Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 47: Das Erbe der Agaren - Andreas Zwengel - E-Book

Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 47: Das Erbe der Agaren E-Book

Andreas Zwengel

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Beschreibung

Auf dem Planeten Merak II geraten Vivien Raid und Tim Axelrod bei einem Außeneinsatz in Not. Sie warten jedoch vergeblich auf die Hilfe der im Orbit schwebenden Promet II. Die Besatzung reagiert nicht. An Bord des Prospektorenraumers Armstrong begibt sich ein blinder Passagier in Lebensgefahr und auf Terra löst Captain Worner mit der Moran ungewollt eine verheerende Bedrohung für den gesamten Planeten aus.

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In dieser Reihe bisher erschienen:

5001 Christian Montillon Aufbruch

5002 Oliver Müller Sprung ins Ungewisse

5003 Vanessa Busse Dunkle Energie

5004 Vanessa Busse Angriff aus dem Nichts

5005 Oliver Müller Gefangene der Doppelsonne

5006 Achim Mehnert Das Vermächtnis der Moraner

5007 Rainer Schorm Jedermanns Feind

5008 H. W. Stein & Oliver Müller Die Sklavenwelt

5009 Achim Mehnert Todesdrohung Schwarzer Raumer

5010 Vanessa Busse Entscheidung Risiko

5011 Ben B. Black Zegastos Kinder

5012 Michael Edelbrock Fremde Seelen

5013 Achim Mehnert Böser Zwilling

5014 Achim Mehnert Sternentod

5015 Achim Mehnert Das Ende der Promet

5016 Achim Mehnert Tötet Harry T. Orell!

5017 Achim Mehnert Das galaktische Archiv

5018 H. W. Stein Der Tod und das Leben

5019 Achim Mehnert Die Delegation

5020 Achim Mehnert Das Attentat

5021 Achim Mehnert Flucht aus der Terrorstadt

5022 Achim Mehnert Die Tragödie von Gij

5023 Gerd Lange Das fremde Ich

5024 Andreas Zwengel Geheimwaffe Psychomat

5025 Andreas Zwengel Im Bann der roten Sonne

5026 Andreas Zwengel Das Schiff der S-herer

5027 Gerd Lange Das Eindenker-Tribunal

5028 Andreas Zwengel Der Bote des Todes

5029 Gerd Lange & Andreas Zwengel Alarm im Solsystem

5030 Andreas Zwengel Negor in Not

5031 Andreas Zwengel Im Reich des Orff

5032 Andreas Zwengel Orffs Sonnenreigen

5033 Andreas Zwengel Der falsche Orff

5034 Andreas Zwengel Entscheidung auf Baranad

5035 Gerd Lange Im Licht der drei Monde

5036 Andreas Zwengel Planet der Bestien

5037 Andreas Zwengel Mysteriöse Vergangenheiten

5038 Andreas Zwengel Wächter des Schwarzen Imperiums

5039 Andreas Zwengel Der Raub der Moranerin

5040 Andreas Zwengel Transition ins Gestern

5041 Andreas Zwengel Überfall auf Wasp

5042 Gerd Lange Auf der Suche nach Moran

5043 Gerd Lange Ximenas Martyrium

5044 Manfred H. Rückert Das Geheimnis von Jiron

5045 Andreas Zwengel Die Körperlosen

5046Manfred H. Rückert Gefahr für Sperrkreis 1

5047 Andreas Zwengel Das Erbe der Agaren

DAS ERBE DER AGAREN

RAUMSCHIFF PROMET – VON STERN ZU STERN

BUCH 47

ANDREAS ZWENGEL

INHALT

Das Erbe der Agaren

Andreas Zwengel

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

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© 2024 Blitz Verlag

Ein Unternehmen der SilberScore Beteiligungs GmbH

Mühlsteig 10 • A-6633 Biberwier

Redaktion: Gerd Lange

Exposé: Gerd Lange

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati, Mario Heyer

Logo: Mark Freier

Alle Rechte vorbehalten

eBook Satz: Gero Reimer

www.BLITZ-Verlag.de

ISBN 978-3-689-84073-0

5047 vom 03.08.2024

DAS ERBE DER AGAREN

Asiatische Föderation, Japan, Insel Tanegashima, 23.01.2096, 23:56 Uhr Ortszeit

Die Insel Tanegashima am südwestlichen Ende Japans war in früheren Zeiten Standort des Weltraumbahnhofs Tanegashima Space Center und Sitz der japanischen Weltraumagentur gewesen. Alles begann mit der Errichtung eines Raketenstartplatzes im Jahr 1969 anlässlich der Gründung der National Space Development Agency of Japan. Die NASDA wurde bald darauf mit dem Institute of Space and Astronautical Science (ISAS) und dem National Aerospace Laboratory of Japan (NAL) zusammengeführt. Danach hieß die japanische Raumfahrtagentur Japan Aerospace Exploration Agency, kurz JAXA. Über ein Jahrhundert lang starteten von Tanegashima aus orbitale Missionen und nur wahre Raumfahrt-Enthusiasten kannten noch die genaue Zahl der Satelliten, die für Aufklärungsmissionen, Kommunikationszwecke oder zur Erdbeobachtung auf Kap Takezaki gestartet waren.

Die JAXA existierte schon lange nicht mehr und die letzten acht Jahre hatte der Raumflughafen brachgelegen. Bis Dimitri Yuranoff auftauchte. Der russische Geschäftsmann hatte das gesamte Gelände erworben, mit dem Plan, es wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zuzuführen. Ein finanzielles Wagnis, dem niemand aus der Branche Gewinnchancen zurechnete. Doch Yuranoff ließ sich davon nicht beirren. Im November 2092 hatte er auf dem stillgelegten Weltraumbahnhofs Kosmodrom Plessezk in der Unabhängigen Republik Nordrussland (URNR) sein Unternehmen Kosmodromwerft gegründet. Ab August 2093 war sein junges Unternehmen mit drei Raumschiffen in das lukrative Prospektorengeschäft eingestiegen, für das er seit letztem Dezember zusätzlich den ehemaligen Raumhafen auf Tanegashima nutzte. Als vorläufige Krönung seiner geschäftlichen Ambitionen sollte bis Ende des Jahres 2096 im Erdorbit eine geostationäre Weltraumwerft folgen.

Die scheinbar unerschöpflichen Geldmittel, über die Dimitri Yuranoff verfügte, zusammen mit den Risiken, die er einging und die ihn jederzeit finanziell ruinieren konnten, brachten ihm viel Respekt ein. Es gab aber auch zahlreiche Stimmen, die behaupteten, dass er nur als Strohmann für unbekannte Geldgeber diente. Er persönlich schrieb diese Gerüchte öffentlich immer Konkurrenten und Neidern zu, die selbst nicht das Rückgrat für solche Wagnisse besaßen. Allerdings war Rückgrat nicht der Begriff, den Yuranoff verwendete. Er berief sich auf andere Teile der männlichen Anatomie.

An diesem Tag sollte das Prospektorenraumschiff Armstrong zu seinem dritten Erkundungsflug ins All aufbrechen. Der Start vom Gelände der Kosmodromwerft war für 26:44 Uhr angekündigt. Eine Uhrzeit, die für westliche Ohren seltsam klang. Doch die Japaner rechneten traditionell die Stunden nach Mitternacht immer dann weiter, wenn es sich um Prozesse handelte, die am Vortag begonnen hatten und in der laufenden Nacht endeten.

Alle Mitarbeiter der Kosmodromwerft waren wegen des bevorstehenden Ereignisses angespannt, aber keiner so sehr wie die beiden Gestalten, die vor zwei Tagen auf der Insel Kyūshū angekommen waren. Gut zweihundert Kilometer von der Startrampe entfernt.

Sie waren zu jung, um zum Personal des Weltraumbahnhofs zu gehören. Der Erste war für einen Japaner recht großgewachsen und von schlanker Statur. Er trug sein pechschwarzes Haar als Zopf und schien nicht älter als 16 Jahre zu sein. Sein Begleiter war einen ganzen Kopf kleiner, zierlich und hatte die Haare an beiden Scheiten des Schädels abrasiert. Es machte den Eindruck, als wollte er wegen seines wenig beeindruckenden Körperbaus durch seine Frisur verwegen wirken.

Ihre Kleidung entsprach noch weniger dem Kosmodromwerft-Personal als ihr Alter. Sie trugen wegen der niedrigen Temperaturen robuste Arbeitsoveralls mit zahlreichen Taschen und darüber kurze gelbe Jacken, die kaum bis zu den Hüften reichten. Geziert wurden die Jacken auf Rücken und Oberarmen durch die Insignien der Drachenpiloten, einer Jugend-Gang aus Mega-Tokyo, die weniger durch Verbrechen oder rüpelhaftes Verhalten auffiel, sondern mehr durch ihre waghalsigen Aktionen in Bezug auf Luft- und Raumfahrt. Einem früheren Mitglied der Gang wurde nachgesagt, das immer noch beliebte Gleiter-Surfen erfunden zu haben. Eine lebensgefährliche Mutprobe, die nicht nur ihrem Erfinder das Leben gekostet hatte.

Der Größere der beiden trug innerhalb der Gang den Namen River. Irgendjemand aus ihrem Umfeld hatte mal behauptet, sein richtiger Nachname habe in früheren Zeiten reißender Fluss bedeutet. Deshalb nannten ihn bald alle nur noch River. Er hätte es sicher schlimmer treffen können. Zum Beispiel so wie Moss-Kitto, dessen Name keine Bedeutung im übertragenen Sinne besaß, sondern einfach nur eine Verbalhornung des Wortes Moskito war. Der Grund für diese Wahl war für jeden offensichtlich, da Moss-Kitto der Kleinste unter ihnen war. Er hatte vergeblich versucht, sich einen anderen Spitznamen zu verschaffen und zahlreiche Vorschläge gemacht, die von allen ignoriert wurden. Einmal hatte er sogar auf einer öffentlichen Parade das Gleiter-Surfen praktiziert, in der Hoffnung dadurch den Namen Little Dragon zu etablieren, doch die Aktion war genauso vergeblich gewesen wie alle anderen zuvor. River ging davon aus, dass alle Moss-Kittos Bemühungen sabotierten, weil er sich so sehr für den Namenswechsel anstrengte. Die Beharrung auf Moss-Kitto war ihre Art, sich über seinen Einsatz lustig zu machen. Keine nette Art, aber so verhielten sich Jugendliche nun einmal untereinander.

Zuhause hatten Moss-Kitto und River erzählt, dass ihre Schule einen dreitägigen Ausflug nach Kyūshū machte, die südlichste der vier Hauptinseln von Jap-Asia. So nannten die Mitglieder ihrer Gang ihre Heimat Japan abfällig. Es hatte die Jungs wenig Mühe gekostet, eine überzeugende Mitteilung ihrer Schule zu fälschen, und ihre Eltern hatten nicht genügend Interesse aufgebracht, um die Fälschung zu bemerken. Die Reise bis Kyūshū war also gesichert und die Fahrtkosten sollten auf den Konten ihrer Eltern nicht auffallen. Den Rest der Strecke mussten sie auf eigene Faust bewältigen.

Bisher hatten sie auf ihrer Reise zusammengear--beitet und sich gegenseitig unterstützt, doch nun begann ihr Wettkampf. Sie trennten sich jetzt, weil jeder auf seine Art versuchen musste, das Ziel ihrer Challenge zu erreichen.

River war der Anführer ihrer Gang und in dieser Funktion hatte Moss-Kitto ihn offen herausgefordert. Es ging um die Leitung der Drachenpiloten und River konnte sich einer Herausforderung durch ein Gang-Mitglied nicht verwehren. Entsprechend ihren Regeln hatte er allerdings die Art der Challenge festlegen dürfen. Moss-Kitto und er sollten getrennt voneinander versuchen, auf das Raumfahrtgelände zu gelangen, um aus nächster Nähe den Start des Raumschiffes zu filmen. Wem es gelang, der würde der zukünftige Leader werden oder bleiben. Sollte es ihnen beiden gelingen, würde entscheiden, wer am dichtesten an das Startgelände herangekommen war.

Die Herausforderung lag darin, die hohen Sicherheitsmaßnahmen rund um Kap Takezaki zu überwinden. Der Sicherheitsdienst der Kosmodromwerft genoss schon jetzt einen denkbar schlechten Ruf. Es hatte bereits einige Anzeigen von harmlosen Touristen gegeben, die sich zu dicht an das Gelände gewagt hatten und mit den Fäusten der Sicherheitskräfte Bekanntschaft machen mussten. Eine solche Begegnung wollten River und Moss-Kitto unbedingt vermeiden, aber diese Gefahr steigerte auch den Ruhm, den ihnen ihre Aktion einbringen konnte.

Es lag nun schon Stunden zurück, dass River seinen Herausforderer Moss-Kitto zuletzt gesehen hatte. Er gönnte ihm zwar den Sieg nicht, der ihn zum neuen Anführer machen sollte, aber er wollte natürlich auch nicht, dass seinem Freund etwas zustieß. River trug Verantwortung für die Mitglieder seiner Gang. Selbst wenn sie ihn herausforderten.

Er war noch einen halben Kilometer von den gesicherten Grenzanlagen entfernt, als strömender Regen einsetzte. Innerhalb einer Minute war seine Jacke über dem Overall durchnässt. Aber selbst dieser unangenehmen Situation konnte er noch etwas Positives abgewinnen, denn der Regen sorgte dafür, dass die Wachen im Schutz ihres Wachhäuschens blieben und nicht über das Gelände patrouillierten. Denn zusätzlich zu den normalen Herausforderungen bestanden die Regeln einer Challenge darauf, dass sie in der Kleidung der Drachenpiloten absolviert wurde. Auch wenn gelbe Jacken nicht besonders geeignet waren, um in der Nacht unentdeckt umherzuschleichen, führte Ausziehen oder Verdecken zur sofortigen Disqualifikation.

River holte ein Nachtsichtgerät aus seinem Rucksack, das er vor Monaten auf einem Gebrauchtmarkt in Mega-Tokio geklaut hatte. Damit kontrollierte er die Strecke zu einem Nebeneingang am Zaun des Geländes. Das Gerät war nicht der einzige Vorteil, den er sich verschafft hatte, um als Sieger hervorzugehen. Gute Vorbereitung war für ihn ein Garant für seinen Erfolg.

Über seine Com erreichte er Noschi Kuwasa, eine für die Kosmodromwerft im Sicherheitsbereich arbeitende Verwandte seiner Mutter. Mit ihr hatte er sich heimlich verabredet, um in den Startbereich des Prospektorenraumschiffes zu gelangen. Noschi riskierte für ihn nicht nur ihre Anstellung, sondern auch das gute Verhältnis zu Rivers Mutter, doch er hatte ihr zuvor einen unbezahlbaren Gefallen erwiesen, der für sie jedes Risiko aufwog. Aber das war eine andere Geschichte.

Für Außenstehende musste es so wirken, als habe sich River einen unfairen Vorteil verschafft, aber niemand aus seiner Gang würde das so sehen. Nicht einmal Moss-Kitto. Die Regeln einer Challenge schlossen nicht viele Dinge aus und wenn jemand Beziehungen hatte, war er ziemlich dämlich, diese nicht zu nutzen.

River schlich durch den Regen auf den Nebeneingang zu, der laut Dienstplan zu diesem Zeitpunkt nicht besetzt sein sollte. Noschi erschien zum vereinbarten Zeitpunkt und schaltete die Sicherheitseinrichtungen des Zugangs unter dem Vorwand aus, sie müsse außen verhakte Äste vom Zaun entfernen. River blieben zwei Stunden, um den Start zu filmen und später auf demselben Weg das Gelände wieder zu verlassen. Vorausgesetzt, der Start erfolgte pünktlich.

Sein lang gehegter Traum war es, eines Tages selbst zu den Sternen zu fliegen. Er wusste, wie unwahrscheinlich es für ein unterprivilegiertes Kind aus einer Mega-City war, dass sich dieser Traum erfüllte. Jedenfalls nicht von alleine. Man musste dem Schicksal schon gehörig nachhelfen.

Bevor die durchnässte und frierende Noschi wieder verschwand, nannte sie ihm den idealen Platz zum Filmen. Eine der vollautomatischen Nachschubhallen bot durch ihre offenen Tore freie Sicht auf die Startrampe. River war sehr zufrieden mit diesem Versteck. Von hier aus konnte er den Start aus nächster Nähe mit seiner Com filmen. Wenn er noch näher heran wollte, ging er das Risiko ein, sich gehörig den Hintern zu verbrennen.

Der größte Teil der Container war bereits auf das Schiff verladen und die wenigen verbliebenen wurden vielleicht nicht alle für diesen Flug benötigt. Er stellte seine Com ein und passte den Zoom und die Lichtverhältnissen an, um eine perfekte Aufnahmequalität zu erreichen.

Plötzlich hörte er ein Geräusch, das aus der Nähe kam. River hielt den Atem an. Kontrollierte noch jemand die Verladung? Eigentlich sollte niemand an diesem Ort sein, das hatte ihm Noschi versichert. Die Verladung der Container in das startbereite Schiff verlief vollautomatisch und sollte bald abgeschlossen sein.

Rasch suchte er nach einem guten Versteck in der gut ausgeleuchteten Halle. Doch es gab nichts anderes als die Container. Die Schritte kamen näher. Sie hallten in der hohen Halle so laut, als stammten sie von den Schuhen eines Riesen. River wollte so kurz vor seinem Ziel nicht erwischt werden, aber er konnte auch nicht auf die Aufnahme des Starts verzichten. Sonst gewann Moss-Kitto selbst dann, wenn er aus ein paar Kilometern Entfernung filmte.

Kurzentschlossen öffnete er am nächsten Container den Riegel eines Türflügels und klappte ihn gerade weit genug auf, um hineinschlüpfen zu können. Zum Glück für River war dieser Container nicht bis oben hin gefüllt, er fand Platz zwischen den Transportboxen darin. Das Beste an seinem Versteck war allerdings, dass die Türen zur offenen Halle hinauswiesen. Wenn er eine davon nur ein wenig offenstehen ließ, konnte er durch den Spalt filmen und die Challenge gewinnen.

Er klemmte sein Nachtsichtgerät ein, um den Spalt offenzuhalten, und bereitete seine Com für die Aufnahme vor. An die Schritte dachte er schon nicht mehr, sondern konzentrierte sich vollkommen auf den bevorstehenden Start. Da wurde das Nachtsichtgerät von außen weggezogen und die Flügeltür des Containers knallte zu. Bevor sich River von dem Schreck erholen konnte, hörte er, wie der Riegel zugeschoben wurde.

„Mach es dir bequem, während ich den Start filme“, sagte draußen eine Stimme, die sich nur mühsam beherrschen konnte, nicht laut loszulachen. Es war niemand anderes als Moss-Kitto. Er hatte es also ebenfalls auf das Gelände geschafft und ganz alleine den besten Platz für die Aufnahmen gefunden. Vor allem aber war es ihm gelungen, seinen Konkurrenten auszuschalten. Rivers Versteck war zur Falle geworden.

„Ich komme dich nach dem Start abholen“, versprach der Jüngere fröhlich. „Dann kannst du deinem neuen Anführer huldigen.“

River konnte nicht einmal wütend auf seinen Freund sein, er selbst war zu nachlässig gewesen. Außerdem hatte er Moss-Kitto eindeutig unterschätzt. Diese Überheblichkeit hatte sich nun gerächt. Sein Rivale konnte in aller Ruhe den Start der Armstrong filmen und dadurch zum neuen Anführer der Drachenpiloten werden.

Aber das war noch nicht die schlechteste Nachricht, denn die bestand darin, dass sich in diesem Moment sein Container mit einem Ruck in Bewegung setzte. River schlug gegen die Wände, um Moss-Kitto zurückzurufen oder jemand anderen auf sich aufmerksam zu machen. Doch niemand schien ihn zu hören.

* * *

An Bord der Promet II, zweiter Planet der Sonne Merak, 24.01.2096, 10:22 Uhr Bordzeit

Vivien Raid hievte eine letzte Box auf die Antigrav-Liege und schloss damit die Vorbereitungen für ihren Erkundungsflug ab. Sie befanden sich mit der Promet II auf dem ersten Forschungsflug nach der Brandkatastrophe bei der HTO vor 15 Monaten. Seitdem hatte ihre Arbeit hauptsächlich aus Versorgungsflügen zur Basis I bestanden.

Die verheerende Brandkatastrophe hatte dafür gesorgt, dass kaum jemand von einem anderen Vorfall sprach. Den Diebstahl der Promet II, den Pino, Tim und Vivien unter dem mentalen Einfluss des Agaren Xarr begangen hatten. Sie waren per Nottransition von Yellowknife aus in die Nähe des Jupiters gesprungen und dort von der Agor III aufgenommen worden, um die Agaren in ihr Heimatsystem zu begleiten.

Die Promet II war auf ihrem ersten Forschungsflug danach nur mit reduzierter Besatzung unterwegs und sollte Daten über das Merak-System sammeln und analysieren. Es hatte eigenartige Strukturerschütterungen in unmittelbarer Nähe der Sonne Merak und ihrer drei etwa erdgroßen Planeten gegeben, aber keinerlei Hinweis für die Ursache. Das System war 76 Lichtjahre von Terra entfernt und besaß mit dem zweiten Planeten eine Sauerstoffwelt, die es zu erkunden galt.

Vivien hatte diese Aufgabe zusammen mit ihrem Lebensgefährten Tim Axelrod übernommen.

Das Schott zum Beiboothangar öffnete sich und Tim trat ein. Dunkelhaarig, durchtrainiert und sehr attraktiv. Innerhalb eines Jahres hatte er es nicht nur zum Chefmechaniker der Promet II gebracht, sondern auch ihr Herz erobert und seitdem waren sie praktisch unzertrennlich.

Axelrod lächelte, als sich ihre Blicke trafen und sie konnte gar nicht anders, als es zu erwidern. Obwohl ihr Erkundungsflug praktisch Arbeit war, wurde doch jede gemeinsame Reise von ihnen zu einem schönen Ausflug. Sie mochten es einfach sehr, auch hier Zeit miteinander zu verbringen.

„Du fliegst wieder mit kleinem Gepäck“, sagte sie und nickte in Richtung seines Rucksacks.

„Und du bist wieder für jede Situation vorbereitet“, erwiderte er grinsend.

Vivien sah zu der Antigrav-Liege. „Jetzt tu nicht so, als handele es sich dabei um mein privates Handgepäck.“

„Aber kein Gedanke, Schatz. Ich bin froh, dass du dich um die Ausrüstung kümmerst. Dafür übernehme ich die Verladung in die N-1.“

„Ich dachte, wir könnten die T-1 nehmen. Laut Flugplan hat sie niemand reserviert.“

Axelrod schüttelte den Kopf. „Pino und ich haben es leider nicht mehr geschafft, sie vollständig auf Funktionstüchtigkeit zu überprüfen. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis sie unbedenklich eingesetzt werden kann.“

„Aber ihr wolltet doch schon gestern damit fertig sein.“

Axelrod zuckte mit den Schultern. „Es ist leider etwas dazwischen gekommen.“

„Was denn genau?“, erkundigte sie sich, obwohl sie genau wusste, was es gewesen war.

„Ein technischer Notfall, der unser sofortiges Eingreifen erforderte.“

Vivien verschränkte die Arme vor der Brust. „So, so.“

Axelrod nickte heftig. „Pino und ich waren über Stunden gebunden. Du weißt doch, wie spät ich in den letzten Nächten nach Hause gekommen bin.“

„Stimmt und du hast dabei nicht gerade nach Werkstatt und Maschinenöl gerochen.“

„Pino hat anschließend auf ein Entspannungsbierchen bestanden.“

„Wie oft?“

Axelrod musste grinste.

„Und dieser technische Notfall hatte nicht zufällig mit der Veröffentlichung von Apres Ski XXIII zu tun?“, fragte Vivien lauernd. Sie wusste genau, wie sehr die Männer der Veröffentlichung des neuen E-Sport-Games entgegengefiebert hatten. Ständig sah sie Mitarbeiter der HTO, die sich mit Ergebnissen zu übertreffen versuchten.

Axelrod ließ die Schultern sinken. „Du weißt es also.“

„Du bist wirklich kein Geheimnisträger, Timofej.“ Sie nannte ihn nur bei seinem vollen Namen, wenn sie sich über ihn ärgerte. Folglich tat sie das nicht oft. Aber er sollte es bemerken. „Es stört mich nicht, wenn ihr gebückt und betrunken in eurer Werkstatt Abfahrtsrennen simuliert, aber mir gefällt es nicht, wenn dadurch eure reguläre Arbeit leidet. Besonders dann nicht, wenn ich anschließend darunter leiden muss.“

Vivien wollte lieber mit dem Transitionsboot aufbrechen, da es im Notfall für weiter entfernte Ziele die beste Option war. Doch wenn die beiden Mechaniker die T-1 noch nicht freigeben konnten, dann war ein Flug damit tabu und sie musste auf die Normalboote ausweichen.

„Tut mir leid“, sagte er zerknirscht, aber dann grinste er wieder. „Aber es wird dich erfreuen, dass du dein Bett mit dem Weltranglistenzweiten in Extremabfahrt teilst.“

„Nur Zweiter? So, so. Eigentlich lasse ich nur Siegertypen in mein Bett.“

„Ich gehe sofort wieder trainieren“, sagte er und wandte sich zum Schott.