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Hat der Dritte Weltkrieg bereits begonnen?
Warum spricht Verteidigungsminister Boris Pistorius davon, dass Deutschland in 5 Jahren »kriegstüchtig« sein muss? Warum baut das US-Militär gerade in Rumänien eine Air Base, die doppelt so groß sein wird wie die in Ramstein? Und warum erklärt das Pentagon, die USA und ihre Verbündeten müssten sich auf langwierige Kriege vorbereiten?
Die magischen 5 Jahre
Die Antwort finden Sie in diesem Buch. Es zeigt auf, dass in Europa ein großer und langer Krieg begonnen hat. Und dass ein solcher Krieg für Deutschland in einer Katastrophe enden wird. Denn auf unserem Boden befinden sich die meisten der amerikanischen Hauptquartiere, Spionagezentren, Militärbasen, Flugplätze und Lager für Atomwaffen.
Deutschland als primäres Schlachtfeld in Europa
Dieses Buch zeigt, wo die Ziele eines möglichen russischen Raketenbeschusses liegen. Das sind nicht nur Militäranlagen oder Rüstungsfabriken, sondern auch Brücken und Autobahnen, denn über Deutschland läuft die Versorgung und der Nachschub der NATO-Truppen in den Osten Europas.
Tiefe geopolitische Einblicke in die geostrategischen Ziele und Machtspiele der USA, Russlands und anderer Akteure
Das Buch erklärt aber auch, warum der Krieg gerade jetzt in Europa ausgebrochen ist und wer ein Interesse an ihm hat. Dabei kommen alle Seiten zu Wort. Sie werden Zitate von Wladimir Putin, aber auch von russischen Militärs und Politikwissenschaftlern lesen, die Sie überraschen werden, weil Sie sie mit großer Wahrscheinlichkeit noch nie gehört oder gelesen haben.
Vorbereitung auf den Ernstfall
Was können wir tun? Wie können wir uns schützen? Auch zu diesen Fragen finden Sie im Buch reichlich Informationen. Da geht es um Vorräte und andere Vorkehrungen, die Sie für den Fall der Fälle treffen sollten.
Vielseitige Quellen
Peter Orzechowski stützt sich auf eine Vielzahl von seriösen Quellen, darunter politische Dokumente, Aussagen von Experten und historische Fakten, was seine Argumentation äußerst fundiert und glaubwürdig macht.
Er verdeutlicht die dramatische Lage und die Risiken, denen Europa und insbesondere Deutschland in naher Zukunft ausgesetzt sein werden.
Der Bestsellerautor regt den Leser dazu an, den gängigen Medien-Mainstream zu hinterfragen und sich selbst eine fundierte Meinung zu bilden. Das Buch ist deshalb auch ein Anstoß zur Reflexion über die Zukunft Europas und die Rolle Deutschlands in der Weltpolitik.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2024
Es ist gut möglich, dass Sie, lieber Leser, dieses Buch in den Händen halten und denken: »Warum habe ich das bloß gekauft?« Denn es kann sein, dass genau in diesem Moment die Welt aufatmet, sich entspannt zurücklehnt und sagt: »Gott sei Dank ist uns ein großer Krieg erspart geblieben, und wir haben wieder Frieden.« Denn da der Redaktionsschluss für dieses Buch der 4. August 2024 war, kann bis zum Erscheinen des Buches – vielleicht durch Vermittlung Chinas – durchaus der Frieden in der Ukraine ausgebrochen sein.
Allerdings muss ich Sie enttäuschen: Es wird kein Frieden sein, was da vielleicht beschlossen wird, eher ein Kräftesammeln für das entscheidende Gefecht. Dessen bin ich mir sicher.
Warum sonst sollte Verteidigungsminister Boris Pistorius davon sprechen, dass Deutschland in 5 Jahren »kriegstüchtig« sein müsse? 1 Warum baut das US-Militär sonst in Rumänien gerade eine Air Base, die »der flächenmäßig größte NATO-Stützpunkt Europas« sein wird, fast doppelt so groß wie die amerikanische Luftwaffenbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz, 2 die uns in diesem Buch noch beschäftigen wird? Oder warum erklärte die stellvertretende US-Verteidigungsministerin Kathleen Hicks Anfang Juli 2024 auf einer Konferenz zur Rüstungsindustrie, die am Rande des NATO-Gipfels in Washington stattfand, »die USA und ihre Verbündeten müssten sich auf mögliche langwierige Kriege vorbereiten«, und zwar nicht nur in Europa? 3 Und Sie finden in diesem Buch noch weitere Belege für die Vorbereitung eines großen und langen Krieges.
Begründet wird die Aufrüstung Europas damit, dass Russland die alte Sowjetunion wiederherstellen wolle und daher die NATO angreifen werde. Wir werden sehen, dass der russische Präsident Wladimir Putin derlei Absichten nie geäußert hat. Das musste übrigens auch das deutsche Auswärtige Amt (AA) zugeben. Thomas Bagger, Staatssekretär im AA, teilte am 1. August 2024 auf die schriftliche Frage Nr. 07-370 des AfD-Bundestagsabgeordneten Thomas Dietz hin mit: »Äußerungen des Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, wonach eine Wiederherstellung der Sowjetunion beabsichtigt werde, sind der Bundesregierung nicht bekannt.« 4
Und der Gedanke, Russland könnte mit Bodentruppen versuchen, bis nach Deutschland, ja bis zum Rhein vorzudringen, ist militärisch völlig absurd. Ein solcher Vormarsch ist aufgrund der mehr als 2000 Kilometer langen und heftig bekämpften Nachschubwege logistisch nicht machbar. Auch im Zweiten Weltkrieg war, wenn auch unter gänzlich anderen militärischen Gegebenheiten, eine solche Strecke auf Dauer nicht zu sichern.
Warum also die ganze Kriegspropaganda vom russischen Aggressor? Die Antwort kennen wir noch aus der Coronazeit: Weil nur eine ängstliche Bevölkerung einem Wahnsinn zustimmt, mit dem sie in »normalen« Zeiten nie einverstanden wäre. Im aktuellen Fall heißt der Wahn, der uns Angst einjagen soll: Krieg.
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Umfrage, die ergab, dass jeder zweite Deutsche Angst davor hat, der Ukrainekonflikt könne sich zu einem größeren Krieg zwischen Russland und den NATO-Staaten ausweiten. 81 Prozent der Befragten lehnten Waffenlieferungen der NATO an die Ukraine ab.
Bemerkenswerterweise stammt diese Umfrage vom 8. Februar des Jahres 2015. 5 Offenbar ahnen die Bundesbürger schon lange, dass Deutschland bei einem militärischen Schlagabtausch massiv betroffen wäre.
Auch mein Buch Der Dritte Weltkrieg – Schlachtfeld Europa ist bereits vor 10 Jahren erschienen, und darin hatte ich festgehalten, dass Deutschland allein schon wegen der vielen amerikanischen Hauptquartiere, Spionagezentren, Militärbasen, Flugplätze und auch Lager für Atomwaffen, die sich auf deutschem Territorium befinden, primäres Ziel bei einem Krieg mit Russland wäre.
Die gute Nachricht ist: Sollte es zu einem Einfrieren des Konflikts kommen, dann haben Sie Ihr Geld gut investiert und das richtige Buch gekauft. Denn dann haben wir 5, vielleicht aber auch nur 3 oder 4 Jahre Zeit, um uns vorzubereiten. Dieses Buch liefert die Grundlage dafür. Die darin gesammelten Informationen geben uns die Möglichkeit, uns geistig auf den kommenden Krieg einzustellen. Denn die Weichen sind gestellt. Das wird in diesem Buch ausführlich belegt.
Ich will deutlich machen, dass diese Gefahr nicht nur real, sondern auch imminent ist. Der Krieg in der Ukraine kann sich jeden Moment zu einem europäischen Krieg ausweiten. Doch im Gegensatz zu unseren Mainstream-Medien will ich keine Angst erzeugen, sondern Ihnen, lieber Leser, durch Fakten und Informationen zu einer nüchternen Lagebeurteilung verhelfen.
Dabei beschränke ich mich auf den Kriegsschauplatz Europa – wohl wissend, dass sich in anderen Regionen der Welt ebenfalls ein Weltkrieg entwickeln könnte: beispielsweise im asiatischen Raum zwischen China und den westlich orientierten Mächten, wo um die Krisenherde Taiwan und die Inseln im südchinesischen Meer herum ständig militärisch provoziert wird. Oder im Nahen Osten, wo Israel seit dem Gazakrieg, der am 7. Oktober 2023 begann, permanent versucht, den Iran – und damit letztendlich auch die USA – in einen größeren Krieg hineinzuziehen. Ende Juli 2024 hat Israel, nur um ein Beispiel zu nennen, innerhalb weniger Tage einen der führenden Köpfe der islamistischen Hamas, Mohammed Deif, ermorden lassen und den Hisbollah-Befehlshaber namens Fuad Shukr durch einen Luftangriff in Beirut getötet. Kurz darauf wurde der politische Führer der Hamas, Ismail Haniyya, in der iranischen Hauptstadt Opfer israelischer Raketen ebenso wie Brigadegeneral Amir Ali Hajizadeh, der Kommandeur der Luft- und Raumfahrtkräfte des Korps der Islamischen Revolutionsgarden, in der Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus. Der oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, kündigte sofort Vergeltung gegen Israel an.
Über jede dieser Konfliktregionen ließe sich ein eigenes Buch schreiben. Wir aber richten unseren Fokus auf Europa, denn hier droht ein Krieg zu eskalieren, der uns unmittelbar betrifft. Krieg in Europa? War das nicht über Jahrzehnte undenkbar? Warum auf einmal heute?
Im ersten Kapitel werde ich die Frage nach dem Warum beantworten. Dazu beleuchte ich die geistigen Grundlagen der derzeitigen Krise. Ich zeige auf, welche Visionen amerikanische und russische Politiker leiten und welche geopolitischen Ziele sie verfolgen. Nur wenn wir die geostrategischen Vorstellungen der Kontrahenten vergleichen, verstehen wir die Beweggründe ihres Handelns und ihre jeweiligen Reaktionen auf die Maßnahmen der gegnerischen Partei. Dann können wir nachvollziehen, warum die USA ihre Vorherrschaft gefährdet sehen und warum sich Russland in seiner Sicherheit bedroht fühlt. Dabei sehen wir uns auch das Wer an und damit die Frage: Wer steht eigentlich hinter – oder über – den Regierenden? Wir werden sehen, dass die Strukturen der wirklichen Entscheider gar nicht so schwer zu entdecken sind.
Als Nächstes müssen wir uns fragen: Wo ist die Gefahr einer Ausweitung des Kriegs am größten? Im zweiten Kapitel geht es also darum, die Brennpunkte zu untersuchen. Das sind jene Regionen, wo die Interessen der beiden Blöcke – von der Ukraine bis zum Südkaukasus – aufeinanderprallen und wo es seit Jahren Provokationen und bewaffnete Konflikte gibt.
Daran schließt sich die Frage an: An welchen Orten könnte der Krieg in Deutschland spürbar werden? Denn aus Deutschlands Mitwirkung an diesem Krieg ergeben sich natürlich auch Gefahren. Im dritten Kapitel habe ich die am meisten gefährdeten Orte in Deutschland aufgezählt, also die Zielscheiben eines möglichen russischen Raketenbeschusses. Das sind ja nicht nur Militäranlagen oder Rüstungsfabriken, sondern auch Brücken und Autobahnen, denn über Deutschland läuft die Versorgung und der Nachschub der NATO-Truppen in Osteuropa.
All diese Spannungen werden seit 10 Jahren von den westlichen Mainstream-Medien systematisch geschürt. Sie betreiben eine Hetze gegen Russland, wie wir sie bisher nur aus der Zeit vor den beiden anderen Weltkriegen kannten – auch das übrigens ein Beleg dafür, dass ein langer Krieg gegen Russland geplant ist. Ich werde diese angebliche Berichterstattung jedoch nicht weiter thematisieren, weil sie nur Kriegspropaganda ist. Dass sich unsere Leitmedien dafür hergeben, ist für mich, der ich seit 46 Jahren als Journalist tätig bin und in dieser Zeit über 10 Jahre lang Tausende von jungen Journalisten auf Journalistenschulen ausbilden durfte, die größte Enttäuschung meines beruflichen Lebens.
Umso wichtiger ist es, dass der absolute Grundsatz journalistischer Arbeit »audiatur et altera pars« – frei übersetzt: »auch die andere Seite soll gehört werden« – wenigstens in diesem Buch seinen Ausdruck findet. Sie werden daher einige Zitate von Wladimir Putin, aber auch von russischen Militärs und Politikwissenschaftlern lesen, die Sie überraschen werden, weil Sie sie vermutlich vorher noch nie zu Gesicht bekommen haben. Sie werfen ein neues Licht auf die Ereignisse des Kriegsjahrs 2024, die ich im vierten Kapitel zusammengefasst habe. Sie zeigen eine stetige militärische Eskalation vonseiten der westlichen Ukraineunterstützer.
Wie geht es nun weiter? Wird Deutschland gar Bodentruppen in die Ukraine entsenden? Wird das Land selbst russisches Kriegsziel? Wie könnte sich der Krieg ausweiten? Diesen Fragen gehe ich im fünften Kapitel nach. Ich stelle einige Kriegsszenarien vor und entwickle dann aufgrund der bis dahin genannten Fakten ein eigenes Szenario, das die Rolle Deutschlands in diesem sich entfaltenden Krieg beschreibt.
Wie können wir uns vorbereiten? Können wir uns schützen? Ich habe Ihnen im sechsten Kapitel ein paar Tipps zusammengestellt. Dabei geht es um Vorräte, den Krisenrucksack und andere Vorkehrungen, die Sie für den Fall der Fälle treffen sollten.
Nach all den dargelegten Fakten wird zum Schluss die Frage zu beantworten sein, ob es noch ein Zurück gibt – mit anderen Worten, ob sich eine noch größere Ausweitung des Krieges vermeiden lässt.
In einem Buch über den Dritten Weltkrieg in Europa darf auch nicht fehlen, dass verschiedenste Medien und Propheten aus dem mitteleuropäischen Raum Visionen hatten, die den Ablauf dieses Krieges genau beschreiben. Das ist zwar kein gesichertes Faktenwissen, es ist jedoch verblüffend, wie sehr die Seher in ihren Vorhersagen übereinstimmen. Aber weil das Prophezeite nicht verifizierbar ist, habe ich es in den Anhang verbannt.
Wenn Sie in einzelne Aspekte des Krieges tiefer eintauchen und nach weiteren Informationen Ausschau halten wollen, finden Sie diese in den Endnoten. Sie können auch die Literaturliste und das Verzeichnis transatlantischer und empfehlenswerter Websites zu Rate ziehen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Entdecken neuer Zusammenhänge. Nur Information kann uns helfen, den Überblick und die Ruhe zu bewahren und uns nicht von den offiziellen Fake News verwirren zu lassen. Angst war noch nie ein guter Ratgeber. Mit der entsprechenden Information können wir uns furchtlos der Realität stellen.
Auf den ersten Blick scheint die Frage, wer die Akteure des neuen Weltkriegs sind, leicht zu beantworten zu sein: die USA mitsamt ihren NATO-Verbündeten auf der einen und Russland auf der anderen Seite. Dass die Regierungen dieser Länder nicht die wirklichen Entscheider sind, wird am Ende dieses Kapitels Thema sein. Halten wir zunächst aber fest: Die Regierungen des Westens und die Regierung Russlands stehen sich als Kontrahenten gegenüber.
Doch warum? Warum bestehen die USA darauf, dass die Ukraine in die NATO aufgenommen wird, obwohl dieser Schritt die Sicherheit Russlands bedroht? Warum will Washington, dass Moskau auf dem Schlachtfeld verliert?
Ich möchte im Folgenden versuchen, diese Fragen zu beantworten. Denn wenn wir die schriftlich festgehaltenen Absichten der beiden gegnerischen Parteien untersuchen, ergeben sich eindeutige Antworten.
Mitte der 1980er-Jahre machte ich einen Ausflug in die Filmwelt in Los Angeles. Um die Kunst des Drehbuchschreibens zu erlernen, besuchte ich einige Kurse, die die dortige Universität (UCLA) zu diesem Thema anbot. In diesen Seminaren wurde uns immer wieder eingehämmert: Die wichtigste Frage, die wir uns stellen sollten, sei die, was die hidden agenda der Geschichte sei. Anders ausgedrückt: Welche möglicherweise geheimen Absichten stecken wirklich hinter den Handlungen der Akteure?
Genau dieser Frage müssen wir nachgehen, wenn wir die tatsächlichen Ziele der beiden Kontrahenten, den Staaten der NATO und Russland, in diesem explodierenden Konflikt herausfinden wollen.
Beginnen wir mit den USA. Warum stehen sie Russland feindlich gegenüber? Was sind ihre wahren Absichten? Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir uns auf die Suche nach Indizien machen. Dabei entdecken wir, dass die USA sich ihr Ziel schon vor fast 30 Jahren klar gesteckt hatten: die »einzige Weltmacht« zu sein.
Mit ihren 9,83 Millionen Quadratkilometern Fläche und ihren etwa 322 Millionen Einwohnern sind die Vereinigten Staaten von Amerika (nach Russland und Kanada im ersten und nach China und Indien in zweiten Fall) der drittgrößte Staat der Erde. Durch ihre geopolitisch einzigartige Lage zwischen zwei Ozeanen im Osten und Westen und zwischen zwei weit unterlegenen Nachbarn – Kanada im Norden und Mexiko im Süden – konnte sich die historisch sehr junge Nation zur Weltmacht Nummer eins emporschwingen und das frühere Imperium Großbritanniens beerben. Wie ihrem Vorgänger gelang auch den USA der Griff nach der Weltherrschaft durch die Beherrschung der Meere. Diese Dominanz wird seit Kurzem von den beiden Landmächten China und Russland herausgefordert.
Doch die unipolare Weltordnung mit den USA als »einziger Weltmacht« aufzugeben kommt für diese nicht infrage. Das zeigen die momentanen Entwicklungen in der Welt, die sich im Übrigen schon seit Ende des Zweiten Weltkriegs abzeichneten.
Zbigniew Brzeziński (1928–2017) hat mit seinem 1997 erschienenen gleichnamigen Buch diesen Begriff geprägt. 6 Als Berater der Präsidenten John F. Kennedy, Lyndon B. Johnson, Jimmy Carter, Bill Clinton und Barack Obama (alle Angehörige der Demokraten) war er vermutlich der einflussreichste Ideengeber in Washington.
Seit der Auflösung der Sowjetunion am 31. Dezember 1991 sei die USA die einzig verbliebene Weltmacht, postuliert Brzeziński. Bezeichnend ist, dass das US-Verteidigungsministerium bereits am 18. Februar 1992, also kurz nach dem Ende der Sowjetunion, einen Leitfaden zur Verteidigungsplanung mit dem Titel »Defense Planning Guidance« entwarf. Darin heißt es: »Unser erstes Ziel ist es, den (Wieder-)Aufstieg eines neuen Rivalen zu verhindern.« Die entwickelten Industrieländer müssten davon abgehalten werden, »unsere Führungsrolle infrage zu stellen oder zu versuchen, die etablierte politische und ökonomische Ordnung umzustürzen. Und schließlich müssen wir […] mögliche Konkurrenten davon abschrecken, eine größere regionale und globale Rolle auch nur zu erhoffen.« Es werde in Zukunft für die USA darum gehen, »der Beherrschung von Schlüsselregionen durch eine feindliche Macht zuvorzukommen«. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei die »Integration Deutschlands und Japans in ein von Amerika geführtes System kollektiver Sicherheit«. 7 Dass diese beiden Länder im Zentrum des amerikanischen Interesses stehen, wird im weiteren Verlauf dieser Untersuchung deutlich werden.
5 Jahre später gründeten Donald H. Rumsfeld und Richard B. Cheney in Washington ein Komitee namens Project for the New American Century (PNAC, »Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert«). Es galt als Initialzündung für einen neuen Rüstungsboom, denn der militärisch-industrielle Komplex der USA war nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in eine große Schieflage geraten. 8 Im Grundsatzprogramm des PNAC heißt es, Ziel dieser »nicht kommerziellen Ausbildungsorganisation« sei es, »die weltumspannende Führerschaft der USA zu fördern«. Dieses Ziel könne aber nur dann erreicht werden, wenn die amerikanischen Streitkräfte »heute und in Zukunft über die weltweit herausragendsten militärischen Fähigkeiten« verfügten. Die Welt des 21. Jahrhunderts sei – »im Augenblick jedenfalls – eindeutig unipolar, mit Amerika als der einzigen Supermacht der Welt«. 9
Die wichtigsten Akteure des PNAC waren sein Mitbegründer Richard Perle, Berater von George W. Bush 2001–2003, und der Journalist Robert Kagan, von dem gleich noch einmal die Rede sein wird. Das PNAC gehörte zu einem weitreichenden neokonservativen Netzwerk von Denkfabriken, Medien, Bildungseinrichtungen, Stiftungen und Werbe- beziehungsweise PR-Agenturen. 10 Vorsitzender war der Publizist William Kristol, Herausgeber des Weekly Standard, und Mitglieder waren unter anderem: Dick Cheney, Vizepräsident von George W. Bush 2001–2009; Donald Rumsfeld, Verteidigungsminister 1975–1977 und 2001–2006; Paul Wolfowitz, stellvertretender Verteidigungsminister 2001–2005 und Weltbankdirektor 2005–2007; Richard Armitage, Vizeaußenminister 2001–2005; der bereits erwähnte Präsidentenberater Richard Perle; Zalmay Khalilzad, Botschafter in Afghanistan 2003–2005, im Irak 2005–2007 sowie bei den Vereinten Nationen 2007–2009; Jeb Bush, ehemaliger Gouverneur von Florida, Bruder des Ex-Präsidenten George W. Bush und Präsidentschaftskandidat der Republikaner 2016; der ehemalige CIA-Direktor James Woolsey sowie der Politologe Francis Fukuyama, der so begeistert von der Idee der USA als einziger Weltmacht war, dass er in seinem 1992 erschienenen Bestseller über das jetzt erreichte Endeder Geschichte schrieb. Zu den Unterzeichnern des Grundsatzprogramms des PNAC gehörte auch Steve Forbes, Herausgeber des Forbes Magazine.
Ich habe diese Namen aufgezählt, damit deutlich wird, wie hochkarätig besetzt und dementsprechend einflussreich das PNAC war. Dennoch wurde es im Jahr 2006 aufgelöst. Die 2009 gegründete Foreign Policy Initiative gilt als Nachfolgeorganisation des PNAC, dessen Vorstand der bereits erwähnte und später noch einmal beleuchtete Robert Kagan ist.
Wie weit die Ideen des PNAC reichten, sehen wir an einer außenpolitischen Grundsatzrede, die Barack Obama am 28. Mai 2014 in der Militärakademie in West Point (des Staates von New York) gehalten hat. »Amerika muss auf der Weltbühne immer führen. Wenn wir es nicht tun, tut es kein anderer«, sagte der damalige US-Präsident. »Isolation ist keine Option.« Und das Militär sei »das Rückgrat dieser Führerschaft«, fügte er hinzu, »unser Militär hat kein gleichwertiges Gegenüber«. Doch die Vereinigten Staaten sollten ihren Führungsanspruch nicht nur militärisch geltend machen, erläuterte er, denn die Stellung der USA sei fast noch nie so stark gewesen wie gegenwärtig. 11
Diese »einzige Weltmacht« sei jedoch gefährdet, sagt ein anderer Vordenker. Er hieß Samuel Huntington, war Politikwissenschaftler, Präsidentenberater und einer der wichtigsten Geostrategen der USA. Sein Buch Kampf derKulturen hatte 1997 für Furore in den USA und der ganzen Welt gesorgt. Ich habe Huntington, der 2008 starb, 1998 persönlich kennengelernt und mir von ihm sein Denkmodell erklären lassen. Da ich es in meinem Buch Am Vorabend des DrittenWeltkriegs12 ausführlich vorgestellt habe, möchte mich hier nur auf ein paar wenige Grundgedanken beschränken.
Huntington geht von zwei sich gegenseitig bedingenden Annahmen aus: einerseits dem Machtschwund des Westens und andererseits dem Erwachen aller anderen Kulturen. Er glaubt, dass nach jahrhundertelanger westlicher Dominanz, nach Kolonialismus und Imperialismus – Zeiten, in denen zunächst Europa und später vor allem die USA die Welt nach ihrem Belieben gestalten konnten – sich die Expansionsphase des Westens langsam ihrem Ende zuneigt. Zwar behält der Westen seine eklatante Vormachtstellung momentan noch, doch das Bild trügt, denn das Ressentiment gegen sie wird von allen Seiten immer größer.
Sehr viele Fakten weisen darauf hin, dass die Dominanz des Westens bald der Vergangenheit angehört. Vergleicht man die westlich dominierte Fläche bis 1993 mit dem Höhepunkt der Machtausdehnung um 1920, so stellt man fest, dass sie sich quasi halbierte. Dagegen versechsfachte sich die vom Islam beherrschte Fläche. Ähnliches zeichnet sich bei den Bevölkerungszahlen ab. Bis 1900 kam knapp ein Drittel der Weltbevölkerung aus dem Westen. Inzwischen sind es gerade einmal knapp über 10 Prozent, und die Zahl wird Berechnungen zufolge weiterhin abnehmen.
Aber nicht nur die Anzahl der nicht westlichen Menschen nimmt zu, auch ihre Ausbildung wird immer besser und damit ihre Fähigkeit, mit den Westlern zu konkurrieren. Dabei darf man auch die hohen Geburtenraten und das niedrige Durchschnittsalter von Chinesen, Indern und dem Islam angehörenden Menschen nicht vergessen. Huntington nennt sie zynisch »künftige Arbeiter und Soldaten«. Inzwischen kommen nicht westliche Volkswirtschaften den westlichen bedrohlich nahe und überflügeln sie sogar. Schon 1991 zählte man zu den sieben größten Volkswirtschaften vier, die nicht dem Westen angehörten (Japan, China, Russland, Indien), und dieser Trend setzt sich fort, hauptsächlich zugunsten der asiatischen Länder.
Diese Fakten sprechen für Huntingtons These, bisher unterdrückte Kulturen würden wieder Vorderhand gewinnen. Folglich stellt sich der Clinton-Berater die Frage: Kann der Westen sich erneuern, oder wird anhaltende innere Fäulnis sein Ende und/oder seine Unterordnung unter andere, wirtschaftlich und demografisch dynamischere Kulturen beschleunigen?
In diesem Zusammenhang muss ich noch einmal auf Zbigniew Brzeziński zurückkommen, die graue Eminenz unter Amerikas Globalstrategen. Als Sicherheitsberater von Präsident Carter (1977–1981) befürwortete er die Unterstützung der Mudschahedin in Pakistan und Afghanistan, unter anderem durch die Finanzierung der vom pakistanischen Geheimdienst, der CIA und dem britischen MI6 geleiteten Trainingslager – nebenbei bemerkt 6 Monate vor dem russischen Einmarsch. 13
Nach dem Ende von Carters Regierungszeit war Brzeziński Professor für Politikwissenschaft mit einem Schwerpunkt auf internationalen Beziehungen an der Columbia University in New York. Und er hatte einen Studenten, der inzwischen berühmt ist: Barack Obama.
Brzeziński zufolge ist die Vorherrschaft der USA die Voraussetzung für Wohlstand und Demokratie in der Welt. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse »die einzige Weltmacht« der Welt ein globales Ordnungssystem verpassen.
Auch hier möchte ich nur eine kurze Zusammenfassung seiner Gedanken geben, weil ich Brzeziński bereits in früheren Büchern ausführlich zitiert habe.
Brzeziński spricht von Eurasien als Machtzentrum der Welt, in dem die USA ihre globale Vormachtstellung behaupten müssten. Es gelte »das Gebot, keinen eurasischen Herausforderer aufkommen zu lassen, der den eurasischen Kontinent unter seine Herrschaft bringen und damit auch für Amerika eine Bedrohung darstellen könnte«. 14
»Eine Macht, die Eurasien beherrscht, würde über zwei der drei höchstentwickelten und wirtschaftlich produktivsten Regionen der Erde gebieten. […] Nahezu 75 Prozent der Weltbevölkerung leben in Eurasien, und in seinem Boden wie auch seinen Unternehmen steckt der größte Teil des materiellen Reichtums der Welt. Eurasien stellt 60 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts und ungefähr drei Viertel der weltweit bekannten Energievorkommen.« 15
Und Brzeziński zitierte immer auch gerne den Nestor der britischen Geopolitik, Harold Mackinder, der gesagt haben soll: »Wer über Osteuropa herrscht, beherrscht das Herzland [Russland, Anm. Verf.]. Wer über das Herzland herrscht, beherrscht die Weltinsel [Eurasien, Anm. d. Verf.]. Wer über die Weltinsel herrscht, beherrscht die Welt.«
Die Dominanz auf dem gesamten eurasischen Kontinent, so Brzeziński weiter, müsse das geostrategische Ziel der USA sein. Auf dem Weg dahin gelten drei »große Imperative imperialer Geostrategie: Absprachen zwischen den Vasallen zu verhindern und ihre Abhängigkeit in Fragen Sicherheit zu bewahren, die tributpflichtigen Staaten fügsam zu halten und zu schützen und dafür zu sorgen, dass die ›Barbaren‹völker [Schreibweise Brzezińskis] sich nicht zusammenschließen«. 16 Europa müsse »ein amerikanisches Protektorat bleiben, dessen alliierte Staaten an Vasallen und Tributpflichtige von einst erinnern«. 17
Eine zentrale Rolle spiele dabei Deutschland als stärkste europäische Kraft, das »sicherheitspolitisch auf eine enge Bindung an Amerika nicht verzichten kann«. 18
Die europäische Einigung sei für die USA von größter Bedeutung, denn mit jeder Osterweiterung der EU erweitere sich automatisch die Einfluss- und Machtsphäre der USA in Richtung Osten. Allerdings habe mit der Osterweiterung der EU auch eine entsprechende Erweiterung der NATO einherzugehen: »Sie ist für die transatlantische Verbindung von entscheidender Bedeutung. […] Ohne die NATO würde Europa nicht nur verwundbar werden, sondern fast augenblicklich auch politisch in seine Einzelstaaten zerfallen. […] Sollte die von den Vereinigten Staaten in die Wege geleitete NATO-Erweiterung ins Stocken geraten, wäre das das Ende einer umfassenden amerikanischen Politik für ganz Eurasien.« 19
Ein russisch dominiertes eurasisches Imperium sei zu verhindern: Keine Macht außerhalb des bestehenden transatlantischen Systems habe ein Vetorecht gegen die Teilnahme eines geeigneten europäischen Staates in dem europäischen System — und mithin in dessen transatlantischem Sicherheitssystem. 20
Um die Vorherrschaft über Eurasien zu erringen, müssten die USA nach Brzeziński die sogenannten »geopolitischen Dreh- und Angelpunkte« kontrollieren: »Die Ukraine, Aserbaidschan, Südkorea, die Türkei und der Iran stellen geopolitische Dreh- und Angelpunkte von entscheidender Bedeutung dar.«
Zur Ukraine schrieb er damals: »Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt, weil ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung Russlands beiträgt. Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr. […]
Wenn Moskau allerdings die Herrschaft über die Ukraine mit ihren [damals, Anm. d. Verf.] 52 Millionen Menschen, bedeutenden Bodenschätzen und dem Zugang zum Schwarzen Meer wiedergewinnen sollte, erlangte Russland automatisch die Mittel, ein mächtiges, Europa und Asien umspannendes Reich zu werden. Verlöre die Ukraine ihre Unabhängigkeit, so hätte das unmittelbare Folgen für Mitteleuropa und würde Polen zu einem geopolitischen Angelpunkt an der Ostgrenze eines vereinten Europas werden lassen.«
Brzezińskis 2004 erschienenes Buch The Choice: Global Domination or Global Leadership (auf Deutsch: »Die Wahl: Globale Vorherrschaft oder Globale Führung«) hat der Washington-Post-Kolumnist David Ignatius als das »außenpolitische Manifest« von US-Präsident Obama bezeichnet. 21 Leider liegt noch keine deutsche Übersetzung vor. Ich möchte aber seine Grundgedanken kurz vorstellen.
In einigen Passagen dieses Werks wird Brzeziński noch deutlicher als in Die einzige Weltmacht. Die amerikanische Außenpolitik müsse sich aus den Verstrickungen im arabisch-islamischen Raum befreien und sich auf die aufstrebenden Mächte Russland und China konzentrieren. Beide Länder, so fordert der Autor, müssten, da sie die geopolitischen Hauptkonkurrenten der USA seien, gegeneinander ausgespielt und auf diese Weise als Machtfaktoren ausgeschaltet werden. Gelänge dies, hätten die USA die Weltherrschaft für das nächste Jahrhundert. Dazu sei es erforderlich, China durch verlockende Angebote aus dem russisch-zentralasiatisch-chinesischen Bündnis der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) herauszulösen und den russischen Einflussbereich zurückzudrängen und in einen amerikanischen umzuwandeln.
Der Plan einer militärischen Besetzung einiger Länder (Afghanistan, Irak) sei gescheitert. Um den US-amerikanischen Einfluss in Eurasien auszuweiten, habe nun die von Europa ausgehende Osterweiterung der NATO Priorität. Diese Osterweiterung der NATO ist in der Ukraine zu einem Halt gekommen. Denn Russland will das nicht gestatten.
Aber Brzeziński hat nicht die neuen strategischen Ziele der USA erwähnt, die den Ukrainekrieg in ein anderes Licht tauchen. Wie immer finden wir Informationen über diese Strategie bei der RAND Corporation. Von der U.S. Air Force im Kalten Krieg als geostrategisches Analysezentrum gegründet, verwandelte sich diese gigantische Denkfabrik im Laufe der Zeit zu einem der einflussreichsten Zentren der Washingtoner Politik, das mit dem militärisch-industriellen Komplex eng zusammenarbeitet und großzügig von ihm finanziert wird.
RAND hat in vielen Verlautbarungen vor dem Zusammenbruch der »worldwide dominance« (»weltweiten Dominanz«) der USA gewarnt und betont, dass dieser Weltmachtanspruch der USA nur dann durchgesetzt werden kann, wenn die USA den eurasischen Kontinent, also Europa, Asien und den Nahen Osten, kontrollieren. Hauptgegner für die USA sei China, weil China wirtschaftlich viel mächtiger sei als Russland und für die USA eine echte Konkurrenz darstelle. Doch um China besiegen zu können, müsse zuerst Russland ausgeschaltet werden, weil China ohne russische Rohstoffe verwundbar werde. Gleichzeitig könne man die Öltransporte aus dem Persischen Golf nach China unterbinden.
Und hier kommt der Ukrainekonflikt ins Spiel, dessen Eskalation die USA Ende 2021 und Anfang 2022 mit aller Kraft betrieben haben. Damals hofften die westlichen Experten, Russland werde innerhalb von ein paar Monaten unter der Last der Sanktionen zusammenbrechen. Dann hätten die USA eine neue, prowestliche russische Regierung oder leicht kontrollierbare, kleine Nachfolgestaaten dazu bringen können, sich von China abzuwenden. Und danach wäre der Weg für die USA frei gewesen, China in einem totalen Wirtschaftskrieg anzugreifen und seine Wirtschaft zu schwächen oder sogar zu zerschlagen. Wie wir wissen, ist dieser Plan krachend gescheitert.
Die RAND Corporation ist auf diese neuen geopolitischen Fakten eingegangen. In einem Interview am 3. Juli 2024 erklärt die RAND-Mitarbeiterin Ann Marie Dailey die Ziele der USA folgendermaßen:
Es gibt Leute in Washington, die sagen, dass wir die Ukraine nicht weiter unterstützen können, weil dies unsere Fähigkeit untergräbt, uns auf China vorzubereiten. Aber wenn wir uns auf einen möglichen zukünftigen Konflikt mit China vorbereiten, gibt es zwei Welten, in denen wir diesen austragen könnten:
Die eine ist eine Welt, in der die Ukraine verliert. In dieser Welt werden alle unsere europäischen Verbündeten sich darauf konzentrieren, sich vor dem nächsten Angriff aus Russland zu schützen. Die USA werden diplomatisch isolierter sein, weil diese 31 NATO-Verbündeten viel mehr um ihre eigene Sicherheit besorgt sein werden als darum, den USA im Kampf gegen China zu helfen.
Die andere Welt ist eine, in der die Ukraine gewinnt. Dann haben Sie eine Ukraine, die die größte und fähigste Armee in Europa sein wird und als Bollwerk gegen russische Aggressionen dient. Die siegreiche Ukraine gibt den USA eine starke europäische Flanke im Osten. Dort haben wir Länder, die nicht nur von ihrer eigenen Sicherheit überzeugt sind, sondern auch von der kollektiven Fähigkeit der NATO, Aggressionen abzuschrecken und zu besiegen. Sie werden eher bereit sein, uns beizustehen, wenn sich die USA in einem Krieg im Indopazifik befinden. Die Vorstellung, dass die Hilfe für die Ukraine uns dabei behindert, uns auf einen Krieg mit China vorzubereiten, bedeutet, die Welt als flach zu sehen, obwohl sie rund ist. 22
Noch einmal: Die Ukraine muss nur deshalb weiterhin gegen Russland unterstützt werden, damit die USA nach einem ukrainischen Sieg gegen Russland ihren Kampf gegen China aufnehmen und gewinnen können. Wenn Russland in der Ukraine eine strategische Niederlage erleidet, besteht auch die Möglichkeit, Russland als Staat zu zerschlagen. Und durch einen solchen Krieg wird Europa eng an die USA gebunden.
Noch deutlicher und eindeutiger als Brzeziński oder RAND wurde George Friedman in seinen Beobachtungen. Er ist Direktor von Stratfor (Strategic Forecast, zu Deutsch »Strategische Vorhersage«), einer Legende der US-Beratungsindustrie, die das US-Außenministerium, das US-Verteidigungsministerium, Hedgefonds-Manager und Finanzoligarchen berät. Welch enormen Einfluss diese Denkfabrik hat, lässt sich an ihrer Rednerliste nachvollziehen, denn die reicht von Kennedy, Kissinger, Mubarak, Thatcher, Kohl und Shamir bis Obama.
Interessanterweise war Friedman nicht bewusst, dass er gefilmt wurde, während er am 4. Februar 2015 vor dem Chicago Council on Global Affairs klare Worte sprach. Der Film kam über Wikileaks an die Öffentlichkeit. »Das erstrangige Interesse der Vereinigten Staaten, wofür wir über Jahrhunderte hinweg Krieg geführt haben«, sagte Friedman auf eine Frage aus dem Publikum, »waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland«. Seit einem Jahrhundert sei das Hauptziel der Vereinigten Staaten, zu verhindern, dass »deutsches Kapital und deutsche Technologie mit russischer Arbeitskraft und russischen Ressourcen kooperieren«. Denn vereint seien sie die einzige Macht, die die USA bedrohen könne, und es solle sichergestellt werden, dass dies nicht geschieht. Die USA seien dabei, »einen ›Cordon sanitaire‹ [Sicherheitsgürtel, Anm. d. Verf.] um Russland herum aufzubauen. Und Russland weiß das. Russland glaubt, die USA beabsichtigen, die Russische Föderation zu zerschlagen. Ich denke, wir wollen sie nicht töten, sondern nur etwas verletzen.« 23
Dann kam Friedman auf die geostrategische Ausrichtung der USA zu sprechen:
»Die USA haben das fundamentale Interesse, alle Ozeane der Welt zu kontrollieren. Keine Macht hat das jemals getan. Aus diesem Grund intervenieren wir weltweit bei den Völkern, aber sie können uns nicht angreifen. Das ist eine schöne Sache.« Diese Kontrolle über die Ozeane und das Weltall seien die Grundlage der Macht der USA. »Der beste Weg, die feindliche Flotte zu besiegen, ist, zu verhindern, dass diese gebaut wird.« Ähnlich seien die Briten vorgegangen. Und die sicherste Methode, um sicherzustellen, dass keine europäische Macht eine Flotte baut, sei, die Europäer in einen Kampf miteinander zu verwickeln. 24
Folglich empfiehlt Friedman den USA eine Geopolitik, wie sie Ronald Reagan im Iran und im Irak angewendet hat. »Er unterstützte beide Kriegsseiten, sodass sie gegeneinander kämpften und nicht gegen uns. Es war zynisch, es war nicht moralisch vertretbar, aber es funktionierte.« Die Vereinigten Staaten seien nicht in der Lage, ganz Eurasien zu okkupieren, da ihre Streitkräfte zahlenmäßig unterlegen seien. »Aber wir sind in der Lage, […] die gegeneinander kämpfenden Mächte zu unterstützen, damit sie sich auf sich selbst konzentrieren können.« Zu dieser Unterstützung gehörten politische, finanzielle und militärische Mittel. Hier findet sich übrigens eine interessante Parallele zu den Ereignissen und Entwicklungen vor 1914 und 1939, als Großbritannien ähnliche Aktionen unternahm, Stützpunkte ausbaute und neue Allianzen schmiedete, um auf einen Krieg hinzuarbeiten, in dem sich die beiden damaligen Konkurrenten Deutschland und Russland gegenseitig ausschalten sollten. Zur Illustration seien hier zwei Zitate von Winston Churchill angeführt:
»Das unverzeihliche Verbrechen Deutschlands vor dem Zweiten Weltkrieg war der Versuch, seine Wirtschaftskraft aus dem Welthandelssystem herauszulösen und ein eigenes Austauschsystem zu schaffen, an dem die Weltfinanz nicht mitverdienen konnte«, sagte Churchill nämlich 1938 zu Lord Robert Boothsby. 25 Und Emrys Hughes hat uns noch eine weitere Aussage von diesem Staatsmann überliefert: »Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass dieser Krieg nicht gegen Hitler oder den Nationalsozialismus geht, sondern gegen die Kraft des Deutschen Volkes, die man für immer zerschlagen will, egal, ob sie in den Händen Hitlers oder eines Jesuitenpaters liegt.« 26
Einen weiteren Hinweis liefert das Buch Machtund Ohnmacht, das der außenpolitische Vordenker des amerikanischen Neokonservativismus, Robert Kagan, im Jahr 2003 veröffentlicht hat. Kagan ist uns bereits als einer der Hauptakteure des »Projekts für das neue amerikanische Jahrhundert« (PNAC) begegnet. In seinem Buch nennt er die westlichen Staaten eine Sphäre des Friedens, der Diplomatie, des Rechts, der Gültigkeit von Verträgen und des Wohlstandes, behütet von der militärischen Stärke der USA. In der zweiten Sphäre dagegen herrsche die nackte Gewalt und damit das Recht des Stärkeren. Und hier, in dieser wirklichen Welt der Machtpolitik, finde das Würfelspiel der großen Mächte und ihrer imperialen Interessen um die globale und regionale Machtverteilung im 21. Jahrhundert statt.
In seinem 2008 erschienenen Buch Die Demokratie und ihre Feinde erweist sich Kagan, der auch als Autor für die Washington Post, New Republic, World Affairs und den Weekly Standard erheblichen Einfluss hat, als sehr weitblickend. Seiner Meinung nach zeigen die globalen Spaltungen zwischen dem Club der Autokraten und der Achse der Demokratie, dass von einer internationalen Gemeinschaft keine Rede mehr sein kann. Die Weltpolitik von morgen werde zunehmend von Spannungen zwischen dem transatlantischen Bündnis und Russland bestimmt werden. Die westlichen Demokratien müssten sich zu einem Bund von Demokratien zusammenschließen und eine Liga demokratischer Staaten ins Leben rufen.
Dieser »Bund der Demokratien« gebe dann, wie Kagan am 6. August 2007 in der Washington Post schreibt, den USA das Recht, militärische Macht einzusetzen, wenn zwei Drittel der Mitgliedsländer dies befürworten. Der UN-Sicherheitsrat wäre damit ausgehebelt. Als Basis dieses Bunds könnte die NATO dienen. 27
In den US-Denkfabriken gibt es Pläne, die über die Ausdehnung der NATO bis an die Grenzen Russlands und das Entfachen militärischer Spannung weit hinausgehen. Die Washingtoner Tageszeitung The Hill und ihre Onlineausgabe gelten als einflussreicher Meinungsbildner in der amerikanischen Hauptstadt, sie werden im Weißen Haus und von den Abgeordneten des Repräsentantenhauses mehr als jede andere Publikation gelesen. Man sollte also beachten, was hier verlautbart wird, ganz besonders, wenn es um Russland geht.
Janusz Bugajski hat in The Hill einen Artikel veröffentlicht, der die Politik Washingtons gegenüber Russland genau beschreibt. Sein Titel lautet »Managing Russia’s dissolution« (auf Deutsch: »Wie man die Auflösung Russlands betreibt«). 28
Janusz Bugajski ist ein hochrangiges Mitglied des Center for European Policy Analysis (CEPA, »Zentrum für Europäische Politikanalyse«), einer einflussreichen Denkfabrik in Washington. Finanziert wird das CEPA vom US-Außenministerium, vom US-Verteidigungsministerium, von der US-Mission bei der NATO, von der – wiederum vom Außenministerium finanzierten – Denkfabrik National Endowment for Democracy und von den größten Rüstungskonzernen wie Raytheon, Bell Helicopter, BAE Systems, Lockheed Martin und Textron. 29 Da Bugajski auch den Vorsitz der Abteilung für die europäische Südzentrale im Foreign Service Institute des US-Außenministeriums innehat, ist Bugajski dem militärisch-industriellen Komplex und dem Tiefen Staat zuzuordnen. Und wenn eine solche Persönlichkeit etwas äußert, dann können wir davon ausgehen, dass dies repräsentativ für die amerikanische außenpolitische Denkrichtung ist.
Sein geradezu fanatischer Hass auf alles Russische verbindet Bugajski mit dem bereits zitierten (verstorbenen) Zbigniew Brzeziński, wenn er darauf drängt. dass der Neoimperialismus Moskaus eingedämmt und der Niedergang Russlands vorangetrieben werden müsse. Als Strategie gegenüber Russland schlägt er vor, die Russische Föderation in Einzelteile zu zerbrechen und aufzulösen. Ziel der USA dürfe nicht die Selbstbestimmung der wegbrechenden russischen Territorien sein, sondern die Annexion dieser durch die Nachbarländer. 30