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Eine Gesellschaftssatire mit Biss! Zahnarzt gefällig? Nichts fürchtet William Kazcamakis so sehr wie Zahnärzte. Doch als der selbstständige Installateur und Gelegenheitserfinder Kazcamakis eine neue Erfindung macht, heftet sich plötzlich eine Bande von unheimlichen Zahnärzten an seine Fersen. Kazcamakis ahnt von alldem nichts, und als er zufällig, während eines Trinkgelages, ein Ticket, von Roger dem Saufkumpan, für einen Karibik Urlaub im Wert von 2.695 Dollar, für nur 100 Dollar angeboten bekommt, schlägt er zu. William Kazcamakis Glück scheint perfekt zu sein. Doch der Horror folgt prompt. Auf der schönen Karibikinsel Sint Maarten wird William Kazcamakis in einen Hinterhalt gelockt, erst narkotisiert und dann gekidnappt. Als er zu sich kommt findet er sich in einer Zahnarztpraxis wieder, umzingelt von drei echt schrägen Typen in Zahnarztkitteln...
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Seitenzahl: 134
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Alexander Golfidis
Der Vaporacer-Man
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Impressum neobooks
William
William Kazcamakis hatte Pech gehabt im Leben. Obwohl es für ihn zuerst gar nicht so schlecht ausgesehen hatte. Als einziges Kind griechischer Einwanderer – die sich in der Stadt Quincy, 10 km südöstlich von Boston, ein kleines Häuschen erarbeitet hatten – hätte es dem kleinen William Kazcamakis an nichts fehlen sollen. Er wuchs wohlbehütet auf, besuchte eine gute Schule und hatte Freunde in der Nachbarschaft. William war ein Junge von durchschnittlicher Erscheinung, höflich und zuvorkommend in der Art, und man hätte darauf wetten können, dass aus ihm einmal ein adretter junger Mann werden würde. Papa Kazcamakis arbeitete als selbstständiger Installateur, wobei William, ab dem Alter von zehn Jahren, zuweilen schon in der Werkstatt half, die sich seitlich des Hauses, in einer Doppelgarage befand. Hier machte sich William als Handlanger seines Vaters nützlich, er reichte ihm Werkzeuge, die er alle schon beim Namen kannte, fegte den Boden oder half beim Be- oder Entladen des Kleintransporters, wenn der Vater von der Arbeit zurückkehrte. Oft ließ der Vater ein paar Dollar springen und William besserte auf diese Weise sein Taschengeld auf. William zeigte auch Begabung und handwerkliches Geschick. So hatte er im Alter von fünf Jahren die ersten Rohre zusammengeschraubt; mit Zehn konnte er bereits mit dem Schweißapparat umgehen; und kurz darauf konstruierte William einen raffinierten Zimmerbrunnen, wo das Wasser über verzwickte Rinnensysteme, Wippen und Wasserräder nach unten geleitet wurde und durch eine Pumpe, (die William aus einem defekten Aquarium entnommen hatte) wieder hinauf gepumpt wurde. Weniger erfreut waren die Eltern, als William bei einem seiner Versuche, das ganze Kinderzimmer unter Wasser setzte. Doch auch hier zeigte William Einfallsreichtum, als er den Staubsauger umfunktionierte und damit das Wasser aus dem Fenster pumpte.
Später wollte William wie sein Vater Installateur werden. Er bewunderte seinen Vater, dessen handwerkliche Fähigkeiten im gesamten Viertel in den höchsten Tönen gelobt wurden. Natürlich reichte Williams Begabung an das Genie und Können seines Vaters nicht heran, dafür war er einfach noch zu jung. Vater Kazcamakis hatte wahrhaftig heilende Hände, wenn es um Rohre, Heizungen, defekte Förderpumpen oder Hähne ging. Überall in der Werkstatt lagen Heizkessel, Durchlauferhitzer und Pumpen, die auf eine technische Generalüberholung warteten; viele auseinandergeschraubt und auf Ersatzteile wartend; andere wiederum, die nicht sofort gebraucht wurden, befanden sich sozusagen in Warteschleife und Herr Kazcamakis wollte sich darum kümmern, wenn er einmal ein wenig Luft hatte – was so gut wie nie vorkam. Vater Kazcamakis liebte seine Arbeit und er lebte dafür.
Es machte ihm nichts aus allzeit im Arbeitskittel herumzulaufen; bei ihm hatte man eher den Eindruck, er fühle sich unwohl, sobald er ihn nicht anhatte. In der ganzen Umgebung und auch über das Viertel hinaus, war er bekannt wie ein bunter Hund. Er war der Erste der gerufen wurde, wenn irgendwo die Heizung nicht ging oder ein Abfluss verstopft war. Er sah sofort, hinter welcher Wand die Leitung undicht war (er roch es förmlich); er hörte am Klang eines Heizkessels, sobald er mit dem Schraubenzieher dagegen klopfte, ob er verkalkt war, oder ob mit dem Brenner etwas nicht stimmte. Und einmal, als in Williams Schule, inmitten des Winters, die Heizung ausfiel und sich die Schüler schon tagelang den Arsch abfroren – und weder der Hausmeister noch der vom Schulamt bestellte Installateur die Heizung wieder in Gang zu bringen vermochten – kam Williams Vater wie ein Held, setzte seinen Schraubenschlüssel an einem Ventil des Heizkessels an, tat eine viertel Umdrehung, drehte noch an zwei weiteren Stellschrauben herum, und das Ding lief wieder. Danach war stundelang ein Knacksen in den Heizungsrohren des Schulgebäudes zu hören, als sich das heiße Wasser langsam vom Keller, seinen Weg durch die teils gefrorenen Leitungen, in die oberen Stockwerke bahnte. Die Schüler hörten es mit Wonne und William war noch nie so stolz auf seinen Vater gewesen, wie an diesem Tag.
Williams Mutter war eine charmante, einfache Frau, die glücklich in ihrer kleinen Familie aufging.
Sie kümmerte sich fürsorglich um ihre beiden Männer, wie sie sie nannte. Sie trug ihnen gelegentlich das Essen hinterher, wenn sie es in der morgendlichen Eile vergessen hatten – dem Vater auf die Baustelle, dem Sohn in die Schule. Sie legte ihren Männern abends die Wäsche zurecht, damit sie morgens etwas frisches zum Anziehen hatten. Und wenn einer ihrer beiden Männer einmal eine Erkältung hatte, wurde er in aufopfernder Weise gesund gepflegt.
Nebenbei verdiente sie sich noch ein kleines Zubrot, indem sie in einem reicheren Haushalt aushalf.
So wie es schien, war um die kleine Familie alles bestens bestellt. Und William Kazcamakis Zukunft wäre nichts im Wege gestanden, hätte da nicht ein kleines Malheur das Unglück eingeläutet.
Es war im Winter. Der elfjährige William befand sich mit ein paar gleichaltrigen Freunden auf einem kleinen Hügel, nahe dem Stadtpark, beim Schlittenfahren. William Kazcamakis fuhr den Berg herunter. Eiskalte Luft pfiff ihm um die Ohren und sein Schal flatterte heftig im Fahrtwind. Kurz vor dem Ende des Berges, wo es in die Ebene überging, war eine kleine Sprungschanze, über die die Jungs um die Wette sprangen. Bisher hatte William immer hinter Buck und Hardy gelegen. Doch diesmal lag er mit der Nase vorn. Er hatte einen Affenzahn drauf. Als er die Schanze erreichte, katapultierte sie ihn richtiggehend in die Höhe. Sein Sprung gelang weiter – William überflog die Markierungen seiner Freunde, welche die Jungs im Schnee gezogen hatten und ließ sie mehrere Meter hinter sich. Aber der Schlitten setzte schräg auf und William landete unsanft im Schnee. Nun raste der Schlitten führerlos das Fußende des Berges hinunter, bis ihn Buck, der Nachbarsjunge, erwischte. Buck zog ihn an der Leine die paar Meter zu William zurück. Als er etwa eineinhalb Meter vor William stand, warf ihm Buck die Schnur mit der Schlaufe entgegen, an welcher der Schlitten befestigt war. William bekam die Hände zum Fangen nicht schnell genug hoch und die Schlaufe knallte ihm auf den Mund. Es war kein fester Schlag, aber er hatte ausgereicht: William spuckte einen Schneidezahn aus.
Er war ihm genau in der Mitte abgebrochen.
Dr. Hacke, der Zahnarzt, zu dem ihn die Mutter später brachte, war ein dicklicher, älterer Arzt, der kurz vor der Pensionierung stand. Er hatte gütige, warme Augen, in einem rundlichen, von Falten durchzogenen Gesicht. Auf seinen Lippen lag ein immerwährendes Lächeln. Dr. Hacke reichte William als erstes einen zuckerfreien Himbeerlutscher, bevor er ihn auf den Zahnarztstuhl bat.
Dr. Hacke konnte mit Kindern – während er William eine Spritze verabreicht hatte und den restlichen Zahn zog, unterhielt ihn Hacke geschickt mit einer hölzernen Fingerpuppe. William war so abgelenkt, dass er weder die Spritze noch das Reißen richtig mitkriegte.
Als William fertig war, musste er sich eine Packung Eis auf die Backe drücken. Dafür hatte ihm Dr. Hacke nochmals zehn weitere Lutscher in die Hand gesteckt.
Doch beim Hinausgehen, nahm Dr. Hacke Williams Mutter zur Seite. Sie müsse wiederkommen, sagte er ihr, William habe schlechte Zähne. »Vielleicht eine Mineralstörung oder erblich bedingt«, flüsterte er ihr ins Ohr und zuckte ratlos mit den Schultern.
Als Williams Mutter eine Woche darauf einen Nachfolgetermin ausmachen wollte, hieß es Dr. Hacke sei erkrankt und ob er überhaupt noch einmal wiederkommen würde, stehe noch nicht fest – da er vielleicht anschließend in Rente gehen wolle.
Ob dann, in diesem Fall, ein Nachfolger seine Praxisräume beziehen werde, sei noch offen – Frau Kazcamakis solle sich doch bitte in zwei Wochen nochmal melden.
Am folgenden Freitag, gegen Abend, klagte William über Zahnschmerzen. Die Mutter gab ihm eine Gewürznelke. Auf die sollte er beißen und sie mit der Zunge gegen den Zahn drücken. Doch es half nur zeitweilig. Schon in der Nacht plagten ihn die Schmerzen erneut. Seine Eltern hörten ihn im Schlaf stöhnen. Und Samstag nach dem Mittagessen waren die Schmerzen dann so schlimm, dass William in Tränen ausbrach und er sich die ganze Zeit einen eiskalten Waschlappen an die Wange hielt. Es bliebe nur der Notzahnarzt, meinte seine Mutter, zu dem sie könnten. Doch William schrie nach Dr. Hacke, nur zu ihm wollte er, flehte er heulend. William hatte eine panische Angst vor einem fremden Zahnarzt. Sonntag waren die Schmerzen dann aber so schlimm, dass William ununterbrochen vor Schmerzen schrie. Sein Heulen klang derart hysterisch, dass seine Mutter einen Kollaps befürchtete und ihn schließlich an der Hand, hinter sich her ins Auto zerrte. Zuvor hatte sie im Notdienstkalender die Adresse des diensthabenden Zahnarztes herausgesucht.
Es war ein heruntergekommenes Haus indem sich die Praxis befand, welches so ganz und gar nicht zu dem übrigen Erscheinungsbild der Stadt Quincy passte. Doch was half es, der Junge hatte Zahnschmerzen und irgendwer musste helfen, da war es egal wie das Haus oder die Praxis aussah. Hauptsache der Mann war Arzt. Frau Kazcamakis drückte die Klingel.
Dr. Allen, ein verlebter Mann Mitte fünfzig, wirkte verschlafen und missgelaunt, als die Frau mit dem heulenden Kind an der Tür erschien.
Nach einem vorwurfsvollen – ob es denn so dringlich wäre, schließlich sei es Sonntag –, lotste er die beiden ins Wartezimmer und bat sie kurz Platz zu nehmen, während er widerwillig das Behandlungszimmer vorbereite. Frau Kazcamakis hatte ihm erklärt: der Junge habe schon seit Freitag Zahnschmerzen.
Dr. Allen
Dr. Allen, ein ehemaliger Militärarzt und unbelehrbarer Alkoholiker, hatte in der Umgebung keinen einzigen Patienten – so schlecht war sein Ruf. Die Praxis war mangels Kunden schon seit zwei Jahren geschlossen. Die Eintragung im Notdienstkalender, die ihm zu allen heiligen Zeiten einen Patienten bescherte, beruhte einzig auf der Tatsache, dass die zuständige Sachbearbeiterin zu jenem Zeitpunkt, als die Meldung von Dr. Allens Praxisschließung hereintrudelte, fürchterlichen Liebeskummer hatte.
Sie versah die Meldung mit einem falschen Mausklick und verschob sie auf ihrem Computer, dadurch, in einen Ordner, den sie bislang nicht wieder geöffnet hatte. Jetzt stand Dr. Allens Praxis nach wie vor an vier Sonntagen im Jahr im Notdienstplan seines Viertels, und aus Nachlässigkeit hatte er es versäumt, der Behörde zu melden, dass ihr ein Fehler unterlaufen war.
Dr. Allen verdiente sich mittlerweile seinen Unterhalt mit der Behandlung von Sträflingen der nahegelegenen Bostoner Haftanstalt.
Der dortige Direktor, ein Kamerad seiner ehemaligen Einheit, hatte ihm den Job besorgt, wohlwissend mit dem Hintergedanken, dass Dr. Allen in der Haftanstalt nicht viel Schaden anrichten konnte und vielleicht sogar durch seine eigenwillige Behandlungsmethode zur Besserung der Häftlinge beitrug. Denn wer nicht wiederkam, galt als resozialisiert und Boston hatte einen Ruf zu verlieren. Die Stadt war in den letzten Jahren durch eine sehr geringe Kriminalitätsrate bekannt geworden.
Es war ein offenes Geheimnis, dass Dr. Allen nie eine örtliche Betäubung oder Narkose bei seinen Behandlungen verwendete – von Schmerzmitteln, für hinterher, ganz zu Schweigen.
Nach ein paar Minuten öffnete sich die Tür und der Zahnarzt forderte William auf mitzukommen. Mit einer Kopfbewegung, die freundlich erscheinen sollte, aber eher unhöflich wirkte, hieß er Frau Kazcamakis hier zu bleiben. Einen inneren Impuls dagegen zu Handeln, unterdrückend, begleitete Frau Kazcamakis ihren Sohn bis ins angrenzende Behandlungszimmer und setzte sich dann aber, um den Doktor nicht zu verstimmen, in den Warteraum zurück.
Dr. Allen befahl William im Zahnarztstuhl Platz zu nehmen. Dann drehte er die Kurbel, die den Stuhl langsam in die Höhe beförderte, bis William knapp unter Brusthöhe des Doktors angelangt war. Jetzt roch William einen scharfen Geruch, der von dem Zahnarzt ausging. Der Arzt hatte den gleichen Geruch wie einer ihrer Nachbarn, von dem sein Vater behauptete, er sei Alkoholiker.
»Welcher Zahn ist es denn?«, fragte Dr. Allen mit einer schrill klingenden, zu lauten Stimme. William blickte angstvoll zu Dr. Allen und hielt seinen Zeigefinger an die rechte Backe. »Mach einfach den Mund auf«, befahl Dr. Allen, in einer ruppigen Art, »das werden wir gleich haben.« Dr. Allen drückte William mit Daumen und Zeigefinger zwischen Oberkiefer und Unterkiefer, bis William seinen Mund auftat und begann mit einem Metallhaken gegen seine Zähne zu klopfen.
»Ist es der?«
»Ist es der?«
»Ist es der?«
»Ah, da haben wir ihn schon!«, sagte Dr. Allen und holte von einem OP-Rollwagen eine gekrümmte Edelstahlzange hervor.
»Du bist doch schon ein großer Junge, du brauchst doch keine Spritze?« fragte er. Doch er gab William überhaupt keine Gelegenheit zu antworten, sondern war schon mit der Zange in seinem Mund am hantieren. Wie vom Blitz getroffen fuhr William ein nicht vorstellbarer Schmerz ins Mark, dass Tränen aus seinen Augen schossen und ihm der Schweiß aus der Haut trat. Willam wollte aufspringen, doch die linke Hand des Arztes drückte ihn wie ein Schraubstock in den Stuhl. Während seine Rechte mit der Zange unaufhörlich den Zahn hin und her bog, als beabsichtige er ihn nicht zu reißen, sondern aus dem Kiefer zu brechen. »Der wird doch wohl rausgehen?«, fluchte der Arzt, dem durch die Strapaze bereits Schweißperlen auf die Stirn geraten waren.
Willam tanzten inzwischen helle Lichtflecke, wie blinkende Sterne vor den Augen und seine Finger krampften sich in die Stuhllehne, dass ihm davon schon zwei Fingernägel abgebrochen waren.
Dr. Allen legte sich noch mehr ins Zeug – er zitterte bereits aufgrund der Kraftanstrengung und seine Handflächen waren klamm von Schweiß. Dr. Allen befand sich nun mit seinem gesamten Oberkörper über William. Er setzte sein ganzes Körpergewicht ein, um den Zahn herauszubekommen. Da rutschte er mit seiner Zange ab. Es gab ein knirschendes Geräusch, als sich die gekrümmte Edelstahlspitze der Zange in Williams Kiefer bohrte. Der Schmerz war überwältigend. William sah ihn, als ein weißes, grelles Licht in seinem Kopf explodieren. Dann wurde er ohnmächtig.
Nachdem der Arzt den Zahn schließlich gezogen hatte, betrachtete er die vier ungewöhnlich groß geratenen und weit auseinanderstehenden Wurzeln. »War ja gar kein Milchzahn«, wunderte sich Dr. Allen, »ach egal.« Er warf ihn in einen Mülleimer und zog einen Flachmann aus seinem Kittel, von dem er sich nach der anstrengenden Arbeit einen tiefen Schluck verdient hatte.
Als William auf der Heimfahrt neben seiner Mutter im Auto saß, schien jede Fröhlichkeit aus seinem Gesicht gewichen. Er starrte mir aussaglosem Blick, wie durch eine Wand. Die Mutter fragte mehrmals: »Wie war denn der Zahnarzt?« Doch der ansonsten lebhafte William schwieg.
Bereits am Abend war die Backe ums doppelte angeschwollen. Die Mutter gab ihm Kältepacks, die sie in der Apotheke besorgt hatte. Aber am nächsten Tag war die Schwellung doppelt so stark. Zwei Tage darauf glich Williams rechte Gesichtshälfte einer Melone und hatte die Farbe einer Aubergine. Herr und Frau Kazcamakis fuhren mit ihrem Sohn in die Zahnklinik. An der Krankenhauspforte musste Papa Kazcamakis William gewaltsam an die Hand nehmen, so sehr widersetzte sich der Junge ins Innere der Klinik zu folgen. Ärzte und Pflegepersonal redeten mit Engelszungen auf William ein, um ihn auf den Behandlungsstuhl zu bekommen – doch es ließ sich nichts machen. Einzig, zu einer Röntgenaufnahme, im angrenzenden Röntgenraum, ließ sich der Junge überreden. Und das nur, weil man ihm versprochen hatte, ihn nicht zu berühren. Als das Röntgenbild fertig war, sah man deutlich, dass der gesamte rechte Unterkiefer unter Eiter stand. Dr. Allen hatte einen gesunden Zahn gezogen. Weitere Ärzte wurden zur Besprechung herangezogen. Sie standen um das Röntgenbild, das von einer Klammer gehalten, an einer beleuchteten Milchglasscheibe befestigt war. Nach einer kurzen Diskussion waren sich die Ärzte einig.
Es war eine Ausbreitung des Entzündungsherdes zu befürchten und die Mediziner sahen sich zum sofortigen Handeln gezwungen. Aufgrund Williams Widerstands, wurde ihm noch im Wartezimmer ein starkes Beruhigungsmittel verabreicht. Die darauffolgende OP wurde dann unter Vollnarkose ausgeführt. Dabei bekam William vier weitere Zähne gezogen.
Diese Erlebnisse mit – Dr. Allen – als Krönung, setzten sich in Williams Unterbewusstsein fest und waren der Auslöser einer beginnenden Zahnarztphobie, welche mit normaler Logik nicht mehr nachzuvollziehen war.