Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 31: Im Reich des Orff - Andreas Zwengel - E-Book

Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 31: Im Reich des Orff E-Book

Andreas Zwengel

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Beschreibung

Im Auftrag der Terra States begibt sich die Promet II auf die Suche nach wertvollen Rohstoffen und dringt dabei in eine bisher unbekannte Region des Weltalls vor. Was wie ein gewöhnlicher Forschungsflug beginnt, wird für die Crew schnell zu einer unkalkulierbaren Gefahr. Tonnenförmige Raumschiffe tauchen auf und entführen zwei Beiboote. Für Peet Orell beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, um die Mannschaft vor Folter und Tod zu bewahren.

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Seitenzahl: 152

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Andreas ZwengelIM REICH DES ORFF

In dieser Reihe bisher erschienen

5001 Christian Montillon Aufbruch

5002 Oliver Müller Sprung ins Ungewisse

5003 Vanessa Busse Dunkle Energie

5004 Vanessa Busse Angriff aus dem Nichts

5005 Oliver Müller Gefangene der Doppelsonne

5006 Achim Mehnert Das Vermächtnis der Moraner

5007 Rainer Schorm Jedermanns Feind

5008 H. W. Stein & Oliver Müller Die Sklavenwelt

5009 Achim Mehnert Todesdrohung Schwarzer Raumer

5010 Vanessa Busse Entscheidung Risiko

5011 Ben B. Black Zegastos Kinder

5012 Michael Edelbrock Fremde Seelen

5013 Achim Mehnert Böser Zwilling

5014 Achim Mehnert Sternentod

5015 Achim Mehnert Das Ende der Promet

5016 Achim Mehnert Tötet Harry T. Orell!

5017 Achim Mehnert Das galaktische Archiv

5018 H. W. Stein Der Tod und das Leben

5019 Achim Mehnert Die Delegation

5020 Achim Mehnert Das Attentat

5021 Achim Mehnert Flucht aus der Terrorstadt

5022 Achim Mehnert Die Tragödie von Gij

5023 Gerd Lange Das fremde Ich

5024 Andreas Zwengel Geheimwaffe Psychomat

5025 Andreas Zwengel Im Bann der roten Sonne

5026 Andreas Zwengel Das Schiff der S-herer

5027 Gerd Lange Das Eindenker-Tribunal

5028 Andreas Zwengel Der Bote des Todes

5029 Gerd Lange & Andreas Zwengel Alarm im Solsystem

5030 Andreas Zwengel Negor in Not

5031 Andreas Zwengel Im Reich des Orff

Andreas Zwengel

Im Reich des Orff

RAUMSCHIFF PROMETBand 31

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2020 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannExposé: Gerd LangeTitelbild: Manfred SchneiderLogo: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-591-3Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Yellowknife, Kanada, 07.07.2092

Peet Orell war die Strecke am Hügel hinaufgelaufen und hatte dabei seine bisherige Bestzeit unterboten. Seit sechs Monaten hielt er sich in der HTO-Zentrale auf und zu seiner eigenen Überraschung fand er es überhaupt nicht schlimm, so lange an einem Ort zu bleiben. Noch vor einem Jahr hätte er längst einen Lagerkoller bekommen, doch inzwischen hatte sich so einiges geändert. Er hatte Ehrgeiz in sportlicher Hinsicht entwickelt und befand sich in so guter Verfassung wie schon lange nicht mehr. Und dann gab es da noch Doktor Victoria Melburn, der Hauptgrund seines momentanen Wohlbefindens.

Nach ihrer Rückkehr aus dem Aldebaran-System hatten sie begonnen, sich zu verabreden, und schnell erkannt, dass da mehr zwischen ihnen war als nur Sympathie. Was alle um sie herum längst gewusst hatten, wurde auch endlich für Peet und Victoria zur Gewissheit.

Lag es tatsächlich schon ein halbes Jahr zurück, dass die Rettungsaktion für die Nekroniden und Nags im Sektor Aldebaran begonnen hatte? Ein Großaufgebot an Raumschiffen und Hilfsmannschaften, bestehend aus Terranern, Moranern und Suuks, hatte Aufbauhilfe geleistet, um auf Negor die Wohnverhältnisse zu verbessern und die Infrastruktur wiederherzustellen. Gemeinsam war es ihnen gelungen, die Nachschubprobleme in den Griff zu bekommen und die medizinische Versorgung zu gewährleisten. Auch die Promet II war unter dem Kommando von Jörn Callaghan in die Aufbaumaßnahmen auf Negor eingebunden gewesen und hatte drei Flüge dorthin unternommen. In dieser Zeit waren leider keine Forschungsflüge möglich gewesen.

Wie Nagur, der neue Anführer der Nekroniden, vorhergesagt hatte, war es zu keiner erneuten Konfrontation mit den Zyklops und ihren Schwarzen Raumern gekommen. Die Zusammenarbeit mit dem neu zusammengestellten Hohen Rat und Captain Worner sowie Ederson von der Space Police funktionierte hervorragend. Dabei kam es auch auf vielen Gebieten zu einem Wissenstransfer, so etwa zur Energieversorgung aus dem Parakon. Die Nekroniden nutzten eine quarzartige Substanz, die sie Stralomin nannten, um Energie jeglicher Form zu bündeln und verlustfrei abzustrahlen, was die verbindungsfreie Energieübertragung aus dem Parakon und zwischen den Planeten von Aldebaran A und B gewährleistete. Allerdings war Stralomin-Quarz sehr selten und selbst im Negor-System extrem rar.

Peet blickte von der Spitze des Hügels aus über die Stadt. Yellowknife lag im kanadischen Nordwest-­Territorium, am Nordufer des Großen Sklavensees. Es war ein atemberaubender Anblick. Er atmete nach dem Aufstieg längst wieder gleichmäßig und konnte weiterlaufen. An diesem Tag herrschten moderate fünfzehn Grad. Für eine Gegend, in der die Temperatur im Winter auch gerne mal auf Minus dreißig Grad fiel, war es ein prächtiger Sommertag. In der Sonne angenehm warm, doch im Schatten fühlte er den Schweiß unter seiner Kleidung.

Peet spürte, wie die Testsonde näher rückte. Sie hatte ihren Beobachtungsposten am Himmel aufgegeben und hielt sich wenige Meter hinter ihm. Er empfand ihre Nähe als etwas Unangenehmes, entschied sich aber dafür, den fliegenden Begleiter einfach zu ignorieren und weiterzulaufen. Er hatte diese Strecke schon mehrere Dutzend Male genommen und kannte sie sehr gut. Am nächsten Abzweig wählte er den Pfad, der weiter in den Wald hineinführte, damit ihm die Sonde nicht mehr so auf die Pelle rücken konnte. Schlimm genug, dass sie ihn auf dem bisherigen Weg begleitete.

Dieser Prototyp gehörte Aldo Simmer, einem HTO-Entwickler, mit dem Peet sich in den letzten Monaten angefreundet hatte. Um ihm einen Gefallen zu tun, ließ er sich von dem fliegenden Metallklumpen bei seinen Läufen begleiten, denn Aldo träumte davon, das ultimative Trainingsmessgerät zu entwickeln, das einen Personal-Trainer ersetzen konnte. Unerbittlich und unermüdlich, die ultimative Herausforderung für Sportbegeisterte.

Während er weiterlief, überlegte Peet, ob seine Besatzung und er nicht bald wieder zu einem neuen Forschungsflug aufbrechen konnten. Die Hilfsorganisationen hatten sich in den letzten beiden Wochen langsam zurückgezogen, um das Aldebaran-System weitest­gehend wieder in Eigenverwaltung übergehen zu lassen. Zumindest die Promet II war dort nicht mehr dringend erforderlich.

Victoria war momentan ohnehin beruflich so eingespannt, dass sie kaum Zeit für ihn erübrigen konnte. Sie leitete derzeit eine Gruppe von Medizinern der HTO-Klinik, die eine Langzeitstudie zu Informationen aus den Speicherdaten von Horf Elos durchführten. Der Moraner Yu Kodas war schon vor 1.500 Erdenjahren zu der Erkenntnis gelangt, dass Parakon-Sprünge von mehr als 250 Lichtjahren bei Moranern auf Dauer zu genetischen Veränderungen führten. Er hatte deshalb für sein Schiff eine Begrenzung pro Sprung unterhalb dieser Grenze festgelegt, zum Schutz seiner Besatzung.

Victorias Team wollte überprüfen, ob diese Aussage möglicherweise Allgemeingültigkeit besaß und nicht auf Moraner beschränkt war. Deshalb gab es seit vier Monaten eine Testreihe mit den Besatzungen aller transitierenden Schiffe der HTO und der Space Police. Letztere hatten ihre Flotte im vergangenen halben Jahr auf sechs POL-A-Raumer erweitert. Es gab eine Menge Daten auszuwerten, weshalb Victoria abends meistens zu müde war, um sich noch mit Peet zu treffen. Stattdessen nutzte sie jede Gelegenheit, um etwas Schlaf zu bekommen.

Peet erhielt von hinten einen Schlag gegen die Schulter und wäre beinahe in vollem Lauf gestürzt. Die Sonde! Hatte sie die Kontrolle über ihren Flug verloren? Das war eigentlich nicht denkbar. Er blieb stehen und schaute ihr nach, wie sie eine Schleife flog und mit einem Mal direkt auf ihn zuhielt. Sie würde nicht rechtzeitig abdrehen. Peet warf sich auf den steinigen Untergrund, und die handballgroße Maschine sauste knapp über ihn hinweg. Erst kurz vor den Bäumen zog sie hoch und stieg über die Wipfel hinweg, um für den nächsten Angriff Schwung zu holen.

Peet Orell zögerte keine Sekunde. Er rannte zwischen den ersten Bäumen hindurch und zog den Kopf ein, damit ihn die tiefhängenden Äste nicht streiften. Sein morgendlicher Lauf hatte sich überraschend in einen gefährlichen Wettlauf verwandelt. Sein Verfolger schwebte suchend über der Baumgruppe und wartete darauf, dass er wieder ins Freie trat. Er ließ sich nicht abschütteln und konnte auch nicht müde werden. Davonlaufen konnte Peet ihm auch nicht, deshalb blieben ihm nur die Möglichkeiten, sich zu verstecken oder anzugreifen. Die Bäume verhinderten zwar einen direkten Sturzflug auf ihn, aber sie standen bei weitem nicht dicht genug, um die Sonde vom Eindringen abzuhalten. Schon glitt sie am Rand des Waldstücks entlang und suchte nach einem günstigen Weg.

In dieser Umgebung standen Peet nur sehr primitive Waffen zur Verfügung. Im Grunde beschränkten sich seine Verteidigungsmöglichkeiten auf Äste und Steine. Low-Tech gegen High-Tech. Ein ungleicher Kampf.

„Aldo, sprich mit mir!“, rief Peet zum Himmel hinauf. „Dein Spielzeug verhält sich gerade ziemlich aufsässig. Ich könnte hier etwas Hilfe gebrauchen!“

Hatte er es wirklich vermisst, um sein Leben zu kämpfen? Brauchte er den Nervenkitzel so dringend? Er hatte in den vergangenen Monaten ein ruhigeres Leben kennengelernt, mit anderen Aufgaben und auch harmloseren Beschäftigungen. Auf der Erde waren Mitte Juni die Verhandlungen über die Rechtsverhältnisse im Weltraum erfolgreich abgeschlossen worden. Hierbei waren sein Vater und er, neben Pjotr Chronnew von den Terra States, die Hauptakteure gewesen. Es hatte sich um eine interessante Aufgabe gehandelt, wenn auch auf andere Art aufregend als seine Forschungsreisen. In der gleichen Zeit war die Besiedlung von Riddle weiter vorangeschritten, wenn auch langsamer als geplant, weil die Moran meist anderweitig im Einsatz war. Und damit waren die guten Nachrichten noch nicht erschöpft: Zwischenzeitlich hatten Moreen Dohr und Khurula auf Suuk geheiratet. Das gleichnamige Raumschiff konnte seine feste Stammmannschaft erhalten, die sich bei den Rettungsaktionen um Negor konsolidiert hatte. Die Auswertung der Speicherdaten Horf Elos durch das Team um die Familie Shan war weiter vorangekommen. Ihre Arbeit hatte viele Daten über fremde Sonnensysteme offenbart und Informationen über einige Spezies erbracht, die vor 1.500 Jahren noch existierten, aber durch den später folgenden Großen Galaktischen Krieg von den Zyklops restlos ausgelöscht worden waren.

Die Besatzung der Promet II drängte es danach, ihre Forschungsflüge wieder aufzunehmen, um die neugewonnenen Informationen zu nutzen. Jörn hatte Peet bei ihren gelegentlichen Treffen erzählt, dass Szer Ekka und sein Team bereits aus den Daten des Horf Elos-Teams interessante Ziele zusammenstellten. Es gab also einiges, was er momentan lieber tun würde, als sich von einer durchgedrehten Trainingssonde durch den Wald jagen zu lassen.

Peet drehte den Kopf in alle Richtungen, um die fliegende Kugel rechtzeitig ausmachen zu können. War sie in Aldos Werkstatt zurückgekehrt? Er überlegte, ob es sinnvoll war, ein Versteck zu suchen. Unter der leuchtend gelben Trainingsjacke trug er ein gleichfarbiges Shirt, das dafür sorgte, auch in der Dämmerung gut gesehen zu werden. Momentan legte er auf diesen Nutzen überhaupt keinen Wert. Allerdings war die Drohne auch nicht auf Sichtkontakt angewiesen. Sie war in der Lage, seine Com zu orten, seinen Puls zu hören und ihn auch unter einem dichten Gebüsch aufgrund seiner Wärmesignatur aufzuspüren. Das waren alles Funktionen, die dazu dienen sollten, dass die Drohne ihren Trainingspartner nicht verlieren konnte. Andererseits eigneten sich diese Funktionen auch hervorragend für eine Suche oder eine Jagd. Peet konnte sich gut vorstellen, dass Aldo, um sein Budget zu schonen, einen alten Prototyp des Militärs genutzt hatte. Nun schlug dessen Grundprogrammierung durch.

Aldo Simmer war über die Com nicht zu erreichen, und Peet überlegte ernsthaft, ob die Sonde in der Lage war, seinen Funkverkehr zu blockieren. Völlig ausschließen wollte er das nicht. Nachdem er eine Weile gewartet hatte, ohne seinen Verfolger entdecken zu können, schlug Peet den Heimweg ein. Er trat an den Rand des Waldstückes und hockte sich hinter einen Baumstamm. In Richtung der HTO lag etwa 200 Meter entfernt das nächste kleine Waldstück. Die Distanz war leicht abschüssig, was Peets Tempo noch erhöhen würde. Er rechnete sich gute Chancen aus. Kraftvoll stieß er sich ab und rannte los.

Er war noch keine zehn Meter weit gekommen, als die Testsonde über dem Waldstück vor ihm auftauchte und sofort in den Sturzflug überging. Das Mistding hatte diesen Zug vorausgesehen. Peet machte kehrt und lief zu seiner vorherigen Deckung zurück. Er schlug einen Haken und die Metallkugel sauste in Höhe seines Oberkörpers an ihm vorbei. Wenn sie ihn bei diesem Tempo in den Rücken getroffen hätte, wäre eine Querschnittslähmung noch der geringste Schaden gewesen. Er musste einsehen, dass es inzwischen um Leben und Tod ging. Durch seine Kursänderung gelangte er nur in ein neu aufgeforstetes Waldstück, dessen junge Bäume noch keine ausreichende Höhe besaßen, um ihm Deckung zu geben. Außerdem konnte sich Peet zwischen den dichtstehenden Bäumen nicht schnell genug bewegen. Ihm blieb nur die Flucht nach unten. Er warf sich zwischen die Bäume und spürte, wie die Sonde über ihm durch die nachgiebigen Spitzen glitt. Dieses Mal zog sie nicht wieder hoch, entwurzelte mehrere der jungen Bäume und lag für einen Moment ruhig auf dem Boden. Peet hob den Kopf, um nach ihr zu sehen. Nicht weit von ihm entfernt war eine Lücke entstanden. Bei dem Gelände, das eine Größe von etwa einem Quadratkilometer besaß, handelte es sich um ein Aufforstungsprojekt der HTO. Für diese Aktion würde Aldo Simmer mindestens ein paar neue Bäume pflanzen müssen, um Wiedergutmachung zu leisten.

„Peet?“, hörte er plötzlich die Stimme von Aldo Simmer.

Peet hob die Com an sein Gesicht. „Aldo, dein Spielzeug scheint durchzudrehen. Tu was!“

„Meinen Anzeigen zufolge funktioniert alles einwandfrei“, antwortete der Entwickler. Er klang verwundert.

„Wenn du sie darauf programmiert hast, mich zu einem handlichen Klumpen zusammenzustauchen, dann funktioniert sie tatsächlich einwandfrei. Hast du das?“

„Natürlich nicht.“

„Ich fürchte, beim nächsten Treffer wird sie mir alle Knochen brechen.“

„Ich kann mir das nicht erklären.“

„Du sollst es auch nicht erklären, sondern etwas daran ändern!“ Peet wurde ungeduldig. „Hat das Ding keinen Notschalter, um es abzustellen?“

„Sowas wurde noch nie gebraucht.“

„Dann wäre das mein Verbesserungsvorschlag“, knurrte Peet und unterbrach die Verbindung. Was auch immer die Lösung seines Problems sein würde, sie hieß nicht Aldo Simmer.

Peet öffnete den Verschluss seines Trainingsanzugs und zog die Jacke aus. Er breitete sie auf dem Boden aus und legte einen Stein von der Größe eines Baseballs hinein. Dann verknotete er die Ärmel mit dem Stein. Wenn dieser fliegende Handball Krieg wollte, dann sollte er ihn bekommen. Peet suchte sich den kräftigsten unter den jungen Bäumen aus, der ihn etwa um einen Meter überragte. Mit einem Sprung schaffte er es, die Spitze zu fassen. Langsam zog er den biegsamen Stamm zu sich herab und befestigte die Trainingsjacke mit dem Stein daran.

Wo steckte die Sonde? Ausgerechnet jetzt schien sie eine Pause in der Jagd eingelegt zu haben. Lange konnte Peet seine improvisierte Waffe nicht halten, bevor ihm die Arme erlahmten.

Plötzlich brach die Sonde wie ein wildes Tier in Kopfhöhe zwischen den Büschen hervor. Peet musste einen Meter zur Seite weichen und den Baum etwas korrigieren. Das Ding kam direkt auf ihn zu, als würde er es wie ein Magnet anziehen. Hoffentlich reichten der Schwung und das Gewicht des Steins aus, um der Sonde genug Schaden zuzufügen. Vielleicht bekam sie nur eine Delle. Oder es gelang ihm erst gar nicht, sie zu treffen.

Er ließ los. Der Baum schnellte trotz des Steins wieder in seine ursprünglich aufrechte Position, es gab einen hellen Schlag, als Metall und Gestein aufeinandertrafen. Der Baum hatte wie ein Morgenstern fungiert und einen Volltreffer erlangt. Die Drohne wurde zur Seite gelenkt und trudelte Richtung Boden. Mit voller Wucht bohrte sie sich ins Erdreich, was weitere Bäume entwurzelte.

Der Treffer hatte sicher nicht ihre Flugfähigkeit zerstört, dafür war der Schaden viel zu gering. Aber der Treffer hatte die Sensoren der Maschine so beeinflusst, dass sie nicht mehr einsatzfähig war. Peet löste das Gewicht vom Baum und ließ den Stein auf die Erde fallen. Peet wollte nicht abwarten, ob sich der Prototyp wieder erheben konnte oder nicht. Er schlang seine Jacke um das Gerät, zog den Reißverschluss zu und band die Ärmel fest um einen dünnen Baumstamm zusammen. Dann nahm er den schwersten Steinbrocken auf, den er heben konnte, und stemmte ihn weit über den Kopf, um damit die Sonde zu zerschmettern.

„Halt, Peet, tu das nicht“, kam eine Stimme aus seiner Com. Aldo klang ziemlich panisch. „Ich krieg das wieder in den Griff, versprochen!“

Peet zögerte einen Moment.

„Dein Vater hat die Stammbesatzung der Promet II zusammengerufen“, fuhr Aldo eilig fort. „Er erwartet euch in seinem Büro. Es klang sehr dringend.“

Peet Orell ließ den Stein sinken und über seine Com konnte er das erleichterte Seufzen von Aldo Simmer hören. Doch Peet warf den Stein nicht zur Seite, sondern legte ihn oben auf der stark eingedellten Sonde ab. Dann machte er sich auf den Rückweg zur HTO.

Dabei hörte er Aldo rufen: „Peet, könntest du die Drohne frei lassen, damit ich sie nach Hause holen kann? Peet? Hallo, Peet?“

*

HTO-Corporation, Sperrkreis 1, Großer Sitzungssaal, 07.07.2092

Peet traf als letzter zu der Besprechung ein, denn er hatte zuvor nicht auf eine Dusche und frische Kleidung verzichten wollen. Er nickte seiner Besatzung zu und begrüßte anschließend seinen Vater und Gastgeber Harry T. Orell, der wie immer in Begleitung seiner Sekretärin Kelly erschienen war. Auf der anderen Seite des Konferenztisches saßen Pjotr Chronnew von den Terra States (TST) und der australische Astronom Dr. Rhet Call von der IAU, der Union astronomique internationale.

Dr. Call hatte seit zwei Monaten das Sonnensystem ER-050 von der Erde aus erforscht. Bisher war man davon ausgegangen, dass dieses System keine Planeten hatte. Doch anhand des Datenmaterials, das ihm die HTO aus Projekt Horf Elos zur Verfügung gestellt hatte, war er in der Lage gewesen, gezielter zu suchen. Mit dem Ergebnis, dass er insgesamt sechs Planeten in ER-050 entdeckte.

Peet war sich sicher, dass es weitere Erkenntnisse gab, die der Astronom nun mit ihnen teilen wollte. Er blickte zu Jörn, doch der zuckte nur unauffällig mit den Schultern. Offenbar hatte man vor Peets Ankunft noch keine Details verraten.

„Jetzt, da wir vollständig sind“, begann Harry T. Orell, „kann Doktor Call uns die Ergebnisse der Spektralanalysen mitteilen.“

Der hagere Australier erhob sich und warf eine umfangreiche Tabelle mit Werten auf einen Wandbildschirm, die allein durch ihre bloße Fülle alle Anwesenden überforderte. Ein Effekt, den der Astronom wohl beabsichtigt hatte, denn er schmunzelte beim Anblick der Gesichter. „Mit dieser Aufstellung beschäftige ich mich seit einer Woche und die Auswertung ist immer noch nicht völlig abgeschlossen, aber ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einen besonderen Wert lenken.“ Doktor Call berührte eine Zahl auf dem Monitor, die dadurch farbig unterlegt wurde. „Die Spektralanalyse ergab mit einer Wahrscheinlichkeit von 56,3 Prozent die Existenz von Stralomin-Quarz auf mindestens einem dieser Planeten.“ Er musste nicht näher auf den Wert dieses Stoffes eingehen, er war jedem im Raum bekannt.

„Mit anderen Worten, uns erwartet dort eine reiche Ausbeute“, verkündete Chronnew strahlend. Sein ­Verhältnis zu Harry T. Orell hatte sich während des vergangenen halben Jahres stark verbessert, die beiden wirkten fast wie Freunde. Oder wenigstens wie gute Bekannte. „Ich bitte also im Namen der TST um die Hilfe der HTO, speziell um den Einsatz der Promet II. Gemeinsam werden wir ER-050 erforschen.“

„Zu welchen Konditionen?“, fragte Peet.

„Gute Frage“, sagte Chronnew. „Die TST wird selbstverständlich alle Kosten des Fluges tragen.“

„Das ist ja wohl das Mindeste.“ Man merkte Jörn an, dass es ihm nicht gefiel, wie der Russe sein Angebot als besonders entgegenkommend klingen ließ.