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Kann Jesus heute noch maßgeblich sein? Jesus ist eingemauert in Dogmen und Kirchenrituale, die eine lebendige Erfahrung mit ihm erschweren, wenn nicht gar verhindern. Jesus wird bedeutungslos, weil er in festgefahrenen kirchlichen Lehren begraben ist. Einen Zugang zu Jesus neu zu bahnen ist das Anliegen des Buches von Wolfgang Pauly. Wie kann man in unserer Zeit von einem Menschen reden, der in der antiken Welt gelebt hat, dessen Leben nach ihren Bedingungen überliefert und gedeutet wurde? Kann ein Mensch, der so tragisch gestorben ist, heute noch Maßstäbe setzen für ein sinnvolles, gelingendes Leben? Das Bild Jesu wird von Übermalungen und Traditionen befreit, um einen erwachsenen Christusglauben möglich zu machen. Die Frage, wer Jesus für einen selbst ist, kann einem niemand abnehmen. Und doch ist diese Frage lebensentscheidend. Paulys Buch hilft, einen eigenen Glauben an Jesus zu finden und an ihm orientiert heilsam zu leben.
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Seitenzahl: 317
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Kann Jesus heute noch maßgeblich sein?
Jesus ist eingemauert in Dogmen und Kirchenrituale, die eine lebendige Erfahrung mit ihm erschweren, wenn nicht gar verhindern. Jesus wird bedeutungslos, weil er in festgefahrenen kirchlichen Lehren begraben ist.
Einen Zugang zu Jesus neu zu bahnen ist das Anliegen des Buches von Wolfgang Pauly. Wie kann man in unserer Zeit von einem Menschen reden, der in der antiken Welt gelebt hat, dessen Leben nach ihren Bedingungen überliefert und gedeutet wurde? Kann ein Mensch, der so tragisch gestorben ist, heute noch Maßstäbe setzen für ein sinnvolles, gelingendes Leben?
Das Bild Jesu wird von Übermalungen und Traditionen befreit, um einen erwachsenen Christusglauben möglich zu machen. Die Frage, wer Jesus für einen selbst ist, kann einem niemand abnehmen. Und doch ist diese Frage lebensentscheidend. Paulys Buch hilft, einen eigenen Glauben an Jesus zu finden und an ihm orientiert heilsam zu leben.
Prof. Dr. Wolfgang Pauly, geboren 1954, stammt aus Sulzbach/Saar. Studium der katholischen Theologie, Philosophie und Germanistik an den Universitäten in Saarbrücken, Tübingen und Trier. Lehramt für Gymnasien, Diplom-Theologe, Akademischer Direktor am Institut für katholische Theologie an der Universität Koblenz-Landau, Abteilung Landau. Arbeitsschwerpunkte Dogmatik, Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft. Zahlreiche Veröffentlichungen (in Auswahl): »Abschied vom Kinderglauben. Ein Kursbuch für aufgeklärtes Christsein« (2008, 3. Auflage 2012); »Martin Buber. Ein Leben im Dialog« (2010); »Geschichte der Christlichen Theologie« (2008); »Wahrheit und Konsens. Die Erkenntnistheorie von Jürgen Habermas und ihre theologische Relevanz« (1989).
Jesus von Nazareth ist tot. Er starb vor fast 2000 Jahren im Alter von etwa 35 Jahren im von den Römern besetzten Palästina einen qualvollen Tod am Kreuz. Diese Art grausamen Sterbens war damals keine Seltenheit. Im Jahr 71 vor Christus waren 6000 Aufständische um den Gladiator Spartakus in einer Schlacht mit dem römischen Heer gefangen genommen und gekreuzigt worden. An der Via Appia von Rom zum Hafen in Ostia hatte Kreuz neben Kreuz gestanden. Der Aufstand war damit beendet, Spartakus weitgehend vergessen – wenngleich sich immer wieder kleinere revolutionäre Gruppen – wie zum Beispiel 1919 in Deutschland nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs – mit ihm und seinen Ideen identifizierten. Und auch »in der Gegenwart gibt es Tausende von Personen, deren Tod dem des Jesus von Nazareth sehr ähnlich ist und deren Todesgründe – also jene, die ihre Henker nennen – der Anklage gegen Jesus ähneln« (Sobrino 1998, S. 94).
Jesus aber ist über 2000 Jahre unvergessen geblieben. Ob von ihm so gewollt oder nicht, es ist eine globale Gemeinschaft von Menschen entstanden, die die Erinnerung an ihn in Wort und Tat wachhält. Ab der dritten Generation nach seinem Tod haben Autoren und Redakteure systematisch mündliche und bereits schriftlich vorliegende kleine Quellen gesammelt und sie zu einem zusammenhängenden Text zusammengefügt. Es kam ihnen dabei in ihrer unterschiedlichen und teilweise sogar widersprüchlichen Darstellung nicht auf die formale Richtigkeit der dargestellten Fakten an. Sie wollten vielmehr zeigen, dass dieser Jesus auch nach seinem Tod für die Menschen in deren jeweiliger Lebenszeit von Bedeutung ist. Deswegen nannte zuerst der »Markus« genannte unbekannte Autor seine Darstellung »Evangelium«: »Frohe Botschaft«. Gleichzeitig deutete er – wie später auch die anderen Evangelisten – die Person und das Werk des Jesus von Nazareth für sich und seinen Leserkreis. Alle Autoren der biblischen Schriften haben Jesus selbst persönlich nie kennengelernt. Zu ihrer Deutung gebrauchten sie Titel aus ihrem jeweiligen kulturellen und religiösen Umfeld, obwohl Jesus selbst diese für sich wohl nie beanspruchte hatte: »Evangelium von Jesus Christus, dem Sohn Gottes« (Mk. 1, 1).
Was hat Menschen über zwei Jahrtausende an diesem Jesus interessiert? Was hat sie so begeistert, dass sie seinen Lebensvollzug auch auf die eigene Lebenspraxis anwandten und ihm nachfolgten? Warum rufen auch heute Menschen in aller Welt Jesus an in Momenten des Glücks oder auch der Verzweiflung? Warum benennen im Jahr 2011 in einer repräsentativen Umfrage in den USA die Befragten Jesus als die zweitwichtigste Person der Weltgeschichte nach Abraham Lincoln und weit vor Martin Luther King und Mahatma Gandhi (Public Policy Polling, Raleigh/Nord Carolina)? Was macht ihn so bedeutend, dass selbst das deutsche Magazin »Der Spiegel« diesem Jesus ein Sonderheft widmete (Der Spiegel, Nr. 6/2011)? Und warum wissen trotz einer unübersehbaren Fülle von Informationsquellen umgekehrt viele bei einer genaueren Nachfrage so wenig über ihn und über die Geschichte der Deutung seiner Person und seines Werkes?
Wie alles im menschlichen Leben war auch die Berufung auf Jesus im Laufe der Zeiten zweideutig. In seinem Namen engagieren sich Menschen seit fast 2000 Jahren für andere; viele gaben ihr Leben für andere hin. Umgekehrt eroberten Menschen mit Berufung auf ihn fremde Länder und versklavten und töteten die dort Lebenden.
Bis zur Gegenwart ist das öffentliche Leben des westlichen Kulturkreises von Jesus und der ihn verehrenden Glaubensgemeinschaft gezeichnet. Er prägt den Jahreskalender sowie gemäß seiner jüdischen Herkunft auch die Struktur der Woche mit dem Sabbat oder dem Sonntag als Höhepunkt. Das Kreuz als Zeichen seines schmerzhaften Todes hängt in Schulen und Gerichtsgebäuden, es steht als »Gipfelkreuz« auf vielen Bergen.
Obwohl auch heute viele Menschen ihr Leben nach den Maßstäben, die von ihm überliefert sind, ausrichten, geraten Jesus und seine Botschaft bei anderen immer stärker in Vergessenheit. Oder er wird einerseits zur Kultfigur verkitscht, andererseits zum romantischen Mythos verharmlost.
Wie kann man in Zeiten der Postmoderne von einem Menschen reden, der unter den Bedingungen der antiken Welt gelebt hat und dessen Leben unter deren Bedingungen überliefert und gedeutet wurde? Wäre es überhaupt ein Verlust, wenn er nach 2000 Jahren vergessen und damit endgültig tot wäre? Kann ein Mensch, der so tragisch gestorben ist, heute noch Maßstäbe setzen für ein gelungenes und glückliches Leben?
Fragen über Fragen. Und dabei ist es gerade das Kennzeichen der globalen und zugleich äußerst differenzierten Einheitswelt der Gegenwart, dass es auf so unterschiedliche Fragen keine eindeutigen und für alle gültigen Antworten geben kann. Zudem können Antworten auf Fragen der persönlichen Existenz nicht einfach aus vorgegebenen Zusammenhängen abgeleitet werden. Jeder, der so grundlegende Fragen nach dem Gelingen des Lebens stellt, ist mit seinem ganzen Wesen in die Antwort mit eingebunden, wenn diese nicht einfach fremdbestimmt sein soll. Sowenig andere für ihn leben können, sowenig können andere oder eine Institution ihm die Antworten seines Lebens präsentieren.
Bis ins 18. Jahrhundert hätte man die Frage, was vom Leben und Werk des Jesus von Nazareth als historisch gesicherte Erkenntnis gelten kann, als unverständlich abgetan, wenn nicht gar als Blasphemie verurteilt. Die Texte des Neuen Testaments und insbesondere die Evangelien lieferten Geschichten und Daten, die als göttlich offenbart galten. Eine Unterscheidung zwischen dem historischen Jesus als Vorbild eines an Gott glaubenden Menschen und dem Christus, an den selbst geglaubt wurde, schien unmöglich. Erst die westeuropäische Aufklärung mit ihrer Betonung der Vernunft ließ einen analytischen Vergleich der einzelnen Evangelien zu, der Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen ihnen offenlegte und damit auch immer stärker zwischen der historischen Person und dem Inhalt des Glaubens unterschied. Ziel dieser Bemühung sollte der Nachweis sein, dass die biblische Überlieferung nicht unvernünftig sei, sondern dass die beschriebenen Geschichten zumindest in ihren Grundaussagen auch der Historie entsprächen. Insofern sollte historische Sicherheit auch die Sicherheit im Glauben fördern.
Dieses Anliegen war nicht ungefährlich. Das Judentum der Neuzeit zeigt ein eindringliches Beispiel dafür, wohin es führen kann, wenn Quellenkritik und Textvergleich der biblischen Schriften zu Anfragen und Erkenntnissen führen, die traditionelle Deutungen und Machtstrukturen infrage stellen. Als 1670 der große jüdische Gelehrte Baruch de Spinoza (1632-1677) seinen »Theologisch-politischen Traktat« veröffentlichte, konnte er dies nur anonym tun. Wer wie Spinoza die Autorschaft des Mose für die fünf Bücher Mose hinterfragte und eine lange Entwicklungsgeschichte dieser Texte sowie viele unbekannte Autoren postulierte, der musste mit starker Kritik und Publikationsverbot rechnen – was 1674 für den »Traktat« auch eintrat. Nach dem Bekanntwerden seiner Autorschaft musste Spinoza seine Amsterdamer Synagoge verlassen.
Im Christentum wagte es der Hamburger Orientalist Hermann Samuel Reimarus (1694-1768) zu seinen Lebzeiten überhaupt nicht, seinen literarischen und sprachlichen Vergleich der Evangelien der Öffentlichkeit zu übergeben. Erst zehn Jahre nach seinem Tod publiziert Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) einen ersten Teil dieser umfangreichen Untersuchung, jedoch auch wiederum ohne den Namen des Autors zu nennen. Gerade die ersten drei Evangelien, die ursprünglich anonym waren und erst später den Autoren Markus, Matthäus und Lukas zugeordnet wurden, zeigten laut Reimarus einen Jesus, der mit seinem Anspruch auf Messianität gescheitert ist. Um dieses Scheitern zu kaschieren, stahlen nach Reimarus die Jünger den Leichnam und schufen mit den Erzählungen vom Auferstandenen die Voraussetzung für die Entstehung des Glaubens an den jetzt als Messias-Christus verehrten Jesus.
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