicht als Multiprojektmanagement bezeichnet.
Für die weitere Verwendung im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden folgende Definitionen genutzt:
Definition Projektportfolio
Ein ProjektportfolioProjektportfolio bezeichnet die Zusammenfassung aller geplanten, genehmigten und laufenden Projekte und Programme (ggf. auch weitere Projektportfolios) in einem abgegrenzten Verantwortungsbereich (Unternehmen, Organisation, Geschäftsbereich) zum Zweck der übergeordneten Planung und Steuerung.24
Es kann nach verschiedenen Kriterien strukturiert werden, so z. B. nach Produktgruppen, Marktsegmenten, nach externen oder internen Projekten oder anderen Charakteristiken. Ein Projektportfolio ist zeitlich nicht befristet.
Definition Projektportfoliomanagement
ProjektportfoliomanagementProjektportfoliomanagement (PPM) ist die strategische Ausrichtung, Planung, Steuerung und Anpassung aller Projekte innerhalb einer Organisation zur Sicherstellung eines wirksamen Ressourceneinsatzes.
Es orientiert sich an der übergeordneten Zielsetzung der Organisation und initiiert Projekte und Programme. Begrenzte Ressourcen erfordern eine zielorientierte Auswahl und eine fortlaufende Priorisierung der Projekte und Programme.
Das PPM, das somit Teil des MPM ist, wird demzufolge in Unternehmen für das Steuern einer organisatorisch zusammenhängenden Projektlandschaft genutzt. Projekte machen bei vielen Unternehmen einen Großteil der Wertschöpfung bzw. der strategischen Weiterentwicklung aus und sind somit mitentscheidend für den Unternehmenserfolg. Ein Ziel des PPM ist, dass monetäre als auch weitere Ressourcen bestmöglich auf die einzelnen Projekte verteilt werden.25 Daneben ist ein Ziel bzw. eine Aufgabe des PPM, die Bearbeitung von Projekten zu standardisieren und so das effiziente und effektive Arbeiten zu sichern.
Aus Normensicht (DIN 69909) versteht man unter PPM die »Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die übergreifende Planung und Steuerung von Projektportfolios«. Dabei besteht das Projektportfolio grundsätzlich aus allen anfallenden Projekten und Programmen eines bestimmten Umfeldes.
Das vorliegende Werk befasst sich mit der Entwicklung eines Referenzmodells für das Projektportfoliomanagement. In den Definitionen ist zu erkennen, dass ein Programm ebenfalls als befristetes (Teil-)Portfolio betrachtet werden kann, in dem die Projekte einen starken inhaltlichen Bezug und eine gemeinsame strategische Zielsetzung haben. Abbildung 2-2 ordnet die Begriffe grob schematisch ein und grenzt diese voneinander ab, wie es für das Verständnis des Buches benötigt wird.
Abbildung 2-2:
Gemeinsamkeiten Portfolio – Programm – Projekt
Es wird deutlich, dass das Programm als Komponente einer Projektlandschaft Eigenschaften eines Portfolios und eines Projekts in sich vereint. Aus diesem Grund wird in die Entwicklung des PPM-Referenzmodells auch das Programm als Multiprojektkonstrukt miteingeschlossen, wenn dies möglich ist, bzw. abgegrenzt, wenn dies nötig ist.
Abgrenzung zum Einzelprojektmanagement
Das EinzelprojektmanagementEinzelprojektmanagement (EPM) ist nicht Gegenstand der vorliegenden Betrachtung. Pauschal kann man sagen, dass es im EPM um die Effizienz der Projektdurchführung geht (»Doing the projects right«) und im PPM um die Effektivität (»Doing the right projects«),26 auch wenn dies im Detail etwas vereinfachend ist.
Abbildung 2-3 zeigt die Abgrenzung und auch das Zusammenwirken zwischen EPM und PPM schematisch in einigen wesentlichen Aspekten.
Abbildung 2-3:
Prozesszusammenhang PPM und Einzel-PM
Das EPM adressiert im Kern die Durchführung eines Projekts in den Grenzen vom Projektstart bis zum Projektende – nicht zuletzt, da außerhalb dieser Grenzen die Projektorganisation gemäß Definition typischerweise nicht oder nur eingeschränkt existiert.27 Das PPM steuert dagegen die Projektlandschaft auch über die Grenzen eines einzelnen Projekts hinaus. An den Schnittstellen werden Management-Artefakte und -Informationen ausgetauscht, von denen in Abbildung 2-3 einige typische abgebildet sind.
Die Kunden des Projektportfoliomanagements sind vielfältig und können je nach Organisation und Branche variieren. Dennoch lassen sich einige typische Kundengruppen identifizieren. Diese haben jeweils unterschiedliche Anforderungen, Prioritäten und Erwartungen an das Projektportfoliomanagement:28
• Portfolio-Entscheider:
Steuerung der Strategieumsetzung (»Doing the right projects«)
• Governance- & Involvement-Stellen:
Inhaltliche Einbettung der Projekte in den Unternehmenszielkontext
• Bereichsleitungen & Ressourcen-Manager:
Demand Management, Machbarkeit der Strategieumsetzung und Überführung in den Betrieb
• Projektsteuerung und -führung:
Strategieumsetzung über Projekte & Programme (»Doing the projects right«)
Zu den Portfolioentscheidern gehören Aufsichtsräte und das Senior Management sowie die Geschäftsführung. Als Governance- & Involvement-Stelle werden hier nichtfunktionale Bereiche wie Strategie, Finanzen, Controlling, Architektur, Sicherheit, Recht, Beschaffung, IT-Services, Qualitäts- & Risikomanagement etc. bezeichnet. Bereichs- & Teamleitende, Kostenstellenverantwortliche, Process & Service Owner etc. sind die Bereichsleitungen & Ressourcen-Manager. Schließlich gehören die Projekt- & Programmleitenden, Auftraggeber, Product Owner sowie PM- und Projekt-Offices zur Gruppe der Projektsteuerung und -führung.
Die erfolgreiche Erfüllung der Anforderungen dieser PPM-Kunden trägt dazu bei, die Effizienz, Effektivität und den geschäftlichen Nutzen des Portfolios zu maximieren.
Bei der Gestaltung eines PPM-Systems dienen drei zentrale Fragen als Rahmen, um die Wertschöpfung durch PPM zu konkretisieren:
Wie soll – im Einklang mit der Unternehmensstrategie – das PPM-Systems als solches gestaltet werden? D. h., was sind z. B. die typischen Merkmale und Rahmenbedingungen »unseres« Projektwesens?
Wie werden (operative) Ideen und (strategische) Initiativen in Projektvorhaben umgesetzt – unter Einhaltung der durch das PPM-System gegebenen Prämissen und nicht zuletzt vorhandenen Ressourcen und Strategien?
Wie erreichen wir, dass vorhandenes und erworbenes Wissen und Fähigkeiten effizient und effektiv im Kontext der Projektarbeit eingesetzt wird – zur Vermeidung von redundanter Arbeit und Verbesserung der Qualität?
Diese Leitfragen dienen als Trigger für die Identifikation entsprechender WertschöpfungsprozesseWertschöpfungsprozesse des PPM. Die drei daher als zentral zu bezeichnenden Wertschöpfungsprozesse des PPM werden in Abbildung 2-4 in die typische Prozesslandschaft der Organisation eingebettet.
Abbildung 2-4:
High-Level-Wertströme im PPM
Die Bedeutung der genannten Wertströme erschließt sich mithilfe der Leitfragen grundlegend. Ausgangsbasis für den Wertstrom »Von der Unternehmensstrategie zum PPM-System« ist das Vorhandensein einer übergeordneten Strategie der Organisation, die die Zielrichtung auch für das PPM vorgibt. Dazu gehört z. B. die Frage nach dem (angestrebten) Leistungsspektrum, das mithilfe von Projekten ermöglicht werden soll. Aber auch die Art und Weise, wie eine Organisation ihre Projekte organisieren/umsetzen will, ist hier zu verankern. Hier sind Aspekte wie die gesamtunternehmerische Budgetierungssystematik, Entscheidungshierarchien und -prozesse im Unternehmen oder regulatorische Rahmenbedingungen zu erwähnen.
Der Wertstrom »Von der Projektidee zur Nutzenrealisierung« betont den Outcome-orientierten Ansatz des PPM, nach dem die operativen Ziele eines Projekts (OutputOutput) »nur« der Weg zum übergeordneten Geschäftswert desselben (OutcomeOutcome) sind. Da Projekte i. d. R. mit dem Produktivstart der erarbeiteten Lösung grundsätzlich beendet, d. h. aufgelöst werden, obliegt dem PPM die Nutzenrealisierung zu bewerten, die nicht selten erst mit einem zeitlichen Verzug von etwa einem halben bis vollem Jahr sichtbar wird.
Schließlich bleibt zu erwähnen, dass der dritte zentrale Wertstrom »Vom impliziten Wissen zur Anwendung« dem Charakter von Projektarbeit als Wissensarbeit Rechnung trägt. Das Wissen, von dem hier die Rede ist, betrifft organisationelles Wissen über Projekte und Projektmanagement, aber auch fachliches Wissen, das in den Projekten erzeugt und in der Organisation nutzbar gemacht werden sollte.
Zur Einbettung des PPM in die Organisation gehören ferner die Strategie-, Leistungs- und – last but not least – die Unterstützungsprozesse des Unternehmens. Die Kernprozesse bilden dabei die »Enden« der kundenorientierten End-to-end-Sicht des primären PPM-Wertstroms. D. h., sie induzieren den Bedarf und erhalten und nutzen das Ergebnis – kurzum: Sie sind die Kunden. Während die Corporate Strategy die strategische Ausrichtung und die Corporate Finances den finanziellen Rahmen vorgeben, sicherstellen und überwachen, befähigen die Service-Prozesse auch das PPM, indem sie Infrastruktur (nicht zuletzt IT), Betriebsmittel sowie Mitarbeiter bereitstellen und Prozesse ermöglichen. Die Gestaltung des PPM-Systems sollte im Einklang mit den umgebenden Prozessen erfolgen, damit die Schnittstellen reibungslos funktionieren.
Die Projektlandschaft eines Unternehmens ist im Allgemeinen als komplexes Systemkomplexes System zu charakterisieren. Komplex ist ein System dann, wenn folgende Faktoren vorliegen:
Es gibt viele Elemente.
Die Elemente sind vernetzt.
Die Elemente haben Wechselwirkungen.
Es gibt eine Dynamik, die strukturell oder inhaltlich sein kann.
Daraus entsteht Emergenz.29
Komplexe dynamische Systeme sind sowohl durch eine Menge von Elementen mit vielfachen Wechselwirkungen als auch durch ein unklares Potenzial an Veränderungsmöglichkeiten definiert. Aufgrund dieser Ausprägung sind sie weder hinsichtlich ihres Aufbaus vollständig beschreibbar, noch können detaillierte Aussagen über ihr zukünftiges Verhalten getroffen werden.30
Das heißt, dass ein komplexes System zunächst einmal eine Vielzahl von Elementen umfassen muss, die nicht losgelöst voneinander existieren, sondern in irgendeiner Form verbunden sind. Das liegt in einer Unternehmensprojektlandschaft typischerweise vor: Die Verbindung der Projekte in einem Projektportfolio ist insbesondere der gemeinsame organisatorische Rahmen (z. B. die IT-Abteilung des Unternehmens), bei Programmen kommt noch die gemeinsame strategische Zielsetzung hinzu. Diese Faktoren verursachen insbesondere die Wechselwirkungen der Projekte (Abhängigkeiten in Form von Synergien und Konflikten, aber auch Emergenz, z. B. bei Risiken) aufeinander.
Wenn die enthaltenen Elemente Wechselwirkungen zeigen, die zu Rückkopplungsprozessen und damit zu einer Dynamik des Systems führen, dann wird aus dem (nur) komplizierten System ein komplexes. Dies ist ebenfalls i. d. R. bei Programmen und Projektlandschaften der Fall.31 Damit liegt die Aufgabe des PPM im »Kreuz der Komplexität« im oberen rechten Quadranten (s. Abb. 2-5).
Abbildung 2-5:
PPM im Kreuz der Komplexität
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