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Der gesellschaftliche Zusammenhalt auf Terra droht durch die außerirdische Droge Imagine zu zerbrechen. Spezialagent Wernher von Witzleben kämpft an mehreren Fronten. Er muss den Aufstieg des geheimnisvollen Plissken aufhalten, der sich an die Spitze des terraweiten Drogenhandels gesetzt hat, und den Rachefeldzug der Vollstrecker von Wasp beenden. Unterdessen führt Shalyn Shan mit der Promet V einen kleinen Schiffsverband mit dem Ziel an, die Quelle von Imagine aufzuspüren. Die Printausgabe umfasst 164 Buchseiten.
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Seitenzahl: 170
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In dieser Reihe bisher erschienen:
1201 Achim Mehnert Tod eines Cyborgs
1202 Achim Mehnert Der ewige Feind
1203 Achim Mehnert Welt in Flammen
1204 Andreas Zwengel Die letzte Fahrt der Hindenburg II
1205 Andreas Zwengel Unsterbliche Rache
1206 Andreas Zwengel Der Weg der Kriegerin
1207 Andreas Zwengel Die Janus-Attentate
1208 Andreas Zwengel & Olaf Kemmler Das Auge des Ra
1209 Andreas Zwengel & Olaf Kemmler Die fremde Macht
1210 Andreas Zwengel & Olaf Kemmler Die Ruinen von Antaran
1211 Andreas Zwengel & Olaf Kemmler Ewige Verdammnis
1212 Andreas Zwengel & Olaf Kemmler Flucht aus Luna Asylum
1213 Andreas Zwengel & Olaf Kemmler Das kosmische Testament
1214 Andreas Zwengel Todeswellen
1215 Andreas Zwengel Neptuns Tochter
1216 Andreas Zwengel Der Rat der Acht
1217 Andreas Zwengel Codename Fledermaus
1218 Andreas Zwengel Mission ohne Wiederkehr
RAUMSCHIFF PROMET - DIE ABENTEUER DER SHALYN SHAN
BUCH 18
Mission ohne Wiederkehr
Andreas Zwengel
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© 2024 Blitz Verlag
Ein Unternehmen der SilberScore Beteiligungs GmbH
Mühlsteig 10 • A-6633 Biberwier
Redaktion: Gerd Lange
Titelbild: Mario Heyer unter Verwendung der KI Software Midjourney
Logogestaltung: Mark Freier
Alle Rechte vorbehalten
eBook Satz: Gero Reimer
www.BLITZ-Verlag.de
ISBN 978-3-689-84077-8
1218 vom 03.08.2024
Britische Inseln, London,
World-News-Studios, 21.02.2112
Es herrschten tumultartige Zustände in mehreren Städten weltweit. Normale Bürger prügelten sich auf offener Straße um Imagine. Die Preise für die Droge stiegen rasch und die ersten Konsumenten bekamen Probleme, ihre Sucht zu finanzieren. Es war nicht schwer, ein paar Tage auszusetzen, doch niemand wollte das. Disziplinierte Menschen führten ihren normalen Tagesablauf weiter und gaben sich nur abends der Droge hin, doch die Nächte wurden immer länger, der Schlaf immer weniger, sodass die Verschiebung irgendwann zu Lasten der Arbeitskraft ging. Immer mehr Terraner zogen sich in den Konsum zurück und verließen ihre Wohnungen nicht mehr. Der Zusammenbruch war unabwendbar, es war nur noch eine Frage der Zeit.
Die Redaktions-KI von World-News arbeitete pausenlos an der Flut von eingehenden Nachrichten. Sie wurden bereits nach Themen gebündelt, denn die Meldungen zu Imagine ähnelten sich.
Die Com-News-Moderatorin wirkte übermüdet. Ihr Schlafmangel ließ sich durch Schminke nicht mehr überdecken. Eigentlich hatte sie schon seit vier Stunden Feierabend, doch weil ihre Kollegin nicht zur Arbeit erschienen war, musste sie die Vertretung übernehmen. „Überall auf der Welt nimmt die Zahl der Konsumenten zu, der Handel mit Imagine erreicht einen neuen Höchststand“, berichtete sie mit angemessenem Ernst. „Mehrere Länder in Europa haben bereits den Notstand ausgerufen.“
Ein Bericht von der amerikanischen Ostküste wurde eingeblendet, der die Situation in den Großstädten schilderte. Die Ausfälle bei der World Police wurden langsam bedenklich. Selbst diejenigen, die zur Arbeit erschienen, zogen sich meist an einen ruhigen Ort zurück und gaben sich dort dem Imagine-Rausch hin. Viele Terraner nutzten die Droge zum Vergnügen, um schöne Tage noch einmal erleben zu können. Aber es gab auch viele Konsumenten, die eine weitere Verwendungsmöglichkeit dieses Stoffes nutzten, die nachträgliche Bearbeitung vorhandener Erinnerungen. Mit Imagine konnten sie diese löschen oder zum Besseren verändern. Keiner musste mehr unter schlimmen Erinnerungen leiden.
Als wieder zu der Moderatorin geschaltet wurde, bemühte sie sich um ein Lächeln. Nach den ganzen Stunden auf Sendung schmerzten ihre Mundwinkel. „Kommen wir zu etwas Fröhlichem. Das hoffe ich zumindest. Also, der Wetterbericht.“ Sie drehte sich zu der virtuellen Wetterkarte auf der anderen Seite des Studios, doch der Platz war leer.
„Er ist nicht zur Arbeit erschienen“, erklärte der Aufnahmeleiter über ihre Earbuds. „Du hast ein Skript für die Wettervorhersage.“
Also das auch noch, dachte sie und seufzte.
* * *
Thorp lachte vergnügt, als er den Sportschweber unter der Brücke hindurchlenkte. Oben lehnten sich Touristen staunend über den Brückenrand, um dem beeindruckenden Fahrzeug und seinem Fahrer hinterherzusehen. Der aufgemotzte Schweber war ein Geschenk seines Chefs für den fünften hochdotierten Auftrag in Folge. Thorp hatte die Firma im Alleingang gerettet und auch seine Kolleginnen hatten allen Grund, ihm zu danken. Die Hübschen unter ihnen durften das auch gerne sehr persönlich tun. Er lachte bei dem Gedanken und beschleunigte noch weiter. Er genoss die Aufmerksamkeit, die sein schwarz-gelber Schweber auf sich zog. Und dadurch auch auf Thorp selbst.
Bevor er den Ausflug auf der Küstenroute genießen konnte, musste er noch etwas erledigen. Er entdeckte den kirschroten Transporter, der in Schlangenlinien vor ihm flog und ständig drohte, eine der elektronischen Randbegrenzungen zu streifen. Wie immer war keine Patrouille der World Police in der Nähe, die den Piloten aus dem Verkehr ziehen konnte. Der wollte einen Schulbus überholen und versuchte es auf beiden Seiten. Mit einem normalen Gleiter hätte er einfach über das Hindernis hinwegsetzen können, doch so blieben ihm nur immer riskantere Manöver. Seine auffällige rote Farbe verdeckte die größten Mängel des Transporters, denn eigentlich gehörte er nicht mehr in den Verkehr.
Das klapprige Gefährt setzte wieder zum Überholen an, obwohl es kaum schneller als der Schulbus war. Die Kinder pressten ihre Gesichter an die Fenster, einige filmten mit ihren Coms das Wettrennen, das nicht sehr aufregend verlief. Als der Transporter zum ersten Mal gegen den Schulbus stieß, fanden die Jungen und Mädchen das noch witzig, weil es so glimpflich ausgegangen war. Beim zweiten Mal bekamen sie es mit der Angst zu tun und ab dem dritten Mal, als ihr Schulbus ins Schlingern geriet, fingen sie an zu schreien.
Thorp beschleunigte und setzte sich ans Heck des roten Transporters, um dessen Aufmerksamkeit zu erlangen. Der Kerl am Steuer war sturzbetrunken, das wusste Thorp genau, und es war auch nicht das erste Mal. Um diese Tageszeit lenkte der Typ sein Fahrzeug meistens betrunken, aber bis zu diesem Tag war es immer gut gegangen.
Entschlossen setzte Thorp alles auf eine Karte. Als sich die Möglichkeit bot, ließ er seinen Schweber einen Satz vorwärts machen, um sich in die Lücke zwischen Transporter und Schulbus zu drängen. Sie schrammten gegeneinander und gelbe, schwarze und vor allem rote Farbsplitter flogen durch die Luft. Unerbittlich schob Thorp den Transporter gegen die Begrenzung, die den Transportgleiter abbremste, und brachte ihn schließlich zum Stehen.
Der Schulbus war langsamer geworden und die Fahrerin, eine auffallend hübsche Brünette, winkte Thorp dankbar zu. Die Schüler hinter ihr jubelten so laut, dass Thorp es hören konnte. Alles war gutgegangen. Er war jetzt ein Held, aber er fühlte sich nicht so. Er war der Retter dieser Kinder, die er vor einem lebenslangen Trauma bewahrt hatte. Und der Retter der Fahrerin. In seiner Version starb sie erst in einem gesegneten Alter, im Kreis ihrer Kinder, Enkel und Urenkel.
Thorp wünschte, damals hätte jemand genau dasselbe getan, wie er gerade. Doch er schüttelte diesen Gedanken schnell ab, denn er wollte den Rest der Imagine-Dosis noch genießen, bevor er sich wieder der Realität stellen musste.
Zwanzig Minuten lang sauste er die Küstenroute entlang, der Sonne entgegen. Dann endete die Reise, die ihm die Droge ermöglichte. Er befand sich wieder in seinem schäbigen Apartment, das er seit Jahren nicht mehr verlassen hatte. Denn draußen konnte ihn jemand erkennen. Obwohl der Unfall drei Jahre zurücklag, war er im Gedächtnis der Leute noch fest verankert. Damals hatten einige Verwandte der Schulkinder regelrecht Jagd auf ihn gemacht, er musste mehrmals die Stadt wechseln.
Thorp nahm den Alkohol aus dem Küchenschrank. Sein Tröster, wenn die Imagine-Vorräte zur Neige gingen und er seine Erinnerung an den Unfall nicht mehr verändern konnte. Sein Konsum häufte sich und er verbrachte immer längere Phasen in diesem Zustand. Froh für jede Minute, in der er dank Imagine nicht an die Wahrheit denken musste.
Als er den ersten Schluck nahm, sah er auf die World-News-Aufzeichnung des Unfalls, die unübersehbar in jedem der Zimmer angezeigt wurde. Es war Teil seiner Buße, sie jederzeit sehen zu müssen. Er betrachtete das Bild des jüngeren Thorp, der grinsend vor seinem kirschroten Transporter stand.
* * *
Xander lächelte seine Frau an, als sie ihm Eier und Speck aus der Pfanne direkt auf seinen Teller gleiten ließ. Zufrieden stellte sie die Pfanne zurück auf den Herd und verschränkte genüsslich die Arme vor der Brust, um zuzusehen, wie er sein Frühstück verschlang.
Schnelle Schritte kamen die Treppe herunter. Das waren seine Kinder, die sich für die Schule bereit gemacht hatten. Lachend neckten sie sich auf dem Weg, aber nur auf freundliche Weise, denn er hatte gute Kinder. Kira und Chet waren Geschwister, die sich fast nie stritten und ihren Eltern viel Freude bereiteten. Kira, die Ältere, erreichte den Tisch zuerst und goss ihrem Bruder und sich selbst Cornflakes in die Schalen. Chet schnappte sich die Milch.
„Was habt ihr Kinder heute nach der Schule vor?“, erkundigte sich Xander.
„Heute ist Dienstag“, erklärte die elfjährige Kira. „Ich gehe zum Klavierunterricht und Chet hat Tennistraining. Am Wochenende gebe ich ein Konzert und Brüderchen steht beim Junior-Turnier im Endspiel.“
Er war so stolz auf seine wohlerzogenen und hochtalentierten Kinder. Er sah zu seiner attraktiven Frau auf, die ihm die beiden geschenkt hatte. Er liebte Selin noch genau wie am ersten Tag und an ihrem Blick erkannte er, dass es ihr genauso ging. „Ich wünsche euch einen schönen Tag“, sagte er, aber seine Kinder antworteten ihm nicht. Sie waren erstarrt. Er wusste sofort, was geschah, aber er konnte nichts daran ändern. Er sah zu seiner Frau auf, doch sie war ebenfalls lächelnd eingefroren. Es war nicht das erste Mal, dass er das durchmachte: Die Wirkung des Imagine ließ nach. Er verlor die Kontrolle über seine Erinnerung. Die supermoderne Küche verschwand und machte seinem sterilen Apartment Platz. Xander saß allein an dem Tisch. So wie an jedem Tag in den letzten sieben Jahren. Für einen kurzen Moment geriet die Illusion noch einmal in Bewegung.
Sie lachten fröhlich und er weinte vor Glück. Bald würde die Wirkung komplett enden und er saß dann wieder einsam in der viel zu großen Küche. Ohne die bereits erwachsenen Kinder und ohne seine Frau, die längst wieder verheiratet war. Xander musste gleich wieder die Schuld erleben, die die Trennung verursacht hatte.
* * *
Sol-System, an Bord der Brutus, 01.03.2112
Das Schmugglerschiff Brutus hatte sich im Ortungsschatten eines Großraumers aufgehalten, bis die Meldung des Führungsschiffes durch den Konvoi ging, dass sich ihnen Patrouillenboote der Space Police näherten.
Inzwischen waren die Kontrollen immer weiter ins All hinaus verlagert worden, um Staus in unmittelbarer Nähe von Terra zu vermeiden. Der Orbit des Planeten war längst zu einem überfüllten Tummelplatz geworden. Das größte Problem waren die kleinen Gleiter, die sich in Erdnähe von den größeren Schiffen lösten und auf einige Faust einen abgelegenen Winkel auf Terra ansteuerten, um dort ihre Ware loszuwerden. Die ungeheure Beliebtheit von Imagine hatte dafür gesorgt, dass man die Droge überall auf dem Planeten losschlagen konnte. Jeder schien mit einem Mal im Imagine-Handel zu sein. Durch Überfälle, Konkurrenzkämpfe, verlorene Ladung oder Schmuggler, die ihr Imagine wegwerfen mussten, um nicht damit erwischt zu werden, kamen auch ganz normale Bürger in den Besitz der Droge. Meist wurde es für den Eigenbedarf genutzt oder im Freundeskreis geteilt, doch wenn man zufällig an eine größere Menge geriet, war es nur noch ein kleiner Schritt zum halbprofessionellen Dealer. Die verkauften das Zeug und gingen danach wieder ihrer üblichen Tätigkeit nach. Die Besatzung der Brutus dagegen betrieb dieses Geschäft hauptberuflich. Schon in Vor-Imagine-Zeiten waren sie Drogenschmuggler gewesen und wollten es auch nach Imagine bleiben. Wobei sie sich nicht sicher waren, ob danach noch etwas anderes kommen konnte. Selbst sie als Fachleute konnten sich nichts vorstellen, was diese Droge übertreffen sollte. Wahrscheinlich würde es keine Nach-Imagine-Zeit geben.
Die Brutus entfernte sich vom Konvoi, lange bevor das erste Schiff mit der Space-Police-Patrouille zusammentraf. Viele verließen mit ihnen den Raumschifftross. Einige flohen ins All, doch die meisten versuchten, an der Patrouille vorbei nach Terra zu gelangen. Sie flogen einer zweiten Welle der Space Police direkt entgegen, die nur auf sie wartete. Das war ein ganz alter Trick der Gesetzeshüter, schon aus Prohibitionszeiten im 20. Jahrhundert. Die Schmuggler aufscheuchen und abwarten, wer die Nerven verlor. Dadurch konnten sie eine ganze Armada von Amateuren einkassieren.
General Robert T. Armstrong klang angesichts der ganzen Schmuggler nicht mehr so unterkühlt wie ein britischer Snob. Der Kommandant der Space Police wirkte neuerdings vielmehr wie ein glühender Eiferer und wollte am liebsten alle verdächtigen Schiffe abschießen, die sich der Erde näherten. Die knapp 50 Meter langen Boote der Space Police waren mit Borul-Triebwerken ausgestattet. Sie verfügten über Laser-Kanonen, deren Reichweite zwei Kilometer betrug. An der richtigen Ausrüstung fehlte es also nicht. Und es gab bereits Gerüchte, dass Armstrong demnächst auch die Eliminator-Klasse einsetzen wollte. Zu den regulären Aufgaben der Space Police gehörte die Kontrolle des interplanetaren Flugverkehrs im Sol-System sowie die Überprüfung des Frachtverkehrs und der Niederlassungen zur Rohstoffgewinnung auf Planeten, Monden und Asteroiden. Die Suche nach geschmuggeltem Imagine fiel also absolut in ihren Aufgabenbereich.
Die Brutus beabsichtigte, weder zu fliehen noch in die Falle zu gehen, sie wollte alle Hindernisse in einem großen Bogen umfliegen. Alles an ihr war auf Geschwindigkeit ausgelegt, weshalb sie auch die altmodische Form einer Rakete besaß. Doch die guten alten Zeiten, in denen man den Ordnungshütern einfach davonflog oder sich in der Masse tarnte, schienen vorüber zu sein. Die alten Tricks funktionierten nicht mehr, weil die Space Police aufgerüstet hatte. Ihre Schiffe warteten auch auf den abgelegenen Ausweichrouten und die Besatzungen sprachen auch nur eine einzige Warnung aus. Noch bevor der Kommandant der Brutus einen neuen Kurs setzen konnte, traf ein einzelner Laserstrahl ihr Heck und zerstörte den Transitionsantrieb. Eine Flucht mit den regulären Triebwerken führte bestenfalls zu einer kurzen Verfolgungsjagd, bis mehrere Space-Police-Boote sie in die Zange nahmen. Also versuchte es der Kommandant mit Dreistigkeit und bot seine volle Kooperation an.
Das Boot der Space Police ging längsseits und fuhr einen Verbindungskanal zwischen ihnen aus.
„Die Unannehmlichkeiten tun mir unendlich leid“, begrüßte der Kommandant den Officer der Space Police an Bord. „Ich fürchte, ich habe etwas die Nerven verloren, als sich eine stundenlange Verzögerung ankündigte. Ich wollte die Kontrollen umgehen, weil ich ja nichts Unrechtes getan habe. So gesehen wollte ich Ihnen und Ihren Leuten nur unnötige Arbeit ersparen.“
„Wie rücksichtsvoll“, brummte der Einsatzleiter, der schon so ziemlich jede Ausrede gehört hatte und nichts auf solches Geschwätz gab.
„Selbstverständlich war das ein Fehler, aber ich transportiere exotische Speisen, die in einigen der besten Restaurants Südostasiens sehnsüchtig erwartet werden. Unsere Unterlagen sind alle in Ordnung. Ich schätze, wir werden Sie nicht lange aufhalten.“
Der Officer ignorierte ihn und wies stattdessen seinen Leuten die Bereiche zu, die sie zu durchsuchen hatten. Fast ein Dutzend Mitglieder der Space Police strömte durch den Verbindungskanal. Die Hälfte von ihnen war bewaffnet und hielt die Besatzung der Brutus in Schach, während ihre Kollegen die Kontrolle durchführten.
Nach einer Viertelstunde mussten sie die Suche erfolglos abbrechen.
„Tut mir leid, dass Sie Ihre Zeit verschwenden mussten, aber ich hatte Sie vorgewarnt“, sagte der Kommandant voller Genugtuung. „Wohin darf ich die Rechnung für meinen Transitionsantrieb schicken? Ich darf doch annehmen, dass Sie uns nach Terra abschleppen.“
„Eine Privateskorte durch die Space Police wäre natürlich der beste Schutz, um sicher nach Terra zu kommen“, spottete eine Frauenstimme.
Der Kommandant blickte stirnrunzelnd in die Richtung des Verbindungskanals und sah eine atemberaubende Schönheit mit silbernen Haaren und schockgrünen Augen, die von dort an Bord der Brutus spazierte und ihn abschätzig musterte. Er spürte, wie er unter ihrem Blick schrumpfte. Die Frau trat zwischen den Space-Police-Kräften hindurch, niemand stellte ihre Autorität infrage. Es war Shalyn Shan.
* * *
Sol-System, an Bord der Brutus, 01.03.2112
Die Promet V befand sich im Reparaturdock und wurde komplett durchgecheckt. Plissken hatte sie bei unserem Aufeinandertreffen nicht völlig sabotiert, aber wir wollten kein Risiko eingehen. Er hatte uns die Möglichkeit gelassen, mit langsamer Geschwindigkeit nach Yellowknife zurückzufliegen. Dort begann eine gründliche Kontrolle. Natürlich wollten wir erfahren, wie es Plissken gelingen konnte, die Gewalt über das Schiff zu bekommen, außerdem suchten wir nach versteckten Fallen, die uns in Zukunft Probleme bereiten konnten.
Cy hatte sich mit Kip verbunden und die beiden suchten nach dem Zugang, den Plissken gefunden hatte. Der Prof war dabei, seine Sonden besser zu schützen. Er konnte sie nicht völlig gegen elektromagnetische Impulse abschotten, aber er wollte dafür sorgen, dass es nicht wieder zu einem solchen Totalausfall kam. Vanessa Modesta verbrachte ihre komplette Zeit im Medo-Lab, auf der Suche nach einem Schutz gegen Imagine. Kein Heilmittel oder Gegengift, denn danach suchten bereits die besten Labore weltweit, sondern nach einem aktiven Schutz, den wir bei direktem Kontakt nutzen konnten. Wir hatten alle aus unserer Begegnung mit Plissken gelernt.
Ich war anschließend zwei Tage lang Vanessas Versuchsobjekt im Medo-Lab gewesen. Aber damit war ich noch gut weggekommen. Im ersten Moment, als Plissken mich dem Imagine aussetzte, rechnete ich damit, nie wieder zu erwachen. Auf Nexus VII hatte ich nur wenig davon eingeatmet, doch Plissken hatte mich einer kompletten Dosis ausgesetzt. Eigentlich hätte es mein Ende sein müssen, doch Vanessa konnte die Reste der Droge auf meiner Kleidung und meinem Haar analysieren. Plisskens Imagine-Dosis war sehr stark verdünnt gewesen. Er hatte nicht die Absicht gehabt, mich zu töten, sondern wollte mich damit nur außer Gefecht setzen.
Innerhalb weniger Tage war ich genesen und widmete mich seitdem in jedem wachen Moment der Jagd nach Plissken. Die Tatsache, dass er mich nur einer schwachen Version dieses Teufelszeugs ausgesetzt hatte, verschaffte ihm keine Pluspunkte. Bei unserer nächsten Begegnung sollte er bluten. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Crew und für mein Schiff.
Während die anderen mit der Überprüfung der Promet V beschäftigt waren, wollte ich nicht untätig sein. Also boten Sir Klakkarak und ich uns der Space Police als Unterstützung an, um Jagd auf Schmuggler zu machen. Wir hatten erfahren, dass Plissken einen Konvoi persönlich in Empfang nehmen wollte, um mit einigen hochrangigen Gangstern aus den Kolonien ihre weiteren Geschäftsbeziehungen zu besprechen. Die Hinweise waren vielversprechend, sonst hätte ich keinen solchen Aufwand betrieben. Andererseits erhielten wir jeden Tag mehrere Sichtungen aus verschiedenen Teilen der Welt. Plissken war wie ein Geist. Tauchte überall auf. Die meisten Sichtungen entpuppten sich als Fehlalarme, trotzdem bemühte ich mich, so vielen wie möglich nachzugehen. Und wenn ich schon nicht Plissken selbst erwischte, wollte ich wenigstens möglichst viele seiner Handlanger aus dem Geschäft drängen.
Unser aktueller Einsatz schien allerdings ein Fehlschlag zu sein. Der Einsatzleiter sah mich bedauernd an. „Wir haben alles kontrolliert. Nichts.“
„Alles hier an Bord kann aus Imagine sein“, erklärte ich. „Ich würde die bewegliche Einrichtung in die Suche miteinbeziehen.“
Wir kannten bereits ihren neuesten Trick. Imagine in Verbindung mit Polymeren, die die Droge zu einem Baustoff werden ließen. Das entstandene Material wurde in den Allzweckduplizierern bei der Fluggleiter-Fabri-kation verwendet. Die Gleiter erhielten anschließend eine Lackierung, was das Erkennen der Droge unmöglich machte. Ein solcher gewaltiger Fuhrpark war gerade erst im Anflug auf Terra abgefangen worden. Sobald es gelang, komplette Raumschiffe aus Imagine herzustellen, waren wir verloren. Abzüglich der Zeit für die Rückgewinnung des Stoffes, stand dem Planeten dann eine Überversorgung bevor. Genug, um durch Dumpingpreise oder kostenlose Proben auch noch die letzten Zögerer in der Bevölkerung dafür zu gewinnen.
Der Kommandant der Brutus beobachtete uns misstrauisch. Er schien zu ahnen, dass wir noch nicht zur Aufgabe bereit waren. Ich konnte ihm ansehen, dass er im Begriff stand, eine große Dummheit zu begehen. Wenn er jetzt eine Waffe zog, musste es auf beiden Seiten Menschenleben kosten. Er hatte Blickkontakt zu einem seiner Leute aufgenommen und wollte ihm ein Signal geben.
Ich war auf dem Sprung, um ihn aufzuhalten, doch in diesem Moment senkte der Kommandant den Kopf. „Wir kooperieren“, sagte er.
Da erst bemerkte ich die Schwertklinge, die von hinten zwischen seinen Beinen erschien und nach oben drückte. Klakk richtete sich hinter dem Mann zu voller Größe auf. Seine wortlose Überzeugungsarbeit hatte Schlimmeres verhindert. Wie sich zeigte, war nicht einmal ein Geständnis nötig, um die Schmuggelware zu finden. Wir mussten nur die neuesten Bauteile der Innenverkleidung untersuchen, die sich doch sehr vom Rest der Ausstattung unterschieden.
„Die Promet hat Kontakt zu uns aufgenommen“, meldete der Officer. „Sie sind auf dem Weg hierher, um Sie abzuholen.“
Die Nachricht freute mich. Also waren die Reparaturen schneller abgeschlossen als erwartet. Klakk und ich verabschiedeten uns von der Space-Police-Besatzung und kehrten nach einem Umweg über den Police-Raumer auf unser eigenes Schiff zurück.