...den schickt er in die weite Welt - in den Himalaya nach Bhutan - Bärbel B. Kappler - E-Book

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Bärbel B. Kappler

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Beschreibung

Buddhismus und Götterglaube sind in dem kleinen Himalayastaat Bhutan fest im Alltag verankert. Berge, Quellen und Brücken haben magische und spirituelle Kraft, und das Glück seiner Bewohner ist oberstes Staatsziel. Ihre Reise durch das Königreich mit einer Gruppe von Kiwaniern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz schildert die Autorin darum in Form eines Märchens, das Wirklichkeit ist.

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Für Hans, den besten Gefährten auf Reisen und im Leben

Inhaltsverzeichnis

Bhutan – Märchenland im Himalaya

Glossar

Die fünf Könige Bhutans und ihre Regierungszeit

Bhutan – Märchenland im Himalaya

Es war einmal ein Land, das hieß Bhutan. Es hatte nur 700 000 oder 750 000 Einwohner – genau weiß man es nicht -, obwohl es etwa so groß war wie die Schweiz. Seine Berge waren noch viel, viel höher als die in der Schweiz, denn es lag nicht in den Alpen, sondern im Himalaya, im Norden begrenzt von Tibet, im Westen, Süden und Osten vom großen Nachbarn Indien. Seine höchsten Berge waren über siebentausend Meter hoch. Noch niemals hatte ein Mensch sie bestiegen. Denn obwohl die Menschen hier den Lehren Buddhas folgten, glaubten sie doch fest daran, daß auf den vielen hohen Berggipfeln Götter und Geister wohnten. Niemand hätte es je gewagt, sie in ihrer eisigen Bergeinsamkeit zu stören. Und so bekamen auch fremde Bergsteiger niemals die Erlaubnis, die Gipfel zu erklimmen.

Natürlich hießen die Bhutaner Reisende, die ihr Land kennenlernen wollten, willkommen. Um sich aber vor Reisenden, die bösen Geistes waren, zu schützen, mußten diese nicht nur ein Visum beantragen, sie mußten auch Hin- und Rückreise mit dem Flugzeug zurücklegen. Landerechte aber hatte nur die landeseigene Luftfahrtgesellschaft, Druk Air, die die Fremden im indischen Delhi oder in Thailands Hauptstadt Bangkok abholte. Das kleine Bhutan besaß aber nur zwei Flugzeuge und hatte nur acht eigene Piloten, die besonders geschult werden mußten, denn eine Landung in dem gebirgigen Gelände war sehr schwierig. Für jeden Tag ihres Aufenthalts mußten Reisende außerdem 200 Dollar bezahlen. Sie durften nur mit einem einheimischen Führer durch das Land fahren.

So erreichten es die Bhutaner, daß nicht zuviele Reisende kamen, die das schöne Bhutan womöglich verändert hätten; sie wollten ihr Land vor allzu vielen fremden Einflüssen schützen.

Eines Tages reiste ein Mann mit Namen Werner nach Bhutan. Werner war ein neugieriger Mann. Ihn interessierten Land und Leute, besonders aber das bhutanische Kunsthandwerk. Denn wenn die Bauern am Abend oder im Winter nicht mehr in der Landwirtschaft arbeiten konnten, dann stellten sie für ihren täglichen Gebrauch die kunstvollsten Gegenstände her: schön gefärbte und gewebte Stoffe für ihre Kleidung, allerlei Behälter aus Peddigrohr und Bambus für ihre Vorräte, Papier aus Seidelbast, Töpfe aus Ton und was derartiger Dinge aus Holz, Stein oder Metallen mehr sind. Sie nannten ihre Fertigkeiten, die wahrscheinlich im 17. Jahrhundert sogar kodifiziert worden waren, in ihrer Sprache „Zorig chusum“; das heißt soviel wie „dreizehn wissenschaftliche Erzeugnisse“.

Werner beobachtete all diese Arbeiten genau, und da er eine Filmkamera bei sich hatte, filmte er jeden Arbeitsgang und hielt auf diese Weise die verschiedenen Techniken auch für solche Menschen fest, die nicht nach Bhutan reisen konnten, die sich aber für das Land oder seine Kunst und Kultur interessierten. Seine Filme waren so gut, daß sie von vielen Museen in Europa und Amerika, die Exponate aus Bhutan besaßen, angekauft wurden.

Auch der König des Landes erfuhr von den wunderbaren Filmen. Natürlich interessierten ihn als König diese Bildstreifen außerordentlich, zumal er aus ihnen etwas Wichtiges über sein eigenes Land erfahren konnte. Die schönsten Dinge hatten die Bhutaner immer für ihren König gefertigt. Dazu gehörten die königlichen Stiefel, die er so oft und gerne trug. Sie bestanden aus Leder und feiner Brokatseide, waren bestickt und entsprachen in der Farbe dem Rang ihres Trägers, genauso wie die Farben der großen Schals, die die Männer trugen, wenn sie in den Dzong, die Klosterburg, gingen oder zu sonstigen offiziellen Anlässen: safrangelb für den König und das ihm ebenbürtige religiöse Oberhaupt des Landes, den höchsten Lama, orange für die Minister, dunkelblau für die Volksvertreter, die dem königlichen Beraterstab angehörten. Ein roter Schal wurde verdienten, vom König auserwählten Männern des Landes verliehen. Gewöhnliche Menschen trugen einen weißen Schal, d. h. gewöhnliche Männer, während Frauen sich mit einem rotgestreiften Schal schmückten.

Nun aber zeigte sich, daß es im ganzen Land nur noch einen einzigen Stiefelmacher gab, und der war schon sechsundfünfzig Jahre alt. Die mittlere Lebenserwartung aber lag nur wenig höher, bei dreiundsechzig Jahren.

Da schickte der kluge König Boten durch sein Land, die sollten junge Leute finden, die bereit und in der Lage waren, dieses schwierige Handwerk zu erlernen. Wenn der König rief, verweigerten sich ihm seine Untertanen nicht. Und so gab es bald wieder mehrere Stiefelmacher im Land. Da die Traditionen dem König heilig waren, so ordnete er an, daß die männlichen Mitglieder seiner Familie sowie alle Würdenträger, insbesondere Minister und die wenigen gewählten Vertreter des Volkes, bei offiziellen Anlässen die prächtigen Stiefel tragen mußten. Das taten sie dann auch gerne.

Auch in einem anderen Punkt beugten sich die Menschen dem Willen ihres Herrschers, doch fast mußte er ihnen ihr Glück aufzwingen. Er wollte die seit 1907 bestehende Monarchie, in der seine Vorfahren seit fast hundert Jahren allein regiert hatten, in eine konstitutionelle Monarchie umwandeln, sodaß er als König nun zwar Staatsoberhaupt und Regierungschef sein würde, die Politik jedoch nur zusammen mit dem Parlament bestimmen könnte. Und so kam es, daß Bhutan nun 150 Volksvertreter hat, wovon alle drei Jahre 105 vom Volk gewählt werden, während zwölf vom Klerus entsandt und 33 vom König ernannt werden.

Einige Jahre später, nachdem Werner, der neugierige Filmer, das Land ein zweites Mal bereist hatte, wurde er vom Sohn des Königs, der inzwischen auf Wunsch seines Vaters der neue Souverän geworden war, für seine herausragende Arbeit ausgezeichnet. Er wurde von dem jungen König und seiner gerade frisch angetrauten Braut als Ehrengast der British-Bhutanischen Gesellschaft zu einem Dinner nach London eingeladen. Das junge Königspaar unterhielt sich persönlich mit dem Mann, der zur Bewahrung der bhutanischen Traditionen einen so wichtigen Beitrag geleistet hatte. Welcher gewöhnliche Sterbliche durfte sich jemals mit dem König unterhalten, noch dazu mit einem König, dessen Untertanen, wenn er mit seinem Mountainbike durch die Straßen der Hauptstadt fährt, noch immer in Respekt den Blick senken! Werner jedenfalls fühlte sich, ganz zu recht, hochgeehrt.