Das Wilde Geratal im Wandel. Handel, Handwerk und Gewerke. Eine Chronik von 1853 bis 2023. - Rotraut Greßler - E-Book

Das Wilde Geratal im Wandel. Handel, Handwerk und Gewerke. Eine Chronik von 1853 bis 2023. E-Book

Rotraut Greßler

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Beschreibung

Geschichtsbuecher mit einem Facettenreichtum ueber den Wandel in der regionalen Geschichte eines Fleckens in Thueringen, hier das Tal der Wilden Gera mit seinen umliegenden Orten, sind Spiegelbilder der Zeitgeschichte, der Spannungen, der Anstrengungen, des Engagements, der Erfolge, der Niederlagen und der Muehen des Alltags, aber auch der feierlichen Anlaesse, der Vergnuegungen. Jetzt liegt der erste Fortsetzungsband von ´Holz-Glas-Ton. Auf Spurensuche nach alten Gewerben ...´ (2012) vor. Die vorliegende Sammlung, die letztendlich in einem fuenfbaendigen Kompendium erscheinen wird, gibt nicht nur Auskunft ueber die technischen Entwicklungen und oekonomischen Verhaeltnisse verlorener Alltage, sondern laesst auch ein Stueck weit auf sinnliche Art und Weise die Historie wieder aufleben, mit der diese Berufe untrennbar verbunden sind. Namentliche Erfassungen in den Zeitraeumen mehrerer Epochen, 1853 bis 2023, von Handwerkern und Gewerbetreibenden mit ihren Lebensentwuerfen zeigen in Woertern und Bildern Menschen, die als unsere Vorfahren grosses geleistet haben. Menschen, an die wir uns gerne erinnern. Menschen, die mit Mut, Zuversicht und Geschick das Alte uebernommen haben, Traditionen pflegen und aus ihnen Neues erwachsen lassen. Das Ergebnis einer mehrjaehrigen Forschungsarbeit wird nicht nur den Fachhistoriker und den Kulturgeschichte-Freak interessieren.

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Inhalt

Vorwort

Prolog - In eigener Sache

Einleitung

Handhabung

Klarsichten

Eine handwerkspolitische Rückschau mit Ausblick

Ein wirtschaftlicher Exkurs, ein Blick in die feudale Vergangenheit Gräfenrodas

Eine geografisch-landwirtschaftliche Exkursion durch die Flure von Gräfenroda

Eine Episode und eine Handwerkshistorie

Eine Hommage an alle Handwerker

Tabelle von A bis F

Literatur und Quellen

Archive

Abkürzungen

Abbildungsverzeichnis

Dank

Informationen zu den Autoren

Vorwort des Bürgermeisters

Geschichte hinterlässt Spuren. Im Bewusstsein der Menschen, in Kunst und Kultur, in Büchern und Archiven und natürlich in den Bildern eines Ortes oder einer Region. Ob Fabriken, ob Villen derer, die die Betriebe und Firmen gründeten, ob kleine Werkstätten in Höfen hinter den Wohnhäusern ihrer Meister und deren Familien, ob Bildungseinrichtungen, Gasthöfe und kleine Läden und Filialen. Jedes Gebäude erinnert an die Zeit seiner Entstehung, an seine Erbauer und an die Menschen, die im Laufe der Geschichte ein und aus gingen.

Den Chronisten ist es gelungen, viele verborgene Kleinodien wieder zu entdecken, die ohne ihre Arbeit für die Aufarbeitung unserer Ortsgeschichte wohl für immer verloren gewesen wären. Ihre Chronik stellt in ihrem Umfang und in ihrer Detailtreue eine Einmaligkeit in der Gräfenrodaer Regionalliteratur dar. Den Autoren, zwei Hobbyhistoriker, wurde freie Hand gelassen beim Erstellen der umfangreichen Fakten. Daraus entstand eine sehr schöpferische und kreative Arbeit.

Dieses jetzt erstellte Register verrät zusammen mit dem ersten Band, der 2012 im Eigenverlag von Rotraut Greßler erschien, nun ein kompaktes Wirtschafts-und Kleingewerbebild unseres Ortes, von seinem Wesen und das seiner Einwohner.

Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, wünsche ich gute Lektüre beim Hinabsteigen in die Historie von Gräfenroda im engeren Sinne, und letztendlich auch in die des Geratales im weiteren Sinne. Viel Entspannung und Freude, auch beim Erkennen der eigenen Familiengeschichte.

Dominik Straube, Bürgermeister der Gemeinde Geratal

Prolog - In eigener Sache

Fürwahr wir leben jetzt in einer Zeit der Resultate und Resümes; es ist so viel geschehen, es liegt so viel vor uns, das wir nun sammeln, ergänzen, vervollständigen, weiterführen und gebrauchen können.[Goethe. 1811. Goethe-WA-IV, Bd.22. S. 43. An den Grafen Sergej Semenowitsch von Uwanow [Concept]

Das Leben lässt das Neue aus dem Alten erwachsen und, bis das Alte überwunden ist, beginnt das Neue selbst schon wieder zu veralten, um einem Neueren ebenso allmählich wieder Platz zu machen. Das ist das große und notwendige historische Gesetz vom steten Ineinandergreifen der Vergangenheit und der Gegenwart, dem auch der radikalste Neuerer sich beugen muss. Es ist eine Binsenweisheit, dass der Blick in die Vergangenheit das Bewusstsein für die Gegenwart und Zukunft schärft.

Die Reihe „Gräfenroda und umliegende Orte“ ist seit dem Jahr 2008 in kontinuierlicher Periodizität fortführend in den Jahren 2008, 2012, 2016, 2018 und 2019 im Verlag sagestreffend von Rotraut Greßler, Waltershausen, erschienen. Geschichtsbücher mit einem Facettenreichtum über den Wandel in den vergangenen Jahrtausenden in der regionalen Geschichte eines Fleckens in Thüringen, unseres Heimatortes Gräfenroda und auch, untrennbar verbunden, ein Stück weit die seiner Nachbarn Elgersburg, Frankenhain, Geschwenda, Liebenstein und Plaue. Spiegelbilder der Zeitgeschichte, der Spannungen, der Anstrengungen, des Engagements, der Erfolge, der Niederlagen und der Mühen des Alltags, des Meisterns der unterschiedlichen Lebenssituationen aber auch der feierlichen Anlässe, der Vergnügungen, der Aneinanderreihungen von vielen Augenblicken werden dargestellt.

Jetzt liegt der Fortsetzungsband von „Holz-Glas-Ton. Auf Spurensuche nach alten Gewerben in einem Thüringer Flecken“ vor. Ich bescheinige Jochen Ehrhardt eine hervorragende Zusammenarbeit, die, in aller Freundschaft, sachlich und respektvoll ineinander gegriffen hat. Jeder hatte seinen Aufgabenbereich, jeder konnte seine Erfahrungen und sein Wissen einbringen und jeder hat Bereicherungen jedweder Art für sich erfahren! Was dabei herausgekommen ist, wird nicht nur den Fachhistoriker und dem Kulturgeschichte-Freak interessieren.

Für Hobbychronisten ist das vollständige Aufschreiben und Veröffentlichen, selbst in einem so gut ergänzenden und sich respektierenden Team, wie wir es sind, nicht zu bewältigen. Aber, wir haben uns an ein hehres Unternehmen gewagt. Wir haben unzählige Quellen durchkämmt und ausgewertet – denn allein Gräfenrodas Straßen und Winkel könnten viele Geschichten erzählen. Wir haben Berufe aufgespürt, alltägliche und verblüffende wie auch hochspezialisierte. Die Sammlung gibt nicht nur Auskunft über die technische Entwicklung und ökonomischen Verhältnisse verlorener Alltage, sondern lässt auch ein Stück weit auf sinnliche Weise die Historie wieder aufleben, mit der diese Berufe untrennbar verbunden sind. Wir begegnen Menschen, Personen, die als unsere Vorfahren Großes geleistet haben. Menschen, an die wir uns gern erinnern.

Rotraut Greßler, Verlegerin

Einleitung

Der Epilog des ersten Bandes schließt mit einem Zitat des italienischen Autors Gesualdo Bufalino. Jetzt leitet es den Fortsetzungsband ein: „Das Geflecht menschlicher Tätigkeiten gleicht dem Kosmos; wie er ist es unermesslich und unergründlich. Der Versuch, die verschwundene Arbeit ans Tageslicht zu fördern, ist gewagt und heißt nach den Sternen greifen.“ [Rudi Palla, 1994]

Nachstehende Arbeit ist das Ergebnis einer über 8jährigen Forschung, die aber auch oft zur Seite gelegt werden musste, bedingt durch Arbeiten an Auftragswerken und nicht zuletzt an der sich global verbreiteten Corona-Pandemie mit ihren leidlichen Folgen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass das Dargebotene auch Lücken aufweist; eine Vollständigkeit kann auf diesem Gebiet niemals erreicht werden. In einigen Fällen haben wir uns vergebens um Kontakte bemüht. Um das Erarbeitete nicht dem zu befürchteten Verlorengehen anheimfallen zu lassen, mussten wir uns entschließen, die Forschung bei dem jetzt erreichten Stand zu beenden.

Was kann und darf der Leser von diesem Werk erwarten? Das ist letztendlich bei allen Veröffentlichungen die Frage. Wie schon der erste Band, so ist auch der zweite, nun in einer fünfbändigen Periodika, schlussendlich ein Sachbuch-Kompendium, das sich trotz einiger eingeflossener Forschungsergebnisse, nicht vordergründig an den Fachwissenschaftler richtet, obwohl auch dieser sicher Nutzen aus dem Kompendium ziehen kann und wird.

Durch die besondere Gestaltung von Inhalt und Form als Text-Bild-Band sowie der Betrachtungsweise ist die Edition ein geschlossenes Angebot an alle, die sich über die Geschichte Thüringens und insbesondere die der Gemeinde Geratal , mit einigen, auch diffiziler Kapitel, seiner regionalen Historie einen Überblick verschaffen wollen. Auch insofern schließt sie eine Lücke, als es sich um die Erfassung und exemplarische Darstellung der gesellschaftlichen Entwicklung im Zusammenhang der Ereignisse und ihrer Abläufe bemüht. Dass sich die einzelnen Kapitel und Abschnitte in ihrer Homogenität, in ihrer Geschlossenheit also, unterscheiden, ergab sich zwangsläufig aus der vorgefundenen Quellenlage.

Um diesen Katalog nicht zu umfangreich werden zu lassen, war eine Abgrenzung der Fülle des vorhandenen Materials notwendig. Ein Anspruch auf Vollständigkeit darf auch deswegen nicht erwartet werden. Gleichermaßen will der Band, will das Thema auch nicht darüber entscheiden, was wichtig oder unwichtig gewesen ist.

Bei den Studien zum vorliegenden Band wurden nicht nur die Fortschritte offenbar, die bei der Erforschung der Geschichte der gewerblichen Wirtschaft zu forderst in Gräfenroda, als auch in seinen Ortsteilen erzielt werden konnten, sondern auch die Lücken, die zu schließen waren. Eine Gesamtdarstellung der Ortsgewerbegeschichte des betrachteten Zeitraumes sollte ja schlussendlich in Angriff genommen werden. Bislang wurde die Entwicklung der vielfältigen kleineren Gewerbezweige noch nicht hinreichend erforscht. Weitgehend gesicherte Erkenntnisse liegen über Zweige vor, in denen sich große Unternehmen herausgebildet haben und darum zuerst in den Focus der Aufmerksamkeit rückten.1 Die Fülle der Fakten zur Industriegeschichte von Gräfenroda in einem Band kompakt zu veröffentlichen, würde die Grenzen der Überschaubarkeit fast grenzenlos überschreiten!

Deshalb haben wir versucht, die örtlichen Gewerbegeschichten aus dem ersten Band heraus fortführend aufzuzeigen. Zunächst dachten wir an Erfassungen der Gewerbe bis 1945.

Während der Arbeiten an den Quellen entwickelten wir unseren Ehrgeiz, die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute zu erfassen. Wir haben uns letztendlich entschlossen, unsere Arbeit, unseren Forscherdrang zu diesem Thema mit den sukzessiv vorliegenden Bänden abzuschließen und damit, soweit es möglich war, letztendlich Daten und Fakten bis in die heutige Zeit mit einzuschließen. Vielleicht werden diese oder jene jüngeren Heimatforscher ermuntert, die von uns geleistete Arbeit fortzusetzen. Wir vertrauen auf den mündigen Leser, der sich einen eigenen Eindruck über diese Zeit verschaffen möge.

Schließlich macht Geschichte nur dann Sinn, wenn sie über formale Betrachtung einer vergangenen Entwicklung hinaus in die fortschrittliche Zukunft wirkt. Im Übrigen bildet das Buch, wie auch sein nunmehr 8jähriger Vorgänger, im Sinne der evolutionären, Wissen schaffenden Forschungen nur einen Baustein von zeitlicher Bedeutung. Dabei knüpft das Folgende wiederum an das Gewesene an. Vieles wird erst klarer resp. erkennbarer durch anhaltende Aufarbeitung. Im populär-wissenschaftlichen Sinne daran mitzuwirken, ist unser Anliegen. Dabei konnte letztendlich eben kein Wert auf Vollständigkeit gelegt werden. Ein solcher Anspruch wäre vermessen. Auch die politischen Lager der beschriebenen Gesellschaftsordnungen sollen dem Leser erkennbar gemacht werden. Dazu gehört eben auch die Wirtschaft, die für jede Gesellschaft die materielle Grundlage der Staatsordnung bildet, dadurch ein System stärkt, aber auch schwächen kann. Dieser wichtigen, in politischen Darstellungen über den Staat oft weniger beachteten Seite haben wir gleichermaßen unbedingt Raum geben wollen. Eingeschlossen sind Fragen, wie: Was prägte den Alltag? Wie kam man über die Runden in den Familien, deren Einkommen gerade reichte, um zu leben und um zu überleben? Der so genannte graue Alltag erweist sich dabei als alles andere als eintönig, wenn gleich er hart und entbehrungsreich war.

Der Band erzählt, wie auch sein Vorgänger, zum großen Teil aus der Vergangenheit. Im Zuge der so genannten Moderne verschwinden traditionelles Lebensgefühl und überlieferte Lebenshaltung immer mehr. Die Verluste sind bedauerlich. Die meisten unserer Vorfahren haben ihre Beschäftigung ein Leben lang ausgeübt. Von ihnen wissen wir so gut wie gar nichts mehr. Oft tun sich nur Fragmente unserer Erinnerungen auf. Die rabiaten Veränderungen der Arbeitswelt haben Hunderte von ausgestorbenen Berufen hinterlassen. Wie viel hochspezialisiertes Wissen und Können damit verlorengegangen ist, lässt sich kaum ermessen.

Handwerk hatte goldenen Boden, denn früher war es selbstverständlich und auch notwendig, handwerklich erzeugte Gegenstände zu benutzen; sie gehörten zum täglichen Leben. Heute sind wir umgeben von den Produkten der industriellen Fertigung und vielleicht gerade deshalb beginnt man, das qualitative Handgemachte wieder zu schätzen.

Das betrifft auch die eigene Kultur. Sie ist über Generationen gewachsen und nun zunehmend von Geld- und Konsumdenken überwuchert. Denn was sich nicht in blanker Münze rechnet, überlebt nicht mehr. Auch die Handwerkskultur wird den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umständen zum Opfer fallen. Da und dort gibt es aber schon ein Umdenken, bedingt durch die neuerliche Krise „Corona“, die weltweit durchweg „bestimmt“, wer überlebt oder scheitert. Der Lebenskampf hat eine andere Dimension bekommen. Neu ist sie nicht: Große Seuchen hat es immer gegeben, beispielweise in Gräfenroda 1872. …

1 Hier sind die periodischen Herausgaben des Autors Hubert Beyer hervorzuheben: „Gräfenroda-Beiträge zur Heimatgeschichte“; in den seit einigen Jahren erscheinenden Themen-Heften befasst sich Beyer mit Objekten und Individuen seines Heimatortes Gräfenroda.

Auf Spurensuche nach alten Gewerben 2012

Im Epilog des Bandes „Holz, Glas, Ton“ (2012, S. 235) steht geschrieben: „Den heute in den Orten ansässigen Firmen, den mutigen Gewerbetreibenden mit ihren mithelfenden Ehefrauen und Familienangehörigen ist zu wünschen, dass sie nicht den einstmals berühmten großen Vorbildern folgen und untergehen. Ob Bäcker, Dachdecker, Fleischer, Gastwirte, Schmiede oder Schuster – Respekt verdienen sie alle! Ihre Firmengeschichten hätten den Rahmen des Inhalts dieser Herausgabe gesprengt. Sie geben Anlass, Gedanken reifen zu lassen, eine nächste Ausgabe in Augenschein zu nehmen.“ Wir beide haben sie in Augenschein genommen, haben unsere Gedanken reifen lassen und zu Papier gebracht. Liebe Leserinnen und Leser, seien Sie gespannt.

Rotraut Greßler, Jochen Ehrhardt; Hobbyhistoriker und freie Autoren

Handhabung

Im ersten Band wurde ausführlich auf die Geschichte der Handwerke mit ihren Rohstoffen Holz-Glas-Ton eingegangen, die jeweils in einem Editorial erklärt werden. Im vorliegenden Band wird darauf verzichtet, da dieser wie vorher erwähnt, fortführend anschließt und hier die Zulieferer zu den Großbetrieben, wie dem „Glaswerk“, dem „Möbelwerk“, den Porzellanfabriken, der „Keramik“ Berücksichtigung finden. So trifft Holzgeschichte auch auf den Möbeltischler und die Fuhrleute zu, wie Glasgeschichte auf die Glasschleifer, Glasbläser zutrifft, die Zulieferer für das Glaswerk waren, wie Ton-, Terrakotta- und Porzellangeschichte auf Ziegeleien und die Heimarbeiter/innen zutrifft, die in ihren Heimwerkstätten Zuarbeit für die größeren Firmen leisteten.

In Anbetracht der stark erweiterten Materialgrundlage überrascht es nicht, dass der Fortsetzungsband gegenüber dem ersten einen etwa um das Fünffache größeren Umfang besitzt. Die Erweiterung hat sich hauptsächlich aus der namentlichen Erfassung der Handwerker und Gewerbetreibenden ergeben. Gräfenroda war und ist der Nabel der Industrien und Gewerke im Geratal. Deshalb wird ab dem nun vorliegenden ersten Band vorrangig der Focus auf tabellarische Erfassung der dort ansässigen Firmen gelegt. Im fünften Band, der sukzessive das Gesamtwerk abschließt, werden die Handwerks- und Gewerbebetriebe der Ortsteile erfasst. Außerdem wird ein Kapitel allen Vereinen und Körperschaften gewidmet, deren Mitglieder unmittelbar Gewerke ehrenamtlich begleitet haben und es bis heute tun. Insgesamt ist der fünfte Band auch als Ergänzungsband zu verstehen.

Hinweis: Um den Umfang nicht ins Uferlose zu betreiben, verweisen wir auch hier auf Quellen aus dem ersten Band (erschienen: 2012) und aus diversen anderen Archivalien. Wir gehen davon aus, dass wir damit das Benutzerinteresse komprimiert haben.

Auf der Grundlage von festgehaltenen Zeitzeugenberichten, zeitgenössischen Urkunden, vielerlei Briefe und wiederentdeckten Ortschroniken werden über einen Zeitraum von 1853 bis Dezember 2023 Handwerks- und Gewerbeberufe festgehalten. Die Vielzahl an Kleingewerben ist nicht anders zu erfassen, als tabellarisch. Über 1.700 Einträge wurden gesammelt. Namensgleichheiten mussten auseinandergehalten werden, familiäre „Verbandelungen“ und Mehrfachbeschäftigungen lassen sich nicht anders darstellen, als in alphabetischer Reihenfolge nach den Familiennamen. Einige sind nur knapp erläutert; von anderen konnten wir mehr erfahren.

Ein Index erschließt die Fülle der Berufsbezeichnungen, unter denen mancher seinen Familiennamen wiederfinden wird, von dem er vielleicht gar nicht geahnt hätte, was sich hinter ihm verbirgt. Zuerst stehen die Protagonisten, Name des Inhabers, Sitz im Wohnort, Adresse, Betriebsstätte, mitunter Zahl der Beschäftigten. So es zu erschließen war, auch den Zeitraum der Betreibung. Außerdem haben wir Interviewprotokolle von Zeitzeugen erstellt.

Primär haben wir es als wichtig erachtet, den Versuch zu starten, möglichst alle die zu erfassen, die, die eben notierten Merkmale resp. Richtschnüre erfüllten. Insgesamt ergibt sich eine reich facettierte, detailreiche Kulturgeschichte des Handwerks. Die Ermittlungen der Wohnunterkünfte stellte eine nicht leicht zu lösende Aufgabe dar, bedingt durch Umzüge und auch Umbenennungen der Straßen und, soweit vorhanden, der Hausnummern.

Adressbücher lagen nicht chronologisch vor, gewährten demzufolge wegen ihrer Erscheinungsweise nur lückenhafte Einblicke resp. Überblicke, taugten nicht immer als authentische Quellen.

Adressbücher stellten, wie allgemein üblich, private Verlagsobjekte dar und sind nicht amtlich autorisiert. Nicht alle Bewohner wurden erfasst, in der Regel nur die Haushaltsvorstände, das waren die Männer. Untervermietungen, wie etwa Studierende, Auszubildende etc. Berufsangaben sind mitunter mit Vorsicht zu genießen, deshalb war vernünftiges und mehrfaches Recherchieren notwendig. Für die Zeit ab 1900 standen uns Adressbücher aus dem Kreisarchiv Arnstadt der Jahre 1924, 1925, 1928, 1931/32, 1937, 1946/47 zur Verfügung.

Aus den infrage kommenden archivalischen Quellen, in erster Linie die aus den Thüringischen Staatsarchiven Gotha und Rudolstadt, aus dem Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt sowie aus dem Gemeindearchiv Gräfenroda, konnten im Fazit nur vereinzelt Hinweise auf Wohnadressen der Gräfenrodaer Bevölkerung gewonnen werden: In den gesichteten Akten war es leider zur damaligen Zeit nicht üblich, den Adressaten mit Straßenbezeichnungen und, wenn vorhanden, mit Hausnummern zu benennen. Wir haben uns immer wieder gefragt, wie die Postzustellungen in jener Zeit von statten gegangen sind. Gab es doch vielfach Namensgleichheiten, auch mit gleichartigen Tätigkeiten. Die Postboten mussten wohl einerseits umfangreiches Wissen im Hinblick auf die Wohnadresse indus beherrscht haben und andererseits ein ebensolches Wissen und auch ein trainiertes Gedächtnis inne gehabt haben, wenn es Innerorts um Um- und Wegzüge ging!

Klarsichten

Die Komponente „Straßenbezeichnungen“ haben wir nicht an die heutige Bezeichnung angepasst und aktualisiert. In den Texten werden die jetzigen Adressen nur dann ergänzt, wenn das Gewerbe noch besteht. Es wurden uns private Erinnerungsberichte mit oft präzisierenden Angaben und Zeitbestimmungen geboten. Taggenaue Angaben zu den Wohnungswechseln und Umbenennungen von Straßennamen haben wir nach besten Wissen und Gewissen eingearbeitet. Was sich zunächst als eher spröde liest, entpuppt sich bei näheren Befassen als berührend und erstaunlich: dann nämlich, wenn jene Menschen mit ihren Leistungen ins Blickfeld rücken: Arbeiter, Handwerker, Hausgewerbetreibende, Fabrikanten, handeltreibende Betriebe.

Wir begegnen Menschen aus allen sozialen Schichten, sie hatten alle unterschiedliche Charaktere, Fähigkeiten, Lebensentwürfe. Oft tun sich nur Fragmente unserer Erinnerungen auf.

Das Entstehen eines Kompendiums, wenn es nicht nur ein zeitgenössisches ist, gleicht dem eines Baches: Neben den Nebenquellen gibt es eine Hauptquelle. Allein das Durchforsten jedes Blattes der Ortszeitung „Heimat-Glocken“ brachte eine Unmenge an Annoncen zutage, werbeträchtig und wirksam. Während unserer langjährigen Recherchen haben wir akribisch jede Ausgabe der „Heimat-Glocken“ durchforstet, Annoncen ausgewertet, Zusammenhänge erschlossen. Dieser Fundus war von unschätzbaren Werten! Auch eine Ortserkundungsfahrt mit Zeitzeugen hat uns unsere Geschichte nahegebracht: In Gesprächen kamen wir, so ganz nebenbei „von einem in das andere“.

Sicher wird der eine oder andere beim Lesen auf unterschiedliche, ja sogar gegensätzliche Auffassungen stoßen. Das hat seine Ursache in der Vielzahl der Quellen, in den Aussagen von Nachfahren aufgrund deren Erinnerungen. Sehr wohl waren wir sehr dankbar für jede Hilfe in jedweder Form. Pseudohistoriker haben wir außer Acht gelassen, Besserwisserei wie. „Ich hätte ...“, oder „Warum habt Ihr nicht ...“ waren und sind uns suspekt. Wir haben im bestem Einvernehmen unsere Arbeitsweisen entwickelt.

Als unsere Vorfahren dem Genie Johann Sebastian Bach vorwarfen, „daß er bisher in dem Choral viele wunderliche variations gemacht, viele fremde Töne mit eingemischet, daß die Gemeinde darüber confundiret worden“, da ahnten sie nicht, dass nicht er es war, der falsche Töne anschlug.

Beide, dieses Buch und sein Vorgänger aus 2012, mögen als Gedächtnisse der Arbeit den nachfolgenden Generationen hilfreich sein. Sie mögen als Reiseführer durch Sedimente menschlicher Anstrengung dienen. Es kann in unserer überinformierten Zeit nicht schaden, Geschichten zu sammeln oder zu erzählen, vor allem aber Zeitzeugen zuzuhören, die noch wissen, wie es früher gemacht wurde und wie viel handwerkliches Know-How dem Fortschritt zum Opfer gefallen ist. Möge unsere Arbeit bei recht vielen der jüngeren Generationen das Interesse für Familienforschung wachhalten und es wecken, wo es noch nicht lebendig ist.

Eine handwerkspolitische Rückschau mit Ausblick

Anfang der 1860er Jahre entschlossen sich die Regierungen der thüringischen Staaten den Veränderungen in der gewerblichen Wirtschaft durch Gewerbegesetze Rechnung zu tragen. Das Staatsministerium Gotha hatte 1861 den Entwurf eines Gewerbegesetzes vorgelegt. Die entscheidende Bestimmung enthielt der Paragraph 3, der festlegte, dass es jedem Inländer, ungeachtet des Geschlechtes, der das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hatte, freistand, ein Gewerbe an jedem beliebigen Ort selbstständig zu betreiben, wenn er die im Gesetz enthaltenen Vorschriften beachtete. Er musste lediglich einen Heimatschein und ein gutes Leumundszeugnis beibringen. Jeder zum selbständigen Gewerbe Berechtigte konnte sein Gewerbe durch einen Stellvertreter oder Pächter ausüben lassen. Mehrere Niederlassungen eines Gewerbes waren erlaubt. Der Betreibende durfte seine Erzeugnisse an jedem Ort des Landes liefern und überall ausstellen. Ihm war es ebenso erlaubt, an jedem Ort Arbeiten auszuführen oder auszuführen lassen. Jeder Gewerbebeschäftigte konnte verschiedene Gewerbe ausüben. Gleichzeitig war die Vereinigung verschiedener Gewerbetreibender zu gemeinschaftlichen Gewerbebetrieb zulässig. Absprachen über Preise sowie über Löhne waren untersagt.

Die Gewerbeordnung regelte auch die Rechte des Hilfspersonals. Die Unternehmer waren dazu angehalten, behördlich vorgeschriebene Arbeitsschutzeinrichtungen anzuschaffen. Von Unternehmen, die mehr als 20 Arbeitskräfte beschäftigen, wurde eine Fabrikordnung verlangt. Diese war den Beschäftigten bekanntzumachen. Die Innungen konnten als gewerbliche Genossenschaften fortbestehen. Sie konnten außerdem Fachschulen oder ähnliche gemeinschaftliche Anstalten gründen, fördern und verwalten sowie Unterstützungskassen einrichten. Mit den Gewerbegesetzen fielen in Thüringen die letzten bürokratischen Hemmnisse. Unternehmerisch Veranlagte konnten nun ohne umständliche Verfahren und ohne die Widerstände von Zünften fürchten zu müssen, Gewerbebetriebe gründen und führen. Das Handwerk stand als ein Teil der gewerblichen Wirtschaft weiterhin in einer sehr beachtenswerten Position!

1904 bestanden in den sechs Handwerkskammerbezirken, die nach dem Handwerkskammergesetz von 1897 gebildet worden waren, 537 Innungen mit 17.959 Meistern. Sie beschäftigten 23.851 Gesellen und bildeten 10.791 Lehrlinge aus.

In Folge der Gewerbefreiheit vergrößerte sich bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges in einer Reihe von Gewerken die Anzahl der selbstständigen Meister. Das spiegelte sich in der zunehmenden Anzahl von Fleischer-, Bäcker-, Schneider- und Friseurmeistern wider.

Die so genannte Hausindustrie bestimmte bis in das 20. Jahrhundert hinein das soziale und kulturelle Geflecht der „Industriedörfer“, zu denen auch unstrittig Gräfenroda zählte. In Heimarbeit oder in ihren Werkstätten auf ihrem Grund und Boden lieferten Familien Zuarbeiten an die Industriebetriebe.

1920 entstand das Land Thüringen. Seine Wirtschaftsstruktur wurde durch Industrie, Handwerk und Handelsgewerbe geprägt. Lassen wir einige Zahlen sprechen: Im Jahr 1925 gab es in Thüringen insgesamt 846.750 Erwerbstätige, davon waren 49,5 Prozent in Handwerksbetrieben resp. industriellen Unternehmen beschäftigt. Von der Einwohnerschaft Thüringens lebten im Jahr 1925 50 Prozent von industrieller und handwerklicher Tätigkeit, 13 Prozent von Handel, Verkehr, Schank- und Gastwirtschaft und 21 Prozent von Land, Forst und Fischerei. Ein Jahr später lag der Handwerkeranteil bezogen auf die industriellen Tätigen bei 32 Prozent. Allein 60 Prozent des Gesamtumsatzes der Wirtschaftsunternehmen entfielen bspw. im darauf folgendem Jahr auf Industrie und Handwerk und 60 Prozent auf das Handelsgewerbe. Stärkste Gewerbe waren das Bauhandwerk gefolgt vom Bekleidungshandwerk mit Schneidern und Schuhmachern an der Spitze. Das Nahrungsmittelhandwerk rangiert auf Platz drei, gefolgt von den Metallhandwerken, wie Schmiede, Schlosser und Klempner. Im Durchschnitt hatte damals ein Handwerksbetrieb 2,3 Beschäftigte.