Raumschiff Promet - Sternenabenteuer 07: Die wahnhaften Künstler - Andreas Zwengel - E-Book

Raumschiff Promet - Sternenabenteuer 07: Die wahnhaften Künstler E-Book

Andreas Zwengel

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Beschreibung

Junici Borul und Vivien Raid befinden sich immer noch in der Gewalt von Adamson, dem Anführers der Gaia-Front. Als sie erfahren, dass Arn Borul sie nicht aus der Tiefseestadt Aqua-City befreien kann, versuchen sie auf eigene Faust von dort zu fliehen. Doch dadurch entsteht eine völlig neue Gefahr.Um die Invasionsflotte der Avatara am Durchgang vom Katai-Sektor Richtung Erde zu hindern, wollen Shalyn Shan und die Crew der Promet IV zusammen mit dem Alatiden Mylyk die Wurmlochverbindung ins Sol-System sabotieren. Aber ihr Plan hat unvorhersehbare Folgen.

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Andreas ZwengelDIE WAHNHAFTEN KÜNSTLER

In dieser Reihe bisher erschienen

5101 Andreas Zwengel Mehr als tausend Lichtjahre

5102 Andreas Zwengel & Gerd Lange Geheiligte Spiele

5103 Andreas Zwengel Eisenfaust

5104 Andreas Zwengel Der Weiße Prophet

5105 Andreas Zwengel Im Tribunal der Häuser

5106 Andreas Zwengel Das Zeitenorakel

5107 Andreas Zwengel Die wahnhaften Künstler

Andreas Zwengel

Die wahnhaften Künstler

Raumschiff PrometSternenabenteuer

Band 7

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2023 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Gerd LangeExposé: Thomas Ziegler † & Gerd LangeTitelbild: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-060-4

Terra, Genf, 08.05.2107, 10:15 Uhr Terra-Zeit

„Wir unterbrechen unser Programm für eine Sondermitteilung des Militärrats“, erklärte eine gesichtslose Stimme, nachdem die aktuelle Übertragung des Com-Senders überraschend endete.

Swetlana Tschernowa, kommandierende Generalin der World Police, sah einen ihrer Männer fragend an.

„Es geschieht auf allen Sendern, überall auf der Erde“, erklärte der junge Techniker und legte die Übertragung auf den Holoschirm im Kommandostand des Aerodroms, dem mobilen Hauptquartier der World Police.

Das vertraute Gesicht von General Robert T. Armstrong erschien in der Mitte des Raums und der Kommandant der Space Police legte sofort los. „Liebe Mit­bürgerinnen und Mitbürger, es ist meine traurige Pflicht, Sie alle darüber in Kenntnis zu setzen, dass das Avatara-­Botschafterschiff beim Landeanflug auf den Mond durch einen gewissen­losen Anschlag der ehemaligen Führungsriege des HTO-Konzerns zerstört wurde. Es war leider noch nicht möglich, die sterblichen Überreste zu bergen, aber wir müssen davon ausgehen, dass der Botschafter und die Besatzung bei dem Absturz getötet wurden.“

Der General schüttelte bedauernd seinen silbergrauen, kurzgeschorenen Schädel, als wäre er durch die Tragödie immer noch erschüttert. Generalin Tschernowa nahm ihm nichts davon ab.

„Was wir schon mit Gewissheit sagen können, betrifft die Identität der Attentäter. Hinter dem feigen Anschlag stecken die Hochverräter und Avatara-Agenten Peet Orell und Jörn Callaghan, die auf ungeklärte Weise aus der Space-Police-Haft entkommen konnten. Außerdem war ihr moranischer Komplize Arn Borul an dem Anschlag beteiligt. Borul wurde unlängst als Terrorist in den Diensten der Gaia-Front enttarnt. Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nur darüber spekulieren, welche Folgen dies für die Bewohner von Terra haben wird, aber wir müssen vom Schlimmsten ausgehen.“ Armstrongs eisgraue Augen fixierten die Zuschauer der Übertragung. „Die drei Hochverräter sind nach Riddle im Alpha-Centauri-­System geflohen, aber sie werden ihrer gerechten Strafe nicht entgehen. Dasselbe gilt für jeden einzelnen Beteiligten dieser ungeheuerlichen Verschwörung von HTO, der Avatara und der Gaia-Front. Wir werden sie jagen und jeden einzelnen von ihnen zur Strecke bringen.“

Normalerweise sprach Armstrong mit absolut emotions­loser Stimme und verhielt sich unterkühlt wie ein britischer Snob, doch nun schwadronierte er mit einem Feuer, das Swetlana Tschernowa ihm überhaupt nicht zugetraut hätte. Für sie ein Beweis mehr, dass es sich dabei um einstudiertes Theater handelte. Die Generalin hielt es für ausgeschlossen, dass Peet und Jörn mit den Avatara oder der Gaia-Front gemeinsame Sache machten. Hinter dieser Aussage steckte einzig und allein Armstrongs Abneigung gegen die HTO. Er hatte es sich schon vor vielen Jahren als Lebensziel gesetzt, die Organisation zu zerschlagen, und nun eine vollständige Übernahme durch Dauds Lunadocks unterstützt. Das war auf jeden Fall die optimale Lösung.

„Vor allem aber müssen wir uns vorbereiten“, fuhr der General fort. „Dieser Anschlag liefert der Avatara einen Vorwand für die Invasion der Erde, und wir müssen deshalb jeden Moment mit einem Angriff des Feindes rechnen.“

Tschernowas Com gab ein Geräusch von sich, das sie um ein Haar überhört hätte. Sie warf einen Blick auf den Text und sah eine Einladung zu einer kurzfristig angesetzten Krisenkonferenz mit der Space Police beim Terra States Congress (TSC), die in zwei Stunden am Genfer See stattfinden sollte. Ihr persönliches Erscheinen wurde erwartet. Wahrscheinlich durfte sie noch froh sein, überhaupt eingeladen zu werden. Als Kommandeurin der World Police gehörte sie zu den einflussreichsten Persönlichkeiten auf der Erde und trotzdem hatte es niemand in Betracht gezogen, sie an der Entscheidung zu beteiligen oder wenigstens persönlich zu informieren. Stattdessen erfuhr sie erst durch die offizielle Bekanntmachung, dass sich die Erde im Kriegszustand befand. Der Militärrat hatte die Kontrolle übernommen und herrschte über die Erde. Sie dagegen hatte nichts zu sagen, sondern sollte nur ihre Truppen beisteuern.

Der Militärrat vertraute ihr nicht mehr, seit sie Peet Orell und Jörn Callaghan gegen alle Widerstände nach Genf gebracht hatte. Zu dieser Entscheidung stand sie immer noch. Sie glaubte den Vorwürfen gegen die HTO nicht und hatte mehrfach gegen die Festnahme beim TSC vor über einer Woche protestiert. Doch ihr Protest war ignoriert worden.1

Anstatt sich sofort auf den Weg zu der Sitzung zu machen, hörte sie weiter der Ansprache Armstrongs zu. Es war gleichermaßen lächerlich wie bedrohlich.

„Wir waren zu Friedensverhandlungen bereit, aber wie sich nun gezeigt hat, gibt es Kräfte innerhalb der Avatara, die mit Kollaborateuren auf der Erde zusammenarbeiten, um eine friedliche Lösung zu verhindern. Für dieses Ziel sind sie zu allem bereit. Wir können nicht darauf hoffen, dass sich der friedliebende Teil der Avatara durchsetzt, sondern müssen auf den schlimmstmöglichen Ausgang vorbereitet sein, auf eine Invasion unseres Planeten.“

Generalin Swetlana Tschernowa war schon immer eine Verfechterin von Law and Order gewesen. Niemand kam auf die Idee, sie eine Liberale zu nennen. Aber sie glaubte an die herrschenden Gesetze und bestand auf ihre Einhaltung. Die Männer, die den Militärrat gebildet hatten, benutzten das Militär lediglich zur Macht­ergreifung. Das war alles, um was es ihnen ging, und alles, was Armstrong von Werten und Zielen erzählte, war nur Geschwätz. Swetlana war das zutiefst zuwider. Sie wusste, wie skrupellos Armstrong seine Ziele verfolgte, und sie hatte auch persönliche Gründe für ihre Abneigung. Sie hatte nicht vergessen, dass der General der Space Police seinerzeit versucht hatte, ihre Ernennung zur Oberkommandierenden der World Police zu verhindern und stattdessen jemanden auf diesem Posten installieren wollte, der ihm mehr zusagte.

„Die Space Police hat bereits militärische Gegen­maßnahmen eingeleitet“, fuhr Armstrong in seiner Ansprache fort. „Die glorreiche Flotte der Space Police unter Führung des Militärrats steht bereit, um jede Aggression zurückzuschlagen. Die Erde befindet sich ab sofort offiziell im Kriegszustand mit der Avatara.“

Was immer Swetlana von der Entscheidung halten mochte und wie sehr sie deren Berechtigung auch anzweifelte, als Kommandierende der World Police würde auch sie die Erde mit allen Mitteln verteidigen. Trotzdem konnte sie nichts davon abhalten, auf der Konferenz ihre Zweifel vorzutragen und ihre Meinung zu sagen. Damit würde sie Armstrong, Daud und Zingh nichts Neues erzählen, aber es war ihr ein Bedürfnis, ihren Standpunkt klarzumachen. Außerdem würde sie jede Schwäche des Dreibundes nutzen, um die wahren Hintergründe und Motive aufzudecken. Aber sie würde es im Verborgenen tun, damit die Männer sie nicht für eine Bedrohung hielten.

*

Prospektorenschiff Agamemnon, 08.05.2107, 13:12 Uhr Terra-Zeit

Kommandant Frode Myklebust war höchst zufrieden, dass er einen Flugauftrag ergattert hatte. Nur raus aus dem Kriegsgebiet, das war sein einziger Gedanke. Die Verrückten von der HTO hatten den Botschafter der Avatara über Luna abgeschossen, deshalb benötigte man keinen überragenden Intellekt, um sich ausmalen zu können, wo die Fremden als Erstes angreifen würden. Wahrscheinlich machten sie die gesamte Mondoberfläche platt, um Rache zu nehmen. Myklebust interessierte sich nicht für Politik, sondern nur für seine Geschäfte, aber dies war eine Entwicklung, die auch er nicht ignorieren konnte. Niemand auf dem Mond oder der Erde konnte das, denn es ging sie alle an.

Er war vorerst aus der Schusslinie. Er, seine Besatzung und sein Schiff, das Lunadocks-Prospektorenschiff ­Agamemnon. Als er den Hangar erreichte, hatten seine beiden Prospektoren-Kollegen Paul Mack und Jema Rousseau die Ware bereits angenommen, die so dringend nach Alpha Centauri geliefert werden sollte. Myklebust hatte angesichts der hohen Entlohnung nicht nachgefragt, welche Ware sie transportieren sollten, doch als er sie nun sah, wusste er sofort, dass er mehr hätte verlangen müssen. In drei gläsernen Transportboxen lagen die Hochverräter von der HTO. Peet Orell, Arn Borul und Jörn Callaghan.

Myklebust tobte und stauchte seine Leute zusammen, weshalb sie den Auftraggeber nicht zum Teufel gejagt hatten. Mack und Rousseau konnten es ihm nicht erklären. Für sie fühlte es sich in Ordnung an. Einen größeren Blödsinn hatte er niemals gehört und er hätte die beiden gefeuert, wenn er sie nicht für die Reise gebraucht hätte.

Frode Myklebust sah zu, dass sie starteten und eine größere Distanz zwischen sich und den Mond brachten. Dann erst machte er sich Gedanken darüber, was geschehen war. Jema und Paul waren nicht die Trottel, als die sie gerade erschienen. Die beiden ließen sich nicht so einfach hinters Licht führen. Zugegeben, es gab reguläre Frachtdaten auf ihren Firmen-Coms und das Honorar war beachtlich, aber ein solches Risiko wären sie nie und nimmer eingegangen. Frode konnte sich sogar noch an seinen ersten Gedanken beim Anblick der Ladung erinnern. Er wollte den Flug absagen und die Passagiere so schnell wie möglich von seinem Schiff schaffen, denn sie waren momentan die meistgesuchten Personen in diesem Teil der Galaxis. Diese Leute hatten den ­Botschafter der Avatara getötet und wenn man sie bei ihnen fand, würde man die Crew der ­Agamemnon zweifellos für Komplizen halten. Aber Frode hatte nichts unternommen. Wieso? Er drehte sich mit seinem Sessel zu Jema Rousseau. „Hast du inzwischen auch ein seltsames Gefühl bei der Sache?“

Die Pilotin sah ihn erleichtert an. „Ich wollte nichts sagen, aber ich grübele schon die ganze Zeit darüber.“

„Wieso haben wir diesem Transport zugestimmt? Das Risiko ist nicht tragbar und trotzdem fühlte es sich wie die richtige Entscheidung an.“

„Nicht wahr? Ich hatte keine Bedenken und habe mir auch keine Sorgen gemacht, aber jetzt bekomme ich Zweifel. Sehr heftige Zweifel.“

Das Schott zur Zentrale öffnete sich und Paul Mack trat ein. „Unseren Passagieren geht es gut, die Lebens­funktionen sind alle stabil“, erklärte er und fügte dann hinzu: „Auch wenn ich mir nicht erklären kann, weshalb wir sie an Bord genommen haben. Ich meine, sie wurden uns ja nicht untergeschoben. Sie lagen vor uns und wir haben ja gesagt. Lasst sie uns einladen und nach Alpha Centauri bringen. Ich hatte dabei keinerlei Bedenken.“

„Dann geht es dir auch so?“, sagte Jema. „Wir haben uns gerade darüber unterhalten.“

„Irgendetwas ist da nicht mit rechten Dingen abgelaufen“, meinte Myklebust nachdenklich.

„Wir sollten es uns noch einmal ansehen“, schlug Mack vor und ging zu seinem Arbeitsplatz. Er rief die bord­internen Optiken auf und suchte in den Aufzeichnungen.

Myklebust und Rousseau traten hinter ihn und sahen über seine Schultern hinweg, wie ein Schweber die Ware zur Agamemnon brachte. Schweigend sahen sie, wie Mack und Rousseau die Ware inspizierten und für einen Moment erstarrten. Fast eine halbe Minute verging, dann setzten sie sich in Bewegung und brachten die drei Transportbehälter an Bord.

„Ich weiß genau, dass ich eine Menge Fragen hatte, aber auf einmal waren sie verschwunden“, erinnerte sich Mack.

„Ich wollte die Lieferanten schnell wegschicken, bevor jemand die Gesuchten in der Nähe unseres Schiffes sehen konnte“, sagte Rousseau. „Aber als ich den Mund öffnete, kam nur Zustimmung heraus und im selben Moment glaubte ich auch daran.“

„Jemand hat uns manipuliert“, stieß Myklebust hervor und plötzlich erinnerte er sich wieder an den seltsamen Geruch, der an Bord geherrscht hatte, als er eintraf.

„Tja, davon ist leider auf den Aufnahmen nichts zu erkennen“, bedauerte Mack. „Wäre besser, wenn uns jemand einen Strahler an den Kopf gehalten und uns gezwungen hätte. Hier sieht es so aus, als hätten wir die Ware mit Freuden entgegengenommen.“

„Genau so hat es sich auch angefühlt“, sagte Rousseau.

„Zeig mal die hintere Ecke des Hangars, da hat sich etwas bewegt!“ Myklebust wies auf eine Stelle auf dem Monitor.

Mack fing den Bereich ein, vergrößerte die Ansicht und verbesserte die Bildqualität.

„Was ist das?“, fragte Jema Rousseau.

„Hat der Flügel?“, staunte Frode.

„Ich schalte mal auf Außenansicht.“ Mack wechselte zwischen den drei Optiken, die den Hangar im Blick gehabt hatten und wählte jene aus, die auf den entsprechenden Bereich gerichtet war. Erstaunt betrachteten sie das mittelgroße, fledermausartige Wesen, das von Kopf bis Fuß tiefschwarz war.

„Ich frage nochmal“, sagte Rousseau. „Was ist das?“

Frode Myklebust kratzte die kahle Stelle an seinem Hinterkopf. „Tja, also ich vermute mal, dass dies höchstwahrscheinlich unser Auftraggeber ist.“

„Meint ihr, das ist einer von diesen Avatara?“

Mack sah die Pilotin an. „Nach allem, was ich gehört habe, bestehen die aus mehreren unterschiedlichen ­Völkern. Es ist gut möglich, dass eines davon so aussieht.“

„Aber warum verhilft dieser … dieses Wesen den Mördern seines Botschafters zur Flucht?“

Myklebust kehrte zu seinem Sessel zurück. „Gut, wir können wieder klar denken. Aber das nutzt uns leider überhaupt nichts, wenn wir erwischt werden“, sagte er. „Als Entschuldigung wird das nicht funktionieren, also machten wir unseren Job so gut wie möglich, wenn wir nicht die nächsten Jahre im Luna Asylum oder in Safe-1 verbringen wollen.“

„Wir schmuggeln die Leute, die diesen Krieg ausgelöst haben“, sagte Jema. „Ich denke nicht, dass es mit ein paar Jahren getan sein wird.“

„Dann können wir wohl nur hoffen, dass die Avatara gewinnen und unseren Beitrag zu schätzen wissen.“

Myklebust und Rousseau sahen Mack an, als könnten sie nicht glauben, was er gerade gesagt hatte, doch bei genauerem Nachdenken wurde ihnen klar, dass er damit gar nicht so falsch lag.

*

Die Agamemnon kam aus dem Parakon und nahm Kurs auf Riddle. Sie folgten weiter ihrem Auftrag, weil es für sie keine Alternative gab.

„Ich verstehe immer noch nicht, weshalb man uns die drei herbringen lässt, es wäre doch eine gute Gelegenheit gewesen, sie aus dem Weg zu räumen“, sagte Mack.

„Wenn es dafür eine einfache Erklärung gäbe, hätte man uns nicht beeinflussen müssen“, entgegnete Jema Rousseau. „Außerdem denke ich, es ist besser, wenn wir es nicht wissen. Was immer hier abläuft, ich möchte kein Mitwisser sein.“

Mack konsultierte seine Instrumente. „Da draußen herrscht ein gewaltiger Aufruhr. Auf den abhörsicheren Frequenzen zwischen den POL-Schiffen der Space Police geht es hoch her. Zahlreiche Raumer verlassen Riddle und nehmen Kurs auf Terra. Sie werden sich wohl der Verteidigungsflotte anschließen.“

„Wir sollten trotzdem nicht in eine Kontrolle geraten“, sagte Jema.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sage, aber wir müssen uns jetzt auf den Schutz der HTO verlassen.“ Der Kommandant wandte sich an Mack. „Paul, nimm Kontakt zur Defensiv-Zentrale auf und bitte um Landeerlaubnis.“

Sie näherten sich dem zweiten Planeten des Fixsternsystems. Auf Riddle gab es drei Kontinente. Der eine besaß die grobe Form einer in Längsrichtung liegenden Ei-Hälfte und der andere erinnerte an eine Sichel, beide waren kleiner als Australien. Der dritte Kontinent trug den Namen Him und war so groß wie Grönland. Auf ihm befand sich die Defensiv-Zentrale. Sie war immer noch exterritoriales HTO-Gebiet und entzog sich dem Einfluss von Lunadocks und Space Police.

„Sie verweigern uns die Landung und sagen, wir sollen zum Raumhafen in Alpha-City fliegen“, meldete Mack. „Und sie haben das nicht so freundlich ausgedrückt wie ich gerade.“

Das überraschte Myklebust nicht. Schließlich waren sie ein Lunadocks-Schiff und der Daud-Konzern war der Hauptakteur der feindlichen Übernahme der HTO.

„Sag ihnen, dass wir eine besondere Fracht haben, die wir nur ihnen persönlich abliefern können.“ Myklebust wollte in einem Funkspruch nicht die Namen der drei Gesuchten verwenden. Selbst auf einer gesicherten Leitung.

Es dauerte einen Moment, bis sie die Antwort bekamen, und Paul Mack verzog das Gesicht, als habe er eine Ohrfeige erhalten. Kopfschüttelnd drehte er sich zu ­seinem Kommandanten. „Sie glauben uns nicht.“

Jema Rousseau stand auf und verschwand im Frachtraum. Kurz darauf kehrte sie zurück und hielt dabei ihre Com in die Höhe. „Zeigen wir ihnen eine Aufnahme unserer Ladung“, schlug sie vor.

„Das könnte funktionieren“, sagte Myklebust, als er das Bild betrachtete. Ebenso wie die Funkanlage bestimmte Reizwörter in Nachrichten erkennen konnte, in ihrem Fall Namen wie Orell oder Borul, waren auch Gesichtserkennungs­systeme darauf programmiert, gesuchte Personen zu identifizieren. Deshalb hatte Jema eine fast schon künstlerische Aufnahme der drei ­Passagiere gemacht, die nicht genug Merkmale für eine Gesichtserkennung bot, aber gleichzeitig einem realen Betrachter die Möglichkeit bot, festzustellen, um wen es sich bei den abgebildeten Personen handelte. Mack übermittelte die Aufnahme verschlüsselt auf einer gesicherten Frequenz. Diesmal dauerte es lange, bis sie eine Antwort erhielten.

„Wir befinden uns hier auf dem Präsentierteller“, beschwerte sich Myklebust. „Wenn zufällig eine ­Patrouille aus Pol-Schiffen vorbeikommt, war es das für uns.“

Als sich die Defensiv-Zentrale wieder meldete, war es Kommandant Ron Danton persönlich. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sie die Identität der Passagiere erkannt hatten. Dantons tiefe Raucherstimme klang misstrauisch, was Myklebust verstehen konnte. Wenn jemand mit einer solchen Geschichte zu ihm käme, wäre Misstrauen noch seine mildeste Reaktion.

Frode Myklebust gab ihm eine kurze Zusammenfassung, wie er an seine schlafende Fracht gelangt war, und Danton hielt sie wohl nicht für völlig absurd. Wahrscheinlich wusste man bei der HTO etwas mehr über die ­Avatara, als Myklebust es tat. Trotzdem verweigerte Danton ihnen weiterhin den Zugang zur Defensiv-­Zentrale.

„Die halten uns für ein trojanisches Pferd“, sagte Mack. „Wahrscheinlich denken sie, wir haben eine Bombe an Bord und befinden uns auf einer Selbstmordmission.“

„Wo soll die Übergabe stattfinden?“, erkundigte sich der Kommandant.

„Wir treffen uns auf Sickle“, antwortete Danton. „Bei der Gedenkstätte für die Andorer.“

„In Ordnung, wir machen uns auf den Weg“, bestätigte Myklebust. Die HTO war wirklich misstrauisch, wenn sie die Agamemnon nicht einmal auf Him landen ließ, aber bestimmt wollten sie sich nur der Entdeckung durch die Space Police entziehen.

Also nahmen sie Kurs auf den kleineren Kontinent und setzten kurz darauf an der angegebenen Position auf. Die Gedenkstätte war ein gewaltiges Steinmonument, das den Planeten Andor zeigte, umgeben von einem Dutzend Statuen der wichtigsten Persönlichkeiten der Andorer.

„Sie kommen!“, rief Jema und wies auf einen Gleiter der Defensiv-Zentrale, der sich rasch näherte und neben der Agamemnon landete. Die Besatzung des Prospektorenschiffs blieb ruhig stehen und machte keine verdächtigen Bewegungen, als ein halbes Dutzend ­schwerbewaffnete HTO-Sicherheitsleute aus dem Gleiter strömte und die Gegend absicherte.

Ron Danton persönlich trat ins Freie und kam auf die Prospektoren zu. An seiner Seite ein sehr schlanker Mann um die Fünfzig, der eine militärisch straffe Haltung hatte. Myklebust erkannte ihn sofort, schließlich handelte es sich bei dem Mann um eine lebende Legende. Es war Eric Worner, der aussah, als würde er ihn am liebsten über den Haufen rennen, nur um schneller zu den Passagieren zu gelangen. Aber Danton schob sich vor und baute sich vor Frode Myklebust auf.

„Wie viel verlangt ihr für die Herausgabe?“, fragte er barsch.

„Nichts. Die Lieferung wurde bereits im Voraus bezahlt“, erklärte Frode und machte Rousseau ein Zeichen, die ihm ein flaches Gerät zum elektronischen Quittieren reichte.

Danton warf einen Blick auf das abgebildete Auftragsformular und sah dann Frode an. „Wollen Sie mir sagen, dass es sich um eine ganz normale Fracht handelt?“

„Wir wollen kein Lösegeld“, sagte Frode. „Lediglich eine Lieferbestätigung.“

Danton legte sein distanziertes Verhalten gegenüber der Crew ab und quittierte den Empfang.

Für Worner war dies das Startsignal, um die ­Agamemnon zu betreten und die Fracht anzusehen. Danton folgte ihm mit der Besatzung und sie versammelten sich um die Transportbehälter. Worner stand bebend vor den drei Schlafenden und kämpfte mit seinen Gefühlen. Die harte Schale des Raumschiffkommandanten bekam Sprünge, er konnte seine Freude und Erleichterung nicht verbergen.

Danton ließ sich von Myklebust die Com-Aufnahme mit dem für sie unbekannten Yikritschen zeigen. Der Kommandant der Agamemnon beteuerte, dass sie an der Übernahme der HTO durch die Lunadocks nicht beteiligt waren und er persönlich nichts von dem Vorgehen hielt.

„Wohin wollen Sie von hier aus?“, erkundigte sich Danton, erntete aber nur ein Schulterzucken.

„Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wo wir jetzt hinsollen“, musste Frode Myklebust zugeben. „Wir werden versuchen, uns irgendwie durchzuschlagen, und hoffen, dass niemand jemals von dieser Lieferung erfährt.“

Danton nickte und winkte einen seiner Leute zu sich. Sie besprachen sich kurz, dann wandte sich der Kommandant der Defensiv-Zentrale wieder an Myklebust. „Ich habe soeben das Prospektorenschiff Agamemnon als regulären Gast der HTO bei der Einreiseregistrierung am Raumhafen Alpha City angemeldet. Damit haben Sie offizielles Aufenthaltsrecht für drei Monate auf Riddle, sobald die Registrierung formell abgeschlossen ist.“ Er zwinkerte dem Kommandanten des Prospektorenschiffs zu. „Was allerdings dauern wird, bei der riesigen Menge an Schiffen, die aufgrund des Kriegsrechts auf Terra hier eintreffen.“

Mack und Rousseau klatschten sich hinter Myklebust ab. Er selbst nickte Danton dankbar zu. Damit hatten sie für die nächsten Monate einen sicheren Platz und mussten nicht zur Erde zurück.

Danton und Worner überwachten die Verladung der Passagiere. Sie würden die drei erst in der sicheren Umgebung der Defensiv-Zentrale aufwecken. Endlich waren auch Peet Orell, Jörn Callaghan und Arn Borul auf Alpha Centauri, geschützt vor dem Zugriff des Militärrates von Terra.

*

Aqua City, Gefängnistrakt, 08.05.2107, gegen 18 Uhr Terra-Zeit

Vivien Raid und Junici Borul befanden sich in ihrer Zelle im geheimen Hauptquartier der Gaia-Front in dreitausend Metern Tiefe auf dem Grund des Pazifiks. Sie wussten nicht, was sich außerhalb des kleinen Raumes abspielte. Fast zwei Tage waren vergangen, seit Adamson sie in letzter Sekunde vor der Exekution durch die Assassinen bewahrt hatte, und fast ebenso lange war es her, dass sie Arn Borul zum letzten Mal gesehen hatten. Besonders Junici litt unter dem ungewissen Schicksal ihres Lebensgefährten. Hatte Adamson die Frauen verschont, aber Arn hinrichten lassen? Vivien versuchte, ihre Freundin zu beruhigen, aber dazu gab es leider keinen konkreten Anlass. Sie konnten nur hoffen, dass Arn ebenfalls in einer Zelle in Aqua City festgehalten wurde.