Ren Dhark – Weg ins Weltall 67: Rebellen gegen die Friedensstifter - Andreas Zwengel - E-Book

Ren Dhark – Weg ins Weltall 67: Rebellen gegen die Friedensstifter E-Book

Andreas Zwengel

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Beschreibung

Ömer Giray hat endlich eine erste heiße Spur, wo er seine vermisste Kollegin Liv Sanders finden könnte. Alles sieht nach einer Entführung aus, doch der GSO-Agent läuft Gefahr, in eine Falle zu geraten. Währenddessen kommen Chris Shanton, Arc Doorn und Amy Stewart in der Galaxis Voktar mit dem äußerst fremdartigen Volk der Woniozell in Kontakt. Dabei erfahren sie etwas aus der Geschichte dieser Sterneninsel und hören das erste Mal von den Rebellen gegen die Friedensstifter... Achim Mehnert, Nina Morawietz und Andreas Zwengel schrieben diesen explosiven SF-Roman voller Action nach dem Exposé von Ben B. Black.

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Seitenzahl: 357

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 67

Rebellen gegen die Friedensstifter

 

von

 

Andreas Zwengel

(Kapitel 1 bis 6)

 

Nina Morawietz

(Kapitel 7 bis 12)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 13 bis 18)

 

und

 

Ben B. Black

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

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Impressum

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden, und das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne durch die Zuführung interstellaren Wasserstoffgases wieder ausgeglichen. Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Planeten nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.

Allerdings haben auch die wenigsten der Umsiedler konkrete Pläne für einen neuerlichen Umzug innerhalb so kurzer Zeit. Es kommt die katastrophale Entwicklung hinzu, die Babylon seit dem Umzug der Menschheit nahm: Durch eine geschickt eingefädelte Aktion war es dem höchst menschenähnlichen Fremdvolk der Kalamiten gelungen, den Regierungschef Henner Trawisheim, einen Cyborg auf geistiger Basis, derart zu manipulieren, dass er zu ihrem willenlosen Helfer und Vollstrecker bei der geplanten Übernahme der Macht über die Menschheit wurde. Erst in allerletzter Sekunde gelang die Revolution gegen die zur Diktatur verkommene Regierung Babylons und damit gegen die heimlichen Herren der Menschheit, die Kalamiten. Während den meisten der Fremden die Flucht gelang, wurde Trawisheim aus dem Amt entfernt und in ein spezielles Sanatorium für Cyborgs gebracht.

Noch im selben Jahr nimmt Ren Dhark das Angebot des Industriellen Terence Wallis an und lässt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen. Doch anstatt sich mit seiner nun vollständig veränderten Lebensperspektive beschäftigen zu können, muss sich Ren Dhark einer neuen Aufgabe stellen: Eine unbekannte Macht namens Kraval sorgt dafür, dass der Hyperraum nicht länger zugänglich ist.

Als man diese Herausforderung endlich gemeistert hat, tauchen die Wächter mit einer neuen Hiobsbotschaft auf: Im Zentrum der Milchstraße hat sich scheinbar aus dem Nichts ein Miniaturuniversum gebildet, das allerdings exponentiell wächst und schon in wenigen Jahren den Untergang unseres Universums herbeiführen könnte.

Mithilfe der Nomwarun – nur etwa 50 Zentimeter große Nachfahren der Worgun – gelingt es schließlich, der Gefahr zu begegnen. Allerdings spielen die Nomwarun nicht mit offenen Karten und zerstören das Miniuniversum, anstatt es wie versprochen in ein anderes Kontinuum zu versetzen, weil das anscheinend nicht möglich gewesen ist. Ren Dhark macht dieses Resultat sehr zu schaffen, doch es gelingt ihm nicht, die Nomwarun entsprechend zur Rede zu stellen.

Knapp zwei Jahre später, im Sommer des Jahres 2072, scheint endlich Ruhe in der Milchstraße eingekehrt zu sein und die Normalität zu herrschen, die sich jedermann wünscht. Da erhält Ren Dhark einen Notruf von der Erde: Arc Doorn, Chris Shanton und Amy Stewart haben eine uralte Einrichtung der Wächter unterhalb des Titicacasees erforscht und sind seither verschollen. Auf der Suche nach den Freunden folgen Ren Dhark und seine Getreuen einer Spur, die sie in die Galaxis Voktar führt. Der Commander macht sich Sorgen, und die sind nicht unbegründet, denn die drei Vermissten stecken gerade in großen Schwierigkeiten …

1.

Sie kamen direkt aus dem Hyperraum und eröffneten sofort das Feuer. Siebenunddreißig Herzmuschelschiffe der Woniozell, die in drei Angriffswellen versetzt übereinander flogen, hielten auf den S-Kreuzer zu.

»Wir müssen sofort hier weg, die bekommen Verstärkung!«, brüllte Chris Shanton.

Die Herzmuschelschiffe von Dabophilorisoptyls Schwadron, die den S-Kreuzer umgaben, unternahmen jedoch keinen Versuch, ihn ebenfalls anzugreifen.

Die TOTENSCHIFF drängte sich sofort aus deren Ring, und Arc Doorn lenkte sie hinter den Verband, damit dieser in der Schusslinie der angreifenden Neuankömmlinge stand.

»Bereit?«, rief er zu Chris Shanton hinüber, der den Feuerleitstand besetzt hatte.

»Bereit«, bestätigte dieser.

Seit Amy Stewart hinter einer Abdeckung die Freischaltmodule für die Waffenarten Mix-1 bis Mix-4 gefunden hatte, war die TOTENSCHIFF noch um einiges gefährlicher geworden. Mit der neuentdeckten Bewaffnung wäre der S-Kreuzer in der Lage, die Schutzschirme ihrer Gegner fast mühelos zu durchdringen und sie mit einem Schlag zu zerstören.

Die Herzmuschelschiffe waren dadurch kein wirklich bedrohlicher Gegner mehr und konnten nur noch durch ihre schiere Masse punkten. Nachdem sich ihre anfängliche Angriffsformation zerstreut hatte, fanden sie nicht wieder zu einem geordneten Angriff zusammen.

Leider würde eine Feuererwiderung durch die TOTENSCHIFF auch sofort die aufknospende Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien beenden, und das lag nicht im Interesse von Amy Stewart, Arc Doorn und Chris Shanton. Sie wollten die Hilfe von Dabophilorisoptyl und seinen Leuten, um weitere Ringraumer aufspüren zu können.

Amy blickte immer noch die Bildkugel an, in der der Anführer der Woniozell dargestellt wurde. Ihr erster Impuls war es, Dabophilorisoptyl wegen seines Verrats zu beschimpfen, doch an seiner Reaktion merkte sie, dass er vom Eintreffen der neuen Herzmuschelschiffe ebenso überrascht war wie die dreiköpfige Besatzung der TOTENSCHIFF. Die Woniozell verfügten über keine ausgeprägte Mimik, an der man eine Lüge einfach erkennen konnte, aber das hektische Umherdrehen von Dabophilorisoptyls siphonartigen Auswüchsen passte nicht zu einem kühl kalkulierten Hinterhalt.

Das Stielaugenpaar am oberen Ende der Auswüchse blickte hektisch zwischen Amy und den eigenen Anzeigen hin und her, und einer der Schlitze im Siphon beteuerte mehrfach auf Worgun, dass sie, also Dabophilorisoptyl, den Menschen keine Falle gestellt hätten.

Doorn maulte unterdessen einmal mehr über die umständliche Bedienbarkeit der Armaturen. Diese Aufgabe wäre ihm natürlich viel leichter gefallen, wenn er eine zwei Meter große Krabbe mit klobigen Scheren gewesen wäre und kein Worgunmutant mit dem Aussehen eines schlecht gelaunten Wikingers. Er warf sein schulterlanges, rotes Haar nach hinten, damit es nicht seine Sicht behinderte. »Bereit zur Transition. Sehen wir zu, dass wir hier wegkommen!«

»Angriff abbrechen! Sofort abbrechen! Wir sind nicht in Gefahr!«, rief Dabophilorisoptyl. Seine Stimme klang so, als würde er während des Sprechens eine Mahlzeit einnehmen. Der Kommandant des Flaggschiffs gab sich alle Mühe, den Angriff abzuwenden.

»Langsam wird es zu einer lästigen Gewohnheit, von diesen Dingern beschossen zu werden«, knurrte Doorn und lenkte den Ringraumer der Reckbatz unter den pinkfarbenen, überlichtschnellen Strahlen der Herzmuschelschiffe hindurch. Obwohl er die TOTENSCHIFF mittels Gedankensteuerung kontrollierte, war ihm das Manöver nur möglich, weil er inzwischen schon reichlich Erfahrung mit der Vorgehensweise dieser Schiffe gemacht hatte.

Doorn war anzusehen, wie viel Mühe er hatte, gegen einen Angriff von fast vierzig Gegnern zu bestehen, und ihr eigenes Intervallfeld würde unter einer solchen Trefferflut ebenfalls leiden.

Die einfachste Möglichkeit bestand natürlich darin, sich wie beim letzten Mal mittels Sternensog einer Schlacht zu entziehen. Aber dann würde es umso schwerer werden, wieder mit den Woniozell ins Gespräch zu kommen, und die drei Terraner brauchten die Hilfe dieses Volkes.

Amy Stewart stand auf dem Laufsteg, der um die Bildkugel herumführte. Der weibliche Cyborg ließ den Anführer der Muschelschiffe nicht aus den Augen. »Warte noch mit der Transition«, richtete sie sich auf Angloter an Doorn. »Ich glaube, er bekommt die Lage unter Kontrolle.«

Chris Shanton nahm die Abstrahlantennen ins Visier, die wie Stacheln auf den Muscheln wirkten und unentwegt ihre Nadelstrahlen verschossen. Wenn er ein paar der Schiffe entwaffnete, würde ihnen dies vielleicht die benötigte Verschnaufpause verschaffen, damit Dabophilorisoptyl zu seinen Leuten durchdringen konnte.

Die Schutzschilde der Herzmuschelschiffe waren viel zu schwach, um gegen den Beschuss des Ringraumers zu bestehen. Shanton hätte mühelos ein paar von ihnen unter Feuer nehmen, die Schutzschilde außer Gefecht setzen und dann das eigentliche Ziel zerstören können. Doch nach dem Gespräch mit Dabophilorisoptyl, und da es sich nicht mehr um anonyme Angreifer handelte, wollte er eine solche Vorgehensweise nach Möglichkeit vermeiden.

Plötzlich brach der Beschuss durch die Herzmuschelschiffe ab. Die Neuankömmlinge kreisten die TOTENSCHIFF ein, positionierten sich zwischen ihr und Dabophilorisoptyls Flaggschiff und blieben in Feuerbereitschaft.

Sie waren offenbar weiterhin misstrauisch, aber zumindest bereit, sich die Situation erklären zu lassen, und genau das tat Dabophilorisoptyl in diesem Moment.

Amy hob die Lautstärke der Funkübertragung an, und so konnten alle an Bord die Stimme eines weiteren Woniozell hören, der mit dem Kommandanten sprach.

»Wir glaubten euch schon verloren, Dabophilorisoptyl.« Die Stimme klang ebenfalls so, als würde der Sprecher während des Redens eine herzhafte Mahlzeit einnehmen oder müsse um einen heißen Knödel im Mund herumsprechen.

»Snooporidchlororidthopyl, ihr wart uns nie willkommener als in diesem Moment, aber wir können euch beruhigen, die Situation ist geklärt. Es handelt sich nicht um Friedensstifter an Bord dieses Ringraumers. Die Besatzung ist uns wohlgesonnen.«

»Haben die wirklich alle solche Zungenbrechernamen?«, flüsterte Shanton zu Amy.

»Wer weiß, vielleicht gehört ›Dabophilorisoptyl‹ bei diesem Volk noch in den Bereich der Kurznamen.«

»Na, Prost Mahlzeit«, murmelte Doorn.

Sie warteten alle drei darauf, in das Gespräch mit einbezogen zu werden, was auch prompt geschah. Zuvor bereitete Dabophilorisoptyl allerdings seinen Freund noch auf den Anblick der TOTENSCHIFF-Besatzung vor.

Das war in der Tat eine gute Idee, denn Dabophilorisoptyl selbst hatte beim ersten Sichtkontakt sehr heftig auf den Anblick der menschlichen Gestalten reagiert. Es gab in dieser Galaxis keine Wesen von humanoider Gestalt außer den Friedensstiftern, und die waren den Woniozell zutiefst verhasst.

Snooporidchlororidthopyl bildete da keine Ausnahme. Obwohl Dabophilorisoptyl ihm angekündigt hatte, was er zu sehen bekommen würde, sobald die Bildübertragung zwischen allen drei Schiffen hergestellt war, zuckten seine siphonartigen Schläuche bei dem Anblick zurück.

»Ich habe mein Aussehen noch nie so abstoßend gefunden wie jetzt gerade, wo ich deren Reaktion beobachten muss«, nörgelte Shanton.

»Wir anderen können uns einfach nur besser beherrschen«, scherzte Doorn.

Die Ähnlichkeit mit den Friedensstiftern hatte bisher nicht nur negative Reaktionen hervorgerufen, sondern ihnen auf der anderen Seite die Unterstützung der Sarrack beschert. Sie durfte deshalb nicht als völlig nutzlos betrachtet werden. Interessant war allerdings, dass nach eigener Aussage keines der beiden Völker jemals einen Friedensstifter von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte. Trotzdem verinnerlichten sie wohl von klein auf die Beschreibung dieser anscheinend allmächtigen Herrscher ihrer Galaxis.

Das Missverständnis war jedoch schnell geklärt. Snooporidchlororidthopyl, der Kommandant der Schwadron, erklärte, dass sie zufällig in der Nähe gewesen waren und den Kampf angemessen hatten. Deshalb hatten sie sich sofort auf den Weg gemacht, um der hiesigen Einheit zu Hilfe zu eilen. Bei ihrer Ankunft sahen sie dann die Schiffe von Dabophilorisoptyls Schwadron in unmittelbarer Nähe eines Ringraumers, ohne dass sie diesen bekämpften. Das ließ für sie nur den einen Schluss zu, nämlich dass ihre Kameraden bereits besiegt worden waren. Da sie zu spät kamen, um noch Hilfe zu leisten, wollten sie zumindest Rache nehmen oder bei dem Versuch sterben. Blindwütig stürzten sie sich deshalb auf den Ringraumer zwischen den vermeintlichen Wracks.

»Das hätte euch eine ganze Menge eurer Schiffe kosten können«, äußerte Doorn. »Bei einem richtigen Kampf würden wir jetzt nicht mehr miteinander sprechen.«

Der Kommandant der Neuankömmlinge öffnete einen Sprechschlitz zu einer saftigen Erwiderung, aber Dabophilorisoptyl kam ihm zuvor. »Wir können uns eine Zusammenarbeit vorstellen«, erklärte er. »Aber wir benötigen noch einen Akt des Vertrauens, um den Rest unseres Volkes überzeugen zu können.«

»Wie soll der aussehen?«, fragte Doorn lauernd.

»Zunächst einmal schlagen wir vor, das System der Sarrack zu verlassen. Wir möchten das Gespräch auf einer unserer Kolonialwelten weiterführen. Dort können wir uns konkret mit den Einzelheiten der Vereinbarung beschäftigen.«

Shanton meldete sich zu Wort: »Wir schließen uns euch gerne an, aber vielleicht solltet ihr alle eure Verbände auf unserem Weg verständigen, damit es zu keinen weiteren Missverständnissen dieser Art kommt.«

»Snooporidchlororidthopyl werden vorausfliegen und unsere Schwadron nimmt euch in die Mitte. Das wird höchstens den falschen Eindruck vermitteln, dass ihr unsere Gefangenen seid.«

Amy lächelte. »Und das wäre ein Missverständnis, das ihr gerne in Kauf nehmt. Stimmt’s?«

»Der Anblick wird die Zuversicht unseres Volkes stärken. Wir Woniozell brauchen jede Aufmunterung, die wir bekommen können. Zu lange führen wir unseren Kampf schon erfolglos.«

»Einverstanden«, stimme Doorn dem Ansinnen zu. »Wir folgen eurem Kurs.«

Jetzt, wo sie den Kontakt zu den Woniozell hergestellt hatten, wünschten sie sich, beim Flug im S-Kreuzer nicht ständig das Gefühl haben zu müssen, eine Zielscheibe auf dem Hinterkopf zu tragen.

*

Sie benötigten nur gut einen Tag und ein halbes Dutzend Transitionen, dann erreichten sie die Kolonialwelt der Woniozell. Doktarol war der größte Stützpunkt der Muschelabkömmlinge außerhalb ihres Heimatsystems.

Jeder der drei Terraner an Bord des S-Kreuzers war froh, das Schiff verlassen zu können, denn die Gewöhnung an die Räumlichkeiten und Einrichtung nach Reckbatzbedürfnissen war ihnen immer noch nicht vollständig gelungen.

Shanton quälten Rückenschmerzen, weil er auf dem ganzen Ringraumer keine angemessene Liegefläche gefunden hatte. Selbst Polster und Kissen ließen ihn die Schalenform der Unterlagen nicht vergessen.

Arc Doorn war in dieser Hinsicht genügsamer, denn er hatte im Verlauf seines langen Lebens bereits auf jeder erdenklichen Unterlage geschlafen, davon schier unzählige Male auf der bloßen Erde.

Amy Stewart schien ebenfalls keine Probleme mit einem passenden Schlafplatz gehabt zu haben, denn ihr Cyborg-Körper neigte dazu, dass die Umgebung sich ihm anpasste, statt umgekehrt.

Als sie sich im Anflug auf die Kolonialwelt befanden, nahmen Arc, Amy und Chris wieder ihre Positionen an den Steuerkonsolen des Schiffes ein.

Amy wählte den Bildausschnitt der Bildkugel neu und stellte eine entsprechende Vergrößerung ein, um die Oberfläche der Welt zu betrachten. Diese zeigte sich dreigeteilt. Das südliche Drittel bestand aus einer trockenen Steppenlandschaft, der Norden war von einer üppigen Vegetation bedeckt. Dazwischen verlief ein blauer Wassergürtel rund um den Planeten herum.

Die Zusammensetzung der Atmosphäre ähnelte der auf Babylon, allerdings in etwa dreitausend Metern Höhe, und die Gravitation war annähernd identisch.

Im Anflug erkannte Amy zahlreiche Siedlungen, die sich gleichmäßig über die Oberfläche verteilten. Sowohl in der Steppe als auch auf dem Wasser gab es gewaltige Städte. Bei der Kolonialwelt handelte es sich also um einen dicht besiedelten Planeten, auf dem Milliarden Woniozell lebten.

»Willkommen auf Doktarol«, verkündete Dabophilorisoptyl über Funk.

»Ist das alles?«, wollte Doorn verwundert wissen, weil er glaubte, Dabophilorisoptyl habe sich mitten in der Namensnennung unterbrochen. »Ich dachte, ihr haltet nichts von Abkürzungen?«

»Wir verstehen nicht, was ihr meint. Das ist der Name unseres Planeten.«

»Entschuldigung, ich dachte, ich hätte mich verhört«, sagte Doorn beschwichtigend, um keine unnötige Diskussion aufkommen zu lassen.

»Diese vulgäre Sprache beleidigt unsere Ohren«, beschwerte sich Snooporidchlororidthopyl über Funk. »Haben diese Menschen denn keinen Stolz, dass sie ständig auf so unwürdige Weise von sich selbst sprechen? Wir können das einfach nicht gutheißen.«

Dabophilorisoptyls Schläuche machten eine zustimmende Bewegung. »Ihr solltet etwas Geduld mit ihnen haben. Wir haben auch einen Moment gebraucht, um es zu tolerieren, aber sie werden es noch lernen.«

»Eure Welt macht einen friedlichen Eindruck«, bemühte sich Amy um einen Themenwechsel.

»Ja, von hier oben«, erwiderte Snooporidchlororidthopyl missmutig.

Dabophilorisoptyl erläuterte die Bemerkung seines Freundes: »Das wäre nicht die erste Welt, die wir uns errichtet haben, und die wir anschließend wieder aufgeben müssen. Solange wir den Friedensstiftern ein Dorn im Auge sind, wird es für uns kein friedliches Leben geben.«

Der Großteil der Muschelschiffe geleitete die TOTENSCHIFF zum größten Raumhafen des Planeten, während die restlichen Schiffe sich aus dem Verband ausklinkten um weiter in dem Sonnensystem zu patrouillieren. Die Woniozell waren offensichtlich immer auf der Hut und befanden sich praktisch rund um die Uhr im Alarmzustand.

Das färbte während der gemeinsamen Reise auch auf die Besatzung des S-Kreuzers ab. Obwohl der Ringraumer in sein Doppelintervallum gehüllt war und deshalb über ausreichend Schutz verfügte, kontrollierten die Spürer und Orter per Reizstrahl die Umgebung der TOTENSCHIFF, nur für den Fall, dass plötzlich Schiffe im Erfassungsbereich auftauchten und einen Angriff starteten.

Die Woniozell stellten zwar keine Gefahr mehr dar, und neuerliche Attacken der Herzmuschelschiffe würden wohl ausbleiben, aber vielleicht befanden sich die Reckbatz schon auf der Suche nach ihrem verlorenen Raumer und dessen Besatzung.

Doorn setzte den S-Kreuzer auf einer zugewiesenen Landefläche am Rand des Raumhafens auf und tat so, als würde er die zahlreichen Antennen nicht bemerken, die auf ihr Schiff gerichtet waren.

»Die sind wirklich sehr misstrauisch«, stellte Chris Shanton fest, dessen Sensoren zahlreiche Anpeilungen verzeichneten. »Vielleicht sollten wir besser an Bord bleiben und das Intervallfeld aktiv lassen.«

»Ich schätze, es wäre einer der Akte des Vertrauens, von denen Dabophilorisoptyl gesprochen hat, genau dies nicht zu tun«, widersprach Amy.

»Aber wer sagt uns, dass sie nicht in unserer Abwesenheit den Raumer kampfunfähig machen oder ausschlachten«, grummelte Doorn, der trotz der unbequemen Sitzgelegenheiten eine gewisse Zuneigung für die TOTENSCHIFF entwickelt hatte.

»Niemand.«

Die Antwort empfand er als nicht besonders befriedigend, aber schließlich verließen sie alle drei das Schiff. Arc Doorn schickte mit seinem Armbandvipho einen Befehlsimpuls zum Schiffsrechner, der nicht nur die Luke wieder schloss und versiegelte, sondern darüber hinaus das gesamte System durch einen Code sicherte.

Niemand würde die TOTENSCHIFF in ihrer Abwesenheit unbefugt betreten, zumindest würde er es nicht ganz einfach dabei haben. Wenn die Woniozell dies als Affront auffassten, durften sie sich gerne bei ihm beschweren.

*

Die Reise durch die Stadt erwies sich als Problem, denn Dabophilorisoptyl war nicht der Einzige, der beim Anblick humanoider Wesen eine ziemlich schlechte Stimmung entwickelte. Die Woniozell drängten sich bei ihrem Anblick zusammen und begannen, leise miteinander zu tuscheln. Die Stielaugen folgten Doorn, Shanton und Amy, wo immer sie hingingen. Diese Wesen mussten Furchtbares durch die Friedensstifter und ihre Handlanger erlebt haben.

Ihr Gastgeber tat allerdings so, als würde er das Gemurmel überhaupt nicht bemerken. Mit hörbarem Stolz in der Stimme führte er die drei durch die Hauptstadt des Planeten. Überall hingen Flaggen in den Farben Grün, Blau und Hellbraun. Die Flagge der Woniozell leitete sich ganz offensichtlich vom Aussehen ihres Planeten ab. Die drei Terraner entdeckten sogar Bewohner, die ihren Panzer in diesen Farben bemalt hatten.

Die Gebäude waren wellenförmig und in der gleichen undefinierbaren Farbe wie die Herzmuschelschiffe gehalten. Es schien kaum einzelnen Räume im Inneren zu geben, sondern mehrere Säle, die ineinander übergingen. Offenbar legten die Woniozell nicht viel Wert auf Privatsphäre. Andererseits konnten sie sich ja jederzeit ins Innere ihres Muschelpanzers zurückziehen.

Am auffälligsten war allerdings das Transportsystem in der Stadt.

Da die Fühler an der Unterseite ihrer Muschelpanzer ganz offensichtlich nicht für längere Märsche geeignet waren, gab es überall Förderbänder, die genau den Bedürfnissen der Woniozell angepasst waren. Beim Einstieg rutschten die Muschelabkömmlinge in ein Fach hinein, und am anderen Ende der Strecke verliefen an beiden Seiten aufsteigende Geländerstäbe, die sie wieder heraushoben, ohne dass die Woniozell die geringste Anstrengung aufbringen mussten. Statt Straßen gab es ein mehrspuriges Fördersystem, auf dem sie halb liegend ihr Ziel erreichten. Fahrzeuge wurden nur für Reisen durch die Luft verwendet.

Die Förderbänder verliefen meistens ebenerdig. Nur an Steigungen erhoben sie sich diagonal, und an Hauswänden fuhren sie senkrecht in die Höhe. Die Eingänge zu den einzelnen Etagen sahen aus wie Münzschlitze, und wenn ein Woniozell das gewünschte Stockwerk erreichte hatte, wurde er seitwärts aus dem Transportfach genommen.

Amy erinnerte dieses schnelle und reibungslose System an eine Fabrik, in der man runde Produkte herstellte, die in rasender Geschwindigkeit in alle Richtungen transportiert wurden. Links von ihr begaben sich zwei Woniozell in nebeneinanderliegende Schlitze, die sich sofort herabsenkten. Amy fand, dass diese Aufzüge große Ähnlichkeit mit einem Toaster besaßen.

»Noch schneller würdet ihr rollend vorankommen«, überlegte Shanton laut.

Dabophilorisoptyl machte ein ärgerliches Geräusch. »Das ist doch Quatsch, da würde uns bloß schlecht werden.« Er streckte einen Fühler aus dem Seitenschlitz seines Panzers und wies damit auf den Eingang eines Gebäudes. »Aber vielleicht möchtet ihr es einmal selbst ausprobieren.«

Die Freunde traten ein, ohne zu wissen, wie diese Bemerkung gemeint war, und fanden sich in einer Art Werkstatt wieder, in der ein halbes Dutzend Woniozell bei ihrem Eintreten die Arbeit unterbrachen.

»Ihr seid nicht unsere ersten Besucher mit einer ungewöhnlichen Körperform, deshalb haben wir etwas entwickelt, das Gästen die Fortbewegung auf Doktarol erheblich erleichtert.«

Hörten sie da einen Anflug von Schadenfreude in Dabophilorisoptyls Stimme?

Anscheinend waren ihre Gastgeber davon abgekommen, alles mit Kissen und Polstern den Bedürfnissen ihrer Gäste anzupassen, und hatten stattdessen Adapter für sie gebaut.

»Da steige ich nicht rein«, sagte Shanton entschieden, als er die beiden künstlichen Muschelhälften sah, die zum Einsteigen bereitstanden.

Es gab insgesamt drei solcher Panzer, die für sie vorbereitet worden waren. Sie waren etwas größer als die Woniozell selbst, damit auch andere Völker ausreichend Platz darin fanden.

»Wir konnten es natürlich für eure Statur noch nicht ausprobieren, aber unsere Werker sind fest davon überzeugt, dass sie euch einen gewissen Komfort bieten. Auf jeden Fall seid ihr dadurch in der Lage, alle unsere Transportmittel zu nutzen.«

»Ich steige da nicht rein«, wiederholte Shanton.

»Unsere Werker wären sehr gekränkt, wenn ihr es nicht zumindest ausprobieren würdet. Sie arbeiten seit der Ankündigung eurer Ankunft daran, seit wir ihnen euren Körperbau übermitteln konnten.« Dabophilorisoptyl ließ es wie eine enorme Herausforderung für die Techniker klingen, sich auf eine humanoide Form einstellen zu müssen.

»Ich lasse es mal drauf ankommen«, erklärte Amy und kletterte wagemutig in die erste bereitgestellte Hülle hinein. Im Inneren befand sich eine Gurthalterung, die sie zwischen den gepolsterten Muschelhälften praktisch schweben ließ. Amy musste die Gurte ein wenig verstellen, damit ihr Kopf über den oberen Muschelrand reichte und sie ihre Hände aus den Seitenöffnungen strecken konnte, aber insgesamt war sie sehr zufrieden. »Jetzt stellt euch nicht so an, Jungs! Das ist wirklich bequem.«

»Keine Sorge, wir können die Muschelhälften auch weiter öffnen, damit jeder von euch ausreichend Platz darin findet.«

Shantons Kopf ruckte herum. »Meint der mich damit?«

»Jetzt stell dich nicht so an und steig schon ein«, befahl Doorn und beförderte seinen Freund mit einem Stoß zwischen die Schulterblätter zum Muschelpanzer hin.

*

Von da an verlief ihre Reise durch die Stadt wie eine Achterbahnfahrt, und Amy Stewart hatte mit Abstand am meisten Freude daran. Sie legten ungeheure Strecken auf den Förderbändern zurück, während Dabophilorisoptyl ihnen voller Stolz die technischen Errungenschaften seines Volkes zeigte. Er gab mit Vollendung den Reiseführer, präsentierte ihnen das Denkmal des woniozellschen Nationalhelden Pyktaklophyl, die Fabriken des Nationalgerichtes P, das sie später noch zu kosten bekommen sollten, und den Förderkomplex, in dem alle Bänder zusammenliefen, neben dem Raumhafen der größte Verkehrsknotenpunkt auf dem Planeten.

Maskottchen und Wappentier der Woniozell war ein Xephyll, ein raupenartiges Wesen mit weichem Fell, das überall auf dem Planeten vertreten war. Es handelte sich bei ihm um ein reiselustiges und paarungswilliges Tierchen, das überall die heimische Fauna verdrängte, sobald man es aussetzte.

Im Wappen des Volkes wurde es vor einer grün-blau-hellbraun-gestreiften Muschel dargestellt, der Hauptform der Woniozell.

»Die sind süß«, juchzte Amy. »Können wir die auch einmal in natura sehen?«

»Wir werden euch ein Exemplar in eure Unterkunft bringen lassen«, versprach Dabophilorisoptyl, während sie in einem serpentinenartig verlaufenden Förderband den Stadtpark durchquerten.

»Wir würden gerne über unsere geplante Zusammenarbeit reden«, merkte Doorn an, der nicht unhöflich sein wollte, aber langsam ein bisschen ungeduldig wurde.

»Das machen wir morgen früh, jetzt werden wir erst einmal feiern und euch zeigen, mit welchen kulinarischen Köstlichkeiten die Woniozell ihre Gäste bewirten.«

»Wir könnten doch wenigstens schon ein paar grundlegende Dinge besprechen«, hakte der Worgunmutant vorsichtig nach.

Chris Shanton räusperte sich. »Ich finde, wir sollten die Sitten und Gebräuche der Woniozell in dieser Beziehung respektieren, Arc. Morgen bleibt uns noch genug Zeit.«

Doorn warf seinem Begleiter einen finsteren Blick zu, verkniff sich aber eine Bemerkung darüber, was er von dessen dauerhaftem Appetit hielt.

»Was denn?«, fragte Shanton unschuldig.

Ihre kleine Reisegruppe wurde an der nächsten Kreuzung beinahe unmerklich auf ein anderes Band versetzt und reiste über ein wesentlich schnelleres System wieder Richtung Zentrum.

»Offenbar ist die Bummeltour jetzt zu Ende«, stellte Amy Stewart breit grinsend fest, als die Geschwindigkeit ihr Haar waagerecht in der Luft hielt.

»Ich hoffe nur, die haben auch gute Bremsen am Ziel«, meldete Shanton mit einiger Besorgnis in der Stimme. »Ich möchte nicht, dass es mich aus diesen Schalen raushaut.«

Seine Sorge erwies sich natürlich als völlig unbegründet, denn sobald sie sich einem großen, palastartigen Muschelgebäude näherten, verlor das Band beträchtlich an Fahrt.

Ein rechtwinklig verlaufendes, höhergelegenes Förderband mit Greifklauen klaubte sie von ihrem Beförderungsmittel herab und trug sie in das Gebäude hinein.

»Dies ist der Regierungssitz von Doktarol«, erklärte Dabophilorisoptyl mit nach hinten gewandten Sprechschlitzen. »Hier wird es das Bankett zu Ehren eurer Ankunft geben. Außerdem befinden sich in diesem Gebäude auch die Unterkünfte für Gäste unseres Volkes sowie der Konferenzraum, in dem wir über unsere weitere Zusammenarbeit sprechen können.«

*

Das Bankett für die terranischen Gäste fiel sehr üppig aus, und die Woniozell hatten sogar für geeignete Sitzmöglichkeiten gesorgt. Alle Woniozell in dem Saal hatten ihre Stielaugen auf die Besucher gerichtet und musterten sie neugierig. Fürchteten sie, die Terraner könnten plötzlich ihre Maske fallen lassen und sich doch als Friedensstifter entpuppen, die gekommen waren, um die aufsässigen Woniozell auszuspionieren?

Doorn entdeckte einen Weg, die Muschelabkömmlinge voneinander zu unterscheiden. Ein Muster am oberen Rand unterschied die drei Geschlechter, in die sie sich laut Dabophilorisoptyl unterteilten, und eine Färbung entlang der oberen Auswüchse bot offenbar so viele Unterscheidungsmerkmale wie menschliche Gesichtszüge. Doorn war allerdings der Meinung, dass man verdammt gute Augen und jahrelange Erfahrung brauchte, um auf diese Weise die einzelnen Bewohner auseinanderzuhalten.

Chris Shanton rieb sich über seinen kahlen Schädel, als er den ersten Gang betrachtete. Die Speisen wurden auf Tabletts mit mehreren Vertiefungen serviert, und es handelte sich dabei auf den ersten Blick um verschiedenfarbigen Schleim. Außer durch die Farben unterschied er sich noch in seiner Konsistenz, die von einem zähflüssigen Brei bis zu einer dünnen Brühe reichte. Aber jede einzelne Probe machte den Eindruck, als würde sie nach einem Wurf mühelos an der Wand kleben bleiben. Das war also das sagenumwobene P, welches das Grundnahrungsmittel aller Woniozell darstellte. Kein Wunder, dass man bei einer solchen Ernährung den Drang nach kämpferischen Auseinandersetzungen verspürte, fand Shanton.

»Na, ist dir der Appetit vergangen?«, stichelte Amy, als sie das Zögern ihres Reisegefährten bemerkte.

»Ich dachte, du würdest mich besser kennen«, brummelte Shanton und griff beherzt zu.

2.

Am nächsten Morgen wurden die drei Terraner, nach einem reichhaltigen Frühstück bestehend aus P, in einen runden Konferenzraum geführt. In der Mitte stand eine runde Tafel, die an die Außenhaut der Herzmuschelschiffe erinnerte. Die Oberfläche war gewellt und wohl nicht als Ablagefläche gedacht. Um die Tafel herum führten die bekannten metallenen Halteschienen, in denen sich die Körper der Woniozell entspannt einklinken konnten. Wieder hatte man für die drei Besucher eigene Sitzmöglichkeiten improvisiert, die wie Hängematten funktionierten.

Amy ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Bis auf den Eingang bildete die Wand, die sie kreisförmig umgab, eine einzige durchgehende Fläche, auf der sich rund zwei Dutzend Abbildungen befanden. Diese zeigten einzelne Situationen, die anscheinend aufeinander aufbauten, und Amy hielt es für eine bildliche Darstellung der Geschichte der Woniozell. Es gab allerdings keine Zeitangaben, nach denen man die Abbildungen chronologisch einordnen konnte. Ihr entging nicht, dass auf zweien der Bilder Ringraumer dargestellt waren, und der Position in dem Rundgemälde nach zu urteilen, hatte die Begegnung erst im letzten Viertel der Geschichte der Woniozell stattgefunden.

Dabophilorisoptyl bemerkte Amys Blick. »Wir würden euch später gerne die Geschichte unseres Volkes erzählen, wenn ihr daran interessiert seid.«

»Sehr gerne, ich …, also wir wären wirklich sehr daran interessiert.«

Dabophilorisoptyl nahm wohlwollend die sprachliche Korrektur zur Kenntnis und zeigte mit einem Fühler zum Eingang, wo gerade zwei weitere Woniozell erschienen. Er stellte den Menschen die beiden anderen Teilnehmer an ihrer Sitzung vor. Es handelte sich um Hyiasiatol, den Ältesten von Doktarol, und Seraphimdemptophyl, den Kontakter des Planeten. Letzterer erfüllte wohl die Funktion eines Außenministers und war wegen der rigiden Politik der Friedensstifter chronisch unterbeschäftigt. Dementsprechend begeistert stürzte er sich auf die Besucher und ließ einen schier unerschöpflichen Wortschwall auf sie niederprasseln.

Kontakter Seraphimdemptophyl ließ kein gutes Haar an ihren »Nachbarn«. Die Reckbatz waren die Sheriffs in der Galaxis NGK 3109 und sorgten dafür, dass niemand aus der Reihe tanzte.

Die Sarrack verkörperten die braven, ordnungsliebenden Bürger, die niemals auf den Gedanken gekommen wären, die bestehenden Verhältnisse zu hinterfragen. Aber das lag nicht daran, dass sie von diesen völlig überzeugt waren. Sie machten eher den Eindruck, völlig eingeschüchtert zu sein und so manche Regelungen einfach deshalb zu akzeptieren, um im Gegenzug ihre Ruhe zu haben.

Viele andere Völker in Voktar hielten es offenbar ganz genauso.

Die Woniozell übernahmen die Aufgabe der Kritiker und Unruhestifter in diesem System. Dafür wollten die Reckbatz sie auslöschen, da die krabbenartigen Kreaturen als Handlanger der Friedensstifter eine gute Stellung innerhalb dieser Galaxis erlangt hatten.

»Wir bekamen einige Warnungen von den Friedensstiftern, weil unser Expansionswille wohl andere Völker verärgert hat.«

»Die sich dann bei den Friedensstiftern beschwert haben?«, mutmaßte Doorn.

»Das nehmen wir an. Wir wollen aber betonen, dass wir kein anderes Volk von seinem Planeten verdrängt haben. So etwas tun wir nicht! Wir könnten ihnen lediglich bei der Besiedlung einiger Planeten zuvorgekommen sein, die sie ebenfalls im Auge hatten.«

»Das hat Unruhe verbreitet, und Unruhe mögen die Friedensstifter nicht.«

Dabophilorisoptyl senkte die Schläuche wie bei einem Nicken.

»Ich finde ›Friedensstifter‹ einen sehr unpassenden Namen für jemanden, der so skrupellos seine Interessen durchsetzt.«

»Nicht, wenn einem egal ist, wie der Frieden durchgesetzt wird«, widersprach Amy. »Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Corell die Methoden ihrer hochverehrten Friedensstifter infrage stellen.«

»Das nun wirklich nicht«, stimmte Doorn zu. »Mir fällt gerade ein, dass es gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf der Erde einen Colt mit dem Namen Peacemaker gab. Wir müssen wohl akzeptieren, dass es verschiedene Arten gibt, Frieden zu stiften.«

Shanton zuckte mit den Schultern. »So oder so, danach ist Ruhe.«

Doorn erinnerte die anderen daran, was sie von Meystrom und Weckom in GELENAD erfahren hatten. Die Haltung der Corell zu den Friedensstiftern war völlig anders gewesen als die der Woniozell. Sie hielten sie für annähernd unfehlbar und zweifelten ihre Entscheidungen nicht an. Dabei wussten sie nicht einmal, wie die Mitglieder dieses mysteriösen Volkes aussahen, und hielten es sogar für einen Frevel, sich deren Aussehen auch nur auszumalen. Solche braven Anhänger wünscht sich jede Regierung und jede Religion. Aber selbst die Corell mochten die Isolationspolitik der Friedensstifter nicht, die ihre Galaxis Voktar nach allen Seiten abschottete. Ein Volk wie die Corell brannte regelrecht darauf, neues Wissen zu sammeln und sich mit anderen Völkern auszutauschen.

Mehrere lange Fühler schoben sich vorn aus der schmalen Öffnung der beiden Muschelschalen des Kommandanten und gestikulierten nervös in der Luft herum. »Seitdem kämpfen wir dafür, unsere Kolonien zu behalten und neue zu gründen. Wir wollen unsere Freiheit zurück, und wir streiten für das Recht, unserer Natur gehorchen zu dürfen und uns nach unserem Gutdünken in Voktar auszubreiten.«

Shanton sah sein Gegenüber mit nachdenklicher Miene an. »Besteht denn noch die Chance auf Frieden mit den Friedensstiftern?«

»Von unserer Seite aus nicht. Wir werden weiterkämpfen.«

»Und sie schicken weiter die Reckbatz gegen euch, bis ihr euch gegenseitig aufgerieben habt. Dann sind sie die Rebellen los und suchen sich ein anderes Hilfsvolk.«

»Wir werden trotzdem nicht aufgeben. Es liegt in unserer Natur, uns auszubreiten und neue Welten zu entdecken. Wenn die Friedensstifter den Frieden durch Stillstand bewahren wollen, führt das irgendwann zu einem Stillstand in allen Bereichen. Aber sie werden ihre Ansichten nicht mehr ändern. Wir können höchstens darauf hoffen, dass die Reckbatz irgendwann ihre Rolle satt haben.«

»Darauf würde ich nicht warten«, sagte Doorn. »Und selbst wenn, werden die Friedensstifter immer ein Volk finden, dass für sie die Drecksarbeit macht, solange sie dieses Volk nur mit der entsprechenden Macht ausstatten.« Er warf seinen beiden Freunden einen Blick zu und wandte sich dann wieder an ihren Gastgeber: »Jetzt mal ganz offen: Wie schafft ihr es, die Ringraumer aufzuspüren? Ihr seid immer dort aufgetaucht, wo wir uns mit der TOTENSCHIFF befanden, und zwar ziemlich schnell.«

»Stimmt.« Shanton nickte. »Ihr wart immer recht zügig zur Stelle.«

»Wir besitzen ausgezeichnete Informationen über alle Reisebewegungen in diesem Sonnensystem.«

»Blödsinn!«, urteilte Doorn undiplomatisch. »Was ist euer Geheimnis?«

Die Woniozell zierten sich, dieses Wissen preiszugeben, während sie sich bisher mit allem anderen äußerst freigiebig gezeigt hatten. Dabophilorisoptyls Auswüchse drehten sich zu dem Ältesten und dem Kontakter.

»Wir verfügen über einen Ringraumer-Detektor«, erklärte Hyiasiatol schließlich. »Mit seiner Hilfe können wir die Schiffe aufspüren.«

Es war den drei Freunden nur allzu verständlich, weshalb die Woniozell dieses Gerät wie einen Schatz hüteten, schließlich versetzte es sie in die Lage, den Feind jederzeit und überall aufspüren zu können. So etwas gab man nicht leichtfertig aus der Hand.

»Können wir das Gerät sehen?«, erkundigte sich Shanton aufgeregt.

Wieder tauschten die drei Woniozell Blicke miteinander aus, aber nachdem sie die Existenz des Detektors zugegeben hatten, sprach wohl nichts mehr dagegen, auch noch den letzten Schritt zu machen.

»In Ordnung«, stimmte Dabophilorisoptyl zu. »Wir sind der Meinung, dass ihr euch diese Information verdient habt. Machen wir also eine kleine Pause, in der ihr euch das Gerät ansehen könnt.«

»Dann bringt ihr uns eines zur Ansicht her?«

»Nein, sie sind fest in unseren Schiffen installiert. Wir müssen eines der Schiffe besuchen, damit ihr es euch ansehen könnt. Am besten nehmen wir unser eigenes.«

*

Gemeinsam nahmen die Woniozell und die Terraner das Förderband zurück zum Raumhafen, wo die Maschinen von Dabophilorisoptyls Schwadron gewartet und neu bewaffnet wurden. Über eine Hebevorrichtung gelangten sie in das Flaggschiff, dessen Inneres sich als noch mehr an die Bedürfnisse seiner Nutzer angepasst erwies, als es bei dem S-Kreuzer der Reckbatz der Fall war.

Für Arc Doorn, Amy Stewart und Chris Shanton bedeutete das, sich zwischen Halterungen und Förderbahnen entlangzuschlängeln, bis sie die Zentrale des Herzmuschelschiffes erreichten, die etwas geräumiger war.

Das geheimnisumwitterte Ortungsgerät machte einen recht unscheinbaren Eindruck und besaß nicht die exponierte Position, die ihm seiner Bedeutung nach zugestanden hätte. Der Detektor erwies sich als ein Zusatzmodul am Arbeitspult des Orters und fiele dort überhaupt nicht auf, würde sich sein Gehäuse nicht durch dessen grüne Farbe vom Rest des Pults abheben.

»Das ist Ter«, stellte Doorn verblüfft fest.

Ter war die Worgun-Bezeichnung für den Baustoff, aus dem die Grüne Technik gefertigt wurde. Es handelte sich um ein grünes Kunstmetall, dessen Zusammensetzung von den Menschen bisher noch nicht analysiert werden konnte – eine Tatsache, die Arc Doorn ziemlich wurmte, da er sich seit schlappen tausend Jahren damit beschäftigte.

Obwohl die Woniozell ebenfalls Worgun sprachen, schienen sie mit diesem Begriff jedoch nichts anfangen zu können.

»Dieses Gerät wurde nicht von euch gebaut«, behauptete Shanton rundheraus.

»Das ist eine Beleidigung!«, empörte sich Dabophilorisoptyl, doch Shanton ließ sich davon nicht beeindrucken.

Er sah den Woniozell durchdringend an. »Ihr habt uns stolz alle eure technischen Errungenschaften gezeigt, ich habe also einen guten Eindruck davon bekommen, wie ihr arbeitet und welche Möglichkeiten ihr besitzt. Die Entwicklung eines solchen Gerätes ist nicht im Bereich eurer Möglichkeiten. Das klingt vielleicht wie eine Beleidigung, ist aber nicht so gemeint. Ich habe die Struktur eures Denkens studiert, und euer technisches Verständnis läuft nach völlig anderen Gesetzmäßigkeiten ab.«

Dabophilorisoptyl sah aus, als wolle er sich jeden Moment auf Doorn stürzen, doch Hyiasiatol schob sich dem Jüngeren in den Weg. Er redete beruhigend auf den Kommandanten ein und fuhr mit seinen Fühlern über den oberen Rand von dessen Muschelrand. Offenbar übte das eine beruhigende Wirkung auf Mitglieder dieses Volkes aus.

Insgesamt machte Dabophilorisoptyl allerdings den Eindruck, dass unter seiner Oberfläche ein Vulkan brodelte, der bald zum Ausbruch kommen würde. So viel aufgestaute Wut wie in dem Kommandanten hatten die Freunde lange nicht mehr erlebt. Solche Anführer konnten unberechenbar werden und damit für alle unter ihrem Kommando zu einer tödlichen Gefahr.

Der Älteste und der Kontakter der Woniozell sahen dieses Problem entweder nicht oder ignorierten es. Sie besänftigten Dabophilorisoptyl, bis dieser wieder seine Beherrschung zurückgewonnen hatte.

»Ihr habt natürlich recht«, gestand Seraphimdemptophyl ein. »Der Detektor ist keine Entwicklung von uns, wir benutzen ihn nur.«

Shanton schlug ebenfalls einen sanfteren Ton an. »Wie gesagt, wir wollten euch damit nicht beleidigen. Wir sind lediglich an der Herkunft dieser Maschine interessiert.«

»Sehr interessiert sogar«, unterstrich Doorn noch einmal.

Dabophilorisoptyl straffte seine Haltung und brachte seine Schale in eine senkrechte Position. Es sollte wohl ausdrücken, dass er wieder auf dem Posten war. »Wir haben es vor geraumer Zeit gefunden, und es dauerte lange, bis wir seine Funktion erforscht hatten. Sonst hätten wir schon viel früher gegen die Ringraumer vorgehen können.«

»Wo habt ihr es gefunden?«, bohrte Shanton nach.

»Das ist eine lange Geschichte.«

»Ihr wolltet uns die Geschichte eures Volkes erzählen, Dabophilorisoptyl. Wir würden gerne die Ursache für so viel Wut verstehen.«

Dabophilorisoptyl sah sich in der engen Zentrale seines Flaggschiffs um. »Es ist eine sehr lange Geschichte für eine so enge und unbequeme Umgebung. Lasst uns in den Konferenzraum zurückkehren. Die Bilder dort werden euch helfen, uns zu verstehen.«

*

Der Weg zurück in den Konferenzsaal verlief allerdings nicht so ruhig wie erwartet. Amy, Doorn und Shanton hatten bereits zuvor die misstrauischen und vielfach auch feindseligen Blicke der Woniozell bemerkt, aber sie dachten, das Missverständnis sei bereits ausgeräumt und eine mögliche Verwechslung mit den Friedensstiftern aufgeklärt.

Als sie zu der Förderstation gingen, die sie zum Konferenzraum zurückbringen sollte, wurde das Gedränge um sie herum plötzlich viel dichter. Sie hörten geflüsterte Beleidigungen, die allmählich lauter wurden, ohne dass sie hätten sagen können, von wem genau sie kamen – ganz abgesehen davon, dass die Woniozell für sie ohnehin alle gleich aussahen.

Amy besaß die Gabe, komplexe Situationen intuitiv zu erfassen und richtig zu beurteilen. Dies betraf besonders potenzielle Bedrohungssituationen, und so bemerkte sie vor jedem anderen die vier Woniozell, die sich um sie herum verteilt hatten und sich mit Bewegungen ihrer Fühler untereinander verständigten. Sie planten nichts Gutes.

»Über welche Nahkampfwaffen verfügt euer Volk?«, fragte Amy wie beiläufig an Dabophilorisoptyl gewandt.

»Nun, es gibt Strahlenwaffen, die aber der kämpfenden Truppe vorbehalten sind, und …«

Weiter kam er nicht, denn der Angriff begann.

Mit einem Mal stürmten sie aus vier Richtungen auf die Gruppe der Terraner zu, und die anderen Woniozell machten ihnen bereitwillig Platz.

Amy sah die Waffen, alle vier trugen die gleiche. Es handelte sich um lange Messer, etwa von den Ausmaßen einer Machete, die statt eines Griffs eine kelchartige Öffnung an ihrem unteren Ende besaßen. Diese wurde über einen Fühler gestülpt, der das Innere vollständig ausfüllte. Die Verbindung zwischen Fühler und Waffe war stärker, als der Griff, den eine Hand ausüben konnte. Woniozell und Machete verschmolzen praktisch miteinander, und deshalb waren die Angreifer auch nicht so einfach zu entwaffnen.

Amy legte die Kraft ihres Cyborg-Körpers in einen Karatetritt und fegte damit dem ersten Woniozell die Machete vom Fühler herunter. Der Angreifer war entwaffnet, aber noch nicht zur Aufgabe bereit. Amy packte die Vorderseite des Muschelpanzers und hielt den ganzen Woniozell wie einen Schild vor sich, dem nächsten Angreifer entgegen. Ein Hieb prallte von dem Panzer ab, und die Fühler des Abgewehrten wuselten wild durcheinander.

Arc Doorn griff sich die verlorene Machete und versuchte, seine Hand in die Öffnung zu zwängen. Vor fast zweieinhalbtausend Jahren, am Hofe Philipps des Zweiten, hatte er den Umgang mit allen damals gebräuchlichen Hieb- und Stichwaffen erlernt. Zwar fehlte es ihm in den letzten Jahrhunderten ein wenig an Übung, aber sein Können war immer noch vorhanden. Doch bei dieser Machete fand er einfach keine Möglichkeit, sie zu nutzen. Sie war noch unzugänglicher als die Sitzmöglichkeiten und Konsolenbedienungen der Woniozell.

Doorn packte die Machete mit beiden Händen an der Klinge und schlug dem angreifenden Woniozell den Kelch der Waffe auf den Fühler, mit dem dieser seine Machete hielt. Das bremste ihn zumindest ein wenig.

Amy bemühte sich, die Angreifer nicht allzu schwer zu verletzen oder gar zu töten, doch wenn es um das Leben ihrer Freunde ging, dann kannte sie keine falsche Rücksichtnahme. Sie hob mit ihren Cyborg-Kräften den Woniozell an seinem Panzer waagerecht in die Luft, holte aus und schleuderte ihn wie einen Diskus.

Der Muschelpanzer prallte auf und sauste über den Boden auf ihren und Doorns Angreifer zu. Er schlug ihnen die Fühler unter den Muschelkörpern weg, und sie kullerten alle durcheinander.

Der vierte Woniozell griff Chris Shanton an, weil er ihn für das leichteste Opfer in der Gruppe hielt. Das mochte zwar stimmen, bedeutete aber nicht zwangsläufig einen geschenkten Sieg.

Shanton schlug mit der Faust zu und wusste bereits beim Ausholen, dass es ein Fehler war und schmerzhaft werden würde. Es gab einen dumpfen Schlag beim Aufprall, und Shanton brüllte auf. Er zog seine Faust zurück und trat stattdessen mit seinem Stiefel zu, um den Angreifer auf Abstand zu halten. Mit seinem ganzen Gewicht stieß er den Muschelpanzer von sich, sodass dieser beinahe von seinen Fühlern gehoben wurde.

Dann waren Dabophilorisoptyls Leute zur Stelle und drängten die aggressiven Woniozell ab.

»Es tut uns wirklich leid, was gerade passiert ist«, beteuerte der Kommandant.

Shanton strahlte vor Erleichterung und legte einen Arm um Amys Schultern. Neben dem beleibten Wissenschaftler wirkte sie schmal und zerbrechlich, aber dieser Eindruck konnte kaum mehr täuschen. »Diese junge Dame hat ihre Ausbildung bei den Terra Defence Forces erhalten. Das wird euch nicht viel sagen, aber glaubt mir, das hat etwas zu bedeuten.«

»Was geschieht mit denen?«, fragte Amy und wies auf die Angreifer, die abgeführt wurden.

»Wir werden ihnen in Ruhe erklären, dass ihr keine Friedensstifter seid, keine Sorge.«

»Sonst nichts? Die wollten uns umbringen.«

»Sie dachten, ihr seid Friedensstifter«, entgegnete Dabophilorisoptyl, als würde dies jedes Verhalten ausreichend erklären und gleichzeitig entschuldigen.

Amy schnappte empört nach Luft, aber Doorn legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm. »Wir sollten uns jetzt wieder wichtigeren Dingen zuwenden, nicht wahr?«

Nach einem kurzen Zögern nickte sie zustimmend.

*

Zurück in dem runden Saal nahmen die drei Woniozell und die drei Terraner einander gegenüber Platz. Ein Unsterblicher, ein Worgunmutant und ein weiblicher Cyborg waren sicher keine repräsentative Vertretung des Volks der Menschen, aber dieses Detail mussten sie ihren Gastgebern nicht unbedingt auf die Nase binden.

Eine unpassende Redewendung bei diesen Gesprächspartnern, dachte Doorn, aber ihm fielen auf die Schnelle nicht genug Muschelvergleiche ein.

Dabophilorisoptyl wies auf das erste Bild der Reihe, das offenbar den Heimatplaneten der Woniozell zeigte. Ein anderer Sprechschlitz übernahm. »Unser Volk befand sich stets auf der Suche nach neuen Orten zum Ansiedeln. Das ist unsere Bestimmung, so wie ein innerer Drang, der uns immer wieder zum Aufbruch treibt. Die Woniozell sind ein Volk, das sich rasch vergrößert, schon deshalb konnte unser Heimatplanet nur ein Ausgangspunkt sein. Er wurde schon sehr früh viel zu klein, um uns alle zu beherbergen. Die ersten Siedler brachen noch zu bewohnten Welten auf, um dort unter anderen zu leben, doch je mehr die Leute zum Teilen besaßen, desto weniger waren sie dazu bereit. Wir wollten nicht auf Gutmütigkeit und Almosen angewiesen sein, sondern uns selbst neue Heimaten aufbauen. Wir bauten also größere Schiffe, um fremde Welten zu entdecken, die keiner vor uns zuvor betreten hatte. Denn die Woniozell waren und sind ein sehr stolzes Volk, und wir selbst waren und sind es auch. Alles begann also mit einer neuen Erkundungsmission unseres Volkes.«

3.

Vor einhundertzwanzig Jahren irdischer Zeitrechnung

 

Die QST war einer der Späher zur Entdeckung neuer Kolonialwelten, und ihr Kommandant Pyktaklophyl ein Held auf seinem Heimatplaneten.