Vertragt Euch! - Nicole Wilde - E-Book

Vertragt Euch! E-Book

Nicole Wilde

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Beschreibung

Nicht immer vertragen Hunde sich so gut, wie wir uns das wünschen: Besonders nervenaufreibend dann, wenn sie unter einem Dach zusammenleben, aber die ständige Spannung spätestens in Ausnahmesituationen immer wieder für Konflikte sorgt. Dieses häufige Problem kann durch gute Vorbereitungs- und Grundlagenarbeit vermieden und entschärft werden. Die erfahrene Hundetrainerin und Verhaltensexpertin Nicole Wilde hat das Problem am eigenen Leib erlebt und lässt den Leser hier an ihrem reichen und erprobten Erfahrungsschatz der möglichen Lösungsansätze teilhaben. Dabei werden Ressourcenverteidigung, Eifersucht, in Aggression umkippendes Spiel, hündisches "Mobbing" und vieles mehr besprochen.

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Seitenzahl: 378

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Titel der amerikanischen Originalausgabe:

Keeping the Peace: A Guide to Solving Dog-Dog Aggression in the Home.

© 2018 Nicole Wilde, Phantom Publishing, Santa Clarita, CA, USA.

© 2019 für die deutsche Ausgabe KYNOS VERLAG Dr. Dieter Fleig GmbH

Konrad-Zuse-Straße 3, D-54552 Nerdlen/Daun

Telefon: 06592 957389-0

www.kynos-verlag.de

Übersetzt aus dem Englischen von Silke Ben Hajla

Grafik & Layout: Kynos Verlag

eBook (epub)-Ausgabe der Printversion

eBook-ISBN: 978-3-95464-210-6

ISBN der geruckten Ausgabe: 978-3-95464-203-8

Bildnachweis: Cover: Nicole Wilde

S. 27 o. Katie Hiett; S. 44 Adobe-Stock/cynoclub; S. 47, 48, 53 o.li., 53 o.re., 172 Archiv Nicole Wilde; S. 84 li. The OurPet’s Company; S. 84 re. The Kong Company; S. 101 Adobe-Stock/diy13; S. 118-119, 121-122 C.C. Wilde; S. 228 Mychelle Blake; S. 209 o. The Company of Animals, LLC

Alle anderen Fotos von Nicole Wilde.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Haftungsausschluss: Die Benutzung dieses Buches und die Umsetzung der darin enthaltenen Informationen erfolgt ausdrücklich auf eigenes Risiko. Der Verlag und auch der Autor können für etwaige Unfälle und Schäden jeder Art, die sich bei der Umsetzung von im Buch beschriebenen Vorgehensweisen ergeben, aus keinem Rechtsgrund eine Haftung übernehmen. Rechts – und Schadenersatzansprüche sind ausgeschlossen. Das Werk inklusive aller Inhalte wurde unter größter Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Druckfehler und Falschinformationen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Der Verlag und auch der Autor übernehmen keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte des Buches, ebenso nicht für Druckfehler. Es kann keine juristische Verantwortung sowie Haftung in irgendeiner Form für fehlerhafte Angaben und daraus entstandene Folgen vom Verlag bzw. Autor übernommen werden. Für die Inhalte von den in diesem Buch abgedruckten Internetseiten sind ausschließlich die Betreiber der jeweiligen Internetseiten verantwortlich.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Teil Eins – Vorbereitung

Zur Situation beitragende Faktoren

Das Geschlecht

Wurfgeschwister

Rasse

Alter

Kastration

Gesundheit

Stress

Anhäufung von Auslösern

Die Situation einschätzen

1. Wer ist in die Kämpfe verwickelt?

2. Wie lange dauert das aggressive Verhalten an?

3. Wie heftig sind die Kämpfe?

4. Wie unterschiedlich sind Ihre Hunde, was Größe und Kraft angeht?

5. Leben Kinder oder Teenager bei Ihnen im Haus?

6. Was ist mit den im Zuhause lebenden Erwachsenen?

7. Können Sie vollen Einsatz bringen?

Ein Verhaltenstagebuch erstellen

Häufigkeit

Intensität

Äußere Umstände

Das Profil

Ein Dokument erstellen

Das Bewachen von Ressourcen

Körpersprache und subtile Signale

Ohren und Rute

Das Aufstellen der Haare – Piloerektion

Lefzenlecken, Gähnen, Abwenden, Kratzen, Schnüffeln

Anstarren

„Einfrieren“

Das Knurren

Offensives Zähneblecken und Unterwürfigkeitsgrinsen

In die Luft schnappen

Beißen

Zum Thema Dominanz

Teil Zwei – Der Alltag

Führungsverhalten

Die guten Sachen unter Ihrer Kontrolle

Distanzbereich

Bringen Sie Ihren Hunden bei, an Türen zu warten

Ernährung

Werden Sie zum Etiketten-Profi

Nassfutter / Dosenfutter

Rohfütterung / BARF

Fertig-BARF

Selbstgekochtes Hundefutter

Bewegung

Spazierengehen

Längere Wanderungen

Ausdauertraining

Tipps für Bewegung

Agility

Fährten und andere Nasenarbeit

American K9 Nosework

Kauen

Mentale Auslastung

Wo ist das Leckerli? / Interaktive Futterspielzeuge

Lust auf eine Autofahrt?

Clickertraining

Sicheres Trennen

Hundeboxen sind großartig

Gatter können großartig sein

Draußen im Freien

Rotationssystem

Tipps zum Management

Routine ist alles

Anspannung mildern

Maulkörbe

Gewöhnung an den Maulkorb

Wenn die Fetzen fliegen: Wie man einen Kampf beendet

Machen Sie Krach!

Decke

Wasser

Barriere

Schubkarre

Festbeißen

Zwei-Personen-Schubkarre

Nach dem Kampf

Teil Drei – Training

Training

Sitz

Platz

Bleib

Aufmerksamkeit

Individuelle Aufmerksamkeit

Weitere Ablenkungen

Zeit zum Generalisieren

Und was jetzt?

Aufmerksamkeit in der Gruppe

Rückruf

Die Reihum-Rückruf-Challenge

Das Wurf-Renn-Spiel

In den Alltag einbauen

Und jetzt die ganze Bande!

Geh auf den Platz

Einem einzelnen Hund ‚Auf deinen Platz!“ beibringen

Alternativer Ansatz

Und jetzt alle zusammen

Die nächsten Schritte

Lass es!

„Lass es!“ für mehrere Hunde

Targeting

Gefühle vs. Nachdenken

Das Trainieren von „Touch“

In Bewegung

Touch-Kombination

Teil Vier – Problemlösung

Zeit zum Spielen

Sicherheitsfaktoren

Ist das im Spiel OK?

Einschreiten

Streichel-Eifersucht

Freundlich bitten

Bewachst du es, verlierst du es

Ressourcenbewachung

Fressen

Knochen und andere Kaugegenstände

Heruntergefallenes

Spielsachen

Kampf um Bälle

Warum der Ort so wichtig ist

Flure

Hundeklappen

Der Wert der Routine

Könige der Couch

Ein Neuer im Revier

Ein wenig Prävention

Ins Familienrudel integrieren

Halbstarke und Golden Oldies

Fellbedeckte Raketengeschosse

Nervige Teenager

Hündische Banditen

Koexistenz ermöglichen

Wer ist da an der Tür?

Paketbote & Co.

Ein einfacher Plan für entspannte Begrüßungen

Begrüßung mit „Auf den Platz“

Wie kommen wir zusammen?

Die Klassische Konditionierung

Fallbeispiel: Bella und Cody

Die vier Variablen

Fortschritte

Was kommt als Nächstes?

Da geht’s lang

Teil Fünf – Ergänzende Therapien

Ergänzende Therapien

TTouch

DAP

Anwendungsgebiete

Wie man DAP anwendet:

Body Wraps

T-Shirt Wrap

Fertig-Wraps

Naturmedizin

Alpha-Casozepin

L-Theanin

Medikamente

Überlegungen

Welche Arzneien werden verschrieben?

Macht die Arznei meinen Hund zum Junkie?

Haben wir es schon geschafft?

Teil Sechs – Schlussfolgerungen

Im schlimmsten Fall

Dauerhafte Trennung der Hunde

Einen Hund abgeben

Euthanasie

Das Puzzle setzt sich zusammen

Danksagung

Über die Autorin

Serviceteil

All den Hunden, die mir etwas bedeutet haben, und allen, denen hoffentlich mit diesem Buch geholfen werden kann.

Einführung

Trautes Heim, Glück allein! Der Ruhepol, an dem man sich entspannen, herunterfahren und all dem Stress dieser Welt entkommen kann und sich an der Gesellschaft seiner friedlichen, glücklichen Hunde erfreut. Das klingt wunderbar, oder? Und es ist wunderbar – das heißt, wenn Sie nicht gerade Hunde haben, die sich nicht vertragen. Denn dann stellt sich das Leben daheim ganz anders dar. Wenn man zwei Hunde zu Hause hat, die alles andere als friedlich miteinander umgehen, sei es nun andauernd oder nur gelegentlich, dann schafft dies eine angespannte Atmosphäre, die sehr anstrengend sein kann. Diejenigen Hundebesitzer, die eine solche Situation nicht kennen, können sich nur schwer vorstellen, welche Belastung dies für die Beziehungen im täglichen Leben sein kann.

Ich verstehe dies durchaus, denn ich habe es selbst schon durchgemacht. Meine Hunde stammen beide aus Tierheimen. Im Dezember 2009 haben mein Mann und ich Sierra aufgenommen, eine zweijährige Husky-Keeshond-Irgendwas-Mischung. Im darauffolgenden September adopierten wir Bodhi, einen einjährigen Mischling aus Malamute und Deutschem Schäferhund. Die Hunde wurden im Tierheim miteinander bekannt gemacht und schienen sich prima zu vertragen. Im Kennenlern-Bereich spielten sie schön zusammen und auch auf der Heimfahrt waren sie umgänglich. Während der darauffolgenden Tage jedoch schlugen ihre spielerischen Angriffe derart in Aggressionen um, dass wir einschreiten mussten. Es gab auch in anderen Situationen Spannungen zwischen ihnen, zum Teil, weil Bodhi keine physischen Grenzen zu haben schien. Haben Sie jemals Kramer gesehen, wie er in Seinfeld in ein Zimmer hineinplatzt? Genau das ist Bodhi. Nicht nur, dass er ständig auf meinen Mann und mich zusprang und dabei mit den Zähnen unsere Arme oder Beine packte (mehr aus Angst oder Unsicherheit als aus Aggression), sondern er schien es nicht zu bemerken, dass er Sierra sprichwörtlich überrannte. Das arme Mädchen! Sie war zuerst dagewesen und liebte die sanfte Zuneigung, die sie von uns erhielt. Und nun kam, wann auch immer sie zur Kuschelstunde unterwegs war, dieser Grobian von neuem Hausbewohner dahergetrampelt und versuchte ungeschickt, sich dazwischenzudrängen. Das passte Sierra gar nicht und ein plötzlicher Ausbruch von Gewalt war die Folge.

Es gab noch weitere Probleme zwischen den beiden. Ich könnte ewig darüber erzählen (das habe ich in meinem Buch „Vom Wolf getroffen“ auch getan). Doch es dürfte genügen, wenn ich Ihnen sage, dass meine Fähigkeiten als Expertin für Hundeverhalten auf eine harte Probe gestellt wurden. Natürlich kannte ich all die üblichen Methoden, die gegen Aggressionen unter Hunden ihre Anwendung finden. Doch offensichtlich hatten diese Hunde nicht die richtigen Bücher gelesen. Während die standardmäßigen Methoden in der Vergangenheit schon so vielen meiner Kunden geholfen hatten, funktionierten diese bei mir zu Hause einfach nicht. Also musste ich mir etwas einfallen lassen, um einen Ansatz zur Schaffung einer friedlichen Beziehung zu finden. Die Lösung der Problematik mit Sierra und Bodhi würde ich nicht gerade als schnell oder einfach beschreiben wollen. Und zugegebenermaßen war die Herausforderung teilweise so groß, dass ich mich manchmal fragte, ob wir einen Fehler gemacht hatten, als wir Bodhi übernommen hatten. Doch diese spannungsgeladenen Tage liegen nun bereits über sieben Jahre zurück und ich bin dankbar dafür, dass wir die Zeit und Mühe in die Beseitigung der Probleme investiert haben.

Nun mag Ihre Lage mit Ihren eigenen Hunden ähnlich sein. Oder vielleicht ist sie auch weniger heftig – schätzen Sie sich glücklich! Aber da Sie gerade dieses Buch lesen, vermute ich, dass die Spannungen zwischen Ihren Hunden zumindest einigermaßen ernsthafterer Natur sind. Möglicherweise verteidigt der eine Hund Gegenstände vor dem anderen oder beide sind eifersüchtig aufeinander, was Ihre Aufmerksamkeit und Zuneigung anbelangt. Vielleicht artet auch das Spiel tendenziell in Gewalt aus, wie es bei meinen Hunden der Fall war. Oder die Ankunft von Besuch erregt Ihre Hunde derart, dass die Aufregung in Aggression der Hunde gegeneinander umschlägt. Kommt Ihnen irgendetwas davon bekannt vor? Falls ja – Sie sind nicht allein. Es gibt eine Studie der Tufts Universität1, wonach von einer Auswahl von 38 sich streitenden, in einem Haus lebenden Hundepaaren 46% um die Aufmerksamkeit ihres Besitzers mit dem anderen Hund gestritten haben; 31% hatten heftige Auseinandersetzungen aufgrund von Erregung, zum Beispiel ausgelöst durch die Ankunft des Besitzers; in 46% der Paarungen gab es Konflikte wegen des Fressens; und 26% stritten sich um Spielzeuge oder andere Gegenstände. Sollte eine dieser Situationen auf Sie und Ihre Hunde zutreffen, brauchen Sie nicht zu verzweifeln. Falls Ihre Hunde gerade jetzt im Moment miteinander kämpfen sollten, gehen Sie direkt zu Kapitel 14 Wenn die Fetzen fliegen und lernen Sie, wie Sie Streitereien gefahrlos beenden, ehe Sie sich dem Rest des Buches zuwenden.

Nochmals – ich verstehe, wie anstrengend das Leben sein kann, wenn Ihre Hunde sich streiten. Und bestimmt fühlen Sie sich frustriert, vielleicht hilflos. Es ist verständlich, dass die Situation zwischen Ihren Hunden nicht nur in deren, sondern auch in Ihrem Leben Disharmonie verursacht. Es macht keinen Spaß, einen andauernden Eiertanz aufzuführen und sich zu fragen, ob gleich ein Kampf ausbrechen wird. Und es ist unglaublich erschütternd, wenn Sie beobachten, wie Ihre Hunde kämpfen oder sehen, wie der eine den anderen angreift. Vielleicht sind Sie auch schon an dem Punkt angekommen, an dem Sie überlegen, ob es nicht das Beste für alle Beteiligten wäre, einen der Hunde abzugeben.

Atmen Sie tief durch. Die gute Nachricht ist: Hier bekommen Sie Hilfe. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, Ihnen genauso viele konkrete, unmittelbar hilfreiche Informationen zu geben, als ob wir bei Ihnen am Küchentisch sitzen und über Ihre Hunde sprechen würden. Im Verlauf des Buches werde ich Ihnen Fragen anbieten, die Sie zum Nachdenken anregen, und ich möchte hilfreiche Vorschläge machen. Teil eins beginnt mit einer Beurteilung, die Fragen beinhaltet, welche ich Ihnen während der Anamnese bei einer persönlichen Sitzung vor Ort stellen würde. Diese Abfragen werden Ihnen helfen, Ihre eigene Situation klar und objektiv betrachten zu können. Sie werden außerdem lernen, wie Sie ein Verhaltenstagebuch führen, um die Aktionen und aggressiven Vorfälle mit Ihren Hunden nachzuvollziehen. Schließlich werden Sie ein Profil erstellen, das spezielle Situationen und Auslöser genau aufzeigt, die eine Spannung zwischen Ihren Hunden verursachen. Dieses letzte Dokument ist entscheidend, da es die vollständigen Lösungen aufzeigt, nachdem Sie dieses Buch zu Ende durchgearbeitet haben. Wir werden unseren Fokus auch auf das hochwichtige Thema der Körpersprache der Hunde legen. Wenn Sie in der Lage sind, die subtilen Signale Ihrer Hunde zu erkennen, wenn diese gerade dabei sind, in Anspannung zu geraten, werden Sie auch eingreifen können, ehe die Situation eskaliert. Zum Schluss werden wir noch über das so oft fehlinterpretierte Konzept der Dominanz sprechen.

Teil zwei umfasst eine Anleitung zur Grundausbildung. Hunde, die adäquat ernährt und trainiert sowie mental ausgelastet sind, gut gemanagt werden und einen selbstbewussten Hundeführer haben, sind weniger wahrscheinlich übernervös und somit weniger leicht zu provozieren. Wir werden jeden dieser Faktoren einzeln untersuchen, sodass Sie Veränderungen vornehmen können, falls nötig. Weil Ihre Hunde derzeit während eines Kampfes voneinander getrennt werden müssen, werden wir auch das Thema abdecken, wie man eine Trennung sicher vornimmt, ebenso wie die korrekte Anwendung von Maulkörben. Maulkörbe können sich während der Kennenlernphase von Hunden als nützlich erweisen. Wenn Ihre Situation einen Maulkorb erfordern sollte, fangen Sie am besten schon frühzeitig damit an, Ihre Hunde daran zu gewöhnen. Dieser Teil beinhaltet auch nützliche Informationen darüber, wie man einen Kampf sicher beendet. Nochmals, falls Ihre Hunde gegenwärtig miteinander kämpfen, blättern Sie direkt zu den betreffenden Seiten vor.

In Teil drei geht es darum, Ihren Hunden nützliches Benehmen beizubringen, welches Ihr tägliches Leben sehr viel einfacher machen wird. Die Auswirkung, die das Training auf das Ausmaß an Kontrolle hat, die Sie über Ihre Hunde haben, und wie diese miteinander interagieren, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Machen Sie sich keine Sorgen, falls Ihr Hund nie einen Gehorsamkeitskurs besucht hat. Wir werden mit den Basics anfangen, mit Sitz, Platz, Bleib – und werden darauf aufbauen. Ihre Hunde werden lernen, aufmerksam zu werden, zu kommen, wenn sie gerufen werden, etwas in Ruhe zu lassen, wenn es ihnen gesagt wird – was auch Hunde untereinander betrifft – und eine praktische Fähigkeit entwickeln, die man Targeting nennt. Mit Hilfe der Schritt-für-Schritt Anleitungen und Fotos wird dies leichter werden, als Sie glauben mögen.

In Teil vier gehen wir ans Eingemachte des Problemlösens. Sie werden wertvolle Techniken und Verfahren erlernen, um speziellen Situationen zu begegnen und Sie werden die Trainingsmethoden anwenden können. Egal, ob Ihre Hunde Ressourcen voreinander bewachen, eifersüchtig bezüglich Ihrer Aufmerksamkeit sind, bei Ankunft von Besuchern übererregt sind oder Spielzeit in Kampfzeit umwandeln – hier bekommen Sie Antworten. Ebenfalls besprochen wird, was man tun kann, wenn ein neuer Junghund mit einem bereits vorhandenen Hund nicht zurechtkommt (und dazu, wie man Probleme gar nicht erst aufkommen lässt) und wie man das Thema angeht, wenn ein junger Hund einen alten drangsaliert. Zuletzt werden wir darüber sprechen, wie man Hunde, die getrennt waren, wieder zusammenführt und wie man gefahrlos gemeinsam spazieren gehen kann.

Training und Änderungen im Verhalten bieten weitreichende Hilfen für das harmonische Zusammenleben Ihrer Hunde. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von unterstützenden Therapien und Medikamenten, die durch die Bank weg darauf hinzielen, dass sich Ihre Hunde ruhiger fühlen, was ein niedrigeres Anspannungsniveau zur Folge haben kann. In Teil fünf erhalten Sie Informationen über Pheromone, Body Wraps, TTouch, Naturheilkunde und die medikamentöse Behandlung. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden Sie nicht all diese Dinge anwenden müssen, aber Sie werden wohl eins davon als genau das eine herausfinden, das Ihnen Erleichterung bringt und Ihren Hunden zur Entspannung verhilft. Und dies wird Ihrem Plan zur Verhaltensänderung dementsprechend zu mehr Erfolg verhelfen.

Falls Sie das Gefühl haben, die Probleme Ihrer Hunde seien so nicht zu lösen, gibt Ihnen Teil sechs ein Kapitel an die Hand, mit dessen Hilfe Sie eine Reihe weiterer Möglichkeiten in Betracht ziehen können. Natürlich hoffe ich, dass Sie diese Information total unnötig finden. An dieser Stelle haben Sie bereits das Wissen erlangt, welches Ihnen ermöglicht, effektive Lösungen für die in Ihrem Profil herausgearbeiteten Probleme zu formulieren. Teil sechs wird Ihnen dabei behilflich sein, alles so zusammenzusetzen, dass Ihre Notizen vom Beginn in einen in sich geschlossenen Masterplan münden. Zuletzt gibt es einen Serviceteil, der Sie mit Links und Informationen zu all den Produkten, Organisationen und Experten versorgt, die im Laufe des Buches erwähnt worden sind.

Natürlich können Sie hin und her springen oder Kapitel überfliegen. Doch abgesehen vom sofortigen Lesen über das sichere Beenden von Hundekämpfen oder die Gewöhnung an Maulkörbe empfehle ich Ihnen dringend, am Anfang zu beginnen und sich alles Stück für Stück der Reihe nach durchzulesen. Es gibt Techniken, die auf vorhergehenden Konzepten aufbauen, und die Verhaltensregeln sind viel leichter umzusetzen, wenn Sie diesen folgen und die vorgeschlagenen Trainingsübungen zuerst absolvieren. Ehe wir jedoch in die Tiefe gehen, gibt es da noch etwas, das ich Sie bitten möchte, in Erwägung zu ziehen. Obwohl ich alles tun werde, was ich kann, um Ihnen zu helfen: Wenn Ihre Lage wirklich schlimm ist – etwa so, dass Ihre Hunde so heftig aufeinander losgehen, dass einer oder mehrere bereits schwer verletzt worden sind – rate ich Ihnen zusätzlich zum Lesen dieses Buches dringend dazu, einen Hundeverhaltensexperten zu Rate zu ziehen. Dies gilt umso mehr, wenn Kinder in Ihrem Haus leben sollten, da es nur zu leicht passieren kann, dass ein Kind mitten in einen Konflikt zwischen den Hunden geraten kann.

Ja, ich weiß, Sie mögen nun denken „Warum sollte ich dieses Buch lesen, wenn ich sowieso einen Experten engagieren muss?“. Auch wenn Sie die Hilfe eines Experten in Anspruch nehmen, ist es dennoch wichtig, dass Sie dieses Buch lesen (und zwar ganz!) und die Übungen zu Ende bringen, und zwar aus zwei guten Gründen: Erstens müssen die Probleme, die es zwischen Ihren Hunden gibt, genau und so detailliert wie möglich definiert werden. Sie sind die Person, die mit ihnen tagein tagaus lebt, und das Verhaltenstagebuch, das Sie erstellen, wird Ihnen mit Ihrem neu gewonnenen Wissen dazu verhelfen, das Verhalten Ihrer Hunde sowie die Gründe dafür punktgenau festhalten zu können. Es ist ein großer Unterschied, ob man einem Experten nur erzählt, dass die Hunde sich streiten oder ob man dazu präzise Details liefern kann. Letzteres wird entscheidend zum Erstellen eines erfolgreichen Verhaltensplans beitragen. Zweitens werden Sie durch das Lesen des gesamten Buches ein Verständnis dafür entwickeln, wie Sie die Konflikte Ihrer Hunde angehen können. Nicht alle Trainer und Verhaltensspezialisten arbeiten auf dieselbe Weise. Daher ist es unbedingt nötig, dass Sie sich mit entsprechendem Wissen dazu wappnen, welche Arten von Training und Verhaltensmodifikationstechniken angewendet werden sollten und welche nicht. Sie können sogar die Verfahren, die in diesem Buch vorgeschlagen werden, mit dem Experten besprechen, sodass Sie diese gemeinsam durcharbeiten können.

Da wir gerade von Experten sprechen – in den Vereinigten Staaten benötigt man keine Lizenz, um ein professioneller Hundetrainer zu werden. (Anm. des dt. Verlages: In Deutschland ist es ähnlich – hier müssen Trainer zwar zumindest eine Sachkundeprüfung nachweisen, diese sagt jedoch wenig bis nichts über die Qualifikation als Hundetrainer.) Man kann morgen ein Schild vor die Tür hängen und mit der Aufnahme von Kunden beginnen. Das klingt doch großartig, oder? In Wahrheit ist es ein ziemliches Verwirrspiel. Aufgrund dieses Fehlens verpflichtender Standards heißt das, dass man seine möglichen Trainer oder Verhaltensexperten vorsichtig unter die Lupe nehmen muss. Ich habe „professionelle“ Trainer erlebt, die keinerlei Ausbildung oder Erfahrung hatten und ausgesprochen armselige Trainingsfähigkeiten aufwiesen. Glücklicherweise habe ich aber auch viele fähige, erfahrene Trainier und Verhaltensexperten getroffen und kenne auch viele persönlich. Da wir gerade beim Thema sind: Möglicherweise hören Sie, dass sich Profis selbst als Trainer, Verhaltensexperte oder Verhaltenstherapeut für Hunde bezeichnen. Wo liegt der Unterschied?

Im Prinzip kann sich jeder selbst Trainer oder Verhaltensexperte nennen. Viele Trainer lehren Grundgehorsam, leiten Gruppenunterricht und bieten Einzelstunden zuhause an. Sie sprechen vielleicht Themen wie Sauberkeitstraining, das Anspringen von Gästen, Manieren daheim und so weiter an. Manche Trainer beschränken sich auf diese Art von Problemen, während andere auch komplexere Themen wie Aggression, Angst und Trennungsängste behandeln, die ein höheres Niveau an Verständnis von Hundeverhalten voraussetzen. Diese bezeichnen sich häufig als Verhaltensexperten oder Verhaltenstherapeut. (Auch diese Berufsbezeichnungen sind nicht geschützt. Es gibt jedoch diverse Schulen und Institute, die (nicht verpflichtende) Ausbildungen und Zertifikate anbieten, Anm. des dt. Verlages).

Außerdem gibt es noch Tierärzte mit der Fortbildung bzw. Zusatzbezeichnung „Verhaltenstherapie“. Hier handelt es sich um einen Veterinär, der eine spezielle Fortbildung mit einer Prüfung abgeschlossen hat. Unter den genannten Berufen (Trainer, Verhaltensexperte) ist der Tierarzt der einzige, der Medikamente verschreiben darf. Obwohl es nur allzu viele Trainer gibt, die sich selbst „Verhaltenstherapeut“ nennen, tragen sie diese Bezeichnung eigentlich zu Unrecht bzw. sie tragen damit zur Verwirrung bei. Mit einem verhaltenstherapeutisch ausgebildeten Tierarzt zu arbeiten muss aber nicht unbedingt nötig sein. Selbst dann, wenn Ihr Hund medikamentös behandelt werden muss, kann ein ausgebildeter Verhaltensexperte mit Ihrem Tierarzt zusammenarbeiten, um die Probleme anzupacken.

Wie finden Sie nun den richtigen Experten? Fangen Sie bei Ihrer Suche auf den Webseiten der im Anhang genannten Organisationen an. Mit deren Trainersuchfunktion können Sie nach einem Experten in Ihrer Gegend suchen, über Stadt, Postleitzahl und nach Entfernung. Befragen Sie jeden möglichen Kandidaten eingehend nach Berufserfahrung, Spezialgebieten, Menge an Erfahrung sowie Erfolg, die der Trainer schon bei der Arbeit mit zuhause streitenden Hunden gehabt hat. Fragen Sie auch – und das ist entscheidend – nach seinen Trainingsmethoden. Geben Sie sich nicht mit einem „wir arbeiten mit positiven Methoden“ zufrieden. Obwohl das ein guter Anfang ist, habe ich noch niemanden sagen hören „wir arbeiten mit negativen Methoden“, oder „wir zerren an ihrem Hund so lange herum, bis er aufhört!“.

Unglücklicherweise gehen manche Trainer mit unerwünschtem Verhalten so um, dass sie zu starker körperlicher Züchtigung greifen. Das kann vom harten Ziehen am Würgehalsband bis hin zu einem Stromstoß über ein Halsband gehen (letzteres ist in Deutschland verboten, Anm. des dt. Verlages). Diese Taktiken mögen zwar das Verhalten für den Augenblick beenden, doch das dahintersteckende Problem werden sie nicht beheben. Hinzu kommt, dass sie Stress, Frustration und weitere Probleme auslösen können.

Kämpfen zum Beispiel zwei Hunde miteinander, dann legen manche Trainer einem der Hunde ein sogenanntes Schockhalsband an (auch elektronisches Halsband, „Teletakt“ oder beschönigend „Erziehungshalsband“ genannt). Wenn der Hund den anderen Hund anschaut oder eine Bewegung in dessen Richtung macht, drücken sie auf die Fernbedienung und verpassen ihm so einen Stromstoß. Ich halte das nicht nur für keine gute Idee, sondern ich empfehle auch keine Schockhalsbänder. Ein Hund, der in dem Moment Schmerzen verspürt, wenn er einen anderen Hund anschaut, könnte den Schmerz direkt mit diesem Hund verbinden, was eine anhaltende negative Assoziation hervorrufen oder eine gar bereits bestehende verschlimmern könnte. (In Deutschland ist der Einsatz von Elektroschock-Halsbändern zwar verboten, aber das Gesagte gilt sinngemäß auch für zwar weniger drastische, aber trotzdem aversive Methoden wie Anspritzen mit Wasser, Werfen mit Ketten oder Klapperscheiben o.ä.).

Außerdem kann beim Einsatz von Bestrafungen einiges schieflaufen. Ich hatte einmal einen Kunden, dessen vorheriger Trainer ihn instruiert hatte, bei seinen kämpfenden Labradors Jake und Bailey Schockhalsbänder anzulegen. Eines Tages drückte der Mann aufs Knöpfchen der Fernbedienung, während Jake Bailey intensiv anstarrte. Als der Mann das nächste Mal auf den Knopf drückte, griff Jake ihn an. Der Mann wurde übel gebissen und die Probleme zwischen den Hunden eskalierten. Schmerzen haben keine Berechtigung im Hundetraining und können Ihre Hunde erheblich traumatisieren! Was Sie brauchen, ist ein moderner, aufgeklärter Trainer, der Ihnen herauszufinden helfen wird, welches genau die Auslöser bei Ihren Hunden sind (dank dieses Buches werden Sie diesbezüglich bereits einen Vorsprung haben). Und er wird einen Trainingsplan erstellen, um sich wirksam mit diesen Auslösern zu befassen – unter Einsatz von einfühlsamen, wissenschaftlich belegten Methoden. Scheuen Sie sich nicht, die Experten danach zu fragen, welches Handwerkszeug und welche Techniken sie genau anzuwenden oder nicht anzuwenden beabsichtigen. Gute Experten werden sich freuen, Ihnen Ihre Fragen zu beantworten. Sollten Sie bei jemandem aus irgendeinem Grund kein gutes Gefühl haben, suchen Sie weiter. Es gibt genügend gut informierte, gut ausgebildete und nette Experten, die sich freuen, Ihnen zu helfen.

Egal, ob Sie sich dazu entschließen, den Dienst eines Experten in Anspruch zu nehmen oder ob Sie die Dinge selbst angehen: Genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um anzufangen. Blättern Sie weiter und machen Sie sich auf den Weg, Harmonie zwischen Ihren Hunden und Frieden in Ihr Heim einkehren zu lassen.

1 Wrubel, Kathryn M., Moon-Fanelli, Alice A., Maranda, Louise S., and Dodman, Nicholas H. (2011). Interdog household aggression: 38 cases (2006–2007). Journal of the American Veterinary Medical Association, 238: 731–740

1

Teil Eins Vorbereitung

1

Zur Situation beitragende Faktoren

Es gibt eine große Bandbreite an Auslösern, die Hunde zum Kämpfen veranlassen. Ehe wir darüber nachdenken, was Aggressionen zwischen Ihren Hunden hervorruft, widmen wir uns einmal ein paar alltäglichen Faktoren, die zur Hund-zu-Hund-Aggression beitragen können.

Das Geschlecht

Die schlimmsten Auseinandersetzungen, die ich während meiner vielen Jahre als Hundeverhaltensexpertin gesehen habe, waren die unter Hündinnen. Sicherlich kämpfen Rüden miteinander, aber obwohl das oft laut ist und furchterregend klingt, gibt es dabei nicht so viele körperliche Schäden wie unter Hündinnen – das typische Gerangel unter Rüden ist eher wie eine Wirtshausschlägerei zu betrachten. Wenn Hündinnen kämpfen, ist das oftmals leiser, dauert länger und ist deutlich intensiver. In der zuvor erwähnten Studie der Tufts Universität waren in 79% der Fälle von Aggressionen gleichgeschlechtliche Paare verwickelt. Bei 68% war ein Weibchen oder ein weibliches Paar dabei. Bei den rein männlichen Konstellationen konnte in 72% der Fälle nach einer Verhaltenstherapie eine Konfliktminderung nach Verhaltenstherapie beobachtet werden, während dies bei den rein weiblichen Konstellationen in nur 57% der Fall war. Diese Informationen gebe ich hier nicht weiter, um zu unterstellen, dass Rüden nicht in ernsthafte Kämpfe untereinander verwickelt werden können – das können Sie sehr wohl – oder dass kämpfende Hündinnen nicht dazu lernen können. Persönlich kenne ich eine ganze Menge Familien mit zwei oder drei Hündinnen, die sehr verträglich miteinander sind. Aber im Allgemeinen ist es unwahrscheinlicher, dass Paare, die aus einem Rüden und einer Hündin bestehen, miteinander kämpfen.

Wurfgeschwister

Viele Züchter und Tierheime versuchen, potenzielle Besitzer von der Idee, Wurfgeschwister zu sich zu nehmen, abzubringen. Teils ist das der Tatsache geschuldet, dass die Welpen wahrscheinlich extrem aneinander hängen werden, während sie aufwachsen. Dies stellt den Besitzer vor die Herausforderung, eine ebenso starke Verbindung zu ihnen zu schaffen, wie sie sie zueinander haben. Es kann auch schwierig sein, die Aufmerksamkeit zweier junger Welpen während der Trainingszeiten aufrecht zu erhalten und Gehorsam beim Einfordern von alltäglichen Benimmregeln zu erlangen. Und die Hunde könnten starke Verlustängste entwickeln, wenn sie einmal voneinander getrennt sind.

Eine ernstere mögliche Schwierigkeit hängt mit Aggression zusammen. Obwohl es zu diesem Thema an veröffentlichten Forschungsergebnissen mangelt, deutet meine eigene Expertenerfahrung neben der vieler Kollegen auf die Tatsache hin, dass Geschwister zum Streiten neigen. Oft triezt der eine den anderen schon ab einem sehr frühen Alter, was sich lebenslang schädlich auswirken kann, oder sie kabbeln sich als Welpen und diese Streitereien werden beim Heranwachsen schlimmer. Unglücklicherweise sind sich manche Züchter und Auffangstationen dieser Tatsachen nicht bewusst und ermutigen Besitzer noch dazu, Geschwister zu nehmen. Aggression unter Geschwistern tritt nicht in jeder Situation auf. Aber wenn Wurfgeschwister streiten, insbesondere, wenn beides Hündinnen sind, kann die Situation sehr heftig und schwierig zu lösen sein.

Rasse

Die Rasse spielt bezogen auf das Temperament eines Hundes eine große Rolle. Angehörige derjenigen Rassen, die ursprünglich zum Kämpfen oder Beschützen gezüchtet wurden, sind wahrscheinlicher eher prädisponiert für eine Hund-zu-Hund Aggression als diejenigen, die gezüchtet wurden, um in Harmonie mit anderen Hunden zu leben oder um den Menschen zu begleiten. Natürlich wird die Tendenz zur Aggression selbst innerhalb einer Rasse individuell verschieden ausgeprägt sein. Dennoch sind manche Dinge genetisch bedingt. Sie sollten nicht erwarten, das genetisch festgelegte Wesen Ihres Hundes ändern zu können, genauso wenig, wie Sie von einem Menschen eine totale Persönlichkeitsveränderung erwarten würden. Was Sie zu ändern versuchen können, ist das Verhalten Ihres Hundes.

Alter

Manch ein gutmeinender Besitzer bringt einen Welpen oder Junghund in der Hoffnung auf einen Verjüngungseffekt auf einen älteren, weniger energiegeladenen Hund nach Hause mit.

Unglücklicherweise fühlt sich der Senior von dem jungen Rüpel oftmals angegriffen, weil der in den Frieden seiner goldenen Jahre eindringt. Er mag eine Lefze hochziehen oder den jüngeren Hund anknurren, um ihn abzuschrecken – was in einem Schnappen in die Luft oder einem Biss enden kann, wenn er das Gefühl hat, dass seine Botschaft nicht angekommen ist. Zieht sich der jüngere Hund dann nicht zurück, kann das einen Kampf zur Folge haben. Wir werden dieses Thema in dem Kapitel Halbstarke und Golden Oldies genauer untersuchen.

Kastration

Eine Kastration verhindert sowohl bei Hündin als auch bei Rüde deren Fortpflanzung. In den Vereinigten Staaten wird dieser chirurgische Eingriff ohne zu hinterfragen durchgeführt, meist bei noch sehr jungen Tieren. Vielzitiert sind die Vorteile bezüglich des Verhaltens. Bei männlichen Hunden kann das Kastrieren – obwohl es nicht immer so ist – den Drang zu markieren, zu streunen und Hündinnen zu besteigen schwächen. Diese Probleme lassen sich aber auch durch ordentliches Training und Beherrschung lösen. Aber noch viel wichtiger ist die Frage: Verringert das Kastrieren von Rüden Aggressionen? Kann es die Wahrscheinlichkeit verringern, dass er mit anderen Rüden kämpft? Dazu kommen wir gleich noch.

Bei Hündinnen ist das Problem vielschichtiger. Sie werden ein oder zwei Mal im Jahr läufig. Vor und während der Läufigkeit (oder „Hitze“) werden viele Hündinnen empfindlicher und generell weniger geduldig und streiten somit eher. Falls es noch eine weitere Hündin im Haus gibt, können Kämpfe während dieser Zeit sehr heftig werden. Und natürlich könnten einem Rüden Aggressionen entgegenschlagen, wenn er die Hündin zu besteigen versucht. In Anbetracht dieser Herausforderungen (neben den lästigen Hygieneprobleme mit einer läufigen Hündin im Haus) entscheiden sich viele dafür, ihre Hündinnen kastrieren zu lassen.

Aber bringt das Kastrieren in Bezug auf Aggressionsprobleme etwas? In manchen Fällen ist das so, in anderen nicht. Ich wünschte, es gäbe eine klare, einfache Antwort, aber Kastration ist ein schwieriges Thema, umso mehr, als dass es nur sehr wenig standardisierte, breit akzeptierte Forschungen dazu gibt. 1977 hat das Davis Veterinary Medical Teaching Hospital an der an der Universität von Kalifornien in einer Studie mit siebenundfünfzig Hunden herausgefunden, dass bei Rüden, die sich gegen ihre menschlichen und Hundefamilienmitglieder aggressiv zeigten, das Kastrieren nur bei 25% der Hunde geholfen hat, und ihr Verhalten verbesserte sich nur bei 50%.1) Die Forscher erklärten: „Kastration kann bei manchen Hunden Aggressionen effektiv mindern, aber bei weniger als einem Drittel kann eine deutliche Verbesserung erwartet werden.“

Eine größer angelegte Studie, die von Deborah L. Duffy und James A. Serpell2) durchgeführt wurde, untersuchte eine zufällige Auswahl von 1.552 Hunden, die elf geläufigen Rassen angehörten sowie eine Stichprobenauswahl (basierend auf leichter Verfügbarkeit und Zugänglichkeit) aus über 6.000 Hunden, deren Besitzer eine Online-Umfrage ausgefüllt hatten. Die Forscher nutzten dabei den speziell entwickelten Fragebogen „C-BARQ“ (Canine Behavioral Assessment and Research Questionnaire), um den Einfluss von Kastration zu untersuchen. Die Ergebnisse des aus 101 Punkten bestehenden Fragebogens zeigten, dass es im Gegensatz zur landläufigen Meinung „kaum einen Beweis dafür gibt, dass Kastration eine effiziente Behandlungsmethode bei aggressivem Verhalten von Rüden ist und andere Verhaltensprobleme verschlimmern könnte.“

In einer Masterarbeit am Hunter College mit dem Titel „Verhaltenstechnische und physische Auswirkungen von Sterilisation und Kastration bei domestizierten Hunden (Canis familiaris)“3) hat Parvene Farhoody den C-BARQ Fragebogen an einer Auswahl von 10.839 Hunden genutzt. Verhaltenscharakteristika von unkastrierten Rüden und Hündinnen wurden mit denen von kastrierten Hunden verglichen. Die Daten zeigten, dass „das Verhalten kastrierter Hunde sich deutlich von dem unversehrter Hunde unterschied, und zwar auf eine Art und Weise, die der vorherrschenden Meinung widerspricht. Laut den Forschungsergebnissen waren die kastrierten Hunde aggressiver, ängstlicher, leichter erregbar und weniger trainierbar als unkastrierte Hunde.“ Es gab einen deutlich höheren Aggressionsgrad bei kastrierten Hunden, unabhängig davon, in welchem Alter sie kastriert worden waren. Bei Hündinnen gab es bei denjenigen, die mit 12 Monaten oder früher kastriert worden waren, einen höheres Aggressionsniveau als bei den unversehrten Hündinnen. Ebenso besorgniserregend war das Forschungsergebnis dazu, dass bei 31% die Ängstlichkeit wuchs, und zwar sowohl bei Rüden als auch bei Hündinnen, Die meiste Aggression beruht auf Angst, und hier wurde ein Anstieg von 8% bei der Erregbarkeit gemessen. Kurz gesagt wird Kastration für die Besitzer aggressiver Hunde nicht das Allheilmittel sein, auf das sie vielleicht gehofft haben.

Trotz der zuvor erwähnten Studien und Untersuchungen ist es eine Tatsache, dass wir dringendst neue, groß angelegte, gut kontrollierte Studien zu diesem Thema benötigen. Um das Ganze noch zu verkomplizieren – es gibt bereits viele Studien, die die Auswirkungen von Kastration auf die Gesundheit von Hunden in Frage stellen. Ich habe längst hinterfragt, warum die Vasektomie für Rüden und die Tubenligatur (das Abbinden der Eileiter) für Hündinnen nicht allgemein als Alternativen gesehen werden. Diese chirurgischen Eingriffe belassen die Vitalorgane intakt und ermöglichen weiterhin die Produktion von für die Entwicklung wichtigen Sexualhormone. Der Tierarzt Chris Zink hat eine ausgezeichnete Abhandlung verfasst4), in der er die Ergebnisse vieler Studien zur Kastration und Sterilisation zusammenfasst. Sie steht online zur Verfügung und ist eine hervorragende Quelle. Auch in dem Buch „Pukkas Promise. The Quest for Longer-Lived Dogs“ von Ted Kerasote finden sich sehr lohnenswerte Informationen zu dem Thema. (Auf dem deutschen Buchmarkt ist dazu das Buch „Kastration und Verhalten beim Hund“ von Sophie Strodtbeck und Udo Gansloßer erschienen, Anm. d. dt. Verlages).

Vielleicht scheint es nun so, dass ich, weil ich diese Studien zitiere, Ihnen empfehlen würde, Ihre Hunde nicht zu kastrieren. Das entspricht nicht meiner Absicht. Möglicherweise haben Sie zwei Rüden, die sich bekämpfen, und einen davon zu kastrieren wäre nutzbringend. Oder die Kastration Ihrer Hündin würde die Aggressionsprobleme bei Ihrem gemischtgeschlechtlichen Pärchen beenden. Das Thema ist kompliziert und verdient durchaus nähere Betrachtung – die allerdings den Rahmen dieses Buches sprengen würde. Über viele Jahre hinweg haben Verhaltensexperten, wie auch ich es bin, automatisch die Kastration empfohlen, sobald Aggression im Spiel war – besonders bei Rüden. Aber jede Situation ist anders. Ich bin keine Tierärztin und kann keinen medizinischen Rat anbieten. Ich möchte Sie dazu ermuntern, eigene intensive Nachforschungen bezüglich der möglichen Auswirkungen einer Kastration bei Ihrer eigenen Hunderasse anzustellen (die Forschung zeigt uns gerade, dass gesundheitliche Auswirkungen rassetypisch sein können) und ebenso dazu, in welchem Alter dies die wahrscheinlich geringstmöglichen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit hätte. Sprechen Sie mit einem guten Tierarzt und einem Hundeverhaltensexperten, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.

Sollten Sie sich für die Kastration bei einem Ihrer Hunde entschließen, so lassen Sie die Hunde nicht direkt danach wieder zusammenkommen. Eine meiner Freundinnen hatte zwei junge Rüden, beides Mischlinge aus nordischen Rassen und beide unkastriert, aus dem Tierschutz übernommen. Die Hunde kamen bestens miteinander aus – bis sie einen von ihnen kastrieren ließ und ihn zurück ins Haus brachte. Der andere Hund griff ihn beinahe sofort an. Ob es daran lag, dass der kastrierte Hund nach der Tierklinik gerochen hat? Oder vielleicht daran, dass er sich nicht gut fühlte und Schwäche zeigte? Es könnte noch andere Ursachen gehabt haben, wie etwa Territorialverhalten. Man kann unmöglich sagen, warum das passiert ist, aber bei derartigen Situationen täuscht man sich zugunsten der Vorsicht lieber einmal mehr. Gönnen Sie Ihrem veränderten Hund Zeit zur Heilung und Ruhe, ehe Sie Ihren Hunden wieder vollen Zugang zueinander gewähren. Sobald der kastrierte Hund wieder der Alte ist, benutzen Sie nur zur Sicherheit ein Trenngitter oder sehr lockere Leinen, wenn Sie die beiden wieder zueinander führen.

Gesundheit

Wenn ein Hund krank oder schwach ist, könnte ein anderer Hund beginnen, ihm gegenüber Aggressionen an den Tag zu legen. Hunde sind opportunistisch, und sofern sich eine Gelegenheit bietet, mehr Kontrolle zu gewinnen, dann nutzen manche diese Gelegenheit. Oder vielleicht wird auch der kranke Hund aggressiv. Das wäre verständlich, da es normal ist, empfindlich zu sein und man in Ruhe gelassen werden möchte, wenn man sich unwohl fühlt. Ein anderes gesundheitsbezogenes Thema hat mit Schmerzen zu tun. Wenn ein Hund Schmerzen hat, kann er etwas gegen Aufforderungen zum Spielen haben oder sich angegriffen fühlen, wenn ihn ein anderer Hund anrempelt oder anspringt. Darum könnte möglicherweise ein Hund, der Arthrose entwickelt, zum Beispiel gegenüber einem anderen Hund plötzlich ohne ersichtlichen Grund aggressiv reagieren, während dieses Verhalten in Wirklichkeit die Antwort auf Schmerz ist.

Wenn keiner Ihrer Hunde offensichtlich krank ist oder Schmerzen hat, aber die Unruhe in Ihrem Heim ganz plötzlich einsetzt und zum Beispiel nach Jahren der Harmonie einer plötzlich und aus heiterem Himmel den anderen attackiert, ist es Zeit für einen Besuch beim Tierarzt. Nehmen Sie beide Hunde mit und lassen sie untersuchen. Es gibt medizinische Gründe, die mit aggressivem Verhalten in Verbindung gebracht werden und das Verhalten des Angreifers erklären können – eine Schilddrüsenfehlfunktion zum Beispiel, ein Leber-Shunt oder ein eingeklemmter Nerv, um nur einige zu nennen.

Oder es könnte sein, dass der Hund, der angegriffen wird, krank ist, und der einzige, der es bemerkt, der andere Hund ist. Falls die Probleme zwischen Ihren Hunden schon Jahre andauern, ist eine medizinische Untersuchung nicht so dringend erforderlich. Allerdings wäre, sofern Ihre Hunde in letzter Zeit weder eine Untersuchung der Blutwerte noch eine körperliche Untersuchung hatten, jetzt ein guter Zeitpunkt dafür. Sie könnten auch gleich eine Zahn – und chiropraktische Vorsorgeuntersuchung mit durchführen lassen. Falls sich Ihr Tierarzt ursächlicher Zusammenhänge zwischen körperlichen Problemen und dem Verhalten nicht bewusst sein sollte, so suchen Sie nach einem, der besser informiert ist.

Stress

Lassen Sie uns den Tatsachen ins Gesicht sehen: Wir sind alle netter, wenn wir nicht total gestresst sind. Die Art und Weise, wie wir mit anderen interagieren, wird stark davon beeinflusst, wie wir uns in dem Moment fühlen. Da ist es nicht verwunderlich, dass die gleiche Dynamik auch bei Hunden wirkt. Ein Hund, der sich zerrissen fühlt, wird sehr viel wahrscheinlicher etwas krummnehmen und mit Aggression darauf reagieren, was ein anderer Hund tut, als einer, der entspannt ist. Die Anzahl der Dinge, die bei Hunden Stress auslösen kann ist endlos, genau wie bei uns Menschen. Nur einige der möglichen Faktoren sind Unwohlsein, eine Mahlzeit verpasst haben, von einem Besucher umgeben zu sein, dessen Anwesenheit Angst auslöst – und sogar das Wetter! Eine in Peking durchgeführte Studie5) zeigte einen starken Zusammenhang zwischen heißem Wetter und der Anzahl von Leuten, die wegen eines Hundebisses zur Notaufnahme kamen. Woraus man schloss, dass Hunde bei heißem Wetter gestresst und empfindlich werden können, genau wie es bei Menschen auch sein kann. Viele Hunde werden auch angespannt und nervös an Tagen, an denen es stark windet oder gewittert.

Anhäufung von Auslösern

Wenn wir die Elemente betrachten, die zu aggressiven Vorfällen beitragen, ist es wichtig, dass man den Mechanismus des Auslösers versteht. Ein Auslöser (oder Trigger) ist all das, was Ihren Hund dazu veranlasst, auf bestimmte Weise zu reagieren. Eine Situation zwischen zwei Hunden, bei der Aggression mit im Spiel ist, könnte durch Fressen, Spielzeug, und jede Menge anderer Dinge ausgelöst werden. Aber manchmal löst etwas, das es im Normalfall nicht tut, aufgrund einer Anhäufung von Auslösern Aggression aus. Der Cattle Dog Rex und die Australian Shepherd Hündin Kona zum Beispiel leben zusammen und verstehen sich normalerweise gut miteinander. Eines Tages hatte Rex einen Termin beim Tierarzt. Auf Anraten des Tierarztes bekam er kein Frühstück zu fressen. Rex war auf der Fahrt zum Termin im Auto nervös. In der Klinik wurde er geimpft und bekam Blut abgenommen. Dieses Erlebnis überforderte ihn und er schnappte nach der Tierarzthelferin, die ihm einen Maulkorb anlegte – das war verständlich, verursachte aber noch mehr Stress. Als Rex dann endlich nach Hause kam, war Kona aufgeregt, als sie ihn sah und warb um ein Spiel, indem sie ihn ansprang. Rex, der normalerweise mit einem Spielangebot seinerseits antwortet, knurrte und schnappte nach ihr. Was war hier passiert? Eine Anhäufung von Auslösern! In diesem Fall waren die Auslöser Rex‘ fehlendes Frühstück, Ängstlichkeit im Auto und Stress in der Tierarztpraxis. Auslöser um Auslöser kam solange hinzu, bis Rex auf untypische Art und Weise auf typische Umstände reagierte. Stellen Sie sich eine Auslöser-Anhäufung vor wie einen Sturm, der in Aggressionen resultieren kann, wo sonst keine sind. Daher ist es, wenn Sie Ihr Verhaltenstagebuch führen, so enorm wichtig, dass Sie nicht nur die Situationen mit Aggression aufzeichnen, sondern auch, was diesen voranging.

Als Nächstes werden wir spezielle Auslöser und Faktoren näher erforschen, die zur Lage Ihres Hundes beitragen könnten.

1 Neilson JC, Eckstein RA, Hart BL. Effects of castration on problem behaviors in male dogs with reference to age and duration of behavior. JAVMA 1997; 211(2):180-183.

2 Duffy, Deborah L., Serpell, James A. (2006, November). Non-reproductive effects of spaying and neutering on behavior in dogs. Proceedings of the Third International Symposium on Non-Surgical Contraceptive Methods for Pet Population Control. Alexandria, Virginia.

3 Behavioral and Physical Effects of Spaying and Neutering Domestic Dogs (Canis familiaris) Summary of findings detailed in a Masters thesis submitted to and accepted by Hunter College by Parvene Farhoody in May 2010. ©2010 Parvene Farhoody and Christine Zink

4 Chris Zink, die Doktorarbeit ist abrufbar unter http://bit.ly/2F8snX7

5 Yongming Zhang, Qi Zhao, Wenyi Zhang Wo, Shanshan Li, Gongbo Chen, Zhihai Han, Yuming Guo (2017). Are hospital emergency department visits due to dog bites associated with ambient temperature? A time-series study in Beijing, China. Science of The Total Environment, 598, 71–77.

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Die Situation einschätzen

Wenn ich Sie im Rahmen einer Einzelunterrichtsstunde befragen müsste, würde ich mit Ihnen an Ihrem Küchentisch sitzen und Fragen stellen, um mehr über die Probleme zwischen Ihren Hunden zu erfahren. Auf Grundlage Ihrer Antworten würden wir dann weiter nähere Einzelheiten untersuchen und möglicherweise würde dies ein umfassendes Bild ergeben. Daraus und durch das Beobachten und Arbeiten mit Ihren Hunden würde ich eine voraussichtliche Prognose stellen und eine Vorgehensweise entwickeln. Nachfolgend einige der Fragen, die ich stellen würde – inklusive der Argumente und Schlussfolgerungen dahinter. Bitte nehmen Sie sich die Zeit, um Ihre Antworten zu notieren.

1. Wer ist in die Kämpfe verwickelt?

Falls Sie nur zwei Hunde haben, ist die Antwort leicht, denn es sind die beiden. Sollten Sie indessen drei oder mehr Hunde haben, ist diese Frage durchaus eine Überlegung wert. Gehen wir mal davon aus, dass zwei der Hunde normalerweise daran beteiligt sind. Wenn sie kämpfen, was tut dann der dritte Hund? Mischt er sich ein, um denjenigen zu unterstützen, zu dem er eine engere Bindung hat, oder sitzt er es aus? Zwei kämpfende Hunde zu trennen, solange sie sich herausfordern, ist unendlich viel einfacher als drei, vier oder noch mehr Hunde zu trennen. Das sollten Sie bedenken; insbesondere, wenn Sie tendenziell die meiste Zeit nicht zu Hause sind.

2. Wie lange dauert das aggressive Verhalten an?

Wann haben Ihre Hunde erstmals zu streiten begonnen? Gab es andere besorgniserregende Verhaltensweisen, ehe das Kämpfen begann? Hat zum Beispiel ein Hund den anderen unablässig und über Monate ins Visier genommen, ehe der anvisierte Hund schlussendlich zurückgekämpft hat? Oder scheint die Aggression aus dem Nichts zu kommen? Ich wiederhole: Wenn Ihre Hunde immer gut miteinander ausgekommen sind und plötzlich miteinander kämpfen, gehen Sie mit beiden zu einem Tierarzt und lassen Sie einen gründlichen Check-Up machen. Falls ein Hund sich unwohl fühlt, kann dies den Beginn eines Kampfes mit sich bringen, obwohl er so etwas sonst nicht tun würde. Oder er fühlt sich weniger geneigt, mit dem normalen Mobbing zurecht zu kommen. Oder es könnte sein, dass der eine Hund krank ist und der andere versucht, dies auszunutzen.

3. Wie heftig sind die Kämpfe?

Es macht einen großen Unterschied in der Prognose aus, ob wir eine Situation haben, in der Hunde zwar kämpfen, sich aber nicht verletzen, oder eine, in der sie sich ernsthaft verletzen wollen. In mäßig heftigen Auseinandersetzungen ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Hund eine Blutung an Ohr, Lefze oder am Kopf davonträgt. Klar ist das nichts Gutes, aber nicht so besorgniserregend wie die Art von Kämpfen, bei denen ein Hund den anderen ernsthaft zu verletzen versucht. Ein Hund, der ernsthaft Schaden zufügen möchte, wird oft auf die Beine zielen (stellen Sie sich einen Löwen vor, wie er seine Beute zu Fall bringt), auf den Bauch oder die Leistengegend, genauso wie auf den Teil am Nacken, um den er den Kiefer schließen, zupacken und schütteln kann. Wie heftig waren die Kämpfe zwischen Ihren Hunden? Hat einer den anderen so verletzt, dass ein Tierarztbesuch notwendig geworden ist?

4. Wie unterschiedlich sind Ihre Hunde, was Größe und Kraft angeht?

Wenn es darum geht, einen möglichen Schaden einzuschätzen, kann nicht oft genug betont werden, wie wichtig der Größen – und Kraftunterschied zwischen Ihren Hunden ist. Zwei kämpfende Malteser werden sich nicht solche Verletzungen zufügen wie ein Rottweiler einem Dackel. Apropos Großer-Hund-Kleiner-Hund-Problem: Wie steht es mit dem Beutetrieb? Hat Ihr größerer Hund einen ausgeprägten Jagdinstinkt? Verfolgt er gerne Mäuse, Eidechsen oder andere kleine Geschöpfe? Scheint er Ihren anderen Hund als Beute zu betrachten, wobei seine Aggressionen durch schnelle Bewegungen oder hohe Töne wie Kläffen oder Winseln ausgelöst werden? Der Jagdtrieb ist bei Hunden derart instinktgebunden, dass es extrem schwierig ist, dieses Verhalten mittels Training zum Verschwinden zu bringen. Es ist eine Sache, wenn man Zeit und Energie darauf verwendet, seinem Hund beizubringen, dass er keine Eichhörnchen jagen soll, aber etwas ganz anderes, das Beutefangverhalten im Zuhause abgewöhnen zu wollen. Diesbezüglich gibt es kein Training, das zuverlässig genug wäre; der Einsatz wäre zu hoch. Sollte einer der Hunde viel größer und stärker sein oder einen sehr intensiven, starken Jagdtrieb besitzen, müssten Sie möglicherweise über eine dauerhafte Trennung nachdenken – mittels Management oder ein neues Zuhause.

5. Leben Kinder oder Teenager bei Ihnen im Haus?

Eines der ersten Dinge, die ich wissen möchte, wenn ich mit Kunden arbeite, ist, ob es kleine Kinder oder Teenager im Haus gibt. Wenn es um Management geht, man also zum Beispiel Babygitter zur Trennung der Hunde einsetzt, sicherstellen muss, dass Gartentüren verschlossen sind, Hunde in Boxen setzt und dergleichen, dann sind Teenager bekannt dafür, dass ihnen schnell Fehler unterlaufen. Selbst Teenager, die grundsätzlich verlässlich sind und gute Absichten hegen, neigen dazu, schnell abgelenkt zu sein. Unglücklicherweise kann ein Ausrutscher in manchen Fällen aber über Leben oder Tod eines Hundes entscheiden.