Der Butler 07: Teneriffa-Voodoo - Andreas Zwengel - E-Book

Der Butler 07: Teneriffa-Voodoo E-Book

Andreas Zwengel

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Beschreibung

Auf dem Flughafen Frankfurt greift ein Passagier aus Teneriffa Fluggäste an. Der Butler, dort mit dem Aufbau seiner neuen Organisation beschäftigt, eilt selbst zu Hilfe. Mick Bondye steht seinem neuen Chef zur Seite und entdeckt dabei Verbindungen zu seiner eigenen Vergangenheit.Die beiden Agenten unternehmen einen verhängnisvollen Trip zu den Kanarischen Inseln.

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Seitenzahl: 165

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DER BUTLERBand 7

In dieser Reihe bisher erschienen:

2401 J. J. Preyer Die Erbin

2402 J. J. Preyer Das Rungholt-Rätsel

2403 Curd Cornelius Das Mädchen

2404 Curd Cornelius Die Puppe

2405 Andreas Zwengel Die Insel

2406 Andreas Zwengel Die Bedrohung

2407 Andreas Zwengel Teneriffa-Voodoo

Andreas Zwengel

TENERIFFA-VOODOO

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2018 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckNach einer Idee von Jörg KaegelmannRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mark FreierIllustrationen: Jörg NeidhardtSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-508-1Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Im Flugzeug

Im Flugzeug herrschte eine angenehme ­Temperatur. Bernd Traut stellte sein Handgepäck auf den Sitz neben sich, den er mitgebucht hatte. Wenn er schon gegen seinen Willen reisen musste, dann sollte es so angenehm wie möglich geschehen. Und das bedeutete, keine quasselnden Typen neben sich zu haben, die ihm den ganzen Flug über ein Ohr abkauten. Keine Omas, die von ihren lieben Enkeln schwärmten, oder, noch schlimmer, kleine Kinder, die keine fünf Minuten ruhig auf ihrem Hintern sitzen konnten. Nein, er wollte alleine sein. Warum sollte Traut seinen Flug nicht genießen? Es würde schließlich sein letzter für lange Zeit sein.

Als die Leuchtsignale zum Anschnallen aufleuchteten, folgte er der Anweisung und schaute aus dem Fenster, bis sie in der Luft waren. Die Insel Teneriffa wurde immer kleiner unter ihnen. Er versuchte, an etwas anderes zu denken, als an Geschäfte. Aber es erwies sich als sinnlos, seinem Gehirn befehlen zu wollen, an etwas Bestimmtes auf keinen Fall zu denken. Genauso sinnlos war es für ihn, nicht an die Szene zu denken, als Bergmann ihn anrief, und ihm erklärte, warum ihre Geschäftsbeziehung nicht länger aufrechterhalten werden würde. Nette kleine Umschreibung dafür, dass Bernd einen gewaltigen Auftrag verlor.

Traut hätte sich lieber an die Ereignisse der letzten Nacht zurückerinnert, aber da klaffte leider ein undurchdringliches schwarzes Loch in seinem Gedächtnis. Schwach erkannte er ein Bild vor sich, die Rothaarige und die Dunkelhaarige. Er wünschte, er wüsste noch, was genau in der Nacht geschehen war.

Nun flog er zurück nach Deutschland, wo ihn niemand erwartete. Seine Frau besaß seit fünf Jahren einen Liebhaber, mit dem sie sogar ihren Urlaub verbrachte. Seine erwachsenen Kinder kannten ihn kaum noch. Er hatte seine Familie für den Job geopfert, und jetzt drängte der berufliche Nachwuchs Traut aus dem Geschäft. Die Konkurrenz war groß, seine Nachfolger standen bereits vor der Tür. Hoch motivierte, junge Burschen, die ihr Privatleben als überflüssigen Luxus abhakten und ihre Seele der Firma verkauften. In ein paar Jahren seid ihr so weit wie ich, dachte er.

Traut, gerade achtundfünfzig geworden, fehlte die Zeit, um eine vorläufige Bilanz seines Lebens zu ziehen. Es gab eine Menge Erfolge, auf die er hätte zurückschauen können, aber sein Blick war fest vorwärts auf die Zukunft gerichtet.

Er befand sich auf dem Weg nach Frankfurt, um einen langjährigen Vertrag mit Bergmann zu retten, der seiner Firma jährlich ein kleines Vermögen bescherte, das er auch für die nächsten Geschäftsjahre fest einplanen wollte.

Ihn schauderte beim Gedanken an Deutschland. Seit Wochen hatte er kein schlechtes Wetter gesehen. Dagegen sollte er sich wappnen. Als sie ihre Reisehöhe erreichten und das Anschnallzeichen erlosch, löste er den Gurt, strecke sich in seinem Sitz und bestellte einen Whiskey. Der Drink würde ihm helfen, auf andere Gedanken zu kommen. Traut kippte den ersten Drink ansatzlos hinab und wies die hübsche Flugbegleiterin an, ihm gleich einen Doppelten zu bringen, damit das arme Mädchen nicht so oft zu laufen brauchte. Er hatte in der vergangenen Nacht viel zu viel getrunken, und der erste Schluck schmeckte wohl deswegen so übel. Es handelte sich möglicherweise um eine sehr billige Marke, denn sein Gaumen vermochte die Flüssigkeit nicht einmal als Whiskey zu identifizieren.

Nach dem zweiten Doppelten wartete er immer noch vergeblich darauf, dass sein Körper und Geist entspannten. Dafür hatte der zweite Doppelte noch übler geschmeckt als der erste. Er lehnte sich in seinem Sitz zurück und schloss die Augen.

Irgendwann weckte ihn die Flugbegleiterin und sagte ihm, er solle sich anschnallen, weil sie jeden Augenblick in Frankfurt landen würden. Überrascht stellte er fest, wie tief er geschlafen hatte. Noch halb benommen, bemerkte er, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Etwas geschah etwas mit ihm, in seinem Körper ging etwas vor, das er nicht benennen konnte. Es ging ihm nicht gut.

Traut wusste nicht mehr, was sich während der letzten Nacht auf der Insel ereignet hatte, obwohl er nicht betrunken genug für einen Blackout gewesen war. Er erinnerte sich an diese jungen Leute, die mit ihm gefeiert hatten, und er war mit ihnen durch die Klubs gezogen. Doch die anschließenden Ereignisse lagen hinter einem dichten Schleier. Gerne würde er sich an eine hemmungslose Sexparty erinnern, mit Frauen, die kaum älter als seine Enkelinnen waren, aber er hielt es für wahrscheinlicher, dass sie ihn stattdessen mit Ko-Tropfen außer Gefecht gesetzt hatten. Sein erster Verdacht war gewesen, dass sie darauf aus gewesen waren, anstatt ihm seine Kredit­karten zu missbrauchen. Aber sie befanden sich noch in seiner Tasche und als er die Kartenfirma anrief, konnte hatte Unregelmäßigkeiten auf seinen Konten festgestellt werden. Vielleicht tat er ihnen auch Unrecht, aber es erschien ihm eben unwahrscheinlich, dass sie seine Gesellschaft wegen seines Äußeren oder seines einnehmenden Wesens gesucht haben sollten. Was immer sie tun wollten, er hatte ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, indem er einfach verschwand, um seinen Flug zu bekommen. Ein neuer Gedanke kam ihm. Hatten seine Konkurrenten jemanden beauftragt, um ihn in eine kompromittierende Lage zu bringen? Gab es Fotos von der Party? Steckte einer der Ehrgeizlinge dahinter, die verhindern wollten, dass er die Geschäftsbeziehung mit Bergmann wieder ins Reine brachte?

Die Flugbegleiterin betrachtete ihn misstrauisch. Ihr durfte aufgefallen sein, dass es ihm nicht gut ging. Er spürte deutlich den Schweiß auf seiner Stirn und am restlichen Körper, wo er seine komplette Kleidung durchtränkte. Was stimmte nicht mit ihm? Er konnte den Puls seines Gangnachbarn hören. Der Takt, in dem das Blut durch den Körper des Mannes gepumpt wurde. Er glaubte sogar, sehen zu können, wie sich seine Blutbahnen weiteten, wenn ein weiterer Herzschlag die kostbare Flüssigkeit durch die engen Röhren presste. Er meinte, das Blut durch die Haut seines Nachbarn riechen zu können, auch wenn das unmöglich sein sollte. Er wurde gerade verrückt, eine andere Erklärung fiel ihm nicht ein.

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte die Flug­begleiterin und beugte sich weiter zu ihm herunter. Hatte sie wirklich Angst um ihn oder hielt sie ihn für einen Trinker und überprüfte, in welchem Umfang er so kurz vor der Landung noch Ärger bereiten könnte.

Er nickte mehrmals und blickte aus dem Fenster. Das Flugzeug tauchte in die geschlossene Wolkendecke ein, die über Frankfurt hing, und vor dem Fenster wurde es grau. Traut konnte nichts erkennen, bis kurz vor der Landung die Rollbahn sichtbar wurde. Im nächsten Moment setzten sie auf.

Die Besatzung nickte Traut mit sichtbarer Erleichterung zu, als er das Flugzeug verließ. Er wischte sich mit einem frischen T-Shirt aus seinem Handgepäck den Schweiß vom Gesicht und entsorgte es in einem Abfall­eimer. Er brauchte dringend einen Arzt. Worum es sich auch handelte, es würde nicht von alleine aufhören.

Bernd Traut erreichte noch die Ankunftshalle, als der erste schwere Schub einsetzte.

Etwas befand sich in seinem Körper, zirkulierte in seinem Blut. Traut konnte spüren, wie es in ihm wuchs und sich ausbreitete. Sein Blick fiel auf die Glasfront eines Cafés, und er schrie auf, als er die grauenhafte Fratze sah, die einmal sein Gesicht gewesen war. Er schlug mit der Hand gegen die Scheibe und ließ alle Kunden und Angestellten dahinter zusammenzucken.

Eilig rannte er weiter und bedeckte sein Gesicht mit dem Unterarm. Er rannte, weil er nichts anderes tun konnte. Herumstehen war ihm mit diesen rasenden Schmerzen unmöglich. Es musste doch irgendwo einen Rettungsdienst geben, der ihm, wenn schon keine Heilung, dann zumindest starke Schmerzmittel geben konnte. Traut wollte raus aus dem Gebäude, zu einem Arzt, der herausfand, was mit ihm nicht stimmte.

Die Leute sahen ihn überrascht und neugierig an. Manche schüttelten verärgert den Kopf über das Schauspiel. Alle machten ihm bereitwillig Platz, aber die Leute wirkten nicht erschrocken oder ängstlich, höchstens etwas besorgt. Sahen sie denn nicht, was mit seinem Gesicht geschah? Wie konnten sie bei diesem Anblick so ruhig bleiben?

Erinnerungsfetzen peitschten durch seinen Verstand. Er hoffte, dass es sich um Wahnvorstellungen handelte und nicht um Erinnerungen, denn Ersteres wäre weniger erschreckend. Was er sah, war wirklich furchterregend und verstörend.

Beim ersten Mal erkannte er nur Blut, das wie ein Tsunami über ihn hinweg schwappte. Beim zweiten Mal waren es nackte Körper mit grauenhaften Masken. Er dachte, dass es sich um Masken handelte und nicht um echte Köpfe.

Die Bilder blitzten immer schneller auf und überdeckten die realen Dinge, die sich vor ihm befanden. Traut stieß ein wütendes Brüllen aus. Sein Körper machte eine Veränderung durch. Zuvor fühlte er bereits die schleichende Wandlung, doch nun schien es mit großer Geschwindigkeit fortzuschreiten, verbunden mit rasenden Schmerzen. Etwas lief wie glühendes Metall durch seine Adern. Er wollte sich die Arme aufreißen, um es herausfließen zu lassen.

Traut sah Polizisten, die auf ihn zu rannten. Sie hatten ihre Waffen gezogen, also machte er keinen harmlosen Eindruck. Er hob seine Hände, um ihnen zu zeigen, dass er keine Waffen bei sich trug, doch das beruhigte die Beamten sehr wenig.

Überraschend spürte Traut die Eckzähne, die sich in seinem Oberkiefer vergrößerten. Mit seiner Zunge befühlte er die Veränderung. Er hatte einmal gelesen, dass sich mit der Zunge alles zehnmal größer anfühlte, als es tatsächlich war, und er betete, dass es stimmte, denn ansonsten ­wuchsen gerade Elefantenstoßzähne in seinem Mund.

Er klappte seine Kiefer auseinander, um den Zähnen Platz zu bieten, doch die Polizisten hielten dies offenbar für einen aggressiven Akt und legten mit ihren Waffen an. Der Linke trug nur seine Dienstpistole bei sich, doch sein Kollege hielt eine MP5 in den Händen.

Traut fauchte sie an, obwohl er fürchtete, dass die beiden Beamten nur einen Vorwand suchten, um ihn zu beseitigen. Und diesen Vorwand lieferte er ihnen gerade mit seinem wahnsinnigen Gebrüll.

Er wollte Blut, egal woher und von wem. Er würde alles trinken, nur um diesen entsetzlichen Durst zu stillen, der ihn mit einem Mal quälte. Aber nicht nur der Durst bereitete ihm Qualen. Die Wolkendecke über Frankfurt riss auf und durch die Glasfront traf ihn plötzlich das Sonnenlicht. Sein ganzer Körper fühlte sich mit einem Mal an, als habe er einen heftigen Sonnenbrand und stehe damit unter einer heißen Dusche.

Seine Sicht trübte sich blutrot. Durch diesen Schleier erkannte er einen schwarz gekleideten Mann mit Hut und Mantel, der trotz des sonnigen Wetters eine Melone und einen Regenschirm mit sich herumtrug. Die unpassende Erscheinung gehörte vielleicht auch zu seinen Halluzinatio­nen. Auf jedem Fall stand ihm dieser Kerl im Weg.

Der Butler wich den gekrümmten Klauen zur Seite aus, schlang den Schirmgriff um den Fußknöchel des Mannes und brachte ihn zu Fall. Doch anstatt sofort aufzuspringen, krümmte sich der Mann am Boden zusammen, als ob ihn starke körperliche Schmerzen quälten.

Der Butler begriff die seltsame Situation seines Gegners. Der Mann war offensichtlich orientierungslos und verwirrt. Das machte ihn nicht ungefährlich, aber er attackierte die Leute zumindest nicht aus reiner Bösartigkeit.

Die Polizisten versuchten, den Butler von seinem Gegner zu trennen, doch er hielt sie mit seinem SSI-­Ausweis auf Abstand. Er hoffte sehr, dass Mister Prince ihm den Gebrauch noch eine Weile gestattete, denn seine neu gegründete Organisation besaß leider keinerlei offizielle Befugnisse.

Die Fluggäste scharten sich um die Kämpfer. Sie blieben auf Abstand und filmten aus sicherer Entfernung mit ihren Handykameras. In wenigen Minuten würden sich die ersten Videos im Netz befinden, in denen ein englischer Butler am Flughafen gegen einen wahnsinnigen Randalierer kämpfte.

Einer der Polizisten steckte die Waffe weg und zog dafür seine Handschellen. Bevor der Butler ihn davon abhalten konnte, näherte er sich dem Mann am Boden und versuchte, ihm die Handschellen anzulegen.

Als sich die Fessel um das erste Handgelenk schloss, kam wieder Bewegung in den Mann. Er fegte den Polizisten mit einem Unterarmschlag weg, der ihn in hohem Bogen durch die Luft beförderte.

Der Kollege mit der Maschinenpistole wollte schießen, als der Butler in die Schusslinie trat. Sofort senkte der Polizist die Waffe und beschwerte sich über das Eingreifen.

Der Butler schlug mit seinem Schirmgriff zu und traf den Tobsüchtigen am Kinn. Der Wucht nach zu urteilen, mit dem der Kopf des Getroffenen zur Seite gerissen wurde, konnte jeder Beobachter davon ausgehen, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Schirmgriff handelte.

Ein normaler Mann wäre zu Boden gegangen und liegen geblieben, doch dieser Kerl schüttelte nur den Kopf und griff dann den Butler an. Wie eine führerlose Loko­motive raste der Passagier namens Bernd Traut auf den Butler zu. James nutzte die Wucht des Angriffs und setzte sie in einem Judowurf um. Er schleuderte Traut über seine Hüfte und ließ ihn hart auf den Boden knallen.

Bevor sein Gegner wusste, wie ihm geschah, nahm der Butler seine Melone mit der Metallverstärkung vom Kopf und schlug Traut damit gegen den Schädel. Er wollte den Kampf möglichst schnell und schmerzfrei beenden. Schmerzfrei für sie beide. Doch Traut ließ sich davon nicht beeindrucken.

Da dem Mann Schläge offenbar nichts ausmachten, drehte der Butler an den Einstellungen seines Spezial­schirmes, um einen Betäubungspfeil in den Lauf zu befördern. Bevor er jedoch zum Schuss kam, stand Traut vor ihm und schlug ihn mit einem einzigen Hieb nieder.

Mit einem Mal wurde den Handyfilmern bewusst, dass dies kein Schauspiel war, bei dem sie ungefährdet Erinnerungsvideos drehen konnten. Sobald dieser Verrückte den Butler und die Polizisten besiegte, wäre auch ihr eigenes Leben in Gefahr. Die Reihen der Handynutzer lichteten sich merklich.

Bernd Traut erhob sich über dem Butler, sah die pochende Ader an dessen Hals und riss den Mund weit auf. Sofort eröffneten die Polizisten das Feuer.

Der Schriftsteller Douglas Adams schrieb einmal, dass es aus gutem Grund in keiner Sprache der Welt die Redewendung Schön wie ein Flughafen gibt. Alles dort wirkte steril, abweisend und leicht abwaschbar. Darüber hinaus stellte der Frankfurter Flughafen nur selten einen Ort der Ruhe dar. Selbst in den frühen Morgenstunden, wenn das Personal auf Elektrowagen oder Fahrrädern durch die leeren Flure fuhr und gestrandete Fluggäste in den Sitzgruppen dösten, herrschte an den Schaltstellen hektisches Treiben.

Mick Bondye betrat den Terminal 1 und hielt Ausschau nach dem Butler. Der reguläre Flugbetrieb lief, und die spektakuläre Festnahme hatte noch Journalisten und Schaulustige angelockt. Der Terminal quoll also förmlich über. Ein Mitarbeiter der Fraport nahm Mick in Empfang und führte ihn an den Passagierströmen vorbei zu einem unscheinbaren Zugang, der aussah, als würde sich dahinter lediglich ein Putzschrank befinden.

Der Fraport-Mitarbeiter, der in Wahrheit zur neuen Organisation des Butlers gehörte, brachte Mick durch mehrere Sicherheitsschleusen bis in die Zentrale der bisher noch namenlosen Organisation. Überall wurde noch die Einrichtung ergänzt und technische Ausrüstung angeschlossen, aber auf einem niedrigen Level waren sie hier bisher einsatzfähig.

Der Butler stand vor einer Monitorwand und hielt die Hände auf dem Rücken verschränkt, während die Techniker ihm die Funktionsweise erklärten. Mick trat an die beiden heran und wartete darauf, dass sein Chef ihn bemerkte.

„Hallo Mick“, sagte James, ohne sich umzudrehen. „Freut mich, dass Sie so schnell kommen konnten.“

„Es klang dringend“, antwortete Mick Bondye. Der Voodoo-Vampir erinnerte sich noch an seine erste Begegnung mit dem Butler, die hier am Flughafen stattgefunden hatte. Allerdings über der Erde und im öffentlichen Bereich.

Sie hatten sich sofort gut verstanden und Micks Partnerin Cassandra Benedikt machte es überhaupt nichts aus, den Butler mit James anzureden, auch wenn sie den Namen jedes Mal betonte, als handele es sich um einen privaten Scherz zwischen ihnen.

Seit sie gemeinsam einen Angriff von Fischwesen auf der Insel Föhr abgewehrt hatten, fühlten sie sich fast schon wie eine verschworene Truppe.

„Wie geht es Cassy?“, fragte der Butler den Voodoo-Vampir.

„Gut, sie ist gerade mit Seyferd in der Eifel unterwegs und besichtigt einen ehemaligen Atombunker, der sich ebenfalls als Kommandoposten unserer Organisation eignen würde.“

Paul Seyferd, ein ehemaliger Geheimdienstmann, wurde vom Butler rekrutiert, damit er die inneren und äußeren Strukturen der Organisation aufbaute. Mick und Cassy arbeiteten als Außenteam, aber Seyferd übernahm Leitung und Koordination.

„Weshalb haben Sie mich rufen lassen? Sie sagten am Handy etwas von einem sehr verwirrten Mann, der hier randaliert hat.“

„Ich habe es etwas abgemildert, um kein unnötiges Aufsehen zu erregen.“

Mick nickte. „Verständlich, es macht eine Menge Leute nervös, wenn in einem Handygespräch das Wort ­Amokläufer auftaucht.“

„Das ist richtig“, stimmte der Butler zu. „Das Wort, das ich bei unserem Telefonat vermeiden wollte, war allerdings Vampir.“

„Meine Güte, der arme Kerl wurde übel zugerichtet“, entfuhr es Mick beim Anblick des toten Bernd Traut auf der Bahre.

Der Butler vermied es, die Leiche anzusehen. „Sie dürfen nicht glauben, dass dieser Traut nach den ­ersten ­Treffern zu Boden ging. Die Beamten mussten viele Kugeln auf ihn abfeuern, bis er endlich umkippte, und danach versuchte er trotzdem, noch ein paar Mal wieder aufzustehen.“

Dr. Selthan trat neben ihnen an die Bahre. „Wir ­müssen schnell machen, die Behörden werden bald auf seine Heraus­gabe pochen. Also, was ist mit dem Mann? Ist er ein Vampir?“

Der Butler stand neben dem Obduktionstisch und stützte beide Hände auf den Griff seines Regenschirms. Mit unbewegtem Gesicht beobachtete er, wie Mick den Körper des Toten untersuchte.

„Ist das Ergebnis der Blutuntersuchung schon da?“, fragte der Voodoo-Vampir den Arzt, der es gar nicht mochte, nur den Handlanger zu spielen. Allerdings hatte Doktor Selthan bereits vor dieser Aufgabe kapitulieren müssen.

„Nur ein vorläufiges Ergebnis, ein großes Blutbild braucht seine Zeit.“

Mick nahm dem Mann das iPad mit dem Untersuchungs­ergebnis aus der Hand und scrollte durch die Auflistung der Stoffe, die im Körper gefunden wurden. Es waren Substanzen darunter, die nach dem Besuch einer beliebten Ferieninsel nicht sonderlich überraschten, aber Mick suchte etwas Bestimmtes und fand es auch. Es gab Veränderungen im Blutbild, die auf eine beginnende Verwandlung von Traut hinwiesen.

Der Voodoo-Vampir beugte sich mehrmals dicht über den Körper, bis seine Nasenspitze beinahe die bleiche Haut berührte. Mick verließ sich nicht nur auf seine Augen und Fingerspitzen, sondern nutzte auch seinen Geruchssinn.

„Um auf Ihre Frage zu antworten: Noch nicht“, sagte er schließlich. „Die Umwandlung ist noch nicht abgeschlossen.“

„Dann ist er auch kein Voodoo-Vampir, so wie Sie?“, fragte der Butler.

Mick schüttelte den Kopf. „Nur Vampire können zu Voodoo-Vampiren werden, keine gewöhnlichen Menschen.“

Dr. Selthan nahm seine Brille ab und putzte die Gläser. „Klingt so, als sei es eine Art Beförderung.“

„Nein, wirklich nicht.“

„Können Sie noch was über diesen Mann sagen?“, fragte der Butler.

„Ja, jemand auf Teneriffa wollte ihn zum Vampir machen.“

„Was bedeutet das?“, wollte der Butler wissen.

„Ich muss dorthin.“

Auf einem der Monitore wurde gerade die Presse­sprecherin des Flughafens interviewt. Obwohl der Begriff Interview nur unzureichend beschrieb, was auf den Bildschirmen geschah. Im Grunde ignorierte die junge Frau ganz souverän die Fragen der Pressevertreter und dozierte stattdessen ausführlich über die Ursachen und Auswirkungen von Massenhalluzinationen, denn um nichts anderes handelte es sich ihrer Ansicht nach bei den Ereignissen. Die verbreiteten Videos zeigten einen älteren Mann, der komplett durchdrehte, aber deshalb konnte ihn noch niemand als Vampir identifizieren. Ein weiterer Glücksfall bestand darin, dass alle Zuschauer die Flucht ergriffen, als die ersten Schlüsse fielen, und sie hatten dadurch die Aufnahmen anderer gestört, die die Nerven bewahrten und weiter filmen wollten.

Mick hatte nicht damit gerechnet, dass der Butler ihn auf seiner Reise begleiten wollte. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn sein neuer Chef darauf verzichtet hätte, aber er konnte es ihm natürlich nicht abschlagen, schließlich zahlte der Butler die Flugtickets.