Das vergessene Verlies - Manfred Klimanski - E-Book

Das vergessene Verlies E-Book

Manfred Klimanski

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Beschreibung

Aus den Nullerjahren ist in Ostratal eines der von der CIA in aller Welt betriebenen Spezialgefängnisse erhalten geblieben. Mit richtigen Verhörspezialistinnen und -spezialisten und drei richtigen Terroristen oder, naja, wenigstens hinreichend Verdächtigen. Oder wenigstens einigermaßen Verdächtigen. Wie auch immer. Die Spezialisten, allesamt im Rentenalter und allesamt verdiente Agenten und Agentinnen diverser Geheimdienste, haben es sich in der Villa, die zu dem großzügigen, ruhigen und abgeschotteten "Gefängnis-Areal" gehört, gemütlich gemacht. Hier würden sie gerne ihren geruhsamen Lebensabend verbringen. Bis, ja, bis einer der "Insassen" verschwindet ... Erneut werden Peter Ringwald, Ex-Kriminalhauptkommissar, und seine Nachfolgerin Stefanie Herbstritt gefordert. In Ostratal, einer fiktiven, mittleren Großstadt irgendwo im Südwesten Deutschlands, am Ufer der recht langweiligen Ostra gelegen. Hineingezogen in ein diffuses Verwirrspiel einiger Geheimdienste. Und in das Niemandsland zwischen Rechtsstaat und Staatsrecht. Etwas geläufiger ausgedrückt: Staatsräson.

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Zum Buch

Aus den Nullerjahren ist in Ostratal eines der von der CIA in aller Welt betriebenen Spezialgefängnisse erhalten geblieben. Mit richtigen Verhörspezialistinnen und -spezialisten und drei richtigen Terroristen oder, naja, wenigstens hinreichend Verdächtigen. Oder wenigstens einigermaßen Verdächtigen. Wie auch immer. Die Spezialisten (natürlich auch die Spezialistinnen), allesamt im Rentenalter und allesamt verdiente Agentinnen und Agenten diverser Geheimdienste, haben es sich in der Villa, die zu dem großzügigen, ruhigen und abgeschotteten „Gefängnis“-Areal gehört, gemütlich gemacht. Hier würden sie gerne ihren geruhsamen Lebensabend verbringen. Bis, ja, bis einer der „Insassen“ verschwindet … Erneut werden Peter Ringwald, Ex-Kriminalhauptkommissar und seine Nachfolgerin Stefanie Herbstritt gefordert. In Ostratal, einer fiktiven, mittleren Großstadt irgendwo im Südwesten Deutschlands am Ufer der recht langweiligen Ostra gelegen. Hineingezogen in ein diffuses Verwirrspiel einiger Geheimdienste. Und in das Niemandsland zwischen Rechtsstaat und Staatsrecht. Etwas geläufiger ausgedrückt: Staatsräson.

Für Tine Wittenberg, meine erste große Liebe

Hinweis: Ich hatte mich anfangs ernsthaft um eine gender-gerechte Schreibweise bemüht. Auf eine durchgehende Verwendung habe ich des Leseflusses wegen letztlich doch verzichtet. Mensch möge mir verzeihen. Eine Ähnlichkeit der Figuren dieses Romans mit lebenden oder toten Personen ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig. Soweit Personen der Zeitgeschichte namentlich genannt werden, können deren Hintergründe wahr oder erfunden sein …

„Das Gesetz in seiner majestätischen Gleichheit verbietet den Reichen wie den Armen, unter Brücken zu schlafen, auf den Straßen zu betteln und Brot zu stehlen.“

Anatol France (1897)

Inhaltsverzeichnis

Personenregister

TEIL 1

Auftakt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Tschetschenisches Intermezzo I

Kapitel 6

Tschetschenisches Intermezzo II

Kapitel 7

Kapitel 8

Tschetschenisches Intermezzo III

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

TEIL 2

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Personenregister

WOHNGEMEINSCHAFT VILLA TUGEND:

Charles Gounod (74) genannt „Karlchen“. Kein Alias

und wenn, hatte er es vergessen. Ach doch, Pierre

Muller aus dem Elsass. Aber wie gesagt …

Vladimir Kirenkov (75) alias Bartosz Dabrowski, genannt „Bartek“

Catherine Marvin (70) alias Mary Fountaine, genannt

„Cat“, früher auch „Stalin“

James O’Leary (69) alias Justin McFarland, genannt

„Jamie“ (oder auch „Bond von Ostratal“)

Zahra Rabin (78) alias Elke Rosenkötter alias Esther

Kemmenich alias Judith Lange alias …, genannt „Die

Klare vom Mossad“

Ingrid Spatz (72) alias Sabine Bockenrade alias Ragnhild Hupfenreuter, genannt „Spätzchen“

„Gäste“:

Dugurkhan Saratow (Tschetschene), etwa 45

Unbekannt (aus Syrien)

Unbekannt (aus Pakistan)

Mitarbeiterin:

Ursula Schenkig (67), Reinemachefrau

POLIZEI UND ANDERE AUFKLÄRER:

Stefan Braun (35), Kriminalhauptmeister

Dr. Eva-Maria Grosse-Uckermann (Datenschutz), Leitende Oberstaatsanwältin

Stefanie Herbstritt (wird vorläufig nicht verraten), Kriminalhauptkommissarin

Dr. Andreas Hofstetter (42), Rechtsanwalt

Dr. Ulf König (63), stellvertretender Direktor des Amtsgerichts Ostratal

Professor Dr. Lars-Ulrich Koch (64), Leiter der Rechtsmedizin Ostratal

Dr. Lutz van Rehnten (29), Staatsanwalt

Peter Ringwald (69), Privatermittler und Ex-Kriminalhauptkommissar

SONSTIGE VERDÄCHTIGE:

Dr. Meinrad Köhler (54), (wenn das sein richtiger

Name ist), BND-Führungsoffizier

Bogdan Khadirov (Mitte 50), Ober-Tschetschene

Alfons Schenkig (67), Gatte und Frührentner

TEIL 1

Auftakt

Es war einmal …

… ein amerikanischer Präsident namens George Doubleyou Bush. Der hatte seinen Geheimdienst CIA Anfang des 21. Jahrhunderts angewiesen, Verhörgefängnisse (vulgo Folterkammern) in aller Welt einzurichten, um die gegen die USA gewendeten diversen Terrorgruppen zu bekämpfen. So entstanden in einigen Finsterländern vor allem in Asien, aber auch in einigen seit wenigen Jahren demokratischen Staaten Osteuropas diverse Zentren. Schamhaft verschwiegen, moralisch den allgemeinen Menschenrechten weit entlegen. Dort wurden die Täter, derer man habhaft wurde — vermeintliche wie tatsächliche —, verhört, bis sie die Wahrheit sagten. Zumindest die, die ihre Peiniger hören wollten.

In Deutschland existierten solche Einrichtungen selbstverständlich nicht. Undenkbar. In ganz Deutschland? Naja, die CIA erinnerte sich dann doch daran, dass in Ostratal, der den Lesern schon länger bekannten mittleren Großstadt irgendwo im Südwesten Deutschlands, ein Anwesen existierte, das einer ihrer Stiftungen gehörte. Der „Vereinigung zur Verteidigung demokratischer Kulturwerte“ (VVdK). 1946 durch das US-Militär requiriert, hatte es eine lange Karriere zunächst zu Administrations-, später zu Fortbildungszwecken der Army und des neugegründeten CIA, vormals OSS. Anschließend verwendet für Rekonvaleszenten der US-Geheimdienste, Agenten, die im Einsatz verletzt wurden oder unter psychischen Problemen litten. Und schließlich in den siebziger und achtziger Jahren als sicheres Haus, in dem umgedrehte Spione, Überläufer und eigene Doppelagenten untergebracht, ausgepresst und schließlich ausgespuckt wurden. Im Grunde entsprach diese Nutzung in etwa durchaus der späteren, der ab dem Jahre 2003. Seit diesem Zeitpunkt betreibt die CIA im stillschweigenden Einvernehmen mit dem Bundesnachrichtendienst und dem Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt auf diesem Gelände in der Rechtsform einer weiteren Stiftung eine Forschungsstelle mit der sperrigen Bezeichnung „Zentrum zur Aufklärung und zur Verhinderung terroristischer Anschläge sowie zur pädagogisch-psychologischen Wiedereingliederung gefährdeter Personen und einschlägiger Straftäter“, kurz: ZAVTA. Allerdings bat sich das Bundeskanzleramt aus, nur zivilisierte, humane Arbeitsmethoden zur Anwendung zu bringen.

Diese Auflage wurde verblüffenderweise eingehalten. Vor allem abtrünnige Mitarbeiter von Geheimdiensten Europas, des Orients und Zentralasiens, Whistleblower, Finanziers von Terrorgruppen, verdächtige, einen Anschlag planende oder ausführende Personen und ähnlich üble Elemente wurden seither in Ostratal festgehalten. Nie mehr als gleichzeitig acht Klienten. Sie wurden den Umständen entsprechend gut behandelt. Die Verhöre waren erträglich. Für alle Beteiligten. Im Vordergrund stand das Weichklopfendurch die langfristige Perspektive des Aufenthalts, standen also gerade nicht die zungenlösenden, schnell wirkenden Haftbedingungen in anderen Häusern. Nach erfolgreicher Behandlung wurden die Probanden zum Teil in ihre Heimatstaaten überstellt, teils an diverse Strafverfolgungsbehörden ausgeliefert, teils aber auch einfach ausgesetzt. Sie wussten nicht, wo sie gefangen gehalten wurden. Weder in welchem Land noch gar in welcher Stadt. Die Unterhaltungen mit den Verhörspezialisten erfolgten in verschiedenen Sprachen, wenn nötig über Dolmetscher, die von der jeweiligen nationalen Agency kurzfristig abgestellt wurden. Zumeist allerdings war das vor Ort eingesetzte Geheimdienstpersonal der Sprache der jeweilig Betreuten mächtig. Schließlich stammte es aus vielen betroffenen Ländern einschließlich Russlands, das Anfang des 21. Jahrhunderts schwer unter den vor allem von tschetschenischen Islamisten verübten Gewalttaten litt.

Seit der Endphase der Präsidentschaft Barack Obamas verloren diese Folter- und Verhörgefängnisse ihre Bedeutung. Heute gibt es diese Kerker, zumeist aufgelassene Zuchthäuser aus vordemokratischen Zeiten, Keller, Schuppen und ähnliches, nicht mehr. Jedenfalls hört man darüber nichts …

Auch die Ostrataler Stiftung geriet bei den offiziellen Stellen nach und nach aus dem Blick. Geschlossen allerdings wurde sie nicht. Auch wenn nur wenige, mittlerweile pensionierte Geheimdienstagenten ihre Arbeit fortsetzten. Weit unter dem Radar der allgegenwärtigen Bürokratie. Das vergessene Verlies, sozusagen.

1

Bartosz ‚Bartek‘ Dabrowski, der Pole

Das Anwesen der Stiftung lag im Stadtteil Weiler, einem ruhigen Villenvorort Ostratals, nach strengen Auflagen besiedelt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch wohlhabende Rentiers, die im ganzen damaligen Deutschen Reich angeworben wurden. Es bestand aus drei Gebäuden, im Zentrum des etwa sechzehn Ar umfassenden Grundstücks das imposante Haupthaus, zum Norden hin frontal eingegrenzt durch die Lerchenstraße. An der rechten Seitenfront zog sich mit gehörigem Abstand zur Nachbarvilla abschließend ein circa anderthalb Meter hoher lebender Zaun, blickdicht und undurchlässig, mit einem etwa in der Mitte befindlichen, als Querflügel zum Haupthaus stehenden, aber eigenständigen, eingeschossigen Wohngebäude mit hohem, spitz zulaufendem Ziegeldach. Die linke Seitenfront bestand aus einer mannshohen Ziegelmauer, in die nach etwa achtzig Metern eine massive ehemalige Scheune eingebunden war, deren Höhe fast die des Haupthauses erreichte. Nach Westen hin, leicht abfallend, begrenzte ein von Büschen gesäumtes, ruhig fließendes Flüsschen die Anlage. Mit dem Namen Schlechta ausgezeichnet, mündete es etwa sechs Kilometer weiter südwestlich in die Ostra. Auf der anderen Uferseite ein undurchdringliches Gewirr von Sträuchern, Bäumchen und sonstigem Bewuchs, anschließend freies Feld.

Alles in allem konnte die propere Liegenschaft mit Fug und Recht hochherrschaftlich genannt werden. Bebaut wurde sie im Jahre 1886 durch Karl-August Tugend, später geadelter von Tugend. Der hatte sein Vermögen im deutsch-französischen Krieg durch einen zuvor schon lukrativen Getreidehandel gemacht, für den er das Monopol als preußischer Hoflieferant nutzte, um die gesamtdeutschen Truppen zu versorgen. Ein mit allen Wassern gewaschener Kriegsgewinnler. Von Tugend setzte sich als reicher Mann zur Ruhe, zog mitsamt seiner zweiten Frau und seinen drei Kindern nach Ostratal und frönte hinfort einem müßigen Leben als Rentier. Von seinen Renditen lebend also. Zum Ende des zweiten Weltkriegs flüchtete der schäbige Rest der Familie bei Nacht und Nebel nach Südamerika. Und jeder seiner Nachbarn wusste auch, warum. Die amerikanische Besatzungsmacht musste nur noch auf das, rein rechtlich gesehen, nicht wirklich herrenlose Anwesen zugreifen, irgendwann die Sache mit dem Grundbuch von der deutschen Behörde in Ordnung bringen lassen und einziehen.

Das Grundstück war schon zu seiner Zeit als Villa der Familie Tugend nach allen Seiten ziemlich abgeschlossen. Sei es aus paranoiden Gründen, sei es, um den Reichtum zu verstecken. Andererseits gab bereits das Tor mit gemauertem, verziertem Rundbogen eine edle Visitenkarte ab. Rechts und links davon schlossen sich auf jeweils etwa zweihundertfünfzig Metern hohe, massive Mauern an. Gesichert war die Zufahrt zu diesem im doppelten Sinne aus der Zeit gefallenen Komplex durch ein schweres, schmiedeeisernes, zweiflügeliges Portal mit einer rechts davon liegenden Pforte als Personeneingang. Ein Zugeständnis an die Moderne zeigte sich an der elektronischen Sicherung und Steuerung des Eingangsbereiches. Und an der Kamera, die hoch oben über alldem thronte und der Überwachung besagter Mauer zur Straße hin diente. Von dort nicht einsehbar, kontrollierten weitere Aufnahmegeräte die Ziegelmauer zum einen Nachbarn und den lebenden Zaun zum anderen. Ganz zu schweigen von der Kamera, die das Grundstück zum Schlechta-Ufer im Visier hatte. Diese elektronischen Kontrollgeräte waren allerdings entschieden dezenter angebracht als die über dem Tor.

Langsam brach der Mitte Juni noch lange hell bleibende, Abend an. Ein spindeldürrer Mann um die fünfundsiebzig Jahre, etwa 1,70 Meter groß/klein/wie auch immer, nachlässig gekleidet, mit spiegelglatter Glatze, kam federnden Schrittes vom Fluss. Dort hatte er nach dem am Nachmittag benutzten Picknickplatz geguckt, der an der einzigen Stelle ohne Buschwerk am diesseitigen Ufer lag. Zwei Bänke ohne Rückenteil, ein grob behauener Tisch und eine Grillstelle. Das war alles. Der Dürre blickte wachsam in Richtung Seitenbegrenzungen. Rein gewohnheitsmäßig, wie es schien. Er näherte sich der rückwärtigen Fassade des quer zu Flüsschen und Straße stehenden Hauptgebäudes, einem Schmuckstück mit zwei hohen Stockwerken und, unter dem ausladenden Walmdach, einem weiteren, zum dauerhaften Wohnen geeigneten Geschoss. Zeigte es zur Straße hin und an beiden Seiten sein malerisches, charaktervolles Fachwerk, war es hinten nur einfach verputzt. In der Mitte der Hausbreite von fast vierzig Metern stellte eine großzügige, zweiflügelige Tür mit verspielten Sprossenfenstern einen der drei Blickfänge der Rückfront dar. Die beiden anderen waren eine davorliegende, üppig bemessene Terrasse sowie die durchaus pompöse, sechs Meter breite Steintreppe aus geschliffenem Granit, die sich sanft die Hälfte des Weges in Richtung Schlechta schwang.

Dorthin wendete sich Bartosz Dabrowski, von seinen Bekannten gerne auch Bartek genannt, in Ostratal polizeilich gemeldet als polnischer Staatsbürger, um gemeinsam mit dem größeren Teil der Bewohnerinnen und Bewohner in etwa einer halben Stunde das Abendessen einzunehmen. Erst auf den letzten Stufen der Treppe könnte ein aufmerksamer Beobachter bemerken, dass Dabrowski sein rechtes Bein etwas nachzog. Wenn es denn einen Beobachter gäbe. Darauf angesprochen murmelte Dabrowski stets etwas ähnliches wie „eine alte Kriegsverletzung“. Ohne je darauf einzugehen, wann, wo, in welchem Krieg das geschehen war. Das stimmte zwar. Die Wirklichkeit war jedoch banaler. Seit Jahren kam jedoch eine mittlerweile chronische, leichte Arthrose hinzu, typische Alterserscheinung. Unmöglich für alte Haudegen wie ihn, dies einzugestehen.

Nach einem erneuten, prüfenden Blick über das weitläufige Gelände betrat er das Haus, ging in sein Zwei-Zimmer-Appartement im zweiten Stockwerk und wusch sich in seinem Bad Gesicht und Hände. Dann zog er sich zum Abendessen um. Nichts Aufregendes, Festliches. Aber eine Stoffhose, ein sauberes Hemd, frische Strümpfe, ordentliche Halbschuhe, ein einfaches, etwas abgetragenes Jackett. Ein kultivierter Pole eben. Der allerdings Russe war. Vladimir ‚Valodja‘ Kirenkov, ehemaliger KGB-Major, später übernommen vom russischen Geheimdienst „Federalnaja sluschba besopasnoski Rossijskoi Federazi“, oder einfacher „Föderaler Dienst für die Sicherheit der Russischen Föderation“ oder noch einfacher FSB, dem 1995 gegründeten Nachfolger des berüchtigten sowjetischen Vorgängers. Nach Einsätzen in den USA (kurz), Großbritannien (mittel), Pakistan (mittel), Tschetschenien (mittel), nach zehn Jahren Ost- und anschließend ab 1990 Gesamt-Berlin. Im Rahmen der Zusammenarbeit verschiedener Geheimdienste bereits seit Einrichtung des Ostrataler Zentrums im Jahre 2003 Teil der Belegschaft. 2014 zog sich der FSB aus dem konspirativen Projekt zurück. Kirenkov alias Dabrowski, damals 67 Jahre alt, jedoch einiges jünger wirkend, pfiff auf seine Rubelrente, griff sich seinen (fast) echten polnischen Ausweis, holte sein gebunkertes, kleines Vermögen aus dessen Dornröschenschlaf, meldete sich ordentlich als neu zugezogener Bürger mit einem Arbeitsvertrag der Forschungsstelle ZAVDA bei der Ortspolizeibehörde an und lebte sein neues Leben, das im Grunde das alte der vergangenen elf Jahre war.

Wie jeder gewiefte Agent im Feldeinsatz hatte er sich über die Zeiten verschiedene glaubhafte Identitäten zugelegt, mit oder ohne Wissen seines Dienstes. Als letzte eben Bartosz Dabrowski, der Pole. Und ohne Zweifel wusste diesmal der FSB nichts davon. Sein kleines Vermögen hatte er sich ebenso wie die Cleveren unter den Agenten aller Sicherheitsdienste durch Lug, Betrug, Korruption, List und Weiß-lieber-nicht-mehr-was redlich verdient. Naja, vielleicht war redlich nicht der richtige Begriff …

Dabrowski betrachtete sich nachdenklich im Spiegel. Es stimmte, was seine Kolleginnen und Kollegen in der Villa Tugend sagten, dachte er. „Ich sehe wirklich eher aus wie unter Siebzig und nicht wie Fünfundsiebzig.“ Er grinste sein Spiegelbild spöttisch an, dann ging er auf der wie immer an derselben Stelle knarrenden, altertümlichen Holztreppe ein Stockwerk tiefer. Dort traf er im Speisezimmer auf die restliche Belegschaft, die ihn bereits erwartete. Alle im Rentenalter zwischen achtundsechzig und achtundsiebzig Jahren. Dabrowski, so wollen wir ihn hinfort eine lange Weile nennen, war der älteste männliche Agent. Und alle waren ehemalige Spione wie er. Drei Damen, die eine von der US-amerikanischen CIA, die zweite vom deutschen BND und die dritte vom israelischen Mossad. Bekannte Namen, die keiner Erläuterung bedürfen. Der eine Herr am Tisch gehörte dem französischen Geheimdienst DGSE an, der „Direction Générale de la Securité Extérieure“, „Generaldirektion für die äußere Sicherheit“, mit der Abkürzung weniger bekannt als die CIA oder der BND. Der weitere war für den britischen SIS tätig, den „Secret Intelligence Service“, besser bekannt als MI 6. Im Gegensatz zu Dabrowski hatten sie sich nach ihrer Pensionierung im Auftrag ihrer Geheimdienste gerne weiterverpflichtet, den Job in Ostratal bis in alle Ewigkeit auszuüben. Der Pole fiel dabei als Freelancer etwas aus der Rolle, wiewohl auch er bis ans Ende seiner Tage in dem Weiler Anwesen zu bleiben beabsichtigte. Keiner und keine hatten irgendwelche Bindungen. Und besser als hier hätte es nur noch im nicht sehr einträglichen Beruf eines Stadtmusikanten in Bremen werden können …

Der Tisch war einfach eingedeckt. Besteck, Teller, Gläser, Wasser-, Wein-, Bierflaschen standen ebenso auf der altmodischen Anrichte wie das einfache Abendessen in diversen Warmhalteschüsseln. Die Anwesenden versorgten sich meist selbst, nur selten ließen sie sich beliefern. Das galt sowohl für Speisen als auch für Lebensmittel und die Dinge des täglichen Bedarfs. Auch das Kochen und Ein- und Abdecken erledigten sie in einem festgesetzten Turnus. Täglich außer sonntags kam eine Reinigungskraft für dreieinhalb Stunden. Nach Bedarf, gewöhnlich montags, half ein Gärtner beim Mähen der großen Rasenflächen und schnitt die Bäume und das Buschwerk zurück. Der Garten rechts und links der asphaltierten, leicht gewundenen Auffahrt im vorderen Grundstücksteil zur Lerchenstraße hin, die in einen großen Platz vor dem Haupteingang des zentralen Gebäudes mündete, wurde auf eigenen Wunsch von Dabrowski bewirtschaftet. Auffahrt und Parkfläche merkte man an, dass sie ebenso wenig befahren wie beparkt wurden. Vernachlässigt und schmuddelig. Im Gegensatz zu den beiden blühenden, gepflegten Gartenteilen davor. Es waren nie mehr als zwei PKW zu sehen, die offensichtlich zum Haus gehörten.

Auch heute versammelten sich die drei Damen und die drei Herren nach dem Essen noch einige Zeit im Salon, einem ehemaligen Seminarraum gleich neben dem Speise saal. Abgeräumt wurde später von dem Franzosen. Den ehedem nüchtern eingerichteten Raum hatten sich die wechselnden Bewohnerinnen und Bewohner über die Jahre und Jahrzehnte hinweg wohnlich eingerichtet. Gemütliche Sessel verschiedener Epochen und diverse Tischchen unterschiedlicher Geschmacksrichtung waren großzügig auf dem mit Teppichen belegten Parkettboden verteilt. Ein Sideboard und ein offensichtlich aus einem Trödelladen stammender Schrank im Stile von Deutsches Wohnzimmer um 1920 boten eine reichhaltige alkoholische Auswahl aus aller Herren, der Vollständigkeit halber auch Damen, Länder sowie die dazugehörigen Gläser und einen versteckten Kühlschrank Typ Minibar, auch wenn er gar nicht so mini war. An den Wänden hing auf Raufasertapeten ein Sammelsurium von ansprechenden bis merkwürdigen, jedenfalls durchweg nichtssagenden Zeichnungen und Gemälden in mehr oder weniger geschmackvollen Rahmen. Ramschware von Flohmärkten. Aber sie gaben dem Salon einen irgendwie gediegenen und kultivierten Rahmen.

Hier saßen sie also Abend für Abend zusammen. Sie unterhielten sich meist, so auch heute, über alte Zeiten. Gemeinsam oder persönlich erlebte Anekdoten, die sie alle schon x-mal gehört hatten. Manchmal fiel jemandem etwas schon lang Vergessenes wieder ein. Oder es wurde ein Geheimnis offenbart, von dem der seitherige Bewahrer bislang gedacht hatte, dass die Zeit noch nicht reif war für das Licht der, wenn auch eingeschränkten, Öffentlichkeit. Ihre gemeinsame Sprache war deutsch, auf Grund ihrer Herkunft beziehungsweise ihrer langjährigen Dienste in der einen oder anderen deutschen Republik und später im vereinten Deutschland. Den geschniegelten, schnöseligen, alerten akademischen Angehörigen ihrer Dienste der nachfolgenden Generationen, beiderlei Geschlechts, würden vor Schreck die polierten Zähne aus dem Mund springen, würden sie zuhören. Respekt vor Regierungsformen, Gesellschaftsordnungen, Religionen und allgemein dem Guten in der Welt: Fehlanzeige. Schon lange verflogen auf dem dornigen Weg der Komplotte, Schmutzeleien, Intrigen, Verbrechen zum Schutz der jeweiligen Elite, zur vermeintlichen Beachtung oder Einführung von bürgerlichen Grund- und sozialen Menschenrechten, den Notwendigkeiten der Staatsräson …

Die bittere Erkenntnis, von ihren Regierungen einerseits zu oft missbraucht, andererseits in ihrem Einsatz und mit ihren Leistungen nicht genügend gewürdigt worden zu sein, hatte bei allen mehr oder weniger tiefe Wunden hinterlassen. Die Narben schmerzten zwar nicht mehr, blieben aber sicht- und fühlbar. Mehr oder weniger verbunden mit einem zynisch-sarkastischen Humor, der ihren Jungkollegen pures Unverständnis in die arroganten Züge gezeichnet hätte. Das galt erst recht für ihre Bosse, ehe malige wie heutige, den Sektions- und Abteilungsleitern. Die wären sofort bereit, staatlich sanktionierte Killertrupps loszuschicken. Wenn, ja, wenn sie die abendlichen Runden belauschen würden.

Nur ein Thema blieb seit einigen Monaten außen vor: Der Überfall Russlands auf die Ukraine. Dazu waren ihre geheimdienstlichen Erfahrungen und Kenntnisse, aktiven wie passiven, einerseits übereinstimmend zu fundiert. Andererseits unterschieden sich ihre Meinungen zu den nach wie vor diffusen Zielen sowohl des Aggressors Russland als auch der Ukraine und ihren Verbündeten in der NATO und der EU sowie der ihnen angehörenden Staaten zu erheblich. So blieb es bei dem eisernen Grundsatz, der die Erde insgesamt beherrschen sollte: Frieden bewahren.

Hin und wieder verzogen sich aber auch einige ins Fernsehzimmer, besonders bei Sportübertragungen. Oder einzelne zogen sich zu einem guten Buch in die Bibliothek zurück. Alles in allem lebte da eine reizende, verträgliche und interessante Alt-Agenten-Wohngemeinschaft zusammen in wohltemperiertem, gepflegtem Ambiente und der ruhigen Atmosphäre des Stadtteils Weiler in der unspektakulären Großstadt Ostratal, irgendwo im Südwesten Deutschlands. Wenn da nicht die besonderen Gäste in der umgebauten, hochgesicherten alten Scheune wären …

2

Etwa zur selben Zeit

Was niemand für möglich gehalten hätte: Peter Ringwald, der alternde Privatdetektiv und Ex-Kriminalhauptkommissar, seine frühere Intimfeindin Stefanie Herbstritt, frischgebackene Kriminalhauptkommissarin, und der etwas flippige Rechtsanwalt Dr. Andreas Hofstätter hatten sich über die Zeit angefreundet. Nach gemeinsam Erlebtem und Erlittenem in einem Fall, der von Gewalt, Terror und Tragik gekennzeichnet war. Anfreunden ist möglicherweise etwas zu hoch gegriffen. Zumindest trafen sie sich von Fall zu Fall, wie an diesem heutigen Montagabend, den 20. Juni 2022, im Neustädter Hof in der Falkensteinstraße. Er lag günstig für Ringwald schräg gegenüber seiner Wohnung, die zugleich sein Büro war. Sie saßen wie immer an einem der hinteren Tische der einfachen Gaststätte mit dem gemütlichen, verwitterten Charme der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Viel Holz. Tische und Stühle nicht Retro, sondern wirklich alt. Einige Gäste wirkten so, als ob sie bereits zur Eröffnung des Lokals anwesend gewesen seien. Obwohl seit Jahren Rauchverbot herrschte und trotz des gesetzlich verordneten Einbaus einer modernen Lüftungsanlage in Gasträumen und Küche hatte sich über die Jahrzehnte ein ganz unverwechselbarer Geruch eingenistet.

Zigaretten-, Zigarren- und Pfeifennutzung, Speisen und Getränke der letzten hundert Jahre und die Ausdünstung vieler tausender Gäste und unzähliger Hunde ergaben eine unnachahmliche olfaktorische Melange, die künstlich nicht herstellbar war. In keinem Labor der Welt, wie geheim auch immer. Wenn Gerüche unter Denkmalschutz gestellt, gar als immaterielles Weltkulturerbe erhalten werden könnten, wäre der Neustädter Hautgout, über lange Zeit komponiert, allerdings seit mindestens einer Dekade durch besagte Ver- und Gebote in der Zusammensetzung gefährdet, dieser Auszeichnung immer noch ganz ohne Zweifel würdig. Und wie Ringwald voll inbrünstiger Überzeugung stets betonte, sei seine Stammkneipe der einzig ursprüngliche und unveränderte Gasthof ganz Ostratals.

Ringwald mit seinen mittlerweile fast siebzig Jahren war nach einer einfachen Mahlzeit, bestehend aus Pellkartoffeln und Bibeleskäs, einem Quark, der mit kleingeschnittenen Zwiebeln, Kräutern, Knoblauch und Salz angemacht wurde, bei seinem zweiten Pils angelangt. Davon das erste vorab heimlich und alkoholfrei, der durch hohen Blutdruck beeinträchtigten Gesundheit geschuldet. Er hatte gerade über seine neue Klientin berichtet. Für die wolle er versuchen, eine fristlose Kündigung wegen eines vermeintlichen Diebstahls am Arbeitsplatz anzufechten.

„Hast du gerade ein bisschen Zeit übrig, der Frau zu helfen?“, fragte er den Anwalt. „Nach meinem ersten Überblick wird man ihr kaum was beweisen können.“

Der runzelte seine braungebrannte Stirn, die sich trotz seiner erst zweiundvierzig Lebensjahre in tiefe Falten legte.

„Eigentlich nicht. Aber ruf mich doch morgen in der Mittagspause an. Mal sehen, wenn es wirklich bei nur einem Schriftsatz bliebe …“

„Soweit man vorhersehen kann“, relativierte Ringwald.

„Soweit man vorhersehen kann“, wiederholte Hofstätter mit erneut sorgenvollem Stirnrunzeln.

„Musst du dem armen Freischaffenden mit solchen Billigheimern kommen“, rügte Herbstritt ihren ehemaligen Chef. „Du siehst doch, unter welchem Druck er steht.“

Sie lächelte den ehemaligen Leiter der Mordkommission Ostratal schelmisch an.

„Der steht doch immer unter Druck“, brummelte der und grinste vielsagend.

Er wusste natürlich, dass die beiden ab und zu im gegenseitigen, notariell bekundeten Einverständnis, sicher ist heutzutage sicher, die eine oder andere Sparringsrunde einlegten. Beide hatten nicht die Absicht, sich ewig oder auch nur drei Tage zu binden. So entsprach eine bedingungslose Von-Fall-zu-Fall-Beziehung genau ihrer beiden Bedürfnisse. Und damit verlief diese angenehme Beziehung komplikationsfrei und konnte fortgesetzt werden, bis dass der Tod, die Altersrunzeln oder der Überdruss sie schied.

Hofstätter lachte und griff nach seinem Wein, einem Spätburgunder Roten aus der Ortenau, genauer aus Waldulm, den der Wirt vor einiger Zeit ihm zu Gefallen in die Weinkarte aufgenommen hatte. Die, davon abgesehen, eher dürftig aussah. Ebenso wie nach des Anwalts Geschmack die Speisekarte, in der er allerdings doch immer etwas fand. Heute Abend zum Beispiel durchaus schmackhafte Leberle sauer mit Bratkartoffeln.

„Wie macht sich denn deine neue Reinigungskraft?“, fragte er Ringwald. „Vielleicht kann sie auch bei mir anfangen. Wäre mir lieber als mit meiner blöden Reinigungsfirma weiter zu machen. Dann fiele es mir auch leichter, etwas für deine neue Klientin zu tun.“

„Die ist superspitze! Da hätte ich schon vorher draufkommen können, statt mich mühsam selbst abzuplagen. Es war einfach Zufall, besser Glück, dass ich sie gefunden habe. Zuverlässig, fix. Aber sie redet bei der Arbeit unablässig. Das nervt manchmal. Vielleicht ist ihr Mann ein Schweiger und sie hat Nachholbedarf. Aber insgesamt kann ich wirklich nicht im Geringsten meckern. Ich glaube allerdings kaum, dass du bei ihr landen kannst. Sie hat einen quasi festen Job, in einem großen Anwesen in Weiler. Und dann noch einen direkt gegenüber vom Hauptbahnhof. Dort in der Nähe wohnt sie auch, zwei, drei Straßenbahnstationen entfernt. Nach Weiler sind‘s schon mal mehr als dreißig Minuten Fahrtzeit. Zu dir an die gegenüberliegende Stadtseite wären es noch einmal vierzig Minuten, schätze ich. Zu mir zehn Minuten. Da wäre sie ja nur unterwegs. Unbezahlt.“ „Hast du sie angemeldet? Wenigstens bei der gesetzlichen Unfallversicherung?“, fragte Herbstritt mit wissendem Lächeln und unschuldigem Blick. Und spielte provozierend mit ihrem Gin-Tonic-Glas.

Der Angesprochene wurde rot und wand sich verlegen. „Äh, nein. Sie hat doch erst vor drei Wochen angefangen und ich kam noch nicht dazu, mich zu informieren, wo und wie man das macht. Und außerdem ist sie in dem anderen Job quasi halbtags angestellt. Jeden Tag arbeitet sie dort dreieinhalb Stunden, außer sonntags. So richtig mit allem Drum und Dran. Sozialversicherung, Steuern, Unfall, sogar mit Fahrtkostenerstattung, also mit einer Monatskarte. Schon seit ungefähr zwei Jahren. Und in dem Bürogebäude beim Hauptbahnhof arbeitet sie wahrscheinlich schwarz. Ist wie gesagt bei ihr um die Ecke. Nachbarschaftshilfe sozusagen.“ Ringwald grinste jetzt. Er lenkte ab und jeder merkte das. „Weil sie selbst die Kohle sowieso viel lieber bar auf die Kralle will. Wie die meisten“, fiel ihm gerade noch rechtzeitig ein.

„Jaja, das sagen sie alle, die ach so sozialen Dienstleistungsempfänger der Mittelschicht“, stichelte seine Ex-Mitarbeiterin weiter.

„Übrigens muss das ein interessanter Laden sein, dort in Weiler am Stadtrand“, wechselte Ringwald das Thema. „Wie sie erzählt, ist das wohl ein tolles Anwesen mit großem Park hintenraus, einem zweigeschossigen Haupthaus mit zusätzlichen Gästezimmern im Dachgeschoss. Großen Aufenthaltsräumen im Erdgeschoss, Speisesaal, Bibliothek … Im zweiten Stock sind vier Zweizimmer-Appartements mit Bad, wovon derzeit nur drei bewohnt sind. Dann gibt’s auf dem Grundstück noch ein schickes Nebengebäude mit weiteren Appartements, einem großzügigen Büro und einem ihrer Beschreibung nach riesigen Fitnessraum. Und eine Mordsscheune, die nicht zugänglich ist. Die Bewohner scheinen etwas kauzig zu sein. Alle so um die siebzig, je drei Männlein und drei Weiblein. Sie haben aber wohl nichts miteinander. Kennen sich offenbar ewig lang. Eine Alten-WG. Geld ist offensichtlich genug vorhanden. Von denen arbeitet zwar niemand, dennoch ist alles vom Feinsten. Der Arbeitgeber meiner Perle ist eine Stiftung. Und sie fühlt sich dort wohl, auch wenn die Bewohner …“

„… und Bewohnerinnen!“

Herbstritt konnte es nicht lassen.

„Ja, natürlich. Auch wenn die wenig Persönliches mit ihr anfangen können, wie sie sagt. Einige kommen offensichtlich aus dem Ausland, dem Akzent und den Namen nach. Naja, egal. Immerhin hat sie dort eine Menge zu tun. Kommt mit der Arbeit kaum rum. Täglich alle bewohnten Wohnungen reinigen, einmal wöchentlich die leerstehenden und die Gästezimmer, die im Moment und wohl schon länger nicht bewohnt sind. Täglich die Aufenthaltsräume und die Küche. Da müsse sie sich ganz schön sputen, um fertig zu werden, meint sie.“

„Kein Wunder reden die dort wenig mit ihr, sonst würde sie wahrscheinlich die doppelte Zeit brauchen“, grinste Herbstritt.

„Und was machen die Alten so? Sitzen in der Sonne rum?“, warf Hofstätter ein.

„Nix, die tun im wahrsten Sinne des Wortes nix. Hängen tatsächlich nur rum, soweit sie das mitbekommen hat. Chillen nennt man das wohl heutzutage. Kriegen, wie gesagt, kaum den Mund auf. Außer ihr kommt wohl nur einigermaßen regelmäßig montags ein Gärtner ein paar Stunden vorbei. Wie sie sich auszudrücken pflegt, ein undurchsichtiger Typ.“

„Hm, toll. So könnte ich mir mein Alter auch vorstellen. Gemeinsam mit euch. Vielleicht noch ein Koch und eine Spülkraft. Das wäre doch was. Wir können ja schon mal anfangen zu sparen“, lächelte Hofstätter.

„Allerdings bräuchten wir für Peter ein bis zwei polnische Pflegerinnen. Immerhin wäre der dann über neunzig!“

Herbstritt lachte herzlich über ihren Joke und angelte nach der Speisekarte. Obwohl sie eigentlich nichts mehr zu Abend essen wollte, hatte sie jetzt doch Hunger bekommen, besser gesagt, Appetit.

Ringwald lachte nicht mit, sondern zog die Stirnfalten bis weit zur Nasenwurzel hinunter und guckte sie aus schmalen Augen erbittert an. Dann glätteten sich seine Gesichtszüge und er lächelte.

„Hast ja recht.“

„Du, Peter, ich hatte es ernst gemeint mit der Anfrage nach deiner Perle. Wie heißt sie denn?“

„Alma.“

Damit erntete er ungläubiges Erstaunen.

„Nein, ein Witz. Ursula. Ursula Schenkig. Ist siebenundsechzig. Und sieht aus wie eine Bergziege.“

„Oh, wie charmant,“ war wie aus einem Mund Hofstätters wie auch Herbstritts Kommentar.

„Idioten! Flink und schlank wie eine Bergziege, meinte ich. Ich glaub nicht, dass sie dir Praxis und Wohnung putzt, Andie. Wie gesagt, insgesamt zu weit voneinander entfernt. Und sie schafft dort immer vormittags. Bei mir die zwei Male dienstags und donnerstags von halb acht Uhr bis halb zehn. Dazu kommt der Job abends beim Bahnhof. Und danach soll bei dir wohl nachts das Büro und ganz frühmorgens die Wohnung gemacht werden oder umgekehrt? Nee, das wird wohl nix. Aber, okay, ich frag sie mal.“

3

Charles ‘Karlchen‘ Gounod, der Franzose

Im gemächlichen Rhythmus der Villa Tugend erwachte ein neuer Tag. Charles Gounod, Rentner und immer noch nebenbei beschäftigter Mitarbeiter des französischen DGSE, in Ostratal gemeldet als Pierre Muller, Elsässer, der er auch im wirklichen Leben mütterlicherseits war, fand wie immer seit seinem Job in Ostratal schwer aus dem Bett und in sein mittlerweile vierundsiebzigjähriges Leben hinein. Er war gerade wieder in einen Halbschlaf gefallen, als der Wecker wie stets um halb sieben klingelte. Gounod brauchte eine längere Weile, schwang dann seine kurzen Beine aus den Tiefen seines warmen Nachtlagers, schob mühsam die verhältnismäßige Überlänge seines Oberkörpers nach und stand schließlich. Er war in erster Linie zuständig für die pünktlich vorbereitete Verpflegung der Alt-Agentinnen und Alt-Agenten, im Wechsel mit der Dame vom Mossad, die wie er und die Mitarbeiterin des BND drei von den vier Appartements des Nebengebäudes bewohnten. Außerdem betreute er die Gäste, im Wechsel mit dem bereits bekannten Bartosz Dabrowski. Karlchen, wie ihn seine Kollegen bereits lange vor seiner Verwendung in Weiler nannten, verschwand in seinem Badezimmer, um die alltäglichen Bedürfnisse zu verrichten. Kein Mensch wusste, warum er ausgerechnet Karlchen genannt wurde. Ganz sicher nicht wegen seines Namensvetters Charles Gounod, einem der berühmteren französischen Komponisten des 19. Jahrhunderts. Er selbst vermutete, dass ihn vor Jahrzehnten irgendwer veräppeln wollte mit Blick auf Karl den Großen, den Urvater aller Franken, also auch und gerade der Franzosen. Karlchen war alles Mögliche, aber groß, groß war er in der Tat nicht. Gerade mal 1,62 Meter. Einerseits. Andrerseits jedoch ein Sitzriese. Wenn er saß, sah ihm niemand seine geringe Körperlänge an. Allerdings wurde er nicht größer, wenn er sich erhob. Leider auch ziemlich pummelig, erschien er wahrlich nicht als Held, als Herrscher über irgendwas, geschweige denn über ein riesiges Frankenreich. Oder auch nur einen Teil davon.

Nach der Morgentoilette kämmte er sich nach altmodisch-französischer Art sein etwas links von der Kopfmitte gescheiteltes, immer noch brünettes, volles Haar, kleidete sich an und machte sich aus dem Nebengebäude auf den Weg zum Haupthaus. Da er heute sowohl mit dem Frühstück als auch mit der Betreuung der Gäste dran war, beeilte er sich. In der Küche richtete er Brot, backte Brötchen und Croissants aus der Tiefkühle auf und stellte Wurst, Schinken, Käse, Honig, Marmelade, Butter und diverse Müsli-Ingredienzien auf dem riesigen Tisch bereit. Dann nahm er den Kaffee-Vollautomaten in Betrieb, vergewisserte sich, dass er genug Wasser und Kaffeebohnen enthielt, und wendete sich dann um Viertel nach sieben seiner zweiten Aufgabe zu. Nicht ohne vorher zu grummeln, dass diejenigen, die Sonderwünsche hatten, sich gefälligst selbst darum kümmern sollten. Wie bei einer Missetat ertappt, wurde daraufhin sein stets gerötetes Gesicht noch etwas dunkler. Ebenfalls wie jeden Morgen. Falls jemand behaupten würde, dass Karlchen so langsam etwas wunderlich würde, läge dieser Jemand nicht ganz falsch.

Jedenfalls verließ der Franzose die Küche und eilte mit seinen kurzen Beinen Richtung Haustür, wo er James O’Leary in die Arme lief, einem ebenfalls altgewordenen MI 6-Helden, besser gesagt Ex-Helden, der gemeinsam mit der CIA-Mitarbeiterin und Bartosz, dem Polen, im Hauptgebäude lebte.

„Mojn“, quetschte Gounod aus dem Mundwinkel, gerade noch vernehmbar.

„Guten Morgen, mein Freund“, tönte O’Leary zurück, offenbar bestens gelaunt nach seinen üblichen frühmorgendlichen Freiübungen. „Schon auf?“

Gounod würdigte ihn weder eines Blickes noch einer Antwort. „Ich muss arbeiten und der faule James-Bond-Imitator macht hier einen auf Hochadel“, schoss es ihm durch den Kopf. Dazu muss der geneigte Leser wissen, dass Gounod seine ganzen Ersparnisse, das Beiseite-Geschaffte, im Jahre 2008 bei einer Derivate-Spekulation verloren hatte. Sie wissen schon, die Lehman-Pleite! Drei Jahre nach Eintritt in die Dienste der Villa. Deshalb konnte er sich nur beschränkt an den Lebenshaltungskosten beteiligen, soweit sie über das vom Stiftungsträger getragene Niveau hinausgingen. Außerdem hatte er ein zuweilen kostspieliges, zu anderen Zeiten einträgliches, auf lange Sicht jedoch verlustreiches Hobby: Online-Poker. Beim von ihm bevorzugten Anbieter „Pokerstars“ war er ein äußerst beliebter Teilnehmer.

Sei es, wie es sei. Gounod musste jetzt eilen, damit er rechtzeitig vor dem Eintreffen der allseits geschätzten Reinemachefrau Ursula Schenkig fertig wurde. Er lief über den Hof zur mächtigen, alten Scheune. Sie war bis zum Dachfirst fast neun Meter hoch, maß mindestens sechsundzwanzig Meter in der Breite und hatte ehedem einen wuchtigen Zugang zur Rechten, durch den fast alles Denkbare bequem hindurch passte. Mittlerweile zugemauert. Ebenso wie ein halb so großer Einlass zur Linken, eine der beiden Zugangstüren und beide Fenster. Links angebaut ein kleiner Geräteschuppen. Die einzig verbliebene Möglichkeit zum Betreten dieses trutzburgartigen Gebäudes war eine schwere Eichenholztür rechts von der Mitte, gesichert mit zwei modernen Schlössern.

So, wie die Scheune dastand, errichtet aus Feldsteinen, mit einem Ziegeldach, das nach vorne tief heruntergezogen und, nach hinten, integriert in die Begrenzungsmauer war, wirkte sie im herrschaftlichen Ensemble irgendwie deplatziert. Eine richtiggehende Bauernscheune: Unten das liebe Vieh, oben Vorräte jeder Art, vor allem Heu und Stroh. Aber das war sie zu keinem Zeitpunkt. Sie diente von Beginn an als Pferdestall und Remise. Der untere Teil war früher etwa vier Meter hoch und wurde vor etwa zwanzig Jahren im Zusammenhang mit der Schaffung von weiteren Zimmern durch eine Zwischendecke auf drei Meter Höhe reduziert. Die Zeit der Pferde und Kutschen war schließlich schon längst Vergangenheit und hier in der Villengegend von Beginn an fehl am Platze. Unter dem Dach lagerten auf einer wandlosen, riesigen Fläche auch keine Strohballen und keine Heuvorräte mehr, sondern schlicht nichts. Nicht einmal alte Möbel, Gerümpel, Erinnerungen … Ein verschwendeter Platz, den niemand mehr nutzte. Im Gegensatz zum unteren Geschoss.

Gounod schloss die schwere Eichentür auf, die, wie man jetzt sah, bemerkenswert stahlverstärkt war. Dann verschwand er im dunklen Inneren des Gebäudes. Dort schaltete er das Licht an, warf einen schnellen Blick in den rechts und links verlaufenden, schmalen Flur. Anschließend schätzte er die gegenüberliegenden, ebenfalls gesicherten, schweren Türen zu insgesamt acht Räumen ab. Sie wurden flankiert auf der rechten Seite durch einen großen Stahlkessel, ähnlich einem modernen Weintank aus Edelstahl, etwa zwei Meter hoch und vernachlässigt aussehend. Links hinten befand sich eine offene Küche, zugleich Vorratsraum. Hinter dieser wiederum lag ein kleiner, geschlossener Fitnessraum, der vom Flur nicht eingesehen werden konnte. Sechs dieser Räume waren nicht größer als acht Quadratmeter. Kammern also. Alle gleich ausgestattet mit dem Nötigsten: Pritsche, Stuhl, Tisch, WC-Ecke mit darüberliegendem Mini-Waschbecken. Völlig ausreichend für die bösen Buben und manchmal auch für böse Mädels, von denen sich die diversen Geheimdienste Erkenntnisse, einschlägige wie allgemeine, zu Terroraktivitäten aller Arten in fast der gesamten Welt versprachen. Zur Küche hin gab es zwei etwas größer und besser eingerichtete Behausungen für geläuterte Gäste, für solche also, die früher oder später freudig kooperierten. Diese Zimmer hatten ein weit oben liegendes Kippfenster, das die Insassen selbst bedienen konnten. Das war verbunden mit einem Ventilator, der ansprang, sobald das Fenster schräg gestellt wurde. Keine Chance also, sich durch lautes Rufen und Schreien nach außen bemerkbar zu machen.

Die ersten zwei Wochen der Gastfreundschaft verbrachten die Neuen in absoluter Isolation. Sie bekamen das Nötigste an Speisen und Getränken durch eine am Boden eingelassene Türklappe. Das war’s dann schon. Nach dieser Begrüßung waren die meisten von ihnen zu fast allem bereit. Waren sie willfährig genug und einer der beiden größeren Räume frei, zogen sie um, hatten größere Bewegungsfreiheit und konnten die Küche sowie den Fitnessraum nutzen, weil ihre Zimmertür tagsüber nicht abgeschlossen wurde. Dafür mussten sie als Kapo arbeiten, als Funktionshäftling. Halbgefangener könnte man auch sagen. Sie bereiteten das karge Essen und die Getränke, zumeist Wasser in Kunststoffflaschen, für ihre Leidensgefährten vor, teilten es aus und versorgten dann das Geschirr. Als Besteck gab es nur Löffel. Sie geleiteten die noch Renitenten vor- und nachmittags je dreißig Minuten in das Fitness-Studio. Pünktlich um achtzehn Uhr mussten sie sich wieder in ihre Luxuszellen begeben. Danach kamen entweder Karlchen, der Franzose, oder Bartek, der Pole, um die Scheune für die Nacht zu richten, alles zu kontrollieren, einen Blick in die Kammern zu werfen und abzuschließen, was abzuschließen war. Natürlich geschah dies nicht auf Vertrauensbasis, da Kontrolle doch viel besser war. Alle wussten, dass jede ihrer Bewegungen, egal an welchem Ort, aufgezeichnet wurden. Und so lief alles ganz human. Ohne jede Folter. Ohne stundenlange Verhöre unter unwürdigen Bedingungen. Da die freundlichen Befragungen im Nebengebäude stattfanden, waren die Gäste auch häufig an der frischen Luft, hatten Bewegung und genossen die friedliche, kultivierte Umgebung. Kein Vergleich zu den einschlägigen Gefängnissen in Osteuropa, zu Abu Ghuraib1 in Bagdad oder gar den unmenschlichen Behausungen auf Guantanamo2. Natürlich mussten zunächst die ersten zwei Wochen im Fegefeuer, wenn man so will, zugebracht werden, bevor das paradiesische Leben begann. Naja, wie gesagt, im Vergleich zu Guantanamo.

Gounod schaute nach den drei Gästen, von denen keiner mehr isoliert und einer sogar privilegiert untergebracht war. Mehr als diese drei Insassen gab der Markt des internationalen Terrorismus unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten derzeit nicht her. Und das würde auch in Zukunft wahrscheinlich nicht arbeitsintensiver. Immerhin war diese Tätigkeit, soweit man sie so nennen konnte, für die alt gewordenen Geheimdienstler eine Alternative zum Altenteil. Jeder für sich allein. Irgendwo als Rentner ohne Anhang und Kollegen. Freunde hatte man als Agent sowieso nicht und wenn, waren die längst tot. So beschwerten sich die Tugendler nicht, wiesen nicht daraufhin, dass sie eigentlich überbesetzt waren, im Grunde nix zu tun hatten, hielten sich absolut bedeckt. Und da sie mit ihrem Zubrot zur Rente wenig Personalkosten verursachten und das noch geteilt durch die fünf beteiligten Dienste, blieben sie schön unter dem Radar der Rechnungsabteilung. Denn schließlich hielten sich die jeweiligen Rechnungsprüfer seit längerem nur noch an größere Summen, wenn sie überhaupt etwas mit der Stiftung anfangen konnten. Deren Träger, die CIA, hatte sowieso nicht die Absicht, dieses für alles Mögliche brauchbare Anwesen in die Diskussion zu bringen.

Nachdem Karlchen, der Franzose, nach dem einen, einem vermeintlichen Syrer, dem zweiten, einem eventuellen Pakistani und dem dritten Gast, einem in der besseren Unterkunft lebenden Tschetschenen und eifrigen Kapo des Traktes, geschaut hatte, machte er eine kurze Inventur in Küche und Vorratsraum. Dann wechselte er noch auf russisch ein paar Worte mit Dugurkhan Saratow, der für die tschetschenische Mafia als Geldwäscher gearbeitet haben sollte. Als junger Mann hatte er im ersten tschetschenisch-russischen Krieg dem Vernehmen nach in einer besonders grausamen Einheit der tschetschenischen Freiheitskämpfer oder je nach Sichtweise islamistischen Terroristen russische Soldaten massakriert. Aufgrund der daher stammenden Kontakte zu Dschihadisten war er verdächtigt worden, später als Finanzier einiger heftiger Attentate in Zentralasien aufgetreten zu sein. Schweres Kaliber also. Aber natürlich stand er lediglich im Verdacht, dies alles getan zu haben. Mittlerweile Mitte vierzig und weitgehend geständig sowie durch seine Behauptung, mit dem Terrorismus nichts mehr anfangen zu können, schien er keine Gefahr mehr zu sein. Dem Schein wollten die alten Hasen in der Villa Tugend jedoch nicht blind vertrauen. Gounod gab sich leutselig, seine besondere Masche, aber auch er ließ sich nicht einlullen und hielt professionellen Abstand. Wie er während seiner gesamten, rund vierzigjährigen Agentenlaufbahn Abstand gehalten hatte. Nichts und niemanden an sich herankommen ließ. Nicht in den gefährlichen Einsätzen in den Achtzigern im Iran, in Syrien und im Irak. Nicht in den ungefährlicheren Bürojobs in Moskau und Warschau, in Kabul und in den anschließenden ruhigen Jahren in Berlin. Aber auf seine alten Tage hatte er bei Saratow ein ganz gutes Gefühl.