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Als ich heute Morgen aufgewacht bin, war es nicht mein Plan, meinen erbärmlichen Freund Blake gegen vier Aliens einzutauschen. Ja, offensichtlich gibt es Aliens wirklich, und sie scheinen nichts Besseres zu tun zu haben, als sich in Wäldern zu verstecken und auf die erstbeste Frau in Not zu warten, die ihnen über den Weg läuft. Heute Morgen war Blake mein größtes Problem – jetzt sind es vier wortkarge, unfreundliche und überaus männliche Aliens mit Hörnern, die sich weigern, mich wieder gehenzulassen … Dark Sci-Fi Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen.
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Seitenzahl: 177
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Den Voight ausgeliefert
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Epilog
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Über Nova Edwins
Copyright: Nova Edwins, 2022, Deutschland.
Coverfoto: © Fresh Stock – stock.adobe.com
Korrektur: http://www.korrekturservice-bingel.de
ISBN: 978-3-910412-14-9
Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.
Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.
Black Umbrella Publishing
www.blackumbrellapublishing.com
Als ich heute Morgen aufgewacht bin, war es nicht mein Plan, meinen erbärmlichen Freund Blake gegen vier Aliens einzutauschen.
Ja, offensichtlich gibt es Aliens wirklich, und sie scheinen nichts Besseres zu tun zu haben, als sich in Wäldern zu verstecken und auf die erstbeste Frau in Not zu warten, die ihnen über den Weg läuft.
Heute Morgen war Blake mein größtes Problem – jetzt sind es vier wortkarge, unfreundliche und überaus männliche Aliens mit Hörnern, die sich weigern, mich wieder gehen zu lassen …
Dark Sci-Fi Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen.
»Als Prostituierte?«, wiederholte ich unsicher und starrte Blake an. Möglicherweise bestand ja der Hauch einer Chance, dass ich ihn falsch verstanden hatte.
»Als Nutte«, wiederholte er mit diesem genervten Unterton, den er auch immer anschlug, wenn er fragte, warum ich bei meiner Schicht im Diner nicht mehr Trinkgelder bekommen hatte.
Nein, ich hatte ihn definitiv richtig verstanden und hasste mich selbst in der gleichen Sekunde noch mehr, weil ich ihn nicht schon vor Wochen verlassen hatte. Ach, was redete ich da? Ich hätte ihn vor Monaten verlassen sollen.
»Zusätzlich zu meinen Schichten im Diner?« Ich widerstand dem Impuls, einfach schreiend wegzurennen. Mir war klar, dass ich keineswegs bleiben konnte, allerdings durfte ich keinen Verdacht erregen, sonst würde Blake misstrauisch werden.
Bleib cool, Ginny. Bleib cool.
»Natürlich. Das Geld muss ja irgendwo herkommen.«
Es lag mir auf der Zunge, dass es helfen würde, wenn sich Blake einen vernünftigen Job suchte, statt für diesen halbstarken Gangster Ross Lowe unbezahlte Botengänge zu erledigen, weil er sich »beweisen« musste und bald »aufsteigen« würde. Der neueste Schachzug des selbst ernannten Gangsterbosses bestand offensichtlich darin, sich selbst zum größten Zuhälter der Stadt zu befördern. Blake sollte Arbeitskräfte anheuern und da mein nichtsnutziger Freund notorisch faul war, hatte er beschlossen, der Einfachheit halber bei mir anzufangen.
Irgendwann einmal hatte ich Blake mit seinem wilden schwarzen Haar und den braunen Augen anziehend gefunden. Jetzt wusste ich, dass er sich die Haare schlicht nie kämmte, und die meiste Zeit lag ein verschlagener, hinterlistiger Ausdruck in seinen Augen. Er musterte mich wie sein persönliches Sparschwein und nicht wie seine Freundin.
Aber war ich das überhaupt jemals gewesen?
Nach zwei Piña coladas zu viel war ich mit ihm nach Hause gegangen und seitdem hatte er mich tiefer und tiefer in den Abgrund gezogen, sodass ich nicht wusste, wie ich von ihm loskommen sollte. Er krallte sich mehr als die Hälfte meines Lohnes und bestand trotzdem darauf, dass ich die Einkäufe von meinem Geld bezahlte, sodass mir gar nichts zum Sparen blieb. Außerdem hatte nur er einen Wagen und sein Boss beschäftigte ein Dutzend Handlanger wie Blake, weshalb ich in der Stadt buchstäblich keinen Schritt tun konnte, ohne dass mein Freund wusste, wo ich mit wem war. Dass Blake grundlos und über alle Maßen eifersüchtig war, half nur mäßig.
Deswegen überraschte es mich auch, dass ausgerechnet er dachte, es wäre die Lösung all seiner Probleme, wenn ich Sex mit anderen Männern hatte.
»Dann sollte ich mich wahrscheinlich wachsen lassen. Du weißt schon … für die Kunden.« Mit der Hand beschrieb ich grob meinen Unterleib und fragte mich, wo dieser Geistesblitz hergekommen war.
Blakes Züge hellten sich auf. »Das ist eine hervorragende Idee.«
Ich hielt ihm die Hand hin. »Kann ich deinen Wagen nehmen? Dann bin ich schneller wieder zurück. Ich nehme an, dass ich heute Abend schon anfangen soll?«
Mein Freund – oder besser zukünftiger Exfreund – war so perplex aufgrund meiner Willigkeit, dass er mir anstandslos den Autoschlüssel gab. »Je eher, desto besser.«
»Ich glaube, ich brauche auch ein Kleid. Was meinst du, Babe? Ein rotes?«
Er gab eine Art Grunzen von sich, das er zusätzlich mit einem Schulterzucken garnierte. »Keine Ahnung. Ich brauch den Wagen um siebzehn Uhr zurück. Ich muss Ross zu einem Termin fahren.«
»Aber natürlich.« Es kostete mich verdammt viel Kraft, mir das Würgen zu verkneifen, als ich mich vorbeugte und Blake einen Kuss auf die Lippen drückte. Die Berührung war nur flüchtig, doch ich spürte trotzdem das dringende Verlangen, meinen Mund sicherheitshalber mit Bleiche auszuspülen.
Es tat mir in der Seele weh, dass ich meine wenigen Besitztümer zurücklassen musste, allerdings hatte ich keine andere Wahl. Wenn ich verschwinden wollte, musste ich es jetzt tun. Jetzt sofort. Und ohne Blakes Misstrauen zu wecken.
Mit einem gezwungenen Lächeln stiefelte ich zur Tür und wartete darauf, dass er mich aufhielt. Er konnte doch nicht wirklich so blöd sein … oder?
Er war so blöd. Blake kam gar nicht auf die Idee, dass ich keine Lust haben könnte, als Prostituierte zu arbeiten.
Wahrscheinlich saß er längst vor dem Fernseher, als ich den Motor startete. Er tauchte auch nicht auf der maroden Veranda vor dem noch maroderen Haus auf, als ich rückwärts ausparkte und dann den richtigen Gang einlegte, ehe ich Gas gab.
Mein Herz klopfte wie wild, während ich über die Hauptstraße fuhr und mich darauf konzentrierte, mich an die Geschwindigkeitsbegrenzung zu halten. Ich wollte so gern das Gaspedal bis zum Bodenblech drücken und von hier verschwinden, aber das ging nicht. Ein paar von Blakes Kumpeln waren Cops und das Letzte, was ich brauchte, war eine Verkehrskontrolle kurz vor dem Ortsausgangsschild.
Ich passierte den einzigen Beauty-Salon der Stadt, dann kam ich am Diner vorbei und als ich endlich auf der Landstraße war, brauten sich dunkle Wolken am Horizont zusammen.
Meine Laune schwankte zwischen grenzenloser Panik und akuter Erleichterung. Was sollte ich jetzt machen? Wo sollte ich hin?
Ich hatte als Vollwaise keine Familie und meine wenigen Freundschaften waren dank Blake schnell zerbrochen. Hinterher wusste man offensichtlich wirklich immer mehr. Ich seufzte in die Stille des Wagens und bekam ein leises »Ping« zur Antwort.
Die Motorkontrollleuchte war angegangen. Scheiße. Ich verstand gerade genug von Autos, um zu wissen, dass es nicht gut war, wenn das passierte. Aber ich konnte auch nicht anhalten. Abgesehen davon, dass sich neben mir nur etliche Hektar Wald erstreckten, war ich noch viel zu nah an Blake und meiner Heimatstadt dran.
Ich musste es bis in die nächste Stadt schaffen, Geld am Automaten abheben und einen Greyhound in irgendeine Metropole nehmen. Ich brauchte eine Unterkunft und einen neuen Job – weit weg von Blake, damit er mich nicht fand.
Eine halbe Stunde später kämpfte ich gegen das Gefühl der Hilflosigkeit, weil unter der Motorhaube Rauch hervorquoll. Aus Angst, der ganze Wagen könnte mir um die Ohren fliegen, ließ ich ihn ausrollen und parkte am Straßenrand.
Natürlich öffneten sich noch in der gleichen Sekunde die Schleusen und Regen fiel vom Himmel, als würde die Welt untergehen.
Frustriert hockte ich auf dem Fahrersitz und starrte in die Dunkelheit. Warum überraschte es mich nicht, dass sich Blake selbstverständlich auch nicht um seinen Wagen gekümmert hatte?
Ich knabberte an meinem Daumennagel, während ich mich fragte, was ich jetzt tun sollte. Wahrscheinlich blieb mir nichts anderes übrig, als per Anhalter in die nächste Stadt zu trampen. Zu Fuß war es bei dem Wetter zu weit.
Mein Handy klingelte und Blakes Name stand im Display. Vermutlich wollte er, dass ich ihm Bier mitbrachte, wenn ich zurückkam. Da ich noch nicht lange unterwegs war, wäre es klüger, den Anruf anzunehmen, damit er keinen Verdacht schöpfte.
»Hey, Babe.« Ich zwang mich, einen fröhlichen Tonfall anzuschlagen.
»Halt’s Maul, Schlampe«, erwiderte er zu meinem Entsetzen. »Randy hat gesehen, wie du aus der Stadt gefahren bist – mit meinem Wagen! Wenn ich dich finde, kannst du was erleben!«
»Randy hat sich vertan«, brachte ich hervor und begann zu zittern. Blakes blödes Auto war zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt liegen geblieben. So ein Mist. Tränen traten in meine Augen.
»Einen Scheiß hat Randy sich! Ich finde dich, Ginny, und dann kannst du was erleben. Wir wissen, dass du noch nicht in Louiscreek bist – Dan wartet mit seinem Streifenwagen direkt hinter dem Ortseingangsschild und sonst führt die gottverdammte Straße nirgendwohin. Wir sind direkt hinter dir, du –«
Ich legte auf. Ich legte einfach auf, weil die Panik es mir unmöglich machte, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Vor allem, wenn mein Ex solche Drohungen ausstieß. Er hatte mich noch nie als »Schlampe« bezeichnet. Blake war faul, egoistisch und lieblos – aber nicht gewalttätig. Oder hatte ich einfach bloß Glück gehabt und er war bisher nicht gewalttätig gewesen?
Hilflos sah ich mich um, während ich das Handy auf lautlos schaltete, weil Randy direkt wieder anrief. Mein Blick blieb an dem düsteren Wald hängen. Mir blieb keine Wahl, als auszusteigen und mich im strömenden Regen zwischen den Bäumen zu verstecken, bis Blake die Suche aufgab. Danach konnte ich mich zu Fuß auf den Weg nach … weg von hier machen.
Ich sprach mir Mut zu, öffnete die Fahrertür und stieg aus. Gefühlt im Bruchteil einer Sekunde war ich bis auf die Knochen durchnässt. Trotzdem klemmte ich mir tapfer die Handtasche unter den Arm und eilte in Richtung Waldrand.
Als ich heute Morgen aufgestanden war, hatte ich keine großen Hoffnungen für diesen Tag gehabt, doch dass er so katastrophal verlaufen würde, hatte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt.
Ich lief tiefer in den Wald und warf immer wieder panische Blicke über meine Schulter. Der Regen prasselte hier zwar nicht ganz so stark, dafür war es aber auch dunkler und kälter als auf der Straße. Ich bildete mir ein, in der Ferne über den Lärm des Regens einen Wagen zu hören, und rannte direkt schneller.
Die Panik trieb meine Beine an und wie durch ein Wunder schaffte ich es, mir nicht den Hals zu brechen. Es hätte mir Pechvogel ähnlich gesehen, mir in einer solchen Situation noch den Knöchel zu brechen, weil ich an einer Wurzel hängen geblieben war. Oder mit dem Gesicht zuerst im Schlamm zu landen.
Das Blut rauschte in meinen Ohren, meine Füße schmatzten bei jedem Schritt in den Schuhen und ich keuchte laut, während ich vor Kälte zitterte. Es fühlte sich an, als wäre ich seit Stunden unterwegs, aber wahrscheinlich hatte ich keine hundert Meter hinter mich gebracht. Ich rannte und rannte, bis ich vor Seitenstechen und brennender Lunge wirklich nicht mehr konnte.
Schwarze Punkte flirrten vor meinen Augen und ich blieb stehen, lehnte mich erschöpft an einen Baumstamm, weil ich fürchtete, meine Beine könnten unter mir nachgeben. Ich kämpfte gegen den Drang, mich zu übergeben – sowohl vor Angst als auch aufgrund meiner Unsportlichkeit.
Mit weichen Knien stieß ich mich wieder von dem Baum ab und stakste vorsichtig vorwärts. Je weiter ich in den Wald vordrang, desto dunkler schien es zu werden.
Deshalb sah ich die Hütte auch erst, als ich fast über die Stufen stolperte, die zu der hölzernen Veranda hochführten. Ich dachte gar nicht darüber nach, sondern brachte mich unter dem Vordach vor dem Regen in Sicherheit.
Angestrengt starrte ich in die Ferne, doch mit dem Regenfall und der Dunkelheit konnte ich so gut wie nichts erkennen. Ich verharrte einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen, ehe ich mich umdrehte und langsam zu dem kleinen Sprossenfenster ging, das sich relativ nah neben der Eingangstür befand. Mit dem Ärmel wischte ich die dicke Schmutzschicht weg und warf einen Blick ins Innere. Alles dunkel.
In der Hütte war es sicher nicht ganz so kalt wie draußen und ich war vor neugierigen Blicken geschützt.
Das Display meines Handys leuchtete auf, doch ich ignorierte Blakes Anruf und kniete mich stattdessen vor die Tür. Das altertümlich wirkende Schloss sollte leicht zu knacken sein.
Ich war nicht unbedingt stolz darauf, aber da ich in meiner Jugend von einer Pflegefamilie zur nächsten geschoben worden war, hatte ich mehr als einmal Kontakt zu den falschen Leuten gehabt und viele nützliche Dinge aufgeschnappt. Ich konnte Schlösser knacken, beim Pokern ganz ausgezeichnet betrügen und war eine Meisterin darin, Unterschriften zu fälschen.
Ich fischte zwei Haarnadeln aus meiner Handtasche, in der sich glücklicherweise eine Flasche Wasser befand. Bis morgen zu hungern, würde mir nichts machen, aber ohne Wasser wurde ich sehr, sehr schnell nervös.
Obwohl ich aus der Übung war und meine Hände aufgrund der Kälte bebten, hatte ich keine Probleme, das Schloss zu öffnen. Ich drückte die Klinke nach unten und war überrascht, wie leicht sie sich bewegte. Auch die Tür öffnete sich nicht, wie ich erwartet hatte, mit einem protestierenden Quietschen, sondern glitt wie frisch geölt nach innen. Der Raum dahinter war leer und dunkel.
Unsicher warf ich einen letzten Blick über die Schulter, weil ich mich fragte, ob ich in der Hütte zu sehr auf dem Präsentierteller saß. Auf der anderen Seite brachte es nichts, im Regen auszuharren. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, ob Blake bei seiner Suche genau die gleiche Richtung einschlagen würde, weil ich Hals über Kopf losgerannt war und nicht auf meine Umgebung geachtet hatte. Vielleicht konnte ich ihn von meiner Fährte abbringen, indem ich ihm eine Nachricht schrieb, dass ich von einem Trucker mitgenommen worden war und er mich nie finden würde. Möglicherweise suchte er dann gar nicht im Wald und ich konnte hier friedlich ausharren.
Ich schloss die Eingangstür hinter mir und bemerkte am anderen Ende der Hütte einen schwachen Lichtschein, der unter einem Regal hervorzudringen schien. Mit der Taschenlampe an meinem Handy wagte ich mich Schritt für Schritt nach vorn und je näher ich der Lichtquelle kam, desto schneller klopfte mein Herz.
Es war tatsächlich ein Regal und die Bücher darin waren mit Staub bedeckt. Ich schaltete meine Taschenlampe aus, um sicherzugehen, dass ich mir den Lichtschein nicht nur eingebildet hatte. Nein, hatte ich nicht. Er war definitiv da.
Ich überlegte, was zu tun war. Es war vermutlich keine gute Idee, auf mich aufmerksam zu machen.
Ich kam zu dem Schluss, dass die Hütte doch kein gutes Versteck war, und wollte mich wieder von dem Regal entfernen. Allerdings musste ich damit eine Art Bewegungsmelder ausgelöst haben, denn es rasselte leise und dann glitt das Regal zur Seite.
Langsam, ganz langsam hob ich den Kopf und betrachtete das sehr nach Hightech aussehende Labor, das sich nun direkt vor meiner Nase befand. An den Wänden hingen riesige Displays mit Schriftzeichen, die ich nicht lesen konnte, auf den polierten Metalltischen waren Geräte aufgereiht, die ich noch nie gesehen hatte, und in der Mitte des Raumes befand sich so eine Art Podest, auf dem ein Tisch stand, der von vier Aliens umrundet war.
Meine Kehle wurde eng. War ich versehentlich auf ein Filmset gestolpert? Hätte mir nicht jemand Bescheid sagen müssen?
Wie hatten sie die Männer so groß bekommen? Unter ihren lavendelfarbenen Kostümen und den Outfits, die wie eine Mischung aus Militärausrüstung und Sportbekleidung wirkten, mussten sie locker zwei Meter fünfzig messen.
Und sie starrten mich an, wie man denken würde, angesichts der Tatsache, dass ich vermutlich gerade die Filmszene ruiniert hatte.
»Sorry«, wisperte ich und ging zwei Schritte nach hinten. »Tut mir echt leid!«
Ich fuhr herum und rannte in Richtung Tür, doch noch in der gleichen Sekunde grollte eine unglaublich tiefe Stimme hinter mir: »Du bleibst sofort stehen!«
Zu meinem eigenen Entsetzen gehorchte ich.
Ich drehte mich um und presste den Rücken gegen die Tür, als könnte ich auf diese Weise doch noch aus der Hütte verschwinden.
Die Kostüme der Schauspieler waren wirklich zutiefst beeindruckend, weil sie so verdammt echt wirkten.
Ich biss mir auf die Unterlippe, als die Männer näher kamen, und suchte in meinem Kopf nach einer möglichst passenden, möglichst wortreichen Entschuldigung.
»Was sollen wir mit ihr machen?«, fragte einer von ihnen.
Irgendwie hätte die Tatsache, dass ihre Haut ausgerechnet die Farbe von Lavendel hatte, den Männern ein sanfteres Aussehen verleihen müssen, aber die merkwürdige Uniform, die sie trugen, gab den Blick auf ihre gewaltigen Oberarme mit den riesigen Muskeln frei. Da half auch die beruhigende Wirkung von Lavendel nicht.
»Ich wollte nicht stören. Es tut mir leid«, brachte ich hervor. Meine Stimme glich einem Wispern und ich war mir nicht einmal sicher, ob sie mich überhaupt gehört hatten.
Ich schaute von einem zum anderen und bemerkte zum ersten Mal, dass sie beinahe identisch aussahen. Da sie nun direkt vor mir standen und ich mich von Sekunde zu Sekunde kleiner fühlte, nahm ich an, dass meine ursprüngliche Schätzung ihrer Größe auf zwei Meter fünfzig hinkam. Wenn überhaupt waren sie sogar noch größer.
Da waren auch die kleinen Hörner, die aus ihrer Stirn ragten, gar nicht mitgerechnet. Sie hatten kein Haar auf dem Kopf, nur diese Hörner, was nichts daran änderte, dass ihre Gesichtszüge trotzdem durchaus menschlich waren. Verständlich, immerhin mussten sich Männer unter dieser Kostümierung verbergen. Mein Gehirn weigerte sich, etwas anderes zu akzeptieren, auch wenn ich es insgeheim besser wusste.
Das Ganze dauerte bereits zu lang. Wäre ich tatsächlich auf ein Filmset gestolpert, hätte mich schon längst jemand angebrüllt. Das Licht wäre angegangen und hätte Kameras, Kabel, Kräne und die Crew enthüllt.
Stattdessen starrten die vier mich an und schienen nachzudenken. Einer von ihnen beugte sich vor, umfasste mein Kinn und brachte mich mit dem Druck seiner starken Finger dazu, den Kopf zu bewegen, damit er mich noch besser studieren konnte. Im Gegenzug hatte ich Zeit, ihn genauer zu mustern.
Seine Augen waren schlicht spektakulär. Selbst in der düsteren Hütte leuchteten sie in einem hellen Bernsteinton, der beinahe golden wirkte. Ich verlor mich in ihnen, fühlte mich für einen Moment wie hypnotisiert.
Seine Wangen- und Kieferknochen waren ausgesprochen prominent, ließen ihn so überaus männlich erscheinen, dass meine Gebärmutter direkt darüber fantasierte, wie kleine lavendelfarbene Babys wohl aussehen würden.
Ich erstickte den Gedanken im Keim, weil ich bisher nicht einmal mein vorheriges Liebeschaos gelöst hatte. Unabhängig davon, wie attraktiv die vier Aliens … ähm … ich meinte die vier Männer waren, ich musste schleunigst verschwinden, ehe Blake mich fand.
»Der Befehl lautet, jede Bedrohung zu neutralisieren«, sagte einer von ihnen.
Mein Puls schnellte in die Höhe, doch bevor ich Zeit hatte, in Panik zu geraten, weil das doch sehr geklungen hatte, als würden sie planen, mich zu töten, fragte der Kerl mit den Fingern an meinem Kinn: »Sieht sie wie eine Bedrohung aus?«
»Nein«, knurrte sein Kumpel. »Sie sieht wie eine Ablenkung aus. Captain?«
Ein anderer der Männer trat vor und beugte sich zu mir, bis er auf Augenhöhe mit mir war. Ich konnte das Wimmern nicht zurückhalten, weil er näher und näher kam, bis seine Nasenspitze praktisch gegen meinen Hals stieß. Ich erschauerte, als er tief einatmete und zweifellos an mir schnupperte. Völlig verängstigt hielt ich still, weil ich mich nicht an seinen Hörnern verletzen wollte, die aus der Nähe doch beeindruckend spitz wirkten. Es würde mir ähnlich sehen, mir in einer solchen Situation versehentlich das Auge auszustechen.
Ich war mir nicht sicher, ob ich es mir einbildete, aber ich hatte den Eindruck, dass er ein zustimmendes Geräusch von sich gab, als er sich wieder aufrichtete.
»Wie lang liegt der letzte weibliche Kontakt zurück?«, fragte er.
»Fast ein Standardjahr, Captain.«
Der Captain richtete sich wieder auf, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und nickte dem anderen Alien zu, damit er mein Kinn losließ. »Ich stufe sie hiermit nicht als Bedrohung für uns ein. Warum stimmen wir nicht ab? Erel?«
Der Kerl, der mein Kinn mit seinen zugegebenermaßen starken Fingern festgehalten hatte, neigte den Kopf. »Behalten. Ghed?«
Der Nächste trat vor und ließ seinen Blick über mich schweifen. Ich zitterte inzwischen am ganzen Körper und konnte mich kaum noch aufrecht halten. Er kniff die Augen zusammen, als wäre ich ein überaus interessantes Studienobjekt. »Behalten. Ein wenig Ablenkung wird der allgemeinen Moral helfen. Zek?«
Der Letzte von ihnen, der noch hinten stand, lächelte und enthüllte dabei, dass seine Eckzähne überaus spitz waren. Nicht spitz genug, um mich an einen Vampir zu erinnern, aber genug, um mich nervös werden zu lassen. Dabei war ich ohnehin schon ein nervliches Wrack.
»Behalten«, sagte Zek mit seiner unerhört tiefen Stimme. »Phel?«
Der Captain nickte. »Definitiv behalten.«
Ich tastete hinter mir nach der Türklinke und drückte sie nach unten.
Phel, der Captain, schnalzte mit der Zunge. »Dir sollte klar sein, dass jegliche Fluchtversuche zwecklos sind und hart bestraft werden, Mensch.«
Die Art, wie er das Wort »Mensch« aussprach, sorgte dafür, dass mir die Haare zu Berge standen. Die Gewissheit, dass ich wirklich nicht auf ein Filmset gestolpert war, ballte sich zu einem harten Knoten in meinem Bauch. Panik pulsierte durch meine Adern, weil ich vor vier riesigen Aliens stand, die gerade vollkommen lässig darüber abgestimmt hatten, ob sie mich behalten wollten, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass meine Meinung eventuell relevant sein könnte.
Jeder der vier war groß und stark genug, um mich mit bloßen Händen zu töten – das war Blake zwar vermutlich auch, aber er würde sich wahrscheinlich wenigstens ein bisschen anstrengen müssen.