Der Betriebsratscoach - Maren Bullermann - E-Book

Der Betriebsratscoach E-Book

Maren Bullermann

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Beschreibung

Betriebsrat zu werden ist meist gar nicht so schwer. Sich als Betriebsrat wirksam für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen einzusetzen ist hingegen eine Herausforderung. Welche Rechte haben Sie als Betriebsrat? Wie verbessern Sie die Arbeitsbedingungen konkret? Wie organisieren Sie sich im Team? Wie bereiten Sie sich am besten auf die Verhandlungen mit dem Chef vor? Was tun, wenn Kolleginnen und Kollegen benachteiligt werden und sich beschweren? Wie nehmen Sie die Belegschaft mit? Maren Bullermann zeigt im »Betriebsratscoach«, worauf es bei erfolgreicher Betriebsratsarbeit ankommt. Vom Arbeitsauftrag über die Mitbestimmungsrechte bis hin zu den eigenen Projekten — mit gegenseitigem Verständnis zu konstruktiver Teamarbeit und einer starken Position gegenüber der Unternehmensleitung. Sie erhalten zahlreiche praktische Tipps und Motivation für Ihr Engagement als Betriebsrat. Spartipp: Wenn Sie schon Betriebsrat sind, muss Ihr Arbeitgeber, gemäß § 40 Absatz 1 BetrVG, diesen Ratgeber als Sachaufwand bezahlen. *** "Kompliment: Der Betriebsratscoach liest sich super, ist kurzweilig aber dennoch informativ und gut strukturiert." Eva-Maria Stoppkotte, verantwortliche Redakteurin der Zeitschrift »AiB Arbeitsrecht im Betrieb« "Der Betriebsratscoach hält jede Menge konkreter Beispiele bereit und macht Mut zum Tätigwerden, ohne dass man sich zuvor durchs Paragraphendickicht des Betriebsverfassungsgesetzes und der zahllosen Gerichtsurteile schlagen muss." Günter Wallraff; Journalist "Der Betriebsratscoach zeigt mehr auf, als die rechtliche Seite. Er motiviert zur aktiven Gestaltung des Beziehungsdreiecks von Betriebsrat, Belegschaft und Unternehmensleitung — wobei auch die Rolle der Gewerkschaft nicht zu kurz kommt. Die emotionale und erfahrungsgesättigte Sichtweise Maren Bullermanns trägt zur Professionalisierung der Betriebsratsarbeit bei und stärkt die Betriebsräte." Prof. Dr. Erhard Tietel, zap Uni Bremen

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Für meine Mams, Karin Lotte Meta Bullermann, geb. Höns (1937-2013). Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

Der Betriebsratscoach

Unterstützung für erfolgreiche Arbeit

Ein unterhaltsamer Ratgeber für engagierte Betriebsräte und Menschen, die es werden wollen

von Maren Bullermann

Copyright: © 2014 Maren Bullermann

Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net

Illustrationen: Birgit Tanck

Umschlaggestaltung: Erik Kinting

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die Autorin freut sich über Hinweise, Kritik und Verbesserungsvorschläge: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

Teil 1

Die Rolle: Wer bin ich und mit wem?

Kapitel 1:

Der Gesetzgeber: Arbeitsauftrag und Werkzeuge

Das Betriebsverfassungsgesetz: Beteiligung im Betrieb | Der Arbeitsauftrag: Interessen der Arbeitnehmer vertreten | Die Umsetzung: Theorie wird Praxis | Das Ehrenamt: Zeit für Betriebsratsarbeit | Das Rollenspiel: Die Schubladen der anderen | Das Kräfteverhältnis: Der Betriebsrat als »Unternehmer«? | Die Erfolgsprojekte: Mit Visionen und eigenen Zielen arbeiten | Mitwirkung und Mitbestimmung: Mit Recht zuständig | Die Zuständigkeiten: Alle Rechte in Kapitel 8, 9 und 10 | Das Instrument der Zusammenarbeit: Die Vereinbarungen im Betrieb

Kapitel 2:

Menschen verstehen: Kommunikation ist keine Glückssache

Die Mitmenschen: Man muss sie mögen | Die Kommunikation: Sprache, Körpersprache und Co. | Die vier Seiten: Eine Nachricht aus vier Perspektiven | Das Schweigen: Auslegung als Zustimmung? | Das Verständnis: Jeder Mensch ist anders | Die Haltung: Ich bin okay — Du bist okay | Die Selbstreflektion: Wie verstehen Sie sich selber? | Die Persönlichkeitsmodelle: Individuelle Charaktere | Die Verbesserungsvorschläge: Kritik als Futter | Der Konflikt: Unterschiedliche Interessen sind richtig

Kapitel 3:

Im Auftrag der Kolleginnen und Kollegen: Mit Beteiligung

Der Respekt: Aufmerksamkeit schenken und Vertrauen gewinnen | Die Sprechstunde: Ein offenes Ohr für die Kollegen | Die Handlungsmöglichkeiten: Entscheidungsfreiheit für Einzelne | Die Überlastungsanzeige: Notbremse bei zu viel negativem Stress | Die Beschwerde: Eine Chance zur Abhilfe | Die Gruppen: Gemeinsamkeiten entdecken | Die Teilhabe: Möglichkeiten abzuholen und mitzunehmen | Die Beteiligung: Stellvertreter oder Sprecher? | Das Versprechen: Zuhören und Menschen einbinden

Kapitel 4:

Im Team: Mit geteilter Arbeit doppelten Erfolg erzielen

Der Unterschied: Betriebsrat als Team ist anders | Der Schulungsbedarf: Lernen für alte Hasen und junge Hüpfer | Das Seminar: Das richtige Angebot finden | Das System: Mit Gesetzmäßigkeiten analysieren | Die Arbeitsverteilung: Stärken und Schwächen | Die Geschäftsordnung: Regeln, an die sich alle halten | Der Betriebsratsvorsitz: Führungsverantwortung anders | Die Freistellung: Wer macht die Arbeit, wenn ich weg bin? | Die Ersatzmitglieder: Reservebank ist Potenzial

Kapitel 5:

Die Unternehmensleitung: Wir reden miteinander

Die Beziehung: Der Mensch hinter dem Chef | Die inoffiziellen Gespräche: Vier Augen außerhalb der Reihe | Das Monatsgespräch: Konstruktiv miteinander reden | Der Arbeitgeber: Wer spricht für den Arbeitgeber? | Die Führungskräfte: Multiplikatoren in der Grauzone? | Die vertrauensvolle Zusammenarbeit: Was ist Fair Play? | Die Pflichtverletzung: Rote Karte für ein grobes Foul? | Die Verschwiegenheitspflicht: Geschäftsgeheimnis oder Bericht? | Das Budget: Kein Geld und trotzdem alles vorhanden | Die Gesprächsgestaltung: Faktencheck mit offenen Fragen | Die Verhandlung: Nachteile müssen ausgeglichen werden

Kapitel 6:

Im Netzwerk: Das Recht des Schwächeren — Unterstützung und Sicherheit

Die Solidarität: Überbetriebliche Gemeinschaft | Die Gewerkschaft: Der stärkste Partner | Der Tarifvertrag: Sichere, gerechte Vergütung | Die Zusammenarbeit: Gemeinsam Hand in Hand | Der Streik: Nicht mit Dir und nicht ohne Dich | Das Netzwerk: Vorbilder in anderen Betriebsräten | Die Parteipolitik: Gemeinsame Sache mit SPD, Grüne und Co.? | Die Arbeitnehmerkammer: Eine Spezialität in Bremen und im Saarland | Der Gesamtbetriebsrat: Überbau im Unternehmen und im Konzern | Der Aufsichtsrat: Bei den Eigentümern reinhören und mitreden | Der Fachanwalt für Arbeitsrecht: Im Ernstfall auf Augenhöhe | Die Sachverständigen: Die Welt ist groß und Hilfe lauert überall

Teil 2

Die Arbeit: Vorgehen mit Entscheidungsfreiheit

Kapitel 7:

Die Betriebsratssitzung: Das Herzstück erfolgreicher Arbeit

Die Organisation: Effektiv, rechtskräftig und zufrieden | Die Anwesenheit: Das Recht dabei zu sein | Der Sitzungsrhythmus: Weniger ist mehr? | Die Einladung: Keine Überraschungsparty mit Tagesordnung | Die Planung: Vor der Sitzung ist nach der Sitzung | Das Protokoll: Wenn alle schreiben, bleiben alle! | Die Demokratie: Das Recht, die eigene Meinung zu vertreten | Die Entscheidung: Beratung und Ringen um das Richtige | Der Beschluss: Am Ende wird einfach abgestimmt | Die Gesprächsleitung: Moderieren statt durchregieren | Die Moderation: Flipchart und Metaplan

Kapitel 8:

Der Widerspruch: Aktiv gegen Nachteile für Einzelne

Die Unterstützung: Hilfe vom Betriebsrat ohne Rechtsberatung | Ermahnung und Abmahnung: Verwarnung mit der Gelben Karte | Der Widerspruch: Für den Schutz ist Eile geboten | Der Vorbehalt: Zustimmung, ja — aber … | Der Rausschmiss: Morgen oder übermorgen kein Kollege mehr | Die Anhörung: Der Überbringer der schlechten Nachricht | Die Kündigungsarten: Der Kollege geht gleich oder später | Der Kündigungsgrund: Betriebsrat untersucht die Begründung | Checkliste Kündigung: Voraussetzungen für Widerspruch/Bedenken | Die Anstrengung: Drei gute Gründe für die Mühe | Die betriebsbedingte Kündigung: Das betrifft alle | Der persönliche Datenschutz: Verschwiegenheit ist Pflicht | Die Unterscheidung: Vorteile für einen sind Nachteile für viele? | Aus der Vogelperspektive: Bewertung der Möglichkeiten

Kapitel 9:

Die Durchsetzungsstärke: Kluger Einsatz für gute Arbeitsbedingungen

Die Arbeitsbedingungen: Nicht ohne den Betriebsrat | Die Ordnung im Betrieb: Mit Sicherheit (Nr. 1) | Die Arbeitszeit: Meine Zeit, meine Pause (Nr. 2 und 3) | Die Lohnauszahlung: Wo und wann gibt es Geld? (Nr. 4) | Die Urlaubsregelungen: Alle gleichzeitig Ostern am Strand (Nr.5) | Die technische Überwachung: Schutz vor Kontrolle (Nr. 6) | Der Arbeits- und Gesundheitsschutz: Sicherheit für Leib und Leben (Nr. 7) | Die Sozialeinrichtungen: Kantine, Kita, Rente und Co. (Nr. 8 und 9) | Die betriebliche Lohngestaltung: Gerechte Bezahlung (Nr. 10 und 11) | Das betriebliche Vorschlagswesen: Neue Ideen sind wertvoll (Nr.12) | Die Gruppenarbeit: Harmonisch im Team (Nr.13) | Die Auseinandersetzung: Schritt für Schritt in drei Phasen | Von der Metaebene: Stark und wirkungsvoll

Kapitel 10:

Die Gestaltung: In Ausschüssen ganzheitlich arbeiten

Die ganzheitliche Betrachtung: Rundum besondere Themenstellungen | Die Arten von Ausschüssen: Experten unter sich | Der Wirtschaftsausschuss: Einsatz für sichere Arbeitsplätze | Der Arbeitsschutzausschuss: Engagement für Gesundheit | Die Meinungsfreiheit: Einfluss nehmen über Mitbestimmung hinaus | Die Mitbestimmung, plus: Möglichkeiten der Ausdehnung

Teil 3

Die Planung: Woran werden Sie merken, dass Sie erfolgreich sind?

Kapitel 11:

Das Projekt: Mit Planung und Strategie zum Ziel

Das einzigartige Projekt: Anfang, Ende und ein klares Ziel | Die Bestandsaufnahme: Überblick und Bedarfsermittlung | Die Vision: Aus Problemen werden strategische Ziele | Die Qualität: Kriterien für Ziele und das Erreichen der Ziele | Die Strategie: Mittelfristige Planung für Etappensiege | Das Zeitmanagement: Voller Einsatz für das Wichtigste | Ein Steuerungsinstrument: ABC-Analyse als Arbeitsvorbereitung | Die eigenen Prioritäten: Steuerungsinstrumente nach Maß | Die Projektleitung: Es kann nur einen Steuermann geben | Ihre Motivation: Was hilft, was ist hinderlich?

Kapitel 12:

Risiken und Nebenwirkungen: Der Prüfstand für Ihr Projekt

Die Entscheidung: Etwas tun, während man auf Erfolg wartet | Die Visualisierung: Ideenreichtum wird sichtbar | Die Einwände: Mit Nachteilen das Projekt verbessern | Das Risiko: Annehmen, minimieren oder unterlassen? | Die Risiken verkleinern: Die Stärke der eigenen Energiequellen | Die strategischen Planspiele: Der Sandkasten für Erwachsene | Die Fehlschläge: Wichtige Erkenntnisse für die Zukunft

Kapitel 13:

Die Feier: Tue Gutes, rede und schreibe darüber

Der erste Schritt: Wir haben es geschafft | Das Alleinstellungsmerkmal: Die Konkurrenz schläft nicht | Der Tätigkeitsbericht: Sachinformationen mit viel Gefühl | Das Image: Ein guter Gesamteindruck schafft Sympathien | Die Instrumente der Kommunikation: Inventur | Das Selbstbild: Mit ehrlicher Positionierung in die erste Reihe | Der rote Faden: Mit Kernbotschaften direkt ins Herz | Die Schreibwerkstatt: »Gehört« heißt nicht immer »verstanden« | Die Betriebsversammlung: Drei Minuten für jedermann | Das Veranstaltungskonzept: Beteiligung vergrößert den Fanklub

Teil 4

Das Ergebnis: Erfolg haben

Kapitel 14:

Betriebsrat und Unternehmensleitung: Konsequent verhandeln für gemeinsamen Erfolg

Der Interessengegensatz: Die Normalität unterschiedlicher Ziele | Die Verhandlung: Gut vorbereitet in das Duell | Der Konflikt: Strategien für konstruktive und faire Lösungen | Die Aufstellung: Eine richtige Einstellung | Die Taktik: Kurzfristige Planung mit flexiblen Möglichkeiten | Der Stresstest: Das Schlimmste hilft am meisten | Betriebsvereinbarung: Man ist sich einig! | Die gemeinsamen Interessen: Vereinter Erfolg

Kapitel 15:

Der Betriebsräte-Oscar: Anerkennung und Auszeichnung

Die öffentliche Meinung: Betriebsrat in den Medien | Der Deutsche Betriebsrätepreis: 100 % Wertschätzung | Die Bewerbung: Nur keine falsche Bescheidenheit | Der Wettbewerb: Es geht um Gold, Silber und Bronze | Der Tag für Betriebsräte: Preisverleihung und Netzwerk | Die Dokumentation: Werthaltig — nichts geht verloren | Die Pressefreiheit: Berichte über erfolgreiche Betriebsräte | Die Fachzeitschriften: Gute Praxisbeispiele schwarz auf weiß

Kapitel 16:

Die Betriebsratswahl: Die große Belohnung?

Die persönliche Entwicklung: In der richtigen Rolle? | Die Betriebslandkarte: Wer sind die Typen? | Die Erfolgsbilanz: Spürbarer Nutzen schafft Aufmerksamkeit | Die Kampagne: Mit befristeten Aktionen das Image verbessern | Die emotionale Bindung: Von Fans und Sympathisanten | Das Casting: Die Suche nach den Betriebsräten von morgen | Der Wahlkampf: Spielregeln für das Gerangel um die Plätze | Zusammenfassung: Die zwölf Top-Tipps | Schlusswort: Angekommen

Zusammenfassung der 12 Top-Tipps

Schlußwort

Anhang:

A.)

Büchertipps für Leseratten: 12 weitere interessante Werke

B.)

Fachchinesisch: 12 schwierige Begriffe leicht erklärt

Vorwort

von Günter Wallraff

Untersuchungen von Forschungsinstituten zeigen, dass die Arbeitszufriedenheit in Unternehmen mit Betriebsräten höher ist als in solchen, in denen keine gewählten Arbeitnehmervertreter existieren. Die Untersuchungen zeigen auch die Gründe für die höhere Zufriedenheit: die Arbeitsbedingungen, die Lohnhöhe, die Arbeitszeit, das Betriebsklima in solchen Betrieben sind erträglicher und das Selbstbewusstsein der Arbeitnehmer stärker — im Durchschnitt.

Betriebsräte machen also Sinn. Aber die Frauen und Männer in diesen Gremien haben keinen leichten Job, denn wenn sie etwas für ihre Kolleginnen und Kollegen erreichen wollen, müssen sie es mit ihnen tun. Wenn sie sich als Interessenvertreter ihrer Wählerinnen und Wähler verstehen, brauchen sie Durchsetzungskraft. Die fällt ihnen nicht in den Schoß; die haben sie nicht, weil sie gewählt wurden, ein für alle Male in der Tasche. Durchsetzungskraft können Betriebsräte nur dann entwickeln und einsetzen, wenn sie vom Vertrauen und vom ausdrücklichen Willen und Wollen ihrer Belegschaft getragen werden. Deshalb müssen sie ständig in engem und produktivem Kontakt zu den Beschäftigten stehen. Dafür brauchen sie eine hohe soziale Kompetenz. Es geht um Bescheidenheit, zuhören können, kommunizieren können, es geht auch um die Bereitschaft zur Selbstkritik und natürlich um eine klare Sprache auch gegenüber dem Arbeitgeber. Fähigkeiten, die gute Betriebsräte auszeichnen. Allerdings sind sie nicht jedem in die Wiege gelegt. Gut, dass man sie als gewählter Funktionsträger erlernen kann.

Das vorliegende Buch will dazu Mut machen, gibt Tipps und zeigt nicht zuletzt Wege, wie man den Versuchungen entgehen kann, mit denen Arbeitgeber gerne Betriebsräte umgarnen; um sie abzulösen vom engen Kontakt mit ihren KollegInnen, um sie zu separieren, ihnen Honig ums Maul zu schmieren — bis hin zu mehr oder weniger deutlichen Bestechungsversuchen — und sie am Ende zu mehr schlecht als recht getarnten Lautsprechern der Unternehmensführung zu machen.

Versagen solche Schmeichelmethoden, bekommen Betriebsräte durchaus auch die Knute zu spüren. Durchsetzungsbereite Betriebsräte lässt man auflaufen, bremst sie aus, bedroht sie oder versucht, sie von der Belegschaft zu isolieren.

Aber es gibt Wege, die ein aktiver Betriebsrat gehen kann, um zu verhindern, dass der Arbeitgeber ihn an die Wand drückt. Diese Wege sind mit Wissen gepflastert. Wissen, wie das genau und konkret und im Einzelnen geht mit der Mitbestimmung, was möglich ist und wo die Möglichkeiten selbst eines guten Betriebsrates enden. »Der Betriebsratscoach« hält auch hier jede Menge konkreter Beispiele bereit und macht Mut zum Tätigwerden, ohne dass man sich zuvor durchs Paragrafendickicht des Betriebsverfassungsgesetzes und der zahllosen Gerichtsurteile quälen muss.

Aktive, arbeitnehmerorientierte Betriebsräte, das ist meine Erfahrung der letzten Jahre, stehen unter einem zunehmenden Druck der Arbeitgeber. Es häufen sich die Ratgeber der anderen Seite, die betriebsratsfreie Zonen errichten wollen, die Betriebsräte terrorisieren und rausschmeißen wollen, wenn sie »zu« selbstbewusst sind und die an ihrer Stelle, wenn das Gremium schon nicht ganz zu verhindern ist, arbeitgeberorientierte Funktionsträger einsetzen wollen. (Über die »Anwälte des Schreckens« und deren Methoden, Betriebsräte aus den Betrieben zu drängen, berichtet Günter Wallraff unter anderem in dem Buch »Aus der schönen neuen Welt«, das der Verlag Kiepenheuer & Witsch jetzt in einer Sonderausgabe (384 Seiten, 9,95 €) herausgebracht hat.)

Ein konfliktträchtiges Feld — und es wird nicht leichter werden. Aber eins ist ganz klar: Für eine lebenswerte Gesellschaft sind demokratische Grundrechte gerade im Arbeitsleben entscheidend. Dazu gehören Betriebsräte, die für die Interessen ihrer Kollegen eintreten. Ich meine, es sollten mehr werden. Dazu rufe ich auf vielen Veranstaltungen immer wieder auf. Das Buch von Maren Bullermann ist ein Leitfaden, der Orientierungshilfe gibt und Mut macht, auf dass es gelingt!

Einleitung

Die Herausforderung: Raus aus der Komfortzone

Sie sind ein engagiertes Betriebsratsmitglied oder wollen es werden? Sie wollen sich für die Interessen Ihrer Kolleginnen und Kollegen einsetzen und die Arbeitsbedingungen in Ihrem Unternehmen verbessern?

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben sich damit entschieden, Ihren vertrauten, bekannten Arbeitsplatz, sozusagen Ihre persönliche Komfortzone zu verlassen und über den Tellerrand hinauszublicken! Betriebsrat zu sein oder zu werden, heißt in den Kern Ihres Betriebes vorzudringen.

Ein Abenteuer! Sie werden mit unbekannten Herausforderungen konfrontiert und Sie werden durch den erfolgreichen Umgang mit diesen Neuerungen wachsen. Ihr Selbstvertrauen wird von Woche zu Woche größer, je mehr Sie lernen, je mehr Einblick Sie bekommen und je häufiger Sie mit der Unternehmensleitung am Tisch sitzen.

Die Berufsausbildung und Ihre Berufserfahrung, die Sie für Ihren Arbeitsplatz im Unternehmen qualifiziert haben, werden mit größter Wahrscheinlichkeit für die Arbeit als Betriebsrat nicht ausreichen. Betriebsrat zu sein bedeutet ständige Weiterbildung, ständig neue Erfahrungen machen und sich immerzu neuen Anforderungen stellen.

Dieser Ratgeber wird Ihnen Anregungen geben, welches Ihre möglichen Lernziele als Betriebsrat sein könnten. Als Betriebsrat kommen Sie in eine Rolle, die Sie vorher so nicht kannten. Sie werden auf Fachgebieten arbeiten müssen, die Ihnen bislang unbekannt waren. Der Ratgeber wird Ihnen Hilfestellung sein, wie Sie diese Aufgaben meistern und damit zugleich sich selber positiv weiterentwickeln können.

Die Übertragbarkeit: Ein Ratgeber für kleine und große Gremien

Das Betriebsverfassungsgesetz sieht unterschiedliche Regelungen und Rechte je nach Größe des Betriebes vor. Der vorliegende Ratgeber ist sowohl für große als auch für kleine Gremien gedacht. So wird an einigen Stellen ausdrücklich auf die speziellen Herausforderungen für große bzw. kleine Gremien hingewiesen. Wenn Sie in einem kleinen Unternehmen (kleiner als 20 Arbeitnehmer) als Einzelperson die Interessen Ihrer Kolleginnen und Kollegen vertreten, dann ist das Kapitel 4Im Team: Mit geteilter Arbeit doppelten Erfolg erzielen für Sie nur eingeschränkt relevant. Lesen Sie umso intensiver den Abschnitt über Ersatzmitglieder in genau diesem Kapitel.

Dieser Ratgeber wirbt für eine weitgehende Arbeitsteilung im Betriebsratsgremium. An vielen Stellen finden Sie Anregungen und Ideen, um eine gerechte und motivierende Arbeitsverteilung im Team vorzunehmen, denn es ist leichter, wenn Sie sich als Gremium gemeinsam den Herausforderungen stellen und Probleme in Ziele verwandeln, die zur Lösung führen.

Der Unterschied: Bei Ihnen ist alles anders?

Ja, natürlich, jeder Betrieb hat etwas Einmaliges. Nicht nur die Größe, auch die Firmengeschichte (Fusionen, Ausgründungen, Wechsel der verantwortlichen Personen etc.), die Unternehmensform, die Eigentümer, die Geschäftsleitung, der Führungsstil, die Haltung der Leitung gegenüber dem Betriebsrat, das Betriebsklima, der Standort, die Branche, der Markt, die Struktur der Arbeitsabläufe und die finanzielle Lage des Unternehmens unterscheiden ihren Betrieb von allen anderen. Auch Ihre Kolleginnen und Kollegen haben je nach ihren Ausbildungen einen unterschiedlichen Bildungsstand und leben in unterschiedlichen Wirkungskreisen.

Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Insbesondere alle rechtlichen Angaben sind gewissenhaft geprüft. Die juristische Prüfung erfolgte durch Rechtsanwalt Markus Fabian in Bremen (http://www.rechtbremen.de). Juristischen Rat und einen Fachanwalt ersetzt dieses Buch jedoch nicht.

An der einen oder anderen Stelle werden Sie vielleicht Abweichungen von der Rechtslage zu Ihrer betrieblichen Praxis feststellen. Das muss Sie nicht beunruhigen. Klären Sie mit Gelassenheit, ob es sich tatsächlich um einen »Fehler« handelt, um bessere Regelungen als im Gesetz vorgesehen oder ob es nur mit unterschiedlichen Wahrnehmungen menschelt. In dem Ratgeber finden Sie auch ein paar Beispiele derartiger Abweichungen.

Die offenen Fragen: Ihre Funktion im Ratgeber

In diesem Buch finden Sie viele offene Fragen: Warum? Was? Wie? Welche? Sie werden feststellen, dass nicht alle dieser Fragen abschließend beantwortet werden — und dahinter steckt Absicht. Der Volksmund sagt »selber essen macht dick«, im übertragen Sinne bedeutet das: Selber denken macht schlau!

Durch die Fragen werden Sie dazu angeregt, über die Antwort selbst nachzudenken und selbst die beste Lösung für Ihre persönliche Herausforderung zu finden. Jede offene Frage ist eine Einladung an Sie persönlich, sich mit Themen kreativ auseinanderzusetzen. Wenn Sie auf eine Frage stoßen, die Sie besonders beschäftigt, dann legen Sie ruhig das Buch zur Seite und nehmen Sie sich die Zeit, die Sie benötigen. Denn: Sich Zeit für das Wichtige zunehmen, ist einer der wesentlichen Faktoren, der erfolgreiche Menschen von anderen unterscheidet.

Der Mehrwert: Warum die Kenntnis von Gesetzen nicht ausreicht

Dieser Ratgeber ist eine Ergänzung zu den vielen juristischen Betriebsratshandbüchern, die es bereits gibt. Die reinen Gesetzestexte mit den vielen Paragrafen sind kompliziert und für Nicht-Juristen häufig schwer verständlich. Genau darum gibt es eine Vielzahl von Handbüchern und Kommentaren, die die Gesetze allgemein verständlich und ausführlich beschreiben.

Die Empfehlung lautet: Setzen Sie sich erst dann mit den einzelnen Gesetzen oder Handbüchern auseinander, wenn Sie sie tatsächlich brauchen. Legen Sie vorher Ihre eigene Absicht fest: Was wollen Sie erreichen?

Beginnen Sie Ihre Betriebsratsarbeit entspannt. Dieses Buch zeigt Ihnen, was getan werden muss und was Sie tun können. Das hilft Ihnen, Schwerpunkte in Ihrer Arbeit zu setzen. Denn nicht alles, was man tun könnte, muss man als Betriebsrat auch tatsächlich tun. Sie haben für Ihre Betriebsratsarbeit einen Gestaltungsspielraum und eine gewisse Entscheidungsfreiheit. Der Ratgeber zeigt auf, wo dieser Gestaltungsspielraum liegt und wie Sie ihn nutzen können.

Sie werden in diesem Buch nur an den nötigen Stellen Hinweise und Verweise auf den Gesetzestext finden. Diese Hinweise und Verweise geben Ihnen die Möglichkeit, das Beschriebene zuzuordnen und die Thematik später zu vertiefen.

Die Idee: Anerkennung schafft langfristig Motivation

Erfolg ist das Erreichen von selbst gesetzten Zielen. Diese allgemeine Definition gilt natürlich auch für die Betriebsratsarbeit. Ob Sie also erfolgreich sind, hängt im Wesentlichen davon ab, welche Ziele Sie sich selbst setzen. Es hängt auch davon ab, an welchen Kriterien Sie die Zielerreichung messen wollen. Nicht zuletzt hängt Ihr gefühlter Erfolg auch davon ab, ob Sie sich selber als erfolgreich wahrnehmen und ob es Ihnen gelingt, den Erfolg den Kolleginnen und Kollegen auch zu vermitteln.

In diesem Ratgeber werden, auf leicht verständliche Weise und praxisbezogen, Methoden aus dem Projektmanagement auf die Betriebsratsarbeit übertragen. Außerdem werden Kenntnisse und Werkzeuge aus dem Bereich der Kommunikationswissenschaften so aufbereitet, dass Sie für die Betriebsratsarbeit angewendet werden können.

Ihr Fan: Lilo Locker ist Ihr persönlicher Business-Coach

Coaching bedeutet Unterstützung bei der Erreichung Ihrer eigenen, selbst gesetzten Ziele. Lilo Locker hilft Ihnen dabei und wird Sie durch diesen Ratgeber begleiten. Sie ist ein »Fan« von allen Menschen, die sich für Kolleginnen und Kollegen einsetzen. Lilo Locker findet Betriebsräte sehr mutig, weil sie die Komfortzone ihres vertrauten Arbeitsplatzes verlassen, um sich immer wieder neu mit den Möglichkeiten des Betriebsverfassungsgesetzes für die Arbeitsplätze im Unternehmen und ihre Kolleginnen und Kollegen einzusetzen.

Lilo Locker wird vielfach auftauchen. Sie hat drei Aufgaben:

Sie wird Ihnen offene Fragen stellen, die für Sie Impulse sein sollen, einmal anders über Ihre Aufgaben und Ihre Rolle als Betriebsrat nachzudenken.

Sie macht Sie auf besonders Wichtiges aufmerksam.

Manchmal wird Lilo Locker Ihnen konkrete Anregungen geben, z. B. bestimmte Alternativen einfach mal auszuprobieren oder zu üben.

Am Ende des Buches werden Sie Ihre Betriebsratsaufgaben und Herausforderungen kennen. Die damit verbundene Sicherheit gibt Ihnen Gestaltungsfreiheit für die Betriebsratsarbeit. Sie können eigene Strategien und Taktiken für Ihre erfolgreiche Betriebsratsarbeit entwickeln. Das gibt Ihnen die notwendige Gelassenheit, um erfolgreich zu sein. Am Ende sollen Sie bei aller Arbeit auch Freude an Ihrer Betriebsratsarbeit haben!

Teil 1

Die Rolle:

Kapitel 1

Der Gesetzgeber: Arbeitsauftrag und Werkzeuge

Zum Einstieg hat Lilo Locker ein paar Fragen an Sie:

Was interessiert Sie an der Betriebsratsarbeit?

Wie passt Ihre persönliche Motivation zu den tatsächlichen Rechten und Pflichten eines Betriebsrates, die Ihnen in diesem Kapitel vorgestellt werden?

Was wollen Sie tun, um erfolgreich zu sein?

Was wollen Sie tun, damit die Kolleginnen und Kollegen Ihre Erfolge wahrnehmen?

Wie viel Zeit wollen Sie sich für die Betriebsratsarbeit nehmen?

Wie wollen Sie die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates kennenlernen?

Das Betriebsverfassungsgesetz: Beteiligung im Betrieb

Der Gesetzgeber hat eine Vielzahl von Gesetzen speziell für Arbeitnehmer geschaffen. Bis auf ein Gesetz, dienen alle Gesetze dem ausdrücklichen Zweck, die Arbeitnehmer zu schützen. Diese Arbeitnehmerschutzgesetze vermeiden mögliche Beeinträchtigungen für Beschäftigte durch die Leistung von Arbeit. Ansonsten könnten die Persönlichkeit beeinträchtigt werden, wirtschaftliche Nachteile oder gesundheitliche Schäden entstehen.

Ein Gesetz ist anders: Die Grundidee des Gesetzgebers der Betriebsverfassung ist eine arbeitsrechtliche Ordnung. Sie regelt die Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft im Betrieb. Mit dem Betriebsverfassungsgesetz (kurz BetrVG) gewährt der Gesetzgeber der demokratisch gewählten Arbeitnehmervertretung Beteiligungsrechte. Mit diesen Beteiligungsrechten gestaltet der Betriebsrat bei Entscheidungen der Unternehmensleitung mit. Die Mitsprache des Betriebsrates betrifft insbesondere die Themen der Organisation im Unternehmen, den Arbeitseinsatz der Beschäftigten und die Vielfalt der Belegschaft.

Eine Verfassung für Betriebe gibt es nur in Deutschland. Der Urgedanke entspringt der deutschen Sozialen Marktwirtschaft. In den Firmen soll der Macht und der möglichen Willkür von Unternehmern (den Interessen des Kapitals) eine Interessenvertretung der Beschäftigten — der Kolleginnen und Kollegen — gegenübergestellt sein. Diese Interessenvertretung hat ein auf vier Jahre zeitlich begrenztes Mandat und vertritt in dieser Zeit als Sprecher bzw. Stellvertreter der Kolleginnen und Kollegen die Interessen der gesamten Belegschaft. Die Zuständigkeit des Betriebsrates ist im Wesentlichen auf die Arbeitnehmer des Betriebes begrenzt. Die eingeschränkte Zuständigkeit für Leiharbeitnehmer wird in diesem Ratgeber nicht behandelt.

Seit vielen Jahrzehnten leisten Betriebsräte in Deutschland mit ihrer Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Frieden in unserer Gesellschaft. Was für die Pastoren und Priester die Bibel ist, das ist für die Betriebsräte das BetrVG.

Es ist ein relativ altes Gesetz. Die Wurzeln liegen im Jahre 1920. In der heutigen Form ist es 1972 in Kraft getreten. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Gesetz stetig weiterentwickelt und hat kleinere und größere Neuerungen erfahren. Die bedeutendste Reform wurde 2001 vorgenommen.

Was wollte und will der Gesetzgeber eigentlich mit dem BetrVG erreichen? Leider existiert keine Einleitung oder Präambel. Der Sinn und Zweck leitet sich aus dem Gesetzesinhalt und den definierten Aufgaben ab. Wer tief einsteigen will, liest die rechtswissenschaftlichen Werke oder schaut in die Gesetzesbegründung unter den Bundestagsdrucksachen.

Der Arbeitsauftrag: Interessen der Arbeitnehmer vertreten

»Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten … zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes«, steht im § 2 Abs. 1 BetrVG. Was glauben Sie, wo dabei der Arbeitsschwerpunkt der Unternehmensleitung liegt? Bei den Arbeitnehmern oder beim Betrieb? Von Arbeitgebern hört man immer wieder: »Wenn es dem Betrieb gut geht, geht es auch den Arbeitnehmern gut.« Die Arbeitgeber richten in der Regel alle Aktivitäten vorrangig auf das Wohl des Betriebes aus.

In der Sprache der Manager sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Personal oder »Human Ressources«. Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen sind die menschliche Ressource, wie z. B. Strom für die Produktion oder Papier für die Briefe. So manches Unternehmen hat seinen Standort danach ausgewählt, wo die Personalkosten scheinbar günstiger sind. Es ist also im Sinne eines Ausgleichs absolut richtig, wenn für Sie als Betriebsrat die Interessen der Arbeitnehmer an erster Stelle stehen. Wer, wenn nicht Sie als Betriebsrat, soll die Arbeitsbedingungen aus Sicht des Beschäftigten mitgestalten? Um das Gedeihen des Betriebes wird sich voranging die Unternehmensleitung kümmern.

Zum einen erhält der Betriebsrat aus dem BetrVG Rechte, mit denen er das betriebliche Geschehen verantwortungsvoll im Interesse der Beschäftigten mitgestalten soll. Um diese Aufgabe wahrnehmen zu können, trifft das Gesetz zum anderen Regelungen, die Betriebsratsmitglieder vor allzu großer Abhängigkeit vom Arbeitgeber schützen. Diese Regelungen gewähren Freistellungen, Schulungen und Kostenerstattung für Sachaufwand. Für Betriebsratsmitglieder gibt es außerdem ein Benachteiligungsverbot und einen besonderen Kündigungsschutz.

Für die Vertretung der Interessen Ihrer Kolleginnen und Kollegen hat der Gesetzgeber drei Aufgabenbereiche vorgesehen.

1. Die Schutzaufgabe: Gutes bewahren und Willkür verhindern

Der erste und wichtigste Aufgabenbereich ist der Schutz. Der Betriebsrat soll mit allen ihm zur Verfügung stehenden Rechten (Mitbestimmungsrechte, Mitwirkungsrechte, Initiativrechte, Beratungsrechte und Informationsrechte) dafür eintreten, dass gute Arbeitsbedingungen in jeglicher Hinsicht bewahrt und Arbeitsplätze erhalten werden.

Unter der Überschrift »Schutz« gehört es auch zu den wesentlichen Aufgaben des Betriebsrates, die Interessen von Beschäftigten zu wahren, die benachteiligt sind. Immer dort, wo es darum geht, Benachteiligungen abzustellen oder Verschlechterungen auszugleichen, hat der Gesetzgeber dem Betriebsrat besonders starke Rechte zugesprochen.

Die Schutzaufgaben des Betriebsrates gliedern sich in zwei Unterbereiche:

Für personelle Einzelfallentscheidungen des Arbeitgebers hat der Betriebsrat eine Art »Willkürkontrolle«. Mit seinem Widerspruchsrecht und dem Zustimmungsverweigerungsrecht kann er Kolleginnen und Kollegen vor Benachteiligungen schützen. Damit der Betriebsrat diese Aufgabe erledigen kann, ist die Unternehmensleitung verpflichtet, jede personelle Einzelmaßnahme (zum Beispiel Einstellungen und Versetzungen) vorzulegen. Der Betriebsrat hat Einblick in Unterlagen laufender Bewerbungsverfahren. Zu diesem Bereich gehören auch Kündigungen. Dazu später ausführlicher.

Zum Schutz der Gruppe der Beschäftigten vor nachteiligen einseitigen Entscheidungen der Unternehmensleitung gibt der Gesetzgeber dem Betriebsrat in einigen Fällen eine erzwingbare Mitbestimmung. Auch dazu später mehr.

2. Die Überwachungsaufgabe: Bei Bedarf Abhilfe fordern

Der Volksmund sagt: »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.« Die zweite Aufgabe für Betriebsräte ist zu überwachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen tatsächlich durchgeführt werden. Mit dem Ausdruck »zugunsten der Arbeitnehmer« wird deutlich, dass es auch hier um mögliche Benachteiligung, Gleichbehandlung und Gerechtigkeit geht. Der Betriebsrat schützt die Kolleginnen und Kollegen als »Gesetzeshüter«. Der Betriebsrat ist aber dabei kein dem Arbeitgeber übergeordnetes Kontrollorgan. Stellt der Betriebsrat Verstöße fest, weist er die Unternehmensleitung darauf hin und drängt auf Abhilfe.

Diese spezielle Aufgabe ist umfangreich. Das Überwachen zugunsten der Arbeitnehmer erfordert umfassende Kenntnisse der entsprechenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Das betrifft allein rund 70 Gesetze im Bereich Arbeitsrecht, Sozialrecht und Wirtschaftsrecht. Von A wie Aktiengesetz bis Z wie Zivilprozessordnung.

Tipp: Für einen ersten Überblick über die betreffenden Gesetze, ist die »Gesetzessammlung für die betriebliche Praxis« von Knoop/Huber/Habermayer aus dem Verlag »Der Betriebsrat« (siehe Buchtipps) ausgezeichnet geeignet.

Damit Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen richtig unterstützen können, brauchen Sie Grundkenntnisse im Arbeitsrecht. Manche Betriebsräte haben täglich mit arbeitsrechtlichen Fragen und Problemen ihrer Kolleginnen und Kollegen zu tun. Die Beschäftigten haben Fragen zum Arbeitsvertrag, zu Bewerbungsverfahren, zu Urlaubsregelungen, zu Fragen der Vergütung und der Arbeitszeit. Insbesondere bei Krankheit, Arbeitsunfähigkeit und Mutterschutz ist es wichtig, dass Sie die Kolleginnen und Kollegen unterstützen. Keine Bange: Es gibt spezielle Seminare für Betriebsratsanfänger und juristische Laien. Dort können Sie von den Profis lernen, sich im Dschungel der vielen Arbeitnehmerschutzgesetze zurechtzufinden.

Damit diese Aufgabe Sie zeitlich nicht völlig überfordert, ist es angebracht, bedarfsorientiert zu arbeiten. Das bedeutet: Sie vertreten die Interessen Ihrer Kolleginnen und Kollegen ordentlich, wenn Sie die beklagten Missstände oder Benachteiligungen aufgreifen und anhand der geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen überprüfen, ob tatsächlich ein Rechtsverstoß vorliegt. Wenn sich Kolleginnen und Kollegen beschweren, müssen Sie tätig werden!

3. Die Gestaltungsaufgabe: Aktiv für Belegschaftsinteressen

Der Betriebsrat kann aus eigenem Antrieb oder auf Anregungen von Kolleginnen und Kollegen initiativ werden. Ein aktiv gestaltender Betriebsrat vertritt konsequent die Belegschaftsinteressen bei der Unternehmensleitung. Das Gremium verfolgt Anliegen unbeirrt von der initiativen Beantragung bis zur Erledigung. Dafür sieht das Gesetz ausdrücklich Initiativrechte, zum Beispiel im § 87 BetrVG vor. Wenn Sie erfolgreich und nachhaltig arbeiten wollen, reicht es nicht aus nur zu reagieren.

Mitzugestalten ist die Königsdisziplin der Betriebsratsarbeit. Man braucht umfangreiche Fachkenntnisse, viel Erfahrung und auch ein bisschen Kreativität und Mut, um selber aktiv zu werden. Ein besonderes Initiativrecht ist es beispielsweise, Vorschläge zur Beschäftigungssicherung zu machen. Setzen Sie sich damit dafür ein, dass die Arbeitsplätze Ihrer Kolleginnen und Kollegen sicherer werden.

Die Umsetzung: Theorie wird Praxis

Die aus den drei Aufgabenbereichen (schützen, überwachen und gestalten) tatsächlich resultierenden Aufgaben und Anforderungen sind vielfältig. Auch die Erwartungen Ihrer Kolleginnen und Kollegen sind sehr unterschiedlich. Die Beschäftigten erwarten sicherlich, dass Sie die Unternehmensleitung kritisch begleiten, wenn es um Kündigungen, Anordnung von Überstunden oder um die Videoüberwachung geht. Sofern es um den Jahresabschluss des Unternehmens geht, ist zu klären, ob der möglicherweise geschönt ist. Dazu müssen Sie das Geschäftsmodell und die betrieblichen Kennzahlen verstehen. Die Kolleginnen und Kollegen wünschen sich von Ihnen außerdem ein offenes Ohr und Unterstützung — besonders bei Schikanen in ihrer Abteilung oder Diskriminierung.

Durch die Aufgaben, die Ihnen der Gesetzgeber zugeteilt hat, werden Sie das Unternehmen aus Betriebsratssicht kennenlernen, wie Sie es vorher nicht kannten. Durch den engen Kontakt mit der Unternehmensleitung, zum Beispiel in Monatsgesprächen oder im Wirtschaftsausschuss und durch viele Informationen, die Sie erhalten, betreten Sie eine Welt, von der Sie vorher nichts geahnt haben. In dieser Welt gelten eigene Spielregeln. Einige davon sind im BetrVG festgeschrieben. Das sind zum Beispiel die »Vertrauensvolle Zusammenarbeit« und die Verschwiegenheitspflicht. Sie sitzen als Betriebsrat in einer neuen Rolle, einer anderen Funktion der Unternehmensleitung gegenüber. Durch Ihre Doppelrolle — Betriebsrat und zugleich Mitarbeiter — können Interessenskonflikte und Auseinandersetzungen entstehen. Sie werden erfahren und lernen wie es ist, wenn es ernst wird und warum es dann besonders wichtig bleibt, stets miteinander reden zu können.

Das Ehrenamt: Zeit für Betriebsratsarbeit

Ein Ehrenamt ist im ursprünglichen Sinne ein ehrenvolles und freiwilliges Amt, das nicht auf eine Vergütung ausgerichtet ist. Man leistet es für eine bestimmte Dauer. Das Amt eines Betriebsratsmitglieds ist ein solches unentgeltliches Ehrenamt für vier Jahre. Damit Sie Ihre Aufgaben überhaupt wahrnehmen können, sieht das BetrVG vor, dass Sie Ihre Betriebsratsarbeit während der Arbeitszeit erledigen. Sie werden dazu von der Arbeit befreit und erhalten für die ordnungsgemäße Durchführung Ihrer Betriebsratsaufgaben eine Freistellung. Das bedeutet: Egal ob Sie am Arbeitsplatz sind oder an der Betriebsratssitzung teilnehmen, Sie erhalten dieselbe Vergütung. Sie bekommen also für die Betriebsratsarbeit kein zusätzliches Entgelt. Das Arbeitsentgelt wird ohne Minderungen fortgezahlt, wenn erforderliche Betriebsratsarbeit geleistet wird. Sie können das im § 37 BetrVG nachlesen.

Gehen Sie mit den Zeitressourcen verantwortungsvoll um. Wenn Sie noch ungeübt darin sind, sich Ihre Zeit selber einzuteilen, besorgen Sie sich unbedingt einen Terminplan oder planen Sie Ihre Zeit mit einer Computersoftware, zum Beispiel Outlook oder Lotus.

Zeitdruck ist kontraproduktiv für die Betriebsratsarbeit. Lassen Sie sich von irgendwelchen zeitlichen Vorgaben der Unternehmensleitung nicht verunsichern. Überprüfen Sie sachlich-objektiv die Gründe für den vermeintlichen Zeitdruck. Die Zeit spielt häufig eine große Rolle in den Verhandlungen mit der Unternehmensleitung. Nehmen Sie sich die notwendige Zeit, um mit Ihrer Betriebsratsarbeit das Bestmögliche für die Kolleginnen und Kollegen zu erreichen. Für Ihre Betriebsratsarbeit ist die Ihnen zur Verfügung stehende Zeit das wichtigste Gut.

Wenn Sie jemals als Betriebsrat in die Situation kommen, dass Sie aufgrund Ihrer Arbeitsmenge in negativen Stress geraten, besinnen Sie sich auf den Kern Ihres gesetzlichen Arbeitsauftrages: schützen — überwachen — gestalten. Die Betriebsratsarbeit wird entspannter verlaufen, wenn Sie sich immer wieder auf diese drei Kernaufgaben konzentrieren. Viele Gremien oder Einzelmitglieder geraten in Stress, weil sie anfangen, die Arbeit der Unternehmensleitung zu übernehmen. Bleiben Sie konsequent bei Ihren gesetzlichen Aufgaben.

Das Rollenspiel: Die Schubladen der anderen

Ihre Rolle als Betriebsrat ist klar umrissen und vom Gesetzgeber vorgegeben: Sie vertreten die Interessen Ihrer Kolleginnen und Kollegen, indem Sie die Rechte des BetrVGs nutzen, um zu schützen, zu überwachen und zu gestalten. Betriebsräte legen ihre Rolle trotzdem sehr unterschiedlich aus. Manche sehen sich als sogenannte »Co-Manager«. Andere Betriebsräte wollen als Sprecher, als Kümmerer, als Konfliktpartner der Unternehmensleitung oder als Stellvertreter Ihrer Kolleginnen und Kollegen verstanden werden. Für Ihr Selbstverständnis als Betriebsrat haben Sie also einen Gestaltungsspielraum.

In vielen Unternehmen gehören Betriebsräte zum langjährigen, positiven Teil der Betriebskultur. In anderen Unternehmen gibt es ein solches Gremium gar nicht. Dabei können in allen Unternehmen mit mindestens fünf Beschäftigten Betriebsräte gegründet werden. Das finden Sie im § 1 des BetrVG.

Noch vielfältiger sind die Sichtweisen derjenigen, die selber keine Betriebsräte sind. Betriebsräte werden belächelt oder bewundert. Manche denken bei »Betriebsrat« an einen energischen älteren Mann, der dem Chef mal richtig die Meinung sagt. Andere denken an kämpferische Frauen, die als Wortführerinnen vor einem Werkstor gemeinsam gegen die Werkschließung protestieren. Noch andere denken: »Wozu brauche ich einen Betriebsrat? Mein Abteilungsleiter ist doch nett. Was ich brauche, verhandle ich selbst.« Andere Kolleginnen und Kollegen schätzen ihren Betriebsrat als Vertrauensperson, Dienstleister und Kümmerer.

Die Vorurteile und die Urteile, die schon da sind, bevor Sie gesagt haben, dass Sie Betriebsrat werden wollen oder das Amt schon innehaben, sind sehr mannigfaltig. Als Betriebsrat werden Sie da schnell in eine vorhandene Schublade gesteckt. Auf diesen Sachverhalt werden Sie auch innerbetrieblich stoßen. Es hilft, wenn Sie sich darauf vorbereiten:

Dabei hilft Lilo Locker. Sie fragt:

Wie haben Ihre Betriebsratsvorgänger gearbeitet?

Welche Rolle hatten Ihre Vorgänger?

Wollen Sie so weiterarbeiten, oder wollen Sie einiges anders — gerne besser — machen?

Denken Sie über Ihre Aufgaben und Ihre Rolle im Betrieb nach. Wenn Sie erfolgreich arbeiten und auch von den Kolleginnen und Kollegen als erfolgreich wahrgenommen werden wollen, müssen Sie an dem Bild, das andere von Ihnen haben sollen, aktiv arbeiten.

Menschen zu verstehen ist keine Glücksache. Viele Wissenschaftler in unterschiedlichen Fachgebieten beschäftigen sich intensiv damit, wie Menschen denken und fühlen. Die Kommunikationswissenschaften und die Gehirnforschung liefern viele Informationen darüber, wie Menschen »ticken«. Sie werden im Weiteren erfahren, wie wir Informationen aufnehmen und wie wir uns eine Meinung bilden. Sie werden lesen, wie Sie diese Kenntnisse in Ihrer Betriebsratsarbeit praktisch einsetzen können.

Als Betriebsratsmitglied wünschen Sie sich eine positive Beziehung zu den Kolleginnen und Kollegen? Sich gut mit Kolleginnen und Kollegen zu verstehen, ist existenziell für die Betriebsratsarbeit. Ihre Arbeit soll wertgeschätzt werden. Sie können die positive Beziehung zu den Kolleginnen und Kollegen aktiv gestalten; indem Sie im Unternehmen intensiv über Ihre Arbeit berichten und die Kolleginnen und Kollegen in Ihre Arbeit einbeziehen, wird das gelingen.

Das Kräfteverhältnis: Der Betriebsrat als »Unternehmer«?

Von fast genauso großer Bedeutung, wie die Anerkennung der Belegschaft, ist für den Betriebsrat das Verhältnis zur Unternehmensleitung. Die Zusammenarbeit mit Aufgaben, Rechten und Pflichten ist faktisch im BetrVG klar umrissen. Dazu im Detail später mehr.

In der Praxis ist die gegenseitige Wahrnehmung des Kräfteverhältnisses sehr vielfältig. Sie hängt maßgeblich davon ab, welchen Gebrauch die Betriebsparteien von ihren rechtlichen Möglichkeiten machen wollen. Generell ist kein Betriebsrat mächtiger als ein Unternehmer! Insbesondere da, wo der Gesetzgeber dem Betriebsrat die sehr starken Rechte zuspricht, gibt er auf der anderen Seite der Unternehmensleitung immer auch die Möglichkeit, unter Mitwirkung einer höheren, neutralen Instanz (Arbeitsgericht oder Einigungsstelle), sich bis zu einer Klärung durchzusetzen.

Zwei konkrete Fälle aus dem BetrVG:

Erster Fall:

Widerspricht ein Betriebsrat der Einstellung eines neuen Arbeitnehmers, kann die Unternehmensleitung beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung des Betriebsrates zu ersetzen. Sie kann sogar unter besonderen Voraussetzungen die sofortige Einstellung vornehmen.

Zweiter Fall:

Können Betriebsrat und Unternehmensleitung sich über einen mitbestimmungspflichtigen Vorgang nicht einigen, so können die Unternehmensleitung oder der Betriebsrat nach dem festgestellten Scheitern der Verhandlungen vom Arbeitsgericht eine sogenannte »Einigungsstelle« einsetzen lassen. Unter Hinzuziehung eines neutralen Dritten wird dann der Vorgang durch eine in der Einigungsstelle verhandelte Betriebsvereinbarung oder durch einen sogenannten Spruch entschieden.

Sie sehen an diesen zwei Fällen, dass die Unternehmensleitung mit den Möglichkeiten des BetrVG immer handlungsfähig ist.

In der Regel scheuen die Arbeitgeber aus zwei Gründen Einigungsstellen oder Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht:

Die Kosten einer ordnungsgemäßen inhaltlichen Auseinandersetzung in einer Einigungsstelle sind sehr hoch.

Andere wollen — vielleicht aus politischen Erwägungen, im Hinblick auf das öffentliche Ansehen des Unternehmens — die gesetzlichen Wege nicht beschreiten. Ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ist immer eine öffentliche Angelegenheit. Bei der Verhandlung werden an der Tür des Gerichtssaals die Namen der streitenden Parteien angeschlagen.

Beide Gründe führen im Normalfall zu einvernehmlichen innerbetrieblichen Lösungen.

Manchmal müssen Betriebsräte auch damit zurechtkommen, dass ihre Zuständigkeiten von der Unternehmensleitung missachtet werden. Und noch weitergehender: Mitunter erzeugen einzelne Arbeitgeber bösartig innerbetrieblichen Druck auf den Betriebsrat. Sie reden der Belegschaft ein, der Betriebsrat schade dem Unternehmen. Das ist ausdrücklich vom Gesetzgeber verboten. Ein derartiges Vorgehen ist nicht Bestandteil der vorgeschriebenen »vertrauensvollen Zusammenarbeit«. Ein derartiges Verhalten könnte sogar als Behinderung der Betriebsratsarbeit ausgelegt werden, was vom Gesetzgeber ausdrücklich untersagt und strafbar ist.

Gestalten Sie die Beziehung zur Unternehmensleitung aktiv. Dafür sind Angst und Übermut schlechte Berater. Fachwissen über die tatsächlichen Aufgaben und Rechte sind dagegen eine unerlässliche Grundlage. Die Beziehung zur Unternehmensleitung ist gut, solange sie arbeitsfähig ist. Dafür schreibt das BetrVG die vertrauensvolle Zusammenarbeit vor.

Die Erfolgsprojekte: Mit Visionen und eigenen Zielen arbeiten

Ob Sie als Betriebsrat Ihre Aufgaben erfolgreich erledigen können, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Objektiv erfolgreich ist Ihre Arbeit sicherlich dann, wenn es Ihnen gelingt, Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen zu verhindern, Benachteiligungen abzustellen oder sogar Verbesserungen für die Beschäftigten zu erzielen. Ob Ihnen das gelingt, hängt davon ab, wie gut Sie die Möglichkeiten der Mitbestimmung nutzen und wie sinnvoll Sie Ihre Aufmerksamkeit und Energie verteilen. Nicht alles, was bei Ihnen auf den Schreibtisch des Betriebsrates flattert, ist tatsächlich auch sehr wichtig für Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen. Und nicht jedem Kollegen und jeder Kollegin, die zu Ihnen kommt, können Sie faktisch helfen. Ob Sie als Betriebsrat auch als erfolgreich wahrgenommen werden, ist eine zweite Frage. Theoretisch ist es denkbar, objektiv sehr erfolgreiche Arbeit zu machen, ohne dass es bemerkt wird. Wenn kein Mensch Ihre gute Arbeit bemerkt, wird sie auch nicht gewürdigt.

Gute Betriebsratsarbeit ermüdet schnell, wenn man sich sehr stark engagiert, Erfolge erzielt und dafür keine Wertschätzung erhält. Betriebsratsarbeit macht nur dann langfristig Freude, wenn man etwas erreicht und dafür Anerkennung von den Kolleginnen und Kollegen bekommt. Wichtigste Voraussetzung dafür ist eine gute innerbetriebliche Öffentlichkeitsarbeit. Wie sollen Ihre Kolleginnen und Kollegen anerkennen, was ihnen gar nicht bekannt ist? Transportieren Sie stets Ihre Ergebnisse gemäß dem Motto: »Tue Gutes und rede darüber!«

Trotz guter Betriebsratsarbeit sind manche Belegschaften dem Betriebsrat gegenüber zurückhaltend. Das können Sie besser aushalten, wenn Sie auf der Grundlage von Beteiligungsverfahren mit den Kolleginnen und Kollegen eigene Visionen, Ziele und Projekte verfolgen. Sie werden im Kapitel 11 viele Anregungen erhalten, wie aus Ihren Visionen als Betriebsrat konkrete Ziele und erfolgreiche Projekte werden können.

Mitwirkung und Mitbestimmung: Mit Recht zuständig

Ihre eigenen Projekte finden Sie innerhalb Ihres Zuständigkeitsbereiches im BetrVG. Die sogenannten »Mitbestimmungsrechte« beschreiben, wofür Sie zuständig sind.

Der Begriff »Mitbestimmung« ist ein übergeordneter Sammelbegriff. Im Allgemeinen bezeichnet man damit alle Arten der Teilhabe aller in einem Betrieb vertretenen Beschäftigten. Damit sind alle Möglichkeiten gemeint, mit denen Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen auf die Willensbildung und den Entscheidungsprozess Einfluss nehmen können. Diese übergeordnete Definition bezieht sich sowohl auf alle Rechte des Betriebsrates (BetrVG) als auch auf die Rechte der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Das sind zum Beispiel das Drittelbeteiligungsgesetz und das Mitbestimmungsgesetz.

In diesem Ratgeber geht es ausschließlich um die im BetrVG festgelegte Mitbestimmung. Das BetrVG unterscheidet je nach der Art und Qualität der Rechte die beiden Kategorien »Mitwirkungsrechte« und »Mitbestimmungsrechte«. Klären Sie insbesondere vor Verhandlungen mit der Unternehmensleitung, wie stark Ihre Betriebsratsrechte im Einzelfall sind.

In der Kategorie »Mitwirkungsrechte« unterscheidet man:

Die Information:

Das Informationsrecht ist eine einseitige Verpflichtung der Unternehmensleitung, den Betriebsrat zu unterrichten. Im § 90 des BetrVG steht zum Beispiel, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat über Planungen von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen rechtzeitig unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten hat. Diese Unterrichtung dient zum Beispiel dazu, dass der Betriebsrat die geplante Maßnahme vorher überprüfen kann, ob sich dadurch möglicherweise Arbeitsbedingungen verschlechtern. Ist das der Fall, kann der Betriebsrat prüfen, ob eventuell auch eine Mitbestimmung vorliegt.

Die Anhörung:

Weitergehend als das Informationsrecht legt das Anhörungsrecht fest, dass die Unternehmensleitung den Betriebsrat anhören muss. Damit ist gemeint, dass die Unternehmensleitung sich mit den vorgebrachten Argumenten im Sinne gegenseitiger Information auseinandersetzen muss. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Betriebsrat Bedenken hat oder Alternativen vorschlägt.

Auch im Falle ordentlicher Kündigungen gilt ein Anhörungserfordernis des Betriebsrates.

Die Beratung:

Noch weitergehend als das Anhörungsrecht legt das Beratungsrecht fest, dass Unternehmensleitung und Betriebsrat sich zusammensetzen und eine Angelegenheit gemeinsam erörtern. Hier besteht also der Anspruch darauf, dass der Betriebsrat erfährt, wie die Unternehmensleitung zu den Bedenken oder Vorschlägen des Betriebsrates steht.

Bei den konkreten »Mitbestimmungsrechten« unterscheidet man:

Das Zustimmungserfordernis:

Ein Zustimmungserfordernis liegt vor, wenn die Unternehmensleitung die Zustimmung des Betriebsrates benötigt, um eine Maßnahme durchführen zu können. Der Betriebsrat kann aber seine Zustimmung nur aus bestimmten, im Gesetz vorgegebenen Gründen verweigern. Diese Art von Zustimmungserfordernis betrifft Einstellungen, Eingruppierungen, Umgruppierungen, Versetzungen.

Die durchsetzbare Mitbestimmung:

Wenn die Unternehmensleitung ohne die Zustimmung des Betriebsrates nicht handeln darf, liegt durchsetzbare (oder erzwingbare) Mitbestimmung vor. Dass die Mitbestimmung »durchsetzbar« ist, erkennt man daran, dass bei Uneinigkeit eine Einigungsstelle (nach Antrag beim Arbeitsgericht eingesetzt) entscheidet.

Durchsetzbare Mitbestimmung bedeutet auch immer, dass der Betriebsrat einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Unterlassung hat. Der Betriebsrat kann also mit einem Verfahren vor Gericht erreichen, dass die Unternehmensleitung etwas nicht ohne »Mitbestimmung« durch den Betriebsrat tun oder durchführen darf.

Nicht verwechseln: Durchsetzen kann der Betriebsrat nur, dass er mitbestimmen darf. Er kann damit nicht uneingeschränkt alle seine Interessen durchsetzen!

Das Initiativrecht:

Das Initiativrecht regelt, dass der Betriebsrat Vorschläge machen kann und die Unternehmensleitung dann verpflichtet ist, Vereinbarungen darüber zu treffen. Der Betriebsrat kann etwas verlangen und die Unternehmensleitung muss es dann machen. Beispiel: Die Ausschreibung von Arbeitsplätzen nach § 93 BetrVG. Danach kann der Betriebsrat verlangen, dass freie Arbeitsplätze innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden.

Die Zuständigkeiten: Alle Rechte in Kapitel 8, 9 und 10

Die Mitwirkungsrechte und die Mitbestimmung sind im BetrVG auf 22 Paragrafen verteilt. Das erscheint unübersichtlich. Damit Sie einen Überblick erhalten, sind die Inhalte aller 22 Paragrafen in den Kapiteln 8, 9 und 10 erwähnt.

Das Kapitel 8