DEER - Claus Bork - E-Book

DEER E-Book

Claus Bork

0,0

Beschreibung

Ein gut geschriebenes Plädoyer für die Umwelt und unseren Umgang mit ihr.DEER ist eine weise, allegorische Erzählung über Spiritualität, Natur und die Menschheit. Sie beginnt mit der indianischen Sage über die Regenbogenkrieger, die in die Welt ziehen um die Tiere zu retten, die verschwinden, wenn die Erde erkrankt. In der Geschichte geht es um den menschlichen Geist, Tumor, der im Begriff ist, die Erde durch Verunreinigung und Rücksichtslosigkeit gegenüber der Natur zu zerstören. Darum entschließen sich die übrigen Geister der Erde, Tumor aus ihrem Kreis zu verbannen, bis die Menschheit ihr Verhalten und ihre Haltung zur Natur verändert.-

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 124

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Claus Bork

DEER

Saga

DEERÜbersetzt vonSusanne RichterOriginaltitelDEERCopyright © 2015, 2019 Claus Bork and und SAGA EgmontAll rights reservedISBN: 9788711800089

1. Ebook-Auflage, 2019Format: EPUB 2.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

Absprache mit SAGA Egmont gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

Vorwort

Es gibt ein Zusammenspiel, das sich nicht unmittelbar zeigt, das sich auch nicht messen oder wiegen oder schätzen läßt, so wie die Menschen zu messen, wiegen oder schätzen lieben. Daß man etwas mit bloßem Auge nicht sehen kann, bedeutet nicht, daß es nicht existiert. Denn die Quelle der geistigen Stärke, kann nur mit dem, was man in seinem Inneren fühlt, empfunden werden.

Daß alles auf der Welt nach den Regeln der physischen Existenz gemessen wird, bedeutet nicht, daß es nie anders gewesen ist.

Aber es zeigt, daß etwas unterwegs verlorengegangen ist. Das Paradoxe ist, daß nur beim Wiederfinden des Verständnisses für -, oder der Anerkennung von - der Balance zwischen dem, was man die äußere - und die innere Welt nennen könnte - es vermieden werden kann, daß jene unsere äußere Welt sich selbst vernichtet.

1.Kapitel

"Wenn die Erde krank ist,

werden die Tiere anfangen zu verschwinden.

Dann werden die Regenbogenkrieger ausziehen,

um sie zu retten."

"Es ist Zeit," flüsterte eine Stimme.

Es war still. So still, als wenn nur der Wind in den Baumkronen, das Donnern der schwerfälligen Fluten am Strand, der Sand, der über die Wüsten fegte, die Gletscher, die über die Felsen scharrten - und die Vulkane, die tief unter der schlackigen Kruste der Krater brodelten, existierten.

"Es ist Zeit..." Eine leichte Änderung im Tonfall ließ erkennen, daß es eine zweite Stimme war, die sprach. Sie kam von einer Stelle, ein Stückchen weiter weg, zwischen den dahintreibenden Wolken. Es war ein Flüstern, aber es war doch so mächtig und intensiv, wie das gewaltigste Donnern, denn nichts konnte es aufhalten oder daran hindern, gehört zu werden. Es breitete sich von der Erde zu den Wolken aus, wurde mit dem Wind zur Sonne, in die Berge und die Ebenen und zu den Meeren tief unten getragen.

Es war eine andere Welt - denn sie war beides zugleich - lebendig und tot. Es gab das Leben, das man in den Wellenbewegungen des Meeres gegen die Kontinente finden konnte, und im Flug der Wolken unter dem blauen Himmel - über der grünen Erde.

Und auch das war das Leben, dessen Gesang das Rascheln der Blätter im Wind war, das Wispern des Strandhafers über den Dünen und das gedämpfte Beben des ungehemmten Wachstums des Urwalds.

Das mächtige Flüstern breitete sich mit dem Wind über der Welt aus, wo es die gewaltigen Kräfte zum Leben erweckte.

Der Geist der Wolken stieg aus seiner überirdischen Welt herab. Der Geist der Luft schloß sich ihm an. Aber es war er, der Geist der Wolken, der das erstemal gesprochen hatte. Der Versammlungsplatz glich keinem Ort in ihrer Welt. Ein Felsplateau, das sich wie eine Landzunge ins Meer schob, auf drei Seiten vom Meer umspült, war der Platz, auf dem die ersten warteten. Sie nahmen ihre Geistergestalt an und warteten ab, bis sich die übrigen ihnen anschließen würden. Das Getöse der Wellen, die sich an den Felsen brachen, vermochte sie nicht abzulenken. Sie wußten, daß diese Versammlung von entscheidender Bedeutung war. Jeder hatte sich für sich selbst abwartend verhalten, aber sie hatten nie daran gezweifelt, daß es passieren würde - denn es mußte geschehen.

Nun hatten sie sich dergestalt gekleidet, wie es notwendig war, damit Menschen sie begreifen, über sie schreiben und versuchen konnten, sie zu verstehen. Es war alles eine Gemeinschaft für sie, und doch gab es Unterschiede. Für sie selbst hatte es keine Bedeutung, auf welche Weise diese auftraten.

Der Geist der Berge hatte sich ein wenig abseits von den anderen gestellt. Vom Felsrand schaute er hinab auf die Schaumkronen der Wellen am Fuß des Felsens. Seine Bewegungen waren langsamer und schwerfälliger, als die der meisten anderen, obgleich er nicht zu den Ältesten der Versammlung gehörte.

Die Geistfrau des Dschungels wartete ungeduldig auf das, was geschehen würde. Sie hatte in sich solch einen hektischen und eifrigen Willen und so eine Energie zu leben und zu wachsen, daß es ihr schwerfiel, sich ruhig zu verhalten.

Der Geist der Wüsten stand in ihrer Nähe. Er fühlte sich gleichzeitig angezogen und abgestoßen von ihrer Lebenslust, aber er hatte wie sie die Notwendigkeit eingesehen, daß man im Umgang miteinander Respekt vor der Existens des Anderen hatte. Sie hatten eine Art Balance gefunden, obwohl es am Anfang niemandem sehr leicht gefallen war. Im Gegensatz zu ihr, betrachtete er seine Umgebung mit einer stoischen Ruhe und Selbstbeherrschung, was in starkem Kontrast zu dem stand, was die Geistfrau des Dschungels ausstrahlte.

" Sie schaffte es nicht ..." flüsterte die Stimme. Die Stimme des Alten. Die Worte waren nur ein Gedanke im Wind, ein Gedanke, der fähig machte zu begreifen.

" Sie ist immer noch nicht bei uns."

Sie sahen einander an; ließen ihre Blicke im Kreis herumwandern, als würden sie miteinander sprechen. Aber in Wirklichkeit war es überflüssig, weil es ihnen völlig klar war, worüber er berichtete.

" Ich verstehe das nicht." sagte der Geist des Windes. " Vielleicht wollte sie die Welt nicht verlassen, wo er ..."

Es herrschte ein bedrücktes Schweigen. " Er..." hatte eine unsichtbare Wirkung, und der Geist des Windes schwieg.

" Vor nicht allzu langer Zeit hatten wir Kontakt mit ihnen, oder besser: sie hatte Kontakt mit ihnen. Und vielleicht glaubten wir, das würde eine Veränderung bedeuten. " Der Geist der Wolken erhob die Hände. " Das, was falsch war, könnte gewesen sein, daß der, an den wir uns gewendet haben, der Verkehrte war."

" Wie war er verkehrt?" fragte der Geist der Flüße.

" Sie war beseelt von dem Gedanken in Harmonie mit den innersten Idealen und in Harmonie mit den Geistern der Welt zu leben. Aber sie war nicht die Stärkste. Darum zeigte es sich, das unser Einsatz keinen Wert hatte."

" Sie nannten sie Manitou , lachte der Geist der Wüsten heiser.

" Es hat keine Bedeutung, wie sie sie nannten", bemerkte der Geist der Meere. Er war der Größte von allen. Der Geist der Wüsten sah weg und ignorierte ihn.

" Aus dem einen oder anderen Grund, der mir nicht bekannt ist, reiste sie nicht mit uns anderen zusammen," sagte der Geist der Wolken erklärend. " Es kann viele Ursachen dafür geben." Sie nickten, um ihn nicht zu unterbrechen. " Ich glaube," setzte der Geist der Wolken fort, " daß man den Grund ihres Verschwindens darin suchen muß, was wir alle mehr oder weniger in unserer eigenen Erinnerung haben, und wie wir es gemacht haben, als wir wählten, wie wir es tun sollten. Darum müssen wir ihr helfen, denn sie schafft es nicht länger allein. Sie hat sich in ihrer eigenen Welt versteckt - mitten in unserer Gemeinschaft. Ein Platz, wo nicht einmal er sie finden kann." Als er wieder das Wort "er" sagte, starrten sie vor sich hin und standen unruhig da, abwartend, wie seine Rede enden würde.

" Sie lebte in Furcht vor ihm und aus Furcht vor ihm, beschloß sie, sich ein Versteck zu suchen - anstatt Trost und Unterstützung in unserem Kreis, der Gemeinschaft der Geister, zu suchen."

" Sie hat es so gewollt, kann man sagen," murmelte der Geist der Wüsten.

Man könnte vielleicht sagen, daß sie verschieden waren, die Geister der Welt - genau, wie die Menschen verschieden sind. Aber trotz ihrer Unterschiedlichkeit waren sie sich einig über den Ursprung und das Vorhandensein der seelischen Kraft, die alles in der Welt bewegte - und bewegen mußte.

" Ist es zu spät?" fragte die Geistfrau des Dschungels ungeduldig. Sie trat rastlos von einem Fuß auf den anderen, als würde es ihr schwerfallen, sich länger ruhig zu verhalten.

" Es müßte sehr spät sein, wenn es zu spät wäre," antwortete der Alte.

Das drückende Schweigen senkte sich wieder über sie. Sie fühlten Verwirrung und Ratlosigkeit, wie eine schwache Kräuselung ihres Bewußtseins. Sie konnten den Glauben, daß es zu spät war, nicht zulassen.

" Viel in uns wird sterben, wenn sie stirbt!"

Der Geist der Wolken streckte eine weißverschleierte Hand zum Himmel hinauf. Er betrachtete sie einen nach dem anderen kurz, und sie meinten zu wissen, was er sagen wollte.

Sie wählten ihn. Nicht nur, weil er der Älteste, und somit von Anfang an der Tonangebende war, sondern, weil er die sanfteste Stärke und den stärksten Geist hatte - und, weil in ihm der Regenbogen lebte. Er drehte sich langsam um, und erhob den Blick zur Sonne.

" Komm zu uns - Geistfrau der Sonne." Sein Flüstern jagte wie ein Gedanke pfeilschnell durch die Zeit, getragen von seinem starken Bewußtsein. Weder Zeit noch Raum setzten ihm Grenzen.

Sie schloß sich ihnen an, denn wie die übrigen, hatte auch sie gewartet und gelauscht und war auf seinen Befehl gekommen.

Zusammen erschufen sie den Regenbogen; der Geist der Wolken, die Geistfrau der Luft und die Geistfrau der Sonne und auf ihm zogen sie aus, um die Einzige zu retten, die die neue, äußere Welt, die sie dabei waren zu erschaffen, nie erreicht hatte. Die Geistfrau der Tiere.

Es war nicht die Wahrheit, oder es war nur ein Teil von ihr - wenn man so will. Denn es waren mehr als die drei, Wolkengeist, Luftgeist und Sonnengeist. Und da war noch einer, den sie kennengelernt und doch nie kennengelernt hatten, denn man muß verstehen, was man meint zu kennen. Sie waren dem Geist der Menschen begegnet - und von diesem Augenblick an hatte sich ihre Welt verändert.

Sie, die Geistfrau der Tiere, war wie verzaubert von ihm gewesen. Sie hatte ihm Liebe und Hingabe geschenkt und ihre Faszination von ihm hatte sie daran gehindert, das zu sehen, was die anderen sahen.

Da war es, daß sie den Beschluß fassten, zu versuchen, das zu erschaffen, was sie schon so lange vorhatten, und von dem sie einmal geglaubt hatten, daß es ihnen glücken würde. Sie hatten den Platz, den sie Erde nannten verlassen, um es noch einmal zu versuchen; wie sie es immer versuchen würden, solange die Kraft des keimenden Samens da war. Aber nun hatten sie schon so lange auf sie gewartet, ohne daß sie sich ihnen genähert hatte. Instinktiv wußten sie, daß es etwas mit ihm zu tun hatte, und daß sie zurück mußten, um sie zu befreien, bevor es zu spät war. Sie lebte: sie fühlten ihren Lebensfunken wie ein fernes, gedämpftes Glühen in ihrem Innern - und sie wußten, daß sie am sterben war. Aber noch lebte sie...

Sie schämten sich, sie verlassen zu haben, ohne sich zu vergewissern, daß sie die Möglichkeit haben würde, ihnen zu folgen. Selbst die Geister der lebenden Welt konnten sich schämen.

Gerade bevor sie in die Fluten der Farben des Regenbogens einflossen, stand der Alte auf und sprach noch einmal zu ihnen. Für alle war es ein bekanntes Ritual, obwohl sie nie vorher so etwas erlebt hatten.

" Wenn wir in diesem Licht verschmelzen, das durch die Lebenskraft aus dem Schoß unserer Schwester, der Geistfrau der Sonne, brennt - werden wir die Regenbogenkrieger sein."

Er zeigte auf einen nach dem anderen und sagte die Namen, die sie als Regenbogenkrieger tragen sollten. Was er sagte war dies:

" Geist des Feuers - dein Name sei LUE."

" Geist der Berge - dein name sei GROSS."

" Geist der Flüsse - dein Name sei FOSS."

" Geist des Meeres - dein Name sei OZEAN."

" Geist der Luft - dein Name sei WIND."

" Geist des Dschungels - dein Name sei GRO."

" Geist der Wüste - dein Name sei HARA."

" Geist der Erde - dein Name sei ERD."

" Geist der Tiere..."

Sie betrachteten ihn angespannt. Sie hatten Tränen in den Augen, die eben wie die Augen von Geistern waren.

" Geist der Tiere - ihr Name soll DEER sein."

" Geist der Sonne - dein Name sei LIV."

" Geist des Mondes - dein Name sei DARK."

" Geist der Wolken - dein Name sei NEBEL."

Wieder entstand eine kurze, drückende Pause. Der Alte stand kurz still und dachte nach, bevor er fortfuhr:

" Geist der Menschen ..."

" Geist der Menschen," flüsterten sie.

" Sein Name sei TUMOR!"

" Seid auf der Hut vor ihm..."

" Seid auf der Hut vor ihm," wiederholten sie.

" Denn er hat uns alle verraten!"

" Denn er hat uns alle verraten!" flüsterten sie.

Sie glitten in den Regenbogen, die Geistergestalten - verschmolzen in ihm und traten die lange Reise in eine ferne Welt an. Sie reisten im Schein des Lichts durch Zeiten und Welten. Sie gönnten sich keine Rast, weil keine Zeit dafür war. Sie vernahmen, daß sie am sterben war und als sie lauschten, hörten sie ihren Schrei.

Deers Schrei.

2.Kapitel

Dort, wo der Regenbogen entspringt, dort ist der Übergang zur Welt der Geister. Und durch diesen Übergang zogen sie - die Regenbogenkrieger.

Er erreichte diese Welt genau an einer Stelle, wo die erste, gluckernde Quelle aus einem schmalen Spalt hoch auf einem Bergmassiv entsprang. Er stemmte seinen Rücken gegen seinen Bruder Gross, ritt auf ihm einen immer wilderen Ritt, während er immer stärker anschwoll. Der sickernde, rieselnde Körper der Quelle wurde zu einem reißenden Fluß, in dessen mahlendem Strom seine Gedanken, sein Willen und seine Seele vor Glück perlten; in einer strahlenden Quelle von Farben im blasenwerfenden Wasser.

" Ich bin stark!" dachte Foss. " Ich habe dieser Welt viel zu geben."

Gross trug ihn auf seinen Schultern, die breit, schwer und hart waren, wie die Knochen der Erde waren sie. Im nächsten Augenblick wirbelte er hinaus in die klare Luft und setzte seinen Sturz zu Tal fort, in eine Kaskade von Schaum gehüllt.

" Ich bin frei!" rief Foss. " Ich bin ein Wasserfall, eine Sintflut von Kraft - nichts kann mich zähmen!"

Für einen Augenblick vergaß er, warum er zurückgekommen war, wollte bloß er selbst sein, ohne an seine Umgebung zu denken. Dann tauchte er unter in den mahlenden Strom am Grund des Tales und setzte seinen sich windenden Lauf zwischen den Bergen in einem gesetzteren Tempo fort.

" Ah, " seufzte Foss. " Es ist so lange her."

Er neckte einen Hirsch, der sich von einem schlammigen Abhang in den Strom geworfen hatte, in Foss hinein. Er riß ihn mit sich fort und hielt ihn fest, bis er Angst in den Augen des Hirsches bemerkte und ihn losließ. Der Hirsch war stark und gesund und schwamm ans Ufer zurück, während sein Geweih einen gekrümmten Schatten auf das Wasser warf. Die, die ihn aufgeschreckt hatten, drängten nun vorwärts ans gegenüberliegende Ufer. Foss sah Schatten zwischen den hängenden Zweigen der Weiden. Es waren Menschen. Einer von ihnen zeigte über das Wasser, auf den Hirsch, der sich ins niedrigere Wasser kämpfte. Sie hoben die schwarzen Stöcke, die sie bei sich hatten und ließen Feuer und stinkenden Rauch über den Fluß sprühen.