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Der Drogenkoch – War on Drugs – ist ein Abenteuerroman (Schelmenroman/Satire), der sich das Thema Drogen auf die Fahnen geschrieben hat. Allerdings spielt der Roman in einer Art Paralleluniversum. Um seine Angebetete aus den Fängen eines Zuhälters zu befreien lässt sich der Protagonist Harry zu einem Drogenschmuggel überreden und wird dabei immer wieder in neue Abenteuer verstrickt.
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Seitenzahl: 502
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Alexander Golfidis
Der Drogenkoch
War on Drugs
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
Harry
Fahrt nach Holland
Die verbotenen Drogen
Krieg gegen Drogen in Deutschland
Flucht aus Deutschland
Großbritannien
Bei der Drogenpolizei
Die legalen Drogen
Afghanistan
Indien
Amerika
Mosquitos
Mosquito-Island
War on Drugs in Amerika
Die Insel
Zurück in Holland
Was sonst noch geschah
Epilog
Impressum neobooks
Folgende Geschichte handelt von einer Welt, ähnlich der unseren, nur, dass sie sehr, sehr weit entfernt ist.
Galaxien und abermals Galaxien fern, mit modernsten Techniken und Teleskopen nicht sichtbar, und nur durch eine rückwärtsdrehende Zeit-Raum-Krümmung zu erreichen, findet sich ein Planet, der dem unseren gleicht wie ein Zwilling dem anderen. Als einzig zu benennender Unterschied sei erwähnt, dass die Bevölkerung dort lange nicht so intelligent ist wie auf unserem Planeten.
Man könnte die Bewohner jenes Planeten geradezu als hilflos dumm bezeichnen.
Auf diesem Planeten herrschte ein vollkommenes Durcheinander. So war zum Beispiel die Bevölkerung des einen Landes der Überzeugung, ein anderes Land und die dortigen Bewohner lägen mit ihren Ansichten falsch. Andere Länder dachten ebenso und so setzte sich diese Denkweise rund um den ganzen Globus fort.
Mit der Politik verhielt es sich nicht anders. Die eine politische Richtung war der Ansicht, nur ihr Modell tauge etwas und alles andere wäre verkehrt.
Und bei den Religionen war es genauso dasselbe. Jede Glaubensrichtung schwor darauf, dass nur ihr Gott der Wahre sei, und versuchte die anderen zu bekehren oder als Ungläubige hinzustellen. Wobei die Gegenseite allerdings genauso argumentierte und wiederum die Andersgläubigen zur Einsicht bringen wollte. Und so gab es auf diesem Planeten ein ewiges Gestreite – ein ständiges Auf und Ab – ein permanentes Hin und Her – und ein fortwährendes Geprotze und furchtbares Bekriegen, Traktieren und Unterwerfen.
Es war die reinste Hölle.
Lediglich ein kleines Bergvolk gelangte – vielleicht durch die Nähe zum Himmel – zu der Einsicht, dass das vorwiegende Übel der eigenen Spezies die persönliche Dummheit des Individuums sei. Sie nahmen sich vor, so lange in sich zu gehen, bis sie sich von dem Übel der Dummheit – die sie vornehmlich in Gier, Hass und Verblendung aufgliederten – befreien konnten. Doch auch dieses Bergvolk wurde bald von einem anderen, weitaus mächtigeren Volk überfallen, geschunden und unterworfen. So geriet die Bestrebung, der Dummheit eines Tages Herr zu werden, vollkommen in Vergessenheit.
In dieser fernen Welt, weitab der unseren, hat man aus persönlichen, ideellen, politischen und wirtschaftlichen Interessen – sowie einem gehörigen Mangel an Einfallsreichtum und Weitsicht – die einen psychoaktiven Substanzen verboten und die anderen erlaubt.
»Los! klau es ihm!«, flüsterte Patrick, der sich ebenso wie Harry um das Schreibpult des Lehrers gedrängt hielt, während der Rest der Klasse herumalberte. »Jetzt merkt es niemand!«, hauchte er Harry anstachelnd ins Ohr. Sie hatten gerade Drogenaufklärung an ihrer Schule. Der Referent, ein Polizist des Drogendezernats, war mit einem Schüler ins Ertse-Hilfe-Zimmer unterwegs, da es dem Schüler beim Anblick einer Spritze schlecht geworden war. Der Koffer mit dem Anschauungsmaterial – eine Sammlung unterschiedlichster Drogen, Glaspfeifen, Bongs und anderer Rauchgeräte – und eben der Spritze – stand unbeaufsichtigt auf dem Lehrerpult.
Drogen waren verboten, das machte sie interessant. Sehr interessant. Zu interessant. Das Verbot verlieh ihnen geradezu eine magische Anziehungskraft.
Blitzschnell brach Harry mit dem Daumennagel ein kleines Stück von einem Haschischbrocken herunter und legte diesen wieder so zurück, dass die abgebrochene Seite nach unten zeigte. Nachdem der Drogenpolizist wieder ins Klassenzimmer zurückgekehrt war, fuhr er mit dem Unterricht fort – ohne zu bemerken, dass ein Stückchen von dem Haschisch fehlte. Er projizierte ein paar Bilder von Drogenopfern mit einem Tageslichtprojektor an die Wand. Während die Klasse das gruselige Foto eines Drogenabhängigen anstarrte, der mit einer Spritze im Arm tot in einer Bahnhofstoilette lag, betrachtete Harry stolz und mit klopfenden Herzen seine Errungenschaft. Unter dem Schultisch hielt er das heruntergebrochene Stück Haschisch in Händen und drehte es aufgeregt in seinen Fingern hin und her. Es war in der Größe eines Kiesels und von goldbrauner Farbe. Unterdessen er es in den Fingern hielt, wurde es weich und ließ sich kneten wie Plastilin, doch sobald er es in das Ablagefach legte, wurde es schnell wieder hart.
Harry, ein lebhafter, siebzehnjähriger, großgewachsener Junge, der gerade vor seinem Abschluss in der Wirtschaftsschule stand, war von durchschnittlicher Erscheinung, ein Junge wie jeder andere, nur die Nase stach etwas aus seinem Gesicht heraus. Sie war kräftig und mit einem dezenten Knick. Beinahe alle männlichen Nachkommen väterlicherseits hatten eine ähnliche Nase – das sei das Markenzeichen der Familie, hatte sein Vater einmal gesagt.
Harry interessierte sich schon länger für Drogen. Mit seinen Eltern konnte er nicht darüber reden. Sein Vater war ein uneinsichtiger Konsument legaler Drogen – Alkohol und Tabak – den die Behörde, er war früher als Beamter tätig, irgendwann in Frührente komplimentiert hatte. Nun verbrachte er seine freie Zeit am Stammtisch seiner Lieblingsgaststätte »Zum sündigen Erpel«, außer samstags, wenn er seinen Mercedes aus der Garage holte und zur Waschanlage fuhr, wo er dann in der Tankstelle versumpfte. Nach Vaters Gewohnheiten hätte Harry die Uhr stellen können. Morgens um sieben Uhr saß er am Küchentisch und las Zeitung, pünktlich gegen zehn Uhr wechselte er vor den Fernseher, wo er die Nachrichten ansah, und nach dem Mittagessen verließ er das Haus und machte sich auf dem Weg zu seinem Stammtisch. Gegen Abend war er wieder rechtzeitig zurück, wenn die Sportschau anfing. Ausnahmen gab es nur, wenn im »Zum sündigen Erpel«, die Liveübertragung eines Fußballspiels stattfand und der Vater erst spät nachts nach Hause wankte.
Harrys Mutter hatte einen Wäsche- und Putz-Tick und verbrachte ihr Leben mit Reinemachen, Bügeln und Wäscheaufhängen. Ihre einzige Sorge galt, dass Harry sauber und ordentlich angezogen zur Schule ging. Deshalb kontrollierte sie morgens, bevor er das Haus verließ, seine Kleidung, zupfte ihm das T-Shirt zurecht oder ließ ihn umdrehen und sich frische Sachen anziehen, wenn sie fand, dass die Jeans oder das T-Shirt zu verwaschen aussahen.
Harry hatte das Thema mit den Drogen ein paar Mal angesprochen, aber nur immer unzureichende Antworten erhalten. »Das macht man nicht«, hatten sie erwidert, »das ist doch verboten!« Mehr wussten die Eltern nicht darüber zu sagen. Sie vertraten die Ansicht, dass wenn etwas verboten sei, es auch seine Berechtigung habe. Und nachdem es einmal Streit über das Thema gegeben hatte, da Harry die Meinung vertrat, Alkohol und Tabak seien genauso gefährlich wie verbotene Drogen – hatten sie empört reagiert. Der Vater hatte entrüstet entgegnet, das sei wohl etwas anderes, und nun waren sie nicht mehr bereit, mit ihm darüber zu diskutieren.
Doch Harry hatte sich mit dieser Antwort nicht zufrieden gegeben.
Und dass alle Leute immer nur legale Drogen guthießen, obwohl an diesen noch viel mehr zugrunde gingen, als an den verbotenen Drogen, fand er ein wenig sonderbar.
Überhaupt ging es in Harrys Welt sehr eigentümlich zu: Alkohol und Tabak wurden allerorts konsumiert. Der Konsum war nicht nur gesellschaftlich toleriert, sondern gehörte oft zum guten Ton. Es durfte sogar dafür geworben werden. Beinahe in jeder Illustrierten fanden sich Anzeigen für Alkohol und Tabak. Auch während Fernsehsendungen wurde zwischendurch Werbung für die legalen Drogen eingeblendet. Genauso lockten sie von Plakatwänden, Hausfassaden und Litfaßsäulen. Und in allen Kiosken, Lebensmittelmärkten und Gaststätten waren Alkohol und Tabak erhältlich. Aus dem gesellschaftlichen Leben waren Alkohol und Tabak nicht wegzudenken.
Verbotene Drogen hingegen erfuhren eine gesellschaftliche Ächtung. Konsumenten wurden als Kriminelle angesehen. Und Händler fast mit Mördern gleichgesetzt. Fand in den Medien eine Berichterstattung über verbotene Drogen statt, waren die Berichte durchgängig negativ gefärbt. Dauerkonsumenten der verbotenen Drogen galten als bemitleidenswerte Kreaturen der niedersten Kategorie. Es wurde ihnen ein schlechter Charakter nachgesagt und gemeinhin war man der Ansicht, dass sie für die Drogen ihre Großmutter verkaufen würden. Sie galten auch als Diebe, obwohl es sich nur um einen verschwindend geringen Teil von ihnen handelte, die sich den Drogenkonsum mit Diebstahl finanzierten. Und es wohl damit zusammenhing, dass die Preise der verbotenen Drogen, infolge des Verbots, nach oben geklettert waren und manche inzwischen so teuer gehandelt wurden wie Gold.
Die Allgemeinheit vertat die Ansicht, dass die die der Versuchung nicht widerstehen konnten und damit anfingen verbotene Drogen zu nehmen, in einen Strudel gezogen würden, der sie in kürzester Zeit zugrunde richtete, und infolge dessen sie als erstes ihren Besitz, dann den Charakter, und nicht selten den Verstand einbüßten. Bis sie schließlich in der Gosse landeten, wo sie dann ein Schicksal als Drogenopfer ereilte und sie tot, mit einer Spritze im Arm, in der Bahnhofstoilette gefunden wurden.
Doch für Harry war das war nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich hatte Harry zwar schon von solchen Fällen gehört. Aber auf der anderen Seite gab es unter den Konsumenten der verbotenen Drogen die coolsten Typen. Oft handelte es sich um Revoluzzer, Musiker, Künstler, Schriftsteller und Schauspieler, die ein aufregendes Leben führten und der bürgerlichen Welt den Stinkefinger zeigten. Einige von ihnen klebten abgelichtet auf Postern in seinem Jugendzimmer an den Wänden.
Auf dem Nachhauseweg gingen Helge und Matje neben Harry. Ein paar Schritte hinter ihnen folgte Patrick, er hatte den beiden zuvor gesteckt, das sich Harry im Unterricht etwas von dem Anschauungsmaterial des Drogenpolizisten geklaut habe, und jetzt brannten sie vor Neugier, ob es stimmte. »Du hast dir wirklich etwas von dem Haschischbrocken heruntergebrochen?«, fragte Matje ungläubig, der dachte, Patrick habe ihn auf den Arm genommen. Nicht ohne ein wenig Stolz hielt Harry den beiden den Brocken Shit entgegen. Ein anerkennendes Raunen entkam ihren Mündern. »Man muss es in Papier drehen«, meinte Helge. Darauf griff sich Patrick das Stückchen und maß es in den Fingern.
»Das reicht wohl nicht für alle!«, sagte er.
»Woher willst du das wissen?«
»Ich habe das bei meinem Bruder gesehen.«
»Dein Bruder raucht so ein Zeug?«
»Ja, schon länger. Aber behaltet das bloß für euch! Sonst kann ich mich auf was gefasst machen!«
»Jaja, schon gut. Hast du etwa auch schon geraucht?«
»Nein. Er hat mich nicht gelassen und meinte, ich sei zu jung dafür.
»Er ist doch selbst kaum zwei Jahre älter als du.«
»Ja schon. Auf alle Fälle habe ich schon oft dabei zugesehen. Und einmal hatte er zu wenig, da sagte er, dass er die Pur-Pfeife nehmen müsse.«
»Und dein Bruder hat so eine Pfeife?«
Patrick nickte.
Kurz darauf saßen alle in Patricks Zimmer. »Ich hab sie gefunden!«, zeigte Patrick das Rauchgerät, das er soeben heimlich aus dem Zimmer seines Bruders entliehen hatte. Es handelte sich um eine etwa zehn Zentimeter lange schwarze Holzpfeife, mit einem Eincentstück großen Pfeifenkopf.
»Ich suche uns mal gute Musik raus«, sagte Matje und wühlte sich bereits durch Patricks CD-Stapel. »Er hat Space Oddity«, rief Matje begeistert und öffnete die CD-Hülle. »Das passt doch hervorragend!«
»Lass mich mal versuchen!«, sagte Patrick und ließ sich den Brocken Haschisch von Harry geben. Mit seinem Daumennagel brach er ein Mini-Stückchen davon herunter und legte es in die Pfeifenöffnung. Matje schob die CD in die Anlage und stellte den Lautstärkenregler auf etwas über Zimmerlautstärke.
Indessen führte Patrick die Pfeife zum Mund und hielt ein Feuerzeug an die Öffnung. Die anderen verfolgten jede Veränderung seiner Mimik, als er mit einem tiefen Zug, wie ein Blasebalg, den Rauch in seine Lungen sog und solange unten behielt, bis ihm die Augäpfel aus dem Kopf zu springen drohten; während der Shit weiß aufglimmte und ein Häufchen Asche übrigblieb. Als er den Rauch nicht mehr halten konnte, stieß er eine gewaltige Rauchwolke aus und ließ sich, ein wenig weiß um die Nase geworden, in den Sessel sinken.
»Alles in Ordnung mir dir?«, fragte Harry besorgt.
»Ich – ich glaube schon«, erwiderte Patrick mit leicht zitternden Lippen und fügte schließlich ein paar Sekunden darauf hinzu, »mir geht es gut!«
Als noch etwas Zeit vergangen war, beugte er sich aus dem Sessel zum Tisch, wo er die Pfeife über dem Aschenbecher ausklopfte. Kurz darauf füllte er sie erneut und reichte sie mit einem Grinsen, das ihm inzwischen nicht mehr aus dem Gesicht wich, an Matje weiter, der ebenfalls das Feuerzeug daran hielt und den Rauch inhalierte. Auch Matje hatte hinterher seltsam nach oben verzerrte Mundwinkel.
Als nächstes kam Helge dran, der kurz darauf dasselbe Grinsen im Gesicht hatte.
Ganz zum Schluss gelangte die Pfeife zu Harry, er musste husten, als er zog, der Rauch hatte ihn im Hals gekratzt.
Nach ein paar weiteren Runden hatte bei allen die Wirkung eingesetzt. Patrick hatte sich so tief in seinen Sessel vergraben, dass seine Nase kaum noch über die Knie ragte. Matje lag auf dem Sofa und schob sich Chips in den Mund. Während es sich Harry und Helge, mit je ein paar Kissen, auf dem Teppichboden bequem gemacht hatten. Die vier waren total high und lauschten fasziniert der Musik, die Matje zuvor aufgelegt hatte. Jetzt lief Ashes to Ashes.
Da begann Patrick plötzlich zu lachen.
»Har-Har-Har … Wenn das der Drogenpolizist wüsste … Har-Har-Har ... Harry hat einem Bullen ein Stück Shit geklaut ... Har-Har-Har!«, grölte er und hielt sich den Bauch. Es war ein ansteckendes Lachen. Patrick lachte so heftig, dass er vom Sessel auf den Boden fiel. Matje, der das komisch fand, fing daraufhin zu lachen an. »Hir-Hir-Hir ... «, gackerte er.
Jetzt ließ sich Helge anstecken. »Hor-Hor-Hor … Hor-Hor-Hor!«, kam ein schnorchelndes Geräusch aus Helges Mund.
Und bald wurden alle von Lachsalven geschüttelt. »Har-Har-Har … Har-Har-Har!«, schüttelte sich Harry während er sich vor lauter Lachen am Boden krümmte.
Am nächsten Tag hatte Harry einen Muskelkater in der Magengegend, weil sie so gelacht hatten. In Harrys Denken war die Erinnerung an den Tag zuvor, das tollste Erlebnis, das er seit Langem gehabt hatte. In sein eintöniges und tristes Leben war etwas Neues gekommen. Es gab verdammt gute Abenteuer und eines davon hatte soeben mit einer verbotenen Droge begonnen.
Jetzt trafen sich die Freunde immer öfter bei Patrick und bald darauf hatten sie auch Richie, Patricks älteren Bruder kennengelernt. Richie war ein lockerer Typ, der keiner geregelten Arbeit nachging und seine Zeit mit Chillen, Party feiern oder nächtelangem Dauerzocken am Computer verbrachte.
Dass sie ihn anziehend fanden, lag nicht nur daran, dass er knapp zwei Jahre älter war, sondern bei ihm waren auch ständig interessante Leute zu Besuch und zumeist auch hübsche Mädchen, was ein weiterer Grund war, ihn regelmäßig zu besuchen. Nun wechselten sie meist, wenn sie bei Patrick waren, nach kurzer Zeit in Richies Zimmer und saßen dann mit ihm und seinen Freunden zusammen. In Richies Zimmer wurde es nie langweilig, irgendwer hatte immer etwas zum Kiffen dabei.
Mal brachte der eine von Richies Freunden etwas mit, mal der andere. Und wenn es mal wirklich nichts gab, legten alle zusammen und fuhren gemeinsam in die Stadt, wo fast immer jemand die entsprechenden Leute kannte.
Nicht nur das Kiffen fanden Harry und seine Freunde toll, sondern auch das ganze Drumherum wirkte wie ein Magnet auf sie: das Verbotene, die konspirativen Treffen, Fahrten in die Stadt und der schon fast rituelle Konsum – all das hatte sie in kürzester Zeit in den Bann gezogen. Und sie wurden auch neugierig auf andere Drogen.
Einmal hatten sie sogar L-S-D genommen und waren dann zwei Stunden an einer Kreuzung im Kreis gelaufen, da sie so fasziniert von den grünen Ampelmännchen waren. Am Schluss hatten sie von Lachsalven geschüttelt auf einem Grünstreifen gelegen. Patrick wollte gesehen haben, wie das grüne Ampelmännchen mit dem roten Ampelmännchen Hand in Hand ging.
Es war eine neue Welt, die sich vor ihnen aufgetan hatte. Die Welt der verbotenen Drogen. Sie lasen sogar Bücher darüber und liehen sie untereinander aus. Sie sahen Filme, die sich mit dem Thema befassten. Und das Hauptgesprächsthema waren zumeist die verbotenen Drogen. Es wurde unterschieden zwischen weichen und harten Drogen.
Die harten Drogen Heroin und Kokain galten als die teuersten, Heroin war sogar zwanzigmal wertvoller als Gold.
Eines Tages hatte Richie Besuch von einem seiner Dealer gehabt – dieser hatte ihm neuen Stoff verkauft. Aber nicht nur das, er hatte ihm auch – gewissermaßen zum Probieren – ein klein wenig Heroin dagelassen.
Für Richie war Heroin nichts Neues. Er hatte es schon ein paar Mal probiert. Obwohl, sobald er über seine Erfahrungen damit sprach, immer jeden davor warnte, dass die Droge gefährlich sei, doch ihm selbst schien das Heroin nichts anzuhaben. Vielleicht war auch das einer der Gründe warum Harry und seine Freunde so neugierig darauf waren.
»Ein bisschen kannst du uns doch geben?«, bettelten Patrick, Helge, Matje und Harry, die davon Wind bekommen hatten. »Es braucht nicht viel sein … einfach so zum probieren.«
»Mann, wisst ihr eigentlich, wie teuer Heroin ist?«, fragte Richie mit vorwurfvoller Stimme.
»Aber du hast es doch auch geschenkt bekommen«, wandte Patrick ein.
»Gib uns halt nur ein klein wenig, muss ja wirklich nicht viel sein«, bettelte Harry, der mitbekommen hatte, dass Richie kurz davor war nachzugeben. Es ging einfach darum, Bescheid zu wissen, um mitreden zu können. Schließlich gab Richie genervt klein bei. »Aber ich gebe euch nur ganz wenig. Jedem nur eine kleine Line!«, sagte er und öffnete widerwillig das Papierbriefchen, das ihm der Dealer als Probe überlassen hatte. Mithilfe eines Messers formte er vier mini Lines auf einem Taschenspiegel zurecht.
»Das sollte reichen«, sagte er, und rollte einen Geldschein zusammen. Der Geldschein ging reihum und die Freunde zogen sich einer nach dem anderen das bräunliche Pulver in die Nase. Dann warteten sie gespannt darauf, was passieren würde.
Die Wirkung des Heroins empfand Harry als atemberaubend: Ein warmes Gefühl strömte von der Körpermitte, sanft in alle Glieder, bis in die Fingerspitzen und zu den Fußsohlen hin – eine Zufriedenheit stellte sich ein, die er nur als Kind kannte. Gestern, heute und morgen verschwanden und wurden zu Einem. Es gab kein Wollen und kein Ablehnen mehr – nur noch ein tief empfundenes Wohlbefinden. Als ob ihn ein Hauch aus dem Paradies berührt hätte.
Einige Monate später hatten die Freunde den Abschluss in der Wirtschaftsschule bestanden. Harry war zwar gerade noch so durchgekommen, aber dennoch hatte auch er mit einer Durchschnittsnote von Vier den Abschluss in der Tasche.
Helge und Matje wollten nach einer kurzen Pause auf eine weiterführende Schule und später studieren. Patrick hatte einen Ausbildungsplatz als Medientechniker an Land gezogen. Während Harry noch nicht so recht wusste, was er werden wollte, und sich deswegen zu einem freiwilligen sozialen Jahr in einer gemeinnützigen Einrichtung entschieden hatte.
Doch bevor der Stress losging, waren erst einmal Ferien angesagt.
Die Freunde kamen auf die Idee, es in den letzten Ferientagen noch einmal so richtig krachen zu lassen. Sie wollten ein paar Urlaubstage in Amsterdam verbringen.
Amsterdam war »Sündenbabel«, »Schwulenmetropole« und »Drogenparadies«, von unzähligen Rucksacktouristen, Globetrottern und Abenteurern – ein funktionierendes Modell einer toleranten und multikulturellen Gesellschaft und die liberalste, kosmopolitische Metropole Europas.
Amsterdam lag in Holland. Holland war ein Land, das nördlich von Deutschland lag – der Heimat von Harry, Patrick, Helge und Matje.
In Holland gab es alle Arten der verbotenen Drogen und eine ganze Menge Drogenkonsumenten. Richie, der schon des Öfteren in Amsterdam war, gab ihnen folgende Adresse mit auf den Weg: AMSTERDAM, ZEEDIJK 19, MAM DEE KEES HOTEL.
Nachdem sie vergebens versucht hatten eine Mitfahrgelegenheit zu erhalten, entschieden sie sich für den Bus. Es war ein heißer Sommertag, doch zu ihrem Glück hatte der Bus Aircondition und die Fahrt ließ sich bei annehmbaren Temperaturen aushalten, während man draußen auf der Straße Spiegeleier braten konnte. Die Freunde hatten den hinteren Teil des Busses in Beschlag genommen und sprangen von Abenteuerlust gepackt immer wieder von ihren Sitzen auf und pressten ihre Nasen an den Scheiben platt, damit ihnen nichts entging. Harry verstand sich mit Patrick am Besten. Oft genügte nur ein Blick, den sich die beiden zuwarfen, um zu wissen, dass sie gleich dachten oder zumindest eine ähnliche Meinung vertraten. Seitdem Patrick Harry zur Seite gestanden hatte, als ihn Punk-Pete vor der Schule verdreschen wollte, schienen die beiden unzertrennlich zu sein.
Punk-Pete, ein enormer Koloss, der sich damit brüstete täglich mehrere Mahlzeiten zu verschlingen, die er meist unter Androhung von Schlägen von den Mitschülern erpresste und daher die ganze Schule terrorisierte, hatte Harry eines Tages aus einem unersichtlichen Grund als Opfer auserkoren. Es war in der siebten Klasse, des letzten Schultages, genau zu Beginn der Sommerferien. Da hatte Punk-Pete Harry dumm angemacht und ihm eine Ohrfeige verpasst. Patrick ging mutig dazwischen und versuchte den Streit zu schlichten. Ein Lehrer wurde aufmerksam. »Was soll denn das?«, stob er die Kontrahenten auseinander. Punk-Pete bekam einen Verweis. Mit knirschenden Zähnen trat er den Heimweg an, aber nicht ohne vorher noch mal die Faust zu erheben. »Nach den Ferien gibt’s Dresche!«, zischte er wutentbrannt und machte sich wie ein Bulldozer davon.
Während der Ferien war Harry von Ängsten geplagt. Er war ein kühler Rechner und wusste: Egal wie er sich verhalten würde, er würde so oder so den Kürzeren ziehen. Mit seinen Kräften konnte er niemals gegen einen Gegner wie Punk-Pete bestehen. Es gab nur eine Chance – Harry sah es bildlich vor sich. Er trainierte zwei Stunden täglich immer die gleichen Schläge: Am Ast eines Apfelbaumes hatte er einen alten Boxsack in Hüfthöhe befestigt – mit dem Fuß trat er von unten kräftig dagegen, während seine Faust zeitverzögert mit aller Kraft von oben nach unten auf den Sack schlug.
Am ersten Tag des neuen Schuljahres wartete Punk-Pete bereits vor der Schule auf ihn, umringt von einer ganzen Schar Schaulustiger. Punk-Pete erschien Harry wie ein Riese – so übergroß hatte er ihn gar nicht in Erinnerung gehabt. Alle Tapferkeit verließ ihn und das Unvermeidliche schien seinen Lauf zu nehmen. Wie ein zur Schlachtung auserkorenes Lamm stand er seinem Peiniger gegenüber. Doch bevor Punk-Pete nur einen Schlag anbringen konnte, trat ihm Harry so kräftig ins Getriebe, dass er entsetzt und mit ungläubigen Blick zu Boden ging, unterdessen Harrys Faust wie ein Schmiedehammer seine Nase traf.
Es war der Mut eines Verzweifelten, der seine Schläge geführt hatte.
In Zukunft machte Punk-Pete einen weiten Bogen um Harry und seine Freunde.
Die verbotenen Drogen waren in unterschiedliche Gruppen unterteilt. Es gab weiche, mittelharte und harte Drogen. Und zu jeder Gruppierung gab es dann wieder etliche, wenn nicht unzählige, Untergruppierungen:
Unter die erste Gruppe, der sogenannten weichen Drogen, fielen die Produkte der weiblichen Hanfpflanze, Cannabis (umgangssprachlich), Marihuana (Blüten) und Haschisch (Harz) die meist geraucht wurden. Sie wurden aus grünen Pflanzen hergestellt, die mehrzackige Blätter hatten.
Die Produkte der weiblichen Hanfpflanze bewirkten zumeist eine gehobene Stimmung sowie eine gesteigerte Kontaktfreudigkeit. An negativen Auswirkungen waren insbesondere Antriebslosigkeit und Gleichgültigkeit bekannt. In vereinzelten Fällen traten auch Psychosen auf. Zudem gab es bei Langzeiteinnahme die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit.
L-S-D,sogenannte Halluzinogene, bewirkten eine veränderte sowie intensivere Sinneswahrnehmung. Farben und Klänge konnten plastisch erlebt und empfunden werden bis hin zu Halluzinationen. In vereinzelten Fällen rief L-S-D Ängste und Depressionen hervor – einen so genannten »Horrortrip«.
Methamphetamin (umgangssprachlich Crystal-Meth), wurde den harten Drogen zugerechnet. Es bewirkte bei den Konsumenten eine erhöhte Aufmerksamkeit, vermindertes Schlafbedürfnis, Euphorie, gesteigertes Selbstbewusstsein, Rededrang sowie Unterdrückung von Hunger und Müdigkeit.
An Negativwirkung war bekannt: Depressionen, Erschöpfungszustände und Überhitzung. Es bildete sich schnell eine starke psychische Abhängigkeit.
Opiate, Heroin, Morphin, Fentanyl und Opium wurden ebenfalls den harten Drogen zugerechnet, sie bewirkten eine euphorisierende Wirkung, überwältigendes Zufriedenheitsgefühl sowie Schmerzunempfindlichkeit, was ebenso auf alle Arten von seelischen Kümmernissen zutraf – daher barg diese Substanz ein immenses Abhängigkeitspotenzial.
Es stellte sich schnell eine psychische und körperliche Abhängigkeit ein – mit, sobald die Substanz abgesetzt wurde, geradezu verheerenden Entzugssymptomen: Ruhelosigkeit bis hin zu Todesangst, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Zittern, Muskelkrämpfe in Rücken und Gliedmaßen, schneller Puls und Bluthochdruck. Überdies galten Opiate als außerordentlich gefährlich, da sie bei Überdosierung schnell eine atemdepressive Wirkung hervorriefen – eine Verlangsamung der Atemfrequenz bis hin zum Atemstillstand – Tod durch den sogenannten Goldenen Schuss.
Kokain wurde ebenfalls zu den harten Drogen gerechnet. Hierbei handelte es sich um ein weißes Pulver, mit teils gelblich-, bräunlichen Farbnuancen. Das Kokain bewirkte eine starke Euphorie und ein gesteigertes Selbstbewusstsein, Rededrang sowie Unterdrückung von Hunger und Müdigkeit. Bereits in kleinen Dosen wirkte es ausgesprochen stark.
Risiken bei chronischen Konsum waren: Schlafstörungen, Verdauungsstörungen, Depression, Misstrauen, Verzweiflung und manische Überaktivität, Impotenz, Abstumpfung der Gefühlswelt, Angst- und Wahnvorstellungen sowie Veränderung der Persönlichkeit. Es entwickelte sich schnell eine starke psychische Abhängigkeit.
Zudem gab es noch unzählige weitere harte Drogen (Substanzen), die allesamt verboten waren. Die Regierungen hatten alle psychoaktivwirkenden Substanzen, außer den erlaubten »legalen Drogen« zu illegalen Drogen erklärt und verboten. Der Hintergrund für diese Handlungsweise war zum Teil auch in der Tatsache begründet, dass die Pharmaunternehmen längst den Wert der verbotenen Substanzen erkannt hatten. Sie hatten mit Erfolg einige Hauptbestandteile aus den Drogen herausisoliert, patentiert und als Medizin auf den Markt gebracht. Diese Arzneien konnten nun – derart verändert – den Arzneimitteln zugerechnet und vermarktet werden. Nebenbei war es den Pharmaunternehmen auch gelungen aus chemischen Verbindungen (Synthese) legale Drogen herzustellen und als Arzneien auf den Markt zu bringen.
Ein Milliarden Geschäft, das alleine in Deutschland, mehrere Millionen Tablettenabhängige verursacht hatte.
* * *
Der Bus rollte in die Ceentral Station von Amsterdam. Patrick nahm seine Umhängetasche und sprang, nachdem der Fahrer den Türmechanismus betätigt hatte, als erster hinaus. Die anderen warfen sich ebenfalls das Gepäck über die Schultern und drängten an den Fahrgästen vorbei ins Freie. Ihr Gepäck bestand aus Kleidung und Waschutensilien für ein paar Tage.
»Folgt mir hinterher, ich weiß in welcher Richtung die Drogenszene liegt«, rief Patrick, der schon ganz versessen darauf war, die Drogenszene kennenzulernen. Von seinem Bruder hatte er sich den Weg genauestens beschreiben lassen. Zielstrebig lief er schnellen Schrittes voran, während die anderen Mühe hatten, sein Tempo mitzuhalten. Die Stadt war voll von Sehenswürdigkeiten und interessanten Leuten. Ein junges Mädchen kam ihnen entgegen, sie war hübsch, aber viel zu dünn. Harry bedachte sie mit einem Lächeln und sie lächelte zurück. Am liebsten wäre er spontan umgedreht und ihr hinterhergelaufen. »Habt ihr die gesehen?«, fragte er, während er ihr nachsah. »Die war voll nett.« Doch Patrick warf ihm einen tadelnden Blick zu. »Das kannst du später haben«, meinte er, unterdessen er sein Tempo noch erhöhte und die Straße Richtung Zeedijk einschlug.
Der Zeedijk, ein lebensgefährliches, bedrohliches, verlottertes Pflaster, war der Treffpunkt der Drogenszene.
Es war zwar nur ein kleiner Teil der Drogenabhängigen, die sich ihren täglichen Nachschub an illegalen Drogen mit Handtaschenraub, Ladendiebstahl, Autoknacken und Fahrraddiebstahl sicherten und die Stadt bis in die Vororte unsicher machten. Doch genau das hatte Amsterdam, bis weit über die Grenzen Europas hinaus, bekannt und anrüchig gemacht. Und es hatte ein Umdenken in der Politik bewirkt.
Holland war das erste Land, das auf politischer Ebene eine Unterscheidung von weichen zu harten Drogen zog: Cannabisprodukte, deren Konsum bisher noch keine Todesopfer gefordert hatten, wurden nun als weiche Drogen bezeichnet. Man konnte sie jetzt legal in dafür bestimmten Cafés konsumieren. Sie wurden dort meist in Papier gedreht und geraucht. Diese Cafés waren überwiegend von Touristen aus den Anliegerstaaten frequentiert, da dort die weichen Drogen ausnahmslos verboten waren.
In Holland wurden weiche Drogen von harten abgegrenzt, auch Justiz und Polizei hielten das scharf auseinander. Zudem war im Krieg der Bürger Hollands gegen die illegalen Drogen nicht mehr der Abhängige der Feind. Er war nun jemand der versehrt werden sollte und Anspruch auf Resozialisierung hatte. Das Credo lautete: Aus jedem Abhängigen von illegalen Drogen kann wieder ein ganz normaler Bürger werden. Man muss ihn nur anständig behandeln und ihm helfen.
Harry und die Freunde erreichten den Zeedijk. Es herrschte ein geschäftiges Treiben und ein bunter Mischmasch aus Nationalitäten und Hautfarben. Plötzlich war ein Drogenhändler neben ihnen. »Haschisch, LSD, Kokain, Heroin … die besten Drogen von ganz Amsterdam«, pries er seine Ware mit einem breiten Lächeln an, welches eine ganze Reihe schwarzer, ruinöser Zähne sichtbar werden ließ. Helge war stehengeblieben, während ihn Patrick ärgerlich am Ärmel zog. »Willst du gelinkt werden?«, fauchte er Helge aufgebracht ins Ohr und schleifte ihn hinter sich her, während er den Drogenhändler barsch abwimmelte. »Wir brauchen nichts«, sagte er in einem ruppigen Tonfall. Inzwischen hatten sich noch weitere Händler an ihre Fersen geheftet. »Haschisch, Pilze, LSD … «, ertönte es nun von allen Seiten. Auch ein blasser, hellblonder Typ, mit tiefen Schatten unter den Augen und schlechtsitzender, schmutziger Kleidung hatte sich ihnen angeschlossen. Mit einem heftigen Redeschwall fiel er auf Patrick ein, der plötzlich umgestimmt schien. »Wartet schnell!« Patrick ließ seine Freunde an der Straße stehen und lief dem Fremden in ein Lokal hinterher. Ein paar Minuten später kam er wieder heraus. »Ich hoffe, es hat nicht zulange gedauert«, sagte er, sich entschuldigend, als er in die vorwurfsvollen Mienen seiner Freunde blickte. »Nun gehen wir in einen Coffeeshop und später zu Mam dee Kees und nehmen uns ein Zimmer … Übrigens, ich habe uns etwa ein Gramm Heroin gekauft. Er hat es mich kurz probieren lassen, deswegen hat es etwas gedauert – echt guter Stoff«, sagte Patrick und schien nun nicht mehr so getrieben wie zuvor.
Der Coffeeshop lag an der Reguliersgracht. Die Jungs konnten es fast nicht glauben: Hier standen auf der Getränkekarte ganz legal, die verschiedensten Haschisch und Grassorten, die es zu bestellen gab. Daneben boten sie auch Kaffee, Tee, Fruchtsäfte sowie Snacks und Naschereien an. Aus Lautsprechern, die in den Ecken hingen, drang Reggae-Musik und der Kellner, ein lässiger Jamaikaner mit Rasta-Frisur, schien immer ein Lächeln auf den Lippen zu haben. Als der Rasta an ihren Tisch kam, bestellte Patrick fünf Gramm Roter Libanese, eine Haschischsorte die unter Kennern sehr geschätzt wurde. Dazu bestellte er noch eine Rolle mit Papier, Filter, Tabak und für jeden eine Limo. Nachdem die Bestellung an ihren Tisch gebracht wurde, legte sich Patrick mächtig ins Zeug, einen Joint zu bauen. In einer kleinen Schale mischte er Tabak mit Haschisch, riss anschließend mehrere Streifen von der Papierrolle herunter, klebte sie aneinander, gab das Tabak-Haschisch-Gemisch hinein, und fing an, begleitet von den erstaunten Blicken einiger anderer Gäste, eine riesige Tüte zu formen. Nachdem er sein Kunstwerk vollendet hatte, ließ er sich von Harry Feuer geben, um gleich darauf hinter einer gewaltigen Rauchwolke zu verschwinden. Als er wieder zum Vorschein kam, hielt er Harry den Joint entgegen.
Bald hatten alle das gleiche Grinsen auf den Lippen wie der Rasta und die Reggae-Musik schien in ihren Köpfen zu spielen. Benebelt und immerzu kichernd, verließen sie das Lokal und machten sich auf den Weg ins Hotel.
Mam dee Kees Hotel, in das sie Patrick führte, glich einer Bruchbude. Von der Fassade bröckelte der Putz herunter und die Fenster waren blind vor Schmutz, so dass ein Blick ins Innere verwehrt blieb. An der Rezeption drückte Patrick die Klingel und bald darauf hörten sie das Klackern von Pumps Absätzen auf dem Dielenboden herannahen.
Mam dee Kees, die Inhaberin, war fast so breit wie hoch. Sie hatte platinblond gefärbtes Haar und knallroten Lippenstift aufgetragen. Es folgte ein kurzer, dicker Hals und knapp darunter ragten aus ihrem Oberkörper Arme wie pralle, dicke Würste. Dazu trug sie ein buntes Kleid, das sie wie ein tapeziertes Fass aussehen ließ.
Doch Mam dee Kees war beliebt, ihre Pension war immer gut besucht. Mam dee Kees war trotz der vielen Schrullen ein herzlicher Mensch. Manch einer ihrer Gäste lebte schon Jahre unter ihrem Dach, ohne jemals einen Cent Miete bezahlt zu haben. Sie war Anlaufstelle für Notlagen jeder Art. Bei Touristen aus Deutschland schlug sie allerdings unverhohlen zu. Dennoch wurde das gerne akzeptiert, denn sie mischte sich nirgendwo ein und ließ die Gäste sich entfalten, wie sie es wünschten, solange nur die Miete zeitig einging und alles friedlich blieb.
Die Bewohner des Hotels, die sich vornehmlich aus Drogenkonsumenten, Huren, Strichern und sonstigen undurchsichtigen Leuten zusammensetzten, hielten sich überwiegend illegal in Holland auf und waren auf der ständigen Flucht vor den Behörden.
Wenn sich, wie so oft, die Polizei angekündigt hatte, warnte sie ihre Gäste rechtzeitig, damit sie sich in Sicherheit bringen konnten. Und nachdem man ihr einmal monatelang das Telefon abgehört hatte, brachte sie den Telefonapparat kurzerhand aufs Polizeirevier; dabei bemerkte sie spitzzüngig, dass sich die Beamten doch nun beim Abhören leichter täten, wenn sie den Apparat direkt vor Ort hätten. Seitdem gab es in ihrem Etablissement kein Telefon.
Den Beinamen »Dee Kees« hatte sie von ihren Bewohnern wegen ihrer Sparsamkeit erhalten, sie drehte jedes Geldstück zweimal um. Früher war sie eine stadtbekannte Amsterdamer Hure, die sich zur Altersversorgung eine Pension erwirtschaftet hatte und nun ihren Unterhalt mit dem Vermieten von Zimmern verdiente. Wobei sie des Nachts hin und wieder noch immer treu gebliebene Stammkunden empfing.
Was durch ein lautes Stöhnen ihrerseits, das durch das alte Gemäuer drang, selten unbemerkt blieb.
Als Mam dee Kees die vier Freunde erblickte, fragte sie: »Wat kan ik helpen!« Patrick stotterte: »Ham se vielleicht ein Zimmer mit vier Betten?« - »Maakt ZWINZIG per Peerson en Nacht!« Patrick nickte. Mam dee Kees zog einen Schlüssel von einem rostigen Nagel, aus dem Schlüsselbrett hinter ihr und kam um den Tresen herum.
»Goede zorg te geven aan je Frienden, GEEN OVERDOSIS!«, meinte sie während sie wie eine tadelnde Mutter, Patrick unerwartet das Ohr langzog und ihm den Schlüssel in die Hand reichte.
Das Zimmer, welches die Freunde gemietet hatten, war ein kleiner düsterer Raum mit schmutzigen, teils schon abgelösten Tapeten, vier metallenen Bettgestellen mit Matratzen darauf, einem Tisch, einem Stuhl und einem türlosen Schrank. Auf einem der Betten lag ein Stapel frisch gewaschener Bettbezüge.
Patrick verriegelte die Tür, dann setzte er sich an den Tisch und zog das Briefchen mit dem Heroin heraus, das er an der Ceentral Station von dem blassen Blonden gekauft hatte.
Der Inhalt erinnerte an feinkörnigen braunen Zucker. Dann packte er einige Spritzen und einen Löffel aus seiner Umhängetasche.
»Du willst das Zeug spritzen?«, fragte Helge überrascht.
»Wenn du nicht willst, kannst du es auch sniefen, aber ich finde, das wäre Verschwendung«, erwiderte Patrick und hielt ein Feuerzeug unter den Löffel. »Wer es nicht selbst kann, dem kann ich’s gerne reinmachen«, bot er seine Hilfe an, während er einen Filter in den Löffel warf und die Spritze aufzog.
Harry wirkte wie vor den Kopf gestoßen.
»Wo hast du denn das gelernt?«, fragte er.
»Ein Freund von Richie hat’s mir gezeigt.«
»Aber das ist doch gefährlich?«
»Quatsch, wenn man es richtig macht, kann gar nichts passieren. Das haut sofort rein – ist echt der Hammer!«
»Ich nehme es mit der Nase«, meinte Matje, der es lieber etwas vorsichtiger anging. Auch den anderen war es unwohl bei dem Gedanken, eine Spritze zu verwenden, und nur Patrick setzte sich den Schuss in die Vene. Als Harry an die Reihe kam, nahm er den Geldschein und zog sich eine kleine Line in die Nase.
»Boah! Das knallt vielleicht!«, stöhnte Patrick, stand vom Stuhl auf und ließ sich aufs Bett fallen. Indessen hatte sich bei Harry das Pulver mit Speichel vermischt und begann ihm bitter die Kehle hinunterzulaufen. Augenblicke später erlebte er das selbe Gefühl, wie er es schon beim ersten Mal empfunden hatte, nur war es dieses Mal noch intensiver. Er setzte sich auf die Bettkante. Plötzlich war jeder Stress vergessen und er fühlte sich, als würde er auf einer warmen Wolke aus Watte schweben.
Stunden später war Patrick wieder aufgestanden und lief unternehmungslustig im Zimmer auf und ab. »Wir könnten die Stadt erkunden, was meint ihr? Außerdem müssen wir noch Helges Geburtstag von feiern – er ist heute achtzehn geworden«, forderte er die Freunde auf und warf sich bereits die Jacke über die Schulter. »Du hast Geburtstag?«, fragte Harry. Helge nickte verlegen. Er hatte es nicht an die große Glocke hängen wollen, darum hatte er es niemanden erzählt.
»Mann, da müssen wir eine Party feiern!«, kam es von allen einstimmig.
Als sie aus dem Haus traten, befanden sie sich wieder inmitten auf dem Zeedijk.
Noch immer herrschte buntes Treiben in den Straßen. Aber inzwischen war es dunkel geworden und die Drogenhändler schienen weniger aggressiv ihre Ware anzupreisen als zuvor. Nur vereinzelt wisperten im Vorübergehen besonders heruntergerissene Typen: »Hasch, Koks, Trips …«
Die Freunde liefen über den Zeedijk, wo es die harten Sachen gab, durch die Altstadt, bis nach China-Town, enge Gassen entlang und vorbei an herrlichen Grachten.
Grachten, so hießen die Wasserstraßen in Amsterdam, die die Stadt in mehreren Ringen durchzogen und von zahlreichen Brücken überspannt waren.
Sie gingen in Richtung Rotlicht Bezirk, der bei den Einheimischen »De Walletjes« oder »Herengracht« hieß, und wo die Prostituierten ihre Körper hinter Schaufensterscheiben anboten.
Inzwischen hatten die Jungs heimlich abgesprochen, dass sie Helge zum Geburtstag eine Prostituierte bezahlen wollten. Es sollte sein erstes Mal werden, Helge hatte bislang noch nie mit einem Mädchen geschlafen.
Zuerst gingen sie mit Helge in eine der Bars, die zuhauf entlang der Grachten angesiedelt waren. Dort tranken sie ein paar Biere – sie hofften, dass der Alkohol Helge ein wenig ausgelassener werden ließ. Als sie schließlich an der Herengracht ankamen, hatten alle schon einen leicht wankenden Gang.
»Dein Geburtstagsgeschenk findest du hier«, lallte Harry, während er sich hinter Helge stellte, ihm die Hand vor Augen hielt und ihn zu dem Schaufenster eines Sex-Salons lotste. Die Freunde bekamen einen Kicheranfall. Helge erschrak fürchterlich. »Das ist nicht euer Ernst?«, stammelte er entgeistert, als Harry seine Hand zurückgenommen hatte. Wie hypnotisiert starrte er in das Schaufenster. Dahinter räkelte sich eine dürftig bekleidete Dame auf einem Barhocker. Sie sah einer aufblasbaren Gummi-Maid nicht unähnlich und war lediglich mit halterlosen schwarzen Strümpfen und einem zu knappen Tanga bekleidet, bei dem ihr zu beiden Seiten der Schenkel die Schamhaare wie Grasbüschel herauslugten.
»Aber sicher ist das unser Ernst!«, strahlten Matje, Patrick und Harry. »Ihr seid wohl nicht ganz bei Trost! Mich mit so einer Schreckschraube verkuppeln zu wollen – niemals, da bleib ich lieber ... äh ... ihr wisst schon ...«, wandte Helge ein. »Macht nichts, dann gehen wir eben zur Nächsten.« Einige Schaufenster weiter blieb Helge wie gebannt stehen und auch die Freunde schienen wie vom Blitz gerührt. Ein wunderschönes Mädchen saß hinter dem Glas. Sie schien etwa im gleichen Alter wie sie selbst zu sein, mit schulterlangen, brünetten Haaren und einem Antlitz, ähnlich dem einer Prinzessin. Sie hatte mandelförmige Augen und Lippen, die Sehnsüchte auflodern ließen. In ihrem Blick lag etwas Forderndes wie auch ein unergründlicher Stolz. Den Jungs hatte es die Sprache verschlagen. Wortlos zog jeder von ihnen ein paar Scheine aus seiner Hose und drückte sie Helge in die Hand, dann bugsierten sie ihn zu Tür hinein.
Nachdem sie sich über eine Stunde die Beine in den Bauch gestanden hatten, und schon knobelten, wer hineingehen und nach Helge sehen sollte, kam er endlich wieder heraus. »Wie war’s?«, fielen sie von Neugier gepackt über ihn her. Doch Helge hatte nur ein verzücktes Lächeln auf seinen Lippen. Sie gingen mit ihm noch in einige Bars und tranken etliche Biere. Als sie sich schwankend und gegenseitig stützend wieder auf dem Rückweg zur Pension machten, bedrängten sie ihn von Neuem: »Jetzt erzähl halt mal!«
Helge schien noch immer entrückt, in einer fernen Welt zu sein. »Ich glaub, ich hab mich verliebt«, gab er mit einem verklärt wirkenden Gesichtsausdruck zur Antwort. »Verliebt? In ne Hure?«, amüsierte sich Patrick.
Helges Miene wurde ernst und er hob drohend die Faust.
»Samantha ist keine Hure und wer das nochmal behauptet, bekommt eins in die Fresse!«, gab er aufgebracht von sich.
Die Freunde verkniffen sich ein Lachen und betraten Mam dee Kees Pension.
Kaum hatten sich alle ihrer Kleidung entledigt und lagen in den Betten, hörten sie wie jemand die Treppe hinunterhastete. Kurz darauf klopfte es mehrmals an ihre Türe, dazu vernahmen sie ein leises Wimmern. Harry richtete sich auf und knipste die Nachttischlampe über dem Bett an. Es war zu hören wie jemand den Gang auf und ab lief und immer wieder an Türen klopfte. »Was ist da draußen los?«, flüsterte Patrick. Harry zuckte mit den Achseln, schlüpfte in die Jeans und ging zur Türe. Schon klopfte es erneut gegen ihre Türe. Er drehte den Schlüssel herum. Ein Mädchen mit einer schlampig gepackten Reisetasche, aus der Kleidungsstücke hingen, drängte ins Zimmer. Ein panischer Ausdruck lag in ihrem Gesicht. Es handelte sich um dasselbe Mädchen, das er am Vormittag am Busbahnhof gesehen hatte. »Bitte, bitte hilf mir!«, flehte sie, während sie sich hektisch von innen gegen die Türe warf und den Schlüssel herumdrehte. »Ich habe das Zimmer unterm Dach«, erklärte sie. »Dorthin kann ich aber gerade nicht zurück. Marokkaner-Toni sucht mich … Kann ich mich hier verstecken? … Er bringt mich glatt um, wenn er mich findet.«
»Wer ist Marokkaner-Toni?«, fragte Patrick perplex. Er war ebenfalls aufgestanden.
»Ein Zuhälter der übelsten Sorte«, antwortete das Mädchen. »Ach wäre ich nur nicht hergekommen«, stöhnte sie, »aber ich wollte mir schnell ein paar Anziehsachen holen. Doch als ich zuvor aus dem Fenster gesehen habe, konnte ich unten in der Straße einen Mann sehen ... Ich war mir nicht ganz sicher, aber Größe und Statur könnten stimmen. Vielleicht hat ihm Carla gesteckt, wo ich wohne. Ich habe so Angst, dass er hochkommt!«
Sie zitterte am ganzen Körper. Harry starrte entgeistert auf das Mädchen. Sie war ganz offensichtlich in großer Not. Er wusste nur nicht so recht, was er tun sollte.
Sie hatte verheulte Augen, ein blauer Fleck prangte ihr auf der Wange, ihr T-Shirt war zerrissen, und am Hals hatte sie Würgemale.
»Ich habe nichts dagegen, dass sie hierbleibt«, sagte Patrick. Helge und Matje nickten zustimmend mit den Köpfen.
Inzwischen waren über ihnen schwere Schritte zu vernehmen. »Das ist bei mir oben. Er muss mich vorher am Fenster gesehen haben«, flüsterte sie mit geweiteten Augen. Ihre Hand krallte sich panisch in Harrys Oberarm. »Bitte hilf!« Sie hörten wie Türen aufgerissen wurden.
Dann waren die Schritte auf der Treppe und schließlich vor ihrem Zimmer. Den Bruchteil einer Sekunde war es totenstill und man hätte eine Nadel zu Boden fallen hören. Schon flog die Türe mit einem lauten Knall auf und der Zuhälter, ein derber, in schwarzen Lederklamotten gekleideter, kräftig wirkender Südländer, stand mit geballten Fäusten im Türrahmen. Er hatte die Türe mit einem kraftvollen Fußtritt aus den Angeln getreten, dass entlang des Türstocks der Putz herausgefallen war. »Wo ist die kleine Nutte?«, schrie er rasend vor Wut und sah in das dunkle Zimmer. Er schaltete den Lichtschalter an. Alle lagen in ihren Betten und blickten ihm mit aufgerissenen Augen entgegen. Von dem Mädchen keine Spur. »Außer uns ist hier niemand!«, behauptete Harry mit fester Stimme. »Und wem gehört das hier?« Der Zuhälter hielt ein Bikini-Top in der Hand. »Es lag vor der Türe.« Sein Blick schweifte durchs Zimmer und blieb dann wie ein Fragezeichen an der Spitze eines hellblauen Turnschuhs hängen, der unter Harrys Bett heraussah.
Plötzlich tauchte Mam dee Kees wie ein mächtiger Berg, hinter ihm auf. »U fucking Pisser. Uit mijn Haus ... ik werde dir das Fell über de Ohren stellen!«, schrie sie und hob ihre kräftigen Arme, in denen sie einen Baseballschläger schwang. Und schon ging der Schläger auf den Rücken des Zuhälters nieder, der durch die Wucht des Schlages von den Beinen gerissen wurde und bäuchlings auf dem Boden landete. Ungläubig drehte er den Kopf herum und sah zu Mam dee Kees empor, die wie ein Gebirge über ihm stand und schon wieder ihre kräftigen Arme hob, und erneut ausholte.
Von Entsetzen gepackt kroch der Zuhälter wie ein Wiesel an ihren Beinen vorbei und stürzte panisch die Treppen hinab, während Mam dee Kees, den Schläger schwingend, wie eine Dampflokomotive hinter ihm her gerast kam, bis er aus der Tür war. Kurz darauf hörte man von unten aus der Gasse Marokkaner-Tonis überschlagende Stimme: »IK SCHICKE SIE SCHWIMMEN, MIT BETON-SCHUHEN, IN DER HERENGRACHT!«
Danach herrschte eisige Stille.
Das Mädchen kroch unter Harrys Bettdecke hervor.
Harry hatte sie, als Marokkaner-Toni ins Zimmer trat, schnell unter seiner Bettdecke versteckt. Ihre Tasche hatte er mit einem Tritt unter Patricks Bett befördert.
Sie zitterte am ganzen Leib. »Wie heißt du?«, fragte Harry. »Anja«, kam es weinerlich von dem Mädchen.
Nach einigen Minuten kam Mam dee Kees zurück, sie trug ein Tablett in beiden Händen, mit mehreren Tassen und einer dampfenden Kanne Tee darauf.
»Ich hatte gerade Tee aufgestellt, als ich den Krach hörte ...« Dann sah sie die Würgemale. »Mijn arme Meisje … mein armes Mädchen«, tröstete sie Anja und hielt dabei mütterlich ihre Hände in den ihren, dann gab sie ihr einen Schluck heißen Tee zu trinken. »Wat heb du mit Marokkaner-Toni zu maken?«
»Er hat mir ein paar Mal Stoff gegeben«, stotterte das Mädchen.
»Dat kann doch nicht alles sein?«, meinte Mam dee Kees und zog die Augenbrauen hoch. »Dat muss doch noch was anderes dahinter stecken, wenn er dir so an den Kragen will?«
»Ich konnte nicht mehr zahlen«, schluchzte das Mädchen laut auf und richtete den Blick beschämt zu Boden, … »er gab mir immer weiter und weiter, er sagte, wir würden uns schon einig werden ... Ich konnte ja nicht ahnen, dass er – das – damit meinte.«
Das Mädchen blieb mitten im Satz hängen, während ihre Lippen zu beben begannen und sie zu weinen anfing. »Ich sollte für ihn »anschaffen« gehen ... Er hat schon einen Freier bestellt ... Mit dem widerlichen Kerl sollte ich aufs Zimmer mitkommen ... « Jetzt heulte das Mädchen so, dass ihr die Tränen nur so herunterrannen und sie kein vollständiges Wort mehr herausbrachte.
»Oh mijn Mädel«, stöhnte Mam dee Kees. »Der Marokkaner-Toni dat is ne üble Pestilenz, wir müssen dich wieder auslösen, sonst kriegen wir den nimmer los … Ik kenne ne Rotlicht-Größe ... Morgen geh ik zu ihm, der soll Marokkaner-Toni solange in Schach halten, bis wir dat Geld haben.« Mam dee Kees erhob sich und strich Anja noch einmal tröstend über die Wange, dann sah sie sorgenvoll zu der eingetretenen Türe.
Patrik und Helge machten sich daran, sie wieder einzuhängen, was sie nach einiger Anstrengung tatsächlich auch schafften.
Mam dee Kees klopfte ihnen dankbar auf die Schulter.
»Ik geh jetzt zu Bett«, sagte sie erschöpft von der Aufregung. »Passt mir gut auf dat Mädel auf!«, warf sie den Jungs einen hoffnungsvollen, aber zugleich ermahnenden Blick entgegen, dann schob sie ihren überdimensionalen Körper, der so viel Herz hatte, nach draußen.
»Kann ich noch etwas bleiben?«, fragte Anja mit zaghafter Stimme. »Ich trau mich nicht in mein Zimmer zurück.«
»Natürlich!«, nickten die Freunde einstimmig. Und Harry, der gefallen an Anja gefunden hatte, war froh, ein wenig länger ihre Anwesenheit genießen zu dürfen.
Am nächsten Morgen lag Anja noch immer bei Harry im Bett. Harry lag schon eine ganze Zeit wach, doch er rührte sich nicht. Er genoss, dass Anja im Schlaf ihren zierlichen warmen Körper an ihn angeschmiegt hielt und auch ihren Arm über seine Schulter gelegt hatte. Harry hatte bislang schon einige Mädchen gehabt, aber nie sonderlich viel für sie empfunden. Doch nun zerriss es ihm fast das Herz, so viel Gefühl empfand er für das grazile Geschöpf, das mit ihm im Bett lag und das in solche Schwierigkeiten verstrickt war.
Harry zermarterte sich den Kopf, wie er es schaffen konnte Anja aus dem Schlamassel herauszubekommen.
Inzwischen war Patrick wach geworden. Er schlich sich aus dem Bett und setzte sich noch in Unterhosen gekleidet an den Tisch. Aus seiner Tasche kramte er die Spritzen und das Briefchen mit dem Heroin. Plötzlich war Anja aufgewacht. »Kannst du mir auch was geben?«, flüsterte sie zu Patrick hinüber und kroch über Harry hinweg, der sich schlafend stellte.
Oh weh, dachte Harry. Auf einmal machte er sich Sorgen – das mit den Spritzen gefiel ihm gar nicht. Die Drogenabhängigen in den Straßen von Amsterdam hatten alle ziemlich fertig ausgesehen und auch bei Patrick war ihm aufgefallen, dass dieser nur noch die Drogen im Kopf zu haben schien – so ungefährlich, wie Patrick behauptete, war Heroin wohl doch nicht.
Minuten später setzte sich Anja eine Spritze in den Arm. Harry sah es aus den Augenwinkeln. Sie wirkte darin sehr routiniert. Kaum hatte sie den Hit in der Vene, huschte sie wieder zurück ins Bett und schmiegte sich genauso zärtlich an ihn wie zuvor. Harry schmolz innerlich dahin.
Es würde schon alles gut werden. Er berührte ihre Schulter mit seiner Hand, sie legte die ihre auf die seine. Und dann geschah alles wie von selbst.
Sie drehten sich zu einander hin, einen Augenblick sahen sie sich verliebt in die Augen – dann fasste er Mut, beugte sich vor und küsste sie auf die Stirn. Sein Herz pochte, nicht schnell, aber laut und kraftvoll. Sie erwiderte seinen Kuss und liebkoste seinen Nacken. Harrys Hände streichelten durch ihr Haar und er glitt zärtlich mit seiner Nasenspitze über ihre Wange. Sie öffnete ein wenig die Lippen und atmete tief ein und aus. Dann schlossen beide die Augen und küssten sich auf den Mund. Harry ging es durch und durch. Wie ein elektrisches Kribbeln floss es runter bis zu den Fußnägeln und hoch bis in die Haarspitzen, dass es ihm fast die Besinnung raubte. Jetzt hatte er sich Hals über Kopf verliebt.
Anja erzählte ihm, dass sie auch aus Deutschland stammte. Sie war sogar nahe seiner Stadt in Düsseldorf groß geworden. An ihrem siebzehnten Geburtstag war sie mit Drogen in Berührung gekommen. Und kurz darauf wurde sie mit mehreren Drogen in der Tasche, darunter auch ein Päckchen mit zwei Gramm Heroin, von der Polizei aufgegriffen, konnte jedoch entkommen und war in einer abenteuerlichen Flucht nach Holland gelangt. In Deutschland wartete nun das Gefängnis auf sie. Die Behörden in Deutschland hatten sogar zwei Auslieferungsanträge an Holland gestellt, doch diese waren jeweils von einem erfahrenen Rechtsanwalt vor Gericht abgeschmettert worden.
Fast den ganzen Tag verbrachten die beiden zusammen im Bett. Nur zum Frühstück ging Harry mit den anderen nach unten, während Anja im Zimmer blieb – bei ihr saß der Schock der nächtlichen Ereignisse noch tief.
Vereinzelt waren die Tische im Speisesaal belegt. In einer schummrigen Ecke saß ein dicklicher Mann, etwa um die vierzig, mit großer Sonnenbrille und im Nadelstreifenanzug. Er las eine Zeitung aus der Türkei.
Obwohl Mam dee Kees Hotel auf den ersten Blick wie eine heruntergekommene Herberge wirkte, duftete es im Speisesaal frisch und bekömmlich. An der Theke gab es neben Kaffee, Tee und Orangensaft, Brötchen mit wahlweise Marmelade, Honig, Käse oder Wurst. Daneben stand frische Milch und Müsli mit Früchten. Patrick schielte zu dem Mann im Nadelstreifenanzug hinüber. »Das ist wahrscheinlich ein Drogengroßhändler!«, flüsterte er ehrfurchtsvoll und nickte mit dem Kopf in dessen Richtung.
Nachdem Harry ein paar Schlucke getrunken hatte, nahm er sich einen Teller und ein Tablett, strich ein paar Brötchen, stellte noch eine randvoll gefüllte Tasse Kaffee dazu und ging nach oben zu Anja.
Zur Mittagszeit wollte Patrick zum Zeedijk hinunter, während Helge und Matje beabsichtigten einen weiteren Coffeeshop zu besuchen.
Am frühen Nachmittag trat Mam dee Kees mit einem leisen Klopfen ins Zimmer. Sie hatte Neuigkeiten. »Ik war bei der Rotlicht-Größe«, erzählte sie, unterdessen sie noch ganz außer Atem war. Keuchend nahm sie einen Stuhl und setzte sich mit besorgter Miene darauf. »Marokkaner-Toni will Zehntausend für dich – de Rotlicht-Größe hat mir gesteckt, dat erzählt wird, der Marokkaner-Toni habe schon zwei Mädels in der Herengracht baden geschickt.« Mam dee Kees tat einen tiefen Seufzer. »Oh mijn Mädel … Oh mijn Mädel … ik weiß nit wo det hingehen soll … ik hab bereits Zweitausend als Anzahlung gegeben, aber mehr hab ik nit … und nun fehlen noch Achttausend. Und der Marokkaner-Toni, die üble Pestilenz, will nicht lange warten – zehn Tage maximal, sonst will er dik in Beton gießen und in de Herengracht versenken – dat hat er der Rotlicht-Größe während mein Beisein am Telefon mitgeteilt.«
Als Mam dee Kees wieder gegangen war, ging es in Harrys Gedanken hin und her. »Achttausend … es kann doch nicht so schwer sein, Achttausend aufzustellen«, murmelte Harry, unterdessen er im Zimmer auf und ab lief. »Achttausend?«, griff Patrick das Wort auf, der gerade in der Tür erschien. »Achttausend, das macht ein Drogendealer mit dem Verkauf von Heroin in nur einer Woche«, erklärte er mit einer lässigen Geste, als läge das Geld auf der Straße und die Dealer müssten es nur noch aufsammeln. »Gibt’s doch nicht?«, gab Harry ungläubig zurück. »Du bist vielleicht naiv«, wunderte sich Patrick. »Durch das Verbot sind die Preise in Deutschland in die Höhe geklettert … Heroin ist zwar überall verboten, doch nirgends in Europa wird man dafür so hart bestraft wie in Deutschland. Darum kostet es in Deutschland zehnmal soviel wie in Holland!«
»Genauso ist es, aber dafür gibt’s auch zehn Mal soviel Knast!«, ergänzte Anja.
»Wenn ich richtig liege, hast du noch um die Achthundert«, äußerte Patrick. »Wenn wir zusammenlegen hätten wir über Tausend! Wir könnten uns Heroin kaufen, damit nach Deutschland fahren und es dort verkaufen ... In weniger als einer Woche wären wir zurück und hätten mehr Geld als genug, damit du Anja freikaufen kannst!«
»Du wärest bereit mir zu helfen?«, fragte Harry überrascht.
»Klar doch, ist Ehrensache! Außerdem wollte ich mir sowieso ein bisschen was mitnehmen«, gab Patrick zur Antwort.
»Hier im Haus wohnt eine Connection«, erzählte Anja. »Er ist ein Großdealer aus der Türkei.«
»Ich glaube, ich hab ihn vorher beim Frühstück gesehen« erinnerte sich Patrick. »Er war ganz in seine Zeitung vertieft.«
»Ein dicklicher Typ im Anzug und mit einer goldumrandeten Brille?«
Harry und Patrick bejahten.
»Er liest jeden Morgen die neuesten Nachrichten aus der Türkei… in den Nachbarstaaten herrscht Krieg und mit dem Drogengeld werden Waffen finanziert«, erwähnte Anja. »Ich könnte mit ihm einen Treffpunkt vereinbaren … er ist sehr, sehr vorsichtig und tätigt seine Geschäfte jedes Mal an einem anderen Ort. Sein Name ist Ali Abullaha Hasan Saeeed, es wird ihm nachgesagt er sei Mitglied der Türkei-Mafia. Er versorgt fast ganz Amsterdam mit Heroin. Normalerweise tätigt er seine Geschäfte nur mit Großhändlern, aber wenn jemand klein anfängt, gibt er ihm eine Chance. So hat er sich schon so manchen Kunden an Land gezogen – er ist sehr geschäftstüchtig!«
Harry fühlte Widerwillen in sich aufkommen. Seine innere Stimme verriet ihm, dass es nicht gut war, was er da vorhatte. Er hatte große Bedenken, dass es schiefgehen könnte. Trotzdem dachte er in seiner naiven Art, dass er vom moralischen Standpunkt aus gesehen, nicht mehr Schuld auf sich lud, wie der Wirt einer Stehkneipe, der an Alkoholiker hochprozentigen Alkohol ausschenkte. Doch was, wenn sie erwischt wurden? Was, wenn sie die Drogen nicht losbrachten oder in einen Hinterhalt gerieten?
Auf der anderen Seite sah er keine andere Möglichkeit, Anja aus der misslichen Lage zu befreien. Die Gedanken gingen ihm hin und her, wägten das Für und Wider ab – Achttausend waren kein Pappenstiel und unmöglich innerhalb der kurzen Frist auf legale Art und Weise zu beschaffen. Harry fasste einen Entschluss: Anja freizukaufen, galt als oberstes Gebot.
Kurz darauf verließ Anja das Zimmer und kam fünfzehn Minuten später mit triumphierender Miene zurück. »Es klappt!«, meinte sie zufrieden. Sie hatte für den folgenden Tag ein Treffen zwischen Harry, Patrick und Ali Abullaha Hasan Saeeed arrangiert. Es sollte gegen Abend in einer Spelunke unten am Hafen stattfinden.
Am Nachmittag verließen Harry und Anja das Hotel und gingen ein paar Straßen weiter zu einem Tätowierer, der in der Nähe des Zeedijk seinen Laden hatte. Sie waren auf die Idee gekommen sich tätowieren zu lassen. Als sie wenig später zurückkehrten, hatten beide an der Innenseite ihrer Arme einen tätowierten Stern – das Geheimzeichen all jener, die eine Schwäche für harte Drogen hatten. Und am Ringfinger hatten sie sich – als Zeichen ihrer Liebe – einen identischen Verlobungsring tätowieren lassen.
Spät nachts, als sie wieder im Bett lagen wirkte Anja bedrückt. »Ich hab ein schlechtes Gewissen, dass du für mich so ein Risiko eingehen willst«, gab sie kummervoll von sich. Harry hielt sie fest an sich gepresst. »Du brauchst dir nichts zu denken«, erwiderte er und war glücklich. Noch nie hatte er so eine starke Bindung zu einer Frau empfunden. »Du bist meine Göttin«, flüsterte er ihr ins Ohr und sie küssten sich. Ihre Körper glitten ineinander und er spürte, wie sein Herz dahinfloss. Heute, Morgen und Gestern verschwanden und das Paradies der Liebenden tat sich auf. Stunden später lagen sie noch immer eng umschlungen im Bett.
Am nächsten Morgen saßen die Freunde wiederholt beim Frühstück im Speisesaal. Anja blieb wie am Tag zuvor im Zimmer und wartete, dass ihr Harry das Frühstück hochbringen würde.
Die Tische waren abermals vereinzelt belegt. Und genau wie am Vortag saß in der Ecke Ali Abullaha Hasan Saeeed und las Zeitung. Doch diesmal hob er kurz den Kopf und sah interessiert zu ihnen herüber, dann schien er ihnen zuzunicken und sein Blick vertiefte sich erneut in die Zeitschrift.
Pünktlich um 22 Uhr befanden sich Harry und Patrick in einem Taxi auf dem Weg zum Hafen. Die Verabredung sollte im »De Vijf Flesjes« stattfinden. Als das Taxi das Ziel erreichte, baten sie den Fahrer, er solle an der Ecke auf sie warten. Patrick drückte ihm dafür einen Zehner extra in die Hand.
Das »De Vijf Flesjes«, eine heruntergekommene Hafenkneipe, sah nicht sehr einladend aus. Das Kneipenschild war aus der Verankerung gerostet und hing schräg herab und zwielichtige Typen lungerten vor dem Eingang herum. Drinnen schlug ihnen der Geruch von billigem Fusel entgegen und die Luft war blau aus Qualm, dass ihnen die Augen brannten. Die Kneipe war gefüllt mit stupiden Tagdieben und Kriminellen, die sich mit billigem Fusel den letzten Rest ihres Verstandes versoffen. Feindselige Blicke schlugen ihnen entgegen.
Der Wirt stemmte sich in den Eichen-Tresen und sah die Neuankömmlinge abschätzend an.
»Wat heb je nodig?«, durchbrach die dröhnende Bassstimme des Wirts die Geräuschkulisse. Da sahen Patrick und Harry in einer Art Separee, das mit einem schweren Vorhang halb verdeckt war, Ali Abullaha Hasan Saeeed sitzen, der ihnen zuwinkte. »Wir haben eine Verabredung«, gab Patrick kleinlaut von sich. Sie ließen den Wirt stehen und drängten sich an den Gästen vorbei, durch das überfüllte Lokal. »Hello my friends!«, grüßte Ali Abullaha Hasan Saeeed die beiden Freunde überschwänglich und hieß sie mit einer einladenden Geste am Tisch Platz zu nehmen. »Mijn Kompagnon, Herr Özimür«, zeigte er auf einen hageren Mann mit harten, kantigen Gesichtszügen, der zu seiner Linken saß. Özimür wirkte mit seinem daumenbreiten Oberlippenbart und kalten Augen, die in tiefen Höhlen saßen, wie ein gedungener Killer.
»Anja mir erzählen, du gut Freund«, meinte Ali Abullaha Hasan Saeeed, während er vertrauensvoll lächelte. »Darum ik maken mit euch Geschäft! Aber ik warne euch – nit maken Scheiß mit mir!« Die Stimme des Drogengroßhändlers klang zum Ende des Satzes bedrohlich. Und der Blick seines Kompagnons bohrte sich wie ein Pfeil in ihre Augen. Dann stellte Ali Abullaha Hasan Saeeed eine Plastiktüte auf den Tisch. »I have for you the best Heroin from all over Amsterdam«, sagte er, als würde er ihnen gutes Essen servieren. Er öffnete die Tüte, reichte Patrick ein kleines Messer und ließ ihn eine Messerspitze davon herausnehmen. Patrick rollte einen Geldschein zusammen und zog sich eine kleine Line in die Nase. Seine Augen begannen zu leuchten. »Das ist beste Ware!«, flüsterte er fasziniert, als ob er einen Sechser im Lotto hätte. Er schob das Geld über den Tisch und nahm die Tüte an sich. Während Ali Abullaha Hasan Saeeed zum Abschied die Hände zusammenschlug. »Salem Aleikum, Allah ist groß!« Özimür hob seine Hand und gab ihnen Zeichen, dass sie nun gehen sollten.
Gerade als sie aus der Türe ins Freie schritten, rannten sie fast Marokkaner-Toni über den Haufen, der ihnen entgegen kam. »Dat Jung mit den Turnschuhen«, brummte Marokkaner-Toni überrascht und blickte ihnen hinterher, bis sie ins Taxi stiegen und aus den Augen waren. Angestrengt versuchte er herauszufinden, was hier nicht stimmte.
Harry und Patrick hatten die Haare zu Bergen gestanden. »Das war knapp«, atmeten sie einstimmig auf, als sie sich auf der Rückfahrt zum Hotel befanden.