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Hunde sind nicht immer mutig: Die Evolution hatte noch nicht genug Zeit, sie auf das Leben in unserer modernen Gesellschaft mit all den zahllosen Umweltreizen und der Enge vorzubereiten. Angststörungen oder angstbedingte Verhaltensprobleme sind deshalb einer der größten Problemkomplexe, mit dem Hundehalter zu kämpfen haben. Nicole Wilde hat das bisher umfassendste Buch zum Thema geschrieben und gibt dem Hundehalter wirklich umsetzbare Tipps an die Hand. Wovor auch immer Ihr Hund sich fürchtet: Hier finden Sie und er Hilfe!. Verkriecht er sich zitternd, wenn es donnert, hat er Angst vor fremden Menschen, spielt er nicht mit anderen Hunden oder zuckt er zusammen, wenn er ins Auto einsteigen soll? Die Autorin beleuchtet die Ursachen, Entstehung und Auswirkungen angstbedingten Verhaltens ausführlich und macht Trainingsvorschläge, die nachvollziehbar in die Tat umzusetzen sind. Dabei kommen ausschließlich positive und gewaltfreie Methoden zum Einsatz.
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Seitenzahl: 591
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Stress, Unsicherheiten und
Angst wirkungsvoll begegnen
KYNOS VERLAG
Titel der amerikanischen Originalausgabe: Help for Your Fearful Dog: A Step-by-Step Guide to Helping Your Dog Conquer His Fears
© 2006 Nicole Wilde
Übersetzt ins Deutsche von Alice von Canstein
© für die deutsche Ausgabe: 2008 KYNOS VERLAG Dr. Dieter Fleig GmbH, Nerdlen www.kynos-verlag.de
ebook-Ausgabe 2011 der Printversion (eBUP)
ISBN 978-3-942335-37-9
Bildnachweis:
Titelfoto: Lothar Lenz, www.pferdefotoarchiv.de
S. 39 (Foto 1): Lisa Harness
S. 40 (Foto 3), 41 (Foto 1): Katie Hiett
S. 41 (Foto 2): Gerd Kohler
S. 43: Monty Sloan
S. 45 (Foto 2): Mitzi Mandel
S. 154, 309, 359, 364: C. C. Wilde
S. 101, 371: Mit freundlicher Genehmigung von Premier Pet Products S. 102 (Foto 2): Mit freundlicher Genehmigung von Halti S. 120: Brian Stemmler, Brian Stemmler Photography S. 156: Laura Bourhenne S. 362: Mychelle Blake
S. 365: Mit freundlicher Genehmigung von Susan Sharpe
S. 37, 39 (Foto 2), 40 (Foto 1 & 2), 45 (Foto 1), 46, 77, 79, 102 (Foto 1), 104, 124, 125, 132, 134 -136, 142, 143, 156, 233, 234, 240, 241, 244, 246, 247, 265, 298 - 300, 303 - 305, 308, 311, 323:
Nicole Wilde
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Für Soko
1993 - 2006
Ich möchte mich bei folgenden Personen bedanken:
Mychelle Blake für die Durchsicht, technische Unterstützung und vieles mehr. Ich schulde dir einige Margaritas!
Paul Owens für die Durchsicht des Manuskripts und dafür, dass er der Welt gezeigt hat, was man durch friedliche, gewaltlose Trainingsmethoden erreichen kann!
James O’Heare für die Geduld bei der Beantwortung meiner Fragen.
Cheryl Kolus für die Kopien ihrer DAP-Studien.
Meiner Lektorin Leslie »Glinda the Good« Bockian, deren Fähigkeiten und Engagement diesem Manuskript Pep verliehen haben. Ihre Geduld, ihr Enthusiasmus für dieses Projekt, ihr Sinn für Humor und ihre Freundschaft bedeuten mir mehr, als ich mit Worten ausdrücke kann.
Laura Bourhenne für die Durchsicht des Manuskripts und dafür, dass sie für die Übungspläne geduldig Model gespielt hat. Ihre Trainingsfähigkeiten haben die Fotoshootings zu einem Kinderspiel gemacht. Mein Dank gilt auch Cliff und den fabelhaften vierbeinigen Bourhennes fürs Modeln.
Ian Dunbar, wie immer. Ich danke ihm für die fortwährende Unterstützung und dafür, dass er einem breiten Publikum positive Trainingsmethoden zugänglich gemacht hat. Ohne ihn wäre dieses Buch nicht möglich gewesen.
Christine Lee für die technische Unterstützung und die viele geopferte Zeit.
Meinem wunderbaren, begabten Ehemann C. C. für die Illustrationen und all die Dinge, die ich niemals in Worte fassen könnte. Du bist der Beste!
All den Hunden und Wölfen, die mir im Laufe der Jahre so viel beigebracht haben: die Tierheimhunde, die Geretteten, die Hunde der Kunden und meine eigene vierbeinige Familie.
Am allermeisten danke ich meiner pfiffigen, süßen, ängstlichen Hündin Soko, die verstarb, während ich dieses Buch schrieb. Du hast mir so viel beigebracht und ich weiß, dass du nun deinen Frieden gefunden hast und auf der Regenbogenbrücke Bällen hinterherjagst.
Einführung
Teil I: Faktoren der Angst
Kapitel 1: Ein Wort vorweg…Aggression
Kapitel 2: Angst, Furcht und Phobie
Kapitel 3: Ursachen und Vorbeugung
Genetik
Mangelnde Sozialisierung
Misshandlung
Traumatische Erfahrungen
Erlernte oder assoziierte Ängste
Schmerzen/Krankheit
Kapitel 4: Das Gesicht der Angst
Körpersprache
Kampf-oder Flucht-Reaktion
Angst oder Aggression?
Beschwichtigungssignale
Kapitel 5: Körpersprache der Zweibeiner
Trainieren Sie Ihren Körper! Sieben Wege, Ängste allmählich abzubauen
Teil II: Das Programm für eine solide Grundlage
Kapitel 6: Das Programm für eine solide Grundlage
Kapitel 7: Kontrolle: Trautes Heim
Sensibilisierung
Routine ist das A und O
Der Beobachtungsposten
Boxenstopp
Ruhig ist cool
Kapitel 8: Ernährung
Werden Sie zum Etikettenprofi
Dosenfutter
Rohfütterung
Tiefkühlkost
Hausmannskost
Kapitel 9: Körperliche Betätigung
Spaziergänge
Wanderungen
Aerobic
Training zuhause
Wie Sie ihm »Aus« beibringen
Wenn Sie zu beschäftigt sind
Trainingstipps
Hundesport
Rallye, Rallye, Oh! Oh! Oh!
Kapitel 10: Geistige Anregung
Wo sind die Leckerlis? Interaktive Futterspender
Futterweitwurf
Schatzsuche
Wie wär’s mit einer Spazierfahrt?
Klickertraining
Kapitel 11: Führung
Die Sprache der Führung
Dominanz
Führungsprogramm
Kapitel 12: Ausbildung
Belohnungsbasierte Ausbildung
Leckerlis oder keine Leckerlis?
Körperliche Kraft – Heben Sie sie sich fürs Fitnessstudio auf
Ausstattung, die in Frage kommt
Ausstattung, die man nicht benutzen sollte
Suche nach einem professionellen Hundetrainer
Gruppenkurse
Do it yourself
Ausbildungstipps
Korrekturen
Trickreich, trickreich
Teil III: Fertigkeiten
Kapitel 13: Nützliche Fertigkeiten
Sprechen Sie Marsianisch
Ablenkungen
Der Trick mit den Leckerlis
Kapitel 14: Entspannt liegen: Eine Entspannungsübung
Warum entspannt liegen?
Machen Sie sich an die Entspannungsarbeit!
Üben Sie im Freien
Entspannt liegen oder nicht entspannt liegen?
Kapitel 15: Aufmerksamkeit
Bevor Sie beginnen
Anziehender Blickkontakt
Ablenkungsaktion
General Isierung meldet sich zum Dienst
Und was jetzt?
Kapitel 16: Berühren: Direkt ins Ziel
Emotionen kontra Kognition
Das Berühren beibringen
Stets an Ihrer Seite
Eine berührende Kombination
Andere Ziele
Die Dinge beim Namen nennen
Kapitel 17: Weggehen: Begegnungen der angsteinflößenden Art vermeiden
Erste Schritte
Kehrtwendung
Übung macht den Meister
Teil IV: Ängstliches Verhalten ändern
Kapitel 18: Überblick über das Programm zur Verhaltensänderung
Kapitel 19: Voraussetzungen für den Erfolg: Engagement, einheitliches Handeln und Sicherheit
Engagement
Einheitliches Handeln
Sicherheit
Kopfhalfter
Maulkörbe
Kapitel 20: Der Schlüssel zum Erfolg
Es hängt alles von Ihnen ab
Hände weg!
Machen Sie sich Ihre Stimme zunutze
Bitte nicht anfassen
Gönnen Sie sich mal eine Pause!
Kapitel 21: Angstauslöser: Bestimmen Sie die Ursache der Ängste ganz genau
Ermitteln Sie die Angstauslöser Ihres Hundes
Erstellen Sie eine Tabelle
Machen Sie eine Zusammenfassung.
Beispieltabelle
Kapitel 22: Assoziationen, Generalisierung und wie lange es dauern wird
Assoziation – Die Macht der Vorhersage
Generalisierung
Wie lange wird es dauern?
Kapitel 23: Lernen Sie die Techniken kennen
Desensibilisierung
Gegenkonditionierung
Klassische Konditionierung
Operante Konditionierung
Gewöhnung
Flooding – sagen Sie Nein!
Kapitel 24: Desensibilisierungs- und Gegenkonditionierungsprogramm
Voraussetzungen schaffen
Tipps für Leckerlis
Variablen
Vier fantastische Regeln für die Arbeit mit Variablen
Gegenkonditionierung
Übung macht den Meister
Beginnen Sie mit der Party
Beispiele für den richtigen Zeitpunkt der Leckerligabe
Beispiel für einen Übungsplan
Kapitel 25: Störungssuche
Ihr Hund nimmt in Gegenwart des Auslösers keine Leckerlis an
Ihr Hund reagiert auf den Auslöser
Nehmen Sie sich auf Video auf!
Kapitel 26: Operante Konditionierung
Sie besitzen die Fertigkeiten
Voraussehen
Kapitel 27: Miss den Erfolg und der Fortschritt folgt
Wege, um den Erfolg aufzuzeichnen
Können wir ein bisschen näher rangehen?
Teil V: Behandlung bestimmter Ängste
Kapitel 28: Gäste begrüßen
Begrüßungen an der Tür
Kontrolle
Ebnen Sie der Sicherheit den Weg
Erziehen Sie Ihren Besuch
Lizenz zum Streicheln
Nehmen Sie sich vor dem Popo-Beißer in Acht!
Kapitel 29: Angst vor einem Familienmitglied
Warum hat Towanda Angst?
Angst vor Kindern
Der Mann im Haus
Händchen halten (Berührungen übertragen)
Tricks zum Ausprobieren
Kapitel 30: Tierarztbesuche
Freundschaftsbesuche
Doktorspiele
Üben Sie das Festgehaltenwerden
Das Tragen eines Maulkorbs
Tricks zum Ausprobieren
Kapitel 31: Unterwegs: Angst vor dem Auto
VWs, Toyotas und Fords – Ach du Schreck!
Spiele in der Einfahrt
Startklar
Übungsplan
Tricks zum Ausprobieren
Kapitel 32: Angst vor der Hundebox
Woher kommt die Vorsicht vor Boxen?
Die richtige Box
Wie Sie ihn an die Box gewöhnen
Tricks zum Ausprobieren
Kapitel 33: Angst vor Treppen
Vorbereitung
Keine Angst vor Treppen
Störungssuche
Tricks zum Ausprobieren
Kapitel 34: Wenn’s donnert und blitzt, der ängstliche Hund meist flitzt!
Ein sicherer Hafen
Die kleine Helferin Melatonin
Schall und Wahn
Damit Ihr Hund keinen Schlag bekommt
Komplementäre Therapien
Gabe von Arzneimitteln
Kapitel 35: Geräuschempfindlichkeit
Identifizieren Sie den Auslöser
Kontrollieren Sie den Kontakt zum Auslöser
Beispiel für einen Übungsplan
Weitere Fortschritte
Alternativlösung: Die Endlosschleife
Geräusche im Freien
Tricks zum Ausprobieren
Kapitel 36: Bewegungsempfindlichkeit
Wie man einzelne Auslöser angehen sollte
Spielen Sie verrückt
Allgemeine Bewegungsempfindlichkeit
Kapitel 37: Berührungsempfindlichkeit
Komm her, lass mich dich ganz fest umarmen
Andere Arten von Berührungen
Warum so empfindlich?
Überlegungen und Vorbereitung für den Übungsplan
Übungsplan
Hand über Hand: Berührungen übertragen
Alternative Methode: »Vorbeirutschen«
Kapitel 38: Bürsten und Krallenschneiden
Bürsten
Die Bürste berühren
Einmal Maniküre bitte!
Tricks beim Krallenschneiden
Kapitel 39: Angst vor Gegenständen
Leckerlispur
Nur eine Berührung
Kapitel 40: Angst vor der Leine
Ausstattung
Geh mit mir!
Erste Begegnung mit der Leine
Übungsplan
Kapitel 41: Trennungsangst
Was ist Trennungsangst?
Mögliche Ursachen
Trennungsangst versus Sockenparty
Was Sie tun können
Weitere Beruhigungsmöglichkeiten
Desensibilisierung gegen Auslöser
Allmählicher Aufbruch
Gabe von Medikamenten
Teil VI: Ergänzende Therapien
Kapitel 42: Ergänzende Therapien
Kapitel 43: Flower Power
Rescue Remedy
Verwendungsmöglichkeiten für Rescue Remedy
Einzelessenzen
Kapitel 44: Massage
Nutzen der Hundemassage
Vorbereitung
Massagetechniken
Tipps für eine effektive Massage
Kapitel 45: TTouch
Basistouch
TTouches für ängstliche Hunde
Kapitel 46: Körperbandagen
T-Shirt-Bandage
TTouch-Bandage (»Körperband«)
Anxiety Wrap
Wie Sie Ihren Hund an die Körperbandage gewöhnen
Kapitel 47: DAP
Erste Erkenntnisse
Einzelberichte
Anwendungsformen für DAP
Kapitel 48: Calming Cap
Anwendungsmöglichkeiten für die Calming Cap
Kapitel 49: Homöopathie
Stärke und Dosierung
Verabreichung
Geeignete homöopathische Mittel
Tipps
Kapitel 50: Heilen mit Kräutern
Das Einmaleins der Kräuterkunde
Dosierung für Hunde
Beruhigende Kräuter
Tipps
Kapitel 51: Akupunktur und Akupressur
Akupunktur
Akupressur
Kapitel 52: Medikamentöse Behandlung
Überlegungen
Welche Medikamente werden häufig verschrieben
Wird mein Hund durch die Medikamente benebelt?
Sind wir schon am Ziel?
Des Pudels Kern
Anhang
Index
Buffy, eine fünfjährige Cocker Spaniel Hündin, ist das Ein und Alles ihrer Besitzerin. Die beiden leben in einem Haus mit großem Garten in einem hübschen Vorort. Buffy liebt es, mit den Hunden und Kindern der Nachbarschaft zu spielen. Das Leben ist ein wahres Hundeparadies – außer donnerstagnachmittags, wenn die Müllabfuhr kommt. Sobald Buffy von weitem das Rumpeln des Müllwagens hört, verkriecht sie sich und beginnt unkontrolliert zu zittern. Nichts, nicht einmal ihr liebstes Kauspielzeug, kann sie unter dem Bett hervorlocken. Buffy tut ihrem Frauchen leid und sie wünschte, sie könnte ihr erklären, dass man vor dem Müllwagen keine Angst zu haben braucht.
Murphy ist ein typischer zweijähriger Golden Retriever. Er strahlt Lebensfreude aus und scheint fortwährend zu denken: »Der Himmel ist blau, die Vöglein zwitschern – das Leben ist toll!« Murphy geht gerne überall mit hin: in den Park, zur Hundeschule, in den Tierfachmarkt. Überallhin, nur nicht zum Tierarzt. Sobald Murphy die Tierarztpraxis betritt, verwandelt er sich von einem selbstsicheren Ausbund an Energie in ein ängstliches Nervenbündel. Obwohl sein Herrchen ihn sanft streichelt und ihm sagt, dass nichts Schlimmes passiert, ist Murphy nicht davon überzeugt.
Max ist ein achtzehn Monate alter Terriermischling. Seine Besitzer, ein junges, berufstätiges Ehepaar, bezeichnen ihn scherzhaft als ihr »einziges Kind«. Max hat nie Kontakt zu Kindern, außer denen, die er auf seinen täglichen Spaziergängen in seinem Stadtviertel trifft. Kinder machen Max nervös. Als Welpe machte er sich klein und versteckte sich hinter den Beinen seiner Besitzer, sobald ein Kind ihn streicheln wollte. Als er älter und ein wenig selbstbewusster wurde, knurrte Max die Kinder an, damit sie ihm nicht näher kamen. Und es funktionierte! Seine Besitzer machen sich Sorgen, da sein Übergang ins Erwachsenenalter von einem aggressiven Verhalten gegenüber Kindern begleitet zu sein scheint.
Diese Geschichten sind nicht ungewöhnlich. Hunde jeder Rasse, Größe, jeden Geschlechts und jeglichen Hintergrunds können Angstprobleme haben. Manche Hunde haben Angst vor bestimmten Geräuschen, wie beispielsweise Donnern. Andere haben Angst davor, berührt oder gebürstet zu werden. Und wieder andere haben Angst vor dem Autofahren. Manche haben auch Angst davor, alleingelassen zu werden, während andere von Fremden in Ruhe gelassen werden möchten – vielen Dank! Und obwohl manche Hunde unbekannten Personen oder Hunden gegenüber aggressiv zu sein scheinen, beruht dieses Verhalten in den meisten Fällen auf Angst.
Als Besitzer eines ängstlichen Hundes wissen Sie, wie furchtbar frustrierend es sein kann, Ihren Hund leiden zu sehen, ohne zu wissen, wie man ihm helfen kann. Aber nur Mut! Sie werden bald nützliche Kenntnisse darüber erlangen, was Sie gegen die Ängste Ihres Hundes tun können. Sie werden lernen, welche die Gründe für ängstliches Verhalten sind, wie Sie die Auslöser für die Ängste Ihres Hundes identifizieren können, wie Sie sogar die subtilsten Anzeichen für Stress erkennen können, wie Ihre Einstellung und Ihr Verhalten die Reaktionen des Hundes beeinflussen und wie Sie Methoden zur Verhaltensänderung anwenden können, die wirklich funktionieren. Sie werden von ergänzenden Therapien lesen, die zusammen mit Methoden zur Verhaltensänderung angewandt werden können und zu zusätzlichen Erfolgen führen. Und Sie werden erfahren, wann es besser ist, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Kurz gesagt, Sie werden lernen, wie Sie die Herausforderung, mit einem ängstlichen Hund zu leben, in Angriff nehmen können.
Obwohl ich professionelle Hundeausbilderin und Verhaltensexpertin bin, habe ich in der Vergangenheit intensiv mit Wölfen und Wolfshunden (auch bekannt als Wolfshybride) gearbeitet. Viele Jahre lang war ich Geschäftsführerin einer Rettungsstation für diese erstaunlichen Tiere, von denen die meisten ihre erste Lebenszeit als Haustier verbracht hatten. Aus leicht ersichtlichen Gründen sind reine Wölfe und Wolfsmischlinge keine Vorzeigehaustiere und die dreißig, die in der Rettungsstation lebten, sollten Dauergäste werden. Ein paar der »hündischeren« Tiere waren gesellig und aufgeschlossen. Doch die Mehrheit war sehr schüchtern und hatte Angst vor Menschen. Es war mein Job, aber auch mein Privileg, täglich Zeit mit diesen sensiblen, faszinierenden Wesen zu verbringen. Meine größte Belohnung war, zu sehen, wie sie lernten sich zu entspannen und begannen, den Menschen zu vertrauen, wodurch ihr Aufenthalt in der Station für sie angenehmer wurde.
Außerdem bin ich selbst auch »Hundemutter«. Soko, meine dreizehnjährige Deutsche Schäferhündin ist bei mir, seit sie sieben Wochen alt war. Im Laufe der Jahre hat sie eine Fülle von angstbedingten Problemen entwickelt. Einige davon sind zumindest teilweise genetisch begründet. Andere sind durch bestimmte Erfahrungen entstanden. Viele würden Sokos Temperament als ängstlich, unruhig oder sogar neurotisch bezeichnen. Mit der Zeit haben wir Hand in Pfote an der Bewältigung vieler ihrer Probleme gearbeitet. So genoss sie ein schönes Leben an der Seite von mir, meinem Mann und Mojo, unserem anderen vierbeinigen Kind. Soko war eine erstklassige Lehrerin. Wie Sie sich vorstellen können, liegt es mir sehr am Herzen, Hunden dabei zu helfen, ihre Ängste in den Griff zu bekommen.
Das Leben mit Soko, die Zeit mit den Wölfen und die Arbeit mit den ängstlichen Hunden meiner Kunden haben mir zu einer besonderen Sichtweise verholfen und ich konnte mir einen großen Erfahrungsschatz aneignen, auf dem meine Ratschläge in diesem Buch basieren. Die Konzepte, Techniken und Übungspläne können auf die meisten angstbedingten Probleme angewandt werden. Die häufigsten Formen von Ängsten, nämlich Angst vor unbekannten Hunden und Angst vor ungewohnten Menschen, werden eingehend behandelt. In einigen Kapiteln werden Sie lernen, wie Sie mit bestimmten Ängsten am besten umgehen, wie beispielsweise der Angst vor Gewitter, Treppen, Gegenständen, dem Autofahren, dem Tierarzt oder davor, gebürstet zu werden, und sogar Angst vor einem bestimmten Familienmitglied.
Dieses Buch ist so aufgebaut, dass Sie es von der ersten bis zur letzten Seite lesen können, oder gleich zu dem Abschnitt blättern können, der auf Ihren Hund zutrifft. Mein Vorschlag ist jedoch, dass Sie sich unabhängig vom jeweiligen Problem Ihres Hundes sorgfältig in das Buch einlesen, damit Sie keine wichtigen Punkte verpassen.
Aber das Wichtigste ist: Haben Sie Geduld mit Ihrem Hund! Es braucht seine Zeit, die Gefühle zu verändern, die seinem ängstlichen Verhalten zugrunde liegen. Auch wenn nicht alle Hunde es schaffen werden, ihre Ängste vollständig zu besiegen, können Sie sich sicher sein, dass Sie etwas verändern werden und Ihrem Hund helfen können, selbstbewusster und entspannter durchs Leben zu gehen. Und in den meisten Fällen werden Sie Ihrem Hund helfen, seine Ängste völlig zu überwinden.
Mit diesem Buch soll Hunden geholfen werden, die ängstliches Verhalten an den Tag legen, auch solches, das sich in mehr oder weniger ausgeprägter Aggression äußert. Bleibt ängstliches Verhalten unbehandelt, können sich daraus angstbedingte Aggressionen entwickeln Es ist wichtig, dass Sie sich der möglichen Konsequenzen bewusst sind, die es haben kann, wenn Ihr Hund einen Artgenossen oder Menschen beißt – unabhängig davon, ob sein aggressives Verhalten angstbedingt war oder nicht.
Die bekannte Verhaltensforscherin Karen Overall definiert Angst als ein Gefühl der Besorgnis, das mit der Gegenwart oder Nähe eines Gegenstands, einer Person, eines Tieres, einer bestimmten Situation oder mehreren der oben genannten Punkte in Zusammenhang steht.1 Wie reagieren Hunde auf diese Gefühle der Besorgnis? Wird ein Welpe mit einem Menschen, Hund oder Gegenstand konfrontiert, der ihm Angst macht, rennt er eher weg und versteckt sich, als seinen Mann zu stehen und zu kämpfen. Kommen Hunde aber im Alter von sechs bis acht Monaten in die Pubertät, setzen hormonelle Veränderungen ein und sie werden selbstbewusster. So wie menschliche Teenager ihre Grenzen testen und Autoritäten in Frage stellen, wird ein jugendlicher Hund, der sich vorher ängstlich duckte, wenn sich ein Fremder näherte, nun den starken Mann markieren und warnend knurren.
Hinter echter Aggression steht die Absicht, jemandem Schaden zuzufügen. Die Handlung ist offensiv, nicht defensiv. Ein Hund, der wirklich jemandem schaden möchte, wird sich ohne zu zögern auf eine Person stürzen. Ein ängstlicher Hund wird jedoch auf Abstand bleiben und bellen, um mitzuteilen: »Bleib weg, du großes, beängstigendes Etwas. Zwing mich nicht dazu, zu dir rüber zu kommen!« Was der ängstliche Hund in Wahrheit möchte, ist, die Distanz zwischen ihm und der angsteinflößenden Person zu vergrößern. Und mit Erfolg! Die Person geht weg. Jedes Mal, wenn die Handlung des Hundes zu diesem erfreulichen Ergebnis führt, wird das Gefühl verstärkt, Bellen sei wirkungsvoll. In der Jugend bis ins frühe Erwachsenenalter wächst das Selbstvertrauen des Hundes. Ist der Hund zwei bis drei Jahre alt, haben verschiedene Erfahrungen das Gefühl, »aggressives« Verhalten sei wirkungsvoll, verstärkt. Zu seinem immer größer werdenden Repertoire kann es nun gehören, dass er »in die Luft schnappt« (in die Luft beißt, ohne das jeweilige Subjekt zu berühren), knurrt, sich auf jemanden stürzt oder sogar zubeißt.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob das Verhalten Ihres Hundes durch Angst oder echte Aggression hervorgerufen wird, wenn er immer auffälliger auf andere Hunde oder Menschen reagiert oder sogar schon mal zugebissen hat, sollten Sie sofort einen professionellen Hundeverhaltenberater aufsuchen (in Kapitel 12 finden Sie Tipps, wie Sie einen geeigneten Spezialisten finden können). Je schneller Sie einschreiten, desto größer sind die Aussichten, dieses Verhalten zu ändern, bevor die Situation eskaliert. Verletzt Ihr Hund einen anderen Hund oder einen Menschen, kann dies ernsthafte Folgen haben. Nicht nur, dass Sie verklagt werden können, Ihr Hund kann beschlagnahmt und eingeschläfert werden.
Dies soll nicht heißen, dass jeder ängstliche Hund aggressiv wird. Im Gegenteil. Viele ängstliche Hunde reagieren niemals aggressiv, sofern sie sich nicht selbst verteidigen müssen. Trotzdem ist es ratsam, die Angstprobleme Ihres Hundes so schnell und so gründlich wie möglich in Angriff zu nehmen. Und ein dickes Lob an Sie, dass Sie Mitleid mit Ihrem Hund haben und ihm zu einem glücklichen und entspannten Leben verhelfen wollen.
1 Overall, Karen. Clinical Behavioral Medicine for Small Animals. Missouri: Mosby 1997.
Angst, Furcht und Phobie sind eng verwandt und werden unter dem Oberbegriff »Angst« zusammengefasst. Angst bildet das untere Ende der Skala, gefolgt von leichter, mäßiger bis hin zu starker Furcht. Am oberen Ende der Skala steht schließlich die richtiggehende Phobie. Obwohl in diesem Buch durchgehend der allgemeine Begriff »Angstprobleme« verwendet wird, ist es wichtig, den Unterschied zwischen diesen Gefühlen zu kennen.
Angst ist ein Gefühl der Besorgnis, das Gefühl einer erwarteten, zukünftigen Bedrohung. Mit anderen Worten: die Sorge, dass etwas Schlimmes passieren könnte. Ein Hund kann ohne ersichtlichen Grund oder nur in bestimmten Situationen Angst empfinden. Manche Hunde haben beispielsweise in einer neuen Umgebung oder wenn sie auf nicht vertraute Hunde oder Personen treffen Angst. Hat der Hund in nicht geläufigen Situationen Angst, ist dies in manchen Fällen auf mangelnde frühe Sozialisierung zurückzuführen, obwohl die Ursache nicht immer so offensichtlich ist.
Leider ist Angst häufig das Ergebnis unliebsamer Erfahrungen in der Vergangenheit. Ein Hund, der von einem Artgenossen angegriffen wurde, fühlt sich womöglich auf Spaziergängen ängstlich und beobachtet wachsam die Straße. Dabei sind seine Muskeln in Erwartung eines anderen Hundes angespannt. Ein Hund, der von seinem Halter in harschem Ton gerufen und anschließend streng getadelt wurde, neigt zur Angst, immer wenn er diesen Tonfall bei seinem Besitzer hört.
Angst unterscheidet sich von Furcht dahingehend, dass sie nicht von der Gegenwart einer bestimmten, angsterregenden Sache oder Person abhängt. Angst bezieht sich auf das, was passieren könnte, und nicht darauf, was zu diesem Zeitpunkt tatsächlich passiert. Wörter wie nervös oder besorgt können synonym zu »ängstlich« verwendet werden. Die Behandlung ängstlicher Hunde umfasst Entspannungstechniken, eine starke Führung und ein sicheres häusliches Umfeld – und ihm Verhaltensweisen beizubringen, die sein Selbstvertrauen aufbauen.
Furcht ist ebenfalls ein Gefühl der Besorgnis. Doch dieses Gefühl entsteht durch die tatsächliche Gegenwart einer Sache oder Person, die dem Hund Furcht einflößt. Hunde können sich vor anderen Hunden, Gegenständen, Geräuschen, Bewegungen oder sogar bestimmten Umgebungen fürchten. Furcht und Vermeidung sind in bestimmten Situationen instinktive Reaktionen. Beispielsweise fürchten Hunde sich von Natur aus vor dem Feuer und nehmen Reißaus, wenn sie eins sehen. Hunde und andere Tiere fürchten sich vor dem, was sie nicht kennen oder nicht gewohnt sind. Dies ist ein Instinkt, der sie schützen soll.
Während manche Angst- und Furchtreaktionen instinktiv sind, sind andere erlernt. Die gute Nachricht ist, dass bei erlernten Ängsten die Chancen gut stehen, dass sie wieder verlernt werden können. Nehmen wir mal folgendes Beispiel: Ihr Hund hat Angst vor Krallenscheren, weil er einmal beim Kürzen der Krallen unangenehme Erfahrungen gemacht hat. Wenn Sie ihn langsam an die Krallenschere gewöhnen, indem Sie sie mit etwas Angenehmen verbinden (zum Beispiel mit seinen Lieblingsleckerlis), kann er seine Angst überwinden. (Die Angst vor der Krallenschere wird in Kapitel 38 behandelt.)
Phobien sind starke Angstreaktionen, die in keinem Verhältnis zu der tatsächlichen Bedrohung stehen. Ein Hund, der beispielsweise eine Gewitterphobie hat, gerät beim Grollen des Donners in Panik und flieht blindlings. Er kann keinen klaren Gedanken mehr fassen und prallt gegen alles, was ihm im Weg steht. Hat ein Hund eine Phobie davor, alleine zuhause gelassen zu werden, gebärdet er sich möglicherweise sehr zerstörerisch. Oder wenn er in einem kleinen, beengten Behältnis, beispielsweise einer Drahtbox, eingesperrt ist, wirft er sich eventuell wie wild hin und her oder verstümmelt sich sogar selbst. Während sich Furcht eher schrittweise entwickelt, tritt eine Phobie plötzlich ein, ist von Anfang an intensiv und der Hund muss nur ein einziges Mal dieser bestimmten Situation ausgesetzt sein, damit diese Reaktion vollständig ausgelöst wird.
Phobien verstärken sich nicht, wenn der Hund wiederholt der Ursache dieser Angst ausgesetzt wird. Dies unterscheidet sie von manchen herkömmlichen Angstproblemen. Kontrolle, das heißt, sicherzugehen, dass der Hund nicht in Situationen gerät, die ihn in Panik geraten lassen, stellt sozusagen die beste Verteidigung dar. In manchen Fällen können Phobien durch Methoden zur Verhaltensänderung und Kontrolle, häufig in Verbindung mit zusätzlichen Therapien und Arzneimitteln, angegangen werden. In anderen Fällen sind Verhaltensänderungsstrategien jedoch nicht angebracht und Kontrolle und die kurzfristige Gabe von Medikamenten sind die beste Lösung.
Eine Frau geht mit zwei Hunden in einem Freilaufgebiet spazieren. Der erste ist ein richtiger Partyhund und rast schwanzwedelnd von Hund zu Hund und von Mensch zu Mensch, fordert sie zum Spielen und zum Streicheln auf. Der zweite Hund bleibt nah bei der Frau und möchte mit niemandem Kontakt aufnehmen, weder Hund noch Mensch. Die Körpersprache dieses Hundes vermittelt Angst.
Warum verhalten sich zwei Hunde in ein und derselben Situation so unterschiedlich? Der Grund kann sein, dass es dem zweiten Hund an früher Sozialisierung gemangelt hat, während der erste als junger Welpe viele neue Menschen, Hunde und Orte kennengelernt hat. Vielleicht hat der zweite Hund aber auch eine genetische Veranlagung dazu, in unbekannten Situationen ängstlich zu sein, und der erste hat diese Veranlagung nicht. Es ist oftmals schwierig, die Ursache der Angst eines Hundes herauszufinden, besonders wenn der Hund bereits als Erwachsener aufgenommen wurde und seine Vorgeschichte nicht bekannt ist. Aber unabhängig davon, wovor Ihr Hund Angst hat, fällt die Ursache dafür unter eine oder sogar mehrere der folgenden Kategorien:
1. Genetik. Genauso wie Menschen werden Hunde mit einem genetischen Bauplan geboren. Züchter machen sich die genetische Disposition zu bestimmten Eigenschaften zu eigen, um Hunde mit einer besonderen Wesensart zu züchten. Dabei werden die Aspekte der Persönlichkeit selektiert, die in ihrer Zuchtlinie vorherrschen sollen. Der Hundeverhaltensberater und Autor Steven R. Lindsay erläutert, dass emotionale Stressfaktoren, die die Mutter während der Trächtigkeit beeinträchtigen, gepaart mit allzu anstrengenden postnatalen Bedingungen einen lebenslangen nachteiligen Einfluss auf die Art und Weise haben können, wie Hunde mit angst- und zornerregenden Situationen umgehen. Weiterhin sagt er, dass Vererbung zusammen mit ungünstigen prä- und postnatalen Stressfaktoren dazu führen kann, dass viele junge Hunde reaktive Tendenzen und Charaktereigenschaften aufweisen, bevor sie überhaupt die Augen öffnen … Mit anderen Worten heißt das, dass die Züchter das Wesen eines Welpen beeinflussen können, indem sie sorgsam auf die Umgebung des Muttertiers und deren Stresspegel achten.
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